Bachelorarbeit, 2014
50 Seiten
Medien / Kommunikation - Multimedia, Internet, neue Technologien
1. Einleitung
2. Zeitungsgeschäft im Umbruch - von der Printausgabe zur digitalen Nutzung
2.1 Die Zeitungen
2.2 Das Internet
2.3 Die Online-Zeitung
3. Möglichkeiten bzw. Merkmale von Online-Zeitungen
4. Erlösstrategien von Online-Zeitungen
4.1 Mobile Advertising
4.2 Paid Content
4.3 Apps und mobile Endgeräte - Neues Geschäftsfeld von Zeitungsverlagen
5. Die Wettbewerbsstrategien von Online-Zeitungen
5.1 Kostenführerschaft
5.2 Differenzierung
5.3 Nischenstrategie
6. Aktivitäten der Zeitungsverlage auf sozialen Netzwerken
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Die Geschichte von Zeitungen und Zeitschriften fängt mit der Erfindung des Papiers an. Seitdem gehören sie schon seit mehreren hundert Jahren unweigerlich zusammen. Die Druckpresse, die Johann Gutenberg im 15. Jahrhundert erfunden hat, war der nächste wichtige Schritt in der geschichtlichen Entwicklung des Zeitungswesens. Denn dadurch wurde es möglich, die Zeitungen in Massen zu produzieren und an viele Leser zu verbreiten. Das Papier als eine Methode der Verbreitung von Zeitungen und Zeitschriften hatte jahrelang eine Monopolstellung in diesem Bereich.1 Aber durch das Internet ist sie ins Schwanken geraten.
Am 16. August 1999 veröffentlicht „Der Spiegel“ einen Artikel mit dem Titel „So schnell wie Licht“, in dem die Auswirkung des Internets auf die Printmedien beschrie- ben wird. Besonders interessant ist folgender Ausschnitt: „Die gute alte Tageszei- tung, tapfere Überlebende der Attacken von Radio und Fernsehen, für so unsterblich gehalten wie die Neugier der Menschen selbst, schwebt diesmal ernsthaft in Gefahr. Drei Jahre bleiben ihr noch, droht düster der Hightech-Guru Andy Grove. Entweder habe sie sich dann angepasst an die neuen Zeiten oder sie ginge jämmerlich ein im Würgegriff des neuen Mediums.“2 Auch der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG Mathias Döpfner ist misstrauisch: “Die Zeitung als Idee hat eine grandiose Zu- kunft. Ob sie in 25 Jahren noch immer auf Papier erscheint, wage ich nicht zu prog- nostizieren.“3 Diese zwei Zitate sind nicht ohne Grund voller Skepsis. Die Entwick- lung auf dem Zeitungsmarkt in Deutschland ist durch sinkende Abonnements, Print- Auflagen und Werbeumsätze gekennzeichnet.4 Im Vergleich zu anderen Jahren sinkt der Printkonsum mit 36,9 Prozent um 1,9 Prozentpunkte. Besonders schlimm steht es um die Tageszeitungen, die mit 17,5 Prozent gerade noch die Hälfte des Anteils von 1985 erreichen.5
Allgemein lässt sich sagen, dass die rasante technische Entwicklung und steigende Popularisierung der Kommunikationstechnologien und des Internets das Leben der Gesellschaft stark verändert haben. Die Informationen, die dabei angeboten werden, verfügen über eine höchste Aktualität und können jederzeit abgerufen werden, was besonders für die Nutzer attraktiv ist.6 Im Jahr 2013 ist die Zahl der Internetnutzer auf 55,77 Mio. gestiegen.7 Heutzutage braucht kaum einer auf die Zeitung im Briefkasten zu warten oder den Fernseher einzuschalten, um die aktuellen Nachrichten zu erfah- ren. Es genügen ein paar Klicks mit der Computermaus und man ist auf dem neusten Stand der Dinge.8
