Bachelorarbeit, 2016
63 Seiten, Note: 1,3
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Formelzeichen/Maßeinheiten
1 Einleitung
2 Grundlagen des transatlantischen Handels
2.1 Außenhandelsbeziehungen der Automobilindustrie
2.1.1 Einführung
2.1.2 Deutsche Handelsbeziehungen innerhalb der EU
2.1.3 Deutsche Handelsbeziehungen außerhalb der EU
2.2 Handelshemmnisse
2.2.1 Tarifäre Handelshemmnisse
2.2.2 Nicht tarifäre Handelshemmnisse
2.2.3 Investitionsschutz
2.3 Historische Einordnung bilateraler Freihandelsabkommen
2.4 Bestehende Freihandelsabkommen der EU
3 Grundzüge deutscher Automobilstrukturen
3.1 Begriffsabgrenzung der relevanten Akteure
3.2 Charakteristika der Automobilhersteller
3.2.1 Deutsche Automobilhersteller im internationalen Vergleich
3.2.2 Die Bedeutung des Exports für deutsche Automobilhersteller
3.3 Charakteristika der Zulieferunternehmen
3.4 Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Automobilindustrie für die deutsche Volkswirtschaft
3.5 Geltende Standards im transatlantischen Vergleich
3.5.1 Umweltstandards
3.5.2 Technische Vorschriften
4 Auswirkungen einer transatlantischen Partnerschaft für die deutsche Automobilindustrie
4.1 Chancen und Risiken für Automobilhersteller
4.2 Chancen und Risiken für die Zulieferunternehmen
4.3 Der Fall Volkswagen
4.4 Auswirkungen auf Drittländer
4.5 Auswirkungen auf die Konsumenten
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Struktur der Akteure in der Automobilindustrie
Abbildung 2: Weltweite Produktions- und Absatzstruktur deutscher OEMs
Abbildung 3: Technische Normen im transatlantischen Vergleich
Abbildung 4: Umsatzentwicklung bedeutender Automobilhersteller
Tabelle 1: Handelsverflechtungen innerhalb der EU
Tabelle 2: Handelsverflechtungen außerhalb der EU
Tabelle 3: Zollsätze zwischen der EU und den USA auf dem Automobilsektor
Tabelle 4: Handelsbeziehungen der 20 wichtigsten Partner der EU
Tabelle 5: Deutsche OEMs im internationalen Vergleich
Tabelle 6: Die größten deutschen Automobilzulieferer
Tabelle 7: EU-Emissionsstandards für PKW (Euro VI)
Tabelle 8: US-Emissionsstandards nach EPA für PKW
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Multilaterale Handelsliberalisierungen im Rahmen der WTO sind seit Abschluss der Uruguay-Runde in den Hintergrund gerückt. Stattdessen entwickelt sich ein Trend in Richtung regionaler bzw. bilateraler Handelskooperationen. Die Europäische Union (EU) hat diese Bewegung wahrgenommen und verabschiedet im Rahmen einer neuen Handelspolitik vermehrt bilaterale Handelsabkommen.[1]
Seit Juni 2013 befindet sich die EU gemeinsam mit den USA in Verhandlungenüber die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Diese Partnerschaft soll den Grundstein für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union im globalen Zusammenhang manifestieren. Dabei soll das Hauptaugenmerk der Vereinbarungen auf dem Abbau protektionistischer Handelshemmnisse liegen, die den Unternehmen im globalen Handel die größten Schwierigkeiten bereiten. Die deutsche Automobilindustrie ist von den Handelshemmnissen ebenfalls betroffen und hofft vor allem auf eine Einigung der nicht tarifären Handelshemmnisse. Darüber hinaus sind Zolleliminierungen geplant, die bei den Automobilherstellern und Zulieferern aktuell im internationalen Warenverkehr pro Jahr Kosten in Milliardenhöhe verursachen.[2] Die zunehmende Konkurrenz der BRICS-Staaten, vor allem aus China und Russland, führt dazu, dass die deutschen Fahrzeugbauer einem starken Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Die transatlantische Partnerschaft soll diesbezüglich sicherstellen, dass der traditionelle Industriesektor im globalen Wettbewerb weiterhin führend und bestimmend bleibt.
Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit ein relevanter Sachverhalt diskutiert. In diesem Rahmen wird in der Arbeit die These untersucht, dass die Liberalisierung des transatlantischen Handels positive Effekte für die deutsche Automobilindustrie mit sich bringt.
In einem ersten Schritt bedarf es einer Darstellung grundlegender transatlantischer Handelsgegebenheiten. Neben den Außenhandelsbeziehungen, die für die deutsche Automobilindustrie relevant sind, werden die aktuellen Handelshemmnisse dargestellt.
Vervollständigt wird dieser Abschnitt mit einer historischen Entwicklung der Ideologie des freien Handels und den bereits bestehenden Freihandelsabkommen der EU.
Kapitel drei gibt einen aktuellen Einblick in die Geschehnisse der Automobilindustrie. Speziell wird eine Unterscheidung der relevanten Akteure durchgeführt. In einem nächsten Schritt werden die jeweiligen Akteure durch ihre Marktstellung und ihre Stärken und Schwächen charakterisiert. Weiterhin wird in diesem Abschnitt die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Automobilindustrie für die deutsche Volkswirtschaft dargestellt und mit einem Vergleich transatlantischer Standards in diesem Geschäftsfeld abgeschlossen.
Im vierten Kapitel werden die Chancen und Risiken für die relevanten Akteure lokalisiert und im gesamtwirtschaftlichen Kontext analysiert. Neben den Hauptakteuren des Automobilsektors werden weiterhin makroökonomische Auswirkungen analysiert und im Kontext der deutschen Automobilindustrie dargestellt. Außerdem werden in einem weiteren Schritt Auswirkungen auf die Konsumenten untersucht.
