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Bachelorarbeit, 2016
60 Seiten, Note: 2,5
1. Einleitung:
1.1 Problemstellung
1.2 Zentrale Fragestellung und Ziel der Untersuchung
1.3 Methodik
1.4 Aufbau der Arbeit
2. Nachhaltigkeit
2.1 Begriffshistorie
2.1.1 Hans-Carl von Carlowitz
2.1.2 OECD
2.1.3 Club of Rome
2.1.4 WCED
2.1.5 UNCED
2.1.6 Kyoto Protokoll
2.1.7 UN Global Compact
2.2 Nachhaltigkeit in den Wirtschaftswissenschaften
2.2.1 Ökonomische Dimension
2.2.2 Ökologische Dimension
2.2.3 Soziale Dimension
2.2.4 Integrationsherausforderung
2.2.5 Triple Bottom Line
2.2.6 Innovation
2.2.7 Corporate Social Responsibility
2.3 Nachhaltigkeit in der Textilbranche
2.3.1 Organisationen
2.3.2 Gütesiegel
2.4 Kapitelzusammenfassung
3. Nachhaltigkeitsberichte Textildiscounter
3.1 Begriffsdefinition Textildiscounter
3.2 Textildiscounter Auswahl
3.3 Definition Nachhaltigkeitsbericht
3.4 Motive Nachhaltigkeitsberichterstattung
3.5 Stakeholder
3.6 Gestaltung Nachhaltigkeitsberichte - Richtlinien
Global Reporting Initiative (GRI)
AccountAbility Principles Standard AA1000
3.7 Kapitelzusammenfassung
4. Analyse der Nachhaltigkeitsberichte
4.1 Methodik - Anwendung und Auswertung
4.1.1 Auswertungsschema
4.2 Analyse Nachhaltigkeitsberichte
4.3 KiK Textilien und Non-Food GmbH
4.3.1 Definition Nachhaltigkeit KiK
4.3.2 Kommunikation Nachhaltigkeit KiK
4.4 Primark Stores Limited
4.4.1 Definition Nachhaltigkeit Primark
4.4.2 Kommunikation Nachhaltigkeit Primark
4.5 H&M Hennes & Mauritz AB
4.5.1 Definition Nachhaltigkeit H&M
4.5.2 Kommunikation Nachhaltigkeit H&M
4.6 Ergebnisdarstellung
4.6.1 Vergleichende Analyse Nachhaltigkeitsberichte
4.6.2 Konformität mit betriebswirtschaftlichen Begriffsverständnis
4.6.3 Konformität historischen Nachhaltigkeitsbegriff
4.7 Kapitelzusammenfassung
5. Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung
5.2 Fazit
Anhang 1: Auswertungsschema
Anhang 2: Abb. 5 (vergrößert)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die vier Nachhaltigkeitsherausforderungen an Unternehmen
Abbildung 2: CSR Pyramide
Abbildung 3: Textile Kette
Abbildung 4: Wesentliche Stakeholder
Abbildung 5: Was Stakeholder in Nachhaltigkeitsberichten lesen möchten
Tabelle 1: Auswertungsschema
Die Thematik der Nachhaltigkeit ist für die Konsumgesellschaft zunehmend von Bedeutung. Bezeichnungen wie Corporate Social Responsibility, Corporate Sustainability und Corporate Responsibility sind nicht erst seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 verstärkt im Bewusstsein der Verbrau- cher und Unternehmer. Einst erfolgreiche Systemgastronomie-Marktführer ver- zeichnen Umsatzrückgänge, während kleinere Systemgastronomien, welche Bio- Produkte anbieten, Zuwachs an Gewinne verzeichnen.1 Von großen Interesse ist diese Thematik auch in der Textilindustrie: Eine Branche welche überwiegend auf irrationaler Bedürfnisbefriedigung beruht, zumal die meisten Konsumenten bereits über ausreichend Textilien verfügen. Durch ständig neue Modeprodukte werden Kaufanreize geschaffen und somit der Absatz progressiv gesteigert. Auf die Spitze treiben dies Textildiscounter, welche durch Fast-Fashion monatliche Kollektionen auf den Markt bringen und den Verbraucher zum Kauf animieren. Spätestens seit des Einsturzes der Rana-Plaza-Fabrik in Bangladesh beschuldigten Verbraucher die Textildiscounter, Waren zu menschenunwürdigen Bedingungen zu produzieren. Die Stimme in der Öffentlichkeit wurde größer und Textildiscounter wurden hinsicht- lich des möglichen Imageverlustes, und somit Umsatzverlustes, unter Druck ge- setzt. Zudem nimmt die Berichterstattung über Nachhaltigkeit von Unternehmen weiter zu, was der Studie „Survey of Corporate Social Responsibility Reporting“ von KPMG zu entnehmen ist.2
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Textildiscounter mit den öffent- lichen Druck zu mehr Nachhaltigkeit umgehen, wie diese Nachhaltigkeit definieren und kommunizieren. Ausgangspunkt für die folgende Analyse soll in diesem Zu- sammenhang der ursprüngliche Nachhaltigkeitsbergriff von Carlowitz sein um in der Folge zu eruieren in wieweit sich diese ursprüngliche Definition im Laufe der Zeit gewandelt und speziell im Kontext der Textilunternehmen festgesetzt hat. Es geht somit sowohl um den Aspekt der Begriffsdefinition als auch um die Art und weise der Kommunikation von Nachhaltigkeitsaspekte im Textilsektor.
