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Bachelorarbeit, 2015
51 Seiten, Note: 2
1 Einleitung
2 Digitale Medien im Lernprozess
2.1 Selbstgesteuertes Lernen
2.2 Informelle/formelle Kompetenzentwicklung für das Lebenslange Lernen
2.3 Motivierung der Schüler durch mediale Einbettung der Themen
3 Schlüsselbegriffe Medienbildung und Medienkompetenz
3.1 Zum Begriff der Medienbildung
3.2 Kompetenzbegriff nach Baacke
4 Mediensozialisation
4.1 Lehrer als Digital Immigrants
4.2 Schüler als Digital Natives
5 Medien und Lehrer
5.1 Digitale Medien und die momentane Situation in der Lehramtsausbildung
5.2 Die veränderte Lehrerrolle für die mediale Bildung von Schülern
5.3 Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs für Digital Immigrants
6 Risiken von digitalen Medien für Schüler bei inkompetenter Mediennutzung
6.1 Digital Divide
6.2 Internet Addiction Disorder
6.3 Cybermobbing
7 Medienkompetenz von Lehrern zur Förderung der mediale Bildung von Schülern
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1 Das Kontinuum selbstgesteuerten Lernens
Abbildung 2 formelles und informelles Lernen
Abbildung 3 Kompetenzbereiche schulischer Medienbildung
Abbildung 4 Lehr-/Lernmittel im Verlauf der Zeit
Abbildung 5 Teufelskreis von suchtartigem Verhalten am Beispiel Internet
Abbildung 6 Drei Orte der Wirklichkeit
Abbildung 7 Teufelskreislauf fehlender Medienbildung
Abbildung 8 Idealzyklus der Medienbildung
Tabelle 1 Dimensionen des Digital Divide (Bonfadelli, 2004, S.513)
In den letzten Jahrzehnten hat ein Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft stattgefunden. Der technologische Fortschritt hat eine Produktion von Medien ermöglicht, die so vor Jahrzehnten noch undenkbar gewesen wäre. In der heutigen Wissensgesellschaft sind digitale Medien der Schlüssel zur selbstgesteuerten Kompetenzentwicklung und somit zur Qualifikation für den Arbeitsmarkt. Die Ausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen der allgemeinen und beruflichen Schulbildung reicht mittlerweile für das erfolgreiche Bestehen am Arbeitsmarkt nicht mehr aus. In diesem Kontext gewinnt auch mediale Bildung an Bedeutung (vgl. Röll, 2010, S.195). Jugendliche werden in der heutigen Wissensgesellschaft mit digitalen Medien sozialisiert. Dabei lernen Jugendliche aus dem eigenen Handeln heraus die Medien zu nutzen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Digital Natives. „Ever since, it has widely been asserted that those born after 1980 are Digital Natives because they have grown up with the new media and therefore possess certain distinctive traits – visual orientation, multi-tasking, active learning, tolerance towards minorities – and are team-oriented, inductive earners, who can switch their attention rapidly and give quick responses” (Prensky, 2001, S.31).
Allerdings muss für die Nutzung von Medien auch Medienkompetenz vorhanden sein, damit die Chancen von digitalen Medien für den Lernprozess genutzt werden können und die Risiken, in diesem Zusammenhang Digital Divide, Internet Addiction Disorder und Cybermobbing, nicht die Lernmöglichkeiten hemmen. Nur durch das eigene Handeln ist es den Jugendlichen jedoch nicht möglich sich eine solche Medienkompetenz anzueignen. Durch Ausprobieren und den Austausch in der Gruppe können sich falsche Nutzungsarten verbreiten, die zu Risiken der Mediennutzung führen können. Schüler benötigen daher eine adäquate Anleitung von Pädagogen, um über eine kompetente Mediennutzung nachzudenken, eine Medienkritik zu entwickeln, die eigenen Interessen zu fördern und Gefahren zu erkennen (vgl. Petzold, 2011, S.26).
Im Kontext der Schule haben digitale Medien deshalb an Aufmerksamkeit gewonnen. Da digitale Medien im Bezug auf die subjektive Entwicklung eines jeden Einzelnen eine große Rolle spielen, wird auch im Bereich der schulischen Bildung eine Medienbildung gefordert, welche seit einigen Jahren mit in das Curriculum der Schulen aufgenommen worden ist.
Im Rahmen dieser Erklärung der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2012 wird „die Förderung der Qualität des Lehrens und Lernens durch Medien und den notwendigen Schutz vor negativen Wirkungen der Medien und des Mediengebrauchs“ (KMK, 2012, S.9) verankert. Hierbei besteht jedoch das Problem, dass vielen Lehrern die Akzeptanz von digitalen Medien fehlt, so dass diese nicht in den Unterricht integriert werden (vgl. Herzig, & Assmann, 2014, S.45). Viele dieser Lehrer stammen aus einer Generation, die auch als Digital Immigrants bezeichnet wird.
„But this is not just a joke. It’s very serious, because the single biggest problem facing education today is that our Digital Immigrant instructors, who speak an outdated language (that of the pre-digital age), are struggling to teach a population that speaks an entirely new language” (Prensky, 2001, S.2).
Die Mediennutzung stellt die Lehrer selbst vor Herausforderungen, sodass hier ein Bedarf an Medienschulung besteht. Die Lehrer sind aufgefordert eine Medienkompetenz zu entwickeln, auf dessen Grundlage die Schüler medial gebildet werden können (vgl. Weiß, & Bader, 2010, S.327). Im Schulalltag ist jedoch oftmals zu beobachten, dass Schüler den Lehrern erklären, wie die Nutzung von digitalen Medien funktioniert. Denn viele Personen dieser Lehrergeneration möchte sich nicht noch einmal in die Situation des Lernenden begeben und eine Kompetenzentwicklung im Bereich der Medienbildung erleben (vgl. Wetterich, Burkhart, & Rave, 2014, S.22). Die angehenden Lehrer hingegen sind teilweise mit Medien aufgewachsen und verfügen bereits über eine Medienkompetenz. Diese sollen dann im Rahmen der Lehramtsausbildung eine medienpädagogische Ausbildung erfahren, so dass die Medienkompetenz vertieft werden kann. Allerdings ist die Medienpädagogik immer noch kein verpflichtender Bestandteil des Studiums, so dass Studenten durch eine geschickte Kursbelegung dem Erlernen von medialen Lernszenarien ausweichen können (vgl. ebd. S.65).