Auf die oben beschriebene Entwicklung haben auch die Medienunternehmen prompt reagiert und sind schon längst in dieser Welt der Digitalisierung angekommen. Heutzutage gehört die Nutzung der modernen Kommunikationstechnologien, speziell des Internets, zum normalen Tagesgeschäft einfach dazu.9 Der Online-Auftritt von Verlagshäusern wurde zu Beginn noch als ein Instrument des Marketings betrachtet.10 Jetzt wird es als ein wichtiger Distributionskanal angewendet, mit dessen Hilfe ein noch größeres Zielpublikum angesprochen wird. Eine ganz normale regionale Tageszeitung ist ein gutes Beispiel dafür, die offline nur eine begrenzte Region abdeckt, während sie mit ihrer Online-Präsenz nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch weit über die Grenzen hinaus betrachtet werden kann.11
Im Mai 1995 haben sich die ersten deutschen Tageszeitungsverlage, wie „Schweri- ner Volkszeitung“, „Die Tageszeitung“, „Tagesspiegel“ und „Die Welt“ im Internet prä- sentiert.12 Seitdem sind 18 Jahre vergangen, und zurzeit bieten die Zeitungsverlage insgesamt 660 Internet-Angeboten an, die regelmäßig 41 Prozent der deutschen Be- völkerung erreichen. Von 2010 bis 2013 ist die Zahl der Nutzer der Online- Angeboten von 25,7 Millionen auf 28,9 Millionen gestiegen.13 Die dargestellten Zah- len beweisen, dass das Interesse an Zeitungswebsites kontinuierlich steigt, und die- ses Wachstum wird höchstwahrscheinlich auch weiter so gehen. Aber wie gelingt es den Zeitungsverlagen, das Interesse von Rezipienten an Online-Angeboten ständig zu steigern? Welche Wettbewerbsstrategien verfolgen die Online-Zeitungen? Und mit welchen möglichen Problemen werden die Zeitungshäuser bei ihrer Online-Präsenz konfrontiert, das sind die Fragen, mit denen sich die vorliegende Arbeit beschäftigt.
Im neuen Jahrtausend prägt die Multimedia die Zeit. Diese Entwicklung ist dafür ver- antwortlich, dass heutzutage solche Bereiche, wie Telekommunikationstechniken, elektronischen Massenmedien und Unterhaltungselektronik miteinander verschmol- zen sind. Die Technik, die dabei genutzt wird, sowie die Nutzung des Internets führen zu großen Veränderungen in der Kommunikation der Menschen mit ihrer Umwelt. Die Zahl der Menschen, die weltweit das Internet nutzen, steigt kontinuierlich. Mittlerweile sind es schon mehr als 2,4 Milliarden Nutzer oder 34 Prozent der Weltbevölkerung online. Dieser rasante Wandel eröffnet für die Unternehmen im Medienbereich und speziell im Zeitungsgeschäft neue Wege und Möglichkeiten. Die aber auch dafür verantwortlich sind, dass diese Branche sich in einem Umbruch befindet. Insbeson- dere der Schritt von der Printausgabe zur digitalen Nutzung der Zeitung wird als der wichtigste Grund für den Umbruch genannt, dessen Entwicklung in den nächsten Abschnitten dieses Kapitels behandelt wird.14
