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Bachelorarbeit, 2013
32 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Vorgehensweise
1.3 Ausgangsbedingungen
2. Hauptteil
2.1 Prozessorientierung
2.1.2 Das Berufsbildungskonzept
2.1.2 Veränderung der Rahmenbedingungen
2.1.3 Prozessorientierung – ERP Einsatz
2.1.4 Medienkompetenz als Element einer zukunftsfähigen Bildung
2.2 Vertieftes Verständnis betrieblicher Prozesse fördern
2.2.1 Was bedeutet Lernen unter dem Aspekt einer (neuen) beruflichen Qualifizierung?
2.2.3 Situiertes Lernen in multimedialen Lernumgebungen
2.3 Umsetzung durch Neue Medien
2.3.1 Neue Medien und ihr Potenzial
2.3.2 E-Learning
2.3.3 Neue Medien in der beruflichen Bildung - Entwicklungsstand
3. Zusammenfassung – Diskussion – Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung 1. Funktionswandel von Bildungspersonal und Medien.
Abbildung 2. Dimensionen ganzheitlichen Lernens
Abbildung 3. Einsatz von Lerntechnologien in Unternehmen
Schon seit meinem ersten Computer bin ich fasziniert von den Potenzialen neuer Medien, die unser Zeitalter seit ihren Anfängen in den 1980er Jahren kontinuierlich prägen. Doch wer hätte sich noch damals träumen lassen, dass diese sehr futuristisch anwirkenden „Kisten“ so ziemlich jeden Lebensbereich in unserer modernen Gesellschaft durchziehen bzw. dass sich praktisch alles um die neue Technologie drehen wird? Selbst IBM hatte damals Steve Jobs[1] mitgeteilt: „Niemand braucht zu Hause einen Computer!“. Nicht nur das jener bereits unmittelbarer Bestandteil unserer Alltags geworden ist, kaum einer könnte sich zudem heute einen Operationssaal ohne High Tech Computer vorstellen oder ein Leben vollkommen Handyfrei. Natürlich wird das Potenzial von Neuen Medien auch in anderen Bereichen nicht verkannt. So führen heutzutage beispielsweise Meinungsforscher größtenteils ihre Umfragen mit Hilfe computerbasierter Auswertung durch, um Zeit und Kosten zu sparen. Auch die Entwicklung und Einsatz spezieller Bildungstechnologien findet immer mehr Beachtung, wenngleich die Geschwindigkeit in der solche Systeme entwickelt werden immer Gefahr dafür ist, dass die wissenschaftliche Untermauerung zu kurz kommt. Im Rahmen dieser Arbeit werden, immer in Bezug auf eine wissenschaftliche Basis, Möglichkeiten der Nutzung neuer Medien um ein vertieftes Verständnis von betrieblichen Prozessen zu fördern, dargestellt.
Die vorliegende Arbeit ist in drei Teile gegliedert. Nach der Einleitung, in der die Ausgangsbedingungen, aktuelle Problemsituation und Herausforderungen für die berufliche Bildung vorgestellt bzw. thematisiert werden, folgt der Hauptteil. Dieser wiederum ist in drei Unterpunkte untergliedert. Nach der Vorstellung verschiedener Hintergrundinformationen, die man benötigt um betriebliche Prozesse zu verstehen, speziell ein vertieftes Verständnis derer zu erlangen, werden im letzten Teil verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, wie man mit Hilfe neuer Medien dieses wichtige Ziel erreichen kann. Im Schlussteil ist neben Visionen und Ziele für Neuen Medien, und einer kritischen Würdigung vor allem eine Frage wichtig: Sind die Weichen für die Zukunft gestellt?
