Bachelorarbeit, 2016
45 Seiten, Note: 1,5
Teil I: REDD+ - Der Mechanismus im Überblick
1. Einleitung
2. Was ist REDD+?
3. Kritik an REDD+
Teil II: REDD+ aus ökonomischer Perspektive
4. Die Ökonomik hinter REDD+
4.1. Knappheit – Das ökonomische Grundproblem
4.2. Öffentliche Güter und die „Tragik der Allmende“
4.3. Externe Effekte
4.4. Pigou-Steuer
4.5. Die Verhandlungslösung nach Coase
4.6. Beitrag der Spieltheorie
5. Grenzen staatlicher Umweltpolitik und deren ökonomischer Analyse
6. REDD+ als Verhandlungslösung zur Internalisierung externer Effekte
Teil III: Betrachtung ausgewählter Projekte in Kambodscha und Indonesien
7. REDD+ in Kambodscha
7.1. Verursacher der Entwaldung in Kambodscha
7.2. Das Oddar Meanchey Community Forestry Projekt
7.3. Probleme bei der Umsetzung in Kambodscha
8. REDD in Indonesien
8.1. Triebkräfte der Entwaldung
8.2. Kalimantan Forests and Climate Partnership
8.3. Projektspezifische Probleme und Konflikte
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
Die Erdoberfläche ist zu etwa 30 % mit Wald bedeckt – doch die Wälder verschwinden mit dramatischer Geschwindigkeit. Dabei erfüllen Wälder wichtige Funktionen im Wasser- und Atmosphärenhaushalt der Erde. Sie fixieren Kohlenstoff, schützen vor Erosion und beheimaten unzählige Tier- und Pflanzenarten. Diese Ökosystemdienstleistungen fangen außerdem die Folgen des Klimawandels ab. Doch ganz besonders die artenreichen immergrünen tropischen Feuchtwälder sind von der Vernichtung durch den Menschen bedroht. Ein effektiver Schutz der verbliebenen Wälder ist also notwendig. Forstressourcen sind auch abseits des Umweltschutzes wertvoll und haben das Potenzial, einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für Entwicklungsländer darzustellen. Diese Arbeit beschäftigt sich daher mit einem relativ neuen Mechanismus der internationalen Umweltpolitik, der Umweltschutzziele mit wirtschaftlicher Entwicklung zu verbinden versucht.
Zunächst werden das zugrundeliegende Konzept von REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation, and the Role of Conservation, Sustainable Management of Forests and Enhancement of Forest Carbon Stocks), seine Implikationen hinsichtlich zu erreichender Ziele und die inkorporierten Akteure vorgestellt. Dazu ist es sinnvoll, als erstes den Entstehungsprozess von REDD+ und seiner Vorgängermodelle genauer zu betrachten. Anschließend werden Kritik und Probleme bei der Konzeptualisierung und der Umsetzung von REDD+ thematisiert. Im zweiten Teil werden allgemeine Prinzipien und Grundsätze der Umweltökonomie erläutert. Dabei soll dargestellt werden, mit welchen Fragestellungen und Problemen diese Forschungsrichtung auf theoretischer Ebene konfrontiert ist. Bei der ökonomischen Analyse soll es nicht um Finanzierung oder wirtschaftliche Realisierbarkeit von REDD+ gehen, sondern um die Betrachtung von Anreizsystemen. Es wird der Frage nachgegangen, ob und wie REDD+ bestehende Anreizstrukturen verändern kann. Im dritten Teil wird dann die praktische Umsetzung von REDD+ Projekten in Kambodscha und Indonesien beleuchtet. Dazu wird die Ausgangslage in den Ländern aufgezeigt und die beteiligten Akteure werden vorgestellt. Im Anschluss werden in den Projekten bestehende Konflikte dargelegt.
In den letzten Jahren wurde aus unterschiedlichsten Fachrichtungen viel Forschungsarbeit zum Thema REDD+ geleistet – mit teilweise sehr gegensätzlichen Ergebnissen. Bei Betrachtung der Literatur ist zu beachten, dass REDD+ wohl zu den umstrittensten Programmen der Umweltpolitik gehört und die ideologischen Gräben tief sind. Von den Befürwortern wird der Mechanismus als Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel in den Himmel gelobt, von Gegnern als neoliberales Marktinstrument verkannt. Diese Arbeit ist der wissenschaftlichen Objektivität verpflichtet und soll ein möglichst differenziertes und neutrales Bild abseits der ideologischen Kontroversen zeichnen.