Doch ist es im Rahmen der Medienbildung nicht eigentlich so, dass Lehrer den Schülern einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien ermöglichen müssen? Schließlich heißt es in der Erklärung der Kultusministerkonferenz vom 08.März 2012 wie folgt:
„Wichtiges Ziel der Medienbildung ist die altersangemessene Fähigkeit, das wachsende Medienangebot kritisch zu reflektieren, daraus sinnvoll und bedürfnisbezogen auszuwählen und Medien sowohl für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit als auch für die individuelle Lebensgestaltung angemessen, kreativ und sozial verantwortlich zu nutzen“ (S.5).
Diesbezüglich ist es wichtig, dass Lehrer sich die fehlenden Kompetenzen im Bereich der Medienbildung aneignen, um Schülern adäquate Medienkompetenz zu vermitteln. Denn nur mit einer Medienkompetenz kann ein sicherer Umgang mit digitalen Medien gefördert, die Gefahren des Web 2.0 eingeschätzt und die Vorteile für den Lernprozess gesichert werden.
Daher wird im Rahmen dieser Bachelorarbeit der Frage nachgegangen, inwieweit eine Medienkompetenz von Lehrern Einfluss auf die mediale Bildung von Jugendlichen, im Hinblick auf einen kompetenten Umgang mit Medien, nehmen kann. Nach der Einleitung in die Thematik werden dazu in Kapitel zwei digitale Medien im Lernprozess dargestellt. Selbstgesteuertes Lernen, informelle und formelle Kompetenzentwicklung und die Motivierung von Schülern werden erörtert. Anhand der Möglichkeiten digitaler Medien im Lernprozess soll dann im weiteren Verlauf der Bachelorarbeit analysiert werden, warum es wichtig ist, dass Digital Immigrants eine Medienkompetenz erwerben. Dazu werden in Kapitel drei die Begriffe Medienbildung und Medienkompetenz nach Baacke unterschieden. Dabei umfasst der Medienkompetenzbegriff nach Baacke die vier Komponenten Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung (vgl. Baacke, 1996a, S.120). In Kapitel vier wird auf die Mediensozialisation der Generationen Digital Immigrants und Digital Natives Bezug genommen. Dazu wird erläutert, welches Medienverhalten, einhergehend mit einer Medienkompetenz, jeweils vorliegt und wo Kompetenzunterschiede auszumachen sind. Im anschließenden fünften Kapitel wird die momentane Situation von digitalen Medien in der Lehramtsausbildung beschrieben, sowie auf die veränderte Lehrerrolle für die mediale Bildung von Schülern eingegangen. Ebenso werden Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs von Digital Immigrants erörtert. Anschließend werden in Kapitel sechs die Risiken von digitalen Medien im Lernprozess bei nicht ausreichender Medienkompetenz erläutert. In diesem Zusammenhang geht es um die Gefahren für Schüler, die sich mit der inkompetenten Nutzung des Web 2.0 ergeben. Dazu zählen z.B. das noch nicht anerkannte Krankheitsbild Internet Addiction Disorder und das Cybermobbing. Im Rahmen des Lernprozesses kann das Risiko des Digital Divide auftreten. Bevor die Bachelorarbeit mit dem Fazit endet, wird im siebten Kapitel die Forschungsfrage beantwortet und zusammenfassend dargestellt, wie die Medienkompetenz von Lehrern auf die mediale Bildung von Jugendlichen Einfluss nehmen kann.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend die männliche Form der Anrede verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
Das selbstgesteuerte Lernen ist durch Malcolm Shepherd Knowles in den 1970er und 1980er Jahren in Amerika geprägt worden. Dabei entstand ein theoretischer Klassiker des selbstgesteuerten Lernens, der bis heute an Aktualität beibehält (vgl. Arnold, Gómez, & Kammerer, 2002, S. 32). Knowles definiert selbstgesteuertes Lernen als “a process in which individuals take the initiative, with or without the help of others, in diagnosing their needs, formulating learning goals, identifying human and material resources for learning, choosing and implementing appropriate learning strategies, and evaluating learning outcomes“ (1975, S.18). Das bedeutet allerdings nicht, dass der Lernende im Lernprozess auf sich allein gestellt ist. Vielmehr geht es in der Definition von Knowles darum, dass das selbstgesteuerte Lernen ein aktiver Aneignungsprozess ist, bei dem der Lernende über die eigenen Lernbedürfnisse entscheidet und die Lernziele mithilfe von Ressourcen festlegt sowie diesen Lernprozess im Anschluss bewertet. Unter Ressourcen versteht man dabei die materiellen und menschlichen Hilfen die zum gewünschten Lernziel führen, wie z.B. Methoden, Schwerpunkte, Lerntempo und Lernort (vgl. edb., S.33).
Selbstgesteuertes Lernen steht in einem Spannungsverhältnis von absoluter Autonomie und vollständiger Fremdsteuerung. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, verortet sich das selbstgesteuerte Lernen deutlich auf der Seite der absoluten Autonomie, jedoch nicht losgelöst von der vollständigen Fremdsteuerung. Diese hat genauso Einfluss auf den Lernerfolg des selbstgesteuerten Lernens.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Das Kontinuum selbstgesteuerten Lernens (vgl. Lang, 2004, S.114)
Daraus wird noch einmal deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen mithilfe von Lehrern stattfindet. Diesen kommt somit die Aufgabe zu, die Selbstlernaktivität der Schüler zu stärken, so dass diese individuell an die persönlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten anknüpfen können (vgl. Arnold, Gómez, & Kammerer, 2002, S.32). Dieser Prozess lässt sich auch durch den Begriff scaffolding näher erläutern. Der Lehrer unterstützt den Schüler zunächst durch gezielte Hilfestellungen. Im weiteren Verlauf nehmen diese Hilfestellungen immer mehr ab und der Schüler baut durch zunehmende Sicherheit eine Selbststeuerungsfähigkeit auf, die es ihm ermöglicht mehr Eigenverantwortung für den persönlichen Lernprozess zu übernehmen (vgl. Pätzold, 2008, S.13). Somit löst sich der Schüler immer mehr von der vollständigen Fremdsteuerung hin zur absoluten Autonomie, kann auf die Fremdsteuerung und die damit einhergehende Hilfestellung allerdings jederzeit zurückgreifen. Dies ist notwendig, wenn dem Schüler nicht bekannt ist, wie die Potentiale digitaler Medien zum Lernen und zur Selbstaneignung kreativ und produktiv genutzt werden können. Dann nehmen die Gefahren und Risiken digitaler Medien einen großen Stellenwert ein und behindern den Lernprozess (vgl. Röll, 2014, S.29).
