Diplomarbeit, 2016
47 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Überblick
2.1 Reputation – Definition
2.2 Reputation – Bedeutung
2.3 Reputation als Erfolgsfaktor
2.4 Reputation als Risikofaktor
3 Reputation im Unternehmenskontext
3.1 Reputation in der Risikolandschaft
3.2 Messen der Unternehmensreputation
3.2.1 Fortune’s Most Admired Companies
3.2.2 Harris-Fombrun-Reputation-Quotient
3.2.3 Reputationsmodell von Schwaiger
3.3 Regulativer Ordnungsrahmen
3.3.1 Rechtsvorschriften nach Unternehmensform
3.3.2 Rechtsvorschriften nach Branchen
4 Aufbau und Erhalt von Reputation
4.1 Management der Unternehmensreputation
4.2 Besondere Rolle des Vorstandsvorsitzenden/CEO
4.3 Rolle der Nachhaltigkeit
5 Schutz von Reputation
5.1 Aufbauorganisation eines Reputationsrisikosystems
5.1.1 Reputationsrelevante Funktionen
5.1.2 Three-Lines-of-Defense-Modell
5.2 Ablauforganisation eines Reputationsrisikosystems
5.2.1 Strategisches Risikomanagement
5.2.2 Regelkreis des Risikomanagements
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Bestimmungsfaktoren der Reputation 6
Abbildung 2: Reputationsrisiko als bedeutendste Risikoart 8
Abbildung 3: Bestandteile des Unternehmenswertes 9
Abbildung 4: Die Magnetwirkung von Reputation 10
Abbildung 5: Reputationsmodell von Schwaiger 17
Abbildung 6: Risikomanagementprozess 30
Abbildung 7: Risikomatrix 33
Abbildung 8: Umgang mit Risiken 34
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der im September 2015 bekannt gewordene VW-Abgasskandal zeigt dramatisch, welche Folgen es hat, wenn ein Unternehmen beim Risikomanagement der Unternehmensreputation versagt. Die Kombination aus vorsätzlichem Gesetzesverstoß und einem schlechtem Krisenmanagement führen zu einem Milliarden-Schaden und das gesamte Ausmaß für das Unternehmen Volkswagen AG ist noch immer nicht absehbar.[1] Dies zeigt unmittelbar die Bedeutung einer negativ wahrgenommenen Reputation für den Fortbestand einer Unternehmung. Auf der anderen Seite fördert eine positive Reputation die Grundlage für den nachhaltigen, wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Die BMW AG ist ein gutes Beispiel für ein Unternehmen, das durch eine gute Reputationspflege eine exzellente Reputation erzielt hat. 2015 ist sie weltweit auf dem 1. Platz des Reputation Institutes gelistet.[2]
Die verschiedenen Märkte, auf denen Unternehmen agieren, sind heute umkämpfter denn je zuvor und es ist vorhersehbar, dass dieser Wettbewerbsdruck noch weiter zunehmen wird. Längst reicht es nicht mehr aus, wenn sich Unternehmen ausschließlich auf die Qualität der von ihnen angebotenen Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren. Die Kunden wollen dem Anbieter der Produkte vertrauen. Die sogenannten weichen Faktoren, welche in den immateriellen Vermögenswerten eines Unternehmens Niederschlag finden, gewinnen beim Kunden und anderen Stakeholdern zunehmend an Bedeutung. Eine hervorgehobene Rolle spielt dabei die Unternehmensreputation[3], auch als Ansehen oder Ruf eines Unternehmens bezeichnet.
Erstmals in den 1980er Jahren wurde sich ernsthaft und wissenschaftlich fundiert mit Unternehmensreputation beschäftigt. Vorreiter war Prof. Dr. Charles J. Fombrun, der die weltweit wichtigste Institution im Bereich Reputationsmanagement, das Reputation Institute mit Sitz in New York, gründete. Fombrun war Autor wichtiger Literatur zum Thema Reputationsmanagement und hat insbesondere das im Kapitel "Messen der Unternehmensreputation" beschriebene Messverfahren "Reputation Quotient" (RQ) geschaffen.[4]
Eine stabile Reputation ist der beste Schutz vor Reputationsrisiken. Deshalb beschränkt sich diese Arbeit nicht nur auf die reinen Reputationsrisiken und deren Management, sondern zeigt auf, wie sich durch den Aufbau einer guten Reputation ein Unternehmen gegen Reputationsrisiken wappnen kann.
