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Bachelorarbeit, 2015
32 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Traditionelle Theorien
2.1 Steuern und die Trade-off Theorie
2.2 Agency Costs und die Free Cash Flow Theorie
2.3 Informationsasymmetrien und die Pecking Order Theorie
2.4 Kritische Würdigung
3 Verhaltenstheoretische Ansätze
3.1 Optimismus Modell nach Heaton (2002)
3.2 Trade-off Modell nach Hackbarth (2008)
3.3 Kritische Würdigung
4 Kulturelle Ansätze
4.1 Sechs Dimensionen von Landeskulturen nach Hofstede
4.2 Individualismus vs. Kollektivismus
4.3 Machtdistanz
4.4 Unsicherheitsvermeidung
4.5 Maskulinität vs. Feminität
4.6 Kritische Würdigung
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Wert des verschuldeten Unternehmens nach der Trade-off Theorie.
Abbildung 2:Wert des verschuldeten Unternehmens nach der Free Cash Flow Theorie.
Abbildung 3: Einordnung von Landeskulturen auf Individualismus-Index
Abbildung 4: Einordnung von Landeskulturen auf Machtdistanz-Index
Abbildung 5: Einordnung von Landeskulturen auf Unsicherheitsvermeidung-Indexg
Abbildung 6: Einordnung von Landeskulturen auf Maskulinität-Index
Abbildung 7: Wichtige Autoren und deren Hypothesen
Wie bestimmen Finanzmanager die Kapitalstruktur ihres Unternehmens und welche Auswirkungen hat die Entscheidung nach der Finanzierung auf den Unternehmenswert? Seit der Irrelevanzhypothese von Modigliani und Miller aus dem Jahr 1958 beschäftigen sich Wirtschaftswissenschaftler mit der Suche nach der optimalen Kapitalstruktur. Durch Marktfriktionen, wie Transaktionskosten und Steuern haben Finanzierungsentscheidungen einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf den Wert der Unternehmung. So kann zum Beispiel durch Aufnahme von Fremdkapital eine Wertsteigerung erzielt werden, indem durch Zinsaufwendungen Steuern eingespart werden.
In der Theorie gibt es eine optimale Kapitalstruktur, die den Unternehmenswert maximiert. In der Realität sind jedoch nicht nur in unterschiedlichen Branchen unterschiedliche Kapitalstrukturen zu beobachten. So gibt es selbst innerhalb einer Industrie erhebliche Unterschiede (Berk und DeMarzo, 2014). Einige Gründe dieses Phänomens sind mit traditionellen Theorien der Kapitalstruktur zu beantworten. Zur Erklärung wurden verschiedene Faktoren, wie beispielsweise die Kosten finanzieller Anspannung eingeführt. Durch diese kann man die unterschiedlichen Finanzierungspräferenzen auf die unterschiedlich hohen Kosten des Fremdkapitals innerhalb der Branchen zurückführen. Keine der drei traditionellen Theorien, die in dieser Arbeit vorgestellt werden ist universal (Brealey, Myers und Allen, 2010). Sie alle erklären verschiedene Beobachtungen mit unterschiedlichen Annahmen. Sie lassen jedoch viele Fragen unbeantwortet.
