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Bachelorarbeit, 2013
51 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Sexueller Missbrauch - eine Begriffsbestimmung
2.1 Sexueller Missbrauch und das Medium Internet
2.2 Cyber Grooming
3. Kinderpornografie
3.1 Die Inhalte kinderpornografischen Materials und deren Kategorisierung
3.2 Die Machart kinderpornografischen Materials
3.3 Die Vermarktung im Internet - das Internet als Tauschbörse
4. Die Täter - Exkurs Pädosexualität
4.1 Pädosexualität und ÄBungee-Pädos“
4.2 Die unterschiedlichen Charakteristika der Täter
4.3 Zahlen und Fakten
5. Falldarstellungen
5.1 ÄHerr P.“
5.2 ÄHerr O.“
5.3 ÄHerr L.“
6. Zusammenfassung der Falldarstellungen
7. Fazit
8. Quellenverzeichnis
9. Anhang
Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist in den Medien ein viel diskutiertes und emotional stark behaftetes Thema. Für viele Menschen ist eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung eines Kindes oder Jugendlichen eine unverzeihliche Tat. Zudem rückt das Thema ÄSoziale Netzwerke“ immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Das Internet ist in fast allen Haushalten und Handta- schen via Smartphone eingezogen und der Drang immer erreichbar zu sein, steigt stetig an. Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, wie zum Beispiel Stephanie zu Guttenberg, machen sich immer mehr stark für den Schutz von Kindern. Sie verknüpft das Thema des sexuellen Missbrauches mit den Sozialen Netzwerken und dem Internet.
Zu Gutenberg macht darauf aufmerksam, welche Gefahren im Internet sprich- wörtlich hinter jedem Klick Älauern“ und das die Kinder vor den so genannten ÄKinderschändern“ im Internet geschützt werden müssen. Die Bild-Zeitung ruft sogar zur Jagt nach den ÄKinderschändern“ (Link, Sieverding, Scholz 2013) auf, gibt als Medium dafür die Internetplattform Facebook an und warnt vor Pädophi- len, die sich im Internet in die Leben der Kinder schleichen mit der Schlagzeile: Ä’Akte undercover’ Pädophile im Netz - so gefährdet sind Kinder!“ (Bild.de 2013).
Es gibt viele Gefahren, auf die Kinder und Jugendliche im Internet stoßen können. Deshalb ist es sehr wichtig, Aufmerksamkeit zu schaffen, dieses Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen und Präventionsarbeit zu leisten. Dennoch wird ein zentraler Aspekt der Thematik Äsexueller Missbrauch durch das Internet“ nicht beachtet: die Arbeit mit den Tätern, sowie deren Hintergründe und Motiva- tionen.
Dieser Problemstellung wird sich in der vorliegenden Arbeit gewidmet. Im Be- sonderen anhand einer Falldarstellung mit drei Fällen aus dem Ambulanten Sozia- len Dienst der Justiz, soll die Thematik der Arbeit weiter vertieft und Praxisnah dargestellt werden. Zunächst wird der Begriff des sexuellen Missbrauches defi- niert, aufgezeigt, welche Facetten dieser Begriff beinhaltet und die Gesetzeslage wird erläutert. Danach wird eine Verbindung zwischen sexuellem Missbrauch und dem Medium Internet hergestellt, mit der Erläuterung des Begriffs Cyber- Grooming. Kinderpornographie wird in Kapitel drei ausführlich behandelt. Dieser Gliederungspunkt beinhaltet sowohl die Inhalte und die Herstellung, als auch die Vermarktung kinderpornografischer Materialien.
Ab dem Punkt vier wird der Fokus auf die Täter gelegt. Zunächst wird der Unter- schied zwischen Menschen mit einer pädosexuellen Neigung und sog. ÄBungee- Pädos“ erläutert. Anschließend werden die verschiedenen Intentionen und Vor- gehensweisen dieser Tätergruppen beleuchtet. Um einen Überblick, bezogen auf die Anzahl der Straftaten gemäß §§184, 184 a-d Strafgesetzbuch (StGB) zu be- kommen, wird unter Punkt 4.3 auf Zahlen und Fakten eingegangen welche darle- gen, inwieweit der Markt mit kinderpornographischen Dateien -scheinbar- boomt.
