Bachelorarbeit, 2015
59 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung und Aufbau der Arbeit
2 Grundzüge der Multiplikatorenbewertung
2.1 Definition und Grundprinzip
2.2 Anwendungszwecke
2.3 Ablauf der Multiplikatorenbewertung
2.3.1 Auswahl der Vergleichsunternehmen
2.3.2 Bildung des Multiplikators
2.3.2.1 Unterscheidung nach Datenbasis
2.3.2.2 Unterscheidung nach Unternehmenswert
2.3.2.3 Unterscheidung nach Bezugsgröße
2.3.2.3.1 Größen der Gewinn- und Verlustrechnung
2.3.2.3.2 Größen der Bilanz
2.3.3 Aggregation und Anwendung des Multiplikators
3 Value Adjustments bei der Multiplikatorenbewertung
3.1 Theoretische Grundlagen
3.1.1 Notwendigkeit und Definition
3.1.2 Überblick der Value Adjustments
3.1.2.1 Entity-Level Value Adjustments
3.1.2.2 Shareholder-Level Value Adjustments
3.1.3 Control Premiums und Minority Discounts
3.1.3.1 Notwendigkeit und Definition
3.1.3.2 Höhe des Control Premiums und Minority Discounts
3.1.3.2.1 Einflussfaktoren auf die Höhe
3.1.3.2.2 Quantifizierungsmethoden
3.1.3.3 Basis des Control Premiums und Minority Discounts
3.1.3.3.1 Wertebenensystem
3.1.3.3.2 Kontroversen zum Wertebenensystem
3.2 Anwendungsbeispiel im Rahmen der Multiplikatorenbewertung
3.2.1 Annahmen und Umfang
3.2.2 Szenario: Bewertung eines Kontrollanteils
3.2.2.1 Analyse des Bewertungsobjekts
3.2.2.2 Auswahl der Vergleichsunternehmen und der Bezugsgrößen
3.2.2.3 Bildung des Multiplikators
3.2.2.3.1 Berechnung der Basis
3.2.2.3.2 Ableitung der Multiplikatoren
3.2.2.3.3 Aggregation der Multiplikatoren
3.2.2.3.4 Berücksichtigung des Control Premiums
3.2.2.4 Anwendung des Multiplikators
3.2.3 Szenario: Bewertung eines Minderheitsanteils
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
Abbildung 1: Abstrakte Darstellung der Multiplikatorenbewertung
Abbildung 2: Übertragung des Wertes des Vergleichsobjekts auf das Bewertungsobjekt
Abbildung 3: Ablauf der Multiplikatorenbewertung
Abbildung 4: Auswahlkriterien für Vergleichsbetriebe
Abbildung 5: Vorgang zur Bildung der Multiplikatoren
Abbildung 6: Übersicht der Multiplikatorarten
Abbildung 7: Anwendung des aggregierten Multiplikators
Abbildung 8: Aufbau Unternehmenswert und Control Premium
Abbildung 9: Auszug aus der Control Premium Study von MergerStat
Abbildung 10: Verhältnis Kontrollwert zu frei handelbarem Minderheitswert
Abbildung 11: Einordnung des Bewertungsobjekts in die Peergroup-Unternehmen
Abbildung 12: Verteilung der Multiplikatoren
Abbildung 13: Aggregation der Multiplikatoren der Peergroup-Unternehmen
Abbildung 14: Branchenbezogene Darstellung der Control Premiums
Abbildung 15: Verteilung der Unternehmen nach EBIT-Marge
Tabelle 1: Übersicht GuV-Bezugsgrößen
Tabelle 2: Übersicht Bilanz-Bezugsgrößen
Tabelle 3: Entity Level Premiums und Discounts
Tabelle 4: Shareholder Level Premiums und Discounts
Tabelle 5: Überblick der Quantifizierungsmethoden für Premiums und Discounts
Tabelle 6: Übersicht finanzieller Eigenschaften der Eberspächer GmbH & Co. KG
Tabelle 7: Übersicht der Vergleichsunternehmen und deren Kennzahlen
Tabelle 8: Equity Value, Nettofinanzposition und Enterprise Value der Peergroup- Unternehmen
Tabelle 9: Multiplikatoren der Peergroup-Unternehmen
Tabelle 10: Verdichtete Multiplikatoren der Peergroup-Unternehmen
Tabelle 11: Darstellung der Multiplikatoren mit und ohne Control Premium
Tabelle 12: Vergleich der Ergebnisse der unterschiedlichen Multiplikatoren
Tabelle 13: Darstellung Control Premium und Minority Discount