In dieser Arbeit werden zwei Seiten der Reputation beleuchtet. Auf der einen Seite kann eine beschädigte Reputation die Existenz des Unternehmens gefährden, im Extremfall sogar zerstören. Für die Geschäftsführer stellt sich die Aufgabe, Reputationsgefahren frühzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, mit dem Ziel, Reputationsschäden zu verhindern oder zumindest zu minimieren. Diese Aufgabe gewinnt durch die zunehmende Bedeutung der sozialen Medien deutlich an Komplexität. Auf der anderen Seite kann eine nachhaltige, positive Reputation die Basis für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens legen und ausbauen. Hier heißt die zentrale Fragestellung, durch welche unternehmerischen Maßnahmen die Reputation nachhaltig aufgebaut, gefördert und gesichert werden kann.
Ein aktives Management der Reputation, die Einbettung der verschiedenen Aspekte des Reputationsmanagements in die bestehenden unternehmerischen Strukturen und Prozesse und die Sensibilisierung der Beteiligten für das Thema rücken in den Mittelpunkt der Betrachtung und werden in dieser Arbeit erläutert.
Zu Beginn der Arbeit werden die Relevanz des Themas dargestellt und die Inhalte der Arbeit dem Leser erläutert.
In Kapitel 2 wird der Begriff Reputation definiert und die Bestimmungsfaktoren der Reputation dargestellt. Anschließend werden die Bedeutung der Reputation beleuchtet und die vielfältigen Vorteile einer guten Reputation für das Unternehmen beschrieben. In der Folge werden als Kehrseite die Gefahren für die Unternehmensreputation aufgezeigt.
In Kapitel 3 wird zunächst eine Einordnung der Reputation in die Risikolandschaft vorgenommen. Anschließend werden die wichtigsten Konzepte zum Messen der Unternehmensreputation vorgestellt und zusätzlich die wichtigsten reputations-relevanten gesetzlichen Regelungen erläutert.
In Kapitel 4 wird beschrieben, wie ein Unternehmen seine Reputation aufbauen und erhalten kann. Die besondere Rolle des Vorstandsvorsitzenden[5] wird hervorgehoben. Wesentlicher Inhalt ist das nachhaltige Wirtschaften und seine Bedeutung für die Unternehmen und deren Reputation.
In Kapitel 5 folgt die Beschreibung eines Systems zum Schutz der Reputation. Im Bereich Aufbauorganisation werden im ersten Schritt die involvierten Abteilungen benannt. Mit dem Three-Lines-of-Defence-Modell wird im zweiten Schritt das Zusammenwirken der Abteilungen beschrieben. Die Ablauforganisation baut auf einem klassischen Risikomanagementsystem auf und es werden Besonderheiten zur Handhabung von Reputationsrisiken herausgearbeitet.
Die Arbeit schließt in Kapitel 6 mit einem Fazit und Ausblick.
Verfolgt man die aktuelle Diskussion zu Reputation und vergleicht bei verschiedenen Autoren die jeweils zugrunde liegende Verwendung des Begriffs, fällt rasch auf, dass es keine interdisziplinär anerkannte Definition gibt. Ein Grund dafür ist, dass sich verschiedene wissenschaftliche Disziplinen (Wirtschaftswissenschaft, Sozial-wissenschaft, Kommunikationswissenschaft und andere) mit der Thematik Reputation beschäftigen und den Definitionen daher unterschiedliche Sichtweisen, Interpretationen und Schwerpunkte zugrundeliegen. Steht bei den Sozialwissenschaften die Außenwahrnehmung der Reputation als eigenständige Größe im Vordergrund, versucht die Wirtschaftswissenschaft, die Reputation als wirtschaftliche Größe zu operationalisieren.