Mittlerweile besteht Einigkeit in der Wissenschaft, dass ein Anstieg des globalen Temperaturniveaus das Leben der Menschen auf der Erde nachhaltig verändern wird. Zahlreiche Landstriche, insbesondere Küstenregionen, könnten in Zukunft für Menschen unbewohnbar sein. Die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf nicht mehr als zwei Grad Celsius ist daher dringend notwendig und erfordert bis zum Jahr 2050 einen Rückgang der globalen Treibhausgasemissionen um etwa 70 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005. Da der Klimawandel hauptsächlich auf die Emission von anthropogenen, also menschengemachten, Treibhausgasen zurückzuführen ist, stellt sich die Frage, wie diese Emissionen begrenzt werden können, um die jetzt schon unausweichlichen Folgen der klimatischen Veränderungen zumindest abzumildern und den angerichteten Schaden zu begrenzen (Bals et al. 2011: 20-23).
Die drei Triebkräfte des menschgemachten Treibhauseffektes sind Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid. Dabei ist CO2 der Hauptfaktor menschlicher Treibhausgasemissionen und trägt mit ca. 63,5 Prozent zum anthropogenen Treibhauseffekt bei. Der Beitrag von Methan liegt bei etwa 18,2 Prozent und Distickstoffoxid hat einen Anteil von 6,2 Prozent. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger, die Veränderung der Landnutzung, industrielle Produktion sowie der Transportsektor. Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung machen zwischen 20 und 25 % der weltweiten Emissionen aus (Gmelch 2007: 237-239).
Als ein vielversprechendes Mittel im Kampf gegen die Erderwärmung wurde 2005 ein Mechanismus mit dem Titel RED (Reducing Emissions from Deforestation in Developing Countries) vorgestellt. Der Grundgedanke von RED ist, dass Eigentümer bedrohter Waldflächen für vermiedene Entwaldung bezahlt werden, indem dem im Wald gespeicherten Kohlenstoff ein monetärer Wert zugeschrieben wird. Durch die Vergütung soll die Walderhaltung zur nutzenmaximalen Strategie für den Eigentümer werden und die Anreize für alternative Landnutzung schmälern. Die ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels wurden 2006 durch den früheren Chefökonomen der Weltbank, Sir Nicholas Stern, sehr eindringlich in den Fokus gerückt. Im Stern Review on the Economics of Climate Change werden die ökonomischen Aspekte des Klimawandels thematisiert und auch ein besonderes Augenmerk auf die Bedeutung der Walderhaltung gelegt.
Einfach gesagt sollen reiche Länder die Ärmeren dafür bezahlen ihren Waldbestand zu schützen anstatt ihn zu zerstören. Entstehen sollte eine kostengünstige win-win-Lösung, bei der die Reduktion von Treibhausgasemissionen mit Einnahmequellen für Entwicklungs- und Schwellenländer verknüpft würde. Doch der Weg dorthin war lang.
Am 9. Mai 1992 wurde in New York die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verabschiedet, die im selben Jahr auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro von 154 Staaten unterzeichnet wurden. Damit wurde eine international-überstaatliche Instanz geschaffen, um konkrete Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz ausarbeiten zu können. Mittlerweile wurde das Abkommen von 195 Staaten unterzeichnet, darunter auch Kambodscha und Indonesien (Wiersema 2014: 40). Das bisher bedeutendste Abkommen, dass unter Federführung des UNFCCC entstanden ist, ist das 1997 beschlossene und 2005 in Kraft getretene Kyoto-Protokoll. Dies sieht verbindliche Richtlinien für die Emission von Treibhausgasen vor, um der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Adressaten der Verpflichtungen zur Emissionsreduktion waren aber ausschließlich Industrienationen. Für Entwicklungs- und Schwellenländer waren hingegen keine Reduktionsverpflichtungen vorgesehen, obwohl auch die Emissionsraten dieser Staaten durchaus nicht zu vernachlässigen sind (Mayr 2009: 18). Auch Indonesien und Kambodscha gehören in die Gruppe dieser Staaten. Wie viele Länder Südostasiens verfügen sie über einen Reichtum an natürlichen Ressourcen, sehr hohe Biodiversität sowie ausgedehnte Waldgebiete, weshalb sie besonders im Fokus von Umweltschutzbestrebungen stehen müssen. Abbildung 1 illustriert die Bedeutung der Wälder Südostasiens als CO2-Speicher und damit einhergehend deren Relevanz für die internationale Umweltpolitik.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Prognostizierte CO2-Speicher gebunden in Waldfläche in Afrika und Südostasien (Brown et al. 2007: 10).
