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Bachelorarbeit, 2009
47 Seiten, Note: 1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 AUFBAU UND ZIEL DIESER ARBEIT
2 SYSTEMGERECHTES DENKEN UND HANDELN
2.1 WAS BEDEUTET SYSTEMISCHES DENKEN UND HANDELN?
2.1.1 Abschied vom kausal-deterministischen Denken
2.1.1.1 Veranschaulichung der Denkweisen
2.1.2 Metanoia-Prinzip
2.2 ENTWICKLUNG UND VERTRETER
2.3 VIER DIMENSIONEN
2.3.1 Vernetztes Denken
2.3.2 Denken in zeitlichen Dynamiken
2.3.3 Denken in Modellen
2.3.4 Systemgerechtes Handeln
3 WANN VON KATASTROPHEN GESPROCHEN WIRD
3.1 ALLGEMEINE BEGRIFFSKLÄRUNG
3.1.1 Krisen
3.1.2 Katastrophen
3.1.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Überblick
3.2 SYSTEMWISSENSCHAFTLICHE BEGRIFFSKLÄRUNG
3.2.1 Krise
3.2.2 Katastrophe
3.2.2.1 Systeme mit Katastrophenpotential
3.3 ARTEN VON KATASTROPHEN
4 KATASTROPHEN BEWÄLTIGEN
4.1 EINFÜHRUNG IN DAS KATASTROPHENMANAGEMENT
4.1.1 Struktur des Katastrophenmanagements
4.1.1.1 Zwei Theorieansätze
4.1.1.2 Prävention - Intervention - Postvention
4.2 ELEMENTE DES KATASTROPHENMANAGEMENTS
4.2.1 Aufgabenbereiche
4.2.2 Information und Kommunikation
4.2.3 Probleme / Fehler
4.3 RAHMENBEDINGUNGEN UND SCHLÜSSELFAKTOREN
4.3.1 Rahmenbedingungen
4.3.2 Schlüsselfaktoren und Aktionsfelder
4.4 BEDEUTUNG SYSTEMGERECHTEN DENKENS UND HANDELNS
4.4.1 Katastrophen als komplexe Systeme wahrnehmen
4.4.2 Systemisches Management von Katastrophen
4.4.2.1 Prävention - Intervention - Postvention
5 KATRINA-KATASTROPHE IN NEW ORLEANS
5.1 WIE ALLES KAM
5.2 DER HURRIKAN
5.3 DIE KATASTROPHE
5.4 DAS KATASTROPHENMANAGEMENT
SCHLUSSFOLGERUNG
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNG 1: TRADITIONELLES LINEARES URSACHE-WIRKUNGSDENKEN [NACH HITCHINS 2005]
ABBILDUNG 2: DENKEN IN KREISLÄUFEN [NACH HITCHINS 2005]
ABBILDUNG 3: WETTRÜSTEN ALS BEISPIEL EINES ESKALIERENDEN WIRKUNGSGEFÜGES [NACH SENGE 2006:91]
ABBILDUNG 4: VON DER KRISE ZUR KATASTROPHE [QUELLE: ADAM 2008]
ABBILDUNG 5: ESKALIERENDER RÜCKKOPPLUNGSKREIS [QUELLE: OSSIMITZ/LAPP 2006]
ABBILDUNG 6: PROZESSSCHEMA DER PRÄVENTION UND REAKTION [QUELLE: KULMHOFER 2007:157]
ABBILDUNG 7: STUFEN DES KATASTROPHENMANAGEMENTS NACH DHA 1992 [QUELLE: PLATE/MERZ 2001:13]
ABBILDUNG 8: EINORDNUNG DER BEIDEN ANSÄTZE [EIGENE DARSTELLUNG]
ABBILDUNG 9: SCHEMA DER PRÄVENTION - INTERVENTION - POSTVENTION [EIGENE DARSTELLUNG]
ABBILDUNG 10: KATASTROPHE ALS KOMPLEXES SYSTEM [QUELLE: OSSIMITZ/LAPP 2006:262]
ABBILDUNG 11: KREISLAUF DES KATASTROPHENMANAGEMENTS [QUELLE: PLATE/MERZ 2001]
ABBILDUNG 12: KREISLAUF VON PRÄVENTION-INTERVENTION-POSTVENTION [EIGENE DARSTELLUNG]
ABBILDUNG 13: BEZIEHUNGSGEFÜGE VON PRÄVENTION-INTERVENTION-POSTVENTION [EIGENE DARSTELLUNG]
ABBILDUNG 14: NEW ORLEANS [QUELLE: HTTP://STUFF.MIT.EDU/AFS/ATHENA/COURSE/4/4.196/OLDFILES/WWW/NEW%20ORLEANS%20MAP.JPG UND HTTP://WWW.SPIEGEL.DE/FLASH/0,5532,11761,00.HTML]
ABBILDUNG 15: ZUGBAHN VON HURRIKAN KATRINA UND DIE AUSWIRKUNGEN [QUELLE: HTTP://WWW.SPIEGEL.DE/FLASH/0,5532,11742,00.HTML]