Des Weiteren ist davon auszugehen, dass das selbstgesteuerte Lernen auf der anthropologischen Grundannahme basiert, dass der Mensch grundsätzlich in der Lage ist selbstgesteuert zu lernen. Dieser Prozess ist unter anderem durch eigene Entscheidungen geprägt und lässt sich durch die gezielte Förderung der Selbstlernkompetenz verstärken (vgl. Arnold, Gómez, & Kammerer, 2002, S.36). Eine Selbstlernkompetenz ist allerdings nur durch Bildung und Aufklärung zu erlangen. Nur ein Schüler, der versteht, welchen Stellenwert Bildung in der heutigen Informationsgesellschaft einnimmt und begreift was selbstgesteuertes Lernen bedeutet, kann eine Selbstlernkompetenz entwickeln, mit der die Planung, Durchführung und Evaluation des Lernprozesses aktiv gestalten werden kann.
Das selbstgesteuerte Lernen ist in allen Bereichen des Lernens vorzufinden, da es sich am pädagogischen Leitziel der Mündigkeit orientiert (vgl. Dietrich, Fuchs-Brüninghoff, & Nuissl, 1999, S.72). In jedem Lern- bzw. Bildungsprozess steht die Mündigkeit als anzustrebendes Ziel fest. Schon Immanuel Kant bezog sich mit seinem Wahlspruch der Aufklärung saphere aude auf die Mündigkeit (vgl. Kant, Cassirer, & Brandt, 1999, S.20f.). Die Lernenden müssen sich des eigenen Verstandes bedienen, somit selbstgesteuert Lernen und Verknüpfungen projizieren, um den Status der Mündigkeit zu erreichen.
Selbstgesteuertes Lernen mithilfe digitaler Medien ermöglicht eine schnelle Informationssammlung, da Materialien nach der Recherche sofort digital zur Verfügung stehen. In Foren und Chaträumen besteht die Möglichkeit des direkten Informationsaustausches. Schüler können interessengesteuert nach Materialien suchen und Themen erarbeiten. Materialien können auf direktem Weg kostenfrei oder kostengünstig und ohne Wartezeit übermittelt werden. Versand- bzw. Druckkosten für Fachzeitschriften oder Bücher können so eingespart werden (vgl. Sander, & Heidemann, 2004, S.353). Durch selbstgesteuertes Lernen, auch mit Hilfe digitaler Medien, ist informelles sowie formelles Lernen möglich. Diese Lernformen als Möglichkeit der Kompetenzentwicklung werden im nächsten Kapitel näher erläutert.
Unter formeller Kompetenzentwicklung wird das Lernen, welches in Bildungseinrichtungen stattfindet, verstanden. Lernziel, Lernzeit und Lernförderung sind strukturiert und führen zu einer Zertifizierung des erlernten Wissens. Formales Lernen ist aus Sicht der Lernenden also immer auf ein Ziel gerichtet (vgl. Europäische Kommission, 2001, S.32). Formelles Lernen bietet daher die Sicherheit, dass ein Mindestmaß an Kompetenzen und Qualifikationen vorliegt. Wie in nachstehender Abbildung 2 zu sehen ist werden vom Lehrer geplante E-Learning und Blended Learning Lerneinheiten dem formellen Lernen zugeordnet. Ebenso Seminare, Studiengänge und Lehrgänge (vgl. Kuhlmann, & Sauter, 2008, S.125f.). Unter informeller Kompetenzentwicklung wird hingegen das Lernen, welches im Alltag, am Arbeitsplatz oder im sozialen Wohnumfeld stattfindet, verstanden (vgl. Europäische Kommission, 2001, S.32). Informelles Lernen findet oftmals mittels Social Software im Web 2.0 und durch Nutzung von Communities, wie in Abbildung 2 deutlich wird, statt (vgl. Kuhlmann, & Sauter, 2008, S.126). Es ist im Bezug auf Lernziel, Lernzeit und Lernförderung nicht strukturiert und zielt nicht auf das Erlangen von Zertifikaten ab. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist aber in den meisten Fällen beiläufig (vgl. Europäische Kommission, 2001, S.32). Informelles Lernen findet meistens reaktiv, also als Reaktion auf auftretende Probleme, oder proaktiv, das heißt vorausschauend, statt (vgl. Kuhlmann, & Sauter, 2008, S.125). Formelles und informelles Lernen sind eng miteinander verzahnt. Optimalerweise wird an Schulen eine Lernkultur geschaffen, die beide Elemente miteinander verknüpft (vgl. edb.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 formelles und informelles Lernen (Kuhlmann,& Sauter, 2008. S.126)
Lernen in der Informations- und Wissensgesellschaft wird aufgrund des lebenslangen Lernens zunehmend informeller werden (vgl. Tully, 2004, S.643). Beim informellen Lernen entsteht die Motivation, im Unterschied zum Lernen in Institutionen, aus konkreten Problemsituationen heraus (vgl. edb., S.657). Lernanreize für informelles Lernen können durch innere und äußere Einwirkung ausgelöst werden (vgl. Röll, 2014, S.29). Innerer Anreiz kann z.B. Neugierde oder Wissbegierde sein, äußerer Anreiz ein Werbespot oder ein Zeitungsartikel. Informelles Lernen im Rahmen von formellen Bildungsprozessen wird durch situiert gestaltete Lernumgebungen begünstigt, welche auf authentischen Problemsituationen basieren. Dazu zählen ebenso die Einbeziehung des Lernumfeldes in den Lernprozess, ein vertrauensvolles Klima im Rahmen der Zusammenarbeit und die eigenständige Bearbeitung von Aufgaben (vgl. edb., S.29f.). Der Lernerfolg bemisst sich daran, inwieweit in Eigenverantwortung Informationen zur Lösung eines bestimmten Problems genutzt werden können. Informelles Lernen ist immer kontextbezogen, so dass informell erworbenes Wissen aktueller und flexibler als formale Bildung ist. Formale Bildung wird durch informelles Lernen nicht ersetzt, dafür aber ergänzt und vertieft. Die Ansprüche und Motive Lernender spielen für das informelle Lernen eine große Rolle. Lernrhythmus oder Häufigkeit der Übung können größtenteils selbstbestimmt organisiert werden (vgl. Tully, 2004, S.657). Mithilfe des informellen Lernens können personale, interaktive und partizipative Kompetenzen gefördert werden (vgl. Röll, 2014, S.30). Das Bildungssystem steht vor