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Bachelorarbeit, 2015
57 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen des Neuromarketing
2.1 Definition des Neuromarketing
2.2 Abgrenzung zur klassischen Marktforschung
2.3 Aufbau und Funktionsweise des Gehirns
2.3.1 Präfrontaler Kortex
2.3.2 Limbisches System
2.3.3 Botenstoffe
2.4 Apparative Erhebungsmethoden im Neuromarketing
2.4.1 Funktionelle Magnetresonanztomographie
2.4.2 Elektroenzephalographie
2.4.3 Magnetenzephalographie
2.4.4 Weitere Methoden
3 Forschungserkenntnisse des Neuromarketing
3.1 Unbewusste Kaufentscheidungen
3.2 Codes
3.2.1 Sprache
3.2.2 Geschichten
3.2.3 Symbole
3.2.4 Sensorik
3.3 Limbic Map
3.3.1 Die drei Grundmotive
3.3.2 Limbic Types
3.4 Einfluss der Spiegelneuronen
3.5 Preiswahrnehmung
4 Anwendungsmöglichkeiten im Online-Marketing
4.1 Preispolitik
4.1.1 Preiswahrnehmung bei Zalando
4.1.2 Flash Sales
4.2 Distributionspolitik
4.3 Produktpolitik
4.3.1 Sortimentsgestaltung
4.3.2 Customer Journey bei Amazon
4.4 Kommunikationspolitik
4.4.1 Storytelling
4.4.2 Multisensorische Kundenansprache bei Mustafas.de
5 Kritische Betrachtung des Neuromarketing
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufteilung des Gehirns
Abbildung 2: Die verschiedenen Regionen der Großhirnrinde
Abbildung 3: Das Limbische System
Abbildung 4: Gehirnscan während der aktiven Messung
Abbildung 5: EEG
Abbildung 6: MEG Untersuchung und Ergebnisbild
Abbildung 7: Pilot und Autopilot
Abbildung 8: Versuchsaufbau der Framing-Studie
Abbildung 9: ADAC Werbeanzeige „Laterne“
Abbildung 10: Gedächtnisleistung bei verschiedenen Formen der Rezeption
Abbildung 11: Die Limbic Map
Abbildung 12: Die Limbic Types und ihre Verteilung in Deutschland
Abbildung 13: Alter Zalando Warenkorb
Abbildung 14: Neuer Zalando Warenkorb
Abbildung 15: Gefilterte Amazon-Suche
Tabelle 1: Suchvolumen der Marken-Keywords von Mustafas Gemüsekebap
Die Werbeetats vieler Unternehmen werden zunehmend weg von den klassischen Medien hin zum Bereich Online verteilt. Im Jahr 2006 lag der Werbemarktanteil der Online Medien an den Nettowerbeumsätzen in Deutschland noch bei 2,4%.[1] Bis 2014 hat sich dieser Wert auf 9% erhöht.[2] Dazu besitzen fast zwei Drittel aller Unternehmen in Deutschland eine eigene Website.[3] Auf der Konsumentenseite steigt gleichzeitig die mobile Internetnutzung durch Zunahme von Smartphones und Tablets. Zusammenfassend lässt sich sagen: Mehr Konsumenten, die mehr Zeit im Internet verbringen, treffen auf mehr Werbebotschaften. Parallel zur analogen Welt steigen im Internet die Werbekontakte pro Konsument. Dazu kommt, dass im Internet Zeit und Ort keine Rolle spielen. Für den Konsumenten[4] spielt es im Internet zunächst einmal keine Rolle, wo ein Unternehmen seinen Sitz hat. Dadurch konkurrieren im Internet immer mehr Unternehmen um die Aufmerksamkeit des Kunden. Für die erfolgreiche Kundenansprache sind daher neue Ansätze nötig.
Das Neuromarketing verspricht ein innovativer Ansatz zu sein. Im Neuromarketing werden Erkenntnisse der Hirnforschung genutzt, um das Konsumentenverhalten besser zu verstehen. Durch die Messung von Gehirnaktivitäten sollen Emotionen und unbewusste Vorgänge auswertbar gemacht werden. Mithilfe des Neuromarketing lassen sich Strategien finden um das Gehirn des Kunden richtig anzusprechen.