Im Folgenden wird im Bezug auf pornografische Dateien der Begriff pornografische Materialien genutzt. Darunter werden alle Bild, Ton und Datenträger zusammengefasst, die pornografische Abbildungen und Darstellungen in Bild-, Tonoder Filmdateien beinhalten.
Außerdem wird der Begriff ÄGeschädigte/r“ anstatt ÄOpfer“ verwendet, da letzte- rer den ganzen Menschen beschreibt und die restliche Persönlichkeit unbeachtet lässt. Die Umschreibung ÄGeschädigte/r“ hingegen beschreibt einen Menschen, der etwas Schädigendes erlebt hat und die restliche Persönlichkeit wird geachtet. Aus Mangel an Alternativen wird der Begriff ÄTäter“ verwendet werden müssen. Auch mit diesem Begriff wird ein Mensch, der strafrechtlich in Erscheinung ge- treten ist, in seiner ganzen Persönlichkeit verurteilt und stigmatisiert. Davon soll in dieser Arbeit Abstand genommen werden, da die strafrechtliche Verfehlung nur ein Teil eines Menschen ist.
Außerdem wird im Zuge dieser Arbeit das generische Maskulin verwendet. Ist die Rede von Tätern, Geschädigten und Mitarbeitern, so sind selbstverständlich beide Geschlechter gemeint.
Sexueller Missbrauch fällt in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB) unter die Straftatbestände gegen die sexuelle Selbstbestimmung gemäß § 174 StGB ff. Die- se sind in unterschiedliche Arten des sexuellen Missbrauches unterteilt. Unter Anderem fällt darunter der sexuelle Missbrauch von Kindern nach §176 StGB und gemäß §182 StGB der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen. Als Kinder sind im §176 StGB Personen unter 14 Jahren definiert und als Jugendliche im §176 StGB Personen unter 18 Jahren.
Sexueller Missbrauch wird in den oben Genannten Vorschriften dann mit Strafe bedroht, wenn an einem Kind oder Jugendlichen sexuelle Handlungen vorge- nommen werden, oder jemand an sich selber von dem Kind oder Jugendlichen diese vornehmen lässt. Außerdem, wenn das Kind oder der Jugendliche dazu an- gehalten wird, sexuelle Handlungen an Dritten vorzunehmen oder dies durch vor- führen von pornografischen Materialien erzeugt wird. Auch unter sexuellen Miss- brauch ist zu zählen, wenn eine Person über 18 Jahren eine unter 18 jährige Per- son für sexuelle Handlungen bezahlt und eine Person über 21 Jahren eine sexuelle Beziehung zu einer Person unter 16 Jahren führt (§182 Abs. 2 und 3).
Zusätzlich unter die Straftatbestände gegen die sexuelle Selbstbestimmung fallen die Verbreitung pornografischer Schriften (gemäß §184 StGB) und die Verbrei- tung, der Besitz und oder Erwerb kinderpornografischer Schriften nach §184 b StGB. Bis zum Jahre 1993 war der private Besitz kinderpornografischer Materia- lien nicht unter Strafe gestellt. Kinderpornografie wird im Kapitel drei näher er- läutert.
Neben der juristischen Sichtweise gibt es noch weitere Definitionen des sexuellen Missbrauches, vorrangig aus der psychologischen Perspektive, die den Begriff des sexuellen Missbrauches mal genauer und mal ungenauer definieren. Die ungenau gefassten Definitionen setzen meist einen körperlichen Kontakt voraus, während die genau gefassten Definitionen alle Handlungen einschließen, die auf sexueller Basis entstehen. So zum Beispiel das Filmen oder Fotografieren von Kindern die nackt sind und/oder aufreizend vor der Kamera posieren (Kuhnen 2007, S.63). Gemeinsam haben jedoch beide Ansätze, dass alle beschriebenen Handlungen gegen das Einverständnis des Kindes getroffen werden. Hesselbarth & Haag fas- sen die Definitionen dahingehend zusammen, dass ein sexueller Missbrauch alles umfasst, was nicht nur gegen den Willen des Kindes geschieht, sondern auch Handlungen einschließt, in die das Kind aufgrund seiner Entwicklung nicht eindeutig einwilligen kann (Kuhnen 2007, S.63 nach Hasselbarth & Haag 2004, S.3). Auch wenn Kinder aufgrund eines engen Vertrauensverhältnisses oder durch Beeinflussung, zum Beispiel durch das Versprechen von Belohnungen, in den Akt des sexuellen Verkehrs einwilligen, so ist diese Einwilligung Äwomöglich willentlich, aber nicht wissentlich“ (Kuhnen 2007, S.63).