ABBILDUNG 16: ALS HURRIKAN KATRINA NEW ORLEANS TRAF [QUELLE: HTTP://WWW.AGENDA21-TREFFPUNKT.DE/LEXIKON/HURRIKAN_KATRINA.HTM]
In den letzten Jahren, so scheint es, hat die Zahl an Katastrophen weltweit zugenommen. Auch im zentral-europäischen Raum und somit auch in Österreich sind immer öfter Meldun- gen zu allen Jahreszeiten zu vernehmen. Nun ist es so, dass nicht unbedingt (nur) die Häu- figkeit gestiegen ist, sondern vor allem auch ihr jeweiliges Ausmaß und die Betroffenheit. Grundsätzlich kann dies unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass sich Menschen beziehungsweise ganze Bevölkerungsgruppen in von vorn herein gefährdeten Gebieten nie- derlassen sowie, dass sich ihre materiellen Werte erhöht haben. Außerdem können sich im Laufe der Zeit auch die regionalen Gegebenheiten (wie z.B. die Rahmenbedingungen für Flussläufe und dergleichen) verändern. Betroffene, aber auch jene von der Katastrophe indi- rekt tangierten Interessensgruppen (wie Politik, Wirtschaft etc.) fordern daher eine immer bessere und vor allem schnellere Hilfe. Ein effektives aber auch effizientes Katastrophenma- nagement ist hierfür unerlässlich, besonders deshalb, da es nicht nur ein optimales ’in den Griff bekommen’ der katastrophalen Situation sichern kann, sondern es sich auch sehr auf Vorsorge konzentriert.
Interessant ist nämlich, dass viele mehr oder weniger große Krisen/oder verheerende Ge- schehnisse im Ausmaß verringert, wenn teilweise nicht sogar verhindert hätten werden kön- nen und eine Katastrophe somit nicht entstanden wäre. Beispielsweise hätte das Ausmaß der Gesamtkatastrophe von New Orleans, also der Hurrikan und die Überflutung gemein- sam, nicht derart verheerend sein müssen, meinen Experten. Vielleicht hätte diese dramati- sche Überflutung, wie sie stattfand, nicht einmal passieren müssen, wären ausreichende Präventionsmaßnahmen und vor allem deren Weiterentwicklung und Verbesserung (wie im Speziellen bessere Dammbauten) getroffen worden. Immerhin warnten schon Jahre zuvor einige Spezialisten vor diesem Szenario.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass das Ausmaß einer Katastrophe und ihre Be- wältigung von Art (z.B. Naturkatastrophe, Chemiekatastrophe usw.) und Auslöser (natürlich oder anthropogen) dieser abhängen. Es ist jedes Mal eine individuelle Situation, die bisheri- gen zwar ähnlich sein kann, jedoch auch stets neue (auch spontane) Aspekte in sich birgt. Aufgabe eines gut funktionierenden Katastrophenmanagements ist es daher, neben dem allgemeinen ’Vorbereitetsein’ und ständiger Weiterentwicklung, sich auch schnell an (plötzli- che) veränderte Bedingungen anzupassen. Daraus ist ableitbar, wie bedeutend vernetztes, also systemisches Denken und entsprechendes Handeln ist, denn dadurch können potentiel- le Auswirkungen der Veränderungen erkannt und darauf reagiert werden. Kommunikation und Information stellen hierbei eine zentrale und nicht zu unterschätzende Rolle dar.