der Herausforderung, Jugendliche in der Entwicklung zu begleiten und die Ressourcen, die sie sich aus informellen Lernprozessen aneignen, in formelle Bildungsprozesse zu integrieren. In der momentanen Schulbildung geschieht dies oftmals im Projektunterricht (vgl. edb., S.29). Die Integration von digitalen Medien in den Lernprozess kann innovative Impulse für den pädagogisch geleiteten Bildungsprozess eröffnen. Allerdings ist es dabei wichtig, dass ein pädagogisches Konzept eingesetzt wird, auf dessen Grundlage die durch die digitale Lernkultur zum Ausdruck kommenden Lernpotentiale genutzt werden können (vgl. edb., S.33). Digitale Medien können ein äußerer Anreiz für informelles Lernen sein und tragen somit zur Lernmotivation bei. Formale Bildungsprozesse müssen in der Generation Digital Natives so konzipiert sein, dass die informellen Bildungsprozesse als Ergänzung zum klassischen Bildungsweg integriert werden. Dazu müssen Lerntheorien berücksichtigt werden. Einige Lerntheorien werden von der Hypothese geleitet, dass Lernen prinzipiell ein subjektiver Vorgang ist (vgl. edb., S.34). Darunter fällt auch der Konstruktivismus, welcher besagt, dass Lernen als aktiver Vorgang verstanden wird, vom Subjekt ausgeht und in situierten Lebenskontexten stattfindet (vgl. edb., S.34). Konstruktivismus beschreibt Lernen als „selbstgesteuerte Aktivität, die durch Pertubationen verschiedenster Art von außen angeregt, nicht aber organisiert werden kann“ (Böhm, 2005, S. 370). Entsprechend dieser Definition des Konstruktivismus durchläuft jedes Subjekt seinen individuellen Lernprozess und wird dabei vom Lehrenden nur angeregt. Die Bilder der Außenwelt, z.B. des Lernumfeldes, lösen Gedankenprozesse im Lernenden aus, so dass dadurch subjektives Wissen und eine eigene Auffassung vom Lernkontext geschaffen wird. Im Rahmen des Konstruktivismus findet Lernen immer in sozialen Kontexten und durch Interaktion statt (vgl. Gudjons, 2012, S.253). Impulsgeber für eine konstruktivistische Didaktik sind Theorien von Dewey, Piaget und Vygotski. Alle drei Ansätze betonen einen aktiven Lernprozess, der sich stets auf die Vermittlung mit Handlungen bezieht und eine Spannung zwischen Subjekt und Umwelt annimmt. Dabei wird den Menschen unterstellt, dass sie der Verbindung von äußerer Welt und innerem Abbild misstrauen müssen. Lernen geschieht somit auch immer in einem kulturellen Kontext. Durch den Lernprozess wird immer ein neues subjektives Abbild der Welt geschaffen, welches niemals vollkommen ist, sondern stets durch neue subjektive Versionen überarbeitet werden kann (vgl. Reich, 2008, S.73ff). Damit sich der Lernende allerdings im Sinne einer konstruktivistischen Didaktik weiterbilden kann, sind vier Voraussetzungen für das Lernen nötig: Selbsttätigkeit, Selbstbestimmung, Selbstwertgefühl und Beobachtungsfähigkeit. Wer seine subjektive Wirklichkeit konstruiert, muss selbsttätig werden. Niemand anders kann das anstelle dessen übernehmen. Ebenso müssen subjektive Entscheidungen im Lernprozess getroffen werden. Diese Tätigkeiten müssen selbstbestimmt geregelt werden. Wichtig für den Lernprozess ist ebenfalls das Selbstwertgefühl. Lernen fordert den Menschen auch emotional und motivational. Zudem müssen Sachverhalte beobachtet werden, um aus ihnen lernen zu können. Somit kann aus der Beobachtung heraus eine Konstruktion der subjektiven Wirklichkeit erfolgen (vgl. Gudjons, 2012, S.253).
Des Weiteren fordert die Entwicklung zur Wissensgesellschaft von jedem Lernenden eine Lernkompetenz und die Fähigkeit zum Lebenslangen Lernen. Diesen Forderungen wird der Konstruktivismus gerecht. Jeder Lerner integriert seine individuellen Vorkenntnisse in den Lernprozess, welches sich wiederum auf die neu zu erwerbenden Kenntnisse auswirkt und im Bezug auf eine Gruppe ein heterogenes Lernergebnis darstellt. Vom Lerner wird im Rahmen einer selbstregulierten konstruktivistischen Lernstrategie erwartet, dass er sich eigenständig Aufgabenstellungen widmet und imstande ist diese zu lösen (vgl. von Ameln, 2004, S.246). Auf Konstruktivismus basierend formulieren Reinmann & Mandl zentrale Prinzipien konstruktivistischer Lernangebote. Lernen soll anhand von authentischen Problemen erfolgen, so dass durch eine konkrete Problemlage ein Praxisbezug hergestellt werden kann. Ebenso soll der Lernende in multiplen Kontexten lernen, in denen verschiedene Praxissituationen aufgezeigt werden und zu Lösungen angeregt werden sollen. Genauso sollen dabei verschiedene Perspektiven eingenommen und Probleme anhand verschiedener Rollen gelöst werden. Lernen soll zudem immer in sozialen Kontexten stattfinden, so dass eine Interaktion mit Kollegen möglich ist. Zuletzt ist es wichtig, dass Lernende mit instruktionaler Unterstützung lernen. Das bedeutet, dass eine Lernumgebung, Lernmaterialien und ein Lernbegleiter den Lernenden im Lernprozess unterstützen sollen (vgl. 2006, S.613ff.). Diese Prinzipien konstruktivistischer Lernangebote sollen eine Kompetenzentwicklung im Kontext des Lebenslangen Lernens ermöglichen. Die Bedeutung informellen Lernens im Kontext individueller Sozialisation und beruflichen Perspektiven nimmt aufgrund von beruflichen Weiterbildungen oder Umschulungen, Online-Käufen, Online-Banking, oder Online-Lernen zu (vgl. Petzold, 2011, S.24). Informelles Lernen dient damit einer Kompetenzentwicklung, die den Schülern im späteren Berufsleben einen Arbeitsplatz und eine Teilhabe an der Gesellschaft sichert. Schüler müssen oftmals zum informellen Lernen animiert und motiviert werden. Welchen Möglichkeiten hierzu gegeben sind wird im weiteren Verlauf thematisiert.
