Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Bachelorarbeit, 2013
53 Seiten, Note: 1,7
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Zur Stakeholder-Ansprache in der Nachhaltigkeitsberichterstattung
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Ziel und Fragestellung der Arbeit
1.3 Gang der Arbeit
2 Nachhaltigkeitskommunikation als gesellschaftliche Erwartung
2.1 Nachhaltigkeit als Reaktion auf gesellschaftliche Ansprüche
2.2 Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunikation
2.3 Berichterstattung als Instrument der Nachhaltigkeitskommunikation
3 Stakeholder-Fokus in der Nachhaltigkeitsberichterstattung
3.1 Der Stakeholder-Ansatz von Freeman
3.2 Stakeholder-Dialog zur Ermittlung von Ansprüchen
3.3 Chancen und Herausforderungen des Internets zur Stakeholder-Ansprache
4 Stakeholder-Ansprache von DAX 30-Unternehmen im Internet
4.1 Experteninterviews als Methode der qualitativen Sozialforschung
4.2 Leitfaden als Instrument des teilstandardisierten Interviews
4.3 Auswahl der Experten
4.4 Auswertung der Experteninterviews
4.5 Versuch einer Interpretation der Experteninterviews
5 Abschließende Bemerkung
5.1 Stakeholder-Ansprache in der Nachhaltigkeitsberichterstattung
5.2 Kritische Reflexion der Arbeit
5.3 Weiterer Forschungsbedarf
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
7.1 Leitfaden
Abbildung 1: Zieldreieck der Nachhaltigkeit
Abbildung 2: Konzepte gesellschaftlicher Verantwortung
Abbildung 3: Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation
Tabelle 1: Berichtstypen der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mitarbeiter, Investoren, Kunden, Lieferanten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Verbände, die Politik, Behörden und Medien: Unternehmen sind mit vielen sogenannten Stakeholdern konfrontiert (vgl. Behrens / Winter 2008: 242). Da sie die ökonomische, ökologische und soziale Situation der Gesellschaft entweder verbessern oder verschlechtern, erwarten Stakeholder von ihnen, Verantwortung zu übernehmen (vgl. Franz 2008: 186; Hansen / Schrader 2005: 377 f.). Diese Anforderung können sie mit ihrem Einfluss auf den Unternehmenserfolg durchsetzen und sichern oder entziehen Unternehmen damit die sogenannte „Licence to operate“, eine Art gesellschaftliche Betriebslizenz (vgl. Mast 2013: 431; Münzing / Zollinger 2001: 24 f.; Grunig / Hunt 1984: 52).
Um die Betriebslizenz zu erlangen, muss verantwortungsvolles Handeln von der Gesellschaft wahrgenommen und entsprechend von Unternehmen kommuniziert werden. Als eines der wichtigsten Instrumente der Nachhaltigkeitskommunikation hat sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert. Darin legen Unternehmen über ihre ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungen Rechenschaft ab (vgl. Godemann / Herzig 2012: 237; Perrin 2011: 17; Walter 2010: 88, 93; o. V. 2009a: 32; Selbach / Löhr 2004: 32). Stakeholder unterscheiden sich jedoch in ihren Ansprüchen an die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen und ihren Informationsbedürfnissen. Ein Universalbericht in Printform kann diese vielfältigen Anforderungen nach dem Prinzip „one size fits all“ kaum erfüllen (vgl. Behrens / Winter 2008: 241; Isenmann / Bey / Welter 2007: 493 f.; Isenmann / Kim 2006: 534; Isenmann 2005: 180 f.). Im Vergleich dazu können Unternehmen mit einer internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung erweiterte Informationen bereitstellen und deren Zugang sowie Verständlichkeit verbessern. Das Internet ermöglicht zudem einen interaktiven Informationsaustausch und unterstützt den Dialog zwischen Unternehmen und Stakeholdern (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238; Herzig / Godemann 2010: 1067 – 1070).
In den letzten Jahren beobachten Großunternehmen bei Stakeholdern verstärkte Informationsbedürfnisse zu Umwelt-, Sozial- sowie Governancethemen. Das ergibt eine Befragung von 59 Kommunikationsexperten der 150 größten und vier kleineren, deutschen Unternehmen, welche das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und future e. V. im Jahr 2011 durchführten (vgl. Gebauer / Glahe 2011: 17 – 19). Einen weiteren Trend zeichnet eine aktuelle Studie zum Stakeholder-Management in 98 deutschen, österreichischen und Schweizer Unternehmen: Laut den befragten Stakeholder-Verantwortlichen wird es wichtiger, die Unternehmensführung und Kommunikation an den Ansprüchen sowie Interessen von Stakeholdern auszurichten (vgl. Lintemeier / Thiessen / Rademacher 2013: 20).
Nach Mast (2013: 448) müssen Unternehmern lernen, „dass ihre Stakeholder nicht mehr die homogenen, ‚pflegeleichten Zielgruppen’ sind, die die erwarteten Verhaltensänderungen zeigen, wenn man nur die richtigen Instrumente einsetzt.“ Auch hinsichtlich der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen unterscheiden sie sich in ihren Informationsbedürfnissen und erwarten eine maßgeschneiderte Berichterstattung, die ihre Anforderungen an Inhalt, Form und Medium deckt (vgl. Isenmann / Kim 2006: 534). Im Vergleich zum Printbericht bietet das Internet Unternehmen erweiterte Möglichkeiten, ihre Stakeholder zielgruppengerecht anzusprechen (vgl. ebd.: 541). Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt in der Untersuchung, inwieweit DAX 30-Unternehmen die internetspezifischen Potenziale zur zielgruppengerechten Ansprache von Stakeholdern erschöpfen. Die zentrale Forschungsfrage lautet somit:
Wie nutzen DAX 30-Unternehmen das Internet, um Stakeholder in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zielgruppengerecht anzusprechen?