Nicht nur über die Tat an sich und ihre Sanktionen wird in den Medien hitzig dis- kutiert, beispielsweise im Verfahren und dem damit einhergegangen Urteilsspruch gegen Dennis C., unter Anderem in der Bild-Zeitung (Bild.de 2013), sondern auch darüber, ob der Begriff ÄMissbrauch“ passend ist. Es wird kritisiert, dass dieser beschreibt, dass es auch eine nicht missbräuchliche sexuelle Beziehung zu Kin- dern gibt (unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmiss- brauchs, o.J.), beziehungsweise dieser Begriff die dem sexuellen Missbrauch in- newohnende sexuelle Gewalt nicht hinreichend beschreibt (Wildwasser.de o.J.). Im Folgenden wird sich dennoch auf den Begriff des Missbrauchs bezogen, da dieser nicht nur in Fachliteratur und Öffentlichkeit der meist genutzte Begriff ist, sondern auch im StGB so verankert ist.
Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen und das Medium Internet lie- gen eng beieinander. Für viele Kinder und Jugendliche ist das Internet ein Ort der Anonymität. Ein Ort, an dem offene Fragen geklärt werden können. Das Thema Sexualität wirft gerade in der Pubertät viele Fragen auf und Kinder und Jugendli- che suchen bei Unklarheiten zunächst nach Informationen im Internet, anstatt per- sönlich zum Beispiel mit ihren Eltern über das Thema zu sprechen.
Das Internet ist ein virtueller Ort, des sich selber Ausprobierens. Dort können zum Beispiel Chaträume für Erwachsene besucht werden oder mit fremden Leuten über intime Dinge gechattet werden, ohne dass man sich schämen muss. Das Ge- genüber sieht und kennt einen meist nicht und es gibt keine Face-to-Face Interak- tion. Man sitzt in der Regel zu Hause vor dem PC, in einem Sicheren Umfeld (Katzer o.J. S.5). Viele Eltern überprüfen den Internetgebrauch ihrer Kinder nicht und 70% der Eltern wissen nicht, was ihr Kind im Internet macht (Richard/Krafft-Schöning 2007 S.116 nach The European Institute for the Madia, World Internet Project 2004, Prof. Dr. J. Cole u. Prof. Dr. J. Geobel). Genau an diesem Punkt kann die Schnittstelle zum Missbrauch liegen, denn die Kinder und Jugendlichen können sich frei im Netz bewegen, wo man nicht nur nette Ausmalbilder findet, sondern auch pornografische Materialien.
Der Werbespot von klicksafe.de, einer EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz, stellt diesen Fakt sehr klar dar. In dem Spot wird unter Anderem gezeigt, wie ein älterer Mann ein kleines Mädchen zu Hause abholt. Dieses wird von der Mutter dem Mann ohne zögern anvertraut, damit dieser dem kleinen Mädchen einen rich- tigen Hasen zeigen kann. Kommentiert wird dieser Werbesport mit dem Slogan: ÄIm wirklichen Leben würden Sie ihr Kind schützen“ (klicksafe.de 2012).
Laut Evelyn Heyer (o.J.) liegt der Reiz der Online Portale außerdem darin, nicht nur Begegnungen außerhalb der elterlichen Kontrolle zu treffen, sondern auch im Gleichberechtigten Austausch zwischen den Chat Partnern. So ist es beispielswei- se üblich, dass man sein Gegenüber automatisch in der ÄDu“- Form anspricht, egal wie groß der Altersunterschied ist und wie bekannt oder unbekannt man sich ist.
Viele Täter nutzen die Offenheit, Neugierde und Freiheit der Kinder, um sich selbst zu befriedigen. Ein Missbrauch kann auf unterschiedliche Art und Weise passieren. Zum einen durch das direkte Ansprechen von intimen Details in Chaträumen oder Foren durch den Erwachsenen. Zum Beispiel mit Fragen wie: ÄHast du schon Sex gehabt?“ oder ÄWie groß sind deine Tittchen?“ (Richard/Krafft- Schöning 2007, S.115). Außerdem durch den Vertrauensaufbau über das Internet mit dem Ziel eines realen Treffens mit sexuellen Handlungen. Diese Vorgehensweise wird ÄGrooming“ genannt (Katzer o.J., S.2).