Am Ende der vorliegenden Arbeit erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Fazit zu den Chancen und Risiken, welche TTIP für die deutsche Automobilindustrie birgt.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken zu untersuchen, die sich aus dem transatlantischen Freihandelsabkommen für alle relevanten Akteure der deutschen Automobilindustrie ergeben.
Im Zuge der fortlaufenden Globalisierung ist eine gemeinsame EU-Handelspolitik für die einzelnen Mitgliedsstaaten unabdingbar geworden. Mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Jahr 2009 fällt die Zuständigkeit der nationalen Handelspolitik jedes Mitgliedsstaates in den Machtbereich der Europäischen Union. Somit ist es der Europäischen Kommission nach Artikel 207 AEUV erlaubt, Freihandelsabkommen mit anderen Volkswirtschaften global zu verhandeln und abzuschließen.[3] Im Juni 2013 erhielt die Kommission das Mandat zur Verhandlungüber eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.[4] Dabei ist das Hauptaugenmerk der Verhandlungen auf die Beseitigung der noch bestehenden Handelshemmnisse gerichtet.
Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen der EU und den USA ist stark ausgeprägt. Insgesamt wurden im Jahr 2013 Waren im Wert von 288 Mrd. Euroüber den Atlantik exportiert. Dies machte rund 18 Prozent der gesamten Exporte der EU aus.[5] Deutschland spielt dabei eine entscheidende Rolle. Auf die Bundesrepublik entfallen 30 Prozent der Gesamtausfuhren. In die USA exportierten die deutschen Unternehmen Waren im Wert von rund 88 Mrd. Euro. Der Automobilsektor, bestehend aus Kraftwagen und Kraftwagenteilen, umfasste dabei etwa 30 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren. Damit sind die USA für den deutschen Automobilexportmarkt das Abnehmerland Nummer eins. Dies zeigt, in welch hohem Ausmaß die Bundesrepublik exportorientiert ist. Gleichzeitig macht diese Tatsache auch deutlich, wie stark die deutschen Märkte abhängig sind von der Weltkonjunktur und der Globalisierung. Dies zeigen nicht zuletzt auch die Auswirkungen der Finanzkrise im Jahr 2009. Durch den Einbruch der globalen Konjunktur und der damit einhergehenden Rezession gab es massive Rückgänge in den Exportmärkten. Die EU verzeichnete Exportverluste vonüber 30 Prozent in der Automobilindustrie.[6] Davon waren vor allem die deutschen Fahrzeugbauer betroffen. Mit den darauffolgenden Konjunkturprogrammen sollte der deutsche Binnenmarkt gestärkt werden, um die schwachen Absatzzahlen aus dem Ausland zu kompensieren. Nicht nur aus diesem Grund ist eine tiefgreifende Diskussionüber die möglichen Auswirkungen einer neuen transatlantischen Handelszone sinnvoll und wichtig für die Autonation Deutschland.
Meinungen darüber, dass die Bundeskanzlerin mit einem umfassenden Abkommen nur die deutsche Automobilindustrie retten wolle[7], treten dabei immer wieder in den Vordergrund der Diskussionen.
Im folgenden Kapitel werden die Handelsbeziehungen der deutschen Automobilpartner dargestellt und näher erläutert.
Trotz der starken Exportnachfrage aus den USA repräsentiert der Wirtschaftsraum der Europäischen Union den größten Absatzmarkt für Waren „Made in Germany“.über die gesamten Wirtschaftsbereiche hinweg wurden im Jahr 2013 Waren- und Dienstleistungen im Wert von 1.093 Mrd. Euro aus dem Land exportiert und gleichzeitig Güter im Wert von 898 Mrd. Euro importiert.[8] Etwa 60 Prozent der Ausfuhren werden regelmäßig in die EU geliefert und abgesetzt.
Der Grubel-Lloyd-Index gibt an, in welchem Maße die einzelnen Länder in ein und demselben Sektor Handel miteinander betreiben. Diese spezielle Art internationaler Wirtschaftsbeziehung wird als „intra-industrieller Handel“ bezeichnet.[9]
Die Theorie geht zurück auf Grubel und Lloyd im Jahr 1975 und kann als eine Gegentheorie zum klassischen komparativen Kostenvorteil betrachtet werden.[10]
Die Theorie des komparativen Kostenvorteils besagt, dass ein Land A nur die Güter herstellt und verkauft, für die ein Kostenvorteil besteht gegenüber einem anderen Land B. Sollte sich Land B dazu entschließen, ebenfalls nur die Güter herzustellen, für die ein Kostenvorteil vorliegt, können sich beide Volkswirtschaften der Produktion „ihrer“ Güter beschränken.[11]
Die Spezialisierung führt dazu, dass die Produktivität stetig hoch ist, da alle Produktionsfaktoren sich auf ein einzelnes Gut konzentrieren. Die erhöhte Produktivität fördert den internationalen Handel zwischen Land A und Land B.[12] (Vgl. Kap. 2.1.3).
Intra-industrieller Handel liegt vor, wenn ein Land Waren oder Dienstleistungen aus ein und demselben Wirtschaftssektor importiert und exportiert.[13] Die Wirtschaftswissenschaftler Grubel und Lloyd haben zur Quantifizierung des intra-industriellen Handels eine Formel (1) entwickelt, die in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, um die wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb des Europäischen Binnenmarktes zu erklären.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Grubel/Lloyd (1971) The empirical measurement of intra-industry trade“, S. 496.)