Seit den 80er Jahren entwickeln sich Neuen Medien unaufhaltsam. Zusätzlich beschleunigt wurde diese Entwicklung vor allem durch das Internet. Dieses bietet laut Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2012(A), S. 4-5) seitdem vielfältige Möglichkeiten speziell auch in der Information und Interaktion zwischen den Akteuren von Lernprozessen. Neben vielzähligen Angeboten von interaktiven Lernsituationen initiierte das globale Rechnernetz vor allem den Wandel unseres Kulturraums hin zu einer Wissensgesellschaft. Diese Entwicklung ist ebenso bedeutend wie die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert, auch wenn ihre sichtbaren Veränderungen weit weniger bezeichnend sind, hat sie doch Potenzial die Menschen zu spalten. Computer und vor allem das Internet eröffnen besonders denjenigen berufliche Perspektiven, die sich gewandt im Umgang mit Medien zeigen, andernfalls droht ein erheblich beeinträchtigter Zugang zu zukunftsträchtigen Branchen und Betrieben. Die Globalisierung und die sich ausbreitende Vernetzung sind Evolutionen, die unsere Gesellschaft maßgeblich verändern bzw. verändern werden. Nicht nur Chancen für wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand eröffnet die immer tiefergehende Verbindung der weltweiten Märkte, parallel dazu dürfen die Herausforderungen die damit einhergehen nicht verkannt werden. Vor allem für Industrieländer wie Deutschland muss es Ziel sein in dieser Entwicklung die Vorreiterrolle einzunehmen um durch ein hohes Qualifikationsniveau der Ausbildung bzw. Bürger die Basis für die angestrebten Ziele zu legen. Lebenslanges Lernen der Beteiligten ist ein zentraler Eckpfeiler in der Strategie, die Innovationskraft und damit verbundene Zukunftsfähigkeit des Standort Deutschland zu sichern.
Die Neuen Medien bieten hierfür vielleicht nicht die beste aber wahrscheinlich die bisher einzige Möglichkeit, diesen Entwicklungen zu folgen. Bildungsangebote können nicht nur anpassungsfähiger bzw. anforderungsgerechter gestaltet werden, zusätzlich findet man einen großen Vorteil in der Unabhängigkeit von Ort und Zeit. Als schlagkräftigstes Argument aber bleibt festzuhalten, dass im Kontext schneller Veränderungen von Anforderungsprofilen es diese Technologien erlauben ein unverzügliches angleichen der Inhalte an die veränderten Qualifizierungsbedürfnisse durchführen zu können. Hierbei soll es aber in keinem Fall zu einem Gegeneinander zwischen „neuen“ und „alten“ Medien kommen, in dem eine Form von der anderen verdrängt wird, vielmehr sollen sich die bewährten Medien im Zusammenspiel mit den modernen ergänzen und gemeinsame Potenziale nutzen.
Neben den technologischen Veränderungen der letzten Jahre prägen laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (2012(A), S. 4-5) vor allem auch die gesellschaftlichen unsere Zeit. Schlagwort hierfür ist der Demographische Wandel. Dieser Prozess trifft vor allem Unternehmen, die zukünftig um jeden Mitarbeiter kämpfen müssen. Da zukünftig jeder Mann bzw. Frau gebraucht wird, ist es wichtig Menschen die evtl. fehlende Kompetenzen für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt vorweisen, nicht aufzugeben, sondern nötige Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten.
Baethge (2007, S. 11-12) stellt daher vor allem die immer wiederkehrende Diskussion um das Ungleichgewicht von Ausbildungsnachfrage und Angebot in den Hintergrund, und betont die substantiellen Herausforderungen für die berufliche Bildung anhand von vier Entwicklungstrends. Qualifikationsanforderungen, insbesondere der integrale Zusammenhang zwischen Arbeit und Lernen, der Anstieg der wissensintensiven Beschäftigungsbranchen bzw. des Qualifikationsniveaus und der ansteigenden Heterogenisierung der Ausbildungsnachfragesituation, stellen zukünftig gewaltige Herausforderungen dar. Neben diesen natürlich sehr wichtigen Themen, stellt aber die zunehmende Globalisierung und Internationalisierung die größte aller zu meisternden Aufgaben dar.
Die Neuen Medien können nach dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (2012(A), S. 4-5) hierbei einen entscheidenden Beitrag leisten. Weltweite Vernetzung, demografischer Wandel, Prozessorientiertes Handeln, sich explosionsartig vermehrendes Wissen und weltweite Innovationen stellen gewohnte Herangehensweisen auf den Kopf. Bildung, vor allem die berufliche Bildung steht unter einem gewaltigen Erneuerungsdruck – Neue Medien können helfen diesem Druck stand zu halten, gewünschtes vertieftes Verständnis für betriebliche Prozesse zu fördern, den Anforderungen gerecht zu werden und damit den Spielraum für weitere Entwicklungen bereitzustellen.