Die Recherchearbeit stützt sich auf Literatur von deutsch- und englischsprachigen Autoren, wissenschaftlicher Veröffentlichungen und Studien. Trotz des zunehmen- den Interesses an der Thematik ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf textil- spezifischer Unternehmensebene bislang nicht hinreichend erforscht. Als ausschlaggebend für grundsätzliche Nachhaltigkeitsberichterstattung haben sich trotz allem die GRI-Richtlinien, Accountability Principles Standards sowie die Autoren, Schaltegger, S., Herzig, C., Clausen, J., sowie Loew, T. erweisen.
Somit stellen sich vor dem Hintergrund einer sich stetig wandelnden Begriffsdefini- tion von „Nachhaltigkeit“ folgende zentrale Fragestellung sowie Teilfragestellungen: Was verstehen Textildiscounter unter Nachhaltigkeit, wie ist dies dem historischen Begriff gleichzusetzen und entsprechen diese Konzeptionen dem betriebswirt- schaftlichen Begriffsverständnis? Daraus lassen sich folgende Teilfragestellungen ableiten:
1. Welchen historischen Ursprung hat der Begriff Nachhaltigkeit und wie wird die- ser in den Wirtschaftswissenschaften und in der Textilbranche definiert?
2. Wie definieren und kommunizieren Textildiscounter den Begriff Nachhaltigkeit?
3. Sind die Definitionen über Nachhaltigkeit der Textildiscounter konform mit dem betriebswirtschaftlichen Begriffsverständnis?
Für die Beantwortung der ersten Forschungsfrage wird die Methodik der Rekon- struktion des historischen und betriebswirtschaftlichen Begriffs von Nachhaltigkeit angewendet, welche als Darstellen und Wiedergeben der Begrifflichkeiten zu ver- stehen ist. Anschließend wird für die Beantwortung der Forschungsfrage zwei und drei eine qualitative Inhaltsanalyse und ein Inhaltsvergleich angewandt, welche im Punkt 4.1 beschrieben wird. Die Basis der vorliegenden Arbeit bilden Fachliteratur im Bereich Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsberichte aus dem Jahr 2013 ausge- wählter Textildiscounter. Mit diesen Quellen werden wesentliche Begrifflichkeiten bestimmt und eingeordnet, Zusammenhänge hergestellt und erläutert. Mit den er- worbenen Kenntnissen der ursprünglichen Definition des Begriffs Nachhaltigkeit werden die Nachhaltigkeitsberichte der untersuchten Unternehmen analysiert und der Inhalt verglichen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Erfassung der Aussagen der Textildiscounter, deren Umsetzung bzw. wahrheitsgetreue spielt eine unterge- ordnete Rolle und soll lediglich im Abschnitt des Fazits für einen kurzen Ausblick genutzt werden.
