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Bachelorarbeit, 2016
51 Seiten, Note: 1,7
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichni
1. Einleitung
2. Corporate Social Responsibility
2.1 Der CSR Begriff in der wissenschaftlichen Debatte
2.2 Offizielle Definitionen von CSR
2.2.1 Die CSR-Definition der Europäischen Kommission
2.2.2 Die CSR-Definition in der ISO
2.3 Abgrenzung der verwandten Begrifflichkeiten von CSR
2.3.1 Corporate Governance (CG)
2.3.2 Corporate Citizenship (CC)
2.3.3 Corporate Sustainability (CS)
3. Glaubwürdige CSR-Kommunikation aus der wissenschaftlichen Perspektive
3.1 CSR-Kommunikation in der wissenschaftlichen Debatte
3.2 Die Stakeholder im Fokus der CSR-Kommunikation
3.3 Glaubwürdigkeit als zentrale Herausforderung für CSR-Kommunikation
3.4 Normative Anforderungen der Wissenschaft an eine glaubwürdige CSR- Kommunikation
4. Glaubwürdigkeit der CSR-Kommunikation im Premiumsegment der deutschen Automobilindustrie
4.1 BMW Group
4.1.1 Der CSR-Ansatz der BMW Group
4.1.2 Die BMW Group und die Implementierung von normativen wissenschaftlichen Anforderungen zu einer glaubwürdigen CSR- Kommunikation
4.2 Daimler AG
4.2.1 Der CSR-Ansatz der Daimler AG
4.2.2 Die Daimler AG und die Implementierung von normativen wissenschaftlichen Anforderungen zu einer glaubwürdigen CSR- Kommunikation
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Exemplarische Stakeholder und ihre Ansprüche an das Unternehmen
Abbildung 2: Stakeholder-Konzepte
Abbildung 3: Zentrale Handlungsfelder der Daimler Nachhaltigkeitsstrategie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Klimawandel, das Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich, eine zuneh- mende globalisierte Wirtschafts- und Arbeitswelt mit einem enormen Verbrauch an natürlichen Ressourcen. Dies sind nur wenige der vielen großen globalen Heraus- forderungen vor denen wir jetzt und in der Zukunft stehen werden. Die Forderung der Gesellschaft, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit freiwillig mehr Verantwortung übernehmen, um diesen Problemen entgegen zu wirken, wächst seit Jahren. Gerade die großen multinationalen Unternehmen stellen ein- flussreiche Akteure bei der Bewältigung globaler Herausforderungen dar (vgl. Trautner 2012, S. 752). Die Wirtschaft muss sich aus diesem Grund mit einer neuen Wertediskussion auseinandersetzen. In diesem Zuge hat ein Konzept immer mehr an Bedeutung gewonnen, mit dem Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verant- wortung gerecht werden wollen: Corporate Social Responsibility (CSR). „Maßgeb- liche Bestandteile von CSR sind in der Unternehmenspraxis zum einen die einzel- nen Maßnahmen, in denen die gesellschaftliche Verantwortung zum Ausdruck kommt, und zum anderen die Kommunikation dieser Bemühungen als CSR-Kom- munikation“ (Raupp et al. 2011, S. 9). Heute befasst sich die überwiegende Mehr- heit der Unternehmen mit CSR und versucht sein freiwilliges gesellschaftliches En- gagement positiv nach außen zu kommunizieren. Auf der anderen Seite werden im- mer wieder Methoden und Verfahrensweisen publik, die offenbaren, dass viele Un- ternehmen verantwortungslos und nur hinsichtlich ihrer ökonomischen Interessen wirtschaften.