Der Grubel-Lloyd-Index kann dabei Werte von 0 bis 1 annehmen. Tendiert der Index zum Wert 1, ist dies ein Anzeichen für intra-industriellen Handel. Sollte der Index eher zum Wert 0 tendieren, spricht dies für inter-industriellen Handel, welches gleichzeitig ein Anzeichen für das Theorem des komparativen Kostenvorteils darstellt.[14]
Tabelle 1 illustriert die wichtigsten deutschen Handelspartner in der Automobilindustrie beginnend mit den Ländern, die die höchsten Ausfuhrwerte von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen im Jahr 2013 aufweisen. Insgesamt wurden im Jahr 2013 Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile im Wert vonüber 190 Mrd. Euro in die gesamte Welt exportiert. Knapp 50 Prozent davon wurden in die Länder der Europäischen Union geliefert. Dies verdeutlicht, welchen Stellenwert der Europäische Binnenmarkt für die deutschen Fahrzeugbauer hat. Wichtigster Abnehmer 2013 war Großbritannien. Allein nach Großbritannien wurden 10 Prozent der gesamten Kraftfahrzeuge inklusive Kraftfahrzeugteile geliefert. Frankreich ist zweitwichtigster Abnehmer deutscher Fahrzeuge, Italien liegt an dritter Stelle.
Tabelle 1: Handelsverflechtungen innerhalb der EU
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus enterprise europe Bayern, <http://www.een-bayern.de/een/inhalte/Unser-Service-fuer-Sie/Auslandsmarkterschliessung/Laender/Warenkategorien/kat/GP09-29/Kraftwagen%20und%20Kraftwagenteile/#>, abgerufen: 11.01.2016.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
*Die Rangfolge bezieht sich auf das Exportvolumen des jeweiligen Landes.
**Eigene Berechnung.
Die größten Abnehmer sind aber auch die größten Lieferanten. Die Einfuhren aus der Europäischen Union stellen knapp 70 Prozent der gesamten Einfuhren im Automobilsektor dar. Begründet werden kann dies vor allem mit der Tatsache, dass der Handel in der deutschen Automobilindustrie von intra-industrieller Natur ist innerhalb der EU. Die internationalen Handelsbeziehungen nehmen durch die eingangs erwähnten Globalisierungseffekte in hohem Maße zu und gewinnen an Bedeutung. Es kommt daher regelmäßig vor, dass die eigentlichen deutschen Waren im Ausland weiterverarbeitet und danach wieder zurückgeliefert werden.[15]
Der Grubel-Lloyd-Index ist in der vorliegenden Arbeit als empirischer Beweis zu bewerten. Alle europäischen Handelspartner weisen einen Grubel-Lloyd-Index nahe 1 auf.
Interessant ist ebenfalls die Tatsache, dass Deutschland in seinem stärksten Industriezweig bei einigen europäischen Wirtschaftspartnern, wie Spanien, Österreich und vor allem mit der Tschechischen Republik sowie mit der Slowakei und Ungarn, negative Leistungsbilanzen aufweist. Das heißt, dass die Importe größer sind als die Exporte im Bereich Kraftfahrzeuge und Kraftfahrtteile. Dies könnte daran liegen, dass etwa in der Slowakei mehr Autos produziert werden auf 1.000 Einwohner als in jedem anderen EU-Mitgliedsstaat.[16] Daher könnte ein tiefgreifendes Freihandelsabkommen mit den USA, außer in Deutschland auch in Ländern wie Spanien, der Tschechischen Republik und der Slowakei, zu Handelseffekten in der Automobilindustrie führen, die wiederum Auswirkungen auf die deutschen Handelsbeziehungen zu ihren europäischen Partnerländern haben können.
Die Ausfuhren außerhalb der Europäischen Union umfassen weitere 50 Prozent des deutschen Außenhandels in der Fahrzeugbranche. Die USA sind der wichtigste Handelspartner. Rund 14 Prozent der gesamten Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten. China ist der zweitwichtigste Abnehmer deutscher Fahrzeuge. An dritter Stelle liegt Russland, Japan ist viertwichtigster Abnehmer. Die Türkei ist an fünftwichtigster Stelle deutscher Fahrzeug-Exporte. Ebenfalls von wichtiger Bedeutung für den deutschen Außenhandel sind die Schweiz, Südkorea, Südafrika, Kanada, Australien, Mexiko, Brasilien. Der Handel mit den USA ist für den deutschen Automobilmarkt, wie die Tabelle 2 zeigt, von sehr hoher Wichtigkeit. Ebenfalls ist in der Tabelle erkennbar, dass die deutschen Autos in den BRICS-Staaten, wie China, Russland, Südafrika und Brasilien, ziemlich beliebt sind. Der Handel mit den Schwellenländern ist hierbei auch nicht von intra-industrieller Natur wie bei den europäischen Nachbarn, sondernüberwiegend von inter-industrieller Handelsnatur. Vor allem am Handel mit Russland ist dies zu erkennen. Russland, als drittwichtigster Abnehmer deutscher Kraftfahrzeuge, ist kein essentieller Handelspartner, wenn es um Importe von Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrteilen geht. Der Handel mit Russland ist durch die klassische Arbeitsteilung gekennzeichnet. Russland ist ein wichtiger Erdöl- und Erdgas-Lieferant. Mit einem Volumen von fast 30 Mrd Euro ist Russland der wichtigste deutsche Energieversorger.[17] Ein Blick auf den Grubel-Lloyd-Index bekräftigt die Theorie des inter-industriellen Handels. Im Umkehrschluss bedeutet dies ebenfalls, dass die internationalen Handelsbeziehungen mit Russland dem Theorem des komparativen Kostenvorteils gleichen. Dies gilt ebenfalls für den Handel mit China, Kanada, Australien, Brasilien.