Diese Arbeit beschäftigt sich nun mit dem Aufbau und dem Funktionieren des Katastrophenmanagements unter dem besonderen Aspekt des vernetzten Denkens. Der Themenkomplex soll deshalb aus systemischer Sichtweise betrachtet und analysiert werden, da Katastrophensituationen selbst keine einfachen, sondern komplexe und höchst dynamische Wirkungsgefüge darstellen (können). Inhaltlich kombiniert diese Arbeit alle für das Katastrophenmanagement nützlichen Theorien verschiedener Disziplinen.
Ziel der Arbeit soll die Fähigkeit sein, Katastrophensituationen und ihre Bewältigung als komplexes Wechselwirkungsgefüge zu sehen. Daraus resultiert Verständnis um die Zusammenhänge (beziehungsweise Abhängigkeiten) und auf Basis dessen findet schließlich das Katastrophenmanagement Anwendung. Außerdem verdeutlicht diese Arbeit, wie leicht Fehler gemacht werden können, welche die häufigsten sind sowie, dass es einer ständigen Lernbereitschaft und Weiterentwicklung bedarf.
Zu Beginn der Arbeit im Kapitel zwei wird systemisches Denken und Handeln näher beleuchtet. Danach, im dritten Kapitel, werden die grundlegenden Begriffe erläutert. Ab dem vierten Kapitel schließlich wird das Katastrophenmanagement behandelt - zuerst theoretisch und danach anhand eines praktischen Beispiels.
„The world about us can be looked at in a variety of ways. One way is to see the world as made up from many interacting systems”. (Hitchins o.J.)
Systemisches Denken stellt das Gegenteil des in der westlichen Welt traditionellen linearen Ursache-Wirkungsdenken dar. Es lehnt nämlich das einfache Denkmuster ab, nach welchem eine Ursache eine Auswirkung herbeiführt, beziehungsweise, eine Folge von einer Ursache ausgelöst wird. Dieses einfache Denkmuster postuliert, dass der Verlauf oder das Resultat einer Situation (eines Systems) gewissermaßen vorherbestimmt ist, beziehungsweise, dass es entsprechend gesteuert werden kann, wenn der anfängliche Zustand nur genau genug bekannt ist. - Es folgt dem Motto: Eine Ursache bedingt eine Wirkung; die Wirkung wieder- um kann Ursache einer neuen Konsequenz sein, und so fort. (eine Veranschaulichung ist am Ende des Kapitels 2.1.1 zu finden) - Dies setzt aber auch voraus, dass sich die Elemente der Situation (des Systems) und ihre linearen Beziehungen nicht verändern. Für technische Angelegenheiten (wie Maschinen) mag dies ein sehr gutes Funktionsmuster darstellen, sonst aber lehrte die Realität schon oft eines besseren. Die (moderne) Methodik des systemischen Denkens könnte in diesem Zusammenhang als realitätsnahes Denken bezeichnet werden, welches die Veränderlichkeiten, die Dynamiken und die nur bedingten Vorhersagbarkeiten von Situationen (Systemen), sowie die Interaktionen der Elemente und äußere Einflüsse berücksichtigt. Nach Senge (2006) bedeutet Systemdenken das Erkennen von Ganzheiten, wodurch grundlegende Strukturen komplexer Situationen erkannt und Veränderungen mit starken und geringen Hebelwirkungen unterschieden werden können. Systemgerechtes Handeln stellt hierbei diesem Denken entsprechendes Handeln oder Eingreifen dar; sozusa- gen die ’praktische Umsetzung’ des systemischen Denkens. (vgl. Ossimitz/Lapp 2006:12) (vgl. Senge 2006:88-117)
