Bachelorarbeit, 2016
50 Seiten, Note: 1,3
1 Einleitung
1.1 Arbeitsziele
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Persönliche Motivation
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Warum Kinder aus reichem Hause oft einen schweren Start haben . . .
2.2 Symptome von Affluenza
2.2.1 Arbeitssucht
2.2.2 Isolation von Eltern und Wohlstandsverwahrlosung
2.2.3 Narzissmus und ”The Silver-SpoonSyndrome“
2.2.4 Selbstbewusstsein
2.2.5 Falsches Verständnis von Berechtigung, Schwierigkeiten im Umgang mit Frustration und Verlust von Motivation für die Zukunft
2.3 Wege zu Reichtum
2.4 Forschungshypothesen
3 Verwendete Studien
3.1 Verwendete Studien
3.2 Auswahl Symptome und Folgen
3.3 Operationalisierung
4 Darstellung empirischer Ergebnisse
4.1 Hypothese 1
4.2 Hypothese 2
5 Fazit und Ausblick
Affluent children are assumed to be at low risk and benefit from many opportunities that come along with their parents economical status. The purpose of this paper was to focus instead on the so-called burden of economically priviliged birth and to explore the disadvantages of it based on literature. A few of the problems of the wealthy were then selected to be analyzed by data of secondary studies. Wealth was analyzed in regard to its correlation with the consumption of alcohol and drugs as well as the prevalence of signs of depression. After that, the correlation between isolation from adults and deviant behavior and adjustment disorder was examined. Most of the data in that field comes from the United States, since research in this field is most advanced there. Still, there is some data from Germany given in this paper to check whether the results are similar for both countries or not. This should be considered when building on the findings of this paper.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.1 Selbsteingeschätzte Probleme von Jugendlichen der Studie von Luthar und D’Avanzo im Vergleich zu veröffentlichten Normen: Substanzenge- brauch, depressive Symptome und Angstsymptome
4.2 Häufigkeit der Verwendung verschiedener Kombinationen von Substan- zen des vergangenen Jahres in Prozent
4.3 Kontextabhängige Unterschiede in Korrelation mit Substanzengebrauch: Zusammenhang von Symptom-Indizes in der Vorstadt und innerstädti- schen Schule
4.4 Mehrebenenanalyse zur Vorhersage von Substanzengebrauch auf Basis selbsteingeschätzter Symptom-Indizes
4.5 Selbsteingeschätzte Häufigkeit des Substanzengebrauchs von wohlhaben- den Sechst- und Siebtklässlern
4.6 Prozentsatz an Substanzengebrauch von Jugendlichen innerhalb des letz- ten Monats im Vergleich zur nationalen Norm (2006)
4.7 Das Auftreten klinisch signifikanter, selbsteingeschätzter Symptome der Teilnehmer im Vergleich zur nationalen Norm
4.8 Verbreitung des Alkoholkonsums bei 11- bis 17-jährigen Mädchen nach Alter und Sozialstatus
4.9 Verbreitung des Alkoholkonsums bei 11- bis 17-jährigen Jungen nach Alter und Sozialstatus
4.10 Ergebnisse der Mehrebenenanalyse zur Vorhersage von innerlichem Dis- tress, externalisierenden Symptomen und akademischen Leistungen bei Mädchen
4.11 Ergebnisse der Mehrebenenanalyse zur Vorhersage von innerlichem Dis- tress, externalisierenden Symptomen und akademischen Leistungen bei Jungen
4.1 Selbsteingeschätzte Probleme unter Sechst- und Siebtklässlern: Häufig- keit klinisch signifikanter depressiver Symptome sowie Angstsymptome im Vergleich zur nationalen Norm 30
Hinweise zur Lektüre
- Bemerkung zur gendergerechten Spache
Die weibliche Form wurde generell nicht berücksichtigt.
- Abbildungen und Tabellen
Sowohl bei den Abbildungen als auch den Tabellen handelt es sich technisch um inkludierte Grafiken - bis auf eine Ausnahme. Aus diesem Grund findet sich im Tabellenverzeichnis nur eine einzige Tabelle.
- Begriffsverwendung
Stichproben aus Vororten stehen in dieser Arbeit für wohlhabende Teilnehmer- gruppen, Stichproben aus Innenstädten für einkommensschwächere Gruppen.
Privilegiert aufzuwachsen bedeutet, in einer Familie groß zu werden, deren finanzieller Rahmen unter materiellen Gesichtspunkten viele Sorgen ausschließt. Geld kann Zeit kaufen und mühevolle Schritte im Alltag überspringen. Besonders wohlhabende Men- schen werden um ihr ”leichtesLeben“,diefürsievielenoffenenTürenundihrenStatus oft beneidet. Gepaart mit gesunden moralischen Werten und einer starken Persönlich- keit kann Reichtum ein Segen sein. Während Kinder reicher Familien mit den Privilegi- en, die sie durch ihre Herkunft genießen, in Verbindung gebracht werden, werden Kinder aus ärmlichen Verhältnissen weithin als gefährdet angesehen. Seit den 1950 er Jahren hat sich die Forschung steigend mit den Risiken von Jugendlichen aus einkommens- schwachen Familien beschäftigt. Die andere Seite des sozioökonomischen Spektrums, Jugendliche aus wohlhabenden Familien, wurde in dem Zusammenhang nicht berück- sichtigt. Erst seit Anfang des 21 . Jahrhunderts rücken diese Jugendlichen in den Fokus der Forschung. So konnten in den letzten Jahren verschiedene Anpassungsprobleme und Bereiche der Gefährdung wie bspw. Drogen- und Alkoholmissbrauch sowie eine Tendenz zu Depressionen innerhalb dieser gesellschaftlichen Gruppe festgestellt werden (vgl. Luthar/Barkin 2012 ).
Das Ziel meiner Bachelorarbeit ist es, die ”Schattenseiten“einerprivilegiertenGeburt aufzuzeigen, indem untersucht wird, auf welche Weise die scheinbar privilegierenden Bedingungen für diese Jugendlichen ins Gegenteil umschlagen können und welche Um- stände dazu führen. Meine Fragestellung lautet demnach: Auf welche Weise können sich ökonomisch privilegierende Bedingungen bei Jugendlichen aus reichen Elternhäu- sern negativ auswirken und welche Umstände führen dazu? Die empirische Grundlage der Arbeit bilden Daten aus Vergleichsstudien der letzten zwei Jahrzehnte. Die meisten der Studien stammen aus den USA, da die Forschung dort auf diesem Gebiet am wei- testen ist. Psychologische Störungen und ihre Auswirkungen auf Jugendliche wurden in Deutschland in der Forschung bisher kaum im Zusammenhang mit dem Sozialsta- tus untersucht. Es konnten jedoch genug Daten zusammengetragen werden, um eine Tendenz für den deutschen Raum festzustellen.
Den theoretischen Teil bilden die psychologischen Störungen, die durch Wohlstand ver- ursacht werden können. Es werden die Symptome und Auswirkungen vorgestellt, die sich aus einer unausgewogenen Beziehung zum Geld ergeben. Im Anschluss werden die möglichen Wege, die zu Reichtum führen und ein richtungsweisender Faktor für die Entwicklung von Kinder sind, dargelegt. Auf dieser Basis werden die Hypothesen dieser Arbeit entwickelt und im darauffolgenden Kapitel durch Sekundärstudien untersucht. Danach werden die zugrundeliegenden Studien vorgestellt und die Auswahl der zu un- tersuchenden Symptome und Folgen von Affluenza begründet. Die Operationalisierung der Variablen aus den Hypothesen folgt darauf, deren Ergebnisse anschließend dar- gestellt werden. Abschließend werden diese zusammengefasst und mit einem Ausblick verknüpft.