Tabelle 2: Handelsverflechtungen außerhalb der EU
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten aus enterprise europe Bayern, http://www.een-bayern.de/een/inhalte/Unser-Service-fuer-Sie/Auslandsmarkterschliessung/Laender/Warenkategorien/kat/GP09-29/Kraftwagen%20und%20Kraftwagenteile/#, abgerufen: 11.01.2016.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
*Die Rangfolge bezieht sich auf das Exportvolumen des jeweiligen Landes.
**Eigene Berechnung.
Die wichtigsten Handelspartner deutscher Importe sind die USA, Japan, Türkei, Südkorea und Mexiko. Auch hier ist der Grubel-Lloyd-Index wieder als Indikator für den intra-industriellen Handel zu erkennen. Der Handel mit Ländern wie den USA, Japan oder Mexiko hat noch eine zusätzliche Besonderheit. Er verläuft nicht nur intra-industriell, sondern oftmals als „Intrafirmenhandel“. Das bedeutet, dass der internationale Handel zwischen verbundenen Unternehmen stattfindet, beispielsweise durch Mutter-Tochter-Gesellschaftsbeziehungen.[18] Besonders mit den USA ist der Intrafirmenhandel in der Fahrzeugbranche ausgeprägt.über 80 Prozent des Handels verläuftüber die firmeninternen Strukturen.[19]
Ein wesentlicher Bestandteil der Verhandlungen zwischen der EU und den USA beinhaltet den Abbau der tarifären Handelshemmnisse. Unter tarifären Handelshemmnissen versteht man die Zölle, die als klassisches Instrument für Marktzugangsbarrieren von Ländern eingesetzt werden, um ihre heimische Wirtschaft vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen.[20] Zölle wirken dabei als eine Art indirekte Steuer auf Produkte aus dem Ausland, welche die Unternehmen an den Staat weiter abführen, ähnlich wie bei der Mehrwertsteuer.[21]
Grundsätzlich sind die Zölle zwischen der EU und den USA auf einem niedrigen Niveau angesiedelt. Eine Ausnahme stellt jedoch die Automobilindustrie dar. Die tarifären Handelshemmnisse, also die Zölle in dem Bereich Personenkraftwagen (PKW), Kleintransporter, Lastkraftwagen (LKW) und Autoteile, sind noch immer auf einem hohen Niveau. Tabelle 3 veranschaulicht die beidseitigen Zollbestimmungen. Auffällig ist vor allem die Tatsache, dass die Einfuhrzölle der Europäischen Union höher sind als die der USA. Besonders für PKWs ist dies zu beobachten. Bei Kleintransportern veranschlagen die USA deutlich höhere Zölle. Die Zölle auf LKW und auf Autoteile sind zusammen auf einem ähnlichen Niveau auf beiden Seiten des Atlantiks.
Tabelle 3: Zollsätze zwischen der EU und den USA auf dem Automobilsektor
(Quelle: Kolev (2015), TTIP: Challenges and Opportunities for the European Automotive Industry, S. 15.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Summe zahlen die deutschen Unternehmen im Automobilbereich eine Milliarde Euro Zölle in die USA pro Jahr.[22]
Eine Harmonisierung dieser Zollbarrieren ist ein wesentliches Interesse der deutschen Automobilunternehmen, da sie diese eingesparten Kosten für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten einsetzen könnten.[23]
Festzuhalten ist, dass ein umfassender Zollabbau für die deutschen Automobilhersteller und Zulieferer durchaus positive Effekte mit sich bringt. Die Effekte machen sich in Form von monetären Mitteln bemerkbar, die durch die Zollliberalisierung direkt im Unternehmen verbleiben können oder für anderweitige Investitionen zur Verfügung stehen. Eine ausschließliche Zolleliminierung ist in den meisten Branchen zu wenig, um echte Handelsschaffungseffekte herbeizuführen. In den meisten veröffentlichten Studien wird eindringlich darauf hingewiesen, dass ein Freihandelsabkommen unter dem besonderen Gesichtspunkt der Zolleliminierung kaum bis gar keine positiven handelsschaffenden Effekte für die transatlantischen Volkswirtschaften nach sich zieht.[24] Die Automobilindustrie profitiert jedoch trotzdem proportional von einer Zollliberalisierung. Da die Zollsätze für Autos und Autoteileüber den Durchschnittszöllen der anderen Branchen liegen, ist es durchaus möglich, dass weitere positive Effekte für den deutschen Automobilexportmarkt zu erwarten sind. Bei den meisten Branchen ist es von noch größerer Bedeutung, eine Einigung in der Harmonisierung in Form von nicht tarifären Handelsbeschränkungen zu erreichen, die im folgenden Abschnitt dargestellt werden.
Neben den Zöllen als tarifäres Handelshemmnis gibt es nicht tarifäre Handelshemmnisse (NTH), die im Laufe der letzten Jahrzehnte eine immer entscheidendere Rolle bei Verhandlungen um bilaterale Handelsabkommen spielen. NTH sind eine Sonderform des Protektionismus, da sie, anders als Zölle, schwieriger zu quantifizieren sind.[25] Außerdem ist eine weitere Besonderheit, dass die NTH nur in einigen Sektoren zur Geltung kommen, wie der Automobilindustrie, der Stahlindustrie, der Textilproduktion und im Agrarbereich.[26]
Bei dieser Form des Protektionismus geht es um unmittelbare Handelsbeschränkungen mit diversen Maßnahmen, wie[27]
- Mengenbeschränkungen (Kontingente)
- administrative Beschränkung
- technische und rechtliche Handelshemmnisse
- Subventionen
- Ursprungsregelungen
- sonstige Beschränkungen
Im Folgenden werden diese Maßnahmen des nicht tarifären Protektionismus näher beschrieben.
