Magisterarbeit, 2004
101 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Personalmanagement
2.2 Internationales Personalmanagement
2.3 Abgrenzung des Internationalen Personalmanagements
3 Personalbereitstellung in internationalen Unternehmungen
3.1 Ziel und Aufgaben internationaler Personalbereitstellung
3.2 Die qualitative Personalbedarfsplanung
3.3 Die quantitative Personalbedarfsplanung
4 Personalbeschaffung in internationalen Unternehmen
4.1 Begriffliche Grundlagen und Definitionen
4.1.1 Definition von Rekrutierung
4.1.2 Internationale Führungskraft
4.2 Bedeutung und Probleme der Rekrutierung international tätiger Führungskräfte
4.3 Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren auf die internationale Rekrutierung
4.3.1 Unternehmensinterne Faktoren und deren Zielsetzungen
4.3.1.1 Internationale Stellenbesetzungsstrategien
4.3.1.2 Unternehmenskultur
4.3.1.3 Unternehmensstruktur
4.3.1.4 Situative Faktoren
4.3.2 Individuelle Faktoren
4.3.3 Unternehmensexterne Einflussfaktoren
4.4 Ziele der Beschaffung und Entsendung international tätiger Führungskräfte
5 Internationale Rekrutierungsquellen
5.1 Die interne Rekrutierung
5.2 Typische Instrumente der Personalbeschaffung am internen Arbeitsmarkt
5.2.1 Interne Stellenausschreibung
5.2.2 Direktansprache
5.2.3 Abordnung
5.2.4 Assistentenstelle
5.2.5 Corporate Universities
5.3 Die externe Rekrutierung
5.4 Typische Instrumente der Personalbeschaffung am externen Arbeitsmarkt
5.4.1 Internationale Stellenanzeigen
5.4.2 Internet-Recruiting
5.4.3 Praktika/ Stipendien
5.4.4 Trainee-Programme
5.4.5 Akquisition auf (Hochschul-)Messen
5.4.6 Direktansprache
6 Internationaler Einsatz von Mitarbeitern
6.1 Begriff der Auslandsentsendung
6.2 Auswahl: Anforderungskriterien an international tätige Führungskräfte
6.2.1 Tätigkeitsbezogene Anforderungen
6.2.2 Umweltbezogene Anforderungen
6.2.3 Personenbezogene Anforderungen
6.2.4 Mobilitätsbezogene Anforderungen
6.3 Vorbereitung von Führungskräften auf die Auslandsentsendung
6.3.1 Intellektuell-landesspezifische Vorbereitung
6.3.2 Erfahrensbezogen-landesspezifische Vorbereitung
6.3.3 Intellektuell-landesübergreifende Vorbereitung
6.3.4 Erfahrensbezogen-landesübergreifende Vorbereitung
6.4 Einsatz- und Betreuungsphase
6.4.1 Bereiche der Betreuung
6.4.2 Notwendigkeit der Betreuung
6.4.3 Probleme bei der Betreuung
6.5 Reintegration nach dem Auslandseinsatz
6.5.1 Begriff der Reintegration
6.5.2 Phasen der Reintegration
6.5.3 Probleme und Auswirkungen der Wiedereingliederung
6.5.3.1 Reintegrationsprobleme aus Mitarbeitersicht
6.5.3.2 Reintegrationsprobleme aus Sicht der Unternehmung
6.5.4 Maßnahmen zur Verringerung von Rückkehrproblemen
6.5.5 Konzept eines Reintegrationsseminars
7 Schlussbemerkungen
7.1 Zusammenfassung
7.2 Fazit und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Modell des Internationalen Personalmanagement
Abbildung 2: Unterscheidung verschiedener Kategorien von Führungskräften in
international tätigen Unternehmungen
Abbildung 3: Einflussfaktoren auf die internationale Personalbeschaffung
Abbildung 4: Vielfalt theoretischer Internationalisierungs-Strategie-, Struktur- und Kultur-Kombinationen
Abbildung 5: Klassifikation interkultureller Vorbereitungsformen
Tabelle 1: Mitarbeiter und Umsatz einiger deutscher Konzerne und
der jeweilige Auslandsanteil
Tabelle 2: Empirische Ergebnisse und Prognosen zur Verbreitung
der Grundorientierungen der Stellenbesetzungspolitik
Tabelle 3: Internationale Beschaffungsformen
Tabelle 4: Ein Prozessmodell der Reintegration
Tabelle 5: Beispiele für Wiedereingliederungsmaßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten des Rückkehrprozesses
Tabelle 6: Seminarkonzeption zur Reintegration von Auslandsmitarbeitern
„Nichts deutet auf ein Ende des Trends zu wachsender Nachfrage nach konzeptionellen Fähigkeiten der Arbeitnehmerschaft. Die Schnelligkeit der Innovation und die Unvorhersehbarkeit ihrer Entwicklungsrichtung bringen die Notwendigkeit beträchtlicher Investitionen in Humankapital mit sich.“
-Alan Greenspan (*1926)-
Bereits seit dem Altertum gibt es Wirtschaftsaktivitäten, die über die Landesgrenzen hinausgehen. Geschichtliche Überlieferungen berichten von der Errichtung zahlreicher Stützpunkte im Alten Orient, von wo aus bereits um 4000 v. Chr. ein reger Fernhandel betrieben wurde. Und auch die Seidenstrasse, eine alte Karawanenstrasse von China durch Zentral- und Vorderasien zum Mittelmeer, bestand seit spätestens dem 2. Jahrhundert v. Chr. und steht für weiträumige wirtschaftliche Aktivitäten.