Ich habe das Thema ”Die Bürde der privilegierten Geburt“ für meine Arbeit vor allem aufgrund eines längeren Aufenthalts in der wohlhabendsten Stadt der USA, Scarsdale Village, N.Y., ausgewählt, wo das jährliche mittlere Haushalteinkommen $233. 311 be- trägt und der Medianpreis für ein Haus auf mehr als $ 1.000.000 geschätzt wird (vgl. Sauter/Frohlich 2015). Durch meine Arbeit als Au-Pair habe ich direkten Einblick in die Familiendynamiken wohlhabender Familien bekommen und erlebt, wie sich die Ta- gesabläufe, Kindererziehung sowie Wertvorstellungen im Vergleich zu anderen Bevöl- kerungsgruppen zum Teil unterscheiden und welche Auswirkungen dies auf die Kinder hat. Da mir diese Auswirkungen teilweise problematisch erschienen, war es für mich von Interesse, vermutete Nachteile einer ökonomisch privilegierten Geburt im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchen.
Im folgenden Kapitel soll unter möglichst verschiedenen Gesichtspunkten untersucht werden, warum Kinder aus einem reichen Elternhaus, also Kinder, die scheinbar alles haben, was zu wünschen ist und denen viele Türen offenstehen, häufig unter Depressio- nen leiden und zu Drogen- und Alkoholkonsum oder anderen kriminellen Tätigkeiten neigen (vgl. Luthar/Becker 2002; Luthar/D’Avanzo 1999; Luthar 2003; Luthar et al. 2013). Diese Kinder - und später Erwachsenen - müssen also an irgendeinem Punkt in ihrem Leben oder Bereich ihres Lebens einen Mangel oder eine Unzufriedenheit erleben, da Suchtverhalten in vielen Fällen die Folge eines Versuches ist, ein gespürtes Defizit zu kompensieren (vgl. Zöllner 1997: 140).
In diesem Teil der Arbeit sollen die psychologischen Störungen, die Wohlstand verur- sachen kann, näher beleuchtet werden. Diese Störungen oder auch ”Dysfunktionendes Geldes“ genannt, werden in der Psychologie und Forschung unter dem Begriff ”Afflu- enza“ geführt. Es handelt sich dabei um eine schädliche und unausgewogene Beziehung zum Geld und dem Streben danach (vgl. the Affluenza Project).
Jessie O’Neill, eine amerikanische Therapeutin und Gründerin des Affluenza Projects (the Affluenza Project), hat sich auf die Psychologie von Geld bzw. Wohlstand speziali- siert sowie deren Auswirkungen auf persönliche und berufliche Beziehungen (vgl. ebd). Als Enkelin von Charles Erwin Wilson, dem ehemaligen Präsidenten von General Mo- tors und Verteidigungsminister unter Präsident Dwight D. Eisenhower, ist sie selbst in materiellem Wohlstand aufgewachsen. Ihre Berichte über eigene Forschungen mit reichen Personen und Erfahrungen mit Kunden beinhalten deswegen zusätzlich persön- liche Erfahrungen aus ihrem Leben.
O’Neill definiert ”Affluenza“ aufgrund ihrer gesammelten Erfahrungen als Abhängig- keiten, seelische Wunden, Verhaltensstörungen, Neurosen und Charakterschwächen, die durch das Vorhandensein von und dem Wunsch nach Wohlstand bei einem Individuum verursacht und verschärft werden (vgl. ebd.; O’Neill 1997: 16). In ihrem Buch ”The Golden Ghetto“ (1997) beschreibt O’Neill, warum Geld in der amerikanischen Gesell- schaft einen so hohen und folgenreichen Stellenwert hat. Es sei die Überzeugung, dass Geld Glück erkaufen und garantieren sowie alle Probleme lösen kann. Diese Annahme nennt sie den Mythos des amerikanischen Traums. Dieser Traum beschränke sich nicht auf eine bestimmte Klasse, sondern werde von einfachen Angestellten genauso wie von wohlhabenden Personen verfolgt. Während der Angestellte möglicherweise zwei Jobs gleichzeitig nachgeht, um mehr Geld anzuhäufen und seine Kinder in der Zeit in die Obhut von anderen gibt, fehlt es der reichen Person vielleicht an bedeutsamen, persön- lichen Beziehungen in ihrem Leben, da ihr Fokus auf der Ansammlung von Geld liegt, so O‘Neill (vgl. O’Neill 1997: 37).
Wie bei anderen Krankheiten gibt es einige Symptome, an denen sich Affluenza beim Individuum erkennen lässt. Dabei sind manche Symptome spezifisch für die Generation der Eltern und manche für die der Kinder. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass ein Symptom, das eher bei den Eltern vorkommt, nicht auch bei den Kindern festgestellt werden kann.
Ein für die elterliche Generation spezifisches Symptom von Affluenza ist die Arbeits- sucht. Arbeitssucht ist eine Form von zwanghaftem Suchtverhalten, das häufig bei den Familiengründern auftritt. Familiengründer sind jene, die das ursprüngliche Vermögen erarbeiten (vgl. O‘Neill: 38, 63). Diese Sucht verursacht bei den Betroffenen, dass sie ihre Familie physisch und emotional nahezu verlassen, da sie lange und hart arbeiten müssen und somit in ihren Familien abwesend sind. Wenn sie dann den Ruhestand erreicht haben, haben sie oft so viel Besitz, z. B. in Form von Immobilien, angehäuft, dass sie in dieser Phase hauptsächlich damit beschäftigt sind, ihren Besitz in Stand zu halten. Den angesammelten Reichtum zu erhalten, ist selbst eine zeitaufwändige und herausfordernde Aufgabe (vgl. ebd.: 38).
Für Psychologen ist Arbeitssucht nicht weit entfernt von der Sucht nach Chaos, bei der ständig hektische Aktivität gesucht wird, sodass Gefühle vermieden werden kön- nen. Menschen, die süchtig nach Chaos sind, neigen dazu, in ihren persönlichen und beruflichen Beziehungen für Unruhe und Drama zu sorgen. Auch wenn diese Art Dra- ma scheinbar mit Gefühlen einhergeht, berührt dieses Drama nicht den emotionalen Kern eines Menschen, sondern ist vielmehr eine unterbewusst gelenkte Strategie, um echte Nähe zu vermeiden (vgl. ebd.). Wenn Eltern oder Elternteile Persönlichkeiten mit zwanghaften oder süchtigen Tendenzen aufweisen, können bei ihren Kindern häufig ähnliche Tendenzen festgestellt werden. Die ausgewählte Droge kann dann eine andere sein, wodurch sich die genannten Tendenzen dann meist in anderen Abhängigkeiten äu- ßern. Laut O’Neill liegt häufig ein starker Zusammenhang zwischen alkoholabhängigen Eltern und Töchtern mit Essstörungen vor. Essstörungen drücken das Bedürfnis aus, perfekt erscheinen zu wollen und Kontrolle über etwas in einem Zuhause zu haben, das ansonsten außer Kontrolle und alles andere als perfekt ist (vgl. ebd.: 39; LeBeau 1988: 429).