Mengenbeschränkung
Ein wichtiges Instrument zur Sicherung der heimischen Märkte besteht in den Kontingentbestimmungen. Sie umfassen Import-, Export- und freiwillige Exportbeschränkungen. Darunter versteht man die quantitative Begrenzung eines Landes für eine bestimmte Ware im internationalen Handel, um die Marktsituation der Unternehmen im eigenen Land zu verbessern.[28]
Freiwillige Exportbeschränkungen werden im Rahmen bilateraler Handelsabkommen eingesetzt, um die Unternehmen der Vertragsparteien „freiwillig“ zu verpflichten, sich in einem bestimmten Zeitraum an quantitative Begrenzungen zu halten. Die Unternehmen akzeptieren oftmals diese Einschränkung aus zwei Gründen. Zum einen wird den Unternehmen ein Markt mit einem gewissen Spielraum angeboten. Andererseits befürchten Unternehmen bei einer Nichteinhaltung dieser Kontingente Importbeschränkungen des Partnerlandes, die weitreichendere Folgen nach sich ziehen könnten.[29]
Administrative Beschränkung
Unter administrativen Beschränkungen im internationalen Warenverkehr fallen eine Vielzahl von nationalen Maßnahmen, die dem Schutz menschlichen Lebens, der Gesundheit und Umwelt dienen. Darunter fallen ebenfalls Menschenrechte, geltende nationale Sicherheitsvorschriften und die Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließlich an inländische Unternehmen.[30] Die unterschiedlichen nationalen Vorschriften stellen ein besonderes Handelshemmnis für deutsche Automobilunternehmen dar. Deutsche Fahrzeuge können nicht ohne Weiteres in den USA zugelassen werden. Deshalb sind Unternehmen gezwungen, ihre Autos für den amerikanischen Markt anzupassen, was mit hohen Kosten verbunden ist, die sonst in anderen Bereichen des Unternehmens eingesetzt werden könnten, wie zum Beispiel in eine Verbesserung der Technologie oder für neue Arbeitsplätze.[31]
Technische und rechtliche Handelshemmnisse
Die technischen und rechtlichen Handelshemmnisse entsprechen einer Sammlung von vielen verschiedenen Bräuchen und Traditionen im handelsbezogenen Umgang mit bestimmten Waren oder Dienstleistungen, die von nationaler Bedeutung sind. Sie umfassen Qualitätsnormen, Standardnormen, Auszeichnungs- und Markierungspflichten und Inhalts- und Verpackungsvorschriften.[32] Für die Automobilindustrie sind die technischen Handelshemmnisse von besonderer Bedeutung, da die europäischen Standards häufig nicht den amerikanischen Standards gleichen. So müssen beispielsweise deutsche Fahrzeugbauer häufig Anpassungen durchführen, um ein Auto in den USA verkaufen zu können (vgl. Kapitel 3.5).
Subventionen
Im Zusammenhang mit nicht tarifäten Handelshemmnissen versteht man unter Subventionen staatliche Zuschüsse in Form von monetären Mitteln an die exportorientierten Unternehmen. Diesen sogenannten Exportsubventionen stehen die Ausfuhrsteuern gegenüber. Während die Exportsubventionen darauf ausgerichtet sind, den inländischen Produzenten bessere Marktchancen national und international einzuräumen, bewirken die Ausfuhrsteuern das Gegenteil. Der Staat verlangt eine Abgabe in Form von Steuermitteln, um die Ausfuhr eines bestimmten Produktes in andere Länder zu beschränken.[33]
Ursprungsregelungen
Die zunehmende intra-industrielle Verflechtung zwischen Unternehmen mehrerer Volkswirtschaften benötigt besondere Aufmerksamkeit bei den Verhandlungen um ein Ursprungszertifikat. Ursprungsregeln legen fest, wie hoch der prozentuale Anteil an einem Produkt mindestens in einem Land produziert oder verarbeitet werden muss, um beispielsweise das Label „Made in Germany“ darauf platzieren zu dürfen.[34] Im Rahmen von bilateralen Handelsabkommen werden die Regeln zu Ursprungszertifikaten individuell zwischen den beteiligten Volkswirtschaften verhandelt, sodass kein globales Gesetz diesbezüglich existiert. In diesem Zusammenhang ist auch die Rede vom „Spaghetti-bowl“-Effekt.[35] Durch die Vielzahl der existierenden und der noch zu erwartenden bilateralen Handelsabkommen werden immer neue und verschiedene Modelle und Methoden entwickelt, um die Ursprungsregeln zu verankern. Diese Vorgehensweise erschwert zum einen den multilateralen Harmonisierungsprozess der WTO und zum anderen können Ursprungsregeln auch als protektionistische Maßnahmen ausgenutzt werden, welche die Transaktionskosten der betreffenden Unternehmen erhöhen.[36]
Die europäischen und amerikanischen Methoden zur Ursprungsdefinition sind sich in gewisser Weise ähnlich, weichen aber in einigen Eigenschaften voneinander ab, sodass nicht zu erwarten ist, dass im Rahmen von TTIP eine Entscheidung zugunsten der europäischen oder amerikanischen Methode getroffen wird. Vielmehr wird eine „Wahlfreiheit“ für das eine oder andere Modell gefordert, um so eine Harmonisierung im Bereich der Ursprungsregeln zu erreichen.[37] An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass die Ursprungsregeln auch für Zollabwicklungen von entscheidender Bedeutung sind.