Ein aktueller und sehr schwerwiegender Fall stellt hier der Abgasskandal dar. Die- ser wurde Ende des Jahres 2015 bekannt. Das Ausmaß ist bis zum jetzigen Zeit- punkt noch nicht absehbar. Große internationale Automobilkonzerne wie unter an- derem Volkswagen, Opel, Fiat oder Mercedes-Benz werden mit dem Vorwurf kon- frontiert, die Abgaswerte einiger Dieselfahrzeuge bewusst manipuliert zu haben (vgl. Breitinger 2016). Der Abgasskandal bringt somit die deutsche aber auch in- ternationale Automobilindustrie in Verruf. Die Folgen für die Hersteller sind noch nicht abschätzbar, werden aber erhebliche finanzielle Konsequenzen durch Rück- rufaktionen, Klagen, Bußgelder und mögliche Absatzrückgänge mit sich bringen.
Doch noch ein weiterer Faktor kann erhebliche negative Folgen für die Unterneh- men bedeuten, wenn sie bewusst und verantwortungslos soziale oder ökologische Risiken in Kauf nehmen, um ihre ökonomischen Ziele voranzutreiben: Ein Glaub- würdigkeitsverlust und daraus resultierend ein geringeres Vertrauen in das Unter- nehmen durch die gesamte Gesellschaft. Hier offenbart sich ein großes Problem: „Glaubwürdigkeit ist das Fundament für erfolgreiche CSR. Werden die CSR-Akti- vitäten von den Anspruchsgruppen als unglaubwürdig wahrgenommen, so wirken die Engagements kontraproduktiv“ (Heinrich; Schmidpeter 2013, S. 7). So beein- flusst der Faktor Glaubwürdigkeit das ganze Feld der CSR und vor allem der CSR- Kommunikation. Auf wissenschaftlicher Ebene hat sich die CSR-Debatte in Deutschland mittlerweile als interdisziplinärer Forschungsbereich etabliert. Auch die Kommunikationsforschung hat dazu beigetragen die unternehmerische Kom- munikation gesellschaftlicher und nachhaltiger Aspekte in den Fokus zu rücken (vgl. Jaromilek 2014. S. 1280).
Mit dieser Arbeit soll deshalb das aktuelle Glaubwürdigkeitsproblem in der CSR- Kommunikation mit dem Forschungstand der Wissenschaft verknüpft werden. Es soll herausgefunden werden, welche Anforderungen von Seiten der Wissenschaft an die Unternehmen gestellt werden, um ihre CSR-Aktivitäten glaubwürdig und somit auch erfolgreich zu kommunizieren. Die Erkenntnisse sollen dann mit der tatsächlichen unternehmerischen Praxis der CSR-Kommunikation verglichen wer- den.
Um eine thematische Einordnung gewährleisten zu können, beginnt diese Arbeit mit einem kurzen historischen Rückblick zur Entwicklung des Themengebietes von CSR und der Debatte um CSR in der Wissenschaft, sowie begrifflichen Definitio- nen und Abgrenzungen (Kapitel 2). Das darauf folgende dritte Kapitel setzt sich mit der Glaubwürdigkeit der CSR-Kommunikation in der Wissenschaft auseinander. Hierzu sollen zunächst unterschiedliche Zielsetzungen und Erscheinungsformen von CSR-Kommunikation vorgestellt werden. Eine sehr wichtige Bedeutung im ge- samten CSR-Konzept und vor allem auch in der CSR-Kommunikation spielen die Anspruchsgruppen (Stakeholder) der Unternehmen. Wie im Rahmen einer verant- wortungsvollen, ethischen CSR-Kommunikation Unternehmen an ihre Stakeholder herantreten sollten, wird deshalb ebenfalls im Rahmen dieses Kapitels untersucht. Das Problem und die Herausforderung der Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit der Kommunikation von CSR-Aktivitäten stellen den zentralen Aspekt dieser Ar- beit dar. So soll zunächst auf die Problematik der Glaubwürdigkeit im CSR-Kontext eingegangen werden, bevor dann hierzu Lösungen und Forderungen der Wissen- schaft erarbeitet werden können. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen als Aus- gangspunkt für das vierte Kapitel dienen. Dieses markiert den unternehmensprak- tischen Teil der Arbeit. Anhand zwei ausgewählter deutscher Automobilkonzerne des Premiumsegmentes (BMW Group und Daimler AG) soll überprüft werden, in- wiefern die im dritten Kapitel gewonnenen Erkenntnisse und Forderungen der Wis- senschaft auch tatsächlich in der praktischen Umsetzung von CSR-Kommunikation umgesetzt werden. Dazu sollen die Unternehmen und ihr CSR-Ansatz kurz be- schrieben werden bevor dann analysiert werden kann, inwieweit die beiden Unter- nehmen die wissenschaftlichen Zielvorstellungen implementieren. Die Ergebnisse der theoretischen und unternehmenspraktischen Erkenntnisse sollen dann im fünf- ten Kapitel miteinander verknüpft und verglichen werden und bilden somit den Ab- schluss dieser Arbeit.