Reputation bedarf zweier Akteure:
l zum einen das Objekt, dem die Reputation zugeordnet wird, dem Reputationsträger. Reputationsträger können u. a. Unternehmen, Personen, Produkte, Staaten, Organisationen, aber auch abstrakte Größen wie z. B. das Internet sein. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Unternehmen als Reputationsträger.
l zum anderen der oder die Reputationsgeber, also die Stakeholder[6], die dem Reputationsträger die Reputation zusprechen. Die wichtigsten Stake- holdergruppen für die Unternehmensreputation sind: Kunden, Investoren, Mitarbeiter, Wettbewerber, lokale Gemeinschaft, Verwaltung/staatliche Einrichtungen/Regulator, Non-Profit-Organisationen (Oxfam, WWF) und die Öffentlichkeit als Gesamtheit.[7]
Einem Unternehmen kann folglich erst dann durch die Reputationsgeber eine Reputation zugewiesen werden, wenn das Unternehmen durch die Stakeholder (z. B. durch mediale Berichterstattung) wahrgenommen wird.
Übersichten zu den relevanten Definitionen sind beispielsweise bei Weißensteiner[8], Helm[9] und Neujahr[10] zu finden.
Fombrun ist eine besondere Bedeutung beizumessen, da er sich als erster wissenschaftlich fundiert mit Unternehmensreputation beschäftigt hat. Er vertritt die Auffassung, dass sich aus der Vielzahl von Einschätzungen zu einem Unternehmen bei Stakeholdern eine Gesamtreputation aggregieren lässt.
„A corporate reputation is a collective representation of a firm's past actions and results that describe the firm's ability to deliver valued outcomes to multiple stakeholders. It gauges a firm's relative standing both internally with employees and externally with its stakeholders, in both competitive and institutional environments.[11]
In dieser Arbeit wird der Definition von Seemann gefolgt:
„Die Unternehmensreputation ist ein immaterieller Vermögensgegenstand des Unternehmens und repräsentiert seine aggregierte, übergreifende Bewertung durch all seine Stakeholder, relativ zu Wettbewerbern. Diese Bewertung resultiert aus der Wahrnehmung des Unternehmens durch seine Stakeholder, basierend auf deren Wissen und Emotionen und kann durch Kommunikation seitens des Unternehmens beeinflusst werden.”[12]
Dabei wird die deutsche Bezeichnung Unternehmensreputation mit dem im angloamerikanischen Sprachgebrauch verwendeten Begriff Corporate Reputation gleichgesetzt.
Die Begriffe Reputation, Ruf und Ansehen werden in der Literatur z. T. unterschiedlich, z. T. synonym verwendet. Gablers Wirtschaftslexikon interpretiert Ruf und Reputation gleich:
„Reputation bezeichnet den Ruf eines Unternehmens, der sich aus gruppenbezogenen Wahrnehmungs- und Interpretationsvorgängen ergibt. Er kennzeichnet den Informationsstand Dritter, für wie vertrauenswürdig sie eine Organisation halten. Vertrauen als zentrale Komponente des Rufs macht Reputation zu einer subjektiv und kollektiv bewerteten Größe, die die Qualität der Bekanntheit der Organisation innerhalb einer Stakeholdergruppe angibt.“[13]
In dieser Arbeit wird ebenfalls der synonymen Interpretation gefolgt.
Die Wahrnehmung des Unternehmens durch die Stakeholder ist im Konstrukt Reputation stark verdichtet. Für ein sinnvolles Reputationsmanagement ist diese Größe nur eingeschränkt verwertbar. Für detailliertere Bewertungen, Erklärungen und Steuerungsmaßnahmen werden durchweg die Gesamtreputation in Bestimmungs- faktoren aufgegliedert und damit Teilreputationen gebildet.
So bewerten laut Fombrun die Stakeholder die Reputation eines Unternehmens anhand von vier Bestimmungsfaktoren.[14]
Diese sind Glaubwürdigkeit (Credibility), Zuverlässigkeit (Reliability), Vertrauens-würdigkeit (Trustworthiness) und Verantwortungsbewusstsein (Responsibility).
