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Bachelorarbeit, 2016
63 Seiten, Note: 1,9
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlage
2.1 Crowdinvesting als innovative Möglichkeit der Unternehmensfinanzierung
2.1.1 Crowdfunding als Bestandteil von Crowdsourcing
2.1.2 Crowdinvesting als Unterform des Crowdfundings vor dem Hintergrund der Unternehmensfinanzierung
2.1.3 Akteure des Crowdinvesting
2.2 Prinzipal-Agent-Theorie im Crowdinvesting
2.2.1 Ausprägung und Problematik der Prinzipal-Agent-Beziehung
2.2.2 Hidden characteristics als Ursache für Informationsasymmetrien
2.2.3 Signaling als Lösung für Informationsasymmetrien
2.3 Qualität im Crowdinvesting
2.3.1 Einordnung des Qualitätsbegriffes
2.3.2 Qualitätsbeurteilung nach Nelson
3 Identifikation und Klassifizierung von Qualitätssignalen im Crowdinvesting
3.1 Qualitätssignale in der Projektgestaltung
3.1.1 Ausgestaltung des Finanzrahmens
3.1.2 Externe Zertifikate
3.1.3 Nichtfinanzielle Projektbeschreibung
3.1.4 Darstellung des Risikos
3.2 Qualitätssignale im Finanzierungsprozess
3.3 Qualitätssignale des Start-Up-Teams
4 Beurteilung der identifizierten Qualitätssignale durch die Einordnung in Kategorien
4.1 Beurteilung der Qualitätssignale nach Ahlers et al
4.1.1 Fact-based Signale
4.1.2 Performance-based Signale
4.2 Beurteilung der Qualitätssignale nach Nelson
4.2.1 Einordnung der Qualitätssignale in Sucheigenschaften
4.2.2 Einordnung der Qualitätssignale in Erfahrungseigenschaften
4.2.2 Einordnung der Qualitätssignale in Vertrauenseigenschaften
4.3 Zusammenfassung und Bewertung des Analyseschemas
5 Fazit
Quellenangaben
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Internetquellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Crowdfunding als Bestandteil von Crowdsourcing
Abbildung 2: Unterformen des Crowdfundings
Abbildung 3: Crowdinvesting zur Schließung des Early-Stage-Gaps
Abbildung 4: Akteure des Crowdinvestings
Abbildung 5: Agency-Konstellationen im Crowdinvesting
Abbildung 6: Signaling als Lösung für die Adverse-Selektion-Problematik
Abbildung 7: Beurteilung von Leistungseigenschaften zum Zeitpunkt der Eigenschaftsbeurteilung
Abbildung 8: Einordnung von Produkten nach der Dominanz von Leistungseigenschaftstypen
Abbildung 9: Übersicht der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.1
Abbildung 10: Beurteilung der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.1
Abbildung 11: Übersicht der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.2
Abbildung 12: Beurteilung der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.2
Abbildung 13: Übersicht der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.3
Abbildung 14: Beurteilung der potenziellen Qualitätssignale aus Kapitel 3.3
Abbildung 15: Übersicht der fact-based Signale im Crowdinvesting
Abbildung 16: Übersicht der perfomance-based Signale im Crowdinvesting
Abbildung 17: Übersicht der Einordnung nach Nelson
Diese Bachelorarbeit nimmt eine theoretische Analyse zur Beurteilung von Qualitätssignalen im Crowdinvesting vor. Als Grundlage dient die Forschungsfrage: „Welche Qualitätssignale verringern die im Crowdinvesting auftretenden Informationsasymmetrien?“ Es wird außerdem analysiert, welche Charakteristika ein wertvolles Qualitätssignal ausmachen. Daraus werden weiterführende Empfehlungen für Start-Ups abgeleitet, damit diese gezielter als bisher Qualitätssignale aussenden können.
Dabei wird ein theoretischer Ansatz erarbeitet, nach dem Eigenschaften als Qualitätssignal identifiziert werden, wenn sie für den Investor beobachtbar und für andere Gründer nur unter erheblichen Kostenaufwand nachahmbar sind. Unterstützt wird dieser Ansatz durch die empirische Untersuchung von Ahlers et al., welche herausgefunden haben, dass Eigenschaften Qualität signalisieren, wenn sie signifikanten Einfluss auf die Anzahl der Investoren, die Höhe der Finanzierungssumme sowie die Schnelligkeit des Investments haben. Die identifizierten Signale werden in dieser Arbeit als wertvolle und weniger wertvolle Qualitätssignale klassifiziert.
Die Anwendung des theoretischen Ansatzes hat gezeigt, dass auf verschiedenen Märkten unterschiedliche Qualitätssignale wirksam sind. Die Marktfähigkeit des eigenen Produktes, die Orientierung an der finanziellen Entwicklung und die Anzahl der Vorstandsmitglieder können sowohl auf dem deutschen als auch auf dem australischen Markt als wertvolle Qualitätssignale identifiziert werden. Auf dem deutschen Markt wirkt zusätzlich die Ausfallwahrscheinlichkeit und auf dem australischen Markt der Equity Share.
Die vorgenommene Kategorisierung der Qualitätssignale nach dem Modell von Nelson hat ergeben, dass Crowdinvesting durch eine hohe Anzahl an Vertrauenseigenschaften geprägt ist. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, wie den Investoren die Informationen vermittelt werden. Durch die Verwendung von pseudopersönlicher Kommunikation kann das Vermitteln von Sympathie, Offenheit und Vertrauenswürdigkeit Informationsasymmetrien reduzieren. Durch die Klassifizierung der Eigenschaften in die nach Ahlers et al. benannten Kategorien (fact- based und perfomance-based) wird die Erkenntnis gewonnen, dass Eigenschaften, die als fact-based Signal eingeordnet werden zumeist auch wertvoll sind. Diese weisen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Charakteristika eines Qualitätssignals auf. Somit schafft es diese Arbeit allgemeingültige Schlüsse an die Anforderungen von Qualitätssignalen abzuleiten, sodass es Start-Ups möglich ist, ihre eingesetzten Signale auf Wirksamkeit zu überprüfen und alle ausgesendeten Signale zu evaluieren.