Corporate Social Responsibility (CSR) wird in der deutschen Literatur allgemein mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen übersetzt. Eine Begriffliche Einordung oder vielmehr eine einheitliche Definition zu CSR zu finden, erweist sich als schwierig und offenbart den großen Diskurs, der über CSR seit vielen Jahren geführt wird. Bis heute hat sich in der wissenschaftlichen Debatte kein einheitliches Begriffsverständnis zu CSR bilden können.
Die ersten Definitionen zu CSR kamen aus dem anglo-amerikanischen Raum. In den USA bildet die Publikation „Social Responsibilities of the Businessmen“ von Bowen aus dem Jahr 1953 den Ursprung zur heutigen CSR Debatte. Bowen sieht die Unternehmen in der Pflicht, sich an den gesellschaftlichen Erwartungen und Werten zu orientieren (vgl. Loew; Rohde 2013, S. 8). Daraufhin folgte eine kont- roverse Diskussion über die Verantwortungsrolle der Unternehmen gegenüber der Gesellschaft aus ethischen sowie ökonomischen Gesichtspunkten (vgl. Weber 2008, S. 40). Im Jahr 1979 lieferte Carroll dann eine bis heute angesehene und häufig verwendete Definition zu CSR: „The social responsibility of business en- compasses the economic, legal, ethical, and discretionary expectations that society has of organizations at a given point in time“ (Carroll 1979, S. 500). So sieht Carroll für die Unternehmen ökonomische Verantwortung, rechtliche Verantwortung aber auch eine ethische Verantwortung, die über gesetzliche Vorgaben und Richtlinien hinausgeht. Im Jahr 1996 erweiterte Carroll sein Modell um eine vierte Art der Ver- antwortung. Mit der philanthropischen Verantwortung bezog er sich auf freiwillige Aktivitäten und somit auf unternehmerisches Engagement und Wohlfahrt (vgl. Kuhlen 2005, S. 8 f.). Der philanthropische Ansatz Carrolls prägte lange Zeit das CSR Verständnis in den USA. Er beschränkte die CSR Debatte allerdings auf die Frage, was Unternehmen mit ihrem Gewinn machen, konzentrierte sich aber nicht auf die wesentlichere Frage, wie Unternehmen ihren Gewinn erwirtschaften (vgl. Loew; Rohde 2013, S. 8).