Eine gewisse internationale Verflechtung der Märkte gibt es demzufolge schon sehr lange und sie prägt heute mehr denn je die internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Die weltweite „Globalisierung“ ist zu einem Schlagwort geworden und nimmt längst nicht mehr nur für große, internationale Unternehmen reale Züge an. Auch in immer mehr mittelständischen und kleinen Unternehmen werden die Entwicklung und die Erweiterung der Europäischen Union, die Entwicklung des internationalen Wettbewerbs in Wirtschaft und Technik und die Zusammenarbeit von Fach- und Führungskräften sowie Mitarbeitern aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten neue Anforderungen an die Arbeitswelt stellen. Im Zuge der Globalisierung werden für immer mehr deutsche Unternehmen internationale Geschäftsbeziehungen zu einer wesentlichen Voraussetzung für den Erfolg. Die zunehmende Internationalisierung der Unternehmen ist unaufhaltsam und zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen sind traditionelle Faktoren, wie Produkt- und Prozesstechnologie, regulierte Märkte und Finanzierungsquellen, allein nicht mehr ausreichend. Auch Personalstrategien erfordern bei einer steigenden Auslandsorientierung der Unternehmungen einen Wandel, denn es ergeben sich hierdurch grenzüberschreitende, zeitlich befristete Personalbewegungen, die erweiterte Kompetenzen für Mitarbeiter, aber vor allem für qualifizierte Führungskräfte erfordern.
Die vorliegende wissenschaftliche Auseinandersetzung enthält Grundlagen und gibt einen Überblick über die relevanten Aspekte bei der Rekrutierung und dem Einsatz international tätiger Mitarbeiter. Es wird dabei ausschließlich auf die Mitarbeiter in Führungspositionen deutscher, international tätiger Unternehmen eingegangen, denn ihnen gebührt – aufgrund der ansteigenden Komplexität von Führungsaufgaben und ständig neuen Anforderungen an die Kompetenz der Leitenden – eine besondere Betrachtung. Mit Ausnahme des Kapitels über Beschaffungsquellen – hier wird der Vollständigkeit halber auch die Rekrutierung von Nachwuchsführungskräften angesprochen – konzentriert sich die Arbeit im wesentlichen auf Führungskräfte des mittleren und oberen Managements, weil sie die größten Entscheidungsbefugnisse haben und maßgeblich an der Unternehmensentwicklung beteiligt sind. In Kapitel zwei wird das Thema zunächst durch die Klärung der Begriffe Personalmanagement und Internationales Personalmanagement sowie die Verdeutlichung der Unterschiede zwischen nationalem und internationalem Personalmanagement und die Abgrenzung des letzteren vom erst genannten in einen Bezugsrahmen gesetzt. Kurz wird dann im dritten Kapitel auf die Personalbedarfsplanung als Voraussetzung für die Personalbeschaffung in internationalen Unternehmungen eingegangen und so eine Überleitung zu der Rekrutierung geschaffen. Im Verlauf des vierten Kapitels wird nach der Definition des Begriffs Rekrutierung und der Darlegung des Verständnisses einer international tätigen Führungskraft auf die Bedeutung der internationalen Managerbeschaffung sowie die damit verbundenen Probleme und Risiken eingegangen. Anschließend werden Einflussfaktoren auf die internationale Rekrutierung referiert. Die verschiedenen Stellenbesetzungsstrategien werden im Kontext von unterschiedlichen Rahmenbedingungen, nämlich der Unternehmenskultur, -struktur und situativen Faktoren, dargestellt. Auch die andersartigen Umwelteinflüsse und individuelle Faktoren werden in diesem Zusammenhang erläutert. Eine Übersicht über die Ziele der Beschaffung und Entsendung international tätiger Führungskräfte beendet dieses Kapitel. Im fünften Kapitel findet sich eine Aufstellung der verschiedenen internen und externen Beschaffungsinstrumente, derer sich das Internationale Personalmanagement bedient. Thema des sechsten Kapitels ist dann der Auslandseinsatz von Führungskräften, der sich in die Phasen Auswahl, Vorbereitung, Betreuung und Wiedereingliederung unterteilen lässt. Die Auswahl der potentiellen Entsendungskandidaten, die sich an den Such- und Beschaffungsprozess anschließt, stützt sich auf zuvor festgelegte Anforderungskriterien an eine international tätige Führungskraft. Keine Ausführungen werden in diesem Kontext zu den eignungsdiagnostischen Auswahlverfahren vorgenommen. Neben der Untersuchung und Bewertung der umfassenden Vorbereitungsmöglichkeiten auf einen Auslandseinsatz wird auf die Bedeutung und die Schwierigkeiten der Betreuung während des Aufenthalts im Ausland eingegangen. Im Anschluss daran wird das Problemfeld der Reintegration als Quelle von Konflikten dargestellt, Maßnahmen zur Verringerung von Wiedereingliederungsproblemen vorgestellt und ein Konzept eines Reintegrationsseminars beschrieben. Bei allen vier Phasen des Auslandseinsatzes wird auch jeweils der den Delegierten begleitende (Ehe-)Partner beziehungsweise die Familie berücksichtigt. In Kapitel sieben findet abschließend eine Zusammenfassung dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Rekrutierung und Einsatz von international tätigen Führungskräften statt.
Die folgenden Ausführungen sind trotz vielfacher Verwendung der männlichen Form geschlechtsneutral zu verstehen, obschon vorrangig Männer mit dem Einsatz im Ausland betraut werden. Bis heute ist die Zahl der im Ausland tätigen weiblichen Führungskräfte sehr gering und liegt durchschnittlich nur bei 3 %. Der Grund dafür kann in der, in einigen Ländern vorherrschenden, mangelnden Akzeptanz von Frauen in Managerpositionen liegen, was jedoch empirisch nicht erwiesen ist.[1]
Die Rekrutierung und der Einsatz international tätiger Führungskräfte finden im Rahmen des internationalen Personalmanagements statt. Aus diesem Grund wird im Folgenden zunächst eine kurze Darstellung des Personalmanagements vorgenommen, bevor der Begriff Internationales Personalmanagement erläutert und beide Begriffe anschließend voneinander abgegrenzt werden.
In der Literatur werden die Termini Personalwesen, Personalwirtschaft und Personalmanagement synonym zueinander verwendet, wobei sich die letzten beiden Begriffe mehr und mehr durchgesetzt haben.[2]
„Das Management von Personal ist die systematische Analyse, Bewertung und Gestaltung aller Personalaspekte eines Unternehmens wie Personalbeständen und -bedürfen, Qualifikationen, Kostenkalkulierungen, rechtlichen Bedingungen des Personaleinsatzes, der Beurteilung und Führung von Mitarbeitern oder anderen gesellschaftlichen Gesichtspunkten.“[3] Demzufolge umfasst das Personalmanagement unter anderem Tätigkeiten wie Personalbeschaffung, -einsatz, -entwicklung, -beurteilung und -freisetzung.