Der Blick auf internationale Verhältnisse wirft weitere Fragen auf. In einem internationalen Kontext lassen sich zwischen den einzelnen Ländern weitere signifikante Unterschiede in der Kapitalstruktur vergleichbarer Unternehmen feststellen. Borio (1990) stellte beispielsweise einen höheren Fremdkapitalanteil bei japanischen und kontinentaleuropäischen Unternehmen verglichen mit ihren Konkurrenten in den USA fest. Aggarwal (1981) hat als einer der Ersten angenommen, dass die Kultur einer Gesellschaft eine bedeutende Determinante der Finanzierungsentscheidung sein kann. Während andere betriebswirtschaftliche Gebiete, wie die Managementlehre, kulturelle Einflüsse in der Forschung bereits berücksichtigen, wurde diesem Faktor in der Finanzwirtschaftslehre bis heute wenig Beachtung geschenkt (Aggarwal, 2008). In jüngerer Zeit wurden Studien veröffentlicht, die kulturelle Faktoren der Kapitalstruktur untersuchen. Einige dieser Studien unternehmen den Versuch die Ergebnisse mit traditionellen oder verhaltenstheoretischen Modellen zu verknüpfen. Bis heute fand das junge Forschungsgebiet der Cultural Finance (Breuer und Quinten, 2009) kein eigenständiges Modell zur Erklärung von Finanzierungsentscheidungen. Alle Studien zeigen jedoch eine hohe Signifikanz der neuen kulturellen Variablen in der Erklärung der unterschiedlichen Verschuldungsgrade. Aus der modernen Forschung der Kapitalstruktur können daher nicht nur neue Erkenntnisse gewonnen, sondern auch die traditionellen Theorien ergänzt werden (Aggarwal und Goodell, 2014).
Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, einen Überblick der relevanten Literatur über den Einfluss von Kultur auf Finanzierungsentscheidungen zu verschaffen und die Verknüpfung von Kultur und Kapitalstruktur aufzuzeigen. Um jedoch die Voraussetzung und Notwendigkeit moderner theoretischer Ansätze verstehen zu können, werden im Vorfeld die traditionellen Theorien erläutert und kritisch gewürdigt. Anschließend werden die Kulturdimensionen nach Hofstede definiert, um die Unterschiede zwischen den Länderkulturen aufzuzeigen. Im darauf folgenden Abschnitt werden empirische Studien und ihre Befunde im Zusammenhang mit Kultur erläutert. Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit in einer Schlussbetrachtung resümiert.
Die traditionelle Forschung zur Kapitalstruktur von Unternehmen begann mit der viel beachteten Irrelevanztheorie von Modigliani und Miller im Jahr 1958 (Harris und Raviv, 1991). Unter der strikten Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes ohne Friktionen hat der Verschuldungsgrad eines Unternehmens keinen Einfluss auf den Unternehmenswert (Modigliani und Miller, 1958). Die Finanzierungsentscheidungen in Hinsicht auf den Verschuldungsgrad werden dadurch irrelevant und der Unternehmenswert lediglich durch den gesamten Cash Flow des Unternehmens bestimmt.
Anders als in Modiglianis und Millers Theorie angenommen, gibt es in der Realität jedoch keinen vollkommenen Markt. Es gibt Marktfriktionen, wie Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern, Steuern, sowie Kosten finanzieller Anspannung. Dies führt dazu, dass Unternehmen durch bestimmte Finanzierungsentscheidungen ihren Unternehmenswert beeinflussen können. Theoretisch muss dadurch ein optimaler Verschuldungsgrad existieren, bei dem der Unternehmenswert maximal wird. Dadurch sollte sich langfristig ein Gleichgewicht in der Kapitalstruktur aller Unternehmen einstellen. Empirisch werden jedoch branchenunabhängig große Unterschiede in der Kapitalstruktur verschiedener Unternehmen beobachtet. Bis heute versucht die Forschung Theorien und Modelle zur Erklärung der empirischen Befunde zur Kapitalstruktur zu finden und normative Empfehlungen zur optimalen Kapitalstruktur geben zu können.
In der Literatur der traditionellen Theorien lassen sich heute unterschiedliche, etablierte Ansätze finden, die jeweils Erklärungen unter dem Vorhandensein oben genannter Faktoren des unvollkommenen Kapitalmarktes liefern (Myers, 2001). Diese Faktoren sind Steuern, Agency Kosten und Asymmetrische Informationen. Im Folgenden werden Theorien vorgestellt, die Finanzierungentscheidungen unter diesen Bedingungen erklären. Diese Theorien sind Grundlage für die moderne Forschung der Kapitalstrukturen.