Diese Arbeit soll zeigen welche Konzepte das Neuromarketing bietet und wie sich diese für konkrete Onlinemarketing-Maßnahmen anwenden lassen. Hierzu werden zunächst die wichtigsten konzeptionellen und biologischen Grundlagen erklärt. Im Hauptteil der Arbeit werden die wichtigsten Konzepte und Forschungserkenntnisse des Neuromarketing erläutert. Aus diesen werden dann konkrete Anwendungsmöglichkeiten für das Onlinemarketing abgeleitet und mit Praxis-Beispielen verknüpft. Zur Einordnung der Thematik werden die wichtigsten Kritikpunkte am Neuromarketing aufgezeigt. Es folgt ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der Thematik. Im Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.
Im folgenden Gliederungspunkt werden die Grundlagen des Neuromarketing aufgezeigt. Hierzu wird zuerst der Begriff näher definiert. Es folgt eine Abgrenzung zur klassischen Marktforschung, um die wesentlichen Unterschiede zu klären. In den letzten beiden Gliederungspunkten werden medizinische Grundlagen der Hirnforschung beschrieben, die notwendig für das weitere Verständnis der Arbeit sind.
Für das Neuromarketing hat sich bisher keine allgemeingültige Standard Definition etabliert. So beschreibt der Psychologe Hans-Georg Häusel eine engere und eine weiter gefasste Definition.[5]
„In der engeren Definition wird Neuromarketing mit dem Einsatz von apparativen Verfahren der Hirnforschung zu Marktforschungszwecken gleich gesetzt.“[6]
„In der erweiterten Definition wird Neuromarketing umfassender gesehen. Hier wird Neuromarketing als die Nutzung der vielfältigen Erkenntnisse der Hirnforschung für das Marketing verstanden.“[7]
Scheier und Held formulieren es folgendermaßen:
„Neuromarketing ist mehr als ein Verfahren. Es umfasst Erkenntnisse und Verfahren mehrerer Disziplinen, von der Hirnforschung über die Psychologie bis hin zu den Kulturwissenschaften.“[8]
Die vorliegende Thesis orientiert sich an der erweiterten Definition nach Häusel. Diese trifft den Kern der Kombination aus Neurowissenschaft und Marketing. Zum Teil wird der Begriff „Neuromarketing“ von Wissenschaftlern in der Grundlagenforschung vermieden, da der Begriff konkrete Anwendungsfälle impliziert. Daher sprechen einige Forscher lieber von Neuroökonomie.[9]
Diese Interpretation führt jedoch leicht zu Missverständnissen, da der Begriff „Neuroökonomie“ weitaus umfassender ist, als die hier beschriebene Definition des Neuromarketing. So wie Marketing ein Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre und damit letztendlich der Ökonomie ist, so ist Neuromarketing ein Teilgebiet der übergeordneten Neuroökonomie. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird gezeigt, dass auch Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung im Neuromarketing Anwendung finden.
Auf den ersten Blick haben Marktforschung und Neuromarketing einiges gemeinsam. Beide Disziplinen versuchen das Konsumentenverhalten besser zu verstehen und objektiv messbare Daten zu erzeugen. In der Marktforschung werden Erkenntnisse durch Befragung und Beobachtung des Konsumenten gewonnen. Dabei geht die Marktforschung vom rational entscheidenden Konsumenten aus, der seine Ansichten und Entscheidungen bewusst begründen kann. Dieser Ansatz offenbart jedoch ein grundlegendes Problem: Wie soll der Konsument Emotionen rational begründen. Immer wieder zeigt sich, dass sich Aussagen und Entscheidungen von Kunden widersprechen.[10]
Dies liegt daran das Emotionen und letztendlich Entscheidungen unbewusst gebildet werden. Der Konsument ist aber nicht in der Lage unbewusste Dinge wiederzugeben. Vor allem bei wenig differenzierten Produkten wird diese Problematik deutlich. Auf die Frage warum man sich für diese oder jene Butter entscheidet können die meisten Befragten nur mit Mühe eine konkrete Antwort geben. Selbst eine Aussage wie „die Verpackung finde ich schöner“ hilft nur bedingt weiter, da sich hier nur weitere Fragen ergeben. Warum ist die Verpackung wichtig? Was gefällt dem Kunden besonders an der Verpackung? Letztendlich lässt die Kundenaussage keinen Schluss zu, dass die Verpackung tatsächlich ausschlaggebend war. Da der Konsument gezwungen wird eine Rechtfertigung abzugeben, behilft er sich mit der ersten Rechtfertigung, die ihm einfällt.