Viele Stakeholder stehen insbesondere Großunternehmen kritisch gegenüber. Es ist zu erwarten, dass DAX 30-Unternehmen im Vergleich zu kleinen und mittleren Unternehmen größere Anstrengungen für eine zielgruppengerechte Ansprache in der Nachhaltigkeitsberichterstattung unternehmen, weshalb sie in dieser Arbeit als Untersuchungsgegenstand gewählt werden. Im Hinblick auf das Forschungsinteresse wird ermittelt, inwieweit Kommunikationsverantwortliche die Informationsbedürfnisse von Stakeholdern kennen, welchen Stellenwert sie einer zielgruppengerechten Ansprache in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zuschreiben und inwieweit sich in der Umsetzung Herausforderungen ergeben. Ein Schwerpunkt liegt in der Arbeit darauf, die Bereitstellung, Zugänglichkeit und Verständlichkeit von Nachhaltigkeitsinformationen der DAX 30-Unternehmen im Internet zu analysieren. Zur Untersuchung des vorliegenden Forschungsinteresses, werden mit den Kommunikationsverantwortlichen telefonische Experteninterviews anhand eines Leitfadens geführt.
Um die Stakeholder-Ansprache in der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung von DAX 30-Unternehmen zu untersuchen, bietet sich nachfolgender Gang der Arbeit an. Das zweite Kapitel betrachtet die gesellschaftlichen Ansprüche gegenüber Unternehmen, welche durch ihren Einfluss auf die ökonomische, ökologische und soziale Situation der Gesellschaft an sie gestellt werden. Als Reaktion entwickelten Unternehmen diverse Konzepte zur gesellschaftlichen Verantwortung, die daraufhin vorgestellt werden. Da der Ursprung von Ansprüchen im Leitbild der Nachhaltigkeit liegt, empfiehlt es sich, dieses Konzept hier heranzuziehen. Die Gesellschaft berücksichtigt in ihrer Zuteilung der Betriebslizenz nur das unternehmerische Handeln, welches sie wahrnimmt. Daher wird nachfolgend die Nachhaltigkeitskommunikation als ein Anwendungsfeld der Unternehmenskommunikation und abschließend die Nachhaltigkeitsberichterstattung als eines der zentralen Instrumente betrachtet.
Der Stakeholder-Fokus in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist das Thema im dritten Kapitel. Um relevante Stakeholder von Unternehmen zu identifizieren, wird zunächst der Stakeholder-Ansatz von Freeman vorgestellt. Daraufhin ist der Dialog mit Stakeholdern als Instrument zur Ermittlung ihrer Ansprüche und Informationsbedürfnisse Gegenstand der Arbeit. Zur Diskussion stehen abschließend die Chancen sowie Herausforderungen der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung für die zielgruppengerechte Ansprache von Stakeholdern im Vergleich zum Printmedium.
Das vierte Kapitel beinhaltet den empirischen Teil der Arbeit. Nach einer Betrachtung der Vor- und Nachteile von leitfadengestützten Experteninterviews wird begründet, aus welchen Gründen diese Methode zur Untersuchung des Forschungsinteresses gewählt wurde. Themen sind außerdem der Leitfaden und die Auswahl der Experten. Schließlich werden die Experteninterviews ausgewertet und auf Basis der theoretischen Erkenntnisse der Arbeit interpretiert.
Zum Abschluss fasst das fünfte Kapitel gemäß der Forschungsfrage nach der Stakeholder-Ansprache in der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung von DAX 30-Unternehmen die Ergebnisse der Arbeit zusammen. Ferner werden die Ergebnisse kritisch reflektiert und ein Ausblick auf künftige Forschungsarbeiten gegeben.
Immer mehr fordert die Gesellschaft von Unternehmen nachhaltig zu handeln. Diese Entwicklung beruht insbesondere auf der veränderten Position des Wirtschaftssektors zwischen dem Staat und der Gesellschaft. Weltweit ist die Gestaltungsmacht von Staaten, nachhaltige Probleme zu lösen, gesunken. Einerseits können Staaten immer weniger Finanzmittel für politische Interventionen bereitstellen. Andererseits sind ihre rechtlichen Eingriffsmöglichkeiten durch die Globalisierung gesunken. Da Unternehmen ihr Kapital weltweit investieren können, ist ihr Einfluss auf die ökonomische, ökologische und soziale Situation der Gesellschaft dagegen gestiegen. Entsprechend richtet die Gesellschaft an Unternehmen einerseits Hoffnungen, wie Arbeitsplätze zu schaffen, und andererseits Befürchtungen, z. B. hinsichtlich der Verursachung von Umweltschäden (vgl. Franz 2008: 186; Hansen / Schrader 2005: 378 f.).
Vor allem diese Befürchtungen führten in den letzten Jahrzehnten dazu, dass sich die Gesellschaft als Gegengewicht zu den an Machtpotenzial gewonnenen Unternehmen entwickelt hat. Berücksichtigen Unternehmen gesellschaftliche Ansprüche nicht in ihrer Geschäftstätigkeit, drohen ihnen Sanktionen, die insbesondere auf dem Absatz- und Finanzmarkt zum Ausdruck kommen (vgl. Hansen / Schoenheit 2001: 23). Auf dem Absatzmarkt können Konsumenten Produkte selektiv konsumieren und boykottieren (vgl. Glombitza 2012: 39; Leitschuh-Fecht 2007: 606; Flasbarth 2002: 36). Durch die systematische Geldanlage in nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen, sanktionieren Investoren dagegen unverantwortliches Handeln auf dem Finanzmarkt (vgl. Frey-Broich 2006: 74; Knörzer 2004: 42; Hansen / Schoenheit 2001: 24).
Die Gesellschaft vergibt Unternehmen folglich die sogenannte „Licence to operate“ (vgl. Mast 2013: 431; Münzing / Zollinger 2001: 24 f.). Unter dieser gesellschaftlichen Betriebslizenz versteht sich die Legitimität, welche über die Legalität des Unternehmenshandelns hinausgeht. Auch die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit der Unternehmen spielen eine zentrale Rolle (vgl. Raupp 2011a: 104 – 109; Habisch / Joncker 2005: 5 f.). Unternehmen können ihre privatwirtschaftlichen Entscheidungen daher nicht vollkommen unabhängig treffen, sondern müssen diese gegenüber der Gesellschaft rechtfertigen (vgl. Schuppisser 2002: 22 f.; Dyllik 1989: 13 – 16).
Als Reaktion auf die Ansprüche der Gesellschaft entwickelten Unternehmen zahlreiche Konzepte zur Übernahme von Verantwortung, wie Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Corporate Sustainability, Corporate Responsibility und Corporate Governance (vgl. Mast 2013: 432 – 434; Mast / Fiedler 2007: 567; Hansen / Schrader 2005: 375 – 377). Bisher fehlt deren inhaltliche Abgrenzung, sodass die Begriffe häufig synonym verwendet werden (vgl. Curbach 2009: 19, 26 f.; Habisch / Wegner 2005: 113; Loew et al. 2004: 45). Eines haben die Konzepte tatsächlich gemeinsam: Es geht immer um die Frage nach der Verantwortung, welche ein Unternehmen trägt (vgl. Schmidt 2002: 70).