Der Begriff „Zeitung“ ist dem „Privatbrief“ entsprungen und ist ein Lehnwort von den mittelniederdeutschen Ausdrucken „Zidinge“ oder „Zidunge“ bzw. mittelniederländi- schen „tidinge“, die übersetzt Nachricht oder Botschaft bedeuten.15 Historisch gese- hen, gehört die Zeitung zu den ältesten Vertretern der Massenmedien. Die allererste Zeitung erschien im Sommer 1605 in Straßburg. Damals hatte sich der Nachrichten- händler Johann Carolus entschieden, seine Nachrichten, die er bis dahin handschrift- lich verfasst hatte, zukünftig wöchentlich zu drucken und unter die Leute zu bringen. Das war die Geburtsstunde der Zeitung im modernen Sinne, in welcher Form die Re- zipienten sie heute kennen.16
Im Allgemeinen richtet sich die Zeitung an die breite Masse und gehört zu den traditi- onellen Massenmedien. Am Rezipientenmarkt zielt die Zeitung gewohntermaßen auf die Zufriedenstellung mehrerer, verschiedener Bedürfnisse ab. Das bedeutet, dass sie nicht auf spezielle Themenbereiche beschränkt ist, sondern alle möglichen Inte- ressengebiete der Rezipienten, wie z.B. Politik, Finanzen, Sport usw., abdeckt.17 Diese inhaltliche Abwechslung wird in erster Linie aus der Definition der Bundespres- sestatistik von 1977 deutlich: „Zeitungen sind alle periodischen Veröffentlichungen, die in ihrem redaktionellen Teil der kontinuierlichen, aktuellen und thematisch nicht auf bestimmte Stoff- und Lebensgebiete begrenzten Nachrichtenübermittlung die- nen.“18
Aus wirtschaftlicher Sicht müssen Zeitungen bestimmte Kriterien erfüllen, um auf dem Markt langfristig zu verbleiben. In erster Linie sind die Zeitungsverlage Unter- nehmen, die ihre Produkte unter marktwirtschaftlichen Voraussetzungen produzieren und veräußern. Das bedeutet, Zeitungen, die mehr kosten, als sie Gewinne erzielen, haben nur in seltenen Fällen eine Überlebenschance auf dem Markt. Nächster wich- tiger Punkt ist, dass sie ca. 60 Prozent der Einnahmen aus dem Anzeigegeschäft erwirtschaften sollen, sonst wird der Veräußerungspreis zu hoch und sie werden nur wenige Käufer finden, was auch den langfristigen Verbleib auf dem Markt gefährdet. Damit müssen sich die Zeitungen andauernd als Werbeträger für die Wirtschaft und als Annoncenmarkt für die Leser behaupten. Das letzte, aber nicht minder wichtige Kriterium ist die Qualitätsleistung, die sowohl von den Lesern, als auch von den Inse- renten gefordert wird. Bei Nichteinhaltung dieses Kriteriums kommt es prompt zu ei- nem Rückgang bei Auflagen, Annoncenaufträgen und Erlösen.19
Der Zeitungsmarkt wird durch eine relativ große Auswahl an vielfältigen Typen charakterisiert. Das sind Tages- und Wochenzeitungen, lokale, regionale und überregionale Zeitungen, Kauf- und Abonnementzeitungen.20 Damit zeigt die Zeitung als ein Mittel zur Informationsspeicherung eine Vielfalt an räumlicher, zeitlicher und sachlicher Mobilität, Regionalisierbarkeit und Fähigkeit zur Variation.21 Die wichtigsten Merkmale einer Zeitung sind:
- Aktualität - Übermittlung der jüngsten Geschehnisse, die für Rezipienten ge- genwärtig von Interesse sind.
- Periodizität - regelmäßige Erscheinungsweise.
- Universalität - universelle Berichterstattung und thematische Vielfalt, die in- haltlich generell ein breites Spektrum an Themen abdecken.
- Publizität - die Zeitung ist allgemein für jede Person zugänglich.