Durch die Anwendung des Neuromarketing werden marketingrelevante Erkenntnisse über unbewusste Entscheidungsprozesse und Emotionen gewonnen. Darum erweitert das Neuromarketing die klassische Marktforschung um die Erkenntnisse aus der Gehirnforschung.
Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten Hirnstrukturen und deren Funktion erklärt. Die Hirnstrukturen, die eine Bedeutung für das Neuromarketing haben, werden detaillierter betrachtet. Am Ende dieses Abschnitts erfolgt eine kurze Beschreibung der wichtigsten Botenstoffe. Um das Verständnis zu fördern, werden die deutschen Bezeichnungen den lateinischen vorgezogen.
Das Gehirn ist das komplexeste Organ, das dem Menschen bekannt ist.[11] Zusammen mit dem Rückenmark bildet es das zentrale Nervensystem. Es ist die Schaltzentrale des Körpers und steuert Reizverarbeitung und Motorik. Im Gehirn entstehen Emotionen und Erinnerungen.[12]
Obwohl das Gehirn weniger als 2% der Masse des menschlichen Körpers ausmacht, verbraucht es etwa 20% des täglichen Energie-Grundbedarfs.[13] Um den Energieverbrauch möglichst gering zu halten, versucht das Gehirn Ressourcen zu schonen. Daher laufen die meisten Prozesse automatisch und unbewusst ab. Das Gehirn legt sich für gelernte Situationen und Muster Regeln an. Diese werden bei wiederkehrenden Situationen automatisch abgerufen. Dieser Mechanismus steckt auch hinter der Bildung von Klischees.[14]
Grundsätzlich lässt sich das Gehirn in fünf Bereiche aufteilen: Großhirn, Zwischenhirn, Mittelhirn, Hinterhirn und Nachhirn (siehe Abb. 1)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1: Aufteilung des Gehirns
Quelle: N.N. Online im Internet: URL: http://brain.theroof.li/brain.php?entry=121 (Stand 15.06.2015)
Das Endhirn, häufig besser bekannt als Großhirn, macht den größten Teil des menschlichen Gehirns aus. Es teilt sich in die linke und die rechte Gehirnhälfte, die sogenannten Hemisphären.[15] Lange Zeit herrschte in der Marktforschung die Annahme, dass die linke Gehirnhälfte ausschließlich für rationale Vorgänge verantwortlich sei und die rechte Gehirnhälfte für emotionale Vorgänge. Dieses Modell gilt mittlerweile jedoch als widerlegt. Zum einen unterschlägt dieses Modell die starke Verknüpfung der beiden Gehirnhälften. Zum anderen gibt es Bereiche, die symmetrisch in beiden Hälften vorkommen und für die Bildung von Emotionen verantwortlich sind, wie die Amygdala (siehe Limbisches System).[16]
Die Größte Struktur des Großhirns ist die Großhirnrinde. Sie wird wiederum in verschiedene Lappen eingeteilt. Für das Neuromarketing entscheidend sind Vorgänge im Frontallappen, genauer im präfrontalen Kortex (siehe 2.3.1).