Eine weitere Möglichkeit des sexuellen Missbrauchs über das Internet ist die der sexuellen Viktimisierung über Videoplattformen, wie YouTube.com. Beispiels- weise durch das Hochladen eines heimlich gedrehten Videos mit Nacktszenen. Dabei wird eine Endloskette in Bewegung gesetzt, denn: ÄWas einmal im Netz ist, bleibt drin - ein Leben lang!“ (Katzer o.J., S. 3). Zusätzlich werden kinderporno- grafische Materialien durch die Vernetzung von gleichgesinnten Straftätern weiter verbreitet. (Katzer o.J.,S. 2).
Caterina Katzer hat in einer Untersuchung vom Institut für Wissenschafts- und Sozialpsychologie in Köln 2005 über die Chat-Kommunikation Kinder und Ju- gendlicher im Alter von zehn bis 19 Jahren unter Anderem herausgefunden, dass 48,1% der befragten Mädchen alle paar Monate bis mehr als zehn Mal im letzten Monat im Chat angesprochen wurden, um über Sex zu reden.
Der Reiz des Internets liegt für den Täter darin, dass dieser eine sehr große Aus- wahl an Portalen hat, in denen er sich anmelden kann und eine Vielzahl von po- tentiellen Opfern vorhanden ist. Klappt es bei einem Gespräch nicht gut, so kann direkt jemand anderes angeschrieben werden. Außerdem ist nicht nur die Hemm- schwelle der Kinder und Jugendlichen durch die fehlende Face-to-Face Situation gesenkt, sondern auch die des Täters. Er kann sich ausprobieren, genau wie die Kinder und Jugendlichen und sich somit in einer gewissen Sicherheit bewegen (Katzer o.J.,S. 1).
Außerdem kann man im Internet auf Gleichgesinnte stoßen, die dieselben Interes- sen haben und mit denen nicht nur pornografische Dateien ausgetauscht werden können, sondern auch allgemeine Tipps und Tricks besprochen werden, um mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu treten (Richard/Krafft-Schöning 2007, S.124). Im Folgenden wird auf zwei spezielle Formen des Missbrauchs im Inter- net eingegangen, das Cyber- Grooming und die Kinderpornografie.
Cyber- Grooming beschreibt den Vertrauensaufbau eines Straftäters zu einem Kind oder Jugendlichen per Chat, der sich über mehrere Wochen oder Monate hinziehen kann. Dabei wird in privaten Chaträumen, beispielsweise bei Knud- dels.de, oder über Messenger, wie zum Beispiel: MSN, ICQ oder Yahoo regelmä- ßig miteinander gechattet und über allerlei Themen und Probleme gesprochen. Diese können zum Beispiel private Wünsche, Hobbys und andere Interessen sein (Katzer o.J. S.3).
Außerdem werden gleichzeitig, von Seiten des Täters, gemeinsame Geheimnisse aufgebaut. Dies kann über das Besprechen von intimen Dingen und über das Aus- tauschen von Fotos geschehen. Diese Bilder sind meist zunächst von harmloser Natur und werden dann freizügiger, bis hin zum Endgültigen Nacktbild. Auf Nacktbildern, die der Täter versendet, ist meist das Gesicht nicht zu erkennen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Täter ein klares Druckmittel, welches er gegen das Kind oder den Jugendlichen einsetzen kann, indem er zum Beispiel damit droht, es öf- fentlich in das Internet zu stellen oder an andere Leute zu versenden. Manche Tä- ter sind dabei klar auf ein reelles Treffen fixiert, aber anderen wiederum genügt der virtuelle Kontakt und die zugesendeten Bilder. Teilweise geht der Kontakt auch über das herstellen und das Versenden von Bildern hinaus. In manchen Fällen fertigen Täter sowie Geschädigte eindeutig sexuell Aufreizende Videoclips von sich selber an und versenden diese später.
Da sich die Kinder und Jugendlichen meist im Klaren darüber sind, dass sie etwas Verbotenes tun, reden sie nicht mit ihren Eltern darüber, aus Angst, generelles Internetverbot zu bekommen (von Weiler 2011, S.88). Laut Katzer (o.J., S.7). Täter dieser Gruppe werden als „Traveller“ (frei übersetzt: Reisende) bezeichnet, da sie sprichwörtlich durch das Internet reisen, auf der Suche nach neuen Materia- lien und neuen Kontakten.