Abbildung 1: Bestimmungsfaktoren der Reputation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Fombrun (1996), S. 72
Dabei ist die Bedeutung der Bestimmungsfaktoren für verschiedene Stake-holdergruppen unterschiedlich. Für Investoren ist demnach die Glaubwürdigkeit am wichtigsten, für die Kunden steht die Zuverlässigkeit an erster Stelle, für die Mitarbeiter die Vertrauenswürdigkeit und für die Gesellschaft ist es das Verantwortungs-bewusstsein.[15]
Diese Bewertungsbereiche werden je nach Zielsetzung und zugrundeliegendem Reputationsmodell in weitere Komponenten, oft auch als Reputationstreiber bezeichnet, detaillierter gegliedert.[16]
Eine weitere Gliederung von Reputation baut auf Eisenegger auf. Er unterscheidet zwischen funktionaler und sozialer Reputation. Dabei spiegelt die funktionale Reputation die fachliche Kompetenz des Unternehmens wider, die soziale Reputation ist ein Gradmesser für das gesellschaftliche Ansehen des Unternehmens.[17]
Auf Märkten, bei denen alle Marktteilnehmer über vollständige Information verfügen, würden Entscheidungen bei Sicherheit gefällt werden, die Unternehmensreputation würde eine untergeordnete Rolle spielen. Die aktuell herrschenden Märkte sind dagegen von Unsicherheit geprägt. Diese begründet sich aus der Sicht des Konsumenten im Wesentlichen auf einem Informationsdefizit gegenüber den Anbietern und deren Produkten. Oftmals sind Produkte oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter für den Konsumenten kaum mehr unterscheidbar, sie werden als homogene Güter empfunden.
Eine Möglichkeit zur Behebung dieses Informationsdefizites wäre die Beschaffung der fehlenden Informationen, was jedoch für den Konsumenten mit hohem Aufwand (Zeit und Kosten) verbunden wäre. Oft ist der Konsument dazu nicht in der Lage oder willens.
Daher werden sehr viele Kaufentscheidungen bei Unsicherheit getroffen. Die fehlenden Informationen werden durch Aspekte wie Vertrauen zu dem Anbieter kompensiert. Die Reputation des Unternehmens wird also wesentliches Entscheidungskriterium.
Hinzu kommt, dass der Wettbewerbsdruck für die Unternehmen durch die vermehrt entstehenden übersättigten Märkte noch verstärkt wird. Es ist folglich wichtig für die Unternehmen, sich über andere Wege Wettbewerbsvorteile und eventuell auch Alleinstellungsmerkmale zu verschaffen. Auch bei der Verfolgung dieser Zielsetzung gewinnt für die Unternehmen das Konstrukt Unternehmensreputation an Bedeutung, da dieses nicht nur vielfältige Vorteile[18] bietet, sondern nur schwer oder gar nicht kopierbar ist. Damit bieten sich Chancen, die angestrebten Wettbewerbsvorteile aufzubauen und idealerweise auf lange Sicht zu sichern.
Verschiedene Studien belegen die Bedeutung der Reputation für den strategischen Unternehmenserfolg. So ergab die in Abbildung 2 dargestellte Befragung der Economist Intelligence Unit[19], dass die Reputation die wichtigste Risikoart darstellt, noch vor anderen Risikoarten wie z. B. IT-Ausfallrisiko, Marktpreisrisiken oder regulatorischen Risiken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Reputationsrisiko als bedeutendste Risikoart
Quelle: Weißensteiner (2014), S. 3
Gleichzeitig ist das Steuern von Reputationsrisiken schwieriger als der Umgang mit anderen Risikoarten. Über 70 % der Befragten stimmten bei einer Umfrage[20] dieser Aussage zu.