- Disponibilität - die Zeitung kann unabhängig von Ort und Zeit genutzt wer- den.22
Des Weiteren bieten die Zeitungen ökonomisch betrachtet das differenzierende Leis- tungsangebot, sie arbeiten in einem sogenannten Kuppelproduktionsprozess. Dabei bieten sie gleichzeitig zwei ungleiche Produkte auf vielfältigen Märkten an. Zum ei- nen werden dem Lesermarkt publizistische Inhalte wie Informationen dargeboten; und zum anderen wird dem Werbemarkt eine Fläche in Form eines Anzeigeteils zur Verfügung gestellt. Die Erlöse aus der Werbung stellen den größten Teil der Ge- samteinnahmen dar. Das zeigt, wie wichtig dieser Markt für die Zeitungsverlage ist. Aber auch die Rezipienten profitieren davon, denn ohne Werbeeinahmen, die den größten Teil der Zeitungsproduktion finanzieren, wäre der Verkaufspreis viel höher.23 Die Befriedigung der Nachfrage auf dem Lese- und Werbemarkt wird als klassisches Zeitungsgeschäftsmodell genannt. Sie bestehen bereits ab Mitte des 19. Jahrhun- derts und sind bis heute so gut wie unverändert geblieben. Aber durch die Digitalisie- rung und immer größere Bedeutung des Internets im Medien- und Zeitungsmarkt sind diese Geschäftsmodelle zum ersten Mal strukturell in Gefahr.24
Im Internet konsumieren die Leser die Nachrichten kostenlos. Die Zahlungsbereit- schaft der Nutzer im Internet ist gering. 85 Prozent der Konsumenten möchten auch weiterhin die kostenlose Angebote nutzen und 75 Prozent berichten, dass sie die Internetseite nicht länger nutzen möchten, wenn sie kostenpflichtig wird.25 Aus der Sicht der Leser sind Print- und Onlineangebote für Nachrichten gegenseitig ergän- zend. Diese Einstellung der Rezipienten führt dazu, dass die Abonnementzahlen stark sinken. Auch die Werbeeinnahmen durch Printausgaben sind schon längst rückläufig. Früher wurde zwei Drittel der Gesamteinnahmen eines Zeitungsverlages aus dem Anzeigen- und Werbemarkt finanziert, heute sind es lediglich 40 Prozent.
Aufgrund der flächendeckenden Verbreitung des Internets schalten die Werbekun- den ihre Anzeigen lieber im Internet als in den Printmedien.26
In Deutschland gehört die Zeitung weiterhin zu den meistgenutzten Medien. Eigen- schaften, wie Glaubwürdigkeit, Qualität und journalistische Sorgfalt helfen ihr auch heute noch, sich im Medienmarkt durchzusetzen.27 Zurzeit werden in Deutschland 329 Tageszeitungen, 20 Wochenzeitungen und 6 Sonntagszeitungen angeboten, gemeinsam erreichen sie eine Auflage von 22,2 Millionen Exemplaren. Nichtdestot- rotz betrifft die oben dargestellte Situation auch den deutschen Zeitungsmarkt. Das wird deutlich bei Betrachtung der Auflagenzahlen von Tageszeitungen der letzten zehn Jahren: Diese Zahl ist um etwa 20 Prozent von 23 auf 18,8 Millionen gesunken. Des Weiteren klagen die Zeitungshäuser über sinkende Verkaufs- und Abonnementzahlen sowie Gesamterlöse, und die Prognose für die nächsten Jahre bleibt genauso negativ.28 Dieser Trend macht auch den deutschen Werbeträgern die Zeitung als Werbefläche sehr unattraktiv. Insbesondere immer mehr Discounter ver- zichten auf die Werbung in Printzeitungen, was zu rückläufigen Erlösen bei den Zei- tungsverlagen führt. Deswegen suchen bereits viele Zeitungshäuser die Möglichkei- ten in der Online-Werbung, welche im Vergleich zum letzten Jahr ein Plus von 15 Prozent erreicht hat.29
Im Laufe dieses Abschnittes wird es immer klarer, warum das Internet einer der Hauptgründe für den Umbruch im Zeitungsgeschäft ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, dieses Phänomen genauer zu beleuchten.