Wichtig für das erfolgreiche Lernen ist das Wecken von Interesse. Die Motivation beeinflusst die Nachhaltigkeit der Lernprozesse und die Transfermotivation der Schüler. Eine weitere Prämisse, die sich positiv auf den Lernerfolg auswirken kann, ist der Wohlfühlfaktor. Etwas gemeinsam zu erleben ist wichtiger als konkrete Ergebnisse. Die soziale Interaktion innerhalb einer Schulklasse unterstützt diesen Faktor. Sie dient dem Abbau von Lernwiderständen und dem positiven Aufbau von Lernwirksamkeitserwartungen der Schüler. Letztere können durch den Lehrer und durch positive Rückmeldungen noch verstärkt werden (Kaiser, Kaiser, & Hohmann, 2007, S.194f.). Lernanreize können durch innere und äußere Einwirkung ausgelöst werden (vgl. Röll, 2014, S.29). Innerer Anreiz kann z.B. Neugierde oder Wissbegierde sein, äußerer Anreiz ein Werbespot, ein Zeitungsartikel oder die Lehrperson. Da die Lehrer im Rahmen der neueren didaktischen Modelle eher die Rolle eines Lernbegleiters einnehmen sollen, wird der Einfluss des Lehrers auf den aktiven Lernprozess geringer, so dass auch die extrinsische Motivation der Schüler durch den Lehrer abnimmt. Daher ist es wichtig, dass Schüler eine intrinsische Motivation für den aktiven Lernprozess entwickeln und somit Spaß am Lernen finden (vgl. Tully, 2004, S.666). Qualitativ gut aufbereitete Themenkomplexe mit medialer Einbettung können daher ein Anreiz für den aktiven Lernprozess sein. Durch eine aktive Teilhabe am Lerngeschehen können mediale Eigenproduktionen in Form von Pod- und Vodcasts oder Webblogs entstehen, die bei den Schülern zu einer Stärkung des Selbstwertgefühls führen (vgl. Hartung et al., 2014, S.183). Durch ein gestärktes Selbstwertgefühl wird dann wiederum die Motivation des Schülers angeregt, so dass ein aktiver Lernprozess beginnen kann. Daraus ergibt sich auch für Eltern die Motivation einen Computer für die Kinder zu kaufen, wenn dies finanziell möglich ist. Ein Computer soll schließlich den Lernprozess fördern und zu einer kognitiven Leistung beitragen (vgl. Petzold, 2011, S. 19). Des Weiteren gibt es nur wenige Menschen, die über eine vollständige selbstbestimmte Lernmotivation verfügen. Daher ist nicht zu erwarten, dass alle Menschen die eine Innovation rezeptiv nutzen, diese auch aktiv nutzen. Aktive Mediennutzer werden stets in der Minderheit bleiben (vgl. Schulmeister, 2012, S.6ff.). Im Unterricht werden nach wie vor Medien wie Zeitungen oder Fernsehen als Leitmedium eingesetzt. Doch auch Portale wie Wikipedia und das Videoportal YouTube nehmen mittlerweile einen Stellenwert im Unterricht ein (vgl. LfM, 2010, S.7). Da Schüler bei der technischen Umsetzung der digitalen Lernmöglichkeiten einbezogen werden, werden sie zugleich auch aktiv am Lernziel beteiligt, sie werden diesbezüglich zu Konstrukteuren des Lernprozesses (vgl. Röll, 2012, S.55). Dies motiviert Schüler das Lernziel auch zu erreichen und aktiv in der Klassengemeinschaft zu lernen. 92% der Lehrer beurteilen die Motivation der Schüler durch den Computer- und Interneteinsatz als positiv. 49% der Lehrer beschreiben die Schüler sogar als konzentrierter und für 47% der Lehrer ermöglichen digitale Medien schnelleres Lernen (vgl. BITKOM, 2015, S.36).
Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci und Ryan befasst sich mit solchen positiven Wirkungen der Lernmotivation auf die Qualität des Lernens (vgl. Deci, & Ryan, 1993, S.223). Intentionale Motivation richtet sich auf einen unmittelbaren spannenden, interessanten oder aufregenden Sachverhalt, oder auf ein längerfristiges Ergebnis, wie z.B. das Bestehen einer Prüfung am Ende des Schuljahres. Intrinsische Motivation ist interessengeleitet und beinhaltet Neugier und Spontaneität. Intrinsische Motivation erklärt, warum Lernende ohne äußeren Druck ein Lernziel erreichen können. Extrinsische Motivation wird in Verhaltensweisen sichtbar, die nicht spontan, sondern durch äußere Aufforderungen ausgelöst werden. Sowohl intrinsische als auch extrinsische Motivation kann selbstbestimmt sein (vgl. edb., S.224ff.).
Extrinsische Motivation wird in vier Stadien unterschieden:
- Externale Regulation
- Introjizierte Regulation
- Identifizierte Regulation
- Integrierte Regulation
Im Rahmen der externalen Regulation hat der Lernende keinen direkten Einfluss auf Verhaltensweisen. Die Prinzipien der Autonomie und der Freiwilligkeit können nicht befolgt werden. Externale Regulation beschreibt Handlungen, die eine Belohnung ermöglichen, oder durch die eine Strafe vermieden werden kann. Introjizierte Regulationen beschreiben Verhaltensweisen, die durch inneren Druck kontrolliert werden. Der Schüler lernt etwas, weil es sich gehört. Als Beispiel wäre hier ein Abiturient zu erwähnen, der sein Abitur nur anstrebt, weil alle seine Freunde dies auch tun. Ein Schüler hingegen, der sich auf sein Abitur vorbereitet, da das persönliche Ziel des Medizinstudiums erreicht werden soll befindet sich im Stadium der identifizierten Regulation. Dieses ist erreicht, wenn der Lernende selbst eine Verhaltensweise als wichtig und wertvoll anerkennt. Der Schüler lernt, weil er es für richtig empfindet und sich mit den Werten und Zielen des Lernprozesses identifizieren kann. Die integrierte Regulation ist das Stadium mit der höchst möglichen Selbstbestimmung. Der Schüler identifiziert sich selbst mit Zielen, Normen und Handlungsstrategien des Lernprozesses. Die integrierte Regulation der extrinsischen Motivation und die intrinsische Motivation bilden zusammen die Basis des selbstbestimmten Handelns (vgl. edb., 1993, S.227f.).