Ein Grund dafür, dass es bis heute kein einheitliches und allgemeingültiges CSR- Verständnis gibt, liegt darin, dass der gesellschaftliche Wertekanon einem zeitli- chen Wandel unterliegt. Deshalb ist das CSR-Konzept ständig an die Besonderhei- ten von Kulturräumen, Wirtschaftsbranchen und einzelnen Unternehmen anzupas- sen (vgl. Werther; Chandler 2005, S. 319 f.). „Der Begriff CSR kann also nicht genau definiert werden. Er ist als weit zu fassendes und nicht vollständig zu klären- des Konzept anzusehen“ (Schleer 2014, S. 18). Ein weiterer Punkt, der die wissen- schaftliche Debatte zum Thema CSR erschwert, ist die nahe Verwandtschaft von CSR zur Nachhaltigkeit (siehe hierzu Kapitel 2.3.3). Dies ist auch drauf zurückzu- führen, dass sich CSR aus den drei Nachhaltigkeitsdimensionen zusammensetzt: Ökonomie, Ökologie und Soziales. In der CSR-Forschung wird hier auch von Ver- antwortungsdimensionen gesprochen. Von Verantwortung im Zusammenhang mit CSR wird vor allem dann gesprochen, wenn die CSR-Maßnahmen über gesetzliche Vorgaben hinausgehen und im Zuge einer freiwilligen Selbstverpflichtung vollzo- gen werden. Bedeutend ist hier aber, dass es nicht um eine unreflektierte Entfaltung von Wohltätigkeitsaktivitäten geht, sondern das CSR-Engagements sich am Kern- geschäft des Unternehmens ausrichten (vgl. Lecker 2010, S. 13 f.).
Darüber, dass CSR Aktivitäten auf freiwilliger Basis entstehen und durchgeführt werden müssen und die Freiwilligkeit ein bedeutendes Merkmal des CSR-Ansatzes darstellt, besteht heute auch auf internationaler Ebene Einigkeit (vgl. Schaltegger 2012, S. 168). Zudem haben in den letzten Jahren zwei Definitionen an Bedeutung gewonnen und werden als die beiden wichtigsten „offiziellen“ Definitionen zu CSR angesehen (vgl. ebd. S. 5). Dies sind die CSR-Definition der Europäischen Kommission und die CSR-Definition in der ISO 26000. Diese werden im Folgenden erläutert und sollen als Definitionsgrundlagen dieser Arbeit dienen.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der CSR Begriff im Rahmen der in Lissabon entwickelten EU-Strategie das erste Mal durch die Europäische Kommission auf- genommen. Im Jahr 2001 veröffentlichte die Europäische Kommission dann das EU-Grünbuch zu CSR (vgl. Loew et al. 2004, S. 24). In diesem versteht die Euro- päische Kommission CSR als „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unterneh- menstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern1zu integrie- ren“ (Europäische Kommission 2001, S. 8). Im Jahr 2011 gab die Europäische Kommission eine neue EU-Strategie für das CSR Konzept für die Jahre 2011-2014 und mit dieser auch eine neue Definition des CSR Begriffs bekannt. Diese besitzt bis zum jetzigen Zeitpunkt Gültigkeit. Nach der neuen Definition bezeichnet die Europäische Kommission CSR als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ (Europäische Kommission 2011. S.7). Weiter- gehend wird festgelegt:
„Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die zwischen Sozialpart- nern bestehenden Tarifverträge eingehalten werden, kann diese Verantwor- tung wahrgenommen werden. Damit die Unternehmen ihrer sozialen Ver- antwortung2in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale, ökologische, ethische, Menschen- rechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Stake- holdern in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie integriert werden“ (ebd.).
Die ISO 26000 wurde im November 2010 von 3der Internationalen Organisation für Normung (International Organization for Standardization, ISO) veröffentlicht. Zum einen definiert die ISO 26000 was gesellschaftliches Handeln ausmacht, zum ande- ren baut sie inhaltlich auf zahlreichen etablierten Standards auf und formuliert Handlungsempfehlungen zu Kernthemen der gesellschaftlichen Verantwortung. Sie soll so die bis dahin bestandene Lücke, von anerkannten themen- und branchen- übergreifenden Standards mit Leitfadencharakter schließen. Die ISO 26000 wird von der Europäischen Kommission als Bestandteil eines globalen CSR-Rahmens anerkannt (vgl. BMUB 2014, S. 6). Allerdings verwendet die Norm nicht den Be- griff der CSR, sondern den der Social Responsibility (SR), da sie sich nicht nur an Unternehmen richtet, sondern an Organisationen jeglicher Art (vgl. Loew; Rohde 2013, S. 7).