Manche Suchtverhalten sind nach O’Neill eine Kombination aus genetischer Veranlagung und einem gestörten Familiensystem. Sie sind außerdem das Ergebnis eines Versuches der Selbstbehandlung und der Bewältigung von emotionalen, geistigen oder körperlichen Verletzungen bzw. Defiziten, die ein Mensch in seinem persönlichen Leben empfindet (vgl. O‘Neill: 39 f.).
Diese psychologischen Störungen werden häufig von Generation zu Generation wei- tergegeben. Verursacht wird die Weitergabe der Störungen dadurch, dass die sogenann- ten Familiengründer mit steigendem Wohlstand und Fortschreiten ihrer Arbeitssucht immer weniger in der Lage sind, anderen zu vertrauen und enge Beziehungen aufrecht- zuerhalten und vielmehr die Gesellschaft derjenigen suchen, die ähnlich getrieben und narzisstisch wie sie selbst sind. Ein wohlhabender Mann kann seine Macht benutzen, um eine sehr schöne Frau anzuziehen, welche an Schmeichelei gewöhnt ist. Klinische Befunde deuten an, dass solche Frauen als Mütter unnahbar, desinteressiert und selbst- bezogen sind. Sie konkurrieren oftmals mit ihren Töchtern und benötigen stets eine positive Bestätigung ihrer Selbst. Solche Frauen sind nicht ausreichend ausgestattet, um ihren Kinder durch die vielen Herausforderungen einer gesunden Entwicklung zu helfen (vgl. LeBeau 1988: 426).
In Familien, in denen Eltern arbeitssüchtig und aufgrund ihrer Arbeit wenig Zuhause anwesend sind, leiden die Kinder häufig unter Gefühlen von Verlassenheit und Ver- trauensproblemen. Die Kinder werden durch die Abwesenheit der Eltern von Nannys, Au-Pairs, anderen Angestellten oder manchmal auch älteren Geschwistern behütet. Da- durch werden diese Kinder der Sozialisierung entzogen, die ihre weniger wohlhabenden Pendants bzw. ”Peers“in Familien oder Tageseinrichtungen erfahren,von denen sie so getrennt aufwachsen. Kinder aus Wohlstandsfamilien sind oft emotional unterversorgt: Sie fühlen sich einsam und isoliert und erklären sich die Abwesenheit der Eltern damit, dass sie nicht liebenswert seien (vgl. O’Neill 1997: 40). Diese emotionale Unterversor- gung ist die Folge eines Mangels an Zuwendung der Eltern in Form von Zuhören und Interesse am Leben und der Persönlichkeit ihrer Kinder (vgl. Blaß 2015).
Ulrike Zöllner hat dieses Problem Ende der 1990er Jahre unter dem Begriff standsverwahrlosung“ in ihrem Buch ”Wohl- ”Die armen Kinder der Reichen“ bekannt gemacht.
Verwahrlosungserscheinungen beruhen nach Zöllner auf psychischen Symptomen, die häufig lange nicht wahrgenommen werden, da sie im Inneren des Kindes stattfinden. Erst die aktive, aggressive Verarbeitung der Leiden, also die Auseinandersetzung mit dem gespürten Mangel, wird durch das Umfeld bemerkt. Dabei wird das Defizit nicht verarbeitet, sondern kompensiert (vgl. Zöllner 1997). Als Beispiel führt Zöllner ein junges Mädchen an, welches einen unbefriedigten Wunsch nach Wärme und ”Aufgeho- bensein“ z. B. innerhalb der Beziehung zu den Eltern hat. Es versucht, dieses Defizit an Liebe durch sexuelle Beziehungen zu kompensieren (vgl. ebd.). Die Qualität der Beziehung zu den Eltern ist ein ganz zentraler Faktor in Bezug auf die emotionale Gesundheit eines Kindes. Körperliche und psychische Isolation von den Eltern führt deswegen oft dazu, dass Kinder unglücklich sind.
Ein extremes Beispiel für die Wohlstandsverwahrlosung ist ein 17 -jähriges Mädchen, das in einer großen Villa lebt und noch nie mit ihren Eltern zu Abend gegessen hat (vgl. Stone, zit. nach LeBeau 1988 : 426 ). Obwohl Eltern wie die des Mädchens abwesend sind und scheinbar nicht das Bedürfnis haben, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, kommt es vor, dass sich solche Eltern ironischerweise bedroht fühlen und eifersüchtig reagieren, wenn ihre Kinder sich z. B. mit der angestellten Nanny verbunden fühlen. Der Nanny wird dann gekündigt und dem Kind damit eine Bezugsperson entzogen (vgl. LeBau ser, in denen sie aufwuchsen, so groß waren, dass ganz gleich wie viele Menschen sich dort aufhielten, das Haus immer leer erschien. Die Millionärin Shiela Waters bezeichnet das Zuhause ihrer Kindheit als schönes Gefängnis mit dem Personal als Gefängniswärter - schön, weil das Haus hübsch aussah, Gefängnis, weil sie als Kind dachte, dass niemand wisse, sie sei überhaupt da. Kinder aus reichen Familien erleben oft, wie das Geld die einzelnen Familienmitglieder auseinanderdrängt (vgl. ebd.).
John Sedgwick veranschaulicht in seinem Buch Rich Kids die Bedeutung des Vorhandenseins von Geld für Kinder folgendermaßen:
For all its undeniable glory, the money involves hazards that all rich kids have to face. It is like some magic sword: it gives the holder rare powers, but only the mightiest warriors can keep from being nicked themselves by the blade (Sedgwick 1985: 158).
Damit drückt er aus, wie schwierig der gesunde Umgang mit Reichtum ist und wie schnell Kinder unter den Schattenseiten dessen zu leiden haben. Wie bereits erwähnt, treiben sich die Familiengründer, z.B die Väter, selbst oft gnadenlos an. Gemeinsam mit ihren Ehepartnern erwarten sie auch von ihren Kindern in allen Aktivitäten her- auszustechen. Diese Bereiche umfassen Sport, Musik, Kunst, Wissenschaften sowie die strenge Einhaltung gesellschaftlicher Sitten. Diese Erwartungshaltung kann einen läh- menden Druck auf die jungen Leute verursachen - ein Druck, sich intelligent und selbst- bewusst zu verhalten, gut auszusehen und um jeden Preis erfolgreich zu sein. Konkret heißt das für solche Kinder, dass sie bestimmte Schulen besuchen und hervorragende Noten erzielen müssen und den zukünftigen Ehepartner später aus einer gesellschafts- fähigen Familie heiraten sollten. Von Söhnen wird erwartet, dass sie eine glänzende Karriere machen; Töchter sollen schlank, schön, stets lächelnd und unterhaltsam sein. Zu diesem Erwartungsdruck kommt hinzu, dass die Eltern oft so beschäftigt mit ih- ren eigenen Programmen sind, dass sie die Versuche der Kinder, ihnen zu gefallen, nicht wahrnehmen. Indem die Eltern ihren Kindern einen derartig durchstrukturier- ten Lebensstil auferlegen, rauben sie ihnen ihre Kindheit (vgl. O’Neill: 79). Besonders belastend für Kinder aus ”ungesunden“reichenFamilienistdieErkenntnis,dassihre Eltern nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit abwesend sind, sondern weil sie es sich ausgesucht haben. Dieses Wissen verinnerlichen die Kinder, und es wirkt sich auf sie schädigendend aus (vgl. ebd.: 80 ). Es liegt nahe, dass die Auswirkungen der Wohlstands- verwahrlosung der Kindheit nicht mit Eintritt in das Erwachsenenalter aufhören. Diese Kinder haben auch als Erwachsene Schwierigkeiten, glauben zu können, dass jemand sie aufrichtig liebt, wenn sie in ihrer Kindheit die Erfahrung gemacht haben, dass ihre Eltern sich sehr wenig um sie gekümmert haben, obwohl sie potentiell die Möglichkeit dazu gehabt hätten (vgl. ebd.). Auf diese Weise werden aus wohlstandsverwahrlosten Kindern wohlstandsverwahrloste Erwachsene (vgl. Blaß 2015). Neben der emotionalen Unterernährung werden wohlhabende Kinder nicht selten mit Spielzeug und denÄußer- lichkeiten des sozialen Status überhäuft und ihre Tagesabläufe werden, wie bereits oben erwähnt, durch Unterrichtsstunden und Nachmittagsprogramme verplant (vgl. O’Neill 1997: 80; Nitsch, zit. nach Blaß 2015). Anstatt mit Liebe und Zeit versorgt zu werden, werden sie von Bediensteten erzogen, die ihnen oft keine klaren Verhaltensrichtlinien beibringen. Das sind Faktoren, die zu der Unfähigkeit dieser Kinder beitragen, als Her- anwachsende realistische und emotional gesunde Grenzen in Beziehungen mit anderen und sich selbst zu setzen und ernste emotionale und psychologische Probleme auslösen, so O’Neill (vgl. O’Neill 1997: 80.).