Die gebräuchlichsten Konzepte sind wahrscheinlich Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship, welche nachfolgend näher betrachtet werden (vgl. Selbach 2006: 12; Johanssen 2002: 143; Lüth 2002: 39). In den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts kam in den USA eine Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen auf, die unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) geführt wurde. CSR meinte die Verantwortung von Unternehmen, welche sie durch potenzielle Auswirkungen ihres Handelns auf die Gesellschaft tragen (vgl. Severin 2007: 72; Matten / Moon 2005: 335; Loew et al. 2004: 19). Jedoch zeichnete sich schnell ab, dass dieses unpräzise Verständnis praktische Konkretisierungen erschwert (vgl. Pearson 1989: 118). Die neue Interpretation CSR2 als Corporate Social Responsiveness aus den siebziger und achtziger Jahren forderte von Unternehmen die Werte der Gesellschaft herauszufinden, um ihr Engagement auf diese auszurichten (vgl. Crane / Matten 2004: 48; Pearson 1989: 118 f.). Zwei weitere Interpretationen von CSR − CSR3 (Corporate Social Rectitude) und CSR4 (Cosmos, Science, Religion) − welche einerseits die Ethik und andererseits die Naturwissenschaften in die unternehmerische Verantwortung einführen wollten, sind heute kaum von Interesse (vgl. Loew et al. 2004: 22).
Schließlich etablierte sich das CSR-Konzept in Europa, wo sich jedoch ebenfalls kein einheitliches Verständnis herauskristallisierte (vgl. Froitzheim 2006: 11; Matten / Moon 2005: 335, 338). Dem begegnete 2001 die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit ihrem Grünbuch „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“. Darin definiert sie CSR als ein Konzept, „das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“ (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001: 7).
Neben CSR dürfte Corporate Citizenship (CC) eines der gebräuchlichsten Konzepte gesellschaftlicher Verantwortung darstellen (vgl. Lüth 2002: 39). Der Begriff entstand in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA (vgl. Crane / Matten 2004: 61, Loew et al. 2004: 50). In dem Konzept versteht sich das Unternehmen als „Citizen“, welcher sowohl Rechte als auch Pflichten gegenüber der Gesellschaft hat (vgl. Mast 2013: 432; Weiß 2007: 597; Lüth 2002: 39; Seitz 2002: 29). Ursprünglich erstreckten sich diese Pflichten in den USA auf Spenden von Unternehmen an regionale Bildungseinrichtungen, um gegen die hohe Arbeitslosigkeit anzukämpfen (vgl. Loew et al. 2004: 71; Seitz 2002: 29). Mittlerweile werden zahlreiche Instrumente eingesetzt. Als ältere Formen gelten „Corporate Giving“ und „Corporate Foundation“. Während ersteres Spenden und das Sponsoring umfasst, meint letzteres Stiftungen, die von Unternehmen unterstützt werden. Zu den neueren CC-Instrumenten zählt das „Corporate Volunteering“, d. h. die Freiwilligenarbeit von Mitarbeitern, welche deutsche Unternehmen zunehmend unterstützen (vgl. Braun / Backhaus-Maul 2010: 65 f.; Gillies 2005: 6).
Während CSR die Einbindung ökologischer und sozialer Belange in die Unternehmenstätigkeit vorsieht, konzentriert sich das CC-Konzept auf soziale Aspekte (vgl. Mast 2013: 432 f.; Loew et al. 2004: 70 – 74; Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001: 7). Corporate Sustainability (CS) überträgt dagegen das Leitbild der Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene. Die bis heute am weitesten verbreitete Definition von Nachhaltigkeit stammt aus dem Bericht „Our Common Future“, den die World Commission on Environment and Development (WCED) im Jahr 1987 veröffentlichte. Demzufolge ist Nachhaltigkeit eine Entwicklung, die gewährleistet, „that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs” (World Commission on Environment and Development 1987: 8). In der aktuellen Diskussion versteht sich Nachhaltigkeit als Konzept, das eine ökonomische, ökologische und soziale Dimension miteinander verknüpft (vgl. Pufé 2012: 96). Um die Gleichberechtigung der drei Dimensionen zu verdeutlichen, wird häufig der Ausdruck „Tripple Bottom Line“ genutzt (vgl. Severin 2007: 66 f; Münzing / Zollinger 2001: 24; Elkington 1997). In Abbildung 1 ist das Gleichgewicht und die Abhängigkeit der Dimensionen im Zieldreieck dargestellt. Wird ein Ziel einer Dimension erreicht, beeinflusst dies meist die Zielerreichung der anderen Dimensionen. Umgekehrt kann kein Ziel dauerhaft zulasten von Zielen der anderen beiden Dimensionen erreicht werden (vgl. Tremmel 2003: 56; Flasbarth 2002: 34).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an Kuhlen 2005: 24
Abbildung 1: Zieldreieck der Nachhaltigkeit
Obwohl der Nachhaltigkeitsbegriff bereits im Mittelalter geprägt wurde, entwickelte sich der Terminus Corporate Sustainability erst in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch die United Nations Conference on Environment and Development in Rio de Janeiro (vgl. Weiß 2007: 598). Das Konzept CS bezeichnet ein unternehmerisches Handeln, welches gemäß dem Tripple Bottom Line-Ansatz die ökonomischen, ökologischen und sozialen Ansprüche der Gesellschaft aufgreift und erfüllt (vgl. Signitzer / Prexl 2008: 2 – 4; Weiß 2007: 597; Schaltegger / Burritt 2005: 190 – 192; Loew et al. 2004: 70 – 73).