Tabelle 14: Darstellung des Multiplikators mit und ohne Minority Discount
Tabelle 15: Berechnung Equity Value, Nettofinanzposition und Enterprise Value
Tabelle 16: Berechnung der Multiplikatoren
Tabelle 17: Berechnung des Enterprise Value der Eberspächer GmbH & Co. KG
Tabelle 18: Berechnung Equity Value der Eberspächer GmbH & Co. KG
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Bewerten heißt Vergleichen.“1 Auf diesem Grundsatz baut die Multiplikatorenbewertung auf. Sie basiert auf der Annahme, dass zwei miteinander vergleichbare Unternehmen ähnlich bewertet werden. So wird der Marktpreis eines Unternehmens verwendet, um den Wert eines vergleichbaren Unternehmens zu schätzen, zu plausibilisieren oder im Wettbewerbsumfeld einzuordnen.2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Abstrakte Darstellung der Multiplikatorenbewertung (Eigene Darstellung)
Die Genauigkeit der Wertübertragung hängt maßgeblich von den Unterschieden der be- trachteten Objekte ab. Je geringer diese Differenzen sind, desto genauer spiegelt das Referenzobjekt das Bewertungsobjekt wider und umso besser lässt sich dessen Wert schätzen.3 Neben Einflussfaktoren, die sich aus den Eigenschaften der Unternehmen und der individuellen Transaktion ergeben, muss bei der Bewertung auch die Höhe des zu erwerbenden Anteils berücksichtigt werden. Beispielsweise gehen Mehrheitsbeteili- gungen an Unternehmen mit bestimmten Kontrollbefugnissen einher, die für den Käufer einen Mehrwert darstellen. Basiert die Bewertung aber auf Vergleichspreisen, die die Eigentumsverhältnisse nicht berücksichtigen, kann es zu Verzerrungen und Fehlein- schätzungen kommen. Um solche Fehler zu vermeiden, können sogenannte Control Premiums (Kontrollzuschläge) oder Minority Discounts (Minderheitsabschläge) ange- wendet werden. Diese Wertanpassungen erhöhen bzw. vermindern den ermittelten Un- ternehmenswert und berücksichtigen so mögliche Vorteile bzw. Nachteile des Käufers, die sich durch die Eigentümerkonstellation ergeben.4
Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation solcher anteilsbedingten Preiskorrekturen sowie die Beschreibung ihrer Position im Rahmen der Multiplikatorenbewertung. Ebenso soll durch die Anwendung dieser Value Adjustments ihr wesentlicher Einfluss auf die Bepreisung eines Unternehmens verdeutlicht werden.
Zu Beginn werden die modelltheoretischen Grundlagen der marktpreisorientierten Be- wertung geklärt. Hierbei werden mögliche Anwendungsbereiche differenziert sowie die Vorgehensweise des Multiplikatorverfahrens erläutert. Darauf aufbauend werden die Notwendigkeit, die Arten und die Höhe von kontrollspezifischen Value Adjustments er- örtert. Ferner erfolgt deren Einordnung im Wertebenensystem unter Berücksichtigung von in der Literatur diskutierten Kontroversen. Anschließend werden die Abschläge und Prämien im Rahmen einer Multiplikatorenbewertung anhand eines konkreten Beispiels angewandt. Der Fokus liegt dabei auf der Verwendung von börsenorientierten Werten, da Preise vergangener Transaktionen oftmals bereits Kontrollaufschläge beinhalten.5 Abschließend werden die Resultate dieser Arbeit reflektiert und aufgezeigt, welche Schwierigkeiten sich bei der Anwendung solcher Preiskorrekturen ergeben können.
Besonderheiten und mögliche Abschläge, die sich durch die mangelnde Liquidität von sehr kleinen Unternehmensanteilen (Lack of Marketability) oder durch geringe Kapitali- sierung (Small Cap Premium) ergeben können, werden in dieser Arbeit nicht tieferge- hend erläutert.