Es lässt sich festhalten, dass Kinder aus sehr reichen Familien häufig in einer Umgebung aufwachsen, die größeren Wert auf materielle, als auf emotionale Befriedigung legt. Liebe drückt sich allerdings nicht durch Geld aus, sondern durch menschliche Interaktionen und der aktiven Teilnahme am Leben des anderen, welche sich nicht durch Geld und materielle Verwöhnung ersetzen lassen. Das reine Streben nach Wohlstand verstärkt nicht nur schon vorhandene Probleme in Familien, die ein dysfunktionales Verhältnis zum Geld haben, sondern schafft zudem neue.
Die Frage ist, welchen Einfluss das Geld auf diese Probleme hat und wie sie sich ab dem Jugendalter zeigen. Nach O’Neill haben Menschen mit zwanghaften Neigungen, Erkrankungen und Abhängigkeiten oft etwas gemeinsam: Emotional abwesende Eltern (vgl. ebd.: 81). Es konnte beobachtet werden, dass der Grad des dysfunktionalen Verhaltens oder der Symptome der Betroffenen meistens proportional zu den emotionalen Entbehrungen ihrer Kindheit stehen (vgl. ebd.).
Das Ergebnis solch einer leeren Kindheit ist oftmals die Entwicklung narzisstischer Charakterzüge, worauf im Folgenden noch einmal eingegangen wird (vgl. LeBau 1988: 426). Klaus Nitsch schreibt in seinem Buch (2012), dass jüngere emotional verwahrloste Kinder weniger Möglichkeiten haben, sich mit dem erlebten Defizit zu arrangieren und sich die Verwahrlosung vor allem in der Sprachentwicklung zeigt. Ältere Kinder und Jugendliche können dagegen den Umgang mit dem Defizit besser selber gestalten. Sie finden schneller Ersatzbefriedigungen wie z. B. im Konsum von berauschenden Substanzen.
Eine weitere Folge der Wohlstandsverwahrlosung zeigt sich nach Nitsch sich in der Persönlichkeitsentwicklung, was in Kapitel 2.2.2 und 2.2.3 nochmals genauer behan- delt wird. Betroffene weisen häufig eine niedrige Frustrationstoleranz, Bindungsun- fähigkeit sowie erhöhte Aggressivität auf und verspüren wenig Empathie gegenüber Mitmenschen. Hinzu kommen nach Nitsch psychosomatische Erkrankungen, Persön- lichkeitsstörungen, Depressionen und ADHS, was im Jugendalter zu Drogen- und Al- koholkonsum führt.
Die Psychologin Madeline Levine konnte durch ihre Untersuchungen bestätigen, dass wohlhabende Kinder im Vergleich zu armen, sowie Kindern jeder anderen Bevölkerungs- schicht, die Gruppe der Jugendlichen sind, die sich mit der geringsten Wahrscheinlich- keit den Eltern nahe fühlen. Besonders überraschend erscheint dieses Ergebnis unter dem Gesichtspunkt, dass es unzählige Forschung zu dem ThemaÜberbehütung gibt, die die Aussage vertritt, dass Eltern sich zu viel in das Leben ihrer Kinder einmischen (vgl. Levine 2006: 31). Allerdings sorgt zu starke Kontrolle der Eltern dafür, dass sich Kinder von ihnen entfremden. Dabei ist es die emotionale Nähe, insbesondere die zur Mutter, die vor psychischen Schäden schützen kann (vgl. ebd.). Verwechselt werden darf diese emotionale Nähe nicht mit reiner körperlicher Anwesenheit. Denn selbst wenn eine Mutter oft Zuhause ist und das Kind von einer Aktivität zur anderen begleitet, aber in dieser Zeit nur das Handy am Ohr hat und in Gespräche mit anderen Eltern vertieft ist, wird dies vom Kind wahrgenommen und nicht als ehrliche Anteilnahme und Interesse aufgefasst. Für Kinder sind ihre Eltern dann zwar auf eine gewisse Art überall dabei, gleichzeitig aber auch nirgends (vgl. ebd.). Sinnvoller ist es für die Entwicklung des Kindes laut Levine, wenn Kinder weniger Aktivitäten auf dem Wochenplan haben und ihre Eltern ihnen dafür immer wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Auch ruhige Momente, in denen das Kind nichts zu tun hat und nicht unter Leistungsdruck steht, sind für die Entwicklung eines gesunden Selbst notwendig. Denn erst dann be- kommt das Kind die Möglichkeit, in sich zu gehen und sich den ”empfindlichen“Teilen der sich noch entwickelnden Persönlichkeit auszusetzen (vgl. ebd.; ebd.: 63 ). Das Ergeb- nis vieler Studien ist, dass Kinder sich mehr Zeit mit ihren Eltern wünschen und nicht, wie oftmals unterstellt, weniger (vgl. Kohn 1999 ). Viele Jugendliche mit schwerwiegenden seelischen Problemen wie z. B. Gefühlen von Einsamkeit und Vernachlässigung, kommen aus den wohlhabendsten Gegenden Amerikas, wo beide Elternteile meistens berufstätig sind und persönlichen Interessen in hohem Maße nachgehen.