Der Vorgänger des Internets ist Ende der sechziger Jahre in den USA entstanden. Der Grund dafür war ein militärisches Forschungsprojekt der US-Regierung, das Advanced Research Projects Agency Network (ARPANET) hieß.30 Die Idee dahinter war, ein bestehendes Computernetzwerk im Falle eines Nuklearangriffs vor einem Zusammensturz zu bewahren und eine problemlose Kommunikation zwischen Wis- senschaftler und Militär zu ermöglichen.31 Dieses Netzwerk war bis Anfang der acht- ziger Jahre für die Allgemeinheit uninteressant und wurde nur für akademische Zwe- cke genutzt. Erst Anfang der neunziger Jahre erweckte das Internet weltweites Inte- resse, indem immer mehr Institutionen und Forschungseinrichtungen mit seiner Hilfe verbunden wurden.32 Die Verwaltung des Internets erfolgt nicht zentral und stellt an sich keinen eigenen Dienst dar, sondern es handelt sich um viele gegenseitig unab- hängige Computernetzwerke, die durch spezielle technische Vorrichtungen, wie TCP/IP-Protokolle (Transmission Control Protocol / Internet Protocol) global mitei- nander kommunizieren.33
Seine Popularität verdankt das Internet der Erfindung und Einführung des World Wi- de Web im Jahre 1993. Das ist ein Informationssystem auf Basis des Internets, das erlaubt, multimediale Inhalte mit Hilfe einer leicht zu bedienenden grafischen Benut- zeroberfläche, dem sogenannten Browser, darzustellen. Damit hat sich das Internet von einem rein textorientierten Dienst zu einer interaktiven und multimedialen Platt- form entwickelt, die für alle Schichten der Bevölkerung zugänglich ist.34 Seitdem ge- hört das World Wide Web zum Standard des Internets bzw. ist der Hauptgrund, wa- rum so viele natürliche Personen und korporative Akteure das Internet auf unter- schiedlicher Weise nutzen.35
Das Internet hat sich schon längst in den Alltag der Menschen integriert und wird ge- wohnheitsmäßig nahezu jeden Tag genutzt. Im Jahr 1998 wurden die Inhalte des Internets an 3,6 Tagen pro Woche im Durchschnitt 77 Minuten am Tag konsumiert und im Jahr 2013 sind es bereits 5,8 Tage mit 169 Minuten pro Tag.36 Dabei werden alle möglichen Onlineinhalte genutzt. So belegt die ARD/ZDF-Onlinestudie von 2013, dass als primäres Nutzungsmotiv des Internets das Informieren genannt wurde. So konsumieren 55 Prozent aller Befragten aktuelle Nachrichten oder Serviceinformatio- nen, gefolgt von Geschehnissen im Bundesland 48 Prozent, Informationen aus Wis- senschaft, Forschung, Bildung 44 Prozent und Freizeitinformatio- nen/Veranstaltungstipps 41 Prozent.37 Die Steigung der Konsumzeit ist hauptsächlich dem technischen Fortschritt in diesem Bereich zu verdanken. So hat beispielsweise der Übergang der Telefonnetze von Schmalband auf Breitband einen schnelleren und vor allem günstigeren Zugang zum Internet ermöglicht - oder die Einführung des Smartphones auf dem Markt, mit dessen Hilfe die Nutzer unterwegs ohne Probleme auf das Internet zugreifen können.38 Mit Blick auf die Jahr für Jahr steigenden Nut- zerzahlen, die am Anfang des Kapitels 2 dargestellt wurden, machen die Entwicklung der täglichen Nutzungszeit des Internets in den letzten 15 Jahren und der ständig wachsender technischer Fortschritt im Internetbereich deutlich, dass das Internet sich nicht nur zu einem Massenmedium entwickelt, sondern auch bislang das einzige Me- dium in der Geschichte ist, das mit so großen Schritten an Zuwachs gewinnt.39
Aufgrund der rasanten Verbreitung des Internets und Möglichkeiten für die Unter- nehmen im Medienbereich, die es mit sich bringt, hat der Microsoft Gründer Bill Ga- tes in den neunziger Jahren für das neue Jahrtausend vorausgesagt, dass dieses Medium die Zeitungen in Papierform vom Markt komplett verdrängen werde. Bis jetzt ist diese Untergangsprophezeiung nicht eingetreten, aber dass das Internet eine große Herausforderung für die Zeitungsverlage darstellt, ist Fakt.40 Wie sich die Zei- tunghäuser mit diesem Medium auseinandersetzten und wie sich die Online-Zeitung im Internet etabliert hat, wird im nachfolgenden Abschnitt dargestellt.