Die Multiplikatorenbewertung überträgt Transaktions- bzw. Börsenpreise auf die Beprei- sung anderer (nicht börsennotierter) Unternehmen bzw. Anlageobjekte. Sie basiert auf der Annahme, dass gleichartige Güter auch gleichartige Preise bzw. Werte aufweisen. Die Preise werden entweder dem Wertpapiermarkt (Börsenpreise) oder dem Markt für Unternehmenskäufe- und übernahmen (Transaktionspreise) entnommen. Dieser markt- preisorientierte Ansatz (Market Approach6 ) nutzt somit bereits verarbeitete Informatio- nen des Marktes. Damit steht er im Gegensatz zu klassischen Ertragswertfahren, die auf dem Barwert der diskontierten Zukunftserfolge des zu bewertenden Objekts basieren.7
Die Übertragung des Wertes von Referenz- auf Bewertungsobjekt erfolgt über einen Multiplikator. Abbildung 2 zeigt das Grundprinzip dieses Bepreisungsvorgangs. Dabei wird zunächst der Wert des Vergleichsobjekts ins Verhältnis zu einer Bezugsgröße ge- setzt, um den Multiplikator zu erhalten. Zu solchen Größen gehören Werttreiber, die den Unternehmenswert maßgeblich beeinflussen, wie der Gewinn oder die Umsatzerlöse des Unternehmens. Anschließend kann der errechnete Multiplikator für die Bepreisung eines anderen Unternehmens verwendet werden. Dafür wird er mit der entsprechenden Bezugsgröße des Bewertungsobjekts multipliziert. Vorrausetzung dafür ist die Ver- gleichbarkeit der beiden Unternehmen.8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Übertragung des Wertes des Vergleichsobjekts auf das Bewertungsobjekt (Eigene Darstellung)
Aufgrund der Verwendung von Preisen des Marktes besitzt die Multiplikatorenbewertung einen objektiven Charakter. Dies gilt insbesondere für den Gebrauch von Börsenprei- sen, wenn der Kapitalmarkt als effizient und transparent angenommen wird.9 Das Ver- fahren dient so im Allgemeinen hauptsächlich der überschlägigen Einschätzung des Marktes und nicht der Ermittlung subjektiver Grenzpreise (Entscheidungspreise).10 Dafür wären Interessen der Transaktionsparteien zu berücksichtigen, die der Börsenpreis nicht enthält, wie beispielsweise Preisabschläge für die eingeschränkte Handelbarkeit von An- teilen oder Kontrollaufschläge für den Erwerb des Mehrheitsanteils eines Unternehmens. Werden Preise vergangener Transaktionen verwendet, sind diese subjektiven Einflüsse zwar teilweise enthalten, allerdings beziehen sich solche individuellen Faktoren immer auf eine spezifische Transaktion. Sie lassen sich somit nicht immer auf das gegebene Bewertungsobjekt übertragen.11
Die Fähigkeit der Multiplikatorenbewertung zur Ermittlung repräsentativer Preise wird - unabhängig von der Wahl des Marktes - durch ihren großen Gestaltungsspielraum eingeschränkt.12 Dieser kann beispielsweise durch die Auswahl der Vergleichsunternehmen oder die Wahl des Bewertungsstichtages beeinflusst werden.13 Dennoch kommt dem Multiplikatorverfahren in der Unternehmensbewertungspraxis eine immer größere Bedeutung zu, da es mit wenig Input eine erste Wertindikation ermöglicht und sich grundsätzlich schnell und einfach anwenden lässt.14
Durch den Stellenwert als objektives Instrument bietet sich der Einsatz der Multiplikatorenbewertung in verschiedenen Situationen an:
Im Rahmen der Testfunktion kann der mithilfe eines Multiplikators geschätzte Wert ei- nes Unternehmens zur Plausibilisierung von anderen Bewertungsmethoden verwendet werden. Unterscheidet sich der errechnete Preis beispielsweise von einer Bewertung auf Ertragswert-Basis, liegt eine Differenz zwischen der Einschätzung des Bewerters und der des Marktes vor. Hier dient die Multiplikatormethode als ergänzender Indikator zur Bewertung der Preiswürdigkeit und zeigt, ob ein Preis und somit die Planung oder an- dere wichtige Parameter möglicherweise zu hoch bzw. zu niedrig angesetzt wurden.15
Durch einen Vergleich kann der Multiplikator als eigenständiges Instrument zur Einord- nung im Wettbewerbsumfeld dienen. Dabei wird der Multiplikator eines Unternehmens mit dem Multiplikator der entsprechenden Branche (Branchenmultiplikator) oder der je- weiligen Vergleichsgruppe verglichen, um die Angemessenheit des ermittelten Preises einzuschätzen.16 Ebenso können die Unterschiede zwischen den einzelnen Unterneh- mensmultiplikatoren und dem durchschnittlichen Branchenmultiplikator Hinweis auf die Höhe von Zuschlägen geben, die in der Vergangenheit bezahlt wurden. Dafür ist die Betrachtung von vergangenen Transaktionspreisen nötig, da Börsenpreise diese sub- jektiven Einflussfaktoren nicht berücksichtigen.17 Bei der Verwendung von Börsenprei- sen könnte ein hoher Multiplikator im Vergleich zur Branche jedoch als Indikator für eine Überbewertung dienen.