Durch systemorientiertes Betrachten einer Situation kann also häufig ein grundlegend neues Bild gewonnen werden, welches viele neue und vorher ungeahnte oder unmöglich scheinen- de Möglichkeiten aufzeigt, die durch das herkömmliche lineare Denkmuster nicht zustande kämen. Diese Vielzahl an Möglichkeiten der Situationsbewältigung bietet die Chance, einen optimalen Weg oder eine Kombination zu entdecken. Genau hier zeigt sich nun auch die Bedeutung des systemgerechten Denkens und Handelns für das Katastrophenmanagement. Bevor aber näher darauf eingegangen wird, wird zunächst noch geklärt, wann von Katastro- phen gesprochen wird. (vgl. Ossimitz/Lapp 2006) (vgl. Senge 2006:88-117)
Systemgerechtes Denken (oder ’Systemdenken’) wird häufig auch als vernetztes Denken oder komplexes Problemdenken (-lösen) bezeichnet. Beide Begrifflichkeiten verdeutlichen die Bedingung, ganzheitlich in Feedbackprozessen und Zusammenhängen, und nicht in einfachen Ursache-Wirkungsbeziehungen zu denken.
Wahrnehmen und Verstehen von Komplexität und Dynamik So ist es anfänglich wichtig, die Situation/das Problem als solches richtig zu erfassen, also den ursprünglichen, ursächlichen Kern der Sache herausfinden. Danach sind alle beteiligten Elemente (so fern möglich) und ihre Wechselwirkungen zu identifizieren. Die Elemente un- terscheiden sich hierbei insofern, dass sie entweder aktive (andere stark beeinflussende), passive (von anderen stark beeinflusste), kritische (andere stark beeinflussende sowie von anderen stark beeinflusste) oder träge (schwach beeinflussende und beeinflusste) Größen sein können. Ihre Wechselwirkungen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Qualität und Quan- tität. Das heißt, dass eine Handlung jetzt nicht unbedingt gleich Konsequenzen zeigen muss. Dies kann auch erst viel später passieren. Daher ist es wichtig, zeitliche Verzögerungen zu erkennen und entsprechend zu agieren. Als treffendes aktuelles Beispiel sei hier der Klima- wandel erwähnt. Das Klima stellt ein mehr oder weniger träges System da, welches heute Auswirkungen jener Einflüsse zeigt, die seit dem Beginn der Industrialisierung und vor allem seit den 50er Jahren zustande kamen. (vgl. Ossimitz 2000:15) (vgl. Senge 2006:88-117)
Komplexität bedeutet nun also, dass das betrachtete System aus (nahezu) unüberschaubar vielen Elementen besteht, die untereinander in unterschiedlich weit reichenden Wechselwir- kungen stehen, was deren Identifikation und Verständnis erheblich erschwert. Daraus lässt sich ableiten, dass ein System von Detailkomplexität (viele veränderliche Größen) und von dynamischer Komplexität (Dynamik) geprägt ist. Die eigene Dynamik des Systems wird hier- bei von den Elementen, deren Wechselwirkungsbeziehungen, von zeitlichen Verzögerungen und weiteren potentiellen Einflüssen (wie die Umwelt des Systems und verschiedene Per- spektiven) beeinflusst. So kann aufgrund der Dynamik eine Handlung kurzfristig und langfris- tig oder von Ort zu Ort unterschiedliche Konsequenzen haben. (vgl. Freenet Lexikon o.J.) (vgl. Ossimitz 2000:15) (vgl. Senge 2006:88-117)
Denken in Wirkungszusammenhängen