Die Umweltpolitik dieser Länder befindet sich in einem Interessenkonflikt zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, der oftmals Vorrang vor eingeräumt wird, und Umweltschutz. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vorschlag, den Costa Rica und Papua-Neuguinea 2005 auf der Weltklimakonferenz einbrachten, besonders innovativ. Kernpunkt des als RED bezeichneten Konzepts war die Einbeziehung des Ökosystems Wald in die nationalen CO2-Bilanzen. Es sollte sich dabei um „kompensierte Reduktion“ handeln. Länder sollten internationale Kompensationszahlungen erhalten, wenn sie sich dazu verpflichteten, ihre nationalen Entwaldungsraten unter ein bestimmtes Niveau zu senken. Staaten, die die Vorgaben nicht einhalten könnten, sollten Emissionsrecht von anderen Staaten kaufen können. Auf diese Weise sollten die CO2 Emissionen da reduziert werden, wo dies am effizientesten möglich wäre (Laurance 2008: 286). Finanziert werden sollte das Konzept durch den Verkauf von Emissionsreduktionszertifikaten an Staaten oder private Investoren (Elliot 2015: 255). In Bali, auf der dreizehnten Konferenz der Vertragsstaaten (COP 13), sagten viele Staaten finanzielle Förderung zu, allen voran Norwegen und Australien, die sich seither besonders stark für REDD+ Projekte in Indonesien engagieren. Zudem beschlossen die Vertragsparteien, den Waldschutz als Bestandteil des bis 2009 auszuhandelnden Klimaabkommens aufzunehmen. Dazu wurde „reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation and the role of conservation, sustainable management of forests and enhancement of forest carbon stocks in developing countries“ in den „Bali Action Plan“ aufgenommen. Auf der COP 14 (2008) in Polen wurde dann REDD+ vorgestellt, dass das ursprüngliche Konzept um einige fundamentale Punkte erweiterte. Der neue Entwurf schloss nun auch den Erhalt des Waldes, den Ausbau des Kohlenstoffbestandes sowie nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen ein. Die indonesische Regierung gehörte zu den stärksten Befürwortern dieser Erweiterung (Weck 2011: 128). Die Umsetzung war in drei Schritten geplant. Zuerst sollten auf nationaler Ebene Basisdaten erhoben werden und Systeme zur Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung implementiert werden. Danach sollten die nationalen Strategien in die Tat umgesetzt und geplante Pilotprojekte gestartet werden. Sind diese Projekte ausgewertet, geht es an die eigentliche Zielsetzung: Leistungsabhängige Zahlung für Emissionsreduktion.
Doch der neue Mechanismus sollte noch mehr zu bieten haben. REDD+ sollte sowohl einen Beitrag zur Erreichung von Umweltschutz- als auch zu Entwicklungszielen leisten. Um den Bedenken zu begegnen, REDD könne negative Auswirkungen auf indigene Gruppen haben, wurden 2010 in Cancún zusätzliche „Safeguards“ verabschiedet (Elliot 2015: 256). Nach der UNFCCC-Konferenz 2013 in Warschau standen die wichtigsten REDD+-Bausteine.
Viele Entwicklungsländer haben bereits eigene REDD+-Projekte auf den Weg gebracht und nationale Strategien hierfür entwickelt. Allein dies scheint vor dem Hintergrund oftmals eher geringer Klimaschutzmotivation der Entwicklungsländer bemerkenswert (Angelsen und McNeill 2012: 32). Ein Grund für die Beliebtheit von REDD+ könnte sein, dass die Ziele sehr weit, vielleicht auch vage, gefasst sind. So existiert zum Beispiel keine allgemein anerkannte Definition, welche Phänomene sich hinter dem Begriff „forest degradation“ verbergen. Auch das Konzept der „nachhaltigen Waldbewirtschaftung“ ist nicht eindeutig und lässt weiten Interpretationsspielraum. Doch besonders attraktiv ist REDD+ durch die Verheißung einer „win-win-win policy“, d.h. „combining reduction in greenhouse gas (GHG) emissions with poverty reduction and the protection of biodiversity“ (Angelsen und McNeill 2012: 33). Dazu gehört der Erhalt von Primärwäldern, nachhaltiges Waldmanagement und die Aufforstung zerstörter Wälder. In dieser Terminologie verbirgt sich ein weiterer kritischer Punkt: Die Definition von Wald. 2001 wurde auf der COP 7 in Marrakesch festgelegt, was der Begriff „Wald“ in Zusammenhang mit REDD bedeuten soll. Ergebnis waren die drei Kennzeichen Größe, Höhe und Dichte. So muss eine Mindestfläche von 0,5 ha wenigstens zu 10-30 % bewachsen sein und die Vegetation muss mindestens zwischen zwei und fünf Meter Höhe erreichen. Problematisch ist, dass nach dieser Definition nicht nur Naturwälder, sondern auch Wirtschaftswälder und Baumplantagen, wie z.B. Palmöl- oder Zellstoffplantagen, als Wald kategorisiert werden können. Es wird also nicht unbedingt die Biodiversität des Ökosystems Wald geschützt, sondern auch monokulturelle Plantagenwirtschaft gefördert. Daraus könnte sich das schizophrene Resultat einer verringerten Entwaldung bei gleichzeitiger Erhöhung der Treibhausgasemissionen ergeben.[1]
Allerdings ist diese terminologische Schwäche nicht auf Nachlässigkeit der Verhandlungspartner zurückzuführen. Vielmehr stellen die ungenauen Formulierungen den Minimalkonsens der Beteiligten und daher einen logischen Teil der Verhandlungen dar. Damit der Verhandlungsprozess nicht ins Stocken gerät werden kritische Punkte ausgeklammert, was dem Missbrauch des Konzepts Tür und Tor öffnet (Fatheuer 2015: 10).