Zur Bewertung von Unternehmen kann sich die Multiplikatorenbewertung eignen, wenn nicht genügend Daten im Sinne eines ausführlichen Ertragswertverfahrens zur Verfü- gung stehen. Hier liefert das Verfahren eine erste Wertindikation ohne langfristige Plan- daten zu benötigen. Es bedarf lediglich einer Bezugsgröße, für die auch öffentlichen In- formationen - wie beispielsweise der Umsatz des Unternehmens - verwendet werden können. So kann der Preis eines Unternehmens geschätzt werden, ohne dass der Käu- fer über unternehmensinterne Informationen des potentiellen Kaufobjekts verfügen muss. Die Bewertungsfunktion eignet sich auch im Rahmen des Preisbildungsprozesses eines erstmaligen Börsengangs. Unter der Verwendung von Vergleichsobjekten des Ka- pitalmarkts bietet die Wertermittlung per Multiplikator einen passenden Anhaltspunkt für die Bestimmung der Wertbandbreite eines Unternehmens an der Börse.18
Trotz der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten ist die Multiplikatorenbewertung aufgrund ihrer einfachen Gestaltung - im Vergleich zu klassischen Ertragswertverfahren - als ergänzende Methode zu betrachten.19
Der typische Ablauf einer Multiplikatorenbewertung wird in Abbildung 3 dargestellt. Er beginnt mit der Auswahl passender Vergleichsobjekte sowie der Aufbereitung und Analyse der dazugehörigen Informationen. Im zweiten Schritt werden die Multiplikatoren der Vergleichsunternehmen auf Basis der im ersten Schritt gewonnen Informationen berechnet und durch die Bildung eines Medians oder Mittelwerts aggregiert. Abschließend erfolgt die Anwendung des aggregierten Multiplikators auf das zu bewertende Unternehmen.20 Im Folgenden werden diese Schritte ausführlich erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Ablauf der Multiplikatorenbewertung (Eigene Darstellung in Anlehnung an Ernst et al. 2012, S. 189.)