Ein weiterer Aspekt stellt die wachsende Bedeutung der Reputation als Bestandteil des Unternehmenswertes dar. Hierzu soll zunächst die Einordnung des Reputationskapitals als Teil des Unternehmenswertes beschrieben werden. Wie in Abbildung 3 dargestellt, lässt sich der Unternehmenswert zunächst in tangibles (materielles) und intangibles (immaterielles) Vermögen aufgliedern. Das tangible Vermögen setzt sich aus physischem Kapital (Sachkapital) wie Gebäuden, Maschinen, Rohstoffen, Betriebsstoffen etc. und dem Finanzkapital zusammen. Das intangible Vermögen setzt sich aus intellektuellem Kapital und Reputationskapital zusammen. Als intellektuelles Kapital werden die Eigentumsrechte an Patenten, Urheberrechte und eingetragenen
Warenzeichen etc. bezeichnet. Das Reputationskapital spiegelt die Wertschätzung des Unternehmens und seiner Marken durch seine Shareholder wider.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bestandteile des Unternehmenswertes
Quelle: Vgl. Seemann (2008), S. 30 [21]
Dabei gewinnt das intangible Vermögen deutlich an Bedeutung. Hatten bis in die 1960er und 1970er Jahre die tangiblen Vermögenswerte den weitaus größten Anteil am Unternehmenswert, so sank deren Anteil seitdem kontinuierlich.
Vergleicht man heute den in der Bilanz ausgewiesenen Unternehmenswert mit dem Marktwert, stellt man häufig eine enorme Differenz fest. Diese wird zumeist mit einer hohen Einschätzung der Unternehmensreputation begründet, die keine oder nur teilweise Berücksichtigung in der bilanziellen Rechnungslegung findet. Apple z. B. besaß als weltweit größtes Unternehmen im Jahr 2015, bei einer Marktkapitalisierung von über 700 Mrd. US-Dollar gerade mal eine Bilanzsumme von 290 Mrd. US-Dollar.
Eine gute Unternehmensreputation entwickelt sich immer mehr zu dem entscheidenden Wettbewerbsvorteil und wirkt sich damit auf vielfältige Weise auf den Geschäftserfolg aus. 94 % der US-amerikanischen Führungskräfte sehen die Reputation als wesentliche Komponente für den nachhaltigen Unternehmenserfolg an.[22]
Unternehmen mit einer guten Reputation können auf den Absatzmärkten höhere Preise durchsetzen, erreichen eine stabilere und nachhaltigere Kundenbindung und gewinnen leichter Neukunden. Auf dem Kapitalmarkt wird der Zugang zu Fremdkapital erleichtert. Durch verbesserte Ratings sind die Kapitalkosten geringer.[23] Investoren ziehen Unternehmen mit guter Reputation vor. Auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich die Attraktivität des Unternehmens bei der Mitarbeitergewinnung, die Unternehmensloyalität der Mitarbeiter wird gefestigt. Weiterhin wird in den Medien häufiger und positiver über Unternehmen mit guter Reputation berichtet.[24] Unternehmen mit stabiler Reputation wird in Krisensituationen von den Stakeholdern ein Vertrauensvorschuss gewährt, der die Unternehmen weniger anfällig für die Krise macht.
Die wichtigsten Anziehungskräfte einer guten Reputation auf die wesentlichen Stakeholdergruppen sind in folgender Abbildung veranschaulicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Die Magnetwirkung von Reputation
Quelle: Seemann (2008), S. 4
Die BMW Group ist ein exzellentes Beispiel für den gezielten Aufbau und die Pflege einer positiv wahrgenommenen Reputation[25]. Die Bedeutung der Reputation für die BMW Group, nicht zuletzt mit dem Ziel, eines langfristigen Unternehmenserfolges, kommt in folgender Veröffentlichung zum Ausdruck: „Die BMW Group ist weltweit ein verlässlicher Partner in der Gesellschaft. Eine starke Reputation des Unternehmens und seiner Produkte trägt vielfach zum Unternehmenserfolg bei, z. B. indem es unseren Ruf als einer der beliebtesten Arbeitgeber der Welt ist“.[26]
Die Reputation eines Unternehmens kann in vielfältiger Form bedroht werden. Angriffe aus dem Internet („Cyber attacks“), Angriffe auf Datenbestände oder die IT-Infrastruktur, Umweltprobleme, Probleme im Bereich Menschenrechte, Arbeitsbedingungen oder auch rechtliche Fragen, zu Tage tretende Probleme mit der Produktqualität, notwendige Rückrufaktionen, unangemessenes Auftreten von Führungskräften, Stellenabbau trotz Unternehmensgewinne, Bilanzskandale, Betrug, Korruption, vorsätzliche Schädigung durch aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter, öffentliche Empörung über als unangemessen empfundene Gehälter und Abfindungen, kulturelle Fehlleistungen und viele andere Aspekte können die gute Reputation eines Unternehmens erheblich gefährden.