Bevor die betrieblichen Prozesse genauer thematisiert werden, wird zunächst das Berufsbildungskonzept von Baethge, M., Achtenhagen, F., Arends, L., Babic, E., Baethge-Kinsky, V. & Weber, S. (2006, S. 12-13) vorgestellt, dass essentiell ist, wenn man sich diesem Thema nähern will. Wenn man als Ziel der beruflicher Bildung nicht nur die rein funktionalen Anforderungen eines spezifischen Arbeitsplatzes ausgibt, sondern neben diesen Qualifikationen Kompetenzen fordert, die in der modernen Berufswelt unerlässlich sind (Kein reines Faktenwissen, sondern Hintergrundwissen, Prozesswissen), muss die berufliche Bildung einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung leisten. Den Menschen das nötige Rüstzeug mitzugeben, um die auf sie zukommenden Herausforderungen meistern zu können ist unbedingt notwendig. Als Anforderung an die Ausbildungssysteme werden dabei drei zentrale Zieldefinitionen definiert, die damit eine Richtlinie für die Ausbildung darstellen. Die individuelle Regulationsfähigkeit beabsichtigt, dass sich das Individuum neben den rein fachlichen auch Kompetenzen wie Selbstorganisationsfähigkeit, Kommunikativität und Reflexivität aneignet. Entscheidend hierbei ist aber, dass der Mensch immer im Verhältnis von persönlicher Zielsetzung und seiner Anstrengung einerseits und negativen oder positiven Umweltbedingungen andererseits beleuchtet werden muss. Nur so können Spielräume zur Entwicklung und Verfestigung personaler und beruflicher Identität definiert werden. Die wichtigste Zieldefinition ist die Sicherstellung der Humanressourcen. Dieses Ziel spricht ganz klar alle Ebenen des Bildungssystems an, die die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit in der Erwerbsarbeit zum einen und auf dem Arbeitsmarkt zum anderen fördern, und entscheidend dazu beitragen den Fachkräftemangel einzudämmen. Die letzte Dimension ist die Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe und Chancengleichheit. Darunter fällt der Gesichtspunkt, dass die berufliche Ausbildung unbedingt dazu beitragen muss, dass es für jeden möglich sein muss, unabhängig von der persönlichen Herkunft, die Erfolgschancen im Bildungssystem wahrzunehmen, und damit die gesellschaftliche Integration bzw. die gemeinschaftlicher Gestaltung zu sichern. Abschließend bleibt festzuhalten, dass diese drei Aspekte eine Marschrichtung für die institutionalisierte berufliche Bildung darstellen. Übergreifende berufliche Kompetenzen können bzw. sollen auch außerhalb organisierter Lehr- Lernprozesse erworben werden, Schlagwort ist hier das sog. Informelle Lernen.
Die neuen dynamischen Entwicklungen im Bereich der Berufsausbildung sind Reaktionen von Veränderungen in Bereichen wie der Wirtschaft, Gesellschaft und Technik, die zukünftig neben dem bereits angesprochenen reinen Fachwissen dementsprechendes Verständnis für betriebliche Vorgänge bzw. Handlungskompetenz fordern. Hengse (2005, S. 5) schildert in Bezug auf die veränderten Rahmenbedingungen des Ausbildungshandelns auf ein betriebliches Verständnis hin, dass der Wandel hin zur Wissengesellschaft für die betriebliche Facharbeit ein wichtiges Themenfeld mit sich bringt: Die Wissensarbeit. Das Beispiel der Dokumentationssysteme in denen computerbasiert Ausführungswissen abgespeichert wird macht deutlich, dass sich eine Fachkraft neben seiner Kernaufgabe auch in derlei komplexen Systemen bewegen können muss, um seinen Beruf ausüben zu können. Solche umfassenden Anforderungen sind schon Fingerzeig dafür wohin sich die „neue Lernkultur“ in den nächsten Jahren entwickeln wird. Der Anteil der selbst gesteuerten Lernvorgänge und die Geltung des betrieblichen Lernortes werden ansteigen. Unter dieser Vorgabe muss Ausbildung so organisiert werden, dass vor allem das Verständnis für Geschäftsprozesse vermittelt und ein immer fortlaufender Erfahrungsaustausch zwischen der Belegschaft vorangetrieben wird. Die daraus folgende höhere Eigenverantwortung der Lernenden, wird von allen Unternehmen für die entscheidende Voraussetzung nachhaltiger Bildungserfolge angesehen.