In der Praxis wird mehr als ein vergleichbares Unternehmen herangezogen, um den Multiplikator zu berechnen. Die Betrachtung einer Gruppe von Unternehmen mit ver- gleichbaren Eigenschaften (Peergroup) vermindert den Einfluss von Extremwerten oder Bewertungsfehlern und kann zur Ermittlung einer Wertbandbreite dienen.21 Bei der Wahl der Anzahl an Unternehmen sieht sich der Bewertende mit einem Zielkonflikt konfron- tiert. So ist einerseits die Vergleichbarkeit zu gewährleisten und andererseits eine aus- reichend große Gruppe zu bilden, um unternehmensspezifische Ausreißer zu glätten. Die Anzahl ist somit abhängig von der individuellen Bewertungssituation.22
Die Auswahl und Analyse der Peergroup-Unternehmen erfolgt nach zwei gängigen Me- thoden: Die Comparable Company Analysis sowie die Comparable Transaction Analy- sis. Die Ergebnisse der Comparable Company Analysis (Similar Public Company Ap- proach) basieren auf Unternehmen des Kapitalmarkts. Bei der Comparable Transac- tion Analysis (Recent Acquisition Approach) hingegen werden Unternehmen ausgewählt, die in der Vergangenheit im Rahmen von Unternehmenskäufen- bzw. übernahmen tatsächlich gehandelt wurden.23
Als vergleichbar gelten Unternehmen, die dem zu bewertenden Objekt hinsichtlich seiner aktuellen und zukünftigen Zahlungsströme möglichst ähnlich sind. Dabei sind auch die zeitliche Struktur und Höhe sowie die Unsicherheit der Cashflows zu berücksichtigen. Um diese und weitere Merkmale einschätzen zu können, werden mehrere Eigenschaften der Unternehmen analysiert und miteinander verglichen.24 Dabei ist zum einen die Bran- chenzugehörigkeit als wichtiger Indikator der Vergleichbarkeit anzusehen. Mit ihr wer- den konjunkturelle sowie zyklische Schwankungen, Wachstumspotentiale und operative Risiken berücksichtigt.25 Zum anderen können auch unternehmensinterne Eigenschaf- ten heranzogen werden, um die Vergleichbarkeit der Unternehmen einzuschätzen. Zu diesen zählen beispielsweise die in Abbildung 4 dargestellten operativen und finanz- wirtschaftlichen Kriterien. Je mehr die ausgewählten Unternehmen dem Bewertungs- objekt in den jeweiligen Merkmalen entsprechen, umso größer ist die Aussagekraft des Multiplikators bzw. des übertragenen Wertes. Um die Ähnlichkeit ausreichend beurteilen zu können, ist eine vorangehende und gründliche Analyse hinsichtlich der Eigenschaften des zu bewertenden Unternehmens unerlässlich.26
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Auswahlkriterien für Vergleichsbetriebe (Eigene Darstellung in Anlehnung an Ernst et al. 2012, S. 209, Ballwieser und Hachmeister 2013, S. 217.)
Nachdem die vergleichbaren Unternehmen ausgewählt wurden, wird deren Unterneh- menswert für die Bildung des Multiplikators verwendet. Dafür wird der Preis jedes Ver- gleichsobjekts - wie in Abbildung 5 dargestellt - durch die jeweilige Bezugsgröße geteilt.27
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Vorgang zur Bildung der Multiplikatoren (Eigene Darstellung)
In diesem Zusammenhang ist die Datenbasis, also die Herkunft des Preises, der Un- ternehmenswert des Vergleichsobjekts sowie die zugrundeliegende Kennzahl der Be- zugsgröße zu berücksichtigen.28 Diese Faktoren bestimmen die verschiedenen Arten von Multiplikatoren und nehmen Einfluss auf den übertragenen Wert des zu bewerten- den Objekts.29
Die Auswahl der Vergleichsobjekte bzw. deren Preise findet entweder am Kapitalmarkt oder am Transaktionsmarkt statt. Anhand der Herkunft der Marktwerte wird auch der Multiplikator unterschieden. Trading Multiples (Börsenmultiplikatoren) beziehen sich auf Börsenpreise bzw. Kurswerte und sind das Ergebnis der Comparable Company Ana- lysis. Transaction Multiples (Transaktionsmultiplikatoren) hingegen beziehen sich auf Preise, die in der Vergangenheit für Unternehmen im Rahmen individueller Transaktio- nen bezahlt wurden. Sie sind das Resultat der Comparable Transaction Analysis.30