Mit dem Verständnis der Komplexität und Dynamik sollte es nun auch gelingen, in Wirkungs- schleifen denken zu beginnen. Das betrachtete System stellt ein Wirkungsgefüge aller invol- vierten Elemente dar: Ihre Wechselwirkungen können weit reichend (Fernwirkung) - ein An- reiz an einem Ort im System kann Auswirkungen weit weg von diesem hervorrufen - oder kurz sein, also Auswirkungen im unmittelbaren Umfeld hervorrufen. Zudem besteht die Mög- lichkeit der direkten (Element zu Element) oder indirekten (Element über ein anderes zu E- lement) Beziehung der Elemente. Wegen der Dynamik können außerdem zeitlich und örtlich unterschiedliche Konsequenzen auftreten. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird deutlich, dass für ein Problem viele (zeitlich, örtlich) potentielle Ursachen - auch in Kombination! - verant- wortlich sein können sowie, dass eine Ursache viele verschiedene Auswirkungen (zeitlich, örtlich) haben kann. Es zeigt sich hier die Wichtigkeit, vernetzt in Kreisläufen, Zusammen- hängen und Abhängigkeiten, also in Feedbackprozessen, zu denken, denn nur auf diese Art kann eine Situation auch tatsächlich (so weit überhaupt möglich) verstanden werden, woraus schließlich Handlungsmöglichkeiten abgeleitet werden können. (vgl. Freenet Lexikon o.J.) (vgl. Ossimitz/Lapp 2006) (vgl. Senge 2006:88-117)
Ganzheitliches Denken und Handeln
Für vollständiges Verständnis einer Situation/eines Problem ist aber zu beachten, dass es auch weitere Einflussfaktoren von außen auf das System (die Situation/das Problem) geben kann. Eine bestimmte Situation stellt mehr oder weniger ein geschlossenes System dar, was heißt, dass es als solches aufgrund seiner Elemente und deren Wechselbeziehungen exis- tiert. Alles, was hierbei nicht zum System gehört oder nötig ist, gehört zur Systemumwelt. - Ein System existiert also immer eingebettet in einer Systemumwelt. - Es besteht hierbei aber eine Verbindung, eine Kommunikation, zwischen System und Systemumwelt. Das bedeutet, dass auf Einflüsse aus der Umgebung reagiert wird und umgekehrt. Steht beispielsweise ein Unternehmen vor dem Problem eines sinkenden Marktanteils, so wird es zuerst alle poten- tiell verantwortlichen direkten und indirekten Elemente des Unternehmens anschauen, je- doch auch mögliche Einflüsse des weiteren Umfeldes wie Gesellschaft und Politik berück- sichtigen, um eine richtige Entscheidung treffen zu können. Ganzheitliches Denken und Handeln erfordert darüber hinaus auch eine Berücksichtigung verschiedener Perspektiven, denn je nach Sichtweise der Dinge sind andere Aspekte mehr oder weniger von Bedeutung und scheinen Wege möglich oder nicht. (vgl. Ossimitz/Lapp 2006) (vgl. Senge 2006:88-117)
Folgende Abbildung 1 veranschaulicht nun das traditionelle lineare UrsacheWirkungsdenken. Hierbei können zweierlei Typen unterschieden werden: Zum einen gibt es das reduktionistische Denken, welches dem Muster folgt, dass eine Ursache genau eine Wirkung bedingt. Zum anderen gibt es eine Weiterentwicklung davon, welches Denken in Wirkungsketten vorsieht. Hierbei ist die Ursache gleichzeitig die Wirkung einer vorangegangenen Ursache, beziehungsweise, die Wirkung gleichzeitig die nächste Ursache. (vgl. Hitchins 2005) (vgl. Senge 2006:88-117)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Traditionelles lineares Ursache-Wirkungsdenken [nach Hitchins 2005]
Folgende Abbildung 2 zeigt das moderne Denken in Feedbackprozessen, das Systemdenken, in vereinfachter Form. Eine Ursache, die gleichzeitig die Folge einer vorangegangenen Ursache ist, beeinflusst wiederum ein Element, und so weiter. Hierbei stehen die Elemente in einem Beziehungs-Kreislauf (Rückkopplungskreis), bei dem sie sich gegenseitig beeinflussen. Verändert sich eines davon, so werden auch die anderen mit beeinflusst, die aber wiederum zurückwirken. (vgl. Hitchins 2005) (vgl. Senge 2006:88-117)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Denken in Kreisläufen [nach Hitchins 2005]