Wie bereits in Abschnitten 2.1 und 2.2 erwähnt, werden die Zeitungen durch die ständig steigende Popularisierung des Internets immer mehr mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert. Um sie zu bewältigen und um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben, haben die Zeitungshäuser konstatiert, dass sie ihr Angebot auch in World Wide Web präsentieren müssen. Dabei ist es besonders wichtig, dass sie ihre Inhalte sowohl den technischen Fähigkeiten dieses Mediums als auch dem daraus folgenden Nutzerverhalten der Internetnutzer anpassen. Denn im Endeffekt sind es die Netzleser, an deren Erwartungen sich die Zeitungsverlage bei der Aufbereitung und Darbietung ihrer Online-Angebote orientieren müssen.41
„Unter dem Begriff Online-Zeitung wird ein durch einen Zeitungsverlag redaktionell erstelltes, publizistisches Content-Angebot, auf Basis des World Wide Web unter einer bestimmten URL (Uniform Ressource Locator - Internet Adresszuweisungsdatei) abgerufen werden kann.“42 Damit ist die Online-Zeitung immer an das Internet gebunden, was zu einigen Fragen führt: Ist das noch eine Zeitung im klassischen Sinne? Und, wenn ja, besitzt sie ebenfalls die Eigenschaften einer Printausgabe? Oder wurden sie durch das Internet in irgendeiner Form verändert?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es sinnvoll, zunächst die gesetzliche Seite zu betrachten. Laut Gesetz ist die Online-Zeitung als Presse im Sinne des Art. 5 I 2 GG zu werten. Sie trägt durch ihre redaktionell aufbereiteten Inhalte zur Meinungsbildung bei, und ihre Angebote sind dem Schutz durch die Pressefreiheit zuzuordnen.43 Also gesetzlich hat die Online-Zeitung genauso eine Stellung wie die Printausgabe. Um die zweite Frage zu beantworten ist es erforderlich die im Kapitell 2.1 beschriebenen Zeitungsmerkmale zu untersuchen, um festzustellen, ob sie bei Online-Zeitungen andere Ausprägungen aufweisen:
- Periodizität: diese Eigenschaft ist bei Online-Zeitungen genauso wie bei einer Printausgabe gegeben. Sie wird ebenfalls in bestimmten Abständen und fortlaufend publiziert. Der Unterschied zu einer gedruckten Zeitung ist, dass bei der Online-Ausgabe meistens nicht das gesamte Angebot aktualisiert wird, sondern nur bestimmte Inhaltsmodule. Dies verschafft der Redaktion mehr Flexibilität, um die aktuellen Ereignisse in Form einer Echtzeit-Übermittlung auf der Webseite zu präsentieren.
- Aktualität: hier werden ebenfalls die jüngsten Geschehnisse übermittelt, nur mit der Nuance, dass die Online-Zeitung keinen Redaktionsschluss hat. Sie ist im Stande, alle aktuellen Beiträge sofort in ihr Angebot aufzunehmen. Da- mit ist der Aktualitätsgrad hier viel höher, als bei einer Printausgabe. Universalität: dieser Faktor ist bei der Online-Zeitung angesichts der unbe- schränkten Speicherkapazitäten viel interessanter für die Rezipienten als bei der gedruckten Ausgabe, die eine begrenzte Seitenzahl hat. Denn dadurch ist es für die Zeitungsverlage möglich, ihr Angebot an Themen umfangreicher zu gestalten.
- Publizität: was diese Eigenschaft angeht, da sind viele Autoren verschiedener Meinung. Manche sagen, dass die Online-Angebote als Massenmedium an das breite Publikum gerichtet und demensprechend für jede Person zugänglich sein sollten. Die anderen behaupten, dass einige Angebote der OnlineZeitungen passwortgeschützt oder entgeltpflichtig sein sollten, was auf eine eingeschränkte Publizität deutet.
- Disponibilität: dieses Kriterium ist genauso wie bei Printausgaben vorhan- den. Aber durch viele verschiedene Geräte, die jederzeit einen Zugang zum Internet ermöglichen, ist Disponibilität bei den Online-Zeitungen viel ausge- prägter als bei Printausgaben.