Die dargestellten nicht tarifären Handelshemmnisse sind nur ein kleiner Auszug von möglichen Maßnahmen, die von staatlicher Seite ergriffen werden können. Tatsächlich ist es möglich, weitere handelseinschränkende Maßnahmen zu implementieren, um die heimischen Unternehmen vor zu starker ausländischer Konkurrenz zu schützen. Anders als Zölle sind nicht tarifären Handelshemmnisse auf eine gewisse Art „unfair“, da Zölle durch einen bestimmten prozentualen Anteil mittelbar verteuert und dann an die Konsumenten weitergegeben werden. Nicht tarifäre Handelshemmnisse hingegen wirken eher im Unscheinbaren und sind deshalb auch nur schwer zu quantifizieren. Dieser „Zusatzzoll“ ist in der Automobilindustrie erheblich höher als der eigentliche Zoll. Man geht von einer zusätzlichen Zollaufwendung von 25,5 Prozent für die EU und 26,8 Prozent für die US-Wirtschaft aus.[38]
Der Umstand der hohen zusätzlichen Belastung ist speziell für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) eine Herausforderung, die diese hohen Kosten nicht tragen können und so weitestgehend vom exportorientieren Markt verdrängt werden.[39]
In diesem Sinne müssen die nicht tarifären Handelshemmnisse für beide Volkswirtschaften befriedigend harmonisiert werden, damit auch der deutsche Mittelstand von einem tiefgreifenden Handelsabkommen profitieren kann.
Neben dem Abbau tarifärer und nicht tarifärer Handelshemmnisse werden die Verhandlungen um einen weiteren Punkt, dem Investitionsschutz, ergänzt. Das Thema wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Die Meinungen sindüberwiegend negativ. Kritiker bezeichnen die geplanten Investitionsschutzklauseln im Rahmen der TTIP-Verhandlungen als Angriff auf die staatliche Rechtsgewalt und als Freifahrtschein für Konzerne, nationale Gesetze außer Kraft zu setzen.[40]
Bilaterale Freihandelsabkommen enthalten in der Regel Investitionsschutzklauseln, da erst durch gezielte Investitionen im Partnerland das gesamte Potenzial des freien Handels ausgeschöpft werden kann. Aber auch ohne ein explizites Freihandelsabkommen schließen Länder gegenseitige Investitionsschutzvereinbarungen ab mit dem Ziel, Investoren im Zielland vor einer Diskriminierung zu schützen, wie zum Beispiel vor einer Enteignung. So unterhält Deutschland derzeitüber 130 solcher Investitionsschutzvereinbarungen,überwiegend mit Schwellen- und Entwicklungsländern.[41] Die in den Medien diskutierten Investor-Staat-Streitbeilegungen sind jedoch nicht unbegründet in der öffentlichen Kritik.
An dieser Stelle sei angemerkt, dass in der vorliegenden Arbeit keine tiefergreifende Diskussionüber die geplanten Schiedsgerichte zur Streitschlichtung geführt wird, da zum einen das Thema zu umfassend ist und es eine eigene Literaturrecherche benötigt, um fundierte Aussagenüber die Effektivität und Sinnhaftigkeit der geplanten Vorhaben zu treffen.
Festzuhalten gilt, dass Deutschland eine Vielzahl solcher Investitionsschutzverträge unterhält und es keine Erfindung des neuen Jahrhunderts darstellt, somit ist es für die weitere Analyse von sekundärer Bedeutung.
Der Trend zur internationalen Handelsliberalisierung, frei von umfassenden protektionistischen Maßnahmen, ist ein bis in die Gegenwart anhaltender Prozess, der schon im frühen 20. Jahrhundert seinen Ursprung fand. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges wurde im Jahr 1947 in Genf, ein Abkommen zwischen 23 Ländern forciert, – das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT).[42] Die Bundesrepublik Deutschland trat am 1. Oktober 1951 dem völkerrechtlichen Vertrag bei.[43] Obwohl das GATT nur ein Handelsabkommen unter den jeweiligen Vertragspartnern darstellt, entwickelte sich dieser Vertrag im Laufe der vielen Jahre zu einer echten Institution. Die wachsende Wertschätzung des GATT ist auch an der Entwicklung der Mitgliedsstaaten zu erkennen. Bis 1993 traten weitere 100 Nationen zu den anfänglichen 23 Gründungsstaaten dem GATT bei.[44] Das Hauptaugenmerk liegt dabei stets auf der Liberalisierung des Welthandels. Wichtigstes Instrument zur Erreichung einer multilateralen Welthandelsordnung sind die Zollbindungen.[45] Sobald ein Land einen festgeschriebenen Zoll einführt, darf dieser nicht mehr erhöht werden. Mit dieser Logik gelang es in den acht Welthandelsrunden, die von 1947 bis 1993 in diversen Städten geführt wurden, dass der anfängliche Durchschnittszoll von vierzig Prozent auf rund vier Prozent gesenkt werden konnte.[46]
Die Uruguay-Runde wurde von 1986 bis 1993 geführt und brachte wesentliche Veränderungen für den Welthandel hervor. Zum einen wurden die Durchschnittszölle von 6,3 Prozent auf 3,9 Prozent[47] gesenkt. Viel bedeutender ist jedoch die Tatsache, dass aus der Uruguay-Runde die Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization) hervorging. Mit Gründung der WTO ist eine Organisation entstanden, die für den multilateralen Welthandel essentiell ist. Die Regeln des GATT sowie Ergänzungen, wie das General Agreement on Trade in Services (GATS, und das Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS), wurden infolge einer populärer werdenden Dienstleistungsindustrie sowie einer immer größeren Abhängigkeit von geistigem Eigentum in die WTO-Statuten aufgenommen.[48]
Zu den wichtigsten Hauptaufgaben der WTO zählt, dass sie im Falle eines Konflikts zwischen zwei Ländern eine „Streitschlichterrolle“ einnimmt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten die multilaterale Handelsethik global durchsetzt. Mit Gründung der WTO bekam die multilaterale Welthandelsordnung eine Organisation, die das Hauptziel verfolgt, ein globales Welthandelssystem, frei von protektionistischen Handelshemmnissen, zu schaffen.