Nicht erst seit der Finanzkrise von 2008 haben junge Unternehmen Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung. So ist es für Gründer zumeist eine große Herausforderung, das für eine Gründung benötigte Kapital vollständig selbst aufzubringen.1 Auch externe Kapitalgeber wie Business Angels oder Venture-Capital-Gesellschaften sind aufgrund ihres selektiven Vorgehens gerade für kleinere Gründungsvorhaben äußerst schwer für eine Finanzierung zu gewinnen.2 Da auch die Akquirierung von staatlichen Fördermitteln häufig mit Hürden verbunden ist, können viele innovative Ideen im deutschen Markt nicht verwirklicht werden.3
„Unsere Kreditinstitute sind nicht auf die Finanzierung von Start-ups eingestellt. Kreditvergabe funktioniert noch immer wie im Zeitalter der Industrialisierung - nach materiellen Firmenwerten.“4
In diese Lücke stößt nun eine neuartige Form der Finanzierungsmöglichkeit, das Crowdinvesting, welches jungen Unternehmen die Möglichkeit gibt, ihr Finanzierungsvorhaben umzusetzen. Das Unternehmen Protonet, das Netzwerkserver für kleinere Unternehmen herstellt, hat diese Art der Kapitalbeschaffung genutzt, als es 2014 vor der Herausforderung stand, genügend Kapital für die Umsetzung seiner Vorhaben zu akquirieren. Die Idee, einen neuartigen Cloud-Speicher zu entwickeln, wurde vom Start-Up über die Internetplattform von Seedmatch vorgestellt. Die Plattform bot Investoren die Chance, sich bereits mit 500 Euro an der Idee des Hamburger Unternehmens zu beteiligen. Mit Hilfe dieser modernen Finanzierungs- möglichkeit sammelte Protonet innerhalb von nur zehn Stunden und acht Minuten rund 1,5 Millionen Euro für die Idee des Unternehmens ein. Hierbei handelte es sich um das schnellste Crowdinvesting, das je auf der Welt durchgeführt wurde.5
Aufgrund der Erfolge vieler Start-Ups, die ihr Vorhaben mit Hilfe einer „Crowd“ finanzierten, haben sich mit der Zeit immer mehr Crowdinvesting-Plattformen im deutschen Markt etabliert. Hierbei stehen auf den jeweiligen Plattformen mehrere Projekte gleichzeitig für eine Investition zur Verfügung. Wurden im Jahr 2011 im deutschen Markt lediglich zehn Projekte über Crowdinvesting finanziert, waren es allein im Jahr 2015 bereits über 100 Projekte.6 Aufgrund dieser Entwicklung ist es für private Investoren schwieriger geworden, genau einzuschätzen, wie hoch die Qualität der angebotenen Projekte ist, um zu entscheiden, in welches Start-Up sie ihr Kapital investieren wollen. Damit die Finanzierung über die „Crowd“ trotz der erhöhten Konkurrenz erfolgreich gestaltet werden kann, müssen Start-Ups deshalb einen Weg finden, wie sie die Geldgeber von der Qualität des eigenen Vorhabens überzeugen.7
Im Rahmen dieser Bachelorarbeit sollen die Beziehungen der im Crowdinvesting auftretenden Akteure genauer beleuchtet werden. Dabei nimmt die Beziehung der Investoren zu den Start-Up-Unternehmen eine übergeordnete Rolle ein. Bei den Anlegern im Crowdinvesting handelt es sich vielfach um Privatinvestoren, welche deutlich weniger Informationen über die Branche und die vergangenen Leistungen eines Unternehmens einholen können, als dies professionellen Anlegern möglich ist.8 Aus diesem Grund treten im Crowdinvesting Informationsasymmetrien zwischen den Gründern und den Investoren auf. Diese resultieren aus einem Informationsvorsprung, den die jungen Unternehmen gegenüber den Kapitalgebern besitzen. Die Asymmetrien sind dafür verantwortlich, dass die Investoren unsicher sind, welches der angebotenen Start-Ups die besten Investitionschancen bietet. Die Literatur hat sich mit dieser Problematik schon vielfach auseinander gesetzt. Eine Erarbeitung von Lösungen für den Bereich des Crowdinvestings wurde bisher jedoch erst in wenigen Fachartikeln untersucht.9 Eine Lösungsmöglichkeit für die Verminderung von Informations- asymmetrien stellt das Aussenden von Qualitätssignalen dar, die dem Investor zeigen, welches Start-Up von hoher Qualität ist und bei welchen Vorhaben kein Geld investiert werden sollte.10
Ziel dieser Bachelorarbeit ist es daher zu analysieren, welche Qualitätssignale die im Crowdinvesting auftretenden Informationsasymmetrien verringern.
Um sich diesem Thema zu nähern, befasst sich Kapitel 2.1 zunächst mit der Einordnung des Crowdinvestings in das übergeordnete Konzept des Crowdsourcings, um anschließend die Charakteristika des Crowdinvestings herausarbeiten zu können. In Kapitel 2.2 wird dann mit Hilfe der Prinzipal-Agent-Theorie dargestellt, inwiefern Start-Ups dafür sorgen können, dass die im Crowdinvesting auftretenden Informationsasymmetrien reduziert werden.