Nach Loew et al. (2004: 70 – 73) lassen sich die Konzepte CC, CSR und CS nach ihrer inhaltlichen Ausrichtung systematisieren. Während sich CC auf soziale Belange konzentriere, beinhalte das CSR-Konzept darüber hinaus ökologische Aspekte. Insofern könne CC als Teil von CSR verstanden werden. Noch weitreichender als CSR sei das Konzept CS, da es neben der sozialen und ökologischen die ökonomische Dimension kenne. Diese Zusammenhänge verdeutlicht Abbildung 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an Loew et al. 2004: 72
Abbildung 2: Konzepte gesellschaftlicher Verantwortung
Einen vergleichbaren Ansatz vertritt Greven (2005: 1), der lediglich zwischen CSR und CS die Corporate Responsibility (CR) schaltet. Das CR-Konzept bezeichnet eine Unternehmensphilosophie, die unternehmerisches Handeln auf Transparenz, ethisches Verhalten und Respekt vor Stakeholdern ausrichtet. Beide Systematiken wirken der Uneinigkeit in den Begriffsbestimmungen für die Konzepte entgegen. Haltbar sind diese allerdings nur, wenn CSR nach der Europäischen Kommission so interpretiert wird, dass sie sich auf die Dimensionen Ökologie sowie Soziales begrenzt. Es gibt jedoch auch Interpretationen, nach denen diese Definition auch die ökonomische Dimension umfasse (vgl. Raupp / Jaromilek / Schultz 2011: 12; Klein 2005: 7, zit. n. Fiedler 2007: 36 f.). Solange CSR nicht konkret als dreidimensionales Konzept definiert wird, erweist sich die Systematik von Loew et al. (2004: 70 – 73) als hilfreich, um den Zusammenhang zwischen den Konzepten zu verdeutlichen. Das darin enthaltene Verständnis von CS soll daher in der vorliegenden Arbeit den Begriffen unternehmerische Nachhaltigkeit bzw. nachhaltiges Handeln von Unternehmen zugrunde gelegt werden.
Unternehmen können sich mit Nachhaltigkeit bzw. einer nachhaltigen Unternehmensführung die gesellschaftliche Betriebslizenz sichern (vgl. Mast 2013: 431). Dazu muss diese allerdings von der Gesellschaft wahrgenommen und entsprechend von Unternehmen kommuniziert werden. Für den Begriff Unternehmenskommunikation entstanden viele Definitionen (vgl. ebd.: 6; Fröhlich 2008: 95; Grunig 1992: 4). Zerfaß (2007: 23) versteht Unternehmenskommunikation als „alle Kommunikationsprozesse, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird und die insbesondere zur internen und externen Handlungskoordination sowie Interessenklärung zwischen Unternehmen und ihren Bezugsgruppen (Stakeholdern) beitragen.“ Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation stellen die Interne Kommunikation, Marktkommunikation sowie die Public Relations dar (vgl. ebd.: 40 f.). Diese Abgrenzung verdeutlicht Abbildung 3.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an Zerfaß 2007: 41
Abbildung 3: Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation
Zerfaß (2004: 309) weist darauf hin, dass Menschen in verschiedenen Lebenskontexten unterschiedliche Rollen einnehmen und folglich von Kommunikationsaktivitäten mehrerer Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation adressiert werden können. Aufeinander abstimmen lassen sich Kommunikationshandlungen mit einem Kommunikationsmanagement (vgl. Bruhn 1995: 115 – 146). „Als Kommunikationsmanagement bezeichnet man den Prozess der Planung, Organisation und Kontrolle der Unternehmenskommunikation“ (Zerfaß 2007: 56). Entsprechend kann das Kommunikationsmanagement der Unternehmenskommunikation untergeordnet werden. Der Ansatz von Zerfaß (ebd.: 40 f.) berücksichtigt die Beziehung zwischen Unternehmen und Stakeholdern. Darüber hinaus können die Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation zur Bestimmung oder Einteilung von Stakeholdern dienen. Aus diesen Gründen scheint dieser Ansatz für die vorliegende Arbeit geeignet.
Wie lässt sich nun nachhaltiges Handeln und die Kommunikation darüber in das Kommunikationsmanagement und die Unternehmenskommunikation einordnen? Eine Antwort auf diese Frage liefert der Ansatz des Wertorientierten Kommunikationsmanagements, welcher den Beitrag der Unternehmenskommunikation zur unternehmerischen Wertschöpfung untersucht (vgl. Bentele / Will 2008: 170 – 174; Schmid / Lyczek 2008: 129; Will 2007: 25). Nach Zerfaß (2007: 27 – 29) erfolgt dieser Beitrag auf vier Feldern: Zum einen könne Unternehmenskommunikation die laufende Leistungserstellung unterstützen und zum anderen immaterielles Kapital aufbauen. Damit gehe einher, dass sich Unternehmen Wettbewerbsvorteile, Rentabilität und Liquidität schaffen sowie ihre Betriebslizenz sichern. Nachhaltiges Handeln und die Kommunikation darüber kann in allen vier Feldern zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen. So lässt sich z. B. mit dem „Corporate Volunteering“ die Motivation von Mitarbeitern steigern und damit die laufende Leistungserstellung verbessern. Berichten Unternehmen bspw. transparent über ihre Umsatzzahlen, können sie dadurch Vertrauen sowie Glaubwürdigkeit, d. h. immaterielles Kapital, aufbauen. Ein Engagement für den Umweltschutz bietet Unternehmen schließlich die Möglichkeit, sich von Konkurrenten zu differenzieren sowie ihre gesellschaftliche Betriebslizenz zu sichern.
Der Begriff Nachhaltigkeitskommunikation hat erst vor wenigen Jahren Eingang in die Wissenschaft gefunden. Er ersetzte den Terminus Umweltkommunikation seit erkannt wurde, dass die Kommunikation über Umweltthemen nicht mehr ohne Bezug auf das Nachhaltigkeitsleitbild erfolgen kann (vgl. Michelsen 2007: 25). Michelsen (ebd.: 27) definiert Nachhaltigkeitskommunikation als „ein Verständigungsprozess, in dem es um eine zukunftsgesicherte gesellschaftliche Entwicklung geht, in deren Mittelpunkt das Leitbild der Nachhaltigkeit steht.“ In der vorliegenden Arbeit wird sie als ein Anwendungsfeld der Unternehmenskommunikation betrachtet. Bisher gibt es für die unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation keine anerkannte Definition (vgl. Brugger 2010: 3 f. Prexl 2010: 146 – 150; Mast / Fiedler 2007: 569). In Anlehnung an Zerfaß (2007: 23) wird sie in dieser Arbeit verstanden als „alle Kommunikationsprozesse über ökonomische, ökologische und soziale Leistungen von Unternehmen sowie deren Zusammenhänge, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird und die insbesondere zur internen und externen Handlungskoordination sowie Interessenklärung zwischen Unternehmen und ihren Bezugsgruppen (Stakeholdern) beitragen.“
Als eines der wichtigsten Instrumente der Nachhaltigkeitskommunikation hat sich die Berichterstattung etabliert (vgl. Godemann / Herzig 2012: 237; Perrin 2011: 17; Walter 2010: 88 f.). In Anlehnung an den Geschäftsbericht, der die finanziellen Kennzahlen eines Unternehmens wiedergibt, berichten Unternehmen darin über ihre ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungen (vgl. Walter 2010: 93; Herzig / Schaltegger 2007: 583). Da die Nachhaltigkeitsberichterstattung den Geschäfts- und den CSR-Bericht verknüpft, wird sie auch als integrierte Berichterstattung bezeichnet (vgl. Eccles / Krzus 2010: 4; o. V. 2009b: 37; Isenmann 2005: 171 – 174).