Ein weiterer Erfolgsfaktor und wichtiger Aspekt in der Diskussion war das Versprechen geringer finanzieller Kosten. Unter anderem der viel zitierte Bericht von Nicholas Stern ging von durchschnittlichen Kosten von nur 1-2 US-Dollar pro Tonne CO2 aus, was etwa fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr entspräche (Stern 2011: 216). Zwar sind diese Zahlen von vielen anderen Autoren für den verwendeten Opportunitätskostenansatz kritisiert worden, da die Opportunitätskosten je nach Standort stark variieren können. So spielen zum Beispiel klimatische Bedingungen, Infrastruktur und vor Ort vorhandene Technologien eine große Rolle. Tatsächlich scheint es, als könne durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten nicht einmal annähernd so viel Gewinn erwirtschaftet werden wie durch den Anbau von Soja oder Ölpalmen. Dennoch hinterließ der Bericht von Stern bei den politischen Entscheidungsträgern den Eindruck REDD+ sei ein kostengünstiges Klimaschutzinstrument (Elliot 2015: 256; Fatheuer 2015: 18). Weiterhin müssen auch die Planungs- und Vorbereitungskosten in der Rechnung berücksichtigt werden. Es muss eine Verwaltung aufgebaut und Personal qualifiziert werden. Zudem müssen zum Monitoring der Abholzungsraten Satelliten und Radarsysteme installiert werden (Engel, Hobi und Zabel 2011: 119).
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Finanzierung, die durch private Investoren und staatliche Mittel erfolgen soll. Auf einem internationalen Markt für Emissionszertifikate sollte nach den Prinzipien von Angebot und Nachfrage ein Preisbildungsprozess stattfinden. Potenzielle Inverstoren sehen sich jedoch mit erheblichen Unsicherheiten und Risiken konfrontiert. Diese ergeben sich aus offenen Fragen in der Methodik. Es fehlen Referenzwerte, durch die festgestellt werden kann, wie hoch die Emissionsreduktion tatsächlich ist. Das Monitoring der Degradierung ist auch mit moderner Technik nicht immer präzise genug (Engel, Hobi und Zabel 2011: 120–121). Ein weiteres Problem ist die Verlagerung (leakage) von CO2-Emissionsquellen. Es ist kann kaum ausgeschlossen werden, dass Schutzmaßnahmen an einem Ort nicht zur Verlagerung der Emissionen, besonders auch grenzüberschreitend, führen (Bergen, Löwenstein und Olschewski 2013: 393). Daher ist schwer nachzuvollziehen, ob eine Reduktion real ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die grenzüberschreitende Verlagerung besonders bei großen Emittenten, wie internationalen Konzernen, auftritt, da diese ihre Produktion leicht verlagern können. So entgehen möglicherweise große Mengen Emissionen einer Erfassung (Kant und Wu 2011: 8176).
Anlass zu Kritik bieten auch die Zusätzlichkeit (additionality) und Dauerhaftigkeit (permanence) von REDD+-Projekten. Zusätzlichkeit bedeutet, dass REDD+-Zahlungen nur für Wälder geleistet werden, die einer akuten Rodungsgefahr unterliegen und keine Gelder an unbedrohte Wälder verschwendet werden. Um dies zu überprüfen, wird die Differenz zwischen dem Waldverlust in den Situationen mit und ohne REDD+ betrachtet. Die methodische Hürde besteht darin, das natürlich nicht beide Szenarien gleichzeitig beobachtet werden können und man sich daher auch Referenzszenarien verlassen muss (Engel, Hobi und Zabel 2011: 120). Es muss sichergestellt werden, dass die Entwaldung nicht auch ohne REDD+ Mechanismen zurückgegangen wäre. Nach Elliot (2015: 258) besteht das Dilemma darin, dass „für den Fall zu großzügig bemessener Referenzwerte […] die Gefahr heißer Luft und verwässerter Anreize [besteht]; werden sie aber zu eng gesetzt, fehlt es eventuell an Anreizen für die tropischen Länder.“
Damit durch REDD+ auch wirklich eine langfristige Speicherung von CO2 gewährleistet wird, muss sichergestellt werden, dass der Wald auch lange genug bestehen bleibt. Durch Stürme, Waldbrände oder andere Naturgewalten könnte der Wald vorzeitig zerstört werden. Ebenso besteht die Gefahr des Vertragsbruchs, wenn sich aufgrund veränderter Opportunitätskosten die Anreize für die Vertragspartner ändern (Angelsen und Dutschke 2008: 80). Eine Lösungsmöglichkeit wäre die Koppelung von REDD+-Zahlungen an die Weltmarktpreise von in Frage kommenden Produkten. Auf jeden Fall sollten Haftungsfragen schon vor Vertragsschluss abschließend und eindeutig geregelt werden. Besonders wenn REDD+- Emissionszertifikate an einer Kohlenstoffbörse gehandelt werden sollen.