„(C)SR wird in der ISO 26000 definiert als „Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf die Gesellschaft und Umwelt durch transparentes und ethisches Verhalten, das
- zur nachhaltigen Entwicklung, Gesundheit und Gemeinwohl eingeschlos- sen, beiträgt,
- die Erwartungen der Anspruchsgruppen berücksichtigt,
- anwendbares Recht einhält und im Einklang mit internationalen Verhal- tensstandards steht, und
- in der gesamten Organisation integriert ist und in ihren Beziehungen gelebt wird“ (Loew; Rohde 2013, S. 7).
Die ISO 26000 spricht somit die gleichen Kernpunkte an wie die Europäische Kommission in ihrer CSR-Definition im Jahr 2011. Bedeutend für die ISO-Norm, ist die globale Annäherung an die CSR-Begrifflichkeit.
Der Begriff des Corporate Governance findet seinen Ursprung, wie auch der Begriff CSR, im angelsächsischen Bereich. Corporate Governance kommt im deutschen dem Begriff der Unternehmensverfassung am nächsten. Allerdings unterscheiden sich die Termini darin, dass Corporate Governance auch die rechtliche und fakti- sche Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld mit einbezieht und nicht wie die Unternehmensverfassung ausschließlich die Binnenordnung eines Unterneh- mens festlegt (vgl. Werder 2015, S. 3 f.). So bezeichnet Corporate Governance in einer Kurzformel: „[…] den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens“ (Werder 2015, S. 3).
Auch politische Institutionen beschäftigen sich mit dem Themengebiet der Corporate Governance. Im Jahr 2002 kam durch eine Regierungskommission des Bundesministeriums für Justiz der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) zustande. Dieser richtet sich in erster Linie an börsennotierte Gesellschaften und enthält wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung, sowie national und international geltende Standards zu guter und verantwortungsvoller Führung von Unternehmen. Der DCGK soll somit das System des Corporate Governance transparent und nachvollziehbar gestalten (vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2015, S. 1).
Es ist festzuhalten, dass Corporate Governance und CSR zwar im Grunde das glei- che Ziel, die Reduktion von Risiken, verfolgen. Jedoch besteht der Unterschied der zwei Konzepte darin, „[…] dass CG sich auf die Organe des Unternehmens be- schränkt und sich mit Anreiz- und Kontrollstrukturen auseinander setzt, um Fehl- verhalten des Management zu vermeiden, während CSR auch Prozesse einbezieht“ (Bassen et al. 2005, S. 234 f.).
Der Begriff des Corporate Citizenship unterliegt einer großen Vielfalt an Definiti- onen und Interpretationen. Im deutschen kann Corporate Citizenship zunächst mit unternehmerischen Bürgerengagement übersetzt werden, welches vor allem in der ökonomischen Debatte als gesamtes „gemeinwohlorientierte“ Handeln von Unter- nehmen bezeichnet wird (vgl. Habisch 2003, S. 51). Corporate Citizenship Aktivi- täten sollen der Gesellschaft nutzen, indem die Unternehmen nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch unter anderem fachliches Know-how, Organisations- kompetenz, Informationen oder das Engagement der Mitarbeiter beisteuern. So können Unternehmen durch Corporate Citizenship eine ordnungspolitische Mitver- antwortung übernehmen und die Arbeit von gemeinwohlorientierten Institutionen (Bildungs-, Sozial- und Kultureinrichtungen, NGOs, Verbände etc.) unterstützen (vgl. ebd. S. 58).