Die erfolgskritische Ressource eines Unternehmens ist heute vor allem das Personal, also die Mitarbeiter, und Unternehmenswerte bestimmen sich besonders nach der Qualität des beschäftigten Personals. Unternehmensstrategien und Unternehmensziele sind ohne entsprechendes Personal nicht umsetzbar, daher kommt dem systematischen Management von Personal eine für das Überleben und den Erfolg der Unternehmung strategische Bedeutung zu. „Im Mittelpunkt stehen nicht länger der Mensch als Produktionsfaktor und die Personalabteilung als seine Verwaltungsinstanz, sondern das Personalmanagement wird vielmehr zu einem aktiven und integrierten Teil des gesamten Managementprozesses.“[4]
Gegenstand dieser Arbeit soll die Rekrutierung und der Einsatz von Führungskräften in einem nicht nur nationalen Umfeld sein. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Definition des Internationalen Personalmanagements, das in Unternehmungen Anwendung findet, „deren Leistungsprozeß sich in mindestens zwei Volkswirtschaften vollzieht bzw. deren unternehmerische Tätigkeit über die Grenzen des „Stammlandes“ hinausreicht […].“[5]
„Das internationale Personalmanagement [...] befaßt sich mit der dauerhaften Sicherstellung des geeigneten Managementpersonals in international tätigen […] Unternehmen [...]. Es bezieht sich auf alle Aktivitäten, die die generischen Personalfunktionen, also die Personalgewinnung, Personalerhaltung und Personalentwicklung in multinationalen Unternehmen umfassen.“[6]
In einem internationalen Kontext erweitert sich der Aufgabenbereich des Personalmanagements also um die internationale Allokation der Mitarbeiter. Demzufolge ist die erklärte Zielsetzung des Internationalen Personalmanagements die Ausrichtung der Mitarbeiter aus den verschiedensten Ländern und deren Aktivitäten auf die Verfolgung eines gemeinsamen Unternehmensziels.
Um eine Abgrenzung des Internationalen Personalmanagements vornehmen zu können, sollen noch einmal die Kernaufgaben der Personalmanagements auf nationaler Ebene genannt werden:
- Personalrekrutierung und Auswahl,
- Personalentwicklung und Training,
- Kompensation und Anreizgestaltung sowie
- Führung.[7]
Durch verschiedene Maßnahmen, wie beispielsweise die Leistungsbeurteilung oder Entgeltgestaltung, werden diese Kernaufgaben unterstützt, wobei sie in den verschiedenen Ländern auch jeweils in einem landesspezifisch gestalteten System von Arbeitsbeziehungen und Rechtsnormen verwirklicht werden.
Das Internationale Personalmanagement hat im Wesentlichen die gleichen Aufgabenfelder zum Inhalt wie das national ausgerichtete Personalmanagement, es differenziert sich aber entscheidend in der Komplexität und Unsicherheit, die sich daraus ergibt, dass Unternehmen in verschiedenen Ländern agieren und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen beschäftigen, betreuen und entwickeln, um mit ihnen gemeinsam unternehmerische Ziele auf internationaler Ebene zu erreichen. Das Ausmaß der Bedeutung des Internationalen Personalmanagements zeigt sich demzufolge in der Komplexität von personalwirtschaftlichen Maßnahmen, Aufgaben und Lösungen und ihren Auswirkungen in anderen Ländern. Es zeigt sich aber auch im Umgang und in der Betreuung von verschiedenen Kategorien von internationalem Personal und der Berücksichtigung von verschieden kulturellen Aspekten in der Arbeit mit der menschlichen Ressource im Unternehmen.
Diese komplexen Zusammenhänge entstehen durch den Einfluss von mehreren Variablen oder Dimensionen. Um die Komplexität der Aufgabe zu verdeutlichen, soll das Internationale Personalmanagement anhand eines dreidimensionalen Würfels betrachtet werden.[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Modell des Internationalen Personalmanagement[9]
Die oben genannten Kernaufgaben des Personalmanagements erweitern sich im Internationalen Personalmanagement, denn sie stehen in Beziehung zu verschiedenen Mitarbeiterkategorien, die in international tätigen Unternehmen eingesetzt werden:
- Lokale, das heißt einheimische Mitarbeiter aus dem Gastland, in dem die Tochtergesellschaft des Stammhauses ansässig ist
- Entsandte, das heißt Stammhausmitarbeiter, die bei der Tochtergesellschaft im Gastland arbeiten aber die Staatsangehörigkeit des Landes haben, in dem sich das Stammhaus befindet
- Internationale, das heißt Mitarbeiter, die weder aus dem Gastland kommen, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist, noch Stammhausmitarbeiter sind, sondern aus einem Drittland kommen
Diese verschiedenen Mitarbeiterkategorien haben wiederum verschiedene Bezugsorte, die im Internationalen Personalmanagement wichtig sind, weil internationale Unternehmen in unterschiedlichen Ländern tätig sind:
- Im Stammland befindet sich der Hauptgeschäftssitz des internationalen Unternehmens,
- im Gastland hat das Stammhaus eine Tochtergesellschaft, und schließlich gibt es auch
- „andere Länder“ beziehungsweise Drittländer aus denen ebenfalls Mitarbeiter oder auch andere Ressourcen, zum Beispiel Finanzierungsmittel, kommen können.[10]
Natürlich reichen diese drei Betrachtungsebenen (vgl. Abbildung 1) nicht völlig aus, um alle Dimensionen abzubilden, lassen sie doch beispielsweise die kulturellen Unterschiede, unterschiedliche Managementprozesse oder Internationalisierungsprozesse in verschiedenen Ländern außer Acht. Doch werden auch diese wichtigen Aspekte der Aufgaben des Internationalen Personalmanagements berücksichtigt, so ergibt sich ein mehrdimensionales Modell, das die Komplexität und Besonderheiten der Personalarbeit im internationalen Bezug verdeutlicht.