Auch indigene Gemeinschaften sollten von REDD+ profitieren können. Mit REDD+ sollte die Chance eröffnet werden, dass diesen nach Jahrhunderten der Marginalisierung schließlich offiziell die Rechte an ihrem Land zugestanden werden. Poffenberger (2009: 286) geht davon aus, dass REDD+ Programme Rahmenbedingungen schaffen können „for financing community-based forest conservation on a global scale and long-term basis, while establishing empirical methods to quantify and value important environmental services.” Diesen Eindruck stützt auch Biddulphs (2011: 3) Analyse, die zeigt, dass Menschen mit gesicherten Landrechten weniger Anreize zur Rodung der Wälder aus Landnutzungsgründen haben. Daher ist es immer wieder notwendig, die Sicherung der Landrechte als zentralen Pfeiler von REDD+ zu betonen. Dennoch sind die Landrechte, wie die Fallbeispiele im zweiten Teil der Arbeit zeigen werden, noch immer einer der großen Streitpunkte in REDD+ Projekten.
Es gibt jedoch auch zahlreiche Kritiker, die der Ansicht sind, REDD+ vermittle einen falschen Blickwinkel. Denn Wald sei nicht nur ein Wirtschaftsfaktor und ein Kohlenstoffbindemittel, sondern auch der Lebensraum von Menschen. Durch REDD+ wurden indigene Völker und lokale Gemeinschaften, gerne auch „forest depending communities“ genannt, plötzlich Akteur und Zielgruppe der internationalen Klimapolitik. Dabei ginge es bei REDD+ primär immer um die Reduzierung von Emissionen. Die Verbesserung der Lage der Indigenen sein zweitrangig – eben nur ein wünschenswerter aber nicht notwendiger Co -Benefit. Die Safeguards, die eigentlich gedacht waren, um die Interessen der Menschen zu schützen, hätten kaum unverbindlicher formuliert werden können. Aus der ursprünglichen Forderung vieler Nichtregierungsorganisationen (NGO) „No Rights – No REDD“ wurde im einleitenden Paragrafen mit der Formulierung “respect for the knowledge and rights of indigenous peoples […], by taking into account relevant international obligations, national circumstances and laws […]”[2] Rechnung getragen. Der kulturelle Bezug der Menschen zu ihrem Land und zum Wald würde ausgeblendet. Die so wichtigen Safeguards sind daher kaum mehr als ein zahnloser Tiger. Dies zeige, dass monetärer Nutzen höher bewertet werde als die Belange der Menschen, weshalb schon die REDD+ zugrundeliegenden Wertvorstellungen kritisch zu hinterfragen seien (Schrope 2009: 103). Denn weiterhin sind diese Co-Benefits Transferleistungen, die an quantifizierbare Ergebnisse im Bereich der Kohlenstofffixierung gekoppelt sind. Wie Fatheuer (2015: 12) feststellt, ist dies keinesfalls eine „win-win-Option, sondern es ist ein eingeschlagener Weg, der sich von andern Möglichkeiten unterscheidet. Transferleistungen an messbare Kohlenstoffergebnisse zu knüpfen, ist etwas Anderes als sie auf Rechte zu begründen“. Bei der Betrachtung der Fallbeispiele aus Kambodscha und Indonesien wird noch gezeigt werden, dass sich diese Haltung auch in der Umsetzung der Projekte widerspiegelt.
Im Laufe der Jahre ist REDD+ beständig erweitert worden. Diese Anpassungen sollten Unzulänglichkeiten beseitigen und Sicherheit für alle Beteiligten gewährleisten. Allerdings ist diese Entwicklung durchaus auch kritisch zu betrachten, da, wie Fatheuer (2015: 10) zusammenfasst, aus „einer einfachen Idee ein komplexes und widersprüchliches Konstrukt […]“ geworden ist, „unter dem leicht ganz verschiedene Ansätze, Politiken und Projekte subsumiert werden können“.
In diesem Kapitel werden Grundannahmen der Umweltökonomie vorgestellt und im Zusammenhang mit REDD+ erläutert. Es soll gezeigt werden, warum es zu gesamtgesellschaftlich unvorteilhaft hohen Entwaldungsraten kommt und welche ökonomischen Aspekte die Umwelt- und Klimapolitik beeinflussen. Zudem soll die ökonomische Funktionsweise des REDD+ Mechanismus beleuchtet werden, um Rückschlüsse auf die Legitimation des Mechanismus ziehen zu können.