Es zeigt sich sehr schön, dass ’Systemdenker’ weiter denken müssen, als an die unmittelbar mögliche Folge, die durch ihr Handeln ausgelöst wird; es kann eine Kettenreaktion beginnen, ein ewiger Kreislauf. Noch zu beachten ist hier, dass das System nicht eskaliert, also die Situation außer Kontrolle gerät. Dafür muss frühzeitig regulierend eingegriffen werden. Um dies für die Situation jedoch im richtigen Ausmaß, an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit zu schaffen, ist ganzheitliches Denken erforderlich. Wichtig ist außerdem, nicht nur die kurze Frist, sondern auch die längere Frist zu betrachten. Als Beispiel eines eskalierenden Wirkungsgefüges kann das Wettrüsten der USA und Russland genannt werden. Beide Län- der fühlen sich gegenseitig, aufgrund der Waffen des Gegners, bedroht und rüsten deshalb noch mehr auf. Insgesamt steigt die Bedrohung dabei stetig an. (vgl. Hitchins 2005) (vgl. Senge 2006:88-117)
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Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Wettrüsten als Beispiel eines eskalierenden Wirkungsgefüges [nach Senge 2006:91]
Wie schon Peter Senge in seinem Buch Die fünfte Disziplin schrieb, ist auch nach Meinung von Ossimitz und Lapp ein völliges Umdenken eine wichtige Grundlage systemischen Den- kens und Handelns. Die Autoren haben dabei auf den Begriff ’Metanoia’ (aus dem Griechi- schen) zurückgegriffen, der so viel bedeutet wie ’radikales Umdenken’, bei dem das gesamte Denken und Handeln einer Person sozusagen neu gestaltet wird. In diesem Zusammenhang ist Metanoia mehr als eine bloße Erlernung neuer Prinzipien. Vielmehr wird eine neue Me- thodik gefordert, die Welt zu sehen; eine neue Denkstruktur also, die eine systemische Be- trachtungsweise der Dinge ermöglicht. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass der menschli- che Akteur als ein Teil des Feedbackprozesses zu sehen ist und nicht getrennt davon. Mit dem Begriff ’Metanoia-Prinzip’ meinen Ossimitz/Lapp (2006) nun jenen Umgang mit Syste- men, der „eine fundamental neue Art des Denkens und Handelns braucht.“ (Ossimitz/Lapp 2006:13) (vgl. Senge 2006:23f,88-117)
Die Entwicklung systemischen Denkens - so kann festgehalten werden - geht einher mit der Entstehung und Weiterentwicklung der allgemeinen Systemlehre. Wichtige Vertreter, wie Ludwig von Berttalanffy (Biologe), verdeutlichten bei ihren Forschungen die Wichtigkeit des Denkens in Zusammenhängen und Wechselwirkungen. Wieder andere, wie Norbert Wiener oder Heinz von Foerster, die sich mit Kybernetik befassten, legten in diesem Zusammen- hang auch Grundsteine systemgerechten Handelns. (vgl. Freenet Lexikon o.J.)
Es stellt sich hier die nicht beantwortbare Frage, was zuerst gegeben sein musste: die Theo- rie selbst oder die Fähigkeit anders zu denken. Festgehalten werden kann aber, dass Sys- temdenken oder Systems Thinking eher neue, jüngere Begriffe darstellen und die For- schungs- sowie Managementwelt prägen. Im Folgenden seien nun wichtige Beiträge einiger, dieses Themengebiet prägende, Autoren geschildert. Hierzu sei noch erwähnt, dass es sich um persönliche Auffassungen der Autoren handelt, die sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Zugänge unterscheiden können. Eine genauere Auflistung bietet Ossimitz (2000).