Zu der Gruppe der sog. „Trader“ (frei übersetzt: Handelnder, Händler) (Katzer o.J., S.7) gehören Täter, die kinderpornografisches Material miteinander austau- schen, beziehungsweise damit handeln. Dies passiert in der Regel über Foren oder File-Sharing Anbieter im Internet. File Sharing bedeutet, dass mehreren Nutzern der Zugriff auf bestimmte Dateien im Internet ermöglicht wird. In Foren können sich Nutzer anmelden, um mit anderen Nutzern über bestimmte Themen zu kom- munizieren und Dateien hochzuladen, die sich andere wiederum herunterladen können. Kinderpornografie gibt es allerdings nicht erst mit der Einführung des Internets.
Arthur Kröhnert beschreibt es folgender Maßen: ÄKinderpornographie und Kinderprostitution sind kein neues Problem. Einschlägige Zeitschriften und Videos waren schon immer erhältlich. Eine neue Dimension hat sich aber durch das Internet ergeben.“ (Kinderschutz-Zentren o.J., S.9).
Abbildung 1. zeigt einen Eintrag in einem Forum:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.; Richard/Krafft-Schöning 2007, S.122
Der Bundesgerichtshof definiert pornografische Darstellungen wie folgt:
"Als pornographisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklamme- rung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringli- cher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz aus- schließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuel- len Dingen abzielt." (Bundesgerichtshof, St 23,44; 37,55; bka.de, 2013). Korinna Kuhnen (2007, S. 60) hingegen beschreibt in ihrem Buch ÄKinderporno- grafie und Internet“, dass es abhängig von der Entwicklung der Gesellschaftsmo- ral- und Normvorstellung und auch von der individuellen Einschätzung des Be- trachters ist, was für den Einzelnen unter den Begriff Pornografie fällt. Im Fol- genden wird sich an der Definition des Bundesgerichtshofes orientiert. Pornografische Darstellungen werden zu Kinderpornografie, wenn zusätzlich zu der oben genannten Definition “ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Gesche- hen wiedergegeben wird“ (Kuhnen 2007, S. 6), auf dem Kinder zu sehen sind. Gemäß §176 StGB ist eine Person ein Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr noch nicht erreicht hat. Als wirklichkeitsnahes Geschehen sind auch Bilder beti- telt, die mittels Bildbearbeitungsprogrammen manipuliert wurden. Beispielsweise wenn Köpfe von Kindern aus normalen Kinderfotos herausgenommen werden und diese in ein Bild eingefügt werden, welches zunächst Erwachsene bei sexuellen Handlungen zeigt und es nun den Anschein erweckt, dass dort Kinder zu sehen sind (Kuhnen 2007, S.6). Daraus ergibt sich, dass kinderpornografische Materia- lien immer einen sexuellen Missbrauch an Kindern abbilden. Fotos oder Filme, die beispielsweise im Urlaub aufgenommen wurden und ein nicht bekleidetes Kind zeigen, gehören nicht zu der Kategorie Kinderpornografie, auch wenn diese von Tätern als solche genutzt werden (Kuhnen 2007, S.7). Demnach ist auch das Bild der Abbildung 1. kein kinderpornografisches Bild.
Entscheidend bei der Definition eines kinderpornografischen Bildes ist, dass ein Kind unter vierzehn Jahren abgebildet ist (vgl. §§184b, 176 Abs. 1 StGB). Ist eine Person über vierzehn Jahren, aber unter achtzehn Jahren auf pornografischem Ma- terial abgebildet, spricht man von Jugendpornografie gemäß §184c StGB. Da es in der Praxis sehr schwer ist, das genaue Alter der Kinder zu bestimmen, da dieses nur geschätzt werden kann, sind die Übergänge fließend und eine genaue Abgren- zung nicht möglich. Im Rahmen dieser Arbeit wird sich nur auf den Begriff Kin- derpornografie bezogen.