Im Rahmen der Personalbereitstellung soll der zur Erfüllung der erforderlichen Aufgaben und Unternehmensziele benötigte Personalbedarf bestimmt und bis zu einem bestimmten Planungshorizont örtlich, zeitlich, quantitativ und qualitativ gedeckt werden. Mit diesem Ziel ergeben sich für die Personalbereitstellung diverse Aufgaben. Zunächst muss der qualitative und quantitative Personalbedarf bis zum Planungshorizont ermittelt werden. Die Beschaffung von Führungskräften und die Freisetzung bei eventuellem Personalüberschuss sowie die Auswahl und Einstellung potentieller Kandidaten gehören ebenfalls zu den Pflichten, genau wie der dem Produktionsprozess entsprechende Einsatz von geeigneten Managern und gegebenenfalls deren Entsendung ins Ausland.[11]
In Gegenüberstellung der nationalen und internationalen Personalbereitstellung ist letztere aufgrund ihrer komplexen Zusammenhänge wesentlich problematischer. „Neben einer Differenzierung der Personalkategorien nach Qualifikation oder funktionaler bzw. hierarchischer Einordnung kommt die Herkunft der Mitarbeiter hinzu […]. Ferner findet der Personaleinsatz in mehreren Ländern und grenzüberschreitend statt, wobei sich vor allem im Auslandseinsatz zusätzliche Anforderungsmerkmale […] ergeben.“[12]
Um die Personalbereitstellung sinnvoll planen zu können, bedarf es einer Festlegung „des qualitativen und quantitativen Personalbedarfs bis zum Planungshorizont der Unternehmung“.[13] Dies ist Aufgabe der Personalbedarfplanung.
Im Zuge der qualitativen Planung des Personalbedarfs wird festgelegt, über welche Kenntnisse, Fähigkeiten, Qualifikationen und Verhaltensweisen das Personal verfügen muss, damit die zukünftigen Aufgaben erfüllt und die geplante Leistung des Unternehmens erbracht werden kann. Die Beschaffung und Auswahl international tätiger Manager hängt in hohem Maße von der qualitativen Bedarfsplanung, also den spezifischen Anforderungsprofilen der Führungskräfte ab (vgl. Kapitel 6.2).
In international tätigen Unternehmungen bedarf es Führungskräfte, die fähig sind, sich in einem internationalen Kontext schnell zurechtzufinden und die auch bei eventueller Unsicherheit zielgerichtet entscheiden und handeln können. Vorraussetzung und selbstverständlich für die Ausführung internationaler Geschäftstätigkeiten ist mindestens das Beherrschen der englischen Sprache, von großem Vorteil sind aber auch Sprachkenntnisse der jeweiligen Landessprache. Wichtig sind ebenfalls die Kenntnis von Geschäfts- und Arbeitsbedingungen in den ausländischen Gesellschaften sowie die Fähigkeit des Umgangs mit verschiedenen Kulturen.[14]
Die quantitative Aufgabe der Personalplanung ist die Bestimmung der Anzahl der Mitarbeiter und Führungskräfte, welche zur Erfüllung der Unternehmensziele benötigt werden.
In den einzelnen Ländern ist die Anzahl der benötigten Mitarbeiter unterschiedlich, was sich unter anderem durch unterschiedliche Produktivitäten erklären lässt, die beispielsweise aus abweichenden arbeitsrechtlichen Vorschriften und technischen Rahmenbedingungen resultieren. Weitere Faktoren, die laut Scherm die Bestimmung der Menge an Personal beeinflussen, sind:
- die Arbeitsproduktivität oder der Leistungsgrad,
- der Organisationsgrad,
- der Automatisierungs- sowie Mechanisierungsgrad,
- der Grad der Kapazitätsausnutzung.
Die Anzahl der benötigten Mitarbeiter in internationalen Unternehmungen hängt aber auch von gesetzlichen Regelungen, wie beispielsweise Arbeitszeitregelungen, vor Ort ab. Auch Urlaubsregelungen, Fehlzeiten sowie Fluktuationsverhalten können den Bedarf an Mitarbeitern und Führungskräften beeinflussen.[15]
Methodisch unterscheidet sich die Ermittlung des quantitativen Personalbedarfs im internationalen Personalmanagement nur gering vom nationalen Anwendungsbereich.[16]
Nach der Ermittlung des Personalbedarfs, die Auskunft gibt über die für das Erreichen der Unternehmensziele notwendige Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter, geht es in einem nächsten Schritt darum, das entsprechende Personal zu rekrutieren. Für den Aufbau internationaler Netzwerke und Niederlassungen und für die Durchführung grenzüberschreitender Transaktionen sind kompetente und verantwortungsvolle Führungskräfte unerlässlich, denn sie sind es, „die die notwendigen Struktur- und Prozeßveränderungen im Unternehmen vorantreiben und gestalten“.[17] Mit Hilfe international tätiger Führungskräfte können Unternehmen internationale Aufgaben bewältigen und den Erfolg des Unternehmens langfristig gewährleisten.[18]
Die Rekrutierung ist ein Prozess des Suchens und Findens hinreichend vieler und qualifizierter Kandidaten zur Nutzbarmachung für eine spezielle Auslandstätigkeit in einem Unternehmen. Anschließend kann das Unternehmen aus allen eingegangenen Bewerbungen den Kandidaten auswählen, der dem jeweiligen Anforderungsprofil bestmöglich entspricht. „Die Auswahl ist demnach der Prozeß der Informationssammlung mit der Zielsetzung der Bewertung und der Entscheidung darüber, welcher Kandidat für bestimmte Positionen eingestellt werden soll.“[19] Nach Weber ist die Rekrutierung und Auswahl international tätiger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine erste, wichtige Aufgabe, um für die Besetzung einer Stelle im Ausland eine geeignete Person zu finden, und deshalb auch von strategischer Bedeutung.[20] Dabei wird grundsätzlich, ebenso wie in einer nationalen Unternehmung, zwischen einer unternehmensinternen und -externen Rekrutierung unterschieden, die im internationalen Kontext um den grenzüberschreitenden Kontext ergänzt wird.[21]