Gomez / Probst
Diese beiden Autoren haben schon öfter gemeinsam Stellung zum Thema Systemdenken genommen. In Ihren Büchern ’Vernetzt denken - Ganzheitliches Führen in der Praxis’ und ’Die Praxis ganzheitlichen Problemlösens - vernetz denken, unternehmerisch handeln, persönlich überzeugen’ geben sie mittels leicht verständlichem, schrittweisem Vorgehen zur Problembewältigung implizit eine Art Anleitung zum systemgerechten Denken und Handeln. (vgl. Gomez/Probst 1999) (vgl. Probst/Gomez 1993)
Friedrich Dörner
In seinem Buch ’Die Logik des Misslinges’ schreibt Dörner insofern über die Wichtigkeit systemischen Denkens und Handelns, als dass er wesentliche, schwerwiegende Fehler beim Umgang mit komplexen Systemen (Situationen, Problemen) identifiziert:
- Falsche oder mangelhafte Zielerkennung, -beschreibung
- Unvernetzte Situationsanalyse
- Einseitige Konzentration auf Schwerpunkte
- Unbeachtete Nebenwirkungen
- Tendenz zur Übersteuerung
- Tendenz zu autoritärem Verhalten
Dabei stützte er sich nicht nur auf Theorien, sondern auch auf das reale Leben und Experimente, wie das berühmte ’Tanaland-Experiment’. (vgl. Dörner 2005)
Ossimitz / Lapp
Ossimitz hat bereits in einigen seiner Werke, wie ’Entwicklung systemischen Denkens’, über Systemdenken gesprochen. Gemeinsam haben Ossimitz und Lapp das Buch ’Das Metanoia- Prinzip - Eine Einführung in systemgerechtes Denken und Handeln’ verfasst, in dem sie sich dem Verstehen und Erlernen systemischen Denkens widmen. Dabei erklären sie ausführlich die wesentlichen Dimensionen und ihr Zusammenspiel, die als zentrale Bestandteile syste- mischen Denkens und Handelns gesehen werden. Auf diese Dimensionen wird im Kapitel
2.3 näher eingegangen. (vgl. Ossimitz/Lapp 2006)
Peter Senge
Senge hat zur Entwicklung eines systemischen Managementansatzes wesentlich beigetra- gen. In seinem berühmten Buch ’Die fünfte Disziplin - Kunst und Praxis der lernenden Orga- nisation’ schreibt er über sein Konzept einer Lernenden Organisation. Dieses besagt, dass nicht nur das Lernen und systemische Denken eines einzelnen, des Managers, von ent- scheidender Bedeutung für Erfolg ist, sondern auch, dass sich die Organisation als ganzes weiterentwickelt. Hierfür sieht er fünf, seiner Meinung nach unerlässliche, Disziplinen vor: 1) Personal Mastery, 2) Mentale Modelle, 3) Die gemeinsame Vision, 4) Team-Lernen, 5) Sys- temdenken. Der fünften Disziplin, also Systemdenken, räumt er aber eine Sonderrolle ein. Seiner Meinung stellt sie eine integrative Disziplin dar, „die alle anderen miteinander ver- knüpft und sie zu einer ganzheitlichen Theorie und Praxis zusammenfügt.“ (Senge 2006:21) Außerdem sei es ihm zufolge von entscheidender Bedeutung, dass sich diese Disziplinen als ein Ganzes weiterentwickeln. (vgl. Senge 2006)
In seinem Buch schildert er auch sieben mögliche Lernhemmnisse, da das Erkennen dieser für ihn ein bedeutender Schritt hin zur Lernenden Organisation ist. Des Weiteren hält er elf wesentliche Gesetze der fünften Disziplin fest und entwickelte zudem systemische Grund- strukturen von Wirkungsbeziehungen, die so genannten ’Systemarchetypen’. „Zu den wich- tigsten und potentiell machtvollsten Einsichten, die der relativ junge Bereich des Systemden- kens bietet, gehört, daß es bestimmte ständig wiederkehrende Strukturmuster gibt.“ (Senge 2006:118) Beispiele hierfür wären: 1) Grenzen des Wachstums, 2) Problemverschiebung, 3) Gleichgewichtsprozess mit Verzögerung, 4) Eskalation (z.B. Wettrüsten), 5) Tragödie der Gemeingüter etc. Darüber hinaus führt er das Prinzip der Hebelwirkung vor Augen. (vgl. Senge 2006)
Nach Ossimitz (2000) und Ossimitz/Lapp (2006) umfasst systemisches Denken und Handeln vier grundlegende Dimensionen. Diese sind aber nicht unabhängig voneinander, sondern führen erst als Verbund zu einem besseres Verständnis.