In Bezug auf Hengse (2005, S. 5-6) ist mit Wiederentdecken des arbeitsplatzorientierten Lernens eine fundamentale Kehrtwende in der beruflichen Bildung verbunden. Zentralisierung und Systematisierung stehen jetzt nicht mehr im Vordergrund, sondern die Orientierung an Kunden und Geschäftsprozessen. Damit wird automatisch der Arbeitsprozess per se zum grundlegenden Baustein für die Gestaltung und Ordnung der beruflichen Bildung. „Wissensbasierte Facharbeit, Arbeiten und Lernen integrieren, prozessorientiert ausbilden, lernförderliche Lernkulturen aufbauen und gestalten“ (Hengse, 2005, S.6) sind hierbei herausstechende Variablen, die die neuen Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung abstecken. Dabei ist es natürlich klar, dass ohne richtige Instruktion ein Wandel hin zur Prozessorientierung nicht möglich ist. Das Bildungspersonal ist also besonders gefordert, die Bedingungen im betrieblichen Alltag so zu beeinflussen, dass die Veränderungen auch ankommen bzw. umgesetzt werden. Darum ist es erstaunlich wie vergleichsweise wenig Beachtung den Ausbildern in der Diskussion um die Zukunft der beruflichen Bildung zukommt. Zukünftig wird interessant sein, woher die Akteure die Qualifikationen zur Bewältigung des Innovations – und Ausbildungsdrucks nehmen. Abbildung 1 vermittelt abschließend den Funktionswandel von Bildungspersonal und Medien, der sich durch das ändern der Rahmenbedingungen vollzogen hat bzw. vollziehen wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Funktionswandel von Bildungspersonal und Medien. Aus: Hengse, K. (2005, S. 6)
Die berufliche Bildung erkennt die Zeichen der Zeit, soviel kann festgehalten werden. Doch an welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit das Ziel eines prozessorientierten Unterrichts erreicht wird? Wie oben bereits angesprochen sind insbesondere die Akteure des Bildungssystems gefragt diese Neuerungen umzusetzen. Budde (2004, S. 159-160) sieht in der Differenz von Softwareeinsatz im Unternehmen zur Berufsschule ein Hauptproblem.
Im Berufsschulunterricht werden bislang die verschiedenen Systeme isoliert voneinander betrachtet. In der Realität ist es aber im Normalfall so, dass die verschiedenen Systeme verzahnt und in Verbindung zueinander im betrieblichen Einsatz sind. Relationale Datenbanken dienen als Verwaltungsprogramme, die mit prozessorientierten betriebswirtschaftlichen Softwarepaketen[2] bearbeitet werden. Aufgrund dieser Situation sind die beruflichen Schulen gezwungen ihre Systeme an den betrieblichen Kontext anzupassen.
Weiterhin führt Budde (2004, S. 160) aus, dass die komplexen Softwarepakete verschiedenster Hersteller auf dem Prinzip der Prozessorientierung basieren. Da jeder Hersteller sein Softwarepaket auf die aktuellen Normen moderner Unternehmensführung abstimmt, wird sichergestellt, dass sich Schüler adäquat auf das Berufsleben vorbereitet werden können. Die eingesetzten Systeme übernehmen dabei die Koordination der miteinander verbundenen Teilprozesse. Als Basis einer späteren Software,- bzw. Berufsqualifikation muss somit die Ausbildung unbedingt am betrieblichen Leistungsprozess ausgerichtet sein, um den Schülern den Einstieg bzw. Umstieg auf verschiedene Systeme zu erleichtern. Solche Systeme bezeichnet man als ERP – Systeme.[3]
Vorteile dieser Software liegen auf der Hand: Neben dem modularen Aufbau sind sie vor allem branchenneutral, d.h. egal in welchem Industriezweig man sich bewegt, fast ausnahmslos kommen ERP – Systeme zum Einsatz. Daher ist es nur allzu verständlich, dass Unternehmen, aufgrund des gewaltigen Einsparpotenzials von solchen Programmen, von zukünftigen Fachkräften zum einen den sicheren Umgang und das nötige Hintergrundwissen (à Prozesszusammenhänge) in Verbindung mit diesen Systemen erwarten. Dabei spielt es eher eine untergeordnete Rolle, wie groß und in welchen Umfang solche Systeme im betreffenden Betrieb eingesetzt werden, da als Basis immer die zugrundeliegenden Unternehmensprozesse implementiert werden. Daraus folgt zwangsläufig, dass diese Kompetenzen nicht durch reine Bedienungsschulungen erworben werden können. Besonderer Wert muss dementsprechend - immer auf Grundlage des Prozesses - auf Möglichkeiten der Koordination und Limitationen von ERP - Software gelegt werden. Dies stellt im Vergleich zur reinen Benutzerschulung einen wesentlich höheren Aufwand dar.