Selbstbestimmtes Handeln ist für einen aktiven medialen Lernprozess unumgänglich. Motivation basiert auf den drei angeborenen Grundbedürfnissen der Kompetenz, Autonomie und sozialen Zugehörigkeit. Lernende verfolgen persönliche Ziele, um diese drei Grundbedürfnisse zu befriedigen. Soziale Einflüsse der Umwelt, wie z.B. mediale Lernangebote, wirken positiv auf die intrinsische und extrinsische Motivation der Schüler, so dass die angeborenen Bedürfnisse Kompetenz, Autonomie und soziale Zugehörigkeit befriedigt werden können (vgl. edb., S.229). Kontrollierende Maßnahmen in der Schule untergraben intrinsische Verhaltensweisen und Gefühle, wohingegen selbstständigkeitsfördernde Unterstützungen der Lehrkraft die Eigeninitiative und Wahlfreiheit der Schüler fördern und die intrinsische Motivation verstärken (vgl. edb., S. 230). Lehrer sind daher angehalten autonomiefördernd mit Hilfe digitaler Medien zu unterrichten. Lehrer sollen im Hinblick auf digitale Medien möglichst auf die Interessen und Lebensbedingungen der Schüler eingehen. Schüler mit hoher individueller Unterstützung aus dem sozialen Umfeld zeigen stärkere intentionale Motivationen zum selbstgesteuerten medialen Lernen und werden von Lehrern kompetenter eingestuft. Selbstgesteuertes Lernen kann nur durch ein individuelles Engagement erreicht werden. Effektives Lernen ist daher auf intrinsische Motivation und Selbstregulation angewiesen. Intrinsische Motivation stellt eine wichtige Bedingungsvariable des Lernens dar (vgl. edb., S.232f.). Abschließend kann festgehalten werden, dass Lernmotivation „sowohl durch äußere Kontrollmechanismen als auch durch selbstbestimmte Formen der Verhaltensregulation erzeugt werden“ (Deci, & Ryan, 1993, S.234) kann. Sehr gute Lernergebisse werde erreicht, wenn die „Motivation durch selbstbestimmte Formen der Handlungsregulation bestimmt wird“ (Deci, & Ryan, 1993, S.234).
Der Begriff Medienbildung ist seit der massenhaften Verbreitung von Computer und Internet ein wichtiges Thema. Eigentlich beschreibt der Begriff die Fähigkeit des Individuums, möglichst viele Medien kompetent nutzen und sich ein eigenes Urteil über die Gestaltung und Funktionen bilden zu können. Aufgrund der technisch veränderten und sich stetig weiterentwickelnden Kommunikationstechniken wird das Beherrschen von Computer- und Internetanwendungen als eine elementare Kulturtechnik angesehen (vgl. Elling, &Kübler, 2004, S.45).
Medienbildung findet zunächst in der familiären Umgebung und in der frühkindlichen Erziehung statt (vgl. Wetterich, Burghart, & Rave, 2014, S.29). Mit Beginn der Schulzeit geht die Medienbildung auch in die Verantwortung des Schulsystems über. Da den Kindern und Jugendlichen in der familiären Erziehung unterschiedliche mediale Nutzungspräferenzen geboten werden, bekommen diese unterschiedliche Eindrücke von der medialen Vielfalt, so dass auch im Bezug auf Bildungsprozesse unterschiedliche Voraussetzungen vorliegen. Die schulische Medienbildung muss diesen unterschiedlichen Voraussetzungen gerecht werden (vgl. edb., S.29). Daher soll die Medienbildung laut Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) von März 2012 deutlich umfassender in Schulen, u.a. im Hinblick auf die Förderung der Qualität des Lehrens und Lernens durch Medien und den Schutz vor den negativen Wirkungen von Medien und des Mediengebrauchs, verankert werden (vgl. S.9). Medienbildung in der Schule beinhaltet einen dauerhaften, pädagogisch strukturierten und begleiteten Prozess, welcher sich konstruktiv und kritisch mit der Medienwelt auseinandersetzt. Medienbildung zielt auf den Erwerb und die Erweiterung einer Medienkompetenz ab. Medienbildung ermöglicht auch die Fähigkeit sich verantwortungsvoll in der medialen Welt zu bewegen, die Wechselwirkung zwischen realer und irrealer Welt zu begreifen und neben Chancen auch Risiken digitaler Medien zu erkennen (vgl. KMK, 2012, S.3). Ziel der Medienbildung ist die altersangemessene Fähigkeit Medien kritisch zu reflektieren und richtig zu bewerten, so dass diese sinnvoll für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit sowie für die Lebensgestaltung genutzt werden können (vgl. edb., S.5). Um dieses Ziel zu erreichen, muss Medienbildung den kommunikativen Austausch zwischen den Generationen fördern. Denn nur durch lebenslanges Lernen und den Austausch zwischen den Generationen kann eine Akzeptanz der Mediennutzung erzeugt werden, welche für die Gestaltung der gemeinsamen Wirklichkeit wichtig ist (vgl. Mikos, 2012, S.43). Aufgabe der Medienbildung ist zudem die Vermittlung von Selbststeuerungsfähigkeit, die Förderung der kulturellen Bildung, sowie eine Vorbereitung auf den Umgang mit Risiken digitaler Medien (vgl. Assmann, Meister, & Pielsticker, 2014, S.7).
Medienbildung in der Schule kann als Bildung über Medien, Bildung mit Medien oder als Bildung durch Medien verstanden werden (vgl. Röll, 2014, S.40). Bildung über Medien beinhaltet die Reflexion der Rolle der Medien und die Analyse der Mediennutzung in der Gesellschaft. Bildung mit Medien findet statt, wenn die Medien das Medium der Aneignung bilden. Darunter versteht man die Selbstreflexion oder die Aneignung der Lebenswelt mittels Medien. Bildung durch Medien findet statt, wenn die Medien Ort des Lernens werden. So können z.B. Wissensproduktionen oder Informationssammlungen durch Medien gelingen (vgl. edb., S.40). Für eine kompetente Medienbildung an Schulen bedarf es Rahmenbedingungen innerer und äußerer Schulangelegenheiten. Innere Schulangelegenheiten beschreiben die Rahmenlehrpläne, Unterrichtsgestaltung und Bildungsziele, sowie die Anstellung der Lehrer und werden vom jeweiligen Bundesland geregelt. Äußere Schulangelegenheiten beinhalten die technische Ausstattung und die Unterhaltung der Schulen. Darunter ist die Einrichtung des Gebäudes und die Bereitstellung von Materialien, Geräten und Informationstechnologien zu verstehen (vgl. Verband Bildung und Erziehung, 2015). Daher ist die Ausstattung der Schulen mit Computerräumen Aufgabe der Kommunen. Auch der technische Support für digitale Medien in Schulen fällt unter äußere Schulangelegenheiten und muss von der Kommune gewährleistet werden. Doch dabei gibt es oftmals Probleme. In den meisten Fällen verbleibt die Wartung und der technische Support bei den Lehrern, sofern hierfür überhaupt geschulte Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Jede fünfte Lehrkraft weiß heutzutage nicht, an wen sie sich bei Fragen wenden soll. Dies hemmt die Bereitschaft zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht, so dass keine ausreichende kompetente Mediennutzung durch Medienbildung vermittelt werden kann (vgl. Breiter, Welling, & Stolpermann, 2010, S.10). Ebenso ist es für eine kompetente Medienbildung wichtig, dass Lehrer im Umgang mit digitalen Medien geschult werden. Diese Lehrerfortbildungen fallen in die Kategorie innere Schulangelegenheiten. Das Bundesland hat eine Sorgfaltspflicht für die Anstellung und Ausbildung der Lehrer. Somit ist es wichtig, dass die Landesschulbehörde medial ausgebildete Lehrer an den Schulen weiterbildet, so dass eine kompetente Medienbildung möglich ist.