Vernetztes Denken bedeutet mehr als ein Denken in einfachen Ursache- Wirkungsbeziehungen. Diese sind vielmehr als Netzwerke anstatt isoliert zu betrachten. Ver- netztes Denken ist also auch stets ein Denken in Systemen. In diesem Zusammenhang er- fordert vernetztes Denken ein bewusstes Denken in Modellen, was heißt, dass zu überlegen ist, welche Systemelemente und Wirkungsbeziehungen wesentlich sind und welche wegge- lassen werden können. Zudem ist die Eigendynamik eines Systems zu beachten. (Ossimitz 2000:53ff) (Ossimitz/Lapp 2006:61ff)
Wesentlich für vernetztes Denken ist das Erkennen und Denken in Rückkopplungskreisen - geschlossene Kreise von Wirkungsbeziehungen. Als Voraussetzung dafür sieht Ossimitz (2000) die Sensibilität, auch indirekte Wirkungen erkennen und beurteilen zu können. Um diese Feeback loops auch beschreiben zu können, kann die einfachste Darstellungsform, das Wirkungsdiagramm, herangezogen werden. Nach Ossimitz und Lapp unterstützen diese Wirkungsdiagramme vernetztes Denken insofern, da sie leicht verstanden werden. (Ossimitz 2000:53ff) (Ossimitz/Lapp 2006:61ff)
Es kann festgehalten werden, dass vernetztes Denken einen zentralen Bestandteil für das Systemdenken darstellt und eine fundamentale Umorientierung (metanoia) im Denken und Handeln erfordert. Hierbei werden folgende Fähigkeiten umfasst:
Nicht nur direkte, sondern auch indirekte Wirkungen erkennen und beurteilen ganze Netze von Wirkungsbeziehungen aufbauen und verstehen Rückwirkungen auf die Ursache (feedback loops) erkennen (Ossimitz 2000:53ff) (Ossimitz/Lapp 2006:61ff)
Systemdenken erfordert auch die Fähigkeit, zeitliche Abläufe zu erkennen, richtig zu beurtei- len und vorauszusehen: Systeme besitzen eine Eigendynamik, zeitliche Verhaltensmuster, deren Kenntnis und Einschätzung für die Systemsteuerung unerlässlich ist. Diese Eigendy- namik ist durch systeminterne Rückkopplungen und somit durch die innere Systemstruktur bedingt. Einfach gesagt bedeutet Dynamik Veränderungen im Laufe der Zeit. Es wird deut- lich, dass dynamisches Denken auch ein vernetztes Denken erfordert, um das Funktionieren des Systems überhaupt erst zu verstehen. Darauf aufbauend soll es nun möglich sein - we- gen dem Erkennen von auch langfristigen Wirkungen - auf zukünftige Systementwicklungen zu schließen, woraus entsprechende Steuerungsmaßnahmen abgeleitet werden. (Ossimitz 2000:55f) (vgl. Ossimitz/Lapp 2006:73)
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Diplomarbeit, 91 Seiten
Diplomarbeit, 140 Seiten
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