Der Begriff (nationale) Führungskraft ist gesetzlich und betriebswirtschaftlich nicht eindeutig definiert, und in der Literatur gibt es zahlreiche Definitionen[22]. Im Allgemeinen sind Führungskräfte jedoch „diejenigen Mitarbeiter des Unternehmens, die an seiner Leitung im weiteren Sinne, d.h. an der Planung, Ausführung und Kontrolle von Entscheidungen beteiligt sind, letztlich dadurch, dass sie diese Entscheidungen durch die Steuerung und Überwachung des Einsatzes von Menschen und Mitteln im Sinne der Ziele der Unternehmung zu verwirklichen suchen.“[23]
Die Auffassungen von einer „internationalen Führungskraft“ sind sehr unterschiedlich und der Begriff wird sehr verschieden und vielfältig ausgelegt. Zum einen lässt er auf eine, durch Auslandsstudium oder Auslandseinsatz, international ausgebildete Person schließen, die für das Stammhaus eine leitende Position im Ausland hat. Andererseits kann diese international ausgebildete Person aber auch im Heimatland eines Unternehmens tätig sein und von dort aus, auch im Rahmen von Besuchen vor Ort, mit der ausländischen Tochtergesellschaft operieren. Möglich ist grundsätzlich ebenfalls, den Einsatzort der internationalen Führungskraft bei einem Definitionsversuch ganz außer Acht zu lassen und sich lediglich auf die internationale Ausbildung und Berufserfahrung zu beschränken.[24] Allen Auffassungen ist jedoch gemein, dass die Tätigkeit einer internationalen Führungskraft einen länderübergreifenden Bezug hat. „Nicht nationale bezogene und einzig länderspezifisch geprägte Meinungen sind entscheidend, sondern die Fähigkeit, Themen im internationalen Kontext unter Einbeziehung unterschiedlicher Sichtweisen sehen zu können. Sie prägen den unternehmerischen Erfolg der Zukunft.“[25]
Domsch u.a. haben eine Differenzierung der verschiedenen Arten von Führungskräften in international agierenden Unternehmen vorgenommen, die die nachfolgende Abbildung verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Unterscheidung verschiedener Kategorien von Führungskräften in international tätigen Unternehmungen[26]
Eine erste personalpolitische Kategorisierung erfolgt nach Domsch u.a. zunächst zwischen lokalen oder entsandten Führungskräften. Die Rekrutierung einer lokalen Führungskraft findet an dem jeweiligen Ort statt, an dem die Person auch eingestellt und beschäftigt wird. Folglich bringt der internationale Bezug der Arbeit für lokale Führungskräfte keinen Standortwechsel mit sich, sondern bezieht sich nur auf die Theorie und den Kontext der Arbeit als solcher. Bei den lokalen Führungskräften wird auf zweiter Ebene nochmals eine Unterscheidung vorgenommen, nämlich zwischen Führungskräften deren Heimat- und Einsatzland identisch sind und jenen, bei denen die Staatsanghörigkeit vom Einsatzland abweicht, jedoch eine personalpolitische Gleichstellung zu ersteren erfolgt. Entsandte Führungskräfte sind jene, die nicht im Stammhaus des Unternehmens tätig sind, oder von dort in die Tochtergesellschaft im Ausland versetzt werden. In der Literatur wird für entsandte auch häufig das angelsächsische Wort „Expatriates“ verwendet. Die Entsendung kann sich unterschiedlich gestalten. Zum einen kann sie aus dem Stammhaus in ein anderes Land erfolgen, zum anderen ist ein Personaltransfer aus Drittländern denkbar. Drittländer sind in diesem Fall alle Regionen, in denen das Unternehmen bisher nicht präsent ist, die aber dennoch als Quellen für Arbeitskräfte genutzt werden. Eine dritte Möglichkeit ist, dass Führungskräfte von ausländischen Niederlassungen in das Stammhaus entsandt werden können.
Die Heimatgesellschaft, aus der Sicht der jeweiligen Führungskraft, kann den Ausführungen Domschs u.a. zufolge einerseits das Mutterunternehmen im Stammland, andererseits eine der ausländischen Tochtergesellschaften sein. Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit soll das Kriterium des Einsatzes und des Tätigseins für ein internationales Unternehmen im Ausland kombiniert mit den Führungskompetenzen und -eigenschaften einer Führungskraft in einem internationalen Kontext als Definitionsgrundlage entscheidend sein, um die Untersuchungsgruppe abzugrenzen. Dabei wird, gemäß der allgemeinen Einteilung in untere, mittlere und obere Führungskräfte[27], auf Manager der mittleren und oberen Führungsebene eingegangen, da sie entscheidend an der Unternehmensentwicklung beteiligt sind und die größte Entscheidungsbefugnis haben. Ebenfalls richtungweisend wird die von Domsch u.a. entwickelte, differenzierte Systematik zur Verständnisbreite einer Führungskraft in einer internationalen Unternehmung sein.
„Der Ressource Mensch in seiner Eigenschaft als Erfolgsfaktor wird mittlerweile mehr Aufmerksamkeit geschenkt als bisher.“[28] Grund dafür sind sowohl die Ausdehnung und Steigerung des Wettbewerbs, als auch einschneidende strukturelle Veränderungen innerhalb der Unternehmen und ein neues gesellschaftliches Bewusstsein.