Um die Forschungsfrage beantworten zu können, soll methodisch so vorgegangen werden, dass anhand der bereits bestehenden Literatur in Kapitel 2.2 und 2.3 ein theoretisches Modell erarbeitet wird, anhand dessen in Kapitel drei verschiedene Eigenschaften im Crowdinvesting darauf hin untersucht werden, ob es sich bei diesen um ein Qualitätssignal handelt oder nicht. Unterstützt werden soll das theoretische Modell durch die Ergebnisse des Artikels von Ahlers et al. In diesem werden verschiedene Eigenschaften der Projekte, die auf der Crowdinvesting-Plattform Australian Small Scale Offerings Board (ASSOB) präsentiert werden, empirisch analysiert. In dieser Studie wird herausgefunden, welche Signale im Crowdinvesting dafür ausschlaggebend sind, dass eine hohe Anzahl an Investoren für ein Projekt begeistert werden kann, sodass eine möglichst hohe Finanzierungssumme erreicht wird.
Nachdem beurteilt worden ist, welche Eigenschaften den privaten Anlegern im Crowdinvesting Qualität signalisieren können, soll abschließend in Kapitel vier eine Einordnung der in Kapitel drei untersuchten Eigenschaften vorgenommen werden. Es sollen hierbei zwei Perspektiven eingenommen werden, sodass die Qualitätssignale nicht nur in die Leistungskategorien von Nelson eingeordnet werden, sondern auch nach den von Ahlers et al. benannten Kategorien der fact-based und perfomance-based Signalen klassifiziert werden. Ziel ist es hierbei herauszufinden, welche Charakteristika ein wertvolles Qualitätssignal ausmachen, um weiterführende Empfehlungen für Start-Up-Unternehmen abzuleiten, sodass diesen ermöglicht wird, gezielter als bisher Qualitätssignale auszusenden.
Die theoretische Fundierung stützt sich auf Ansätze der Prinzipal-Agent-Theorie, welche Teil der neuen Institutionenökonomik sind. Darüber hinaus wird Qualität in Bezug zum Crowdinvesting definiert. Als theoretische Grundlage für die Einordnung, der in Kapitel drei analysierten Qualitätssignale, soll das Modell von Nelson erläutert werden. Um einen Überblick über diesen noch nicht allzu bekannten Bereich des Crowdinvestings zu erlangen, werden zunächst die elementaren Begriffe vorgestellt.
Das Konzept des Crowdfunding ist in dem umfassenderen Konzept des Crowdsourcings verwurzelt. Um ein detailliertes Verständnis zu erlangen, ist es deshalb sinnvoll, die Entwicklung vom Begriff des Crowdsourcings her zu beleuchten um dann über dessen Unterformen auf das Crowdfunding einzugehen, sodass abschließend in den Abschnitten 2.1.2 und 2.1.3 der Blick auf den Themenbereich des Crowdinvestings gerichtet werden kann.
Der Begriff des Crowdsourcings wird erstmalig in dem Artikel „The Rise of Crowdsourcing“ (erschienen im Wired Magazin) aus dem Jahr 2006 aufgegriffen. Hierbei handelt es sich um einen Neologismus des Autors Jeff Howe. Nach Howe werden beim Crowdsourcing Unternehmensaufgaben, die früher von internen Mitarbeitern ausgeführt wurden, über einen offenen Aufruf im Internet ausgelagert und auf eine undefinierte, nicht dem Unternehmen zugehörige Gruppe übertragen.11
Die Motivation der „Crowd“, sich an solchen offenen Aufrufen, auch Open Calls genannt, zu beteiligen, ist vielfältig. Lässt man kritische Stimmen beiseite, so hat Crowdsourcing unter ökonomischen Aspekten nicht nur auf Seiten der Unternehmen, sondern auch auf Seiten der Abnehmer immer mehr an Bedeutung gewonnen. Wenn jene es also schaffen, ihre Kunden mit in die Wertschöpfungskette einzubinden, anstatt diese weiter nur als Konsumenten wahrzunehmen, dann gelingt es, dass sowohl Unternehmen als auch Kunden von Crowdsourcing profitieren können. Dank dieser Einbindung ist es Konsumenten möglich geworden, neue Trends selbst mitzugestalten und bei Betriebsentscheidungen mitzuwirken.12 Der entscheidende Vorteil ist, dass spezielle Aufgaben im Unternehmen somit nicht nur kostengünstig gelöst werden, sondern gleichzeitig auch zu einer Erhöhung der Innovationskraft führen können.13
Hier stellt sich die Frage, ob die „Crowd“ überhaupt in der Lage ist, an guten und innovativen Lösungen für die von den Unternehmen outgesourcten Aufgaben mitzuwirken. James Surowiecki zeigt in seinem Buch „The Wisdom of the Crowd“ in vielen Versuchen, dass eine heterogene Gruppe von individuell entscheidenden Personen zu besseren Ergebnissen gelangt als eine einzelne Person. Diese von ihm beschriebene kollektive Intelligenz hängt damit zusammen, dass Gruppen mehr Informationen generieren können und somit in der Lage sind, bessere Entscheidungen zu treffen als einzelne Personen.14 Dass selbst Experten häufig zu schlechteren Einschätzungen gelangen als eine Gruppe von Menschen, zeigt das Beispiel der TV- Sendung „Wer wird Millionär“. Es handelt sich hierbei zwar um keine wissenschaftliche Untersuchung, aber sie zeigt dennoch sehr anschaulich das
Phänomen der „Weisheit der Vielen“. So erzielt der Telefonjoker, bei dem der Teilnehmer eine von drei im Vorhinein ausgewählten, als Experten befundenen Personen anruft, nur in 65% der Fälle eine richtige Antwort, während der Publikumsjoker, bei dem das ganze Publikum dazu aufgefordert wird, für die richtige Antwort abzustimmen, dem Teilnehmer in 91 % der Fälle die richtige Antwort bringt.15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Crowdfunding als Bestandteil von Crowdsourcing16
Abbildung eins zeigt die Unterformen des Crowsourcings, welche Jeff Howe in seinem 2008 veröffentlichten Buch „Crowdsourcing. Why the power of the crowd is driving the future of business“ dargestellt hat. Da sich diese Bachelorarbeit mit Qualitätssignalen im Crowdinvesting beschäftigt, wird an dieser Stelle darauf verzichtet, die einzelnen Unterformen zu erläutern. Das Crowdfunding soll jedoch näher dargestellt werden, weil es sich um den übergeordneten Begriff des Crowdinvestings handelt.