Der entscheidende Unterschied zwischen Corporate Citizenship und CSR besteht darin, dass sich CSR auf die Verantwortungswahrnehmung innerhalb des Kernge- schäftes der Unternehmen bezieht und Corporate Citizenship Aktivitäten nur au- ßerhalb des Kerngeschäftes wahrgenommen werden. „Demzufolge beinhaltet Cor- porate Citizenship die Idee von Zugehörigkeit und effektiver Teilnahme der Unter- nehmen an ihrem Umfeld. Dahingegen liegt bei CSR die Verantwortung zugrunde, dass die Unternehmen ihr gesamtes Handeln gegenüber der Natur, den Menschen (insbesondere Kunden und Mitarbeitern) sowie der Gemeinschaft rücksichtsvoll gestalten sollen“ (Welzel 2008, S. 69).
Corporate Sustainability kann als Nachhaltigkeit auf unternehmerischer Ebene ver- standen werden (vgl. Schneider 2015, S. 28). Der Leitgedanke der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Politische Relevanz erfuhr der Begriff aber erst im Jahr 1987 mit der Veröffentlichung des Brundtland-Reports. Nach die- sem Abschlussbericht von der von den Vereinten Nationen eingesetzten Weltkom- mission für Umwelt und Entwicklung, kann dann von einer nachhaltigen Entwick- lung gesprochen werden, wenn sie: „[…] den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eige- nen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“ (UN 1987, S. 24). Diese Definition besitzt auch heute noch Gültigkeit und internationale Anerken- nung (vgl. Schneider 2015, S. 28). In der wissenschaftlichen Forschung konnte sich bis jetzt keine einheitliche Definition zum Nachhaltigkeitsbegriff festigen. Seit der Rio-Konferenz im Jahr 1992 wird aber primär von drei Dimensionen der Nachhal- tigkeit gesprochen. Demnach kann eine nachhaltige Entwicklung nur durch die In- tegration der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension erreicht wer- den. Corporate Sustainability bezieht sich auf diese drei Dimensionen und soll zu einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen (vgl. Weber 2008, S. 42 f.). „Unternehmerische Nachhaltigkeit (CS) ist demnach ein Ent- wicklungsansatz, der unternehmerisches Handeln für gesellschaftliche Anliegen nicht als Zusatz, Reparatur oder Korrektur von ansonsten wenig angetasteten Un- ternehmenstätigkeiten sieht, sondern Nachhaltigkeit so in die unternehmerischen Grundsätze integriert, dass sie zum Bestandteil der betrieblichen Wertschöpfung wird“ (Schaltegger 2012, S. 168).
Eine bedeutende Ähnlichkeit zwischen den Konzepten der CS und CSR besteht da- rin, dass sich beide auf die ökonomische, ökologische und soziale Dimension be- ziehen. Wie bereits in Kapitel 2.1 erläutert, basiert CSR auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Die Unternehmen reagieren auf gesellschaftliche Belange und integ- rieren diese auf freiwilliger Basis in ihre Unternehmenstätigkeit. Dieses Merkmal der Freiwilligkeit stellt den wesentlichen Unterschied zwischen CSR und CS dar. Das Konzept der Corporate Sustainability geht über die freiwilligen unternehmeri- schen Aktivitäten hinaus und beinhaltet die Weiterentwicklung des Kerngeschäftes des Geschäftsmodells, sowie die Koordination und Integration des Umwelt- und Sozialmanagements mit dem konventionellen betrieblichen Management (vgl. ebd.).