Nach LeBeau (1988) gibt es bestimmte Muster in wohlhabenden Familien, die zur Ent- wicklung von Narzissmus beitragen. Zum einen betrifft es den Vater-Kind Kontakt, bei dem eine Beziehung aufgrund von beruflichen und Freizeitaktivitäten nicht vorhanden ist. Zum anderen kann die Mutter-Kind-Beziehung ausschlaggebend für das Entste- hen narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale sein, wenn Interaktionen aufgrund sozialer Aktivitäten der Mutter bis auf ein Minimum reduziert sind und die Versorgung des Kindes Angestellten überlassen wird. Das letzte Muster macht genau dieses ”Aufgezo- genwerden“ durch Angestellte aus, denn dadurch leben Kinder in einer Atmosphäre, die eine intensive Beschäftigung mit gesellschaftlichen Formen trägt und die beste- hende Familiendynamik intensiviert (vgl. ebd.: 425 f.). Levine kategorisiert abwesende Eltern nochmal in zwei Gruppen: (1) Eltern, die nicht in der Lage sind, sich richtig zu kümmern, weil sie oft selbst psychisch beeinträchtigt sind und (2) Eltern, die für ihre Kinder kaum bis nicht verfügbar sind, weil sie ihren Tag schlicht mit anderen Dingen füllen. Wenn Kinder aus solchen Familien Probleme haben, werden diese von den Eltern aufgrund ihrer eigenen Abwesenheit lange nicht bemerkt und dann oftmals aus Prestige- gründen nicht akzeptiert, weil sie unbedingt einen vollkommenen Eindruck nach außen vermitteln wollen. Ein Beispiel, das stellvertretend für viele ähnliche Fälle steht, ist ein 14-jähriges Mädchen, das von ihrem Vater dabei entdeckt wurde, wie sie sich selbst verletzt. Anstatt nach dem Grund ihrer Aufregung und des Kummers zu fragen, wurde sie von ihrem Vater gebeten, die Narben zu verdecken und sicherzugehen, dass niemand sie sehen kann (vgl. Brown 2002: 148). Für Außenstehende ist es manchmal fast unmög- lich, einen Blick hinter die prächtigen Tore dieser Familien zu werfen, weil der Schein der Perfektion gewahrt wird. Gerade in wohlhabenden Familien sind die sozialen und beruflichen Forderungen oft so zeitintensiv, dass Zeit für die Familie zu kurz kommt.
Kindern ist oft schmerzhaft bewusst, dass sie nicht oben auf der tern stehen. Dieses Bewusstsein wird in der Wissenschaft als ”to-do“ Liste ihrer El- ”Silver-Spoon Syndrome“ bezeichnet und resultiert aus einer Konstellation von Problemen, die in wohlhabenden Familien vorherrschend sind (vgl. ebd.; O’Neill 1997 : 93 ).
Nach Joyce LeBeau ist das Syndrom die krankhafte Verbindung zwischen Wohlstand und Narzissmus und ist gekennzeichnet durch eine intensive Beschäftigung mit der äußeren Erscheinung, schwachem Bewusstsein über das innere Selbst und der damit einhergehenden Unfähigkeit, für sich selbst und seine eigene seelische Gesundheit zu sorgen. Weitere Symptome des Syndroms sind: Depressionen, hohe Beachtung des öf- fentlichen Selbsts und geringe Wertschätzung des privaten Selbsts, innere Leere und Langeweile, mangelndes Einfühlungsvermögen, Streben nach Vergnügen, mangelndes Interesse an Arbeit jeglicher Art sowie der allgegenwärtige Glaube daran, dass Geld jeden Schmerz lindern kann (vgl. LeBeau 1998 : 427 ). Die Anerkennung im gesellschaft- lichen Leben ist dabei der Auslöser für diese Eigenschaften und führt dazu, dass Eltern durchweg das äußere Erscheinungsbild vor die berechtigten emotionalen und entwick- lungsbedingten Bedürfnisse ihrer Kinder stellen (vgl. LeBeau 1988 : 427 f.). Kinder aus solchen Familien sind folglich häufig auf der einen Seite weltlich gesinnt und arrogant, während sie sich auf der anderen Seite verloren und überflüssig fühlen (vgl. ebd.).
LeBeau berichtet zur Veranschaulichung der Problematik dieser Diskrepanz über einen Jugendlichen namens Arthur, der die High-School mit den höchsten SAT 1 -Ergebnissen seiner Klasse abgeschlossen hat, aber aufgrund geringer Anwesenheit und durchwachse- nen Noten trotzdem von keinem College angenommen wurde. Arthur lebt als Einzelkind zusammen mit seinem Vater, der seiner Arbeit zugetan ist und seiner depressiven Stief- mutter. Seine richtige Mutter ist ein ”Silver-Spoon Hippie“,die er bei Besuchen sieht. Er führt einen verschwenderischen, aufwändigen Lebensstil, inklusive dem Besuch von Privatschulen, schönen Urlauben, einem Pool, eigenen Autos etc., fühlt sich aber nie- dergeschlagen, einsam und unterfordert. Für einen Jungen seines Alters ist er unreif. Er hegt großes Potenzial und Talent in sich, kann jedoch nur schwer mit der Realität umgehen, da er weder Strukturen noch Führung erfahren hat. Nachdem er vier Auto- unfälle gehabt hat, haben ihm seine Eltern jeweils immer sofort ein neues Auto gekauft, ohne Fragen zu stellen. Seinen Eltern ist bewusst, dass Arthur Schwierigkeiten hat, sie sehen aber keinen Zusammenhang zu ihrem Lebensstil (vgl. ebd.: 428 ).
Ein anderes Beispiel ist der 14 -jährige Chester, ein reiches Schlüsselkind. Beide El- ternteile sind berufstätig und er ist das notwendige Kind, das sie zur Familieneinheit macht. Seine Eltern sind nie da und der Haushälter steht nicht für die fehlende Er- ziehung, Unterstützung und Führung zur Verfügung. Während er schon früh wie ein Erwachsener behandelt wird, sehr kompetent ist und in einem wunderschönen Haus mit tollem ”teenager’s room“ aufwächst, ist er oft traurig und fühlt sich nicht geschätzt und geliebt. Er konsumiert Kokain, um in eine Fantasiewelt zu fliehen, in der er der mächtige Star ist. Seine Eltern sehen ihn als undankbar an, in Hinblick auf das, was sie ihm alles bieten (vgl. ebd.).
Um psychologische Schäden wie diese zu heilen, bedarf es vieler Jahre therapeutischer Arbeit. In solchen Fällen wird Affluenza als direkte Ursache für das ”Silver-Spoon Syn- drom“ gesehen, da Geld der Hauptgrund für die Unerreichbarkeit der Eltern ist (vgl. O’Neill 1997 : 94 ). Außerdem wird dieses Syndrom mit hoher Wahrscheinlichkeit über Generationen hinweg weitergeben, was sich am Beispiel Arthurs erläutern lässt: Wenn Arthur das Familienvermögen erbt und eine eigene Familie gründet, wird er für seine Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit genauso abwesend sein, wie seine Eltern es für ihn waren, womit sich die ganze Symptomatik in der Folgegeneration wiederholen wür- de. Die Frage ist also, was ein Familienvermögen einem Kind wie Arthur Gutes tut. Normalerweise wäre das Leben eines solchen Kindes ohne umfangreiche Therapie von ungelinderter Unzufriedenheit bestimmt. Um die Frage zu beantworten, hat das Geld dann den einzigen Nutzen, die zahlreichen Therapiesitzungen zu begleichen unter der Voraussetzung, dass so eine Person überhaupt den Willen aufbringt, eigene Heilung zu erreichen (vgl. O’Neill 1997: 94).
Das Gefühl, nicht richtig geliebt zu werden, ist der Auslöser für ein schwaches Selbstwertgefühl und macht es den Kindern später schwer, dauerhafte, intime Beziehungen aufzubauen und ihnen zu vertrauen, woraus sich wiederum kaputte und unglückliche Ehen und Beziehungen ergeben (vgl. ebd.: 40).