Der präfrontale Kortex ist Teil des Frontallappens und sitzt direkt hinter der Stirn (siehe Abb. 2). Er ist für Kaufentscheidungen sehr wichtig, da er den Nutzen von Produkten gegenüber unseren Wünschen abwägt. Er ist eng verknüpft mit dem limbischen System. Da in ihm sowohl rationale aber auch emotionale Vorgänge stattfinden, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass an jeder Kaufentscheidung Emotionen beteiligt sind.[17]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2: Die verschiedenen Regionen der Großhirnrinde
Quelle: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 246
Das Limbische System nimmt eine Sonderstellung ein, da es sich keinem der fünf Hirnbereiche eindeutig zuordnen lässt. Die zugehörigen Hirnregionen werden nicht nach der Lage im Gehirn zugeordnet, sondern nach der funktionalen Verknüpfung miteinander. Je nach Autor gehören zum limbischen System verschiedene Hirnstrukturen. Das Limbische System übernimmt eine wichtige Funktion bei der Verarbeitung von Emotionen und Erinnerungen. Hier entstehen Kaufwünsche. Wichtige Bestandteile sind Amygdala, Hippocampus, Hypothalamus und Nuccleus Accumbens.[18]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung3: Das Limbische System
Quelle: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 246
Die Amygdala, zu Deutsch Mandelkern, speichert und ruft Emotionen ab. Dadurch steht sie im Zentrum aller emotionalen Verarbeitungsprozesse. Kernfunktion der Amygdala ist die Verknüpfung von Emotion und Aufmerksamkeit. Der Hippocampus ist wichtiger Bestandteil unseres Gedächtnissystems. Er überführt Erinnerungen vom Kurzeit- in das Langzeitgedächtnis. Im Hypothalamus werden viele der unten beschriebenen Botenstoffe gebildet (siehe 2.3.3). Er steuert damit maßgeblich das Verhalten. Der Nuccleus Accumbens wird gern als das Belohnungssystem beschrieben. Durch ihn wird man dazu motiviert nach Belohnungen zu streben.[19]
Zu den wichtigsten Botenstoffen, die Informationen innerhalb des Körpers transportieren, gehören Hormone und Neurotransmitter.
Hormone werden von speziellem Gewebe produziert und in die Blutbahn abgegeben. Sie gelangen so zu ihrem Zielorgan und erfüllen dort Regulationsfunktionen.[20] Hormone, die von Nervenzellen produziert werden, nennt man Neurohormone.[21] Im Rahmen dieser Thesis sind besonders folgende Hormone von Interesse: Östrogen, Testosteron, Oxytocin und Cortisol
Die Sexualhormone Testosteron und Östrogen sind der breiten Bevölkerung bekannt. Sie führen zur Weiterentwicklung der Geschlechtsorgane während der Pubertät. Testosteron ist für die Samenproduktion verantwortlich und steuert den Sexual-Trieb bei Männern. Testosteron ist mit euphorischem und aggressivem Verhalten assoziiert. Darüber hinaus zeigen Studien das Testosteron zu Selbstüberschätzung führen kann.[22] Östrogen steuert den weiblichen Zyklus und Sexual-Trieb. Östrogen wird mit sanftem Verhalten verbunden. Es wirkt bei Frauen stimmungsaufhellend.[23]
Oxytocin wird in der Populärwissenschaft gern als Bindungshormon bezeichnet. Es kommt generell in höherer Konzentration bei Frauen vor. Es trägt dazu bei, dass Menschen stabile Partnerschaften bilden und fördert soziale Interaktion.[24]
Cortisol ist ein Stresshormon. Bei Ausschüttung erhöht es die Pulsfrequenz und fördert die Freisetzung von Energie. Aus Sicht der Evolution soll Cortisol bei Gefahrensituation auf Kampf oder Flucht vorbereiten. Cortisol fördert Angstzustände.