Für das geplante TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA wurde in einer Studie vom ifo-Institut festgestellt, dass der bloße Abbau der tarifären Handelshemmnisse zu keinen wesentlichen Handels- oder Wohlfahrtseffekten führen wird.[49] Daher bleibt es weiterhin fraglich, ob dieübrigen Mitgliedsstaaten signifikante Handelseffekte zu erwarten haben, wenn dies für die zwei größten Volkswirtschaften nicht der Fall ist, die rund fünfzig Prozent der globalen Wirtschaftsleistung bei rund zwölf Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.[50] Die Harmonisierung des Welthandels liegt, anders als zur Mitte des 20. Jahrhunderts, nicht mehr in dem stetigen Abbau der Zölle, sondern die maßgeblichen Probleme zur Handelsliberalisierung liegen in dem Abbau der nicht tarifären Handelshemmnisse.
Die Erschließung neuer Märkte mittels regionaler Integrationsprozesse scheint eine weitaus einfachere Methode zu sein als die von der WTO durchgeführte Vereinheitlichung aller Märkte. Dies zeigt vor allem die rasche Vermehrung regionaler Abkommen seit dem Abschluss der Uruguay-Runde. Mittlerweile sind der WTO insgesamt 619 regionale Handelsabkommen gemeldet, wovon 413 aktuell (Stand: 1. Dezember 2015) in Kraft getreten sind.[51] Das liegt auch an der Tatsache, dass die WTO aktuell keine Fortschritte hinsichtlich einer weiteren tiefgreifenden Handelsliberalisierung erreichen kann.
Seit Beginn des neuen Jahrtausends ist eine größere Anzahl bilateraler Freihandelsabkommen global zu verzeichnen. Die Europäische Union, die stets den multilateralen Weg der Handelsliberalisierung bevorzugte, macht nun eine entscheidende Kehrtwende in ihrer Ausrichtung der Handelspolitik. In einer Mitteilung im Oktober 2006 hat die Europäische Kommission ihre Handelspolitik umstrukturiert.[52] Hierin betont sie die Notwendigkeit der WTO und die einheitliche Harmonisierung im Welthandel, jedoch sieht sie bilaterale Handelsabkommen als eine sinnvolle Ergänzung zu den multilateralen Bestrebungen.
Die Europäische Union unterhält seit Jahren eine Vielzahl von bilateralen Freihandelsabkommen auf der ganzen Welt und steht in ständigen Verhandlungen mit interessierten und passenden Partnern für die Mitgliedsstaaten. Tabelle 4 illustriert die allgemeinen (keine Branchenspezifizierung) Handelsbeziehungen der EU im globalen Zusammenhang mit einer Rangklassifizierung, den beidseitigen Handelsvolumina für das Jahr 2012 sowie dem aktuellen Status der Beziehung zueinander.
Neben den Bestrebungen, ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA zu verabschieden, steht die EU außerdem in weiteren Verhandlungen mit Japan und Indien.
Darüber hinaus werden Verhandlungen mit Chinaüber ein Investitionsabkommen geführt, ebenfalls mit Brasilien im Rahmen der Verhandlungen mit dem MERCOSUR. Im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) gehört Norwegen zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und hat uneingeschränkten Zugang zu den europäischen Märkten.[53] Die Schweiz unterhält bilaterale Handelsabkommen mit der EU.[54] Wirtschaftliche Verflechtungen mit der Türkei gibt es in Form einer Zollunion seit 1996 und darüber hinaus werden Verhandlungenüber einen Beitritt zum Europäischen Binnenmarkt geführt. Das Freihandelsabkommen mit Südkorea ist 2011 in Kraft getreten, mit Algerien 2005. Seit dem Jahr 2000 gibt es außerdem bilaterale Abkommen mit Mexiko und Südafrika. Das Abkommen mit Singapur wurde erfolgreich abgeschlossen, jedoch noch nicht unterschrieben. Im Rahmen der Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) wurden die Verhandlungen mit Kanadaüber eine wirtschaftliche Zusammenarbeit ebenfalls erfolgreich abgeschlossen, aber noch nicht unterzeichnet. Keine besonderen Abkommen gibt es derzeit mit Russland, Australien, Nigeria und Hongkong.
Die Verhandlungen mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind derzeit unterbrochen.
Für deutsche Autobauer ist das Freihandelsabkommen mit Mexiko von besonderer Wichtigkeit. Mexiko ist Mitglied der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) und ein entscheidender Partner für den Zugang zum amerikanischen Markt. Dadurch zieht es bedeutende deutsche Autobauer an, wie den Volkswagen-Konzern, der schon seitüber 50 Jahren in Mexiko produziert, und macht es auch für die Daimler AG und BMW attraktiver, in Zukunft dort Werke zu eröffnen und mit der Produktionüber den Atlantik zu expandieren.[55]
[...]
[1] Vgl. Europäische Kommission (2006), Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt, S. 2–12.
[2] Vgl. VDA (2015), Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), S. 3.
[3] Vgl. Bendini (2013), Die Europäische Union und ihre Handelspartner, S. 535–539.
[4] Vgl. Europäische Kommission (2013), Pressemitteilung, <http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-548_de.htm> (08.12.15).
[5] Vgl. Eurostat (2015), Internationaler Warenverkehr im Jahr 2014, S. 2.
[6] Vgl. WTO (2010), World and Regional Export Profiles, S. 4.
