Bachelorarbeit, 2015
49 Seiten, Note: 1,0
Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Thematisches Schlagwortverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Begriffliche Einführung und Abgrenzung
2 Projektportfoliomanagement
2.1 Ziele und Aufgaben
2.2 Prozesse und Vorgehen
2.2.1 Strategische Überlegungen
2.2.2 Kriterien zur Projektbewertung
2.2.3 Anforderungen an Projektbewertungsmodelle
2.2.4 Projektbewertung und Portfolioselektion
a) Eindimensionale Bewertungmodelle
b) Komparative Bewertungsmodelle
c) Mehrdimensionale Bewertungmodelle
2.2.5 Projektportfoliocontrolling
2.3 Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
3 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang A: Einordnung des PPM
Anhang B: SWOT-Analyse
Anhang C: BCG-Portfolio
Anhang D: Balanced Scorecard
Anhang E: Risikomatrix
Anhang F: Arten von Interdependenzen
Anhang G: Modelle der statischen Investitionsrechnung
Anhang H: Internal Rate of Return
Anhang I: Paarweiser Vergleich
Anhang J: Vorgehen und Berechnung AHP
Anhang K: Axiome AHP
Anhang L: Scoringmodelle
Abbildung 1: Strategieprozess
Abbildung 2: Arten von Projektbewertungsmodellen
Abbildung 3: Paarweiser Vergleich anhand der Dringlichkeit
Abbildung 4: Hierarchie nach AHP
Abbildung 5: AHP Vorgehen
Abbildung 6: Portfoliomodell
Abbildung 7: Einordnung des PPM
Abbildung 8: SWOT-Analyse
Abbildung 9: BCG-Portfolio
Abbildung 10: Balanced Scorecard
Abbildung 11: Risikomatrix
Abbildung 12: Beispiel Scoringmodell
Abbildung 13: Scoringmodell nach Buddensiek und Schimmel xxviii
Tabelle 1: Matrix für den paarweisen Vergleich
Tabelle 2: AHP: Paarvergleichs-Matrix für Gewichtungsfaktoren der Kriterien
Tabelle 3: AHP: Mögliche Bewertungen
Tabelle 4: AHP: Beispiel zur Bewertung von Kriterien
Tabelle 5: AHP: Division der Matrixelemente durch die Spaltensummen
Tabelle 6: AHP: Addition der Zeilenelemente und Division durch die Anzahl
Tabelle 7: AHP: Paarvergleichs-Matrix zur relativen Bewertung der Projekte
Tabelle 8: Scoringmodell: Auswertung und Ableitung der Prioritäten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Adaptivität
Balanced Scorecard
Berücksichtigung multipler Ziele
Business Value
Datenverfügbarkeit
Dringlichkeit
Du-Pont-Schema
Dynamische Modelle der Investitionsrechnung
Economic Return
Einbindung von Risiken
Eindimensionale Bewertungsmodelle
Einfachheit
Geschäftsfeld-Ressourcen-Portfolio
Internal Rate of Return
Investitionsrechnung
Komplexität
Konsistenzprüfung
Kostenvergleichsrechnung
Marktattraktivität-Wettbewerbsvorteil-Portfolio
Marktwachstum
MPM-Performance-Index
Multiprojektmanagement
Net Present Value
Paarweiser Vergleich
Portfolio-Analyse
Portfoliomodell
Portfoliotheorie
PPM-Governance
Programm
Projekt
Projektmanagement
Projektportfoliocontrolling
Projektportfoliomanagement
Relativer Marktanteil
Resource-Based View
Ressourcenintensität
Risiko
Scoringmodell
Statische Modelle der Investitionsrechnung
Strategische Planung
Strategischer Nutzen
SWOT-Analyse
Technologie-Portfolio
Vision
Werttreiberhierarchie
Wettbewerbsposition-Marktlebenszyklus-Matrix
“The essence of strategy is choosing what not to do.” - Michael E. Porter (1996, S. 70)
In Zeiten immer kürzer werdender Produktlebenszyklen und fortschreitender Globalisie- rung sehen sich Unternehmen dem stetig steigenden Wettbewerbsdruck um wichtige Marktanteile ausgesetzt (vgl. Jaspers, 2008). Um Entwicklungs- und Einführungszeiten („time-to-market“) von Produkten und Dienstleistungen zu optimieren, schnellstmög- lich auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren zu können und so den Unterneh- menserfolg langfristig zu sichern, benötigt es die Entwicklung und kontinuierliche An- passung der richtigen Strategie sowie deren erfolgreiche Umsetzung (vgl. Hirzel, 2011). Die Implementierung von strategisch relevanten Vorhaben findet immer häufiger in Form von Projekten statt, aber auch bei operativen Dringlichkeiten wie zum Beispiel der Erfüllung von Gesetzes- oder Revisionsvorschriften wird Projektarbeit zunehmend beliebter (vgl. Kunz, 2007).
Da in Unternehmen die Anzahl der Projektideen jedoch oft deutlich höher ist, als es die meist limitierten Ressourcen zulassen, müssen Projekte geschickt ausgewählt und prio- risiert werden, um ein möglichst effektives Portfolio an Projekten zusammenzustellen und eine adäquate Verteilung der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu gewährleis- ten (vgl. Archer & Ghasemzadeh, 1999). Beispielsweise werden bei der Siemens AG jährlich mehr als 40.000 Projekte von über 15.000 Projektmanagern gestartet, welche etwa 50 Prozent des Geschäftsvolumens ausmachen (vgl. Steeger, 2010). So gehört das Management der immer größer und komplexer werdenden Projektlandschaften mittler- weile zu den Kernkompetenzen projektorientierter Unternehmen (vgl. Kock et al., 2012). Denn durch frühzeitige Identifizierung von Interdependenzen zwischen den Ein- zelprojekten und der Nutzung von potenziellen Synergieeffekten sowie der Auswahl und Priorisierung der „richtigen“ Projekte, kann ein deutlicher Mehrwert generiert und Doppelarbeit vermieden werden (vgl. Hirzel, 2011).
In diesem Zusammenhang gewinnt das Projektportfoliomanagement (PPM) zunehmend an Bedeutung (vgl. Killen et al., 2008). Die Zusammensetzung, Abstimmung und gege- benenfalls die Anpassung der Projektauswahl im Sinne eines Projektportfolios spielen dabei die zentrale Rolle, um einen Fit zwischen der Summe der Einzelbeiträge der Projekte und den angestrebten strategischen Zielen des Unternehmens sicherzustellen (vgl. Ahlemann et al., 2013).
Ziel dieser Bachelorthesis ist es, die Forschungsfrage „Anhand welcher Kriterien und Modelle bewerte, selektiere und priorisiere ich Projekte, um meine Unternehmensstra- tegie effektiv zu realisieren?“ zu beantworten. Im Rahmen dessen werden die einzelnen Prozessstufen des PPM beschrieben und Vorgehen aufgezeigt, um das bestmögliche Portfolio an Projekten für ein Unternehmen in Hinsicht auf die Erreichung der strategi- schen Unternehmensziele zusammenzustellen. Der Fokus liegt dabei auf der Projektbe- wertung und -priorisierung. Hierzu wird ein Überblick über die praxisrelevantesten Mo- delle der objektiven Projektbewertung gegeben, Anforderungen ausfindig