Neurotransmitter unterscheiden sich dadurch, dass sie nicht in die Blutbahn gelangen. Sie werden von Nervenzellen produziert und direkt an die nächstliegende Nervenzelle abgegeben. Dadurch wirken sie weitaus schneller als Hormone. Es existieren Botenstoffe die als Hormone vorkommen und als Neurotransmitter. Hierzu zählen Dopamin, Noradrenalin und Serotonin.[25]
Dopamin ist gemeinhin als Glückshormon bekannt. Es ist zentraler Botenstoff des Belohnungssystems und aktiviert die Suche nach neuen Reizen. Schon bei der Erwartung einer Belohnung jedweder Art steigt der Dopamin-Spiegel. Dadurch ist Dopamin Motivator wichtiger Verhaltensweisen wie beispielsweise Nahrungssuche.[26]
Noradrenalin gehört, wie das Cortisol, zu den Stresshormonen. Es aktiviert den Körper und bereit den Fluchtreflex vor. Noradrenalin steigert die Aufmerksamkeit und die Konzentration.[27]
Serotonin hat eine den Stresshormonen entgegengesetzte Wirkung. Es beruhigt und fördert Entspannung. Eine hohe Serotoninkonzentration steigert die Zufriedenheit mit dem Istzustand.[28]
Im Neuromarketing werden verschiedene apparative Untersuchungsmethoden der Hirnforschung genutzt, um das Konsumentenverhalten zu analysieren. Zur Beurteilung der einzelnen Verfahren, hinsichtlich ihrer Eignung für Studien im Rahmen des Neuromarketing, lassen sich verschiedene Faktoren heranziehen. Wichtige Faktoren sind die räumliche Auflösung, die zeitliche Auflösung und die mit dem jeweiligen Verfahren verbundenen Kosten.
Die räumliche Auflösung beschreibt die Genauigkeit der Lokalisation von Hirnaktivitäten bei der jeweiligen Methode. Je höher die räumliche Auflösung ist, desto genauer kann die Methode feststellen, wo die Hirnaktivität auftritt. Eine räumliche Auflösung von einem Millimeter bedeutet, dass die Methode mit einer maximalen Abweichung von einem Millimeter feststellen kann, wo eine Aktivität stattfindet.
Mit der zeitlichen Auflösung ist die Reaktionsgeschwindigkeit der Methode gemein: wie schnell können die Prozesse, die bei der Verarbeitung eines Reizes im Gehirn ablaufen, gemessen werden? Je schlechter die zeitliche Auflösung ist, desto schwieriger wird es, die Hirnaktivität einem bestimmten Reiz zuzuordnen.
Des Weiteren können praktische Gründe, die sich aus dem Untersuchungsaufbau ergeben, für oder gegen eine Methode sprechen.
Die funktionelle Magnetresonanztomographie, kurz fMRT oder auch fMRI (funtional magnetic resonance imaging), ist das häufigste bildgebende Untersuchungsverfahren im Neuromarketing. Von diesem Verfahren ist häufig die Rede, wenn von Hirnscannern gesprochen wird. Die funktionelle Magnetresonanztomographie stellt eine Weiterentwicklung der klassischen Magnetresonanztomographie dar. Bei der klassischen Magnetresonanztomographie werden statische Bilder von Knochen und Gewebestruktur erstellt, um beispielsweise krankhafte Veränderungen wie Tumore zu diagnostizieren.[29]
Bei der funktionellen Magnetresonanztomographie können Prozesse im Körper dargestellt, werden. Sie wird dazu genutzt Aussagen über die Aktivität der Hirnareale zu treffen. Aktive Hirnareale werden stärker mit oxygeniertem Blut versorgt. Oxygeniertes, das heißt mit Sauerstoff angereichertes Blut, wird von Magnetfeldern leicht abgestoßen während desoxygeniertes Blut leicht angezogen wird. Diese Unterschiede misst der Magnetresonanztomograph und erstellt so ein Bild der aktiven Hirnreale. Um verwertbare Aussagen über die aktiven Gehirnareale treffen zu können, werden Probanden erst im Ruhezustand gescannt und dann nochmal unter Einfluss eines Reizes beispielsweise einer Werbebotschaft. Diese kann beispielsweise mit einer Bildschirmbrille übertragen werden.[30]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung4: Gehirnscan während der aktiven Messung