Als Fazit ist festzustellen, dass es beim Vergleich der gedruckten Ausgabe mit Online-Zeitung anhand der allgemeinen Zeitungsmerkmale kaum Unterschiede gibt, was die beide Formen der Zeitung auch in diesem Bereich gleich stellt.44
Der erste deutsche Presseverlag, der sich im World Wide Web präsentiert hat, war im Jahre 1994 „Der Spiegel“. 1995 sind ihm dann die nächsten deutschen Tageszei- tungsverlage, wie „Schweriner Volkszeitung“, „Die Tageszeitung“, „Der Tagesspiegel“ und „Die Welt“ gefolgt. Diese 5 Verlage waren die Vorreiter in diesem Bereich. Aber innerhalb der nächsten 5 Jahre ist die Zahl auf 230 gestiegen und heute gibt es be- reits 660 Online-Zeitungen.45 Die Entwicklung der Zeitungen im Internet kann in 5 Phasen dargestellt werden: 1. Die Versuchsphase (1995-1999), in dieser Phase wurde der Inhalt aus der Printausgabe nur mir sehr wenigen Veränderungen in das Internet übernommen. Damit war es lediglich eine andere Art der Darstellung von der Printversion. Die anderen technischen Möglichkeiten des Internets wurden damals kaum beachtet und haben sich mit der Zeit nur sehr langsam etabliert. Aber die ra- sche Verbreitung dieses Mediums führte die Zeitungsverlage zum Umdenken und es kam zur zweiten Phase.
2. Phase des Strategiewechsels (1999-2001), die Verlage begannen nun, mehr Zeit und Geld in das Internet zu investieren. Dabei wurden immer mehr die multime- dialen Möglichkeiten des World Wide Web genutzt, wie z.B. Diskussionsforen, Feed- back-Option oder Artikelarchiv. Die Zeitungsverlage konzentrierten sich zwar immer noch mehr auf die Printausgabe, jedoch waren bereits die ersten Entwicklungen in Richtung crossmediale Vernetzung von Inhalten der gedruckten- und Online-Zeitung zu erkennen. Gleichzeitig schlossen sich die Verlage im Internet mit hohem Regionalbezug zusammen und wurden zu regionalen Medienunternehmen. Das war auch der Zeitpunkt, wo die Zeitungen ihre klassische Werbefinanzierung änderten und sich mehr auf die Online-Werbung konzentrierten.
3. Die Evaluationsphase (2001-2002), Anfang des neuen Jahrtausends hatten sich zu hohe Erwartungen an das Internet nicht erfüllt, was mit deutlich sinkenden Einnahmen aus der Online-Werbung zusammenhing. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage reduzierten die Verlage ihre Aktivitäten im World Wide Web und bemühten sich die Effizienz mit anderen Möglichkeiten zu steigern.
4. Die Phase der Rollensuche (2002-2005), in nachfolgenden Jahren stiegen so- wohl die Popularität als auch die technischen Fähigkeiten des Internets stark. So z.B. wurde es durch das High-Speed-Internet möglich, andere multimediale Inhalte, wie Audio- und Videodateien auf der Web-Seite zu veröffentlichen. Aufgrund dieser Ver- änderungen war es den Verlagen nicht klar, ob und in welchem Ausmaß sie auf Onli- ne setzen sollen. Die Zeitungen befürchten, dass die Printausgabe durch den Effekt der Kannibalisierung einen großen Schaden erleiden könne. Dazu waren die Ein- nahmen durch die Online-Werbung immer noch nicht ausreichend, um die Aktivitäten im Internet zu finanzieren und die großen Verluste der Auflagen im Printgeschäft auf- zufangen.
5. Phase der Etablierung (2005-bis heute), seit 2005 transformiert sich die Internet- seiten der Zeitungsverlage zu eigenständigen Informationsportalen, die die techni- schen und multimedialen Möglichkeiten des World Wide Web weitgehend ausnut- zen.46 Diese fünf Entwicklungsphasen der Zeitung im Internet zeigen, dass die Zei- tungsverlage am Anfang das neue Medium nicht wirklich ernstnahmen bzw. nicht wirklich wussten, was sie damit anfangen sollten. Aber mit der Zeit wurde es immer klarer, dass dem Internet mit allen seinen Möglichkeiten die Zukunft gehört und wer dort nicht vertreten ist, dem wird es sehr schwer mit Mitbewerbern zu konkurrieren. Die Möglichkeiten des Internets sind zahlreich und es gibt welche, die besonders für die Online-Zeitungen von großer Bedeutung sind. Aus diesem Grund werden die wichtigsten Möglichkeiten, die aber auch gleichzeitig die Merkmale von Online- Zeitungen sind, im nächsten Abschnitt präsentiert.