Die unvermeidbare Knappheit aller Ressourcen steht im Mittelpunkt jeder ökonomischen Betrachtung. Die Wirtschaftswissenschaften gehen davon aus, dass menschliche Bedürfnisse grundsätzlich unbegrenzt sind, aber von der Begrenztheit der verfügbaren Güter in die Schranken gewiesen werden. Dabei wird zwischen absoluter und relativer Knappheit unterschieden. Bei absoluter Knappheit liegt ein Mangel vor, der nicht substituiert werden kann. Aufgrund dieser Beschränktheit ist eine Zuteilung (Allokation) der Güter notwendig. (Roth, 2011: 8–9). In der sozialen Marktwirtschaft regelt der Markt die Verteilung der Güter, während der Staat zur sozialen Wohlfahrtssicherung regulierend eingreift. Dem Markt kommt somit die Allokationsfunktion zu. Bei knappen Gütern wird daher eine Preisbildung stattfinden, die als Indikator für den Grad der Knappheit dient und die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage löst (Oberender und Rudolf 2005: 321).
Wie alle Güter sind also auch Umweltressourcen begrenzt und fallen in den Gegenstandsbereich der Ökonomie. Sie unterliegen dem Phänomen der Knappheit und es können Effizienzprobleme auftreten, die staatliches Eingreifen erforderlich machen. Daher sind Umweltressourcen Teil der wirtschaftswissenschaftlichen Disziplin der Umweltökonomie. Umwelt meint in diesem Zusammenhand den natürlichen Lebensraum der Menschen. Dazu zählen neben Boden, Luft und Wasser auch die Tier- und Pflanzenwelt sowie Landschaften und Bodenschätze (Hartwig 2007: 198). Damit umfasst die Umweltökonomie sowohl regenerative als auch erschöpfliche Ressourcen und deren Nutzung. Dadurch ergeben sich zwei genereller Problemfelder. Zum einen der Einsatz und die Verteilung der Ressourcen zum gegebenen Zeitpunkt. Zum anderen die Verteilung der erschöpflichen Ressourcen über die Zeit hinweg. Dabei ist letzteres eher Gegenstand der Ressourcenökonomie. Umweltprobleme sind aus Perspektive der Ökonomie die Folge von ineffizienter Nutzung knapper Umweltgüter. Diese Ineffizienz resultiert daraus, dass nicht alle anfallenden Kosten berücksichtigt werden (Hartwig 2007: 200).
In der Ökonomie werden verschiedene Arten von Gütern unterschieden. Zunächst erfolgt eine Einteilung in knappe und nicht-knappe Güter. So gibt es die freien Güter wie Luft oder Sonnenlicht. Diese unterliegen nicht der Knappheit und da ihre Bereitstellung nichts kostet, werden sie auch nicht gehandelt (Oberender und Rudolf 2005: 321). Bei den knappen Gütern wird anhand der Kriterien „Exklusivität“ und „Rivalität“ eine weitere Unterteilung vorgenommen. Zum einen gibt es die reinen öffentlichen Güter, die durch Nicht-Rivalität im Konsum und Nicht-Ausschließbarkeit gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zu privaten Gütern, die von Rivalität im Konsum gekennzeichnet sind, können öffentliche Güter von jedermann gleichermaßen genutzt werden, ohne dass der Nutzwert sinken würde. Allerdings ist ihre Bereitstellung nicht kostenlos. Straßenbeleuchtung ist ein solches Gut, da alle Passanten den gleichen Nutzen daraus ziehen können. Ferner ist es nicht möglich einzelnen Konsumenten die Nutzung zu verwehren. Die Straßenlaterne leuchtet entweder für alle Vorbeigehenden oder für keinen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass es keinen Markt für öffentliche Güter gibt. Denn zweifellos ist niemand bereit, für ein Gut zu bezahlen, wenn er es auch kostenlos nutzen kann. Es gibt zwar Interessenten für öffentliche Güter, aber diese sind nicht bereit einen Marktpreis zu zahlen, zu dem Produzenten willens sind das Gut herzustellen. In der mikroökonomischen Theorie wird ein Marktpreis aus der Regel „Grenzkosten gleich Preis“ abgeleitet. Im Fall der öffentlichen Güter sind die Grenzkosten[3] für die Konsumenten jedoch gleich null (Oberender und Rudolf 2005: 323). Für die Konsumenten ist es also individuell rational, öffentliche Güter als sog. Trittbrettfahrer zu nutzen, ohne dafür zu bezahlen. Daher werden diese Güter in der Regel vom Staat zur Verfügung gestellt und über Steuern und andere Abgaben werden alle realen und potentiellen Konsumenten an der Finanzierung beteiligt.
Eine besondere Spielart der öffentlichen Güter stellen internationale und globale öffentliche Güter dar. Erstere sind Güter, die mindestens zwei Staaten betreffen, so etwa ein Fluss, der durch mehrere Länder fließt oder grenzüberschreitende Waldflächen. Internationale öffentliche Guter wären in diesen Fällen der Gewässerschutz bzw. die Walderhaltung. Globale öffentliche Güter betreffen die ganze Welt, sodass alle Staaten sowohl Schädiger als auch Geschädigter sind (reziproke Externalität). Beispiel für ein globales öffentliches Gut sind Klimaschutzmaßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen (Krumm 1996: 5). Die Vermeidung der Emission von Globalschadstoffe hat den Charakter eines öffentlichen Gutes, weil „die durch die Vermeidungsmaßnahme induzierte Umweltveränderung ein Gut darstellt, welches als ökologische Determinante (vermindertes globales Emissions- bzw. Konzentrationsniveau) in gleichem Ausmaß in die Wohlfahrtsfunktion eines jeden Landes eingeht“ (Krumm 1996: 5-6).