Durch die zunehmende Bedeutung von CSR gehört die CSR-Kommunikation Un- tersuchungen zufolge „[…] zu den fünf wichtigsten Kommunikationsdisziplinen im Kommunikationsmanagement und ist neben der internen Kommunikation die am stärksten wachsende Disziplin von Corporate Communication“ (Zerfaß et al. 2008, zitiert nach Faber-Wiener 2013, S. 40). Somit wird in der CSR-Forschung auch der Kommunikation eine hohe Bedeutung beigemessen und die Anzahl der Projekte, die sich mit CSR im Kontext der Organisationskommunikation und PR-Forschung auseinandersetzen, steigt immens (vgl. Schultz 2011, S. 300). Allerdings bestehen auf nationaler und internationaler Ebene noch viele Lücken in der Forschung zur CSR-Kommunikation (vgl. Jarolimek 2014, S. 1281). Die Notwendigkeit, CSR-Kommunikation durchzuführen, liegt schlicht und ergreifend darin, dass CSR Kommunikation benötigt, um erfolgreich zu sein. Hierbei hat die CSR-Kommunikation zwei Funktionen:
- „die Kommunikation „von“ CSR - um den CSR-Prozess voran zu treiben - als Teil der internen aber auch der externen Unternehmenskommunikation,
- die Kommunikation „über“ CSR - um Bericht zu geben über ökonomische, ökologische und soziale Verantwortungsübernahme - als Teil des Reputationsma- nagements sowie der internen und externen Unternehmenskommunikation“ (Huber 2015, S. 794 f.).
Zu diesen beiden Funktionen lassen sich unterschiedliche Aufgaben und Ziele der CSR-Kommunikation formulieren. Aus einer ausschließlich gewinnorientierten Sichtweise lässt sich der Wettbewerbsvorteil durch die Durchführung von CSR- Aktivitäten und ihrer Kommunikation als Ziel und Zweck der CSR-Kommunika- tion anführen. Eine steigende Nachfrage an nachhaltigen, ökologischen und fairen Produkten treibt die Unternehmen demnach an, CSR-Aktivitäten durchzuführen, diese zu kommunizieren und zu vermarkten. Ein positiver Nebeneffekt hierbei kann die Anwerbung neuer Mitarbeiter darstellen, die sich aufgrund des guten Images eines Unternehmens angesprochen fühlen (vgl. Jarolimek 2014, S. 1274). Auf in- terner Ebene können die Aufgaben der CSR-Kommunikation unter anderem darin bestehen, zu einer Bewusstseinsbildung innerhalb des Unternehmens beizutragen und Mitarbeiter zu motivieren, die CSR-Aktivitäten des Unternehmens zu unter- stützen. Insgesamt sollte CSR-Kommunikation zur Umsetzung des Wie und Was des CSR-Engagements beitragen (vgl. Hardtke 2011, S. 342). „Sie sollte selbst an den Qualitätskriterien gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme des Unterneh- mens ebenso wie an den fundamentalen CSR-Prinzipien der Rechenschaftspflicht, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und der ethischen Legitimität ausgereichtet sein“ (Hardtke 2011, S. 342).
Damit diese Ziele im Rahmen eines nachhaltigen, ganzheitlichen CSR-Konzeptes erreicht werden können, ist es erforderlich, dass die Übernahme von Verantwortung im gesamten Wertschöpfungsprozess des Unternehmens integriert ist. Einen zent- ralen Bestandteil der Wertschöpfung bildet die Kommunikation selbst. Daraus re- sultiert, dass CSR-Kommunikation als eine Disziplin des Unternehmensmanage- ments wahrgenommen werden kann (vgl. Walter 2010, S. 47). Gleichzeitig stellt die CSR-Kommunikation kein völlig neues Kommunikationsinstrument dar, „[…] sondern beschreibt vielmehr eine Disziplin, Kommunikationsinstrumente einzuset- zen und auszurichten, um die Ansprüche der Stakeholder zu verstehen und entspre- chend CSR-Botschaften zielgenau zu entwickeln und zu positionieren“ (Walter 2010, S. 49).
Die Einbindung und der Dialog mit den oben erwähnten Stakeholdern eines Unter- nehmens gehören zu den grundsätzlichen Aspekten von CSR. Auch die Europäi- sche Kommission und die ISO 26000 sprechen in ihren CSR-Definitionen (Kapitel 2.3) die Bedeutung der Stakeholder an. Die Kommunikation mit den Stakeholdern eines Unternehmens ist ein wichtiges Element in einem ganzheitlichen CSR-Ansatz und erfüllt eine strategische und vermittelnde Rolle (vgl. Huber 2015, S. 794). Des- halb wird im folgenden Kapitel auf die Kommunikation mit den Stakeholdern im Rahmen der unternehmerischen CSR-Aktivitäten separat eingegangen.