Trotz ihrer jungen Entwicklungsgeschichte steht die Nachhaltigkeitsberichterstattung in einer langen Tradition der unternehmerischen Berichterstattung. In den letzten Jahrzehnten reagierten Unternehmen auf veränderte gesellschaftliche Anforderungen in ihrer Berichterstattung immer wieder mit neuen Schwerpunkten und Erweiterungen. Aufgrund der negativen Effekte des Wirtschaftswachstums für die Gesellschaft, begannen Unternehmen in den 1970er Jahren ihre gesellschaftsbezogenen Ziele, Leistungen und Auswirkungen ihres Handelns in speziellen Sozialberichten zu kommunizieren. In den 1980er entstand die Umweltberichterstattung, da Unternehmen als einer der Hauptverursacher von Umweltkatastrophen, wie Bhopal und Tschernobyl, wahrgenommen wurden. Seit Mitte der 1990er Jahre betrachten Unternehmen in ihren Berichten verstärkt die Zusammenhänge zwischen ökonomischem Output und ökologischem Input, die sogenannte Öko-Effizienz. Die analoge Untersuchung und Darstellung ökonomisch-sozialer Zusammenhänge, d. h. die Sozio-Effizienz, ist in der Unternehmensberichterstattung bislang vergleichsweise unbedeutend (vgl. Schaltegger / Herzig 2008: 51 – 62; Herzig / Schaltegger 2007: 581 – 583).
Informationen zu ökonomischen, ökologischen sowie sozialen Aspekten vereinen Unternehmen schließlich seit Mitte und verstärkt gegen Ende der 1990er Jahre in einer Nachhaltigkeitsberichterstattung (vgl. Herzig / Schaltegger 2007: 582 f.). Während im Jahr 2004 noch die meisten DAX-Unternehmen Umweltberichte veröffentlichten, sind fünf Jahre später bereits 27 der DAX 30-Unternehmen auf einen Nachhaltigkeitsbericht umgestiegen (vgl. o. V. 2009a: 32; Selbach / Löhr 2004: 32). Schließlich zeichnet sich seit einigen Jahren der Trend ab, dass immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeitsinformationen im Internet bereitstellen (vgl. Giese et al. 2012: 19; Isenmann 2005: 174 - 180). Die vorliegende Arbeit wird sich daher nachfolgend auf die internetgestützte Nachhaltigkeitsberichterstattung fokussieren.
Unternehmen werden von vielen sogenannten Stakeholdern mit nachhaltigkeitsbezogenen Ansprüchen konfrontiert. Insbesondere der Widerspruch oder Protest von strategischen Gruppen mit hohem Sanktionspotenzial kann ihrer Reputation schaden. Daher sollten Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit und Kommunikation alle relevanten Stakeholder berücksichtigen (vgl. Mast / Fiedler 2007: 576). Zu deren Identifikation dient der Stakeholder-Ansatz von Freeman (1984: 43 – 47), welcher im Folgenden vorgestellt wird.
Vor etwa 50 Jahren entstand der Stakeholder-Ansatz aus der Kritik, dass sich Unternehmen zu einseitig auf die Interessen von Shareholdern, d. h. Eigenkapitalgebern bzw. Aktionären, fokussieren (vgl. Hermann 2005: 95; Oertel 2000: 6). Der im Deutschen meist mit Anspruchsgruppe übersetzte Begriff kann eng und weit gefasst werden. Die ursprüngliche, enge Definition stammt von einem Memorandum des Stanford Research Institute aus dem Jahr 1963 und beschreibt Stakeholder als „those groups without whose support the organization would cease to exist“ (Freeman 1984: 31). Gemeint sind Shareholder, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Gläubiger und die Gesellschaft. Diese Gruppen tragen in hohem Maß zur Wertschöpfung bzw. zum Erfolg eines Unternehmens bei. Dabei wird von einer einseitigen Beeinflussung der Stakeholder auf Unternehmen ausgegangen (vgl. ebd.: 31 f.). Es hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass Stakeholder und Unternehmen wechselseitig aufeinander wirken (vgl. Hermann 2005: 96). Freeman (1984: 46) versteht Stakeholder daher als „any group or individual who can effect, or is effected by the achievement of the organization’s objectives”. Diese Begriffsbestimmung erweitert den Kreis der Stakeholder um Wettbewerber, Medien, Behörden, Kommunen, Interessengruppen, usw. Beim Thema Nachhaltigkeit scheint die gegenseitige Einflussnahme von Unternehmen und Stakeholdern relevant, sodass der vorliegenden Arbeit das weite Verständnis zugrunde gelegt wird.
Obwohl sich die Literatur vor allem auf den Stakeholder-Ansatz von Freeman bezieht, erfährt dieser auch Kritik. Als zentrales Problem gilt der weite Begriff des Stakeholders, welcher sowohl Individuen und Gruppen als auch Organisationen umfasst. Zur Diskussion steht weiterhin häufig das Fehlen einer einheitlichen Definition. Schließlich wird kritisiert, dass der Ansatz nicht aussagt, wie ein Unternehmen in Konflikt stehenden Stakeholder-Ansprüchen gerecht werden kann (vgl. Raupp 2011b: 281 f.).
Haben Unternehmen ihre Stakeholder identifiziert, müssen sie anschließend deren Ansprüche kennen lernen und in langfristig strategisches Handeln umsetzen. Denn das Nachhaltigkeitskonzept stellt sie vor die Herausforderung, Entscheidungen unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten zu fällen. Dazu müssen Unternehmen viele Einflussfaktoren berücksichtigen, die sich womöglich ihrem Erfahrungsbereich entziehen. Folglich sind sie nicht in der Lage, ihre Nachhaltigkeitsstrategie alleine zu entwickeln. Denn eine Strategie, welche ohne die Einbeziehung der Gesellschaft konzipiert wird, kann missverstanden oder abgelehnt werden (vgl. Leitschuh-Fecht 2007: 605 – 608; Leitschuh-Fecht 2002: 34 f.).