Um dieses Netz an verschiedenen Komponenten zu ordnen, nennt Budde (2004, S. 162-165) im Folgenden verschiedene Basiskomponenten die zu einer prozessorientierten ERP Qualifikation beitragen. Als wichtigstes Glied in der Kette dient das Prozessgerüst, dass verstanden werden muss, um über die verschiedenen Abteilungen hinweg einen transparenten und zielgerichteten Unterricht zu etablieren. Dies zu gewährleisten stellt allerdings ein großes Problem dar. Zum einen müssen praxisrelevante Komponenten mit involviert werden, zudem soll der Stoff zielgruppenorientiert reduziert werden, um Überschneidungen bzw. Redundanzen zu vermeiden. Beide Ziele verhalten sich in der Regel konträr zueinander. Im Großen und Ganzen lässt sich dieser Konflikt aber nur in Abstimmung mit der gegebenen Infrastruktur[4] und den jeweiligen Qualifikationsanforderungen lösen. Trotz dieses Hintergrundes lassen sich aber dennoch verschiedene Basiskomponenten ausmachen. Als methodisches Fundament dient das Modellunternehmen. Um den Auszubildenden mit der Prozessorientierung nicht zu erdrücken, werden durch einen praxisnahen Beispielbetrieb vorhandene Grenzen und Möglichkeiten von ERP Systemen aufgezeigt. Durch die aktive Auseinandersetzung mit den Hintergründen und Funktionsweisen solcher Systeme erreicht man vor allem, dass Schüler Entscheidungen treffen müssen, die „ihre“ Unternehmung betreffen, und nicht nur reines Bedienungstraining absolvieren. Um dieser Beispielfirma Leben einzuhauchen, wird der Belegfluss als Basis des Prozessflusses instrumentalisiert. Hierbei ist es für Budde (2004, S. 163-164) aber wiederum entscheidend, welcher Reduktionsgrad bei der Bereitstellung von Belegen angewendet wird, da falls zu detailliert, der Ausbilder überfordert werden könnte. Grundlage für ERPs und im speziellen Belege ist eine große Datenbasis. Entwicklung dieser ist daher ein zentraler Faktor bei der ERP Qualifikation, und fordert viel Engagement. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Schulungen an sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Nicht überall stehen Ressourcen zur Verfügung, um effiziente Qualifikationsmaßnahmen durchzuführen, doch die „grundsätzlichen Strukturen des Prozessdenkens“ (Budde, 2004, S. 163-164) sollten in jedem Fall vermittelt werden können.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (2012 (A), S. 14-15) fordert neben der Prozessorientierung in Bezug auf die sich verändernden Umstände in der beruflichen Bildung ein Umdenken. Vorratslernen in der Erstausbildung wird zukünftig nicht mehr ausreichen, um die Bedarfe der Betriebe zum Beispiel in Bezug auf die Prozessorientierung zu erfüllen. Die sich weiter entwickelnde Dynamisierung der Qualifikationsanforderungen wird das berufsbegleitende Lernen prägen und es immer mehr an den jeweiligen Arbeitsplatz verlagern. Die berufstypischen Aufgaben und Wissenselemente werden zukünftig das klassische Lernverhalten mit festen Lehrplänen ablösen. Statt langer Lernlektionen werden kurze digitale Wissenseinheiten Einzug halten. Diese können schnell und unkompliziert am benötigten Arbeitsplatz abgerufen werden, um tiefergehende Probleme, die mit dem Arbeitsprozess zusammenhängen, lösen zu können. Fachkräfte, die auf ein konzentriertes, jederzeit abrufbares Know-how zurückgreifen können, werden für Betriebe immer wichtiger. Das führt zwangsläufig dazu, dass Mitarbeiter zukünftig nicht nur für ihre Arbeitsergebnisse verantwortlich sind, sondern auch Initiative im Bereich der Weiterbildung zeigen müssen. Um aber diesen Prozess zu unterstützen, müssen ausgewählte mediengestützte Qualifizierungsangebote auf dem Markt angeboten werden. Erste Erfahrungen mit sog. Online Communities lassen bereits jetzt Rückschlüsse über den zukünftigen Bedarf zu. Das Beispiel zeigt eindrucksvoll welche große Rolle zukünftig Medien in der beruflichen Bildung/Weiterbildung zukommt. Der Umgang und die Anwendung verschiedenster Mediengattungen müssen in Bezug auf schnelle Bearbeitung von sich verändernden Prozessen in Betrieben als Grundfertigkeit (Kompetenz) vorhanden sein. Doch wie kann man „Medienkompetenz“ fassen? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (2012 (B), S. 25-26) definiert zunächst den Begriff der Bildung neu und reiht ihn in den Kontext neuer Medien ein. Der stark kennzeichnende Gegensatz von beruflicher Ausbildung und allgemeiner Bildung in der deutschen Bildungstradition ist im Begriff sich immer weiter aufzulösen. Mit diesem Hintergrund werden nun beide Bildungswege in direkten Zusammenhang gesetzt. Die großen Veränderungen des 21. Jahrhunderts bringen es mit sich, dass Fachkräfte nicht nur Ausführungswissen, sondern gebildete Persönlichkeiten mit Eigenverantwortung sind. Nur durch das Auflösen dieses Gegensatzes kann die drohende digitale Spaltung gemindert werden. Die Problematik von unzureichender Medienkompetenz ist „eben nicht nur auf der Ebene des Habens oder nicht Habens angesiedelt, sondern sie stellt sich auch auf der Ebene der Kompetenzen.“ (BMFB (B), 2012, S. 25)
Nachfolgend werden vom BMFB (2012 (B), S. 25-26) vier Punkte genannt, die in eindringlicher Weise adressiert werden müssen, um Medienkompetenz zu fördern. Der erster Faktor ist Information und Wissen. Wissen ist schnell, einfach und in fast unendlicher Fülle überall verfügbar. Suchen und Finden nach gezielten Informationen will daher gelernt sein, um nicht in den endlosen Weiten des Internets verloren zu gehen. Entscheidend ist, dass sich Menschen aktiv mit Wissen auseinandersetzen. Die Suchmaschineneingabe ist damit nicht gemeint. Eine Weltweite Vernetzung macht es möglich jederzeit mit verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu interagieren. Kommunikation und Kooperation gewinnt daher immer mehr an Wichtigkeit. Durch Communities und Internet Gemeinschaften wird heutzutage zunehmend Wissen ausgetauscht und verarbeitet. Die in Bildungseinrichtungen immer noch verbreitete Vorstellung vom „einsamen Lernenden“ wird in Zukunft nicht mehr zu halten sein. Mitmachen, gestalten und austauschen sind die Schlagworte für zukünftige Lernprozesse. Ein Umdenken ist auch im Bereich der Identitätssuche und Orientierung gefragt. Als gebildet gilt immer noch wer sich affin im Umgang mit Sprachen zeigt, naturwissenschaftliche Kenntnisse benötigt man beispielsweise dann nicht mehr zwingend. In Zeiten des Computers wird gradliniges, kontrolliertes Vorgehen zunehmend durch interaktives und experimentelles Vorgehen ersetzt. In der Persönlichkeitsentwicklung muss man daher verstärkt auf diesen Aspekt Bezug nehmen. Als letzten Punkt behandelt das BMFB die Verbindung von digitaler Wirklichkeit und produktivem Handeln. Überall da, wo Arbeit mechanisiert wurde, in Form von Computern oder in anderer Weise, muss der Facharbeiter in der Lage sein Hintergrundprozesse zu analysieren und zu verstehen. Um Probleme schnell und effizient lösen zu können muss man den Vermittlungsprozess zwischen realer und virtueller Welt verinnerlichen. Medienkompetenz bedeutet den Einsatz von neuen Medien in meinem Arbeitsumfeld richtig einzuschätzen und wenn nötig in deren Umgang qualifiziert zu sein.
[...]
[1] Steven „Steve“ Paul Jobs (* 24. Februar 1955 in San Francisco, Kalifornien; † 5. Oktober 2011 in Palo Alto, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Unternehmer. Als Mitgründer und langjähriger CEO von Apple Inc. gilt er als eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Computerindustrie.
[2] Beispiele: SAP, ORACLE, SAGE-KHK
[3] Enterprise Resource Planing Software; Übersetzung: Unternehmes – Planungs - Software
[4] Zum Beispiel: Lehrer, Hardware, Räume, Software