Globalisierung ist nichts grundsätzlich Neues, die Entwicklung hat jedoch eine neue Qualität erreicht und in diesem Zusammenhang ist der Aufbau geeigneter Personalressourcen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor im Wettbewerb geworden und stellt neue Herausforderungen an die Führungskräfte.[29] Räumliche, marktliche, organisatorische, technische und rechtliche Grenzen müssen aufgrund der zunehmenden Internationalisierung überwunden werden, und dies hat beachtliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt von Führungskräften und Mitarbeitern. Zum einen bringt der Umschwung veränderte Anforderungen bezüglich der Kompetenzen, Fähigkeiten und Qualifikationen mit sich, zum anderen „entstehen neue Möglichkeiten zur Entfaltung von Persönlichkeits-, Leistungs- und Verantwortungspotentialen in der Arbeit“.[30]
Dass in den großen deutschen Unternehmen die Globalisierung längst Normalität ist und dort bereits über 40% aller Beschäftigten im Ausland tätig sind, wo ein maßgeblicher Teil des Gesamtumsatzes erwirtschaftet wird, zeigt die nachstehende Tabelle 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Mitarbeiter und Umsatz einiger deutscher Konzerne und der jeweilige Auslandsanteil[31]
Die Zahl der in ausländischen Niederlassungen oder Tochtergesellschaften tätigen Mitarbeiter großer Unternehmen, die in Deutschland ihren Hauptsitz haben, liegt heute bereits über 40 % und im Ausland wird mit 60 % auch schon der Großteil des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Ein internationales Personalmanagement und die damit verbundene Beschaffung von international tätigen Fach- und Führungskräften sind daher von zunehmender Bedeutung und rücken immer weiter in den Mittelpunkt der Unternehmensführung.[32] Das bestätigt auch Bleicher, der den erweiterten personellen Ressourcen aus anderen Regionen einen maßgeblichen Einfluss auf das strategische Erfolgspotential einer Unternehmung zuschreibt, da die Mitarbeiter aus verschiedenen Regionen durch ihre heterogenen Verhaltensweisen interkulturelle Unternehmenskulturen prägen.[33] Menschen sind es, die bei einem organisatorischen Wandel der Motor der Veränderungen sind, und deswegen bedarf es einer Sicherung der Humanressourcen auf verschiedenen regionalen Arbeitsmärkten, um eine „Bestenauslese“ zu schaffen und so die eigene Wettbewerbsposition zu stärken.[34]
Die besondere Schwierigkeit bei der Rekrutierung international tätiger Führungskräfte resultiert vor allem daraus, dass beim Aufeinanderstoßen verschiedener Kulturen häufig Mitglieder eines Kulturkreises danach streben, andere Angehörige des internationalen Unternehmens zu beherrschen, und dass ausländische Mitarbeiter als minderwertig angesehen werden. Ihnen bleiben Entwicklungschancen oft verwehrt. Außerdem scheitert eine grenzüberschreitende Koordination der Unternehmenspolitik nicht selten, weil wortlos davon ausgegangen wird, dass die ausländischen Angehörigen der Unternehmung ähnliche Einstellungen, Werte und Bedürfnisse haben wie die Stammhausangehörigen.[35] Wenn überhaupt können „[...] Erfahrungen mit fremden Kulturen nur sehr unzureichend in kodifizierbares Wissen transformiert werden [...]“.[36] Daraus ergibt sich, dass eine Beschäftigung im internationalen Bezug immer an eine erhöhte Lernfähigkeit und -bereitschaft der Kandidaten geknüpft ist, gleichzeitig aber auch von Seiten des Unternehmens kandidaten- und umweltindividuelle Ziele und Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. Insbesondere bei der Rekrutierung von internationalen Führungskräften ist die angemessene Berücksichtigung beider Interessen von strategischem Wert für eine langfristige Sicherung des Unternehmenserfolges.[37] Da die Anforderungen an potentielle Bewerber mit der Zunahme der Komplexität der Aufgabe steigen, sind geeignete Kandidaten oft nur schwer zu finden. Häufig gibt es erst gar keine Bewerbungen auf eine Auslandstätigkeit, oder aber die Bewerber lehnen die Stelle ab. Das geschieht meist aus familiären Gründen, beispielsweise weil der Partner nicht ins Ausland mitgehen will, oder weil schlechte Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder gesehen werden. Viele Manager stehen einer Auslandsentsendung auch aufgrund antizipierter Karrierenachteile skeptisch gegenüber; sie befürchten eine Nichtberücksichtigung bei Beförderungen.[38] Außerdem sind mit einer Personalsuche im internationalen Umfeld oft erhebliche Kosten und Risiken verbunden. In der Literatur taucht hierzu besonders der Aspekt des Abbruchs von Auslandstätigkeiten auf, der sich in den meisten Fällen auf Fehler bei der Rekrutierung und Auswahl der Expatriates zurückführen lässt.[39] Denn auch wenn sich bei der Personalrekrutierung und Auswahl kostspieliger, zeitintensiver und wissenschaftlich gestützter Verfahren bedient wird, so sind sie dennoch subjektiv und bergen das Risiko der Fehleinschätzung.[40] Die Ursache dafür liegt in der Tatsache, dass Führungskräfte in den meisten Fällen nur hinsichtlich einer aufgaben-orientierten Bemessungsgrundlage ausgewählt werden. Auf die Anforderungen vor Ort und die dafür notwendige Berücksichtigung von Persönlichkeitsmerkmalen kann die Personal-abteilung nicht mit Sicherheit eingehen.[41]
Viele Unternehmen stehen einer grenzüberschreitenden Rekrutierung von hoch qualifiziertem Personal immer noch skeptisch gegenüber. Neben den bereits genannten möglichen Problemen wurde als gewichtigster Nichtrekrutierungsgrund von ausländischen, hochqualifizierten Führungskräften laut einer Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn vor allem die entstehenden Schwierigkeiten beim Einholen einer Arbeitserlaubnis angeführt. Aber auch mangelnde Fremdsprachenkenntnisse oder mögliche Integrationsprobleme, etwa aufgrund mangelnder Akzeptanz durch inländische Kollegen, spielen eine Rolle bei der Rekrutierung beziehungsweise Nichtrekrutierung.[42]
Da grenzüberschreitende Rekrutierungen gerade bei hoch qualifiziertem Führungspersonal in der Zukunft immer wichtiger werden, könnten die gewonnenen Ergebnisse verwandt werden, um erste Lösungen zur Steigerung des Attraktivitätspotentials für die internationale Personalbeschaffung zu suchen.