[7] Vgl. Deutsche Wirtschafts Nachrichten (2014), Europa kein Zukunfts-Markt: Merkel will mit TTIP deutsche Auto-Industrie retten, <http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/07/17/europa-kein-zukunfts-markt-merkel-will-mit-ttip-deutsche-auto-industrie-retten>, (10.12.15).
[8] Vgl. Statistisches Bundesamt (2015), Deutscher Außenhandel-Export und Import im Zeichen der Globalisierung, S. 7.
[9] Vgl. Grubel/Lloyd (1975), The Theory & Measurement of International Trade in differentiated Products, S. 1.
[10] Vgl. Felbermayr/Larch/Flach/Yalcin/Benz (2013), Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA, S. 31.
[11] Vgl. Baßeler/Heinrich/Utecht (2010), Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, S. 578-581.
[12] Vgl. ebenda.
[13] Vgl. Felbermayr/Larch/Flach/Yalcin/Benz (2013), Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA, S. 31.
[14] Vgl. Felbermayr/Larch/Flach/Yalcin/Benz (2013), Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA, S. 31.
[15] Statistisches Bundesamt (2015), Deutscher Außenhandel-Export und Import im Zeichen der Globalisierung, S. 9.
[16] Vgl. Kolev/Matthes (2015), The Transatlantic Trade and investment Partnership (TTIP): Challenges and Opportunities for the Internal Market and Consumer Protection in the Area of Motor Vehicles, S. 12.
[17] Vgl. enterprise europe Bayern (Hrsg.), (o.J.), Ranglisten für den Außenhandel Deutschlands, < http://www.een-bayern.de/een/inhalte/Unser-Service-fuer-Sie/Auslandsmarkterschliessung/Laender/Warenkategorien/kat/GP09-06/Erdoel-und-Erdgas/= > (11.01.2016)
[18] Vgl. Gilroy (1989), Intra-Firm Trade, S. 325–343.
[19] Vgl. Felbermayr/Larch/Flach/Yalcin/Benz (2013), Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA, S. 37.
[20] Vgl. Koch (2006), Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 124.
[21] Vgl. ebenda, S. 126f.
[22] Vgl. IW-Dienst, 24.September 2015, Nr. 39, S. 2.
[23] Vgl. VDA (2015), Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), S. 3.
[24] Vgl. Francois et. al (2013), Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment, S. 15.
[25] Vgl. Francois et al. (2013), Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment S. 15-20.
[26] Vgl. Koch (2006), Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 134.
[27] Vgl. ebenda, S. 135–147.
[28] Vgl. ebenda, S. 135–138.
[29] Vgl. Koch (2006), Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 137f.
[30] Vgl. Blank/Clausen/Wacker (1998), Internationale ökonomische Integration, S. 17.
[31] Vgl. VDA (2015), Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), S. 3.
[32] Vgl. Koch (2006), Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 141.
[33] Vgl. Wagner (1999), Einführung in die Weltwirtschaftspolitik: Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 34.
[34] Vgl. Koch (2006), Internationale Wirtschaftsbeziehungen, S. 143.
[35] Vgl. Bhagwati (1995), U.S. Trade Policy: The Infatuation with Free Trade Areas, S. 1–22.
[36] Vgl. Langhorst (2007), Die bilateralen Handelsabkommen der Europäischen Union, S. 4f.
[37] Vgl. VDA (2014), Transatlantic Trade and Investment Partnership- Präferenzielle Ursprungsregeln, S. 2ff.
[38] Vgl. Berden et al. (2009), Non-Tariff Measures in EU-US Trade and Investment, S. 43–52.
[39] Vgl. VDA (2014), Transatlantic Trade and Investment Partnership- Präferenzielle Ursprungsregeln, S. 3.
[40] Vgl. Fritz (2014), TTIP: Die Kapitulation vor den Konzernen, S. 6–9.
[41] Vgl. Kolev (2014), TTIP: Mehr als Handelsliberalisierung, S. 22ff.
[42] Vgl. Krugman/Obstfeld (2009), Internationale Wirtschaft, S. 311.
[43] Vgl. Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil II, S. 173.
[44] Vgl. Menschenrechte Schweiz MERS (2005), Vom GATT zur WTO, S. 1.
[45] Vgl. Krugman/Obstfeld (2009), Internationale Wirtschaft, S. 311.
[46] Vgl. Menschenrechte Schweiz MERS (2005), Vom GATT zur WTO, S. 1.
[47] Vgl. Krugman/Obstfeld (2009), Internationale Wirtschaft, S. 313.
[48] Vgl. Krugman/Obstfeld (2009), Internationale Wirtschaft, S. 314.
[49] Vgl. Felbermayr/Larch/Flach/Yalcin/Benz (2013), Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA, S. 38.
[50] Vgl. ebenda, S. 21.
[51] Vgl. WTO (o.J.), Regional trade agreement, <https://www.wto.org/english/tratop_e/region_e/region_e.htm> (22.12.15).
[52] Vgl. Europäische Kommission (2006), Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt, S. 2-11.
[53] Vgl. Königlich Norwegische Botschaft (o.J.), Norwegen und die EU, <http://www.norwegen.no/News_and_events/germany/policy/Norwegen-und-die-EU/#.Vqer84R3Zd0> (04.01.16)
[54] Vgl. Delegation der Europäischen Union für die Schweiz und das Fürstentum Lichtenstein (o.J.), Die Schweiz und die EU: eine enge Partnerschaft, <http://eeas.europa.eu/delegations/switzerland/eu_switzerland/political_relations/index_de.htm> (04.01.16).
[55] Vgl. Handelsblatt (Hrsg.) (2014), BMW und Mercedes planen Werke in Mexiko <http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/medienbericht-bmw-und-mercedes-planen-werke-in-mexiko/10064808.html> (04.01.16)
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