Quelle: eigene Aufnahme
Der größte Vorteil der fMRT ist ihre hohe räumliche Auflösung. Sie kann Hirnaktivitäten millimetergenau abbilden. Neben der Positronenemissionstomographie (siehe 2.4.4) kann die fMRT als einziges Verfahren die Aktivität des vollständigen Gehirns abbilden.[31]
Ein großer Nachteil ist aber ihre relativ schlechte zeitliche Auflösung. Dies liegt daran das Durchblutungsänderungen erst zeitverzögert eintreten und somit gemessen werden können. Von den beschriebenen Methoden ist die fMRT eine der teuersten. Die Anschaffungskosten für ein Gerät betragen mehrere Millionen Euro. Auch die Betriebskosten sind sehr hoch. Dadurch sind die Testgruppen nicht sehr groß. Dies wirkt sich folglich negativ auf die statistische Signifikanz aus. Darüber hinaus hat das fMRT einige praktische Nachteile. Die hohe Geräuschentwicklung im Betrieb kann auditive Studien behindern. Da Probanden sich während der Messung nicht bewegen dürfen und in dem Gerät wenig Platz ist, muss das Untersuchungsdesign dementsprechend angepasst sein.[32]
Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die elektrische Aktivität des Gehirns mithilfe von am Kopf befestigten Elektroden. Sobald Neuronen aktiviert werden, beispielsweise durch einen visuellen Reiz, kommt es zu Spannungsschwankungen. Aus diesen Schwankungen leitet das Gerät ab wann bestimmte Hirnareale aktiviert werden.[33]
Vorteile des EEG sind seine sehr hohe zeitliche Auflösung im Millisekunden-Bereich sowie verglichen mit anderen Verfahren geringere Kosten. Außerdem kann das EEG recht flexibel eingesetzt werden. Es ist nicht an ein spezielles Labor gebunden und schränkt die Bewegungsfähigkeit des Probanden weniger ein.[34]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung5: EEG
Quelle: N.N. Online im Internet: URL: https://tuebingen.mpg.de/startseite/detail/was-sagen-uns-hirnwellen-ueber-die-funktion-der-hirnzellen.html (Stand 15.06.2015
Der größte Nachteil dieser Methode ist die schlechte räumliche Auflösung. Das EEG kann nur zentimetergenau bestimmen wo eine Aktivität stattfindet. Zur Erhöhung der räumlichen Auflösung können mehr Elektroden am Kopf des Probanden befestigt werden. Die Zahl ist allerdings begrenzt und somit erreicht das EEG niemals die räumliche Genauigkeit des fMRT. Zudem kann das EEG nur die Aktivität der oberflächlichen Gehirnregionen messen. Die tiefer liegenden Schichten bleiben verborgen. Gerade hier werden aber Emotionen verarbeitet, was für viele Fragestellungen relevant ist.[35]
Das Magnetenzephalogramm (MEG) funktioniert ähnlich wie das EEG. Die oben beschriebenen Spannungsschwankungen verursachen kleine Magnetfelder. Diese registriert das MEG und verarbeitet sie.[36]
Ebenso wie das EEG kann das MEG Veränderungen der Hirnaktivität quasi in Echtzeit erfassen. Hinzu kommt, dass die räumliche Auflösung besser als beim EEG ist. Das MEG kann Signale aus etwas tieferliegenden Hirnschichten aufnehmen. Letztendlich kann aber auch das MEG nur die Regionen an der Oberfläche messen. Zudem ist das Verfahren mit hohen Investitionen verbunden. Das Gerät ist sehr teuer und einsetzende Labore müssen gegen das Erdmagnetfeld abgeschirmt sein, um Interferenzen zu vermeiden.[37]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung6: MEG Untersuchung und Ergebnisbild
Quelle: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 241
[...]