Der Effekt von Fremdkapitalzinsen auf die Steuern spielt eine große Rolle bei der Finanzierungsentscheidung und beeinflusst damit den Wert des Unternehmens. In Deutschland sind die Kreditzinsen als Betriebsausgaben von den Steuern absetzbar1. Dies bedeutet, dass ein höherer Verschuldungsgrad zu einem höheren Zinsaufwand führt, welcher eine niedrigere Steuerlast zur Folge hat. Der Barwert dieses sogenannten Tax Shields kann als eine Wertsteigerung des Unternehmens betrachtet werden (Berk und DeMarzo, 2014). Nun könnte man annehmen, dass alle Unternehmen ihren Verschuldungsgrad so wählen, dass ihr EBIT exakt dem Zinsaufwand entspricht und dadurch keine Steuern mehr zu zahlen sind. Graham (2000) beobachtet, dass Unternehmen jedoch im Durchschnitt weniger als 50% dieses Schutz-Potenzials ausnutzen. Er schätzte, dass Unternehmen dadurch durchschnittlich auf eine mögliche Wertsteigerung in Höhe von 7,5% verzichten. Es muss also einen Grund geben diesen Tax Shield nicht in seiner maximal möglichen Höhe auszureizen (Myers, 2001).
Die sogenannte Trade-off Theorie von Kraus und Litzenberger (1973) führt hier zur Erklärung die Kosten finanzieller Anspannung ein. Die Kosten finanzieller Anspannung können in direkte und indirekte Kosten unterteilt werden. Direkte Kosten sind solche, die aus der Insolvenz eines Unternehmens resultieren. Diese können Kosten der Liquidierung oder der Sanierung des Unternehmens sein. Beides ist sehr kostenintensiv, da außenstehende Experten, wie Anwälte und Unternehmensberater bezahlt werden müssen (Berk und DeMarzo, 2014). Indirekte Kosten entstehen aus einem möglichen Reputationsverlust durch die Insolvenz und dem damit verbundenen Verlust von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. Das Ausmaß der Kosten finanzieller Anspannung wird unter anderem anhand der Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz2, sowie der Höhe der damit verbundenen indirekten Kosten bestimmt. Diese beiden Faktoren unterscheiden sich je nach Branche und Umfeld der Unternehmen signifikant. Zum Beispiel können sich Unternehmen mit stabilen und verlässlichen Cash Flows, wie Stromlieferanten einen höheren Verschuldensgrad leisten als Unternehmen mit volatilen Einkünften (Berk und DeMarzo, 2014). Technologie- oder Pharmaunternehmen haben relativ hohe indirekte Kosten, da sie weniger liquide Sachanlagen besitzen und mehr auf Humankapital angewiesen sind. Dies führt zu einer höheren Wahrscheinlichkeit finanzieller Anspannung im Vergleich zu Unternehmen mit einer hohen Quote wertvoller Sachanlagen.
Der Wert der verschuldeten Unternehmung berechnet sich nach diesem Modell aus dem Wert des unverschuldeten Unternehmens plus den Barwerten des Tax Shields minus den Kosten der finanziellen Anspannung:
Der optimale Verschuldungsgrad findet sich, sobald der zusätzliche marginale Tax Shield die steigenden Kosten finanzieller Anspannung nicht mehr ausgleichen kann. Abbildung 1 zeigt den Wert eines verschuldeten Unternehmens. Der Wert der Unternehmung steigt mit dem Barwert des Tax Shields bis zu dem Punkt, in dem der marginale Wertzuwachs aus dem Tax Shield exakt den marginalen Kosten finanzieller Anspannung entspricht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Der Wert des verschuldeten Unternehmens nach der Trade-off Theorie. Quelle: In Anlehnung an Berk und DeMarzo (2014); eigene Darstellung.