Für die kompetente schulische Medienbildung sind sechs Kompetenzbereiche relevant, welche sich gegenseitig bedingen. Wie in nachstehender Abbildung 3 zu sehen ist, zählen die Bereich Information, Kommunikation, Präsentation, Produktion, Analyse und Mediengesellschaft dazu.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Kompetenzbereiche schulischer Medienbildung (vgl. Wetterich, Burghart, & Rave, 2014, S.31)
Der Kompetenzbereich Mediengesellschaft wird von den anderen Kompetenz-bereichen umschlossen, da dieser zu allen in Beziehung steht und auf deren Mithilfe angewiesen ist. Durch schulische Medienbildung kann die eigene kompetente Mediennutzung reflektiert werden und somit in Zusammenhang mit der Medienwirkung und Mediennutzung in der Gesellschaft analysiert werden. Zusammenhänge von Medien in Politik und Gesellschaft sowie als Wirtschaftsfaktor können eingeordnet und bewertet werden. Der Kompetenzbereich Information ermöglicht die Auswahl, Nutzung und Bewertung von Informationen mittels Medien. Der Bereich Kommunikation beschäftigt sich mit Kommunikationsmerkmalen und Kommunikationsbedingungen in der Mediengesellschaft. Schüler sollen durch Medienbildung einen verantwortungsbewussten Umgang und Kommunikationsstil mit Medien erlernen. Die Kategorie Präsentation beschreibt die Art und Gestaltung von Präsentationen durch Medien. Verschiedene Gestaltungstypen medienbasierender Präsentationen werden vermittelt. Der Bereich Produktion setzt sich mit der medialen Gestaltung von Medienprodukten auseinander, wie Podcasts, Vodcasts oder Webblogs. Dabei wird auch auf die Veröffentlichung selbst erstellter Medienprodukte hingewiesen. Rechtliche Aspekte sind dabei ausschlaggebend. Der Themenkomplex Analyse ermöglicht eine kompetente Orientierung in den vielfältigen Medienangeboten. Die Bedeutung und Wirkung von Medien kann analysiert und charakterisiert werden. Diese sechs Kompetenzbereiche stehen alle in einem rechtlichen Zusammenhang, z.B. des Urheberrechts oder des Datenschutzes. Im Rahmen der schulischen Medienbildung ist in diesem Zusammenhang der Jugendmedienschutz von besonderer Bedeutung (vgl. Wetterich, Burghart, & Rave, 2014, S.31). Schülern muss im Rahmen dieser Kompetenzbereiche ein verantwortungsvoller Umgang mit Medien ermöglicht werden, so dass die Risiken von digitalen Medien beherrscht werden können und die Vorteile digitaler Medien den Lernprozess fördern. Um den Schülern eine solche Medienbildung zu ermöglichen, müssen zuvor Lehrer diese Kompetenzbereiche erlernen. Dazu ist eine Medienbildung an den Universitäten oder in Lehrerseminaren nötig. Ohne eigene Medienkompetenz ist es den Lehrern kaum möglich zu vermittelnde Inhalte weiterzugeben (vgl. edb., 21).
Die von Schülern und Lehrern dazu benötigte Medienkompetenz wird im nächsten Kapitel anhand der Kompetenztheorie von Baacke näher erörtert.
Der Begriff Medienkompetenz ist vielschichtig und wird vom Begriff Medienbildung abgegrenzt (vgl. Brandhofer, 2015, S.48f.). Medienkompetenz als Konzept an sich enthält keine Hinweise darauf, wie die Kompetenz zu organisieren oder vermitteln ist (vgl. Baacke, 1997, S.99). Medienbildung ermöglicht Bildungsgelegenheiten, die nicht organisierte Kontexte und selbstsozialisatorische Prozesse einschließen (vgl. Baacke, 1999a, S.32). „Wer von Medienkompetenz redet, muss also gleichzeitig davon reden, wie diese zu vermitteln sei und wo das Subjekt in seiner sich ausbildenden oder sich ausgebildet habenden Selbstverantwortlichkeit seinen kommunikativen Status bestimmt“ (Baacke, 1996a, S.121). Medienbildung stellt dementsprechend den kulturellen Raum bereit, in dem Lernen durch, mit und über Medien möglich ist. Medienkompetenz ist laut Baacke der umfassendere Begriff und unterscheidet die Begriffe Medienbildung und Medienerziehung voneinander und vereint diese im Begriff der Medienkompetenz (vgl. Baacke, 1999a, S.32).
Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sich in einer durch Medien geprägten Welt zurechtzufinden und alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen (vgl. Baacke, 1996a, S.114ff.). Medienkompetenz bezeichnet also „jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein sachgerechtes, selbstgestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen“ (KMK, 2012, S.3). In diesem Zusammenhang wird Medienkompetenz als Erweiterung der kommunikativen Kompetenz beschrieben, welche eine Veränderung der Kommunikationsstrukturen durch Mediatisierung betont (vgl. Baacke, 1996a, S.120). Eine kommunikative Kompetenz liegt bei allen Generationen als Grundkompetenz vor, so dass anhand dieser eine Medienkompetenz geschult und erweitert werden kann.