Es gibt viel Kritik an diesem Begriff. Ein Kritikpunkt ist, dass das Wort Kinder- pornografie den Gewaltaspekt der Materialien nicht ausdrücklich beschreibt. Es wird außerdem bemängelt, dass es sich nicht um Pornografie im eigentlichen Sin- ne handelt, sondern laut Drewes um Ädie fotografische Dokumentation einer - juristisch gesehen - Straftat, psychologisch verstanden: schweren Traumatisie- rung“ (Kuhnen 2007,S.61 nach 2002b, S.265). Gerstendörfer (Kuhnen 2007,S.61 nach Gerstendörfer 2001a, S.23) beispielsweise spricht von ÄKinderfolter- Dokumentationen“ und Wuttke (Kuhnen 2007,S.61 nach Wuttke 2003, S.117) von Ägefilmten oder fotografierten sexuellen Missbrauch“ und von ÄSexuelle Ausbeutung von Kindern für pornografische Zwecke“ (Kuhnen 2007,S.61).
Warum der sexuelle Missbrauch von Kindern, der für kinderpornografische Da- teien aufgezeichnet wird, besonders schwere Folgen für die Opfer hat, soll anhand der, von Andres Buskotte und Karolin Reiter, festgelegten Punkte aufgezeigt wer- den. Der erste Punkt beschreibt die Verhinderung von Verdrängungsprozessen. Kinder und Jugendliche, die einem (sexuellen) Missbrauch zum Opfer gefallen sind, wenden Verdrängung als eine Art Schutzmechanismus an, um mit den Er- fahrungen leben zu können. Dieser Mechanismus kann bei Kindern Überlebens sichernd sein. Durch die Aufzeichnung des sexuellen Missbrauchs allerdings kann das Kind jederzeit wieder mit dem Erlebten konfrontiert werden und der Schutz- mechanismus entfällt.
Des Weiteren folgt das Schamgefühl. Sexuell missbrauchte Kinder und Jugendli- che schämen sich in einem sehr hohen Maße für das, was ihnen wiederfahren ist. Oftmals so sehr, dass sie es lange Zeit, oder ihr gesamtes Leben niemandem an- vertrauen. Dieses Schamgefühl wird um ein vielfaches gesteigert, wenn sie sich darüber bewusst sind, dass noch andere Personen den aufgezeichneten sexuellen Missbrauch ansehen.
Ein weiterer Punkt ist die Geheimhaltung. Durch das soeben beschriebene Schamgefühl brechen sexuell misshandelte Kinder und Jugendliche kaum ihr Schweigen. Dennoch ist die Geheimhaltung ein großes Thema für den Täter. Um diese zu verstärken, wird in einigen Fällen, den Kindern der aufgenommne sexuelle Missbrauch nochmals vorgeführt. Diese Bilder haben eine so eindringliche Wirkung auf die Kinder, bis hin zu einer (Re-) Traumatisierung, dass der so auf sie verübte Druck kaum zu durchbrechen ist.
Der Beziehungskontext ist ein weiterer Aspekt. Oftmals werden Kinder und Ju- gendliche, die sexuell missbrauch wurden, von Personen ihres näheren Umfeldes missbraucht. Da bei der Herstellung von kinderpornografischen Materialien aber häufig wechselnde Geschlechtspartner für die Kinder ausgesucht werden, erfahren diese eine vollkommene Reduzierung ihrer selbst auf ihren Körper und dessen vermeidlich sexuellen Eigenschaften. Keinerlei Beziehung wird zu den Kindern aufrechterhalten und diese erfahren eine reine Ausbeutung ihrer selbst.
Außerdem werden die Kinder als Marktware angesehen. In Fällen, in denen die Eltern ihre Kinder zur Herstellung kinderpornografischer Materialien verkaufen, erfahren die Kinder, dass sie keinerlei emotionalen Wert für ihre Eltern haben und diese nicht für die körperliche und seelische Gesundheit ihres Kindes einstehen. Demnach fühlen sie sich verlassen und lernen, sich selber nur über Geld zu defi- nieren und ihren Körper als Objekt anzubieten (Buskotte, Reiter o.J., S. 11).
Kinderpornographisches Material lässt sich nach Kuhnen (2007, S. 21-24) in un- terschiedliche Kategorien einteilen. Zum einen die Nackt- und Freikörperkultur (FKK)- Bilder. Hierbei handelt es sich um Fotographien, die ohne das Wissen der Kinder aufgenommen wurden. Diese Bilder zeigen Kinder in alltäglichen Situati- onen. Beispielsweise im Urlaub,, am Strand oder auf Spielplätzen, im Garten oder im Badezimmer. Nicht selten werden dazu Kameras in Zimmerecken montiert oder in Umkleidekabinen von Kinder- und Jugendsportvereinen. Aus gesetzlicher Sicht ist diese Art der Nackt- und FKK- Bilder kein kinderpornographisches Material, da keine sexuellen Handlungen von Kindern zu sehen sind, vgl. §184b StGB. Demnach sind diese nicht strafrechtlich relevant.