Gefahrenquellen können Unternehmen auch dann bedrohen, wenn der Auslöser gar nicht oder nur indirekt in der Verantwortung des Unternehmens liegt. Sinkt ein Öltanker (z. B. Exxon Valdez) und schädigt die Umwelt, wird die gesamte Branche von den Stakeholdern verurteilt. In der Finanzkrise der letzten Jahre hat auch die Reputation von Finanzinstituten gelitten, wie z. B. Sparkassen und Raiffeisenbanken, die gar nicht oder nur unwesentlich involviert waren.
Eine der spektakulärsten Unternehmenspleiten war der Zusammenbruch des US-Energieriesen Enron im Herbst 2001.[27] Dieses Unternehmen verstieß bewusst über einen längeren Zeitraum gegen wesentliche Kriterien einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Die wichtigsten Gründe für den in der Folge entstandenen Reputationsschaden waren das Versagen der Aufsichtsgremien, beabsichtigte Intransparenz der Geschäfte und Unternehmensstrukturen, unzureichende Risikokultur und politische Einflussnahme. Das Unternehmen hinterließ einen Schuldenberg in Höhe von 31 Mrd. US-Dollar. Gleichzeitig wurde mit Arthur Andersen eine der damals weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den Abgrund gerissen, da sie ihren Pflichten als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht nachkam. Dieser Skandal blieb nicht nur auf diese Firmen beschränkt, sondern führte zu einem enormen Vertrauensverlust auf den Kapitalmärkten. Gesetzliche Regelungen wurden daraufhin in den USA verschärft.[28]
Zunehmend werden Unternehmen auch für Risiken in der gesamten Wertschöpfungskette verantwortlich gemacht, schlechte Arbeitsbedingungen bei Zulieferern oder Auftragsfertigern schlagen auf die Reputation des Unternehmens durch. So haben Probleme bei den Arbeitsbedingungen beim Auftragsfertiger wie im Fall von Foxconn[29] die Reputation von Apple[30] beschädigt.
Auf der anderen Seite können Unternehmen von fremder Reputation profitieren. So kann z. B. die gute Landesreputation („Made in Germany“) deutschen Unternehmen nützen.
Reputationsrisiken sind permanent vorhanden. Typisch für ihren Ausbruch ist, dass dieser oft sehr schnell und ohne geeignete Gegenmaßnahmen mit zunehmender und schwer zu beherrschender Dynamik erfolgt. Mit Hilfe von Social Media und Weblogs kann mit einem guten Kommunikationskonzept die eigene Reputation gefördert und verteidigt werden. Die Nutzung dieser Medien kann im Krisenfall schneller auf Anfragen oder Kritiken der Stakeholder reagieren.
Jedes unternehmerische Handeln ist mit Risiken verbunden. Da der Begriff Risiko sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch, wie auch im wissenschaftlichen Bereich sehr unterschiedlich verwendet wird[31], gilt es zunächst das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis des Risikobegriffs zu klären. Im engeren Sinne wird unter Risiko eine potenzielle Gefahrensitutation verstanden, wie sie z. B. folgende Definition zum Ausdruck bringt:
„Risiken sind alle Ereignisse und mögliche Entwicklungen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, die sich negativ auf die Erreichung der Unternehmensziele auswirken können.“[32]
Hier wird also ausschließlich die negative Zielabweichung als Risiko bezeichnet, Risiko also im Sinne von Gefahr verstanden.
Ein weiter gefasster Ansatz beschreibt folgende Definition:
“Risiko ist die aus der Unvorhersehbarkeit der Zukunft resultierende, durch "zufällige" Störungen verursachte Möglichkeit, von geplanten Zielen abzuweichen.”[33]
Hier wird Risiko als generelle Zielabweichung, also sowohl mit positiver wie auch negativer Abweichung betrachtet. Risiko ist also der Oberbegriff für Gefahr und Chance.
In diesem Ansatz werden beide Seiten von Risiko berücksichtigt, Risiko als Chance und Risiko als Gefahr.