Unternehmen sollten demnach regelmäßig mit Stakeholdern in den Dialog treten. Darin können sie diese nach ihren Erwartungen sowie Bewertungen der unternehmerischen Nachhaltigkeitsleistung und -kommunikation befragen. Darüber kann sichergestellt werden, dass Unternehmen die Ansprüche von Stakeholdern in ihre unternehmerische Planungen, Entscheidungen und Kommunikation einbeziehen. Entsprechend ist Nachhaltigkeit nicht ein geschlossenes Konzept, sondern ein gesellschaftlicher Such-, Lern- und Gestaltungsprozess. Bei der Auswahl der Dialog-Teilnehmer sollten Unternehmen beachten, nicht nur mit Befürwortern, sondern auch mit Kritikern zu kommunizieren (vgl. Leitschuh-Fecht 2007: 606 – 613; Michelsen 2007: 26 f.; Wehrspaun / Wehrspaun 2007: 58 f.; Leitschuh-Fecht 2002: 35 – 37). Da sich die Ansprüche von Stakeholdern teilweise widersprechen, können sie nicht alle Anforderungen vollständig zufrieden stellen. Unternehmen müssen dagegen die Ansprüche vieler Stakeholder zurückweisen, aber dies professionell kommunizieren, um sich dennoch deren Legitimation zu sichern (vgl. Leitschuh-Fecht 2007: 605; Mast / Fiedler 2007: 576).
Stakeholdergruppen kennzeichnen sich meist durch bestimmte Ansprüche, welche sie an die unternehmerische Nachhaltigkeitsleistung und -berichterstattung stellen. So interessieren sich Mitarbeiter vor allem für ihren Beruf, Lebensunterhalt sowie ihre Aufstiegschancen. Kunden erwarten insbesondere faire Konditionen und informieren sich daher sowohl über grundlegende Prinzipien als auch über Werte von Unternehmen. Darüber hinaus wünschen sich viele von ihnen eine Auskunft, inwieweit die Produkte umweltschonend und sozial verträglich hergestellt werden. Um die Risiken, welche z. B. in der pünktlichen Zahlung von Rechnungen liegen, abschätzen zu können, interessieren sich Lieferanten unter anderem für Nachhaltigkeitsinformationen. NGOs setzen sich z. B. für den Umweltschutz, Menschenrechte sowie Verbraucherinteressen ein und nutzen die Nachhaltigkeitsberichterstattung, um die Werte, Ziele und Leistungen von Unternehmen zu beurteilen. Investoren beschäftigen sich schließlich mit den Gewinnchancen sowie Risiken von Investments und sind daher auch an nachhaltigkeitsbezogenen Informationen interessiert (vgl. Walter 2010: 94 – 96; Oertel 2000: 13 – 15).
Wollen Unternehmen die Informationsbedürfnisse verschiedener Stakeholder befriedigen, müssen sie ihre Nachhaltigkeitsinformationen zielgruppengerecht kommunizieren. Der Begriff Zielgruppe stammt aus der Werbewirtschaft in der Marketinglehre. Darunter versteht man bestimmte Marktteilnehmer, „die ‚homogener’ auf kommunikationspolitische Maßnahmen reagieren als der Gesamtmarkt“ (Olbrich 2006: 178). „Zielgruppen sind also die Adressaten von PR- und Werbeaktivitäten. Sie werden nach strategischen oder taktischen Gesichtspunkten ausgewählt und angesprochen, sei es mit publicityträchtigen Mitteln oder auf die feine Art des Dialogs“ (Avenarius 2008: 180). Je nach theoretischem Ansatz und praktischen Erfordernissen erfolgt die Einteilung in Zielgruppen unterschiedlichen Kriterien (vgl. Mast 2013: 116). Da sich die Ansprüche an die Nachhaltigkeitsleistung und -berichterstattung von Unternehmen bei Stakeholdern in erster Linie durch ihre Beziehung zum Unternehmen bilden, erscheint dieses Merkmal für eine zielgruppengerechte Ansprache geeignet.
Maßgeschneiderte Stakeholder-Kommunikation, Interaktivität und ein verstetigter Dialog: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen unterliegt derzeit einem fundamentalen Wandel. Hierfür lassen sich zwei treibende Faktoren ausmachen: einerseits der Marktsog und andererseits der Technologieschub. Der Marktsog meint die heterogenen Informationsbedürfnisse und Mediennutzungspräferenzen sowie die gestiegenen Anforderungen an die Berichterstattung von Stakeholdern. Neben dem Marktsog trägt ein Technologieschub durch die Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnik zur Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bei. Denn das Internet ermöglicht Unternehmen eine rationelle Erstellung und Verwaltung sowie schnelle Verbreitung ihrer Berichte. Darüber hinaus kann eine internetgestützte Nachhaltigkeitsberichterstattung zielgruppengerecht, hypermedial, interaktiv und dialogorientiert aufbereitet werden (vgl. Isenmann / Marx Gómez 2008a: 17 – 19).
Unter internetgestützter Kommunikation wird „die Gesamtheit netzbasierter Kommunikationsdienste verstanden, die den einzelnen Kommunikationspartner via Datenleitung potenziell an weitere Partner rückkoppeln und ein ausdifferenziertes Spektrum verschiedenartiger Anwendungen erlauben“ (Rössler 2003: 504). Für den Begriff der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung ist diese Definition auf die Berichterstattung von Unternehmen über ihre ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungen einzugrenzen. Nach dem Ausschöpfungsgrad der medienspezifischen Potenziale des Internets lassen sich drei Berichtstypen identifizieren: Konvertierte, Web-basierte und Internet-basierte Berichte (vgl. Tabelle 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Isenmann 2007: 630
Tabelle 1: Berichtstypen der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung
Konvertierte Berichte sind gewissermaßen Kopien von Printberichten, die zur Präsentation im Internet in ein PDF- oder statisches HTML-Format umgewandelt werden. Durch ihre Ausrichtung auf Printmedien haben sie eine lineare Struktur. Auch Web-basierte Berichte orientieren sich an Printmedien, aber nutzen zumindest ansatzweise medienspezifische Potenziale des Internets. Als statische HTML-Dokumente weisen sie eine quasi-lineare Struktur auf. Durch einfache Verweise werden Nachhaltigkeitsinformationen miteinander verknüpft oder um weitere Informationen ergänzt. Internet-basierte Berichte nutzen schließlich die Internet-Technologie in allen Berichterstattungsprozessen. Medienübergreifend ausgerichtet sind sie durch ihr dynamisches HTML- oder XML-Format und ihre komplexen Verweise netzwerkartig strukturiert (vgl. Isenmann 2007: 629 f.).