Neben Arbeitssucht sind weitere potentielle Symptome von Affluenza also ein schwaches Selbstwertgefühl, außerdem ein Mangel an Motivation für die Zukunft, ein falsches Verständnis von Berechtigung sowie die Unfähigkeit auf Belohnung zu warten und eine niedrige Frustrationstoleranz (vgl. ebd. 43; The Affluenza Project; Zöllner 1997: 141). Diese Symptome werden im Folgenden erklärt.
Viel Geld kann zudem das Selbstbewusstsein beeinträchtigen, wenn es ohne eigene Leis- tung - z. B. als Erbe - einfach so vorhanden ist. Bei Familiengründern stärkt es hinge- gen das Selbstwertgefühl, weil sie ihr Vermögen selbst erwirtschaftet haben (vgl. O’Neill 1997: 46). Nach Sedgwick (1985) liegt der Grund für das gewonnene Selbstbewusstsein darin, dass der Erfolg aus einer Mischung von Talent, Energie und der eigenen Persön- lichkeit resultiert:
Hard as it must be to make a fortune, it is easier than receiving one out of the blue. Earned money is clearly one’s own, an affirmation of talent, energy, self. An inheritance is none of these things. Instead of being a source of pride, it is a subject of embarrassment; instead of rewarding accomplishment, it fosters sloth; instead of belonging to you, you belong to it (Sedgwick 1985: 325).
Das Selbstwertgefühl und die Wahrnehmung über eigenes Können werden durch Erlebnisqualität und der Wahrnehmung davon, dass das eigene Handeln die Erfahrung geleitet hat, gefördert. Wenn unkontrollierbare Ereignisse auftreten, wird die Ich-Stärke untergraben, unabhängig davon, ob das Ereignis traumatisch oder positiv ist. Aus kontrollierbaren Ereignissen resultiert dagegen ein Gefühl von Können und Beherrschung sowie Widerstand gegen Depression (vgl. ebd.).
Viele Erben großen Vermögens fragen sich im Gegensatz zu ihren Vorfahren ihr gan- zes Leben lang, ob sie es auch selbst geschafft hätten. Sobald sie als Jugendliche in die Welt aufbrechen, werden sie über einen Treuhandfond aufgeklärt, zu dem sie in einem gewissen Alter (meistens ein bestimmter Geburtstag) Zugang bekommen oder sie er- halten direkt Zugriff auf eine große Summe. Diese hohen Summen machen dann jede weitere Bemühung überflüssig. Die Erben empfangen ihre unverhofften Gewinne freu- dig, enden jedoch schnell irritiert und niedergeschlagen. Für sie gibt es keinen klaren Zusammenhang zwischen dem, was sie getan haben und dem, was sie bekommen ha- ben. Im Zentrum ihrer Irritation steht zum einen die Frage, aus welchem Grund sie vom Glück begünstigt sind und zum anderen, was sie nun mit dem Geld und ihrem Leben machen sollen (vgl. ebd.). Ein Normalverdiener kann es je nach Lebensstandard schwer haben, finanziell zurechtzukommen, aber er hat zumindest einen Grund morgens auf- zustehen und abends das Gefühl, etwas geschafft zu haben. In der Regel hat er zudem ein Gefühl von Struktur und verfügt über ein Wertesystem, woran es dem reichen Kind mangeln kann. Durch knappe Finanzmittel haben durchschnittliche Menschen klare Be- schränkungen über das, was sie machen können, und was nicht. Dies kann frustrierend sein. Eine größere Frustration erwartet allerdings jene, die keine Beschränkungen haben (vgl. ebd.: 326).
Eine weitere Bürde besteht für junge Erben darin, als erfolgreich angesehen zu wer- den, da sie nicht nur das Erfolgsniveau ihrer Vorfahren, z. B. das ihrer Eltern, erreichen, sondern die Erfolge der vorherigen Generation übertreffen müssen (vgl. O’Neill 1997: 46). In ihrem Leben ragt der Familiengründer heraus, der eine größere Figur als jeder Präsident darstellt. Es sind Milliardäre wie J. P. Morgan, J. D. Rockefeller und Eugene Meyer, die lange nach ihrem Tod Einfluss auf das Leben ihrer Enkel und Urenkel haben, da sie es waren, die ihre Nachfahren mindestens reich, wenn nicht zusätzlich berühmt gemacht haben. Oft leben die nachfolgenden Generationen noch im gleichen Haus wie ihr Familiengründer, es hängen Bilder von ihnen an der Wand und ihre Visionen be- drängen die Träume ihrer Kinder und Enkel.
Wenn ein reiches Kind an seine Familie denkt, denkt es nicht nur an die Kernfamilie. Sein Verständnis von Familie geht über Generationen zurück und umfasst verschiedene Verwandtschaftsbeziehungen. In der Ahnenforschung wird eine Familie als Baum dargestellt mit dem Stammvater als kräftigem Stamm und den Nachfahren als Zweigen. Das reiche Kind sieht es nach Sedgwick dagegen andersherum - mit dem berühmten Familiengründer, weit oben außer Reichweite wie ein griechischer Gott, und sich selbst ganz unten. (vgl. Sedgwick 1985: 132).
Ein Erfolgsniveau zu halten wird von den Betroffenen oft als Versagen empfunden. Reiche Kinder finden, wenn sie Glück haben, eine Sportart oder andere Aktivität, bei der sie durch ihre Fähigkeiten herausstechen können, um einen neuen Star in die Fa- milie zu bringen. Jene, die es schaffen, ein Star auf irgendeine Art zu werden, egal wie irrelevant der Bereich ist, können persönlichen Stolz entwickeln. Daran mangelt es durchschnittlicheren Kindern, deren Eltern an dieser Normalität und Durchschnittlich- keit verzweifeln.
Wenn ein Kind beiderlei, nutzlos und durchschnittlich, ist, möchten die Eltern, dass es wenigstens dekorativ ist. Eleganz und gute Manieren werden gefördert und plastische Chirurgie wird früh unterstützt (vgl. Pittman 1985: 3). Der Erwartungsdruck auf das Kind, ein Star zu sein, steigt weiter an, wenn seine Eltern reich und berühmt sind. Die Gesellschaft beurteilt das Aussehen und Verhalten des Kindes dann noch kritischer. Die Situation verschärft sich zudem, wenn das Kind ”dick, dummun dhässlich“ ist und natürlich haben auch reiche Eltern solche Kinder (Pittman 1985 : 3 ).
Ein weiteres Anzeichen von Affluenza ist Selbstzweifel und das anhaltende Gefühl, dass alle bisherigen Leistungen ungültig sind, weil das Geld das Erreichen aller Erfolge vereinfacht hat (vgl. O’Neill 1997 : 46 ). Dieser Zweifel hängt mit der psychologischen Beschaffenheit des Menschen zusammen, welche alle einfach erreichten Ziele oder Dinge als weniger wertvoll erachtet.
Erfolge können sich bei Reichen ohne größeren Aufwand einstellen, weshalb sie von der Gesellschaft selten als echter Erfolg angesehen werden. Erben großer Vermögen streben aus diesem Grund häufig Karrieren an, die künstlerisch, akademisch oder körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten beinhalten, da es in diesen Bereichen schwieriger ist, ausschließlich durch Geld Erfolg zu haben (vgl. ebd.: 47 ).