Wie bereits erwähnt, können Unternehmen durch Crowdsourcing Kosteneinsparungen erzielen. Crowdfunding zeigt, wie direkt dieser Vorgang sein kann, da die „Crowd“ hierbei als direkte Finanzierungsquelle genutzt wird.17 Neben den konventionellen Wegen der Finanzierung, wie die Geldbeschaffung über Banken und professionelle Investoren, gelingt es beim Crowdfunding, Geld über das Internet zu akquirieren. Hierbei präsentieren die Projektinitiatoren ihre Idee bzw. ihr Projekt auf einer sogenannten Crowdfunding-Plattform. Die Technik wird von den Plattformbetreibern zur Verfügung gestellt, die Initiatoren müssen ihren Inhalt jedoch selber bereitstellen. Mit Hilfe von Plugins und eigens programmierten Webseiten ist es den Projekt- initiatoren mittlerweile möglich, das Crowdfunding auch ohne die Hilfe von Plattformen eigenständig durchzuführen.18
„Crowdfunding involves an open call, mostly through the Internet, for the provision of financial resources either in form of donation or in exchange for the future product or some form of reward to support initiatives for specific purposes.“19
Diese Definition zeigt den wesentlichen Unterschied zu den anderen Unterformen des Crowdsourcings, da Crowdfunding die einzige Unterform ist, bei der die „Crowd“ nicht genutzt wird, um immaterielle Beiträge wie Wissen oder Kreativität zu generieren. Vielmehr wird sie beim Crowdfunding dazu genutzt, materielle Unter-stützung (Geld) für die Finanzierung von Projekten bereit zu stellen.20 Die auf den Plattformen präsentierten Projekte basieren zumeist auf dem Alles-oder-nichts- Prinzip. Das bedeutet, dass der im Vorhinein festgelegte Mindestbetrag innerhalb des veranlassten Zeitraums erreicht werden muss. Wird dieser erreicht, so gilt die Aktion als erfolgreich. Im Falle der Verfehlung bekommen die Unterstützer ihr eingesetztes Kapital vollständig zurück.21 Die beim Crowdfunding geleistete Rückvergütung kann sowohl finanzieller als auch immaterieller Natur sein. Gerade bei sozialen und künstlerischen Projekten sind Namensnennungen oder ein Blick hinter die Kulissen ein geläufiges Mittel, um sich bei den Investoren für ihre finanzielle Unterstützung zu bedanken.22
Die Anzahl der weltweiten Crowdfunding-Plattformen ist Jahr für Jahr stark angestiegen. Deshalb wird Crowdfunding nicht mehr nur als flüchtige Finanzierungsalternative gesehen, sondern entwickelt sich mehr und mehr zu einer Finanzierungsform, welche die Unternehmensfinanzierung nachhaltig verändern kann.
Genau wie beim Crowdsourcing haben sich auch beim Crowdfunding mit der Zeit Unterformen ausdifferenziert, welche in Abbildung zwei dargestellt sind. Die Unterformen unterscheidenden sich vorrangig in der Art der Gegenleistung, die den Crowdinvestoren für das zur Verfügung gestellte Kapital erbracht wird.23 Die Vielzahl an Unterformen, die sich seit 2006 aus dem Ursprungsbegriff des Crowdsourcings entwickelt haben, zeigt die Bedeutung dieses Themas.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Unterformen des Crowdfundings24
Auch an dieser Stelle wird sinnvollerweise nur die Unterform des Crowdinvestings näher untersucht. Crowdinvesting, welches auch als Eigenkapitalmodell (Equity-based Crowdfunding) bezeichnet wird, ermöglicht es Privatpersonen, eine Beteiligung an einem Unternehmen zu erwerben. Aufbauend auf den Grundprinzipien des Crowd- sourcings und Crowdfundings erfolgt die Beteiligung über das Internet. Der Anleger erhält für sein zur Verfügung gestelltes Kapital eine Unternehmensbeteiligung und oder eine Gewinnbeteiligung. Dies bedeutet, dass der Crowdinvestor bei einer wirtschaftlich erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens an dem Anstieg des Unternehmenswertes partizipiert.25 Es gibt jedoch verschiedenste Ausgestaltungs- formen des Beteiligungsvertrages, nach denen sich mögliche Renditechancen ergeben. Oft handelt es sich beim Crowdinvesting um Mezzanine-Finanzierungsformen, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalcharakter aufweisen. Hierzu zählen (partiarische) Nachrangdarlehen, Genussrechte sowie stille Beteiligungen. Im Zuge der Identifi- zierung von Qualitätssignalen im Crowdinvesting in Kapitel 3.1.1 wird genauer auf die Ausgestaltung des Beteiligungsvertrages eingegangen.26 Den Renditenchancen steht aber aufgrund des Haftungscharakters der Beteiligung auch ein Risiko des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals gegenüber. Das zeigt, dass diese Art des Investments nur von Personen getätigt werden sollte, die das Risiko eines Totalverlusts finanziell verkraften können.27
Es gibt beim Crowdinvesting unterschiedliche Investitionsobjekte, in die ein Kapitalgeber investieren kann, beispielsweise das relativ neue Crowdinvesting in Immobilien. Diese Arbeit soll sich jedoch auf den klassischen Weg der Unternehmensfinanzierung von Start-Up-Unternehmen beschränken. Hier stellt sich die Frage, ob Crowdinvesting überhaupt von Seiten der Unternehmen benötigt wird, da es schon andere Möglichkeiten der Frühfinanzierung wie Business Angels oder Venture-Capital-Gesellschaften gibt.28
Bisher war es nur sehr vermögenden Investoren wie z.B. Business Angels möglich, sich an Finanzierung von jungen Unternehmen zu beteiligen. Durch das Crowdinvesting ist es einer Vielzahl an Personen möglich geworden, sich mit kleineren Investitionssummen an Start-Up-Finanzierungen zu beteiligen.29 Das bringt für die jungen Unternehmen den Vorteil, dass sie viele Unterstützer und Feedbackgeber gewinnen können und somit ihre Bekanntheit deutlich ansteigt. Dieser Aspekt ist gerade in der wichtigen Startphase dieser Unternehmen von enormer Bedeutung.30
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Crowdinvesting zur Schließung des Early-Stage-Gaps31
Darüber hinaus kann Crowdinvesting die aus Abbildung drei ersichtliche Frühfinanzierungslücke (Early-Stage-Gap), welche während der Unternehmens- gründung entstehen kann, schließen. Diese Finanzierungslücke kann sich bilden, da die Gründer und deren privates Umfeld das Kapital einer Gründung zumeist nicht vollständig aufbringen können und darüber hinaus Kapitalgeber wie Business Angels und Venture-Capital-Gesellschaften häufig an größeren Vorhaben interessiert sind. Durch deren selektives Vorgehen ist es gerade für kleinere Gründungsvorhaben äußerst schwer sich zu finanzieren.32 Auch staatliche Fördermittel sind häufig mit Hürden verbunden und verhindern somit Gründungen, die innovative Konzepte und Technologien beinhalten, welche für die Wirtschaft von großer Bedeutung sein können.33
Die aufgeführten Aspekte zeigen deutlich, welchen Stellenwert das Crowdinvesting erlangen kann, denn diese alternative Finanzierung kann nicht nur dazu beitragen die Frühfinanzierungslücke zu schließen, sondern darüber hinaus auch zur Finanzierung von etablierten Unternehmen genutzt werden.