Der Begriff der Stakeholder (Anspruchsgruppen) wurde größtenteils parallel zur Entwicklung des CSR-Konzepts in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert. An- lass war der Gedanke, dass es neben den Eigentümern und Aktionären auch noch weitere Personen, Gruppen und Organisationen gibt, die an Unternehmen berech- tigte Ansprüche und Interessen haben (vgl. Mesicek 2013, S. 5). In der ISO 26000 wird der Begriff der Stakeholder folgendermaßen definiert: „Stakeholder bezie- hungsweise Anspruchsgruppen werden Einzelpersonen oder Gruppen, bezeichnet, die ein Interesse an einer Entscheidung oder Tätigkeit einer Organisation haben“ (ISO 26000 2010). Die Europäische Kommission definiert Stakeholder als einzelne Akteure, Gruppierungen oder Organisationen, die unternehmerische Aktivitäten beeinflussen oder von ihnen beeinflusst werden. Darüber hinaus unterteilt sie zwi- schen internen Stakeholdern (z.B. die Belegschaft) und externen Stakeholdern (z.B. Kunden, Zulieferer, Anteilseigner, Investoren, lokale Gemeinschaften) (vgl. Euro- päische Kommission 2001, S. 29 f.). Da sich die Stakeholder in ihren Gegebenhei- ten zum Teil stark unterscheiden, ergeben sich viele unterschiedliche Ansprüche an das Unternehmen. Die dargestellte Grafik (Abbildung 1) soll die komplexe Situa- tion der Stakeholder und ihrer Ansprüche an das Unternehmen verdeutlichen. Hier- bei ist anzumerken, dass es sich um eine exemplarische Auswahl der Stakeholder handelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Exemplarische Stakeholder und ihre Ansprüche an das Unternehmen (Quelle: Stierl; Lüth 2015, S. 9).
Die vielen verschiedenen Anspruchsgruppen mit ihren unterschiedlichen, zum Teil sogar gegensätzlichen Forderungen an das Unternehmen, stellen dieses vor eine große kommunikative Herausforderung. Folgendes Beispiel von Bernd Lorenz Walter veranschaulicht das Dilemma, vor dem Unternehmen bei ihrer CSR-Kom- munikation mit den Stakeholdern stehen:
„Unternehmen „schulden“ internen wie externen Stakeholdern eine Antwort auf unterschiedlichen Ebenen. Das kulturelle Umfeld spielt dabei eine besondere Rolle. Ein Bananenbauer in Nicaragua sucht andere Antworten als der Bananen- konsument in Europa. Die Herausforderung an die Kommunikation ist, den legiti- men Ansprüchen beider Parteien gerecht zu werden und sie gleichzeitig mit den Interessen des Unternehmens zu vereinbaren. Der Stakeholder erfährt immer nur Fragmente der Informationen, die ein Unternehmen aktiv oder passiv verbreitet.
[...]
1Anspruchsgruppen. Eine genaue Definition des Begriffes „Stakeholder“ findet sich in Kapitel 3.2.
2Hierzu ist anzumerken, dass es sich bei der Formulierung der „sozialen Verantwortung“ um einen hbersetzungsfehler handelt. Der in der englischen Originalfassung verwendete Begriff „social“ kann je nach Kontext mit sozial oder gesellschaftlich übersetzt werden. Da hier im Weiteren auch von ökologischen Belangen gesprochen wird, müsste korrekter Weise der Begriff der gesellschaftlichen Verantwortung verwendet werden (vgl. Loew; Rohde 2013, S.6). 5
3 DIN ISO 26000. Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung. Im Folgenden: ISO 26000. 6