Trading-Multiples haben den Vorteil, dass börsenbasierte Informationen größtenteils frei zugänglich sind. Sie spiegeln die aktuelle (objektive) Marktbewertung wider und ha- ben aufgrund der großen Verfügbarkeit an Vergleichsunternehmen einen repräsentati- ven Charakter. Da der Wertpapiermarkt aber auf den Erwartungen der Anleger basiert, sind Aktienkurse natürlichen Schwankungen ausgesetzt. Diese müssen bei der Auswahl des Bewertungsstichtags berücksichtigt werden und nehmen Einfluss auf das Ergebnis der Multiplikatorenbewertung. Der Gebrauch von Trading Multiples setzt somit ein grund- legendes Vertrauen in die Funktionsweise des Marktes voraus. Für die Verwendung ei- nes fairen Marktpreises sind zudem die Handelbarkeit sowie eine ausreichende Liquidi- tät des jeweiligen Titels von Bedeutung. Ein Indikator für ausreichende Liquidität kann die Höhe des Free-Floats - also die Anzahl an Aktien, die sich im Freibesitz befinden - sein.31
Transaction Multiples beziehen sich auf Werte von Unternehmen, die im Rahmen einer individuellen Transaktion festgelegt wurden. Sie unterliegen somit dem Einfluss der Konjukurentwicklung und spiegeln die individuellen Bedingungen der jeweiligen Transaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt wider. Dies führt bei mehreren Vergleichsobjekten zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Markteinschätzungen, was die Berechnung eines einheitlichen und repräsentativen Multiplikators erschwert. Zudem können die Preise bereits Kontrollzuschläge oder andere individuellen Value Adjustments beinhalten. Darüber hinaus ist die Bildung einer ausreichend großen Vergleichsgruppe abhängig vom Zugang zu den jeweiligen Transaktionsinformationen. Häufig werden die im Rahmen von Markttransaktionen gezahlten Preise nicht publiziert.32
Neben der Wahl der Informationsbasis ist auch das angesetzte Basisjahr von Bedeu- tung. So bezieht sich die verwendete Bezugsgröße entweder auf Zahlen in der Vergan- genheit oder auf prognostizierte Finanzdaten. Der Trailing Multiple berechnet sich da- bei anhand der Division des gegebenen Unternehmenswerts durch eine historische Bezugsgröße. Ein Forward Multiple hingegen ergibt sich, indem der Unternehmenswert des Vergleichsobjekts durch eine prognostizierte Referenzgröße geteilt wird.33 Die Ver- wendung von historische Zahlen eignet sich vor allem für Unternehmen mit stabilen Er- gebnissen und mäßigem Wachstum, also wenn die Entwicklung der Vergangenheit auch für die Zukunft angenommen wird.34 Hierbei ist jedoch eine genaue Analyse und Berei- nigung notwendig, falls die Erfolge auf einmaligen Ereignissen basieren.35 Die Nutzung von prognostizierte Daten hingegen empfiehlt sich für Unternehmen, die für die Zukunft erheblich bessere Ergebnisse erwarten. So können beispielsweise starkes Wachstum oder erwartete Umsatzsteigerungen berücksichtigt werden.36 Als Quelle für die Zahlen eigenen sich sowohl Geschäftsberichte als auch zukunftsorientierte Analystenreports.
Unabhängig davon, welches Basisjahr angesetzt wird, müssen die gewählten Zeitpunkte bei Referenz- und Bewertungsobjekt übereinstimmen. Jedoch kann der Vergleich von Multiplikatoren, die auf Basis verschiedener Zeitpunkte berechnet wurden, Aufschluss über mögliche Extremwerte geben. Diese lassen sich dann bei der Bepreisung berücksichtigen bzw. vermeiden.37
Der Unternehmenswert der Vergleichsobjekte wird in zwei Wertarten unterschieden: Zum einen in den Gesamtwert des operativen Geschäfts (Enterprise Value) und zum anderen in den Wert des Eigenkapitals (Equity Value). Auf Basis dieser Wertgrößen wird auch der Multiplikator unterschieden.