Bei der Bereitstellung nationaler und internationaler öffentlicher Güter besteht ein fundamentaler Unterschied darin, dass auf nationaler Ebene der Staat als übergeordnete Koordinierungsinstanz in Marktprozesse eingreifen kann. Auf globaler Ebene wären die Vereinten Nationen (UN) als eine solche Institution denkbar. Allerdings fehlt hier eine hinreichende Ausstattung mit entsprechenden Kompetenzen zur Durchsetzung und Sanktionierung. Daher kann es nur zur Bereitstellung eines öffentlichen Gutes „globaler Umweltschutz“ kommen, wenn einzelne Staaten eine Vorreiterrolle einnehmen und ohne Zwang einer übergeordneten Institution Maßnahmen zur Emissionsreduktion ergreifen.
Bei öffentlichen Gütern allgemein und globalen öffentlichen Gütern speziell tritt Marktversagen auf, da ohne einen staatlichen Eingriff keine im Sinne der Wohlfahrtsökonomik optimale Allokation erfolgt. Um eine aus Sicht der Wohlfahrtsökonomik optimale Verteilung zu ermitteln, kann die Allgemeine Gleichgewichtstheorie herangezogen werden. Innerhalb dieser Theorie dient das Modell der vollständigen Konkurrenz der Erklärung von Marktprozessen. Diesem Ansatz zufolge „lässt sich eine gesamtgesellschaftlich optimale Allokation von Ressourcen und Gütern unter den Annahmen vollständiger Konkurrenz erreichen“ (Oberender und Rudolf 2005: 322). Dies entspräche einer pareto-optimalen Verteilung[4], da bei vollständiger Konkurrenz Gleichgewichtspreise bestehen, in die alle gesellschaftlichen Kosten und Nutzen einbezogen sind. Da Märkte in der Realität aber nicht so vollkommen funktionieren, liefert die Allgemeine Gleichgewichtstheorie Indikatoren dafür, wann ein politisches Eingreifen in Marktprozesse angezeigt ist, was sie auch für die Wirtschaftspolitik interessant macht.
Eine Intervention ist nicht nur bei Trittbrettfahrerverhalten im Fall der öffentlichen Güter notwendig. Auch die Zuordnung von exklusiven Nutzungsrechten, wie dies beim Privateigentum der Fall ist, garantiert nicht unbedingt eine effiziente Ressourcennutzung. Auch wenn Kosten und Nutzen nicht vollständig in den Gleichgewichtspreisen erfasst sind kommt es zu Marktversagen. Dies ist bei externen Effekten der Fall, die im folgenden Kapitel näher erläutert werden.
Neben diesen reinen öffentlichen Gütern gibt es noch die unreinen öffentlichen Güter, die auch Allmendegüter oder Common-Properties genannt werden. Sie sind durch Nicht-Ausschließbarkeit bei gleichzeitiger Rivalität im Konsum gekennzeichnet. Daraus folgt eine Übernutzung des Gemeingutes, was zu einem zu schnellen Ressourcenabbau, und als Konsequenz zur Zerstörung der Umwelt, führt. Den Grundstein für die Diskussion um Allmenderessourcen legte der 1968 erschienene Artikel „The Tragedy of the Commons“, in dem der Biologe Gerrett Hardin das Problem sehr anschaulich verdeutlichte. Hardin benutzt in seinem Artikel die Parabel einer Weide, zu der alle Hirten der Gegend unbeschränkten Zugang genießen. Nimmt man an, dass jeder Hirte seinen Nutzen maximieren will, dann wird er möglichst viele Tiere auf der Weide grasen lassen. Dies wird dann zum Problem, wenn die Regenerationsfähigkeit der Wiese ihre Grenze erreicht. Der Grenznutzen des Hirten ergibt sich aus der Gegenüberstellung von Ertragssteigerung und zusätzlichen Kosten. Für den Hirten ist es möglich, mehr Tiere zu weiden, wobei mit dem zusätzlichen Ertrag keine zusätzlichen Kosten verbunden sind. Denn die Kosten für die Übernutzung der Weide trägt der Hirte nicht allein, sondern teilt sie mit allen anderen Hirten (Hardin 1968: 1244). Das führt dazu, dass die Nutzer nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang mit den tatsächlichen Kosten ihres Konsums konfrontiert werden und die Übernutzung der Güter individuell rational ist (Hartwig 2007: 203).