Baacke unterteilt den Begriff der Medienkompetenz dabei in vier Bereiche: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung (vgl. Baacke, 1996b, S.8). Medienkritik wird vom griechischen Wort krítein abgeleitet, welches unterscheiden bedeutet und darauf abzielt, vorhandenes Wissen immer wieder reflektierend zu betrachten. Daher befähigt Medienkritik den Lernenden, sich analytisch, ethisch und reflexiv auf Medien zu beziehen (vgl. Baacke, 2013, S.159). Medienkunde ermöglicht Wissen über Medien und die Fähigkeit Geräte bedienen zu können. Dabei wird das Wissen über Medien in einer informativen Dimension vereint, wobei die Fähigkeit Geräte bedienen zu können in einer instrumentell-qualifikatorischen Dimension vereint wird. Hierunter fällt auch das Einarbeiten in Softwareprogramme oder der Login-Vorgang im Internet (vgl. edb.). Mediennutzung kann aktiv als Teilnehmer oder als Anbieter möglich sein. Deshalb beschreibt die Mediennutzung zum einen eine Nutzungskompetenz, welche das Lesen eines Buches oder das Sehen von Filmen beinhaltet. Auch Fernsehen ist eine aktive Tätigkeit, da das Gesehene kognitiv verarbeitet werden muss. Zum anderen ist unter Mediennutzung auch das interaktive Handeln zu verstehen. In diese Kategorie lässt sich zum Beispiel ein produziertes Video einordnen (vgl. edb.). Die Mediengestaltung ermöglicht eine kreative und innovative Gestaltung von Medien (vgl. Baacke, 1996b, S.8). Damit sind neben den sich stetig weiterentwickelnden technischen Voraussetzungen auch die inhaltlichen Voraussetzungen der Gestaltung gemeint. Durch Neuentwicklungen der Softwareprogramme ist es möglich die Inhalte neu zu gestalten. Dabei unterscheidet sich die innovative von der kreativen Dimension. Die innovative Dimension umfasst die Weiterentwicklung der Mediensysteme, wohingegen die kreative Dimension ästhetische Varianten neuer Kommunikations- und Gestaltungsoptionen erfasst (vgl. Baacke, 2013, S.160).
Einige Jugendliche erlangen eine Medienkompetenz im Prozess der Selbstsozialisation und der Aneignung von technischen Möglichkeiten. Dabei werden Jugendliche den Risiken digitaler Medien ausgesetzt, so dass auch negative Erfahrungen gemacht werden können. Diese negativen Erfahrungen ermöglichen allerdings einen Reflexionsprozess, der sich wiederum positiv auf den verantwortungsvollen Umgang mit Medien auswirken kann (vgl. Lampert, 2011, S.126). Dieser basiert dann allerdings auf Erfahrungen und geschieht zufällig und nicht als kompetent angeeignete Reflexivität (vgl. Baacke, 1999b, S.89). Damit sich ein Schüler einen kompetenten Reflexionsprozess aneignen kann, welcher sich positiv auf die Mediennutzung auswirkt, die eigene Mediennutzung kritisch hinterfragt und eine richtige von einer falschen Mediennutzung unterschieden werden kann, bedarf es einem begleiteten Lernprozess in der Schule (vgl. Kammerl, 2013, S.21). Da eine Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation für das Lebenslange Lernen im Berufsleben gilt, muss diese kompetent in der Schule vermittelt werden (vgl. Weiß, & Bader, 2010, S.322). Dadurch entsteht für Jugendliche als Digital Natives die Möglichkeit, die durch Aneignung erworbenen Fertigkeiten und Fähigkeiten durch eine Medienkompetenz zu verfestigen und für das lebenslange Lernen adäquat einzusetzen.
Auch die Generation Digital Immigrants verfügt über eine kommunikative Kompetenz, so dass eine Medienkompetenz angeeignet werden kann. Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung sind für Lehrkräfte wichtige Elemente für den Lebensalltag in der Gesellschaft sowie für die Unterrichtsstrukturen (vgl. Baacke, 1996b, S.8). Lehrkräfte sind in erster Linie Menschen die an der Informations- und Wissensgesellschaft teilhaben. Sie müssen sich ständig auf neue Optionen im Hinblick auf die Fülle, Hektik und den Auswahlzwang digitaler Medien einstellen. Oftmals weicht die Generation Digital Immigrants auf bewährte Situationen zurück und weicht außergewöhnlichen Anforderungen aus, da die vorliegende Medienkompetenz nicht für alle medialen Komponenten ausreicht (vgl. Elling, & Kübler, 2004, S.35). Diesbezüglich müssen auch Lehrkräfte die eigene Medienkompetenz erweitern. Es muss erlernt werden, wie digitale Techniken zu bedienen sind, so dass diese für einen kompetenten Wissenserwerb eingesetzt werden können (vgl. Tully, 2004, S.645). Lehrer haben die Aufgabe die eigene Medienkompetenz für das individuelle mediale Leben in der Gesellschaft sowie für eine adäquate Medienbildung an den Schulen zu erweitern. Lehrer müssen als Vorbild in der Mediennutzung fungieren. Des Weiteren können sich Lehrkräfte im Kontext der horizontalen Arbeitsteilung durch eine Medienkompetenz den Arbeitsplatz sichern. Medienkompetenz bietet die Möglichkeit der Medienbildung an Schulen. Da Lehrer gleichwertig im Arbeitsspektrum eingegliedert sind, ermöglicht die Ausdifferenzierung spezieller medialer Fähigkeiten einen ausgeprägteren Tätigkeitsspielraum (vgl. Wirtschaftslexikon, 2013). Lehrkräfte, die noch nicht verbeamtet sind, ermöglichen sich so eine langfristige Sicherung des Arbeitsplatzes.
Somit haben Digital Immigrants und Digital Natives einen unterschiedlichen Kompetenzbedarf. Digital Natives müssen die durch Sozialisation erworbenen Fertigkeiten durch Medienkompetenz einordnen, so dass die kompetente Nutzung digitaler Medien zum Lebenslangen Lernen beiträgt. Lehrer als Digital Immigrants stehen bereits im Berufsleben und müssen nachträglich Medienkompetenzen erwerben, so dass das Lebenslange Lernen anhand digitaler Medien möglich wird und zugleich Digital Natives geschult werden können. Da diese Lehrer in einer anderen Zeitspanne sozialisiert worden sind, ist das nachträgliche aktive Erlernen der Medienkompetenz schwieriger einzustufen, als die passive Mediensozialisation der Digital Natives. Die Aneignung einer Medienkompetenz im Erwachsenenalter erfolgt wie das Erlernen einer Fremdsprache in Form eines aktiven Lernprozesses. Somit wird diese Kompetenz auch in anderen Hirnarealen gespeichert, so dass ein Unterschied des Aneignungsprozesses von digitalen Medien zum Aufwachsen mit digitalen Medien besteht (vgl. Prensky, 2001, S.2).
Die unterschiedliche Mediensozialisation der Digital Immigrants und Digital Natives wird nun im weiteren Verlauf beschrieben.
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