Gegenüber einer printbasierten Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglicht das Internet erweiterte Informationen bereitzustellen sowie deren Zugang und Verständlichkeit zu verbessern. Darüber hinaus schafft es nicht nur die Voraussetzungen für einen interaktiven Informationsaustausch, sondern unterstützt auch den Dialog zwischen Unternehmen und Stakeholdern. Diese medienspezifischen Potenziale des Internets eröffnen Unternehmen große Chancen für eine zielgruppengerechte Stakeholder-Ansprache in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Allerdings birgt eine rein internetgestützte Nachhaltigkeitsberichterstattung im Vergleich zum Printbericht auch Herausforderungen in sich (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238 – 240; Herzig / Godemann 2010: 1067 – 1070).
Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen
Wollen sich Unternehmen die Legitimation von Stakeholdern sichern, sollten sie deren Informationsbedürfnisse in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung befriedigen (vgl. Behrens / Winter 2008: 241). Aufgrund der begrenzten Seitenanzahl sind unterschiedliche Ansprüche von Stakeholdern mit einem gedruckten Bericht nur eingeschränkt erfüllbar (vgl. Godemann / Herzig 2012: 237; Behrens / Winter 2008: 247; Franz 2008: 187; Isenmann 2005: 181). Aus dem gleichen Grund können Informationen aus vergangenen Berichtsperioden nur teilweise wiedergegeben werden, infolgedessen die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen im Zeitverlauf kaum bewertet werden kann. Da der Printbericht zu einem bestimmten Zeitpunkt über die nachhaltigkeitsbezogenen Ziele, Aktivitäten und Leistungen des Unternehmens Rechenschaft ablegt, ist dieser auch in seiner Aktualität eingeschränkt (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238; Herzig / Godemann 2010: 1067 f.; von Ahsen / Herzig / Pianowski 2006: 31).
Im Internet können Unternehmen hingegen Daten sowohl unbegrenzt als auch zeitnah veröffentlichen und dadurch ihre Nachhaltigkeitsleistung aktuell sowie ganzheitlich kommunizieren (vgl. Franz 2008: 196; Barth 2007: 266 – 268). Durch das Archivieren von Nachhaltigkeitsberichten aus vergangenen Berichtsperioden haben sie weiterhin die Möglichkeit, die Entwicklung ihrer Leistung aufzuzeigen (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238; Herzig / Godemann 2010: 1067 f.). Um die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu erhöhen, veröffentlichen diverse Institutionen Leitfäden, Richtlinien und Normen. Ein Vorreiter auf internationaler Ebene ist die Global Reporting Initiative (GRI). GRI „is a non-profit organization that works towards a sustainable global economy by providing sustainability reporting guidance” (Global Reporting Initiative 2013).
Stellen Unternehmen im Internet Nachhaltigkeitsinformationen zur Verfügung, begegnen sie der Herausforderung, dass Stakeholder die Informationen aktiv von der Webseite abrufen müssen (vgl. Wiechert 2001: 17). In der Nachhaltigkeitsberichterstattung setzt das bei Stakeholdern ein Interesse an ökonomischen, ökologischen oder sozialen Themen voraus.
Zugang zu Nachhaltigkeitsinformationen
Neben der Bereitstellung muss für Stakeholder der Zugang zu den von ihnen gewünschten Informationen erfüllt sein. Die vielen Nachhaltigkeitsthemen sowie die additive Behandlung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte können zu einem komplexen und umfangreichen Printbericht führen. Wird der Inhalt des Printberichts lediglich in das Internet verlagert, bleibt das Problem einer schwer überschaubaren Informationsfülle bestehen. Durch das Angebot zusätzlicher Informationen kann es sich noch verstärken. Inhalts- und Stichwortverzeichnisse sind im Printbericht weitgehend die einzigen Instrumente, mit denen Stakeholdern das Auffinden der gesuchten Informationen erleichtert werden soll (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238 f.; Herzig / Godemann 2010: 1067 f.).
Analog zur Printberichterstattung gibt es im Internet vergleichbare Ansätze, um Stakeholdern den Zugang zu gewünschten Informationen zu erleichtern. Ein medienspezifischer Vorteil liegt jedoch in der Hypertextualität. Dabei lassen sich interne und externe Verlinkungen unterscheiden: Interne Links verknüpfen die Informationen im Nachhaltigkeitsbereich sowohl innerhalb dieses Bereichs als auch mit weiteren Informationen auf der Unternehmenswebseite. Gängige Beispiele sind ein Link von der Homepage und dem Geschäftsbericht auf den Nachhaltigkeitsbereich sowie eine verlinkte Sitemap zur Navigation. Demnach können interne Links die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen verdeutlichen und individuelle Informationsbedürfnisse der Nutzer besser erfüllen. Demgegenüber verknüpfen externe Links die Informationen im Nachhaltigkeitsbereich mit anderen Internetseiten. Auf diese Weise können die Informationen von Unternehmen in einen Kontext gestellt sowie durch weiterführende Informationen eine bessere Verständlichkeit erreicht werden (vgl. Giese et al. 2012: 24 – 26, 29). Erleichtert werden kann das Auffinden von Informationen im Internet ferner durch Suchfunktionen oder Visualisierungen, wie Tag Clouds, die Stakeholder auf häufig abgefragte Informationen lenken (vgl. Godemann / Herzig 2012: 238 f.; Herzig / Godemann 2010: 1067 f.).
Hinsichtlich des Zugangs zu Nachhaltigkeitsinformationen, stehen Unternehmen in der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung der Herausforderung gegenüber, dass Stakeholder auf die Informationen auch zugreifen können. Kommunikationsbarrieren liegen vor allem im Digital Divide Phänomen, nach dem bestimmte Stakeholder vom Internet ausgrenzt sind, und in Lesegewohnheiten, die in der Nutzung von Printmedien angeeignet wurden (vgl. Giese et al. 2012: 12; Godemann / Herzig 2012: 242; Isenmann 2007: 631).