Deswegen ist es für ein Start-Up-Unternehmen von enormer Bedeutung, das Wissen zu erlangen, wie die „Crowd“ dazu bewegt werden kann, gerade in dieses Unternehmen zu investieren. Aus diesem Grund untersucht diese Bachelorarbeit, welche Signale für die Investoren ausschlaggebend sind, sich für ein bestimmtes Projekt zu entscheiden.
Wie bereits in den vorherigen Kapiteln erwähnt, werden Crowdinvesting-Projekte in der Regel über eine Plattform gestartet. Im Folgenden sollen anhand des Crowdinvesting-Prozesses die daran beteiligten Akteure kurz vorgestellt werden. Im Wesentlichen lassen sich drei Akteure auf dem Finanzmarkt des Crowdinvestings identifizieren. Hierzu zählen das kapitalsuchende Unternehmen (Start-Up- Unternehmen), die Investoren sowie die Crowdinvesting-Plattform.
Die untereinander entstehenden Beziehungen der Beteiligten sind entscheidend für das spätere Verständnis der im folgenden Kapitel erklärten Prinzipal-Agent-Theorie.
Start-Up-Unternehmen nutzen ihre erste Finanzierungsrunde vorwiegend zur Deckung der laufenden Kosten sowie zur Produktentwicklung und zur Umsetzung von ersten Marketingmaßnahmen.34 Wie angesprochen, können Start-Ups in dieser Phase in eine Frühfinanzierungslücke geraten. Damit Unternehmen ihr Finanzierungsvorhaben umsetzen können, bieten Crowdinvesting-Plattformen einen Online-Markt, auf dem sie als Intermediär zwischen Kapitalnehmern und Investoren auftreten. Um die Möglichkeit zu erhalten, auf der Plattform Kapital einsammeln zu können, bedarf es jedoch der Zustimmung der Plattformbetreiber.35 Die Kriterien nach denen die Internetportale auswählen, welche Projekte zur Finanzierung freigeschaltet werden, unterscheiden sich je nach Plattform. Grundsätzlich erfolgt die Auswahl anhand folgender Gesichtspunkte: Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, Status des Unternehmens, Erwartungen zur Vermarktbarkeit des Angebotes sowie der Form der Präsentation.36 Diese Auswahl garantiert jedoch nicht die Erfolgsaussicht der Geschäftsideen.37 Nach positiver Einschätzung seitens der Plattform werden die vom Unternehmen gewünschten Informationen für die Investoren bereitgestellt. Darüber hinaus ermöglichen die Plattformen einen Informationsaustausch zwischen den Kapitalgebern und den Start-Up-Unternehmen. Dies ist notwendig, damit die in Kapitel 2.1.1 beschriebene kollektive Intelligenz ihre Wirkung entfalten kann. Beim Crowdinvesting herrschen viele regulatorische Ansprüche des Gesetzgebers (z.B. Kleinanlegerschutzgesetz), die den Anleger schützen sollen.38 Die Plattformen sind für solche komplexen Sachverhalte als Berater tätig und leisten gerade für Investoren, mit wenigen Erfahrungen im Bereich der Geldanlage wertvolle Hilfestellungen.39 Für die von der Plattform ausgeführten Intermediationsdienstleistungen erhält die Plattform von den Unternehmen eine Provision, welche je nach Plattform zwischen 5-10 Prozent der Finanzierungssumme beträgt.40
Anhand des in Abbildung vier dargestellten Crowdinvesting-Prozesses ist deutlich zu erkennen, dass Investoren sowie Unternehmen und Plattformen miteinander agieren und in Verbindung stehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Akteure des Crowdinvestings41
Die Finanzierung über die „Crowd“ kann jedoch trotz einer profitablen Geschäftsidee seitens der Start-Ups scheitern, wenn sich die Investoren für ein anderes auf der Crowdinvesting-Plattform hochgeladenes Projekt entscheiden. Um zu zeigen, wie junge Unternehmen die Chancen für eine erfolgreiche Finanzierung der Geschäftsidee steigern können, ist es sinnvoll, im folgenden Kapitel die Prinzipal-Agent-Theorie zu erläutern. Dies soll anhand der in diesem Kapitel dargestellten Beziehungen zwischen den Akteuren im Crowdinvesting erfolgen und dazu dienen, Handlungsmöglichkeiten für die Gründer abzuleiten.