Eine weitere Kategorie stellt das Posen und die Fokussierung der Geschlechtsteile dar. Typisch für diese Art der Aufnahmen ist es, dass das Kind weiß, dass es aufgenommen wird und sich selber vor der Kamera präsentieren muss. Beispielsweise, indem es sich vor der Kamera auszieht, erotische Posen einnimmt und die Geschlechtsteile in die Kamera zeigt (Kuhnen 2007 S.22).
In einer weiteren Kategorie sind sexuelle Handlungen der Kinder eindeutig zu erkennen. Somit fällt diese Art von Dateien eindeutig unter die Straftatbestände des StGB. Auf dem Material ist eindeutig ein sexueller Missbrauch zu erkennen. Abbildung 2. zeigt ein Beispiel:
Abbildung 2.; Kuhnen 2007, S.27
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es ist nicht nur ÄVaginal-, Oral oder Analverkehr“ (Kuhnen 2007, S.23) zu sehen, sondern auch Ä“simulierte“ Penetration zwischen den OberschenkelnÄ (Kuhnen 2007, S.23) und die Penetration mit (Alltags-) Gegenständen. In vielen Fällen wissen die Opfer nicht, was mit ihnen geschieht, da der Missbrauch häufig statt- findet, wenn die Kinder schlafen. Außerdem ist es charakteristisch für diese Art von Aufnahmen, dass auf die Genitalien der Kinder ejakuliert wird (Kuhnen 2007, S.23).
Taylor und Quale (2003, nach Kuhnen 2007, S.23) teilen diesen Bereich des kinderpornographischen Materials nochmals in drei Unterkategorien ein. Zum einen in Äexplici sexual acivity“, wenn noch andere Kinder an dem sexuellen Akt beteiligt sind, aber keine Erwachsenen, in die Kategorie Äassult“, wenn ein Missbrauch durch einen Erwachsenen zu sehen ist und in die Kategorie Ägross assault“ wenn der Missbrauch durch den Erwachsenen besonders schwer ist, da Penetration, Oralsex oder Masturbation zu erkennen ist.
Die nächste Kategorie nach Kuhnen (2007, S.23) ist die der Extremformen. Auf diesen Materialien werden den Kindern absichtlich Schmerzen zugefügt und es sind klare Gewalthandlungen zu erkennen. Darunter fallen auch Darstellungen, die ÄFolterungen, Verstümmelungen, Vergewaltigung, Auspeitschungen sowie den Verzehr von Fäkalien“ darstellen (Kuhnen 2007, S.23). Außerdem müssen die Kinder in manchen Fällen nicht nur aufeinander urinieren, sondern werden auch zu sexuellen Handlungen mit Tieren gezwungen (Kuhnen 2007, S.23).
In der Theorie lässt sich das kinderpornographische Material gut in diese Kategorien einteilen. In der Praxis sind die Übergänge zwischen den einzelnen Punkten jedoch fließend und somit nur schwer zu trennen, da ganze Bilderserien erstellt werden, in denen mehrere der soeben beschriebenen Formen zu erkennen sind. Darauf wird im folgenden Kapitel weiter Bezug genommen.
Kinderpornographische Materialien sind in der Mehrzahl Amateuraufnahmen. Teures Equipment, sowie Bildbearbeitung und hohe Qualität sind nicht erwünscht und selten werden einzelne Bilder oder Filmsequenzen verbreitet. Eher werden Fotostrecken erstellt, die alle das gleiche Kind abbilden. Bei Filmaufnahmen gibt es meist keinen Vorspann oder Ähnliches. Es wird der sexuelle Akt an sich ge- zeigt, ohne eine Handlung oder technische Aufbereitung (Kuhnen 2007, S.25). Wuttke (1998, S.111 nach Kuhnen 2007, S. 25) bringt es folgender Maßen auf den Punkt: ÄWas zählt, ist das nackte Kind auf dem Bettlaken“.
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