In Kapitel 2.3 wurde bereits deutlich gemacht, dass ein grenzüberschreitender Aspekt die Komplexität der Arbeit in einem internationalen Kontext maßgeblich steigert. Der Arbeitsmarkt gestaltet sich heterogener und in Zusammenhang mit der Rekrutierung und dem Personaleinsatz müssen verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Für die Unternehmung ist die Betrachtung der Rahmenbedingungen der Rekrutierung insofern von Bedeutung, als dass sie als Bezugsrahmen dient, um eine Konzeption der Beschaffung international tätiger Führungskräfte zu entwickeln.[43] Die Rekrutierung als Bestandteil des Internationalen Personalmanagements ist gleichermaßen eingebunden in die Organisation des Unternehmens und in die Unternehmensumwelt, so dass eine Einteilung in unternehmensinterne und -externe Einflussfaktoren möglich ist. Interne Faktoren sind unternehmensspezifisch und betreffen die Internationalisierungsstrategie – somit also auch die Stellenbesetzungsstrategie –, die Unternehmenskultur und die Unternehmensstruktur.
Folgende Abbildung zeigt den komplexen Kontext aller Einflüsse zunächst zusammenfassend, bevor sich eine Analyse möglicher Interdependenzen der verschiedenen Faktoren und deren eventuellen Zielsetzungen anschließt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Einflussfaktoren auf die internationale Personalbeschaffung[44]
Ausschlaggebend für die Ausprägung der unternehmensinternen Faktoren ist die Grundeinstellung der Unternehmensleitung des Stammhauses zur Internationalisierung des Unternehmens. Daraus lassen sich Besetzungsstrategien für Führungspositionen ableiten und bewerten. Empirische Untersuchungen und Aussagen aus der Unternehmenspraxis geben aber zu erkennen, „daß der Führungskräfteeinsatz in den Unternehmungen nicht immer der Internationalisierungsstrategie und den personalpolitischen Grundhaltungen der Unternehmung entspricht“.[45] Aus diesem Grund müssen zur Umsetzung der Stellenbesetzungskonzepte ebenfalls die Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, die die Wahl zwischen den Strategien beeinflussen. Insbesondere sind das die Unternehmenskultur, -struktur sowie weitere situative Faktoren.[46]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Vielfalt theoretischer Internationalisierungs-Strategie-, Struktur- und Kultur-Kombinationen[47]
Die vorstehende Abbildung 4 stellt die möglichen Wechselwirkungen und Abhängigkeiten dar, die sich aus den unterschiedlichen Ausprägungen der Strategie, Kultur und Struktur eines Unternehmens ergeben können. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es hier sechsunddreißig potentielle Kombinationen, die aber nicht alle praktisch durchführbar sind.
In den folgenden Unterpunkten wird auf jede dieser Dimensionen sowie auf die zusätzlich situativ wirkenden Faktoren und deren Abhängigkeiten eingegangen und nach Hintergründen und möglichen Zielvorstellungen gefragt.
Die Rekrutierung von geeigneten Fach- und Führungskräften im Unternehmen oder Arbeitsmarkt für internationale Aufgaben ist für das Unternehmen von strategischer Bedeutung, denn diese repräsentieren das Unternehmen am internationalen Markt und sind Garant für die Verwirklichung internationaler Erfolgs- und Wachstumspotentiale. Ein zentraler Aspekt des Personalmanagements ist die personalpolitische Grundsatzentscheidung, ob eine vakante Stelle ethnozentrisch, polyzentrisch, regiozentrisch oder geozentrisch besetzt werden soll, das heißt welcher Herkunft die Führungskräfte sein sollen. Diese vier Ausprägungen orientieren sich jeweils am Stadium der Internationalisierung eines Unternehmens. Bereits in den 1960er Jahren wurde hierzu von Perlmutter[48] eine Typologie entwickelt, die als Lösungsansatz für das Problem von globaler Integration und lokaler Anpassung gilt. Damals wurden drei prototypische internationale Besetzungsstrategien benannt, die dann 1979 um die vierte (regiozentrische) Strategie erweitert wurden.[49] Noch heute ist dieser Ansatz, nach den Anfangsbuchstaben der einzelnen Typen als E.P.R.G.-Ansatz bezeichnet, der am häufigsten genannte, nach dem sich vier idealtypische Führungskonzeptionen internationaler Unternehmungen unterscheiden lassen können.[50] Es handelt sich dabei um idealtypische Basisformen für die Internationalisierung, die festlegen, welche Nationalitäten für die Bedarfsdeckung an Führungskräften in Frage kommen. Für die Rekrutierung und den späteren Einsatz leiten sich aus den Internationalisierungsstrategien verschiedene Zielsetzungen und Vorgehensweisen mit entsprechenden Vor- und Nachteilen ab:
Der ethnozentrische Ansatz der Stellenbesetzungspolitik
Bei diesem heimatlandorientierten Führungskonzept geht es bei der Ausdehnung der Geschäftsaktivitäten nur um lukrative Zusatzgeschäfte im Ausland. Alle Schlüsselpositionen werden dort mit Mitarbeitern aus dem Stammhaus oder zumindest aus dem Heimatland des Unternehmens besetzt, das heißt, Stammhausmitarbeiter werden in das Gastland versetzt. Gemäß der Losung „This works at home; therefore, it must work in your country“[51] werden in den ausländischen Tochtergesellschaften die gleichen Managementpraktiken wie in der Muttergesellschaft angewandt und anhand der vor dem nationalen historischen Hintergrund entwickelten Unternehmenskultur wird versucht, die internationalen Aktivitäten nach den Normen, Wertvorstellungen und Erfolgspotentialen des Stammhauses zu führen.[52] Das Mutterunternehmen strebt so vor allem Überlieferung und Weiterführung der im Herkunftsland erfolgreichen Unternehmensphilosophie und -kultur an. Wesentliche Entscheidungen werden von der Muttergesellschaft getroffen und auch die Personalführung, Leistungs- und Personalbeurteilung sowie die Karriereplanung von Fach- und Führungskräften werden durch Standards des Stammhauses bestimmt.[53]
Die ethnozentrisch orientierte Personalsuche hat sich vor allem in der Startphase der internationalen Tätigkeiten eines Unternehmens bewährt, „wenn der Aufbau einer neuen Auslandsgesellschaft primär durch einen erfahrenen Stammhausangehörigen durchgeführt wird, der mit den strategischen Zielen und den internen Mechanismen der Muttergesellschaft vertraut ist und diese konsequent verfolgt“.[54] Auch bei Qualifikationsdefiziten oder fehlenden Personalressourcen im Gastland wird meist eine ethnozentrische Stellenbesetzungspolitik verfolgt, weil diese Strategie eine effektivere Kontrolle ermöglicht.[55]
Die Vorteile dieser ethnozentrischen Orientierung liegen einerseits in der leichteren Verwirklichung einer einheitlichen Unternehmens- und Sozialpolitikpolitik, andererseits in einer verbesserten, problemlosen Kommunikation und Koordination zwischen Stammhaus und ausländischen Unternehmensteilen, da sämtliche Unternehmensprozesse zentral durch das Stammhaus gesteuert werden. Das macht einen schnellen Transfer nicht nur von technischem Know-how, sondern auch von spezifischem Managementwissen möglich. Kulturelle Distanzen zwischen den Führungskräften der Zentrale und den Auslandsgesellschaften gibt es nicht. Die bessere Kenntnis der Stammhausdelegierten von Organisationsabläufen, ihre Loyalität gegenüber der Muttergesellschaft sowie die mögliche Erweiterung der Auslandserfahrungen sind ebenfalls positiv zu bewerten.[56]
[...]