Reichtum kann des Weiteren vor herausfordernden, schwierigen Aufgaben des Le- bens schützen, deren Bewältigung jedoch zugleich zur Stärkung des Charakters bei- trägt und für künftige Herausforderungen hilfreich ist. Solange sich der Weg aber aus allen Schwierigkeiten herausgekauft wird, kann nicht von dem Selbstbewusstsein, das aus der persönlichen Konfrontation mit Herausforderungen entsteht, profitiert werden. Für diejenigen, die eine Karriere in den oben genannten Bereichen verfolgen, können Erfolge hingegen zu einer Steigerung ihres Selbstwertgefühles führen (vgl. ebd.).
Es soll mit dieser Arbeit nicht der Eindruck vermittelt werden, dass sich Reichtum immer benachteiligend für seine Besitzer auswirkt. Im Gegenteil: Finanzielle Unabhängigkeit kann viele Möglichkeiten und Chancen bereitstellen, die für die meisten Menschen nur mit sehr viel Arbeit zur Verfügung stehen. Um diese Chancen jedoch wahrnehmen und ausnutzen zu können, bedarf es Charakterstärke und Eigenschaften wie beispielsweise ein gutes Selbstwertgefühl bzw. Selbstbewusstsein oder die Fähigkeit, mit Frustration umzugehen, wofür der Grundstein in der Kindheit gelegt wird und woran es den Reichen oft fehlt (vgl. ebd.: 47 ).
Im folgenden Abschnitt wird deshalb beleuchtet, was dazu führt, dass Kinder aus reichen Familien häufig schlecht mit Frustration umgehen können und warum sie oft das Gefühl haben, eine besondere Berechtigung in allen Lebensbereichen zu haben.
Wie entwickelt sich bei Menschen mit hohem materiellen Vermögen ein falsches Ver- ständnis von Berechtigung? Die Antwort liegt in der Einstellung der Gesellschaft zu Geld: Die hohe Achtung vor Geld und damit vor seinen Eigentümern. Oft erfahren seine Eigentümer aufgrund ihres Vermögens eine besondere Behandlung. Wenn sich ein Individuum daran gewöhnt, ständig als etwas Besseres behandelt zu werden, entsteht allmählich eine Erwartungshaltung hinsichtlich einer Extrabehandlung, womit die Basis für snobistisches Verhalten seitens der Vermögenden geschaffen sein kann (vgl. O’Neill 1997: 44; 57 f.).
Die Unfähigkeit auf Belohnung zu warten und Frustration zu ertragen, tritt das erste Mal in der Generation des Familiengründers auf. Obwohl diese Charakteristiken nicht unbedingt in den ersten Jahren des Vermögensaufbaus vorkommen, scheinen sie proportional zu dem Bankguthaben des Familiengründers zu wachsen. Von der Macht des Geldes verführt, Dinge schnell und auf Wunsch umsetzen zu lassen, beginnen der Familiengründer und seine Familie ein schädliches Verständnis von Berechtigung zu entwickeln. Dieser Charakterzug wird während des ganzen Lebens des Familiengründers geschaffen und an die nachfolgenden Generationen weitergegeben.
Es ist wahrscheinlich dieser Charakterzug, um den es geht, wenn eine wohlhabende Person als verwöhnt bezeichnet wird (vgl. ebd.: 70 f.). Im tieferen Sinne ist die Unfähig- keit, auf Belohnung zu warten und mit Frustration umzugehen, eine Art Schwarz-Weiß- Denken. Betroffene haben eine ”alles oder nichts“-Einstellung in Jobs und Beziehungen sowie bei Herausforderungen und Problemen. Diese Einstellung ist mit Perfektionis- mus zu vergleichen. Ein Betroffener ist nur willens Dinge in Angriff zu nehmen, die er glaubt mit Perfektion erfüllen zu können. Das für Affluenza typischeÜberlegenheits- gefühl lässt das Individuum weiter von der Realität abkommen. Die Folge ist, dass der Familiengründer, während er sich durch den Erfolg verändert, nicht mehr weiß, wie die alltäglichen Schritte des Lebens zu gehen sind, nämlich mit Geduld und Ausdauer, die zu einem produktiven, wirklich erfolgreichen und erfüllenden Leben führen. Seinen Nachfahren fehlen diese Eigenschaften oft von Anfang an (vgl. ebd.).
Nicht selten werden die eben genannten Charakterzüge bereits in der Kindheit ausge- löst. Als Kinder und junge Erwachsene sind Kinder aus reichem Hause oft von unterwür- figen Angestellten, Eltern, die ihnen jeden Wunsch erfüllen, sowie Menschen umgeben, von denen sie wegen ihres Geldes verehrt werden (vgl. ebd.: 44). Verwöhnung und Ver- sagen in der Erziehung sorgen nach Opitz (Opitz zit. nach Zöllner 1997: 141) bereits im Kindesalter für eine Schädigung. Es fehlt den Kindern an Motivation, sich für etwas anzustrengen, worunter auch die Leistungsfähigkeit leidet. Die Mischung aus fehlender Motivation und niedrigem Selbstwertgefühl führt dann dazu, dass sich die Betroffenen schlecht anpassen können und Schwierigkeiten damit haben, mit der Realität umzuge- hen. Opitz spricht von ”Wunschfantasien“, die sich in Form von extremen Ansprüchen, ”Bequemlichkeitshaltungen“ und ich bezogenem Verhalten der Kinder darstellen(vgl. ebd.).
Ein falsches Verständnis von Berechtigung und das früh ausgebildete Bewusstsein über die eigene Privilegiertheit, mit der die Jugendlichen aufwachsen, geben ihnen ein verzerrtes Bild über ihre Wichtigkeit in der Welt (vgl. LeBeau 1988 : 427 ). In Restau- rants, Geschäften, Hotels etc. erwarten vermögende Personen häufig die gleiche Be- handlung, die sie aus ihrer Kindheit und Jugend gewohnt sind (vgl. O’Neill 1997 : 45 ). Daneben mangelt es ihnen oft an ehrlichem, liebevollem Feedback, da die Menschen in ihrer Umgebung mögliches unangemessenes Verhalten ignorieren, um von ihrem Geld zu profitieren. O’Neill bezeichnet solche Personen als ”Anhängsel“undalseinenvon vielen potentiellen Auslösern für eine innere Leere bei den Vermögenden (vgl. ebd.). Es ist selbstredend, dass gesunde, aufrichtige Beziehungen für ein zufriedenes Inneres wichtig sind. Fehlt es einer vermögenden Person an Beziehungen dieser Art und der Förderung eines starken Selbstwertgefühls, versucht sie die Leere mit den zahlreichen Möglichkeiten, die ihr ihr Wohlstand und Status erlaubt, zu füllen. Sie verlässt sich also stark auf Äußerlichkeiten (vgl. LeBeau 1988 : 427 ).