Wertmaximierende Unternehmen mit geringen Kosten finanzieller Anspannung sollten nach dieser Theorie das Potenzial des Tax Shields voll ausnutzen und somit weniger Steuern zahlen als Unternehmen mit höheren Kosten finanzieller Anspannung. Empirisch ist dies jedoch nicht immer zu beobachten. So zeigt unter anderem Wald (1999), dass Profitabilität die bedeutendste Determinante des Verschuldensgrads eines Unternehmens darstellt. Unerwarteterweise tendieren Unternehmen mit hohen Profiten dazu, weniger Fremdkapital aufzunehmen. So korreliert geringe Profitabilität mit einer hohen Schuldenrate. Diese Korrelation kann die Trade-off Theorie nicht erklären und ist daher nur bedingt geeignet, um auf die langfristige Finanzierungsstrategie von Unternehmen zu schließen (Myers, 2001). Viel mehr erklärt diese Theorie wie Unternehmen durch die Aufnahme von Fremdkapital ihren Wert steigern können. Damit weist sie einen normativen Charakter auf. Die tatsächlichen empirischen Beobachtungen weichen jedoch von den Resultaten des Modells ab.
Im vorangehenden Kapitel wurden die Kosten der Insolvenz, sowie die resultierenden indirekten Kosten erläutert. Wie Jensen und Meckling (1976) zeigen, gibt es noch weitere geeignete Faktoren, um die empirischen Befunde genauer zu erklären und um die Trade-off Theorie zu erweitern: die sogenannten Agency Kosten. Die Kapitalstruktur beeinflusst Manager in ihren Investitionsentscheidungen und hat dadurch Einfluss auf den Wert der Unternehmung. Manager von verschuldeten Unternehmen, die im Interesse der Shareholder handeln, treffen andere Investitionsentscheidungen als Manager von unverschuldeten Unternehmen und verursachen so Agency Costs.
Unter der Bedingung der möglichen finanziellen Anspannung führt Fremdkapital zu Interessenkonflikten zwischen Eigentümern und Kreditgebern. Da Eigentümer nachrangig zum Fremdkapital ausbezahlt werden, profitieren sie von risikoreichen Investitionen mit hohen Renditen, selbst wenn der Barwert der Investition negativ ist.3 Fremdkapitalgeber tragen hierbei das meiste Risiko und profitieren nicht von der potentiell höheren Rendite. Jensen und Meckling (1976) stellen fest, dass Fremdkapital für Manager einen Anreiz bietet, relativ risikolose Investitionen durch Risikoreiche zu ersetzen. Die Fremdkapitalgeber antizipieren dieses Verhalten und verlangen zusätzliche Sicherheiten4 für die Kredite, wie höhere Zinsen oder Einschränkungen der Dividendenzahlung. Dadurch sinken die Cash Flows aus Investitionen und der Unternehmenswert sinkt. Die Agency Costs, die aus dem Verhalten der Manager resultieren, tragen somit die Eigentümer. Damit bieten sie im Gegensatz zur Trade-off Theorie eine Erklärung dafür, weshalb Unternehmen relativ geringe Verschuldungsgrade haben (Myers, 2001).
[...]
1 § 4 Abs. 4 EStG regelt die Abziehbarkeit der Betriebsausgaben von Steuerzahlungen.
2 Die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz wird durch die Stabilität der zukünftigen Cash Flows bestimmt. Je volatiler die Cash Flows, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit die aufgenommenen Kredite nicht mehr bedienen zu können (Berk und DeMarzo, 2014).
3 Eigentümer präferieren in bestimmten Situationen Projekte mit hohen möglichen Cash Flows, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering ist. Solch eine Situation tritt beispielsweise auf, sobald dem Unternehmen nur zwei Projekte möglich sind. Da Fremdkapitalgeber vorrangig ausbezahlt werden, präferieren sie stets das Projekt mit dem höheren erwarteten Einkommen. Eigentümer präferieren hingegen das Projekt, in dem für sie überhaupt eine Möglichkeit besteht ausbezahlt zu werden, auch wenn es sehr risikoreich ist.
4 sogenannte Covenants