Der Equity Value Multiplikator (Eigenkapitalmultiplikator) hat den Marktwert des Ei- genkapitals des Unternehmens zur Basis. Bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft (AG) ist er mit der Marktkapitalisierung (MC), also dem Börsenwert, gleichzusetzen. Die- ser berechnet sich durch die Multiplikation der ausgegebenen Aktienstückzahl mit dem jeweiligen Aktienkurs des Unternehmens. Bei Unternehmen, die in der Vergangenheit am Transaktionsmarkt gehandelt wurden, entspricht der Equity Vale dem Wert, der im Rahmen der Transaktion für das Eigenkapital des Objekts bezahlt wurde.38
Der Enterprise Value Multiplikator (Gesamtkapitalmultiplikator) bezieht sich auf den Wert des gesamten operativen Geschäfts des Unternehmens bzw. auf den Wert des Kapitals, das für die Bereitstellung des operativen Geschäfts benötigt wird. Hierzu gehört neben dem Eigenkapital beispielsweise auch das Fremdkapital. Der Enterprise Value baut somit auf dem Equity Value auf. Deshalb werden auf Basis des Eigenkapitals fol- gende Modifikationen vorgenommen, um den Wert des gesamten Kapitals zu berech- nen:39
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Anteile Dritter an Konzerntochterunternehmen berücksichtigen Minderheitsanteile an Tochterunternehmen, die nicht vom Unternehmen selbst gehalten werden. Deren Hinzurechnung ist nötig, da alle vollkonsolidierten Tochterunternehmen einer Unternehmensgruppe in den Enterprise Value eingehen. Der Wert dieser Anteile entspricht dem Marktwert des Eigenkapitals der Anteilseigner. Lässt sich dieser aufgrund fehlender Informationen nicht berechnen oder ist er nicht von besonderer Relevanz, so wird der Buchwert des letzten Jahres- oder Quartalsabschlusses angesetzt.40
Die zinstragenden Verbindlichkeiten entsprechen der Summe aller Bank- bzw. Geschäftsdarlehen, Anleihen und stillen Beteiligungen. Also alle Verbindlichkeiten, für die das Unternehmen Zinsen an Dritte bezahlt und die zur Betreibung des operativen Geschäfts beitragen. Auch hier wird bei Informationsmangel auf die Daten der letzten Abschlüsse zurückgegriffen.41 Bei (börsennotierten) Anleihen hingegen kann deren gegenwärtiger Marktpreis verwendet werden.42
Pensionsverpflichtungen, zu denen noch keine Rückstellung gebildet wurde, stellen eine Art Darlehen gegenüber den Mitarbeitern dar und werden bei der Berechnung des Enterprise Values ebenfalls als zinstragende Verbindlichkeit hinzugerechnet. Die Be- rücksichtigung hingegen von Verpflichtungen, für die bereits Rückstellungen gebildet wurden, ist nicht eindeutig geklärt, da der Rückstellungsaufwand bereits im Rahmen der Personalkosten in die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) einging. Aufgrund der Krisen der letzten Jahre kam es jedoch zu hohen Unterdeckungen bei den Pensionsverpflich- tungen, weshalb sie nun zunehmend isoliert als Ganzes betrachtet werden. Dabei wird die GuV um den Aufwand, der bei der Zuführung der Rückstellung gebucht wurde, be- reinigt und es werden die gesamten Pensionsverpflichtungen als zinstragende Verbind- lichkeit angesetzt.43
Zu den liquiden Mitteln zählt das nichtbetriebsnotwendige Vermögen. Dazu gehören sowohl der Kassenbestand als auch andere sofort liquidierbare Vermögensgegenstände, wie beispielsweise Wertpapiere des Umlaufvermögens. Da diese Aktiva nicht für das operative Geschäft benötigt werden, werden sie im Rahmen der Enterprise Value Berechnung abgezogen. Das Ergebnis der Differenz aus zinstragenden Verbindlichkeiten und den liquiden Mitteln stellt die Nettofinanzposition dar.44
Die Umsätze und Erträge nicht vollkonsolidierter Beteiligungen des Unternehmens gehen nicht in das operative Geschäft ein, weshalb diese Beteiligungen abzuziehen sind. Wenn die nötigen Informationen für die Berechnung der Marktwerte nicht zur Verfügung stehen, werden die Anteilswerte mit ihren Buchwerten angesetzt.45