Anhand der Prinzipal-Agent-Theorie werden nun die Beziehungen zwischen den Akteuren eingeordnet, um zu erarbeiten, weshalb Signale im Crowdinvesting für den Erfolg eines Projektes entscheidend sein können.
Agency-Beziehungen treten in nahezu allen alltäglichen Situationen auf, sodass sich ein zahlloses Geflecht an Beziehungen ergibt. Der Begriff Agency-Beziehung bedeutet somit nichts anderes, als dass sich Menschen mit ihren Handlungen gegen- seitig beeinflussen.42 Folgendes Zitat zeigt, wann Agency-Beziehungen auftreten:
„Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises. The individual taking the action is called the agent. The affected party is the principal.“43
So kann in der Wirtschaft ein Akteur als Prinzipal angesehen werden, wenn er jemanden Anderes beauftragt, eine bestimmte Dienstleistung für ihn auszuführen (Auftraggeber). Daraus ergibt sich, dass der Agent im Auftrag des Prinzipals diese Aufgabe erbringt (Auftragnehmer). Die im Crowdinvesting identifizierten Akteure können somit in ihrer Erscheinung sowohl Prinzipal als auch Agent sein.44 Für die Prinzipal-Agent-Theorie sind besonders Probleme aus vertraglichen Schuld- verhältnissen interessant. Dies gilt auch für den Bereich des Crowdinvestings, da hier die Akteure vertragliche Verpflichtungen eingehen. Diese sind aus Sicht der neuen Institutionenökonomik interessant, da beim Crowdinvesting die Leistung (Geldgabe des Investors) und die Gegenleistung (Zurückzahlung und Zinsen der Kapitalnehmer) zeitlich auseinander liegen und die Leistungen somit nicht immer genau messbar sind.45
Obwohl es für Unternehmen kostengünstig ist, Aufgaben auszugliedern und durch die Ausnutzung der Weisheit der Vielen Innovationen zu fördern, weist der PrinzipalAgent-Ansatz jedoch darauf hin, dass der Prozess der Arbeitsteilung durchaus mit Problemen behaftet ist. David Sappington bringt die Sichtweise der Prinzipal-Agent- Theorie wie folgt auf den Punkt:
„ If you want something done right, do it yourself“46
Gäbe es eine Welt mit kostenlosen Informationen, so könnten alle Akteure vollständig informiert sein. Da Informationen in der Realität jedoch nicht ohne Aufwand beschafft werden können, treten Probleme in Agency-Beziehungen auf.47 Der Vertragsabschluss zwischen dem Prinzipal und dem Agenten deutet bereits darauf hin, dass die beiden Akteure unterschiedliche Interessen verfolgen. Jede Person möchte ihren Nutzen maximieren, wobei nicht davon auszugehen ist, dass der Prinzipal oder der Agent darauf verzichtet, dies zu tun. Das zeigt, dass Probleme aus Agency-Beziehungen auftreten, da den handelnden Individuen begrenzte Rationalität sowie opportunistisches Verhalten unterstellt wird.48 So lässt sich feststellen, dass die handelnden Personen auf einem unvollkommenen Markt agieren, was bedeutet, dass die Informationen zwischen ihnen asymmetrisch verteilt sind. Für die im Crowdinvesting auftretenden Akteure lässt sich deshalb schlussfolgern, dass diese aufgrund von unterschiedlichen Risikopräferenzen und voneinander abweichenden Interessen ebenfalls rational agieren. Kortleben et al. nehmen an, dass die Crowdinvestoren sowie die Crowdinvesting-Plattform und das Start-Up-Unternehmen unter anderem eine Maximierung der Eigenkapitalrendite anstreben. Dieser Maximierungsgedanke spiegelt die Prämissen der Prinzipal-Agent-Theorie wider, so dass diese im Crowdinvesting als erfüllt angesehen werden können.49
Bei den Kapitalgebern handelt es sich vielfach um nicht spezialisierte Privat- investoren, die deshalb auf weniger Informationen über die Branche, vergangene Leistungen des Unternehmens sowie weitere mehrwertstiftende Informationen zugreifen können, als dies professionellen Anlegern möglich ist.50 Die Informations- asymmetrie wird hier deutlich, da Start-Ups natürlicherweise ihre eigenen Fähigkeiten besser einschätzen können als Investoren, die das Unternehmen nur über die Crowdinvesting-Plattform kennen gelernt haben.51 Hieraus lässt sich ableiten, dass in diesem Sachverhalt die Rolle des Prinzipals durch den Investor eingenommen wird und das Start-Up-Unternehmen als Agent agiert. Diese Agency-Beziehung ist in Abbildung fünf rot markiert. Alle anderen dargestellten Agency-Beziehungen dienen nicht zur Beantwortung der Forschungsfrage und werden in dieser Arbeit deshalb nicht weiter vertieft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Agency-Konstellationen im Crowdinvesting52
Der beschriebene Informationsvorsprung verschafft den Gründern einen Handlungsund Entscheidungsspielraum, der sie dazu befähigt ihren persönlichen Nutzen zu maximieren. So können die Vorteile eines Projektes besonders hervorgehoben werden, ohne die Nachteile zu artikulieren. In diesem Fall handeln die Unternehmen nicht mehr im besten Interesse der Geldgeber.53
Es lassen sich vier Fälle unterscheiden, in denen opportunistisches Verhalten im Crowdinvesting zu Problemen in der Agency-Beziehung führt. Da in dieser Bachelorarbeit nur entscheidend ist, wie man den Investor dazu bewegen kann, in das eigene Start-Up zu investieren, soll das Augenmerk auf den Zeitraum bis zum Vertragsabschluss gerichtet werden. Der einzige Problemtyp, der sich auf diesen Zeitraum beschränkt, ist der Typ hidden characteristics, welcher nun genauer erklärt wird.54
Bevor der Investor im Crowdinvesting einen Vertrag mit einem Start-Up abschließt, möchte sich dieser von den angebotenen Leistungen des Unternehmens überzeugen. Für den Anleger ist die Beurteilung der Leistungsqualität im Vorhinein jedoch nicht immer genau möglich, da die Leistungseigenschaften (characteristics) des Start-Ups verborgen (hidden) bleiben können. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass der Investor aufgrund eines Informationsproblems Schwierigkeiten hat, die Qualität des auf der Crowdinvesting-Plattform angebotenen Projekts zu beurteilen, und somit unsicher ist, in welches Unternehmen er investieren sollte.55 Die Beurteilung ist nicht nur aufgrund der verbogenen Eigenschaften schwierig, sondern wird noch dadurch verstärkt, dass es sich bei den Geldgebern, wie in 2.2.1 angesprochen, zum größten Teil um Privatpersonen handelt und eben nicht um professionelle Investoren, die auf vielfältigere Marktinformationen zurückgreifen können. Dieses Auswahlproblem nennt sich Adverse Selektion.