LeBeau berichtet von einem Schüler, der von seinem Englischlehrer zu Wortarten befragt wurde. Daraufhin hat der Schüler gesagt: ”Look,I’m wearing OPs and a Lau-ren t-shirt, do I look like I’ll ever have to know the parts of speech?“ (LeBeau 1988 : 428). Innerhalb ihrer Familien müssen solche Kinder keine notwendigen Funktionen und häuslichen Pflichten erfüllen, in der Regel, weil alles von Angestellten erledigt wird. Alle lebensnotwendigen Güter und Dienstleistungen werden gekauft (vgl. ebd.). Wenn es doch von den Eltern auferlegte Pflichten gibt, dienen sie ausschließlich der Charakterbildung und sind darüber hinaus gegenstandslos. Nützliche Arbeiten werden von reichen Kindern meistens nicht verlangt - sie lernen stattdessen Tennis, Musikinstrumente, Tanzen oder sogar Charme; alles, was sie für die Familie dekorativer und gesellschaftsfähiger macht. Häufig sind diese Kinder depressiv, weil sie sich dadurch erneut darin bestätigt fühlen, überflüssig zu sein. Sie fühlen sich dazu benutzt, den Familienstolz zu steigern (Pittman 1985: 3). Ihnen ist bewusst, dass sie im Wesentlichen „Ornamente am Familienstammbaum“ sind (LcBeau 1988: 428). Es ist also ihr Wohlstand im Allgemeinen, der die „geerbten“ psychischen Störungen ernährt und zusammen mit ihnen häufig zu Sucht- und Zwangsverhalten führt (vgl. O'Neill 1997: 45.; Zöllner 1997: 146). Dieses Verhalten kann sich in Spielsucht, Kaufsucht, Drogensucht und Alkoholabhän- gigkeit sowie anderem Verhalten, was das Benutzen großer Summen an Geld beinhaltet, ausdrücken. Außerdem sind dies individuelle Bewältigungsstrategien für den Umgang mit Frustration im Alltag und die Unfähigkeit, auf Belohnung zu warten (vgl. O’Neill 1997: 45; Zöllner 1997: 141). Mit so einem Verhalten kann aber auch der Wunsch zum Ausdruck gebracht werden, mehr als ein Schmuckstück am Stammbaum zu sein, was sie durch Substanzengebrauch, Kriminalität, Magersucht, Depression und Suizid beweisen (LeBeau 1988: 428).
Das größte Hindernis für reiche Kinder könnte nicht ihr Geld, sondern vielmehr die Pathologie ihrer Eltern sein. In den Reihen der Reichen finden sich die erfolgreichsten Mitglieder der Gesellschaft, allerdings auch die seltsamsten und fragwürdigsten. Festzuhalten ist, dass es keine Korrelation zwischen den notwendigen Fähigkeiten, zu Reichtum zu kommen, und den Fähigkeiten, Kinder zu erziehen, gibt und sich die Eigenschaften, die eine erfolgreiche Person besitzt, zum Teil negativ auf ihre Kinder auswirken, wie bereits in Kapitel 2.2.1 erläutert wurde.
Es gibt eine unbegrenzte Zahl an Möglichkeiten, reich zu werden. Nach Pittman (1985) gibt es drei Kategorien, in die diese Möglichkeiten fallen: Entweder (1) gibt einem jemand den Reichtum, (2) man erhält ihn durch Glück oder (3) man kämpft um ihn (vgl. ebd. 3).
(1) Im ersten Fall ist Reichtum ein Geschenk, an das man durch Heirat oder Erbe herankommt. Eltern aus reichem Hause mögen das typische ”reiche Kind“-Syndromin sich tragen, einer modischen Untätigkeit und Isolation von der Wirklichkeit. Darüber hinaus konsumieren sie eher, als zu produzieren. Solange sie ihr Geld zusammenhal- ten, ist es wahrscheinlich, dass sie eine weitere Generation heranziehen, die genauso ist wie sie. Falls sie es nicht schaffen, ihr Vermögen zu halten, könnten sie Schwierigkeiten haben, ihren Kindern zu zeigen, wie sie es zurückgewinnen können, da verarmte vorneh- me Gesellschaften dafür bekannt sind, die Einstellungen und Insignien des Wohlstands zu bewahren, ohne die erforderlichen Mittel zu besitzen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Kinder dann zu ähnlich anspruchsvollen, inkompetenten Wesen (vgl. ebd.).
( 2 ) Wenn eine Familie durch Glück an ihr Vermögen gekommen ist, kann es sein, dass die Familie in kürzester Zeit durch ihr Vermögen eilt und niemandem einen Schaden anrichtet. Wenn der Grund für das Vermögen z. B. die Entdeckung vonÖl war oder das Autobahnkreuz auf dem Bauernhof der Familie gebaut wurde, wird das Vermögen blindem Zufall zugeschrieben und nicht einer einzelnen Person und ihren Eigenschaften. In Fällen wie diesen werden die schädlichen Folgen von Reichtum erst viele Jahre, wenn nicht eine ganze Generation, später spürbar. Schlechtes Gewissen, Neid und Isolation von früheren Freunden können schon früher auftreten, aber die Selbstgerechtigkeit und das Gefühl von Berechtigung zu allem, entwickelt sich langsamer. Pittman erklärt diesen von allen Wegen, an Reichtum gekommen zu sein, als am wenigsten schädlich für Kinder, weil sie hier keine Berechtigung für das Gefühl haben, den Reichtum verdient zu haben und deswegen einen besonderen Status genießen zu dürfen. Außerdem haben ihre Eltern keine Sonderbefugnisse, durch die das Vermögen verdient wurde. Aus diesem Grund verspüren die Kinder weder das Bedürfnis, selbst außergewöhnlich sein zu müssen und noch Scham, wenn ihnen bewusst wird, dass sie es nicht sind. Falls Eltern ihr Vermögen als eigenen Verdienst ansehen, ist es möglich, dass sie ihren Kindern diese Einstellung weitergeben. In keinem Fall können solche Eltern ihren Kindern aber beibringen, wie sich der Erfolg wiederholen lässt (vgl. ebd.: 4).
(3) Nach Pittman stellen Eltern, die aus eigener Kraft reich geworden sind, die Grup- pe dar, die am wenigsten dazu in der Lage ist, Kinder zu erziehen. In dieser Gruppe befinden sich oft Menschen, die wenig Talent haben, dieses aber mit voller Hingabe vermarkten. Diese Eigenschaft hängt häufig mit einer Zielstrebigkeit zusammen, die dazu tendiert, zeitaufwändige Beziehungen mit weniger spezialisierten Personen wie Ehepartnern und Kindern auszusparen. Oftmals sind diese Menschen äußerst wettbe- werbsorientiert und damit intolerant. Des Weiteren nehmen sie Erfahrungen weniger als Abenteuer, sondern als Chance wahr und andere Menschen als Konkurrenten, In- strumente oder Hindernisse. Wärme, Leidenschaft, Humor oder die Wahrnehmung der schönen Natur kommen bei diesen Menschen manchmal erst spät im Leben - wenn überhaupt. Der Antrieb, sich zu messen, kann so intensiv und fesselnd sein, dass es nur wenig Zeit und keine Toleranz für Kinder gibt (vgl. ebd.).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kinder aus einem reichen Elternhaus häufig ein Empfinden über ihre eigene Wichtigkeit entwickeln und sich über ihren Status in der Gesellschaft bewusst werden. Häufig weisen sie ein falsches Verständnis von Berech- tigung auf, wodurch sie Ansprüche allein aufgrund ihres Vermögens erheben. Darüber hinaus fühlen sie sich viele wie Ausstellungsstücke ihrer Familien, wodurch sie viel Ener- gie in ihr Aussehen und Image investieren (vgl. ebd.). Gleichzeitig fühlen sie sich oft nicht geliebt und einsam und haben manchmal ihr ganzes Leben lang das Gefühl, nicht genug zu leisten, zu wenig Erfolg zu haben oder wissen nicht, wie sie ihre Zeit ausfüllen sollen.
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