[1] vgl. Scholz 2000, S. 664 f.
[2] vgl. Scherm 1999, S. 11.
[3] Scholz 1994, S. 4.
[4] Scholz 2000, S. 1.
[5] Scherm 1999, S. 12.
[6] Kumar u.a. 1998(a), S. 2.
[7] vgl. Weber u.a 2001, S. 10.
[8] vgl. Weber u.a. 2001, S. 11.
[9] In Anlehnung an Weber u.a. 2001, S. 11.
[10] vgl. Weber u.a. 2001, S. 10 f.
[11] Scherm 1999, S. 126.
[12] vgl. Scherm 1999, S. 126.
[13] vgl. Scherm 1999, S. 126.
[14] vgl. Scherm 1999, S. 127 ff.
[15] vgl. Scherm, S. 137 f.
[16] vgl. Scholz 2000, S. 281.
[17] Heymann u.a. 1998, S. 86.
[18] vgl. Heymann u.a. 1998, S. 86.
[19] Weber u.a. 2001 S. 127. Anforderungskriterien an international tätige Führungskräfte werden in Kapitel 6.2 näher untersucht.
[20] vgl. Weber u.a. 2001, S. 127.
[21] vgl. Weber u.a. 2001, S. 108/ vgl. Scherm 1999, S. 151/ vgl. Groenewald 1998, S. 232.
[22] vgl. Thomas u.a. 2003(a), S. 71.
[23] Joggi u.a 1985, S. 98.
[24] vgl. Heymann u.a. 1998, S. 87 f.
[25] Heymann u.a. 1998, S. 88.
[26] Domsch u.a. 1997, S. 276.
[27] vgl. Faßbender 1975, Sp. 879 ff.
[28] Metz, u.a. 1997, S. 2
[29] vgl. Picot u.a. 2001, S. 455.
[30] vgl. Picot u.a. 2001, S. 455.
[31] In Anlehnung an Klimecki u.a. 2001, S. 343. Die aktuellen Zahlen wurden den Geschäftsberichten entnommen oder anhand der dort aufgeführten Angaben selbst ermittelt.
BASF AG Unternehmensbericht 2003 / Daten und Fakten 2004
Bertelsmann AG Geschäftsbericht 2003
Bosch GmbH www.bosch.de/start/de/company/index.htm
Continental AG Geschäftsbericht 2003
DaimlerChrysler AG Geschäftsbericht 2003
Schering AG Geschäftsbericht 2003
Siemens AG Geschäftsbericht 2003
ThyssenKrupp AG Geschäftsbericht 2002-2003
[32] vgl. Groenewald 1998, S. 232/ vgl. Picot u.a. 2001, S. 455.
[33] vgl. Bleicher 1992, S. 3.
[34] vgl. Groenewald 1998, S.231/ vgl. Picot u.a. 2001, S. 455.
[35] vgl. Wolf 1994, S.7.
[36] Scherm 1997, S. 65 f.
[37] vgl. Heymann u.a. 1998, S. 86.
[38] vgl. Wirth 1992, S. 133 (siehe hierzu auch Kapitel 4.3.3).
[39] vgl. Weber u.a. 2001, S. 134.
[40] vgl. Blom u.a. 2002, S. 161.
[41] vgl. Dülfer 1997, S. 453.
[42] vgl. Winkelmann u.a. 2001, S. 24 (aus dem Englischen übersetzt). Die Daten stammen ursprünglich aus dem IZA International Employer Survey 2000, der im Rahmen einer Studie zum Thema Internationale Mobilität hoch qualifizierter Arbeitskräfte erhoben wurde.
[43] vgl. Linke 1995, S. 30.
[44] selbst erstellte Abbildung in Anlehnung an die Ausführungen in Weber u.a. 2001, S. 108.
[45] Scherm 1999, S. 142.
[46] vgl. Scherm 1999, S. 142.
[47] In Anlehnung an Berthel 1998, S. 320.
[48] vgl. Perlmutter 1969, S. 9 ff.
[49] vgl Stahl 1998, S. 14 / vgl. Welge u.a. 2001, S. 51.
[50] vgl. Scherm 1999, S. 140.
[51] Welge u.a. 2001, S. 51.
[52] vgl. Bleicher 1992, S. 11.
[53] vgl. Bergemann u.a. 2003, S. 192.
[54] Bleicher 1992, S. 11.
[55] vgl. Weber u.a. 2001, S. 112 / vgl. Blom u.a. 2002, S. 132.
[56] vgl. Welge u.a. 2001, S. 209 / vgl. Bergemann u.a. 2003, S. 191 / vgl. Scherm 1999, S. 141.
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