[1] Horizont (N.N): Anteile der Werbeträger an den Nettowerbeumsätzen in Deutschland 1990, 2006, 2011 und 2012, Online im Internet: URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/202008/umfrage/entwicklung-der-zeitungen-als-werbetraeger-im-jahresvergleich/ (Stand 20.06.2015)
[2] ZAW (N.N): Marktanteile der einzelnen Werbemedien im deutschen Bruttowerbemarkt im Jahr 2014, Online im Internet: URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/154767/umfrage/mediasplit-im-deutschen-werbemarkt/ (Stand 12.05.2015)
[3] Statistisches Bundesamt: Anteil der Unternehmen mit eigener Website im Zeitraum von 2005 bis 2014 in Deutschland, S.18, Online im Internet: URL: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/UnternehmenHandwerk/Unternehmen/InformationstechnologieUnternehmen5529102147004.pdf?__blob=publicationFile
[4] Anm. des Autors: Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei Personenbeschreibungen häufig die männliche Form benutzt. Die weibliche Form wird mit eingeschlossen.
[5] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Häusel, Hans-Georg: Neuromarketing – Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf, 2. Aufl., Freiburg/München 2012, S. 13
[6] Häusel, Hans-Georg: Neuromarketing – Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf, 2. Aufl., Freiburg/München 2012, S. 13
[7] Ebenda: S. 14
[8] Scheier, Christian u.a.: Wie Werbung wirkt – Erkenntnisse der Hirnforschung, 2. Aufl., Freiburg/München 2012, S 31
[9] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Häusel, H.: Brain View – Warum Kunden kaufen, 3. Aufl., Freiburg/München 2012, S. 19
[10] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Scheier, C. u.a.: Wie Werbung wirkt, S 19 ff.
[11] Vgl. Zurawicki, Leon: Neuromarketing – Exploring the brain of the consumer, Berlin/Heidelberg 2010, S. 3
[12] Vgl. Compact Verlag: Grosses Wörterbuch Psychologie, München 2005, S. 107 f.
[13] Herbert Lochs: Hungerstoffwechsel. 2003, S. 23, Online im Internet : URL: http://www.dgem.de/termine/berlin2003/lochs.pdf (Stand 12.06.2015)
[14] Scheier, Christian u.a.: Codes – Die geheime Sprache der Produkte, 2.Aufl., Freiburg/München 2012, S. 64
[15] Häusel, H.: Neuromarketing., S. 245 ff.
[16] Vgl. Häusel, H.: Neuromarketing, S. 28
[17] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Raab, Gerhard u.a.: Neuromarketing – Grundlagen-Erkenntnisse-Anwendungen, Wiesbaden 2009, S. 116
[18] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 28
[19] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Raab, G. u.a.: a.a.O., S. 170 ff.
[20] Vgl. Karlson, Peter u.a.:Karlsons Biochemie und Pathobiochemie, Stuttgart 2005, S. 518
[21] Vgl. Compact Verlag: grosses Wörterbuch der Psychologie, München 2005, S. 136
[22] Vgl. ScienceDaily, N.N.:Testosterone makes us less cooperative and more egocentric, ScienceDaily Online im internet: URL: www.sciencedaily.com/releases/2012/01/120131210259.htm (Stand 14.06.2015).
[23] Vgl. Häusel, H.: Brain View S. 279
[24] Vgl. Ebenda, S.279
[25] Vgl. Silverthorn, Dee Unglaub: Physiologie, 4. Aufl., München 2009, S. 303
[26] Vgl. Häusel, H.: Brain View S. 279
[27] Vgl. Ebenda, S.279
[28] Vgl. Ebenda, S.279
[29] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Raab, G. u.a.: a.a.O., S. 187
[30] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 233 ff.
[31] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Ebenda: S.33 ff.
[32] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Häusel, H.: Neuromarketing, S. 233 ff.
[33] vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Warmbier, Werner: Der programmierte Kunde – Neuromarketing Frontalangriff auf unsere Sinne, Berlin 2008, S. 50
[34] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Ebenda: S. 51
[35] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Pispers, Ralf u.a.: Neuromarketing im Internet – Erfolgreiche und gehirngerechte Kundenansprache im E-Commerce, Freiburg 2011, S. 64
[36] Vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Ebenda, S.65
[37] vgl. zu den Ausführungen des vorstehenden Absatzes: Warmbier, W: a.a.O., S. 51 f.