In der Theorie heißt es, dass durch hidden characteristics für den Prinzipal die Gefahr besteht, dass Agenten mit unterdurchschnittlichen Fähigkeiten ihre Schwächen verbergen und die Agenten mit guten Eigenschaften diese nicht zum Vorschein bringen können. Das kann dazu führen, dass sich Agenten mit guten Eigenschaften vom Markt zurückziehen müssen. In diesem Fall kann es passieren, dass sich Prinzipale für unerwünschte Vertragspartner entscheiden, da sie eben nicht genau erkennen können, welcher Partner die eigenen Interessen widerspiegelt.56
Das Problem der Adverse Selektion wurde erstmals im Jahre 1970 anhand des Gebrauchtwagenmarktes von George A. Akerlof untersucht. Akerlof führt in seinem Artikel an, dass zwischen dem Käufer und dem Verkäufer eines Gebrauchtwagens Informationsasymmetrien auftreten, da der Verkäufer die Qualität seines Gebraucht- wagens genau einschätzen kann. Ein normaler Käufer ohne große Fachkenntnisse kann den Zustand eines einzelnen Wagens jedoch nicht genau einschätzen. Er kennt die durchschnittliche Qualität des auf dem Markt gehandelten Fahrzeugs lediglich aus Fachzeitschriften. Das führt dazu, dass alle Wagen auf dem Markt zum Preis des durchschnittlichen Wagens gehandelt werden. Akerlof führt nun an, dass die Verkäufer mit den Fahrzeugen guter Qualität keinen gerechtfertigten Preis mehr für ihr angebotenes Auto bekommen und sich dafür entscheiden werden, ihren Wagen nicht mehr auf dem Markt anzubieten. Dadurch sinkt das Qualitätsniveau auf dem Markt und es besteht die Gefahr des kompletten Marktzusammenbruchs.57
Das Beispiel von Akerlof macht deutlich, dass auch Agenten, die ja eigentlich einen Informationsvorsprung haben und diesen ausnutzen könnten, ein Interesse daran haben können, Informationsasymmetrien aufzuheben.58 Im Crowdinvesting gilt dies für Start-Ups, die ein hohes Leistungspotenzial besitzen. Da die Investoren sich zwischen mehreren auf der Plattform hochgeladenen Projekten entscheiden muss, haben die Start-Ups ein Interesse daran, den Kapitalgebern zu zeigen, dass ihr Vorhaben von höherer Qualität ist als das der anderen. Der Qualitätsnachweis ist wichtig, um eine erfolgreiche Finanzierung zu erreichen, denn Investoren fällt es aufgrund von Informationsdefiziten bezüglich der jeweiligen Gründungsideen schwer, „wert- vollere“ von „weniger wertvollen“ Start-Ups zu unterscheiden. Je geringer die Informationsdefizite der Anleger gegenüber den Unternehmen sind, desto kleiner ist eine negative Wirkung der Adverse Selektion.59 Der folgende Unterpunkt 2.2.3 soll zeigen, wie Informationsdefizite vor Vertragsabschluss bewältigt werden können.
Wie aus 2.2.2 deutlich wurde, haben qualitativ hochwertige Start-Ups ein Interesse daran, die im Crowdinvesting vor Vertragsabschluss auftretenden Informations- asymmetrien zu verringern. Geht die Initiative zur Beseitigung der Asymmetrien dabei vom Gründer aus, so werden die Maßnahmen als „Signaling“ bezeichnet. Mit dem Aussenden von Signalen seitens der Unternehmen erlangen Investoren Zutritt zu glaubwürdigen Informationen über die Qualität des Gründungsvorhabens und die Adverse-Selektion-Problematik kann beseitigt werden.60
Für die Gründer ist es im Crowdinvesting entscheidend, die Signale glaubhaft vermitteln zu können, damit die Investoren die ausgesendeten Signale annehmen und in ihre Entscheidung für ein Investment mit einbeziehen. Werden die Zweifel der „Crowd“ von den Signalen der Start-Ups nicht zerstreut, so ist das Erreichen der angestrebten Finanzierungssumme in Gefahr.61 Wichtig ist, dass die empfangenen Signale kostenfrei zugänglich sein müssen. Für den Kapitalnehmer ist das Aussenden von Signalen hingegen mit Kosten verbunden.62 Wertvolle Kompetenzen haben für Gründer nur dann eine Bedeutung, wenn sie in einer Weise mitgeteilt werden, die den Investor dazu befähigt, den Wert dieses Signals zu verstehen.63 Kostspielige Signale werden von Anlegern als glaubwürdiger angesehen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie vorgetäuscht sind, niedriger ist. Festzuhalten ist, dass es für „weniger wertvolle“ Start-Ups nicht profitabel sein darf, die Signale der „wertvollen“ Start-Ups vorzutäuschen.64
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Signaling als Lösung für die Adverse-Selektion-Problematik65
Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, dient Abbildung sechs. Hier überwiegen bei „wertvollen“ Start-Ups die Gewinne durch das Aussenden von Signalen gegenüber Gewinnen aus anderen Strategien, sodass in Abbildung sechs A > B ist. Für „weniger wertvolle“ Start-Ups gilt dies jedoch in umgekehrter Weise. Hier bringt eine Strategie ohne das Aussenden von Signalen einen größeren Gewinn, als dies bei einer Strategie mit Signalen der Fall gewesen wäre, sodass hier D > C ist. Dieser Fall kann passend durch das Signal einer Garantie verdeutlicht werden. Bietet ein Anbieter eine Garantie für seine Produkte an, obwohl diese aufgrund mangelnder Qualität schnell kaputt gehen, so entstehen für diesen Anbieter hohe Kosten durch die Aussendung eines solchen Garantiesignals.66 In diesem Fall trifft dann auch D > C zu, sodass es für den Verkäufer sinnvoller ist, auf die Gabe einer Garantie zu verzichten und sich auf andere Strategien zu besinnen. Treffen diese Annahmen zu, so kann dem Investor signalisiert werden, welche Start-Ups „wertvoll“ und welche „weniger wertvoll“ sind, da nur die „wertvollen“ Signale aussenden werden.67 Wie die Ausführungen in Kapitel drei und vier zeigen werden, ist dies in der Praxis deutlich komplexer, da eine Vielzahl von Signalen ausgesendet wird.