[...]
1 Vgl. Roth (2004), S. 15
2 Vgl. Bredow (1999), S. 101
3 Vgl. Boldt (2010), S. 54 ff.
4 Vgl͘ BDZV „Zeitungen 2009“ (2009), S͘ 109 ff͘
5 Vgl͘ BDZV „Zeitungen 13/14“ (2013), S͘ 106
6 Vgl. Uschner (2010), S. 1
7 Vgl. AGOF e.V. (2013), S. 3
8 Vgl. Jakubetz (2008), S. 13
9 Vgl͘ BDZV „Jahrbuch ´12“ (2012), S͘ 131
10 Vgl. Friedrichsen (2010), S. 13
11 Vgl. Wirtz (2006), 616 ff.
12 Vgl͘ BDZV „Zeitungen ´95 (1995), S͘ 180 ff͘
13 Vgl. BDZV „Zeitungen 13/14“ (2013), S. 124
14 Vgl. Beerheide (2012), S. 16
15 Vgl. Beck (2005), S. 104
16 Vgl͘ BDZV (2005), „400 Jahre Zeitung“, URL siehe Literaturverzeichnis
17 Vgl. Trost und Schwarzer (2012), S. 23 und Schlegel (2002), S. 17
18 Vgl. Schlegel (2002), S. 18
19 Vgl. Schulz-Bruhdoel und Fürstenau (2010), S. 74
20 Vgl. Bauer (2005), S. 33
21 Vgl. Scholz (2006), S. 83
22 Vgl. Trost und Schwarzer (2012), Band 1, S. 23 und Bauer (2005), S. 33
23 Vgl. Beck (2011) S. 94 und Trost und Schwarzer (2012), Band 1, S. 24-25
24 Vgl. Trost und Schwarzer (2013), Band 2, S. 24
25 Vgl. Covey (2010), URL siehe Literaturverzeichnis
26 Vgl. Rennebarth (2013), S. 216
27 Vgl. Pasquay (2012), URL siehe Literaturverzeichnis
28 Vgl͘ BDZV (2013), Zeitungslandschaft, URL siehe Literaturverzeichnis und BDZV „Zeitungen 12/13“, S͘ 15
29 Vgl͘ BDZV „Zeitung 12/13“, S͘ 18
30 Vgl. Rayport und Jaworski (2001), S. 329
31 Vgl. Roth (2004), S. 30
32 Vgl. Bauer (2005), S. 35
33 Vgl. Werle und Lang (1997), S. 203 und Schlegel (2002), S. 37-38
34 Vgl. Roth (2004), S. 30-31 und Bauer (2005), S. 36
35 Vgl. Rada (1999), S. 18-19
36 Vgl. van Eimeren und Frees (2010), S. 345 ff. und van Eimeren und Frees (2013) S. 358 ff.
37 Vgl. ARD/ZDF-Onlinestudie 2013, URL siehe Literaturverzeichnis
38 Vgl. Friedrichsen (2010), S. 49-50
39 Vgl. Roth (2004), S. 31
40 Vgl. Schims (2002)
41 Vgl. Trost und Schwarzer (2013), Band 2, S. 69
42 Vgl. Trost und Schwarzer (2012), Band 1, S. 31
43 Vgl. Uschner (2010), S. 59 ff.
44 Vgl. Sennewald (1998), S. 98 ff. und Schlegel (2002), S. 40 ff.
45 Vgl. Seeger und Pittelkow (2011) S. 43
46 Vgl. Mögerle (2009), S. 43 ff.
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