Allerdings muss zwischen Gütern in Gemeinschaftseigentum und dem freien Zugang zu einer Ressource unterschieden werden. Während freier Zugang zu einem Gut normalerweise die von Hardin aufgezeigte Übernutzung zur Folge hat, „kann Gemeinschaftseigentum oft durch vertragliche und gewohnheitsrechtliche Beschränkungen bei der Nutzung von Ressourcen durchaus effizienter sein als das Privateigentum“ (Schäfer und Ott 2012: 596). Denn die Dynamiken kleinerer Gruppen sind für die Verwaltung von Ressourcen vorteilhaft. Innerhalb einer Gruppe, die gemeinsam Güter nutzt, können die Mitglieder leicht Informationen über Kosten, Nutzen und Risiken der Ressourcennutzung austauschen. Außerdem herrscht in der Regel ein gewisses Maß an Vertrauen und Stabilität auch über mehrere Generationen hinweg. Kollektiventscheidungen genießen eine hohe Akzeptanz unter den Angehörigen der Gruppe, sodass übermäßige Transaktions- und Deprivationskosten vermieden werden. Der soziale Zusammenhalt, aber auch der gesellschaftliche Druck sorgen dafür, dass Absprachen über Einschränkungen der Nutzungsintensität eingehalten, oder Verstöße von der Gemeinschaft sanktioniert werden (Ostrom 2001: 346-347).
Für die Betrachtung des REDD+-Mechanismus sind diese Überlegungen relevant, da es sich auch bei Wäldern meist um Allmendegüter handelt. Zwar befinden sich die meisten Wälder in staatlichem Besitz oder es wurden Konzessionen an Unternehmen vergeben. Dennoch ist in der Praxis die Ausschließbarkeit Dritter von der Nutzung der Waldressourcen nur selten gegeben. Eine ökonomische Betrachtung von REDD+-Projekten muss daher immer auch nach Landrechten fragen. Denn aus ökonomischer Sicht macht es einen großen Unterschied, ob der Wald Eigentum des Staates, einzelner Personen bzw. Firmen, oder kleinerer Gruppen, wie indigener Gemeinschaften, ist. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Eigentumsrechte vor Projektbeginn zu klären. Darüber hinaus geht es im Zusammenhang mit REDD+ nicht primär um die Nutzung des Waldes zu land- bzw. forstwirtschaftlichen Zwecken. Von Relevanz sind zudem die mit Wäldern verbundenen Ecosystem Services, die eine große Rolle in der Umweltpolitik spielen. Das Dilemma liegt darin, dass die Nutzung des Waldes im herkömmlichen Sinne ausschließt, dass die Allgemeinheit von anderen Dienstleitungen des Ökosystems, wie etwa der Speicherung von Kohlenstoff, profitiert. Der individuelle Nutzen konkurriert mit dem Nutzen für die Gesellschaft. Mit Hardins Gleichnis ausgedrückt bedeutet dies, dass alle Beteiligten zwar ein Interesse daran haben, dass die Gemeinwiese nicht übernutzt wird. Andererseits aber auch jeder einen rationalen Grund hat, zur Übernutzung beizutragen. „Die Rationalität der Individuen steht der Realisierung dessen, woran sie alle ein rationales Interesse nehmen (einer Pareto-Verbesserung), im Wege. Das ist die ‚Tragik der Allmende‘“ (Kliemt 2009: 644).
Grundsätzlich wird ein Eingreifen des Staates in den Markt von der Ökonomie negativ bewertet. Eine Ausnahme stellt das sog. Marktversagen dar. Ein Marktversagen liegt vor, wenn individuell rationales Verhalten zu kollektiv irrationalen Ergebnissen führt. Kollektiv rationales Verhalten zeichnet sich durch die Erfüllung des Kriteriums der Pareto-Effizienz aus; es werden also keine knappen Ressourcen verschwendet und es kann niemand bessergestellt werden ohne dass ein anderer schlechter gestellt wird. Führt also bereits individuell rationales Verhalten zu kollektiv rationalen Ergebnissen, ist ein Eingriff nicht notwendig. Vielmehr können nicht erforderliche staatliche (also kollektive) Interventionen überflüssige Kosten verursachen. Wird ein pareto-effizientes Ergebnis dagegen systematisch verfehlt, liegt kollektiv irrationales Verhalten vor. Nur in diesem Fall ist ein Staatseingriff in die Marktallokation sinnvoll (Roth 2011: 149).
[...]
[1] Watch Indonesia 2011: 6. http://www.watchindonesia.org/wp-content/uploads/2011%20WI%20REDD%20in%20Indonesien.pdf, letzter Abruf 09.07.2016.
[2] UNFCCC 2010: 26. http://unfccc.int/resource/docs/2010/cop16/eng/07a01, letzter Abruf: 01.07.2016.
[3] Als Grenzkosten werden die Kosten bezeichnet, die für die Produktion einer zusätzlichen Einheit eines Gutes anfallen.
[4] Ein Zustand ist dann pareto-optimal, wenn kein Akteur mehr besser gestellt werden kann, ohne dass ein anderer schlechter gestellt wird (Schäfer und Ott 2012: 14).
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