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1 Vgl. Schramm und Carstens (2014), S. 1.
2 Vgl. Schmitt und Dötsch (2013), S. 1452.
3 Vgl. Frank (2012), S. 17.
4 Porschen (2016).
5 Vgl. o.V. (2014).
6 Vgl. Crowdfunding.de (2016), S. 13.
7 Vgl. Ahlers et al. (2015), S. 955.
8 Vgl. Schwienbacher und Larralde (2012), S. 378.
9 Siehe hierzu u.a. Ahlers et al. (2015), Alsos und Ljunggren (2016), Agrawal et al. (2013), Colombo et al. (2015) und Schwienbacher und Larralde (2012).
10 Vgl. Grichnik et al. (2002), S. B41.
11 Vgl. Howe (2006), S.1.
12 Vgl. Jahnke und Prilla (2009), S. 130-131.
13 Vgl. Tapscott et al. (2007), S. 93.
14 Vgl. Surowiecki (2006), S. XIV-XV.
15 Vgl. Surowiecki (2006), S. 1-2.
16 Eigene Darstellung in Anlehnung an Howe (2009), S. 146.
17 Vgl. Unterberg (2012), S. 143.
18 Vgl. Schmiedgen (2014), S. 121.
19 Vgl. Belleflamme et al. (2014), S. 588.
20 Vgl. Hippner et al. (2010), S. 701.
21 Vgl. Schmiedgen (2014), S. 122.
22 Vgl. Köllen (2011), S. 2.
23 Vgl. Schmiedgen (2014), S. 123.
24 Eigene Darstellung in Anlehnung an Mausbach und Simmert (2014), S. 33. 5
25 Vgl. Schmiedgen (2014), S. 126.
26 Vgl. Regierer et al. (2015), S. 7.
27 Vgl. Mausbach und Simmert (2014), S. 32.
28 Vgl. Für-Gründer.de und Dentons (2015), S. 3.
29 Vgl. Sixt (2014), S. 130.
30 Vgl. Berger et al. (2015), S. 63.
31 Eigene Darstellung in Anlehnung an Hemer et al. (2011), S. 31.
32 Vgl. Schmitt und Dötsch (2013), S. 1452.
33 Vgl. Frank (2012), S. 17.
34 Vgl. Klöhn und Hornuf (2012), S. 240-241.
35 Vgl. Löher et al. (2015), S. 33.
36 Vgl. Elsner (2013), S. 408.
37 Vgl. Sixt (2014), S. 131.
38 Vgl. Hemer et al. (2011), S. 45.
39 Vgl. Hemer et al. (2011), S. 33-34.
40 Vgl. Hüfner (2016).
41 Eigene Darstellung in Anlehnung an Syracom AG (2015), S. 63.
42 Vgl. Pratt und Zeckhauser (1985), S. 2.
43 Pratt und Zeckhauser (1985), S. 2.
44 Vgl. Pratt und Zeckhauser (1985), S. 2.
45 Vgl. Jost (2001), S. 12.
46 Sappington (1991), S. 45.
47 Vgl. Picot et al. (2008), S. 152.
48 Vgl. Ebers und Gotsch (2006), S. 260-261.
49 Vgl. Kortleben et al. (2012), S. 20-21, zitiert nach Brettel (2001), S. 7.
50 Vgl. Schwienbacher und Larralde (2012), S. 387.
51 Vgl. Göbel (2002), S. 100.
52 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kortleben et al. (2012), S. 21.
53 Vgl. Kaas (1995), S. 25.
54 Vgl. Göbel (2002), S. 100.
55 Vgl. Göbel (2002), S. 101.
56 Vgl. Picot et al. (2008), S. 74.
57 Vgl. Akerlof (1970), S. 488-500.
58 Siehe auch Pratt und Zeckhauser (1985), S. 17.
59 Vgl. Grichnik et al. (2002), S. B32-B33.
60 Vgl. Grichnik et al. (2002), S. B41.
61 Vgl. Alsos und Ljunggren (2016), S. 3.
62 Vgl. Grichnik et al. (2002), S. B41.
63 Vgl. Alsos und Ljunggren (2016), S. 4-5.
64 Vgl. Lee (2001), S. 794 und Milgrom und Roberts (1986), S. 798.
65 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kirmani und Rao (2000), S. 68.
66 Vgl. Spence (1976), S. 592.
67 Siehe auch Werner (2008), S. 73.