Wie bereits dargestellt, werden Unternehmen von vielfältigen Risiken bedroht.[34] Diese treten so gut wie nie isoliert auf[35]. Vielmehr gibt es vielfältige Wechselwirkungen zwischen der Risikoart Reputation und anderen Risikoarten. Zum einen kann das Eintreten eines Reputationsschadens Folge des Auftretens verschiedener Risikoarten sein. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, in dem ein eingetretener Reputationsschaden die Ursache für nachfolgende Risikoschäden darstellt.
Werden konkrete Gesetzesverstöße, aber auch unethisches Verhalten von Unternehmen in der Öffentlichkeit bekannt, führt das bei den Stakeholdern zumeist zu einem massiven Vertrauensverlust und damit zu einer schlechteren Reputation des Unternehmens. Auch hier ist der Abgasskandal von Volkswagen AG ein anschauliches Beispiel, der Marktanteil in Europa ist geschrumpft.[36]
Wenn das Krisenmanagement versagt hat und bereits ein Reputationsschaden entstanden ist, kann es für das Unternehmen schwerer werden, sich am Kapitalmarkt mit Finanzmitteln zu versorgen. Zumindest können die Kapitelbeschaffungskosten erheblich steigen[37]. Das kann im schlimmsten Fall zur Insolvenz des Unternehmens führen.
Wichtigste Aufgabe jeder Reputationsmessung ist es, dem quantitativ nicht greifbaren Konstrukt Reputation doch eine messbare Größe zuzuordnen. Dies ist wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung und Steuerung der Reputation. Die bisherigen Versuche, Reputation monetär quantifizierbar zu machen, haben alle nicht den gewünschten Erfolg erzielt.[38] Viele Autoren sind der Überzeugung, dass dies grundsätzlich nicht möglich und jeder Versuch daher von vornherein zum Scheitern verurteilt ist[39]. So gibt es Stand heute auch kein verlässliches Maß für eine exakte monetäre Bewertung der Unternehmensreputation.
Dagegen gibt es Konzepte, die die Reputation als komparative Größe in Relation zu Wettbewerbern und die Entwicklung der Reputation im Zeitverlauf zufriedenstellend abbilden. Die wichtigsten Konzepte hierzu werden im Folgenden dargestellt.
Die ersten Impulse zum Messen von Unternehmensreputation gingen von US-amerikanischen Magazinen aus.
Seit 1983 werden vom Magazin Fortune jährlich ca. 8000 Führungskräfte und Finanzanalysten strukturiert nach ihrer Beurteilung zu den wichtigsten 500 US-amerikanischen Unternehmen befragt. Es werden Einschätzungen zu acht reputationsrelevanten Themenbereichen erhoben.
[...]
[1] faz.net (2015): „Künftiger Aufsichtsrat sieht existenzbedrohende Krise“, http://www.faz.net/ aktuell/wirtschaft/vw-abgasskandal/vw-poetsch-spricht-von-existenzbedrohenden-krise-13837935.html?GEPC=s5, Abruf am 05.10.2015, in weiteren Kapiteln ausführlich dargestellt.
[2] Reputation Institute: https://www.reputationinstitute.com/CMSPages/GetAzureFile.aspx?path =~%5Cmedia%5Cmedia%5Cdocuments%5C2015-rt100-release-report_1.pdf&hash= 3b3228f58538a41817e42e2c460328edbbd716c 2bc0391a881d58b6da385934e&%20ext=.pdf, Abruf am 22.04.2016, in weiteren Kapiteln ausführlich dargestellt.
[3] In dieser Arbeit werden die Begriffe Reputation und Unternehmensreputation synonym verwendet.
[4] Der „Reputation Quotient" (RQ) wird in Kapitel 3.2.2 ausführlich beschrieben.
[5] Die Begriffe Vorstandsvorsitzender, Vorstand, CEO und Geschäftsführer werden in dieser Arbeit zwecks besserer Lesbarkeit synonym verwendet.
[6] Der Begriff Stakeholder wird in dieser Arbeit synonym zu den Begriffen Anspruchs-, Bezugs- und Interessengruppen verwendet.
[7] Vgl. Fombrun (2003), S. 5.
[8] Weißensteiner (2014), S. 28 ff.
[9] Helm (2007), S. 22 ff.
[10] Neujahr (2012), S. 47 ff.
[11] Fombrun/Rindova (1997), S. 10.
[12] Seemann (2008), S. 41.
[13] Gablers Wirtschaftslexikon (2001), Bd. 1, S. 128.
[14] Fombrun (1996), S. 72; Seemann (2008), S. 42.
[15] Davis (2003), S.60, Seemann (2008), S. 42.
[16] Vgl. Kapitel: 3.2 Messen der Unternehmensreputation.
[17] Eisenegger (2005), S. 37.
[18] Diese Vorteile werden in Kapitel 2.3 detailliert beschrieben.
[19] Vgl. Weißensteiner (2014), S. 3.
[20] Vgl. Weißensteiner (2014), S. 36.
[21] Vgl. Seemann (2008), S. 30 in Anlehnung an Schwalbach (2001), S. 4; Fombrun/Riel (2004), S.33.
[22] Vgl. Seemann (2008), S. 2, In der Stichprobe wurden 611 Top-Führungskräfte aus US-Unternehmen befragt.
[23] Fombrun/Riel (2003), S. 3ff .
[24] Seemann (2008), S. 3.
[25] Reputation Institute (2015): https://www.reputationinstitute.com/CMSPages/ GetAzureFile.aspx?path=~%5Cmedia%5Cmedia%5Cdocuments%5C2015-rt100-release-report_1.pdf&hash=3b3228f58538a41817e42e2c460328edbbd 716c2bc0391a881d58b6da385934e&%20ext=.pdf, Abruf am 21.04.2016.
[26] CSR Germany (2014); http://www.csrgermany.de/www/csr_cms_relaunch.nsf/id/8ECDFG-bmw-group-de, Abruf am 23.04.1026.
[27] Erben (2007), S. 49 ff: Hier wird dieser Skandal ausführlich beschrieben.
[28] Vgl. Frugier (2009), S. 43 ff: Die Unternehmensberichterstattung wurde durch den Sarbanes-Oxley Act verschärft.
[29] Handelsblatt.com (2012): http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/ arbeitsbedingungen-apple-nimmt-foxconn-an-die-kandare/6455946.html, Abruf am 13.04.2016.
[30] Der vom angesehen Reputation Institute ermittelte Reputationswert für Apple („Apple RepTrack Pulse“) sank um 4.1 Punkte von 77.7 im Jahr 2012 auf 73.6 im Jahr 2014. Das Institut begründet diesen Rückgang mit der Foxconn Krise. „The Foxconn supply scandals in China hurt Apple’s reputation on the merits of Corporate Social Responsibility (CSR), which is measured according to the three dimensions of reputation: workplace, citizenship and governance.“ Siehe https://www.reputationinstitute.com/CMSPages/ GetAzureFile.aspx? path=~% 5Cmedia%5Cmedia%5Cdocuments%5Capple-infographic.pdf &hash =929781e 8194e6c13c4310b90a7fddf1325dc 1107ed176ee7df86aa87006fd60b, Abruf am 21.04.2016.
[31] Vgl. Weißensteiner (2008), S. 10 ff. Eine Auflistung verschiedener Definitionen von Risiko kann auf diesen Seiten nachgelesen werden.
[32] Graf (2002), S. 147 f.
[33] Gleißner (2011), S. 10.
[34] Vgl. Kapitel 2.4 dieser Arbeit.
[35] Vgl. Erben (2007), S. 39 ff. Erben belegt dies an diversen Beispielen zu Unternehmenskrisen.
[36] FinanzNachrichten: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2016-04/37074061-europas-automarkt-waechst-weiter-vw-marktanteil-schrumpft-erneut-016.htm, Abruf am 21.04.2016.
[37] Automobilwoche.de (2015): http://www.automobilwoche.de/article/20151115/ NACHRICHTEN/151119969/abgas-skandal-volkswagen-muss-mit-hoheren-zinsen-rechnen, Abruf am 21.04.2016.
[38] Hautzinger (2009), S. 50.
[39] Vgl. Seemann (2008), S. 52 ff.
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