Die Entscheidung zwischen Enterprise Value und Equity Value hängt davon ab, durch welche Größe der Wert zur Berechnung des Multiplikators geteilt werden soll. Wenn die gewählte Bezugsgröße vom Eigenkapital erwirtschaftet wird, so wird der Equity Value angesetzt. Beispielsweiße kämen hierfür Nach-Zins-Kennzahlen wie der Gewinn des Unternehmens in Betracht. Dieser steht nur den Eigenkapitalgebern zu. Steht die zu verwendende Bezugsgröße in direktem Zusammenhang mit dem Gesamtkapital, dann ist der Enterprise Value die passende Wertgröße. Hierzu zählen Vor-Zins-Größen wie der Umsatz oder das EBIT (Earnings Before Interest and Taxes) des Unternehmens. Diese stehen allen Kapitalgebern zu.46
Abbildung 5 gibt eine Übersicht aller Multiplikatorbezeichnungen, die sich im Ablauf der Bildung des Multiplikators ergeben können. Sie unterscheiden sich bisher hinsicht- lich der verwendeten Daten, dem Zeitbezug sowie der Art des Unternehmenswerts.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Übersicht der Multiplikatorarten (Eigene Darstellung)
Neben der Herkunft der Vergleichsobjekte, dem Basisjahr und der Art der Wertgröße ist die Wahl der Bezugsgröße der letzte Einflussfaktor auf den Multiplikator.47 Durch sie wird der Unternehmenswert geteilt, um den Multiplikator zu erhalten. Bei mehreren Ver- gleichsobjekten wird dieselbe Art von Bezugsgröße bei allen Unternehmen einheitlich verwendet. Die Anwendbarkeit setzt deshalb eine sinnvolle Auswahl der Bezugsgröße voraus. Dabei sollte kein negativer Wert verwendet werden und eine Äquivalenz bzw. positive Korrelation zum Unternehmenswert des Vergleichsobjekts bestehen. Hierfür eignen sich sowohl finanzielle Zahlen aus der GuV, der Bilanz oder der Kapitalfluss- rechnung als auch nichtfinanzielle Kennzahlen. Letztere sind beispielsweise Zahlen des operativen Geschäfts, wie Webseitenaufrufe oder Kundenzahlen. Im Folgenden werden Bezugsgrößen aus der GuV sowie der Bilanz näher betrachtet.48
[...]
1 Moxter 1983, S. 123.
2 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 189.
3 Vgl. Drukarczyk und Schüler 2007, S. 473.
4 Vgl. Grbenic 2013, S. 114.
5 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 194.
6 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 189.
7 Vgl. Drukarczyk und Schüler 2007, S. 473, Petersen 2013, S. 314.
8 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 190-191.
9 Vgl. Petersen 2013, S. 323-325.
10 Vgl. Drukarczyk und Schüler 2007, S. 473.
11 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 194.
12 Vgl. Petersen 2013, S. 325.
13 Vgl. Petersen 2013, S. 324-325, Ernst et al. 2012, S. 264.
14 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 189, S.264.
15 Vgl. Peemöller 2002, S. 406.
16 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 189.
17 Vgl. Peemöller 2002, S. 408.
18 Vgl. Peemöller 2002, S. 407.
19 Vgl. Drukarczyk und Schüler 2007, S. 474.
20 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 190.
21 Vgl. Drukarczyk und Schüler 2007, S. 473.
22 Vgl. Krolle 2005, S. 15.
23 Vgl. Peemöller 2002, S. 412, Petersen 2013, S. 315, S. 322.
24 Vgl. Ballwieser und Hachmeister 2013, S. 217.
25 Vgl. Peemöller 2002, S. 412.
26 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 209, S. 210, Ballwieser und Hachmeister 2013, S. 217.
27 Vgl. Petersen 2013, S. 316.
28 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 192-195.
29 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 214.
30 Vgl. Fackler und Schacht 2008, S. 259, Ernst et al. 2012, S. 194.
31 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 194.
32 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 194-195.
33 Vgl. Fackler und Schacht 2008, S. 260-261.
34 Vgl. Gaughan 2011, S. 573.
35 Vgl. Peemöller 2002, S. 414.
36 Vgl. Suozzo et al. 2001, S. 11.
37 Vgl. Fackler und Schacht 2008, S. 260-261.
38 Vgl. Petersen 2013, S. 315-316.
39 Vgl. Petersen 2013, S. 316, Ernst et al. 2012, S. 192.
40 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 192-193.
41 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 193.
42 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 47.
43 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 192.
44 Vgl. Fackler und Schacht 2008, S. 262, Ernst et al. 2012, S. 193.
45 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 193, S. 233.
46 Vgl. Petersen 2013, S. 317, Ernst et al. 2012, S. 194.
47 Vgl. Ernst et al. 2012, S. 195.
48 Vgl. Petersen 2013, S. 317.
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