Verständlichkeit von Nachhaltigkeitsinformationen
Bereitgestellte Nachhaltigkeitsinformationen müssen für Stakeholder nicht nur zugänglich, sondern auch verständlich sein. Dies stellt für Unternehmen eine Herausforderung dar, weil die Themen häufig sehr komplex und schwer wahrnehmbar sind (vgl. Mast / Fiedler 2007: 569 – 573). Stakeholder unterscheiden sich in ihrem Vorwissen, ihren Präferenzen zur Darstellung von Informationen sowie ihren Informationsbedürfnissen. Aus diesen Gründen sollten Unternehmen für ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung eine enge Zielgruppe bestimmen. Um einen Printbericht nutzerfreundlich und übersichtlich zu gestalten, werden in Leitfäden vor allem Vorschläge zur Berichtsgliederung sowie Hinweise zur grafischen Gestaltung gegeben oder die Erläuterung von Begriffen in einem Glossar empfohlen.
Auch im Internet existieren grundlegende Anforderungen an die Gestaltung von Texten und Webseiten, z. B. in Form von Absätzen, Überschriften oder Hervorhebungen. Darüber hinaus kann die Verständlichkeit über Hyperlink-Verknüpfungen erhöht werden. Einerseits ermöglichen sie Nutzern eine individuelle Informationsabfrage sowie eine verständlichere Darstellung von Zusammenhängen. Andererseits erhöhen Verlinkungen den Nutzen von Instrumenten zur Verbesserung der Informationsverständlichkeit, die auch im Printbericht zum Einsatz kommen, z. B. von Glossaren (vgl. Godemann / Herzig 2012: 239; Herzig / Godemann 2010: 1068 f.). Ein weiterer Vorteil des Internets ist die mediale Aufbereitung von Informationen in Form von Audios, Videos, Podcasts oder interaktiven Tools. Diese ermöglicht eine anschauliche Darstellung von den im Nachhaltigkeitskonzept typischen komplexen Wechselwirkungen zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten (vgl. Isenmann 2007: 628).
Das wahrscheinlich höchste Maß der zielgruppengerechten Stakeholder-Ansprache im Internet können Unternehmen durch das Angebot von personalisierten Nachhaltigkeitsberichten erreichen. Dabei haben Stakeholder die Möglichkeit, den Inhalt, das Format sowie den Zeitpunkt der Berichterstellung selbst zu bestimmen. Die gewünschten Inhalte werden aus einer umfassenden Datenbasis extrahiert und in der bevorzugten Darstellung zu einem Bericht zusammengefügt (vgl. Isenmann / Marx Gómez 2008b: 337). Bezeichnet wird diese Form der Berichterstattung häufig als „Customized Reporting“ (vgl. Isenmann / Kim 2006: 541 f.; Isenmann 2005: 182 f.). Unternehmen begegnen dabei der Herausforderung, die Kontrolle über die Vermittlung ihrer Informationen zu verlieren (vgl. Godemann / Herzig 2012: 241).
Dialogmöglichkeiten zwischen Unternehmen und Stakeholdern
Einer der zentralen Unterschiede zwischen einer printbasierten und einer internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung liegt in den Kommunikationsmöglichkeiten von Unternehmen und Stakeholdern. Auch für die Gestaltung des Printberichts werden zwar im Dialog mit Stakeholdern deren Informationsbedürfnisse, Einstellungen und Erwartungen ermittelt. Ihre Einbindung dient jedoch vor allem der Berichterstellung. Darüber hinaus beschränken sich die Möglichkeiten, mithilfe dem Nachhaltigkeitsbericht einen Dialog zu initiieren, weitestgehend auf die Nennung von Kontakten und die Bitte, ein Feedback zum Bericht oder zur Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens abzugeben (vgl. Godemann / Herzig 2012: 239; Herzig / Godemann 2010: 1069; Behrens / Winter 2008: 247).
Viel breiter ist dagegen das Kommunikationsspektrum der internetgestützten Nachhaltigkeitsberichterstattung. So können Stakeholder mit Ansprechpartnern von Unternehmen über die Webseite oder Social Media Plattformen in den Dialog treten. Weiterhin ermöglicht das Internet zentrale Begriffe sowie häufige Fragen in einem Glossar und Frequently Asked Questions (FAQ) zu klären als auch Themen in Foren zu diskutieren. Unternehmen können Stakeholder auf verschiedene Weise um ein Feedback zu ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung und -leistung bitten, z. B. über Mails, Umfragen und Gästebücher. Im Dialog mit Stakeholdern haben sie die Möglichkeit, deren Ansprüche sowie Informationsbedürfnisse kennen zu lernen sowie in ihrem Handeln und ihrer Kommunikation zu berücksichtigen (vgl. Godemann / Herzig 2012: 239 f.; Brugger 2010: 192; Herzig / Godemann 2010: 1069). Die Herausforderungen der Einbindung von Social Media in die Nachhaltigkeitsberichterstattung liegen vor allem in der Wahl der Plattform, im Datenschutz und Kontrollverlust über die Informationen (vgl. Hempelmann 2010: 40 – 45). Kommunikationsverantwortliche müssen in die Aktualisierung, Recherche und Bearbeitung von Beiträgen außerdem Arbeitszeit investieren (vgl. ebd. 82).
Die diskutierten Chancen und Herausforderungen des Internets für die zielgruppengerechte Stakeholder-Ansprache gegenüber dem Printbericht sprechen derzeit für eine Cross-Media-Berichterstattung. Charakteristisch ist dabei folgende Arbeitsteilung: Im Printbericht werden in Kürze die Nachhaltigkeitsleistung, ihre organisatorische Verankerung im Unternehmen und wichtige Daten dargestellt. Dagegen lassen sich im Internet weiterführende Inhalte zielgruppengerecht aufbereiten und die Stakeholder zum Dialog einladen. Während Unternehmen früher ausschließlich einen Printbericht veröffentlichten, nutzen sie heute durch die Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnik zunehmend das Internet, das sich künftig als primäres oder einziges Medium der Nachhaltigkeitsberichterstattung durchsetzen dürfte (vgl. Behrens / Winter 2008: 247 – 250; Isenmann / Bey / Welter 2007: 490 – 498; Isenmann 2005: 174 – 180).
[...]