Zu Beginn wird im Kapitel zwei die historische Begriffsbedeutung von Nachhaltig- keit beschrieben und im weiteren Verlauf des Kapitels im betriebswirtschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen Kontext untersucht. Darauf folgend wird die Definiti- on von Nachhaltigkeit in der Textilindustrie geschildert und anhand von Organisa- tionen und Gütesiegeln dargelegt. Anschließend wird im Kapitel drei die Auswahl der Textildiscounter begründet und Nachhaltigkeitsberichterstattung im Allgemeinen thematisiert. Im Anschluss wird die qualitative Inhaltsanalyse vorgestellt und an- hand eines Auswertungsschemas an die jeweiligen Textildiscounter angewandt, wodurch Unterschiede der veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichte der zu untersu- chenden Unternehmen verdeutlicht werden. In Kapitel vier wird die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse vorgestellt und im weiteren Verlauf des Kapitels ver- wendet. Es werden Ergebnisse der Untersuchung seitens der jeweiligen Unter- nehmen beschrieben und im Kapitel 4.6 zusammenfassend dargestellt. In diesem Kapitel werden somit die Teilfragestellungen, sowie die zentrale Fragestellung be- antwortet.
Um einleitend die Entwicklung des Begriffes Nachhaltigkeit zu dokumentieren, soll an dieser Stelle auf einflussreiche Meilensteine ebendieser Entwicklung eingegan- gen werden.
Der Begriff Nachhaltigkeit hat seinen historischen Ursprung in der Forstwirtschaft.3 Bereits 1714, ein Jahr vor seinem Tod, verfasste der sächsische Oberhauptmann Hans Carl von Carlowitz sein Werk Sylvicultura Oeconomica - Die Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht, welches 1713 zur Leipziger Ostermesse veröf- fentlicht wurde.4 Als eines der akuten Probleme dieser Zeit, welche die Wirtschaft hemmten, war der Holzmangel. Carlowitz erkannte auf seinen Reisen durch Euro- pa, sowie anhand des Tagesgeschäfts seines Vaters, welcher die Forsten des Erz- gebirges bewirtschaftete, die herrschende hohe Knappheit der Ressource Holz. Diese Knappheit veranschaulicht er anhand von Beispielen aus England, der Re- publik Venedig, der spanisch kolonisierten Silberminenstadt Potosi in Peru und Frankreich welche hohen Bedarf an Holz bedingt durch den Bau von Kriegsschiffen verzeichnen. Sowie im sächsischen Silberbergbau, dessen Existenz durch die Er- schöpfung und Kahlschlagung umliegender Wälder bedroht ist. Die enorme Nach- frage an Holz stellte sich wie folgt dar: „Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holtz abgetrieben worden, als in etzlichen seculis erwachsen“5. Carlowitz kritisierte dabei das auf kurzfristigen Gewinn ausgerichtete Denken. So kann durch den Ver- kauf von Holz in kurzer Zeit viel Geld erwirtschaftet werden, doch wenn die Wälder erst einmal ruiniert seien, so blieben auch die zukünftigen Einnahmen über Jahre hinweg zurück. In seinem Werk definiert Carlowitz den Begriff Nachhaltigkeit, in- dem nur so viel Holz geschlagen werden dürfe, wie durch Neupflanzungen auch wieder nachwüchse.6
Das Werk Sylvicultura Oeconomica erschien bereits im Jahr 1732 in der zweiten Auflage und erwies sich als Pflichtlektüre für Kameralisten.7 Das geschriebene Nachhaltigkeitskonzept von Carlowitz verankerte sich in den deutschen Forsthochschulen. So wirkten bereits im 19. Jahrhundert Absolventen dieser in internationalen Forstwissenschaften wie Russland, Skandinavien, Frankreich, Indien, britische Kolonien und in den USA mit ein und prägten den Begriff „sustained yield forestry“ (deutsch: nachhaltige Ertrags-Forstwirtschaft) publik.
So wie einst Hans Carl von Carlowitz stellte auch Thomas Robert Malthus 1798 Überlegungen über die Nachhaltigkeitsproblematik an. Malthus Theorie beschreibt den Anstieg der Bevölkerung hervorgerufen durch die Industrielle Revolution, wel- cher in einer drohenden Ressourcenknappheit resultieren könnte. Diese voraus- sichtigen Überlegungen und Einsichten von Hans Carl von Carlowitz und Thomas Robert Malthus gelten heute als erste wegweisende Auseinandersetzungen mit der Nachhaltigkeitsproblematik.8
Sich anschließender chronologischer Punkt der historischen Entwicklung des Be- griffs Nachhaltigkeit ist die Gründung der Organisation für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung (englisch Organisation for Economic Co-operation and Development OECD) in Paris.9 Die OECD wurde 1961 als Nachfolgeorganisation der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) gegründet. Diese wiederum wurde 1949 für den Wiederaufbau Europas und die Koordination des Marshall Plans nach dem Zweiten Weltkrieg konstituiert.10 Die OECD sieht ihre Aufgaben in der Entwicklung der Weltwirtschaft, sowie der Verbesserung der Lebensstandards.
Aufgaben der OECD sind die Förderung der Wirtschaftsentwicklung der Mitglieds- länder, das Sichern finanzieller Stabilität sowohl eine bestmögliche Beschäftigung als auch Lebensstandard zu erreichen.11 Aus der Gründungsakte der Organisation (OECD-Konvention) geht folgender Leitsatz hervor: „im Einklang mit internationalen Verpflichtungen auf multilateraler und nichtdiskriminierender Grundlage zur Auswei- tung des Welthandels beizutragen.“12 Die OECD prägt vor allem durch die seit 1976 veröffentlichten Leitsätze für multinationale Unternehmen das nachhaltige Handeln von Unternehmen.13
1972 wurde durch den 1969 gegründeten Club Of Rome das Werk „The Limit to Growth" veröffentlicht. Dieses Werk schildert, dass durch die weltweit steigenden Populationszahlen und der damit verbundenen steigender Nachfrage von nichtre- generativen Rohstoffen erhebliche ökonomische Schäden entstehen werden.14
Ebenfalls 1972 fand in Stockholm die von den Vereinten Nationen abgehaltene „Conference on the Human Environment“15 statt, wodurch international die Proble- matik der nachhaltigen Entwicklung thematisiert wurde. So entstand aus enger Zu- sammenarbeit der Internatinonal Union for Conservation of Nature and Natural Re- sources (IUCN), United Nations Environment Programme (UNEP) und dem World Wide Found of Nature (WWF) 1980 das Werk World Conservation Strategy.16 Da- durch wurde die Thematik der nachhaltigen Entwicklung zum ersten mal öffentlich publik wurde.17
1983 wurde durch die Vereinten Nationen die World Commission on Environment and Development (WCED) gegründet, welche sich als Sachverständigenkommissi- on mit 19 Bevollmächtigten aus 18 Ländern zusammensetzte. Dessen Aufgabe war es als unabhängige Sachverständigenkommission einen zukunftsweisenden Lage- bericht zu erstellen. Die Kommission veröffentlichte im Jahr 1987 den Bericht „Our Common Future“ welcher auch unter dem Brundtland Bericht bekannt ist. Dieser ist nach dem Namen des Kommissionsvorsitzenden, Gro Harlem Brundtland, be- nannt. 1819 Im Brundtland Bericht wurden in der englischen Originalfassung die Be- griffe „Sustainable Development“ und „Sustainability“ erwähnt, welche sich im wei- teren geschichtlichen Verlauf von Nachhaltigkeit auf Dauer festigten.20 Ebenso fasst der Bericht die ursprüngliche forstwirtschaftliche Definition von Nachhaltigkeit auf. 21 „Nachhaltige Entwicklung ist die Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“22 Laut von Hauff und Kleine war „Das Ziel [ ] eine dauerhafte Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse unter Berücksichtigung der Tragekapazität der natürlichen Umwelt.“23
Durch die United Nations Conference on Environment and Development (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro konnte ein weiteres Ziel des Brundtland Berichts erreicht werden, nämlich die Konversation der Staaten in Sachen nachhaltiger Entwicklung zu fördern. „Sustainable development“ („Nachhaltiger Entwicklung“) wurde zur ge- meinsamen Perspektive der 178 teilnehmenden Staaten.24 Ebenfalls wurde bei der UN-Konferenz 1992 die Agenda 21 verabschiedet, in der detaillierte Handlungsauf- träge für die Staaten gegeben werden. In der Agenda 21 werden Indikatoren und Ansatzpunkte zur Behebung globaler Entwicklungskonflikte vorgestellt und trugen somit zum Aufbau der nachhaltigen Entwicklung der Staaten bei.25
Zu verschwimmen scheinen die Grenzen von Nachhaltigkeit und CSR (Corporate Social Responsibility). Der Begriff Nachhaltigkeit beinhaltet die ökonomischen Aspekte, wogegen CSR ökologische und soziale Werte einbezieht.26 Die Begrifflichkeit der nachhaltigen Entwicklung ist gegenüber der Corporate Social Responsibility (CSR) abzugrenzen. Nachhaltige Entwicklung wuchs primär aus der Angelegenheit des Umweltschutzes, wobei CSR auf Verantwortung hinsichtlich sozialer Aspekte auf Unternehmensebene entstand.27
Das im Jahr 1997 unterzeichnete Kyoto-Protokoll stellt erstmals rechtsverbindliche Begrenzung- und Verringerungsverpflichtungen für Industrieländer vor. Hierbei werden Ländern differenzierte Emissions- Limitationen und Reduktionen für Treib- hausgase vorgestellt. Seit dem Jahr 2013 wird das Kyoto Protokoll bis zum Jahr 2020 fortgeführt.28
Durch die Initiierung des Global Compact (GC) der Vereinten Nationen 1999, welcher zehn Prinzipien in den Kategorien Umweltschutz, Arbeitsnormen, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung umfasst, wurden Aspekte nachhaltiger Entwicklung auf internationaler Ebene diskutiert und thematisiert.
Trotz gemeinwohlbezogener Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland und Europa steht erst seit der 55. Generalhauptversammlung im Jahr 2000 der Vereinten Nationen in New York die Thematik der Corporate Social Responsibility (CSR) im Mittelpunkt der internationalen Diskussion.29
Im Jahr 2001 erscheint mit dem Grünbuch die erste Publikation der EU zum Thema CSR in dem es heißt: „Promoting a European Framework for Corporate Social Re- sponsibility“30 Dabei werden interne sowie externe Dimensionen sowie in ganzheitlicher Unternehmenssicht in Bezug auf CSR thematisiert.31
Im folgenden Kapitel wird die Begrifflichkeit des Nachhaltigkeitsgedankens mit seinen Gesetzmäßigkeiten in der Betriebs-, Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft beschrieben. Hierbei wird im Rahmen dieser Arbeit verstärkt auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte eingegangen.
Die Begriffe der Nachhaltigkeit, CSR (Corporate Social Responsibility), CR (Corporate Responsibility) oder CS (Corporate Sustainability) welche in der Nachhaltigkeitsdebatte häufig als Synonym verwendet werden, werden hier anschließend erläutert und abgegrenzt. Diese werden in den Wirtschaftswissenschaften durch ökologische, soziale und ökonomische Ziele, dem sogenannten Drei-Säulen-Modell definiert.32 In der folgenden Abbildung wird der Zusammenhang zwischen den ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die vier Nachhaltigkeitsherausforderungen an Unternehmen
Quelle: Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2007): S. 14
Die ökonomische Dimension beinhaltet die lange Sicht, das heißt die fortlaufende Existenzsicherung des Unternehmens.33 Dies beschränkt sich nicht nur auf mone- täre Kriterien. Durch die Implementierung von Umwelt- (Öko-Effizienz) und Sozial- aspekten (Sozial-Effizienz) soll die Wertsteigerung, das Wachstum und somit die Rendite des Unternehmens gesichert werden.34 Neben der reinen monetären öko- nomischen Effizienz, der Öko-Effizienz, steht die Sozial-Effizienz. Die ökonomisch- ökologische Effizienz setzt der ökonomischen Wertschöpfung des Unternehmens die ökologischen Schadenverursachung gegenüber. Genauso betrachtet die öko- nomisch-soziale Effizienz die finanzielle Wertschöpfung gegenüber negativer sozia- ler Auswirkungen.35 Solange die monetäre Wertschöpfung des Unternehmens steigt, steigt auch die Öko- und Sozial-Effizienz, obwohl die ökologische und sozia- le Schadschöpfung zunimmt.36 Somit sind diese als relative Größen zu betrachten.37
In diesem Zusammenhang definiert Dyllick und Hockerts (2002) ökonomisch nachhaltige Unternehmen wie folgt:„Economically sustainable companies guarantee at any time cashflow sufficient to ensure liquidity while producing a persistent above average return to their shareholders.“38
Die ökologische Dimension beinhaltet das absolute Ausmaß betrieblicher Umwelt- einwirkungen und fordert von Unternehmen deren Produktionsprozesse, Dienstleis- tungen, Investitionen etc. an ökologischer Schadensverursachung möglichst gering zu halten und damit umweltgerecht zu gestalten.39 Dies geschieht durch Reduzie- rung von Input- und Outputgrößen. Es soll ein möglichst geringer Verzehr von Res- sourcen angestrebt. Ebenso sollen erneuerbare Ressourcen nur so eingesetzt werden, wie es deren Regeneration auch zulässt. Ein möglichst effektiver Einsatz von nicht erneuerbaren Ressourcen soll beispielsweise durch verbesserte Förder- techniken oder Substitution erreicht werden.40 Der durch die Leistungserstellung entstandene Output ist in Betracht auf die Absorptionskapazität der Umwelt zu ver- ringern.41
Zu beurteilen, wie ein Unternehmen die Anforderungen der ökologischen Dimensi- on erfüllt, bedarf es der Öko-Effektivität, welche von Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2002) S. 7, wie folgt definiert wird: „ Die Öko-Effek- tivität misst den Grad der absoluten Umweltverträglichkeiten, das heißt wie gut das angestrebte Ziel der Minimierung von Umwelteinwirkungen erreicht wurde.“42
Durchaus ist die Messung der Öko-Effizienz nicht immer einwandfrei, da beispiels- weise Maßnahmen zum Umweltschutz von unterschiedlichen Personen differenzie- rend beurteilt werden.43 „Eine klare und transparente Formulierung des beabsich- tigten ökologischen Entlastungsziels und des Effektivitätsbegriffs seitens des Un- ternehmens kann unter Umständen dazu beitragen, diesen Bewertungskonflikt zu vermeiden. Hierbei sollte sich die Darstellung von Öko-Effektivität nach allgemein anerkannten, naturwissenschaftlichen Erkenntnissen richten, um eine größtmögliche gesellschaftliche Akzeptanz zu erzielen.“44 Zusätzlich steht die Realisierung von ökologischen Nachhaltigkeitsanforderungen und den damit verbundenen hohen Kosten im Konflikt zu ökonomischen Zielen des Unternehmens.
Unternehmen stehen als sozial integrierte Institutionen in der Gesellschaft und sind auf deren Akzeptanz angewiesen.45 Nicht nur gegenüber den Stakeholdern son- dern auch gegenüber der Gesellschaft im Allgemeinen trägt die Unternehmung so- ziale Verantwortung. Erwartungen der Stakeholder, Interesse der Kunden, Druck von Investoren, Forderung zur Transparenz aus der Öffentlichkeit sind hier einige zu nennende Beispiele von Stakeholder, deren Interessen allerdings auch gegen- sätzlich sein können.46 Unternehmen welche die negativen sozialen Aspekte ver- ringern und gering halten können, sowie positive soziale Ansätze verstärken, kön- nen als sozial effektiv bezeichnet werden.47 Bedingt durch personelle, finanzielle und zeitliche Restriktionen kann ein Unternehmen die Forderungen der Interessengruppen der sozialen Nachhaltigkeitsdimension nicht voll erfüllen. Dies setzt einen Dialog und Abstimmung der entscheidenden Stakeholder voraus.48 Im Vergleich der drei Dimensionen ist die soziale Dimension die bisher am wenigsten umgesetzte Nachhaltigkeitsdimension im Unternehmen.49
Die Integrationsaufgabe, welche die Erfüllung der Nachhaltigkeitsdimensionen be- inhaltet, stellt sich als wichtigste aber auch zugleich schwierigste Aufgabe der Nachhaltigkeit dar. Die Integrationsherausforderung ist durch zwei Aufgaben ge- kennzeichnet. Zum Einen die Erfüllung der ökonomischen, ökologischen und sozia- len Dimension, dass heißt die Berücksichtigung von Öko-Effektivität, Sozial-Effekti- vität, Öko-Effizienz und Sozial-Effizienz.50 Zum Anderen die organisatorische Im- plementierung dieser Faktoren in das alltägliche ökonomische Management des Unternehmens.51 Funktionsweise der Integrationsanforderung ist die Integration der im vorherigen Verlauf dargestellte ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension. Die drei vorher dargestellten Dimensionen sollen nun unternehmerisch integriert werden.
Im weiteren Verlauf der Kapitels werden weitere wichtige Begrifflichkeiten der wirtschaftswissenschaftlichen Relevanz erklärt welche fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsdiskussion sind.
Der britische Buchautor und Gründer der Beratungsfirma SustainAbility, John El- kington, prägte 1994 mit seinem erschienenen Publikation „Triple Bottom Line“ die Nachhaltigkeitsberichterstattung welche er 1997 in seinem Buch „Cannibals with Forks“ weiter ausarbeitete.52 Elkington erweiterte die klassische Bottom-Line, den sogenannten Schlussstrich unter der Gewinn und Verlust Rechnung, um „profit“, „people“ und „planet“, welche die finanziellen, sozialen und umweltbezogenen An- gelegenheiten mit einbeziehen.53 Kommuniziert wird eine Triple-Botton-Line meist in Nachhaltigkeitsberichten von Unternehmen. Allerdings werfen Kritiker der Triple- Bottom-Line vor, dass sich das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen nur ungenau berechnen lasse.54 Indessen spielt die freiwillige Verankerung von Werten und Prozessen im Unternehmen, um die Ansprüche von Stakeholdern in ökonomischen, ökologischen und sozialen Belangen zu berücksichtigen, eine wich- tigere Rolle.55
Bedingt durch die knappen Ressourcen wird der effizienteste Einsatz des jeweili- gen Rohstoffs angestrebt. Die Produktivität der Ressource soll maximiert und somit eine höhere Wertschöpfung erzeugt werden. Hierbei treten zwei Probleme auf, vorerst wird durch die effiziente Verarbeitung des Rohstoffes und die damit Ver- bundene Gewinnmaximierung zum Grund, dass auch weitere Wettbewerber sich anschließen und mit Ausblick auf maximale Gewinneffizienz mit der Verarbeitung der Ressource ans Werk gehen (sogenannter Rebound-Effekt). Des weiteren wird durch die effiziente Nutzung von Ressourcen der Rohstoff nicht reproduziert und somit letztendlich auch final verbraucht.56
CSR oder Corporate Social Responsibility („unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft“) findet seinen Ursprung in den 1930er Jahren der USA. Autoren wie Chester Barnard´s (1938), Theodore Kreps (1940) und Howard R. Bowen (1953) veröffentlichten zu dieser Zeit grundlegende Werke zu Social Responsibility (SR), wie es zu dieser Zeit noch genannt wurde.57 Weil die Unternehmen in den USA drastische Regulierung befürchteten erarbeiteten sie freiwillige systematische Aktivitäten im sozialen Bereich, welche über die bisherigen vorgegebenen Regulie- rungen hinausgingen.58 Die Definition von sozialer Verantwortung wurde in den fol- genden Jahren erweitert sowie verändert.59 Archie B. Caroll (1979) und 2001 die Europäische Kommission werden mit den bedeutendsten und aktuellsten Definition von CSR betitelt. Eine von Ivan Montiel im Jahr 2008 durchgeführte Literaturanaly- se mit Bezug auf die Definition von CSR ergab, dass Carroll einer der meist zitier- ten Autoren zu dieser Thematik ist.60 Die aktuellste Definition liefert die Europäi- sche Kommission mit der Veröffentlichung des Grünbuchs im Jahr 2001. Im weitern Verlauf werden beide Definitionen von Carroll und der Europäischen Kommission (Grünbuch) vorgestellt.
Die soziale Verantwortung von Unternehmen wird bei der Definition von Carroll in vier Kategorien eingeteilt, wobei diese sich nicht gegenseitig ausschließen sondern vielmehr aufeinander aufbauen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: CSR Pyramide
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Carroll, A. B. (1991), S. 499
[...]
1 Vgl. Börse am Sonntag (2016) http://www.boerse-am-sonntag.de/aktien/aktie-der-woche/artikel/mcdo- nalds-aktie-legt-zu.html (01.02.2016)
2 Vgl. KPMG (2013), S. 10 f.
3 Vgl. Carlowitz, H.-C. (2000), S. 105 ff.
4 Vgl. Grober, U. (1999), http://www.zeit.de/1999/48/Der_Erfinder_der_Nachhaltigkeit/komplettansicht (29.11.2015)
5 Carlowitz, H.-C. (1713), S. 30.
6 Vgl. Carlowitz, H.-C. (2000), S. 105 ff.
7 Vgl. Grober, U. (1999), http://www.zeit.de/1999/48/Der_Erfinder_der_Nachhaltigkeit/komplettansicht (29.11.2015)
8 Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller J. (2006), S. 14 ff.
9 Vgl. OECD (2015a), http://www.oecd.org/berlin/dieoecd/ (01.12.2015)
10 Vgl. OECD (2015b), http://www.oecd.org/berlin/dieoecd/geschichte.htm (01.12.2015)
11 Vgl. OECD (2015c), http://www.oecd.org/berlin/dieoecd/ubereinkommenuberdieorganisationfurwirt- schaftlichezusammenarbeitundentwicklung.htm (01.12.2015)
12 Vgl. OECD (2015c), http://www.oecd.org/berlin/dieoecd/ubereinkommenuberdieorganisationfurwirt- schaftlichezusammenarbeitundentwicklung.htm (03.12.2015)
13 Vgl. OECD (2015c), http://www.oecd.org/berlin/dieoecd/ubereinkommenuberdieorganisationfurwirt- schaftlichezusammenarbeitundentwicklung.htm (03.12.2015)
14 Vgl. von Hauff, M., Kleine, A. (2009), S. 4.
15 UNEP (2015), http://www.unep.org/Documents.multilingual/Default.asp? DocumentID=97&ArticleID=1503 (04.12.2015)
16 Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2006), S. 18.
17 Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2006), S. 17 ff.
18 Vgl. nachhaltigkeit.info (2015), https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/brundtland_report_1987_728.htm (04.12.2015)
19 Vgl. von Hauff, M., Kleine, A. (2009), S. 6 ff.
20 Vgl. Wilkens S. (2007), S. 5.
21 Vgl. Wilkens S. (2007), S. 5.
22 World Commission on Environment and Development (1987), S. 25
23 Hauff von, M., Kleine, A. (2009), S. 6.
24 Vgl. Rogall, H. (2002), S. 38 ff.
25 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 23.
26 Vgl. Loew, T. (2004), S. 11.
27 Vgl. Loew, T. (2004), S. 9.
28 Vgl. Oberthür, S., Ott, H. E. (1999), S. 121 f.
29 Vgl. Meffert, H., Münstermann, M. (2005) S. 6.
30 Green Paper, Grünbuch (2001), S. 1.
31 Vgl. Green Paper, Grünbuch (2001), S. 8 ff.
32 Vgl. Schaltegger S. (2007), S. 14; Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 1.
33 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 8.
34 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 8.
35 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 9.
36 Vgl. Dyllick, T., Hockerts, K. (2002), S. 136.
37 Vgl. Dyllick, T., Hockerts, K. (2002), S. 136.
38 Dyllick T., Hockerts K. (2002), S. 133.
39 Vgl. Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2007), S. 15.
40 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 11.
41 Vgl. Küker, S. (2003), S. 31.
42 Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2002) S. 7.
43 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 11.
44 Vgl. Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2007), S. 15.
45 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 12.
46 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 12f.
47 Vgl. Schaltegger, S., et al. (2002), S. 8.
48 Vgl. Schaltegger, S., Herzig, C., Kleiber, O., Klinke, T., Müller, J. (2007), S. 15.
49 Vgl. Mathieu, P. (2002), S. 25.
50 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 15.
51 Vgl. Wilkens, S. (2007), S. 15.
52 Vgl. The Economist Group (2009), http://www.economist.com/node/14301663 (15.12.2015); Harvard Business Manager Online (2008), http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-622721.html (15.12.2015)
53 Vgl. The Economist Group (2009), http://www.economist.com/node/14301663 (15.12.2015)
54 Vgl. Harvard Business Manager Online (2008), http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-622721.html (15.12.2015)
55 Vgl. Bruns (2011) S. 196.
56 Vg. Müller-Christ, G., Liebscher, A. K. (2010) S. 18.
57 Vgl. Carroll, A. B., (1999), S. 269 ff.
58 Vgl. Loew, T., Ankele K., Braun, S., Clausen, J.,(2004), S. 47.
59 Vgl. Carroll, A. B. (1999), S. 269.
60 Vgl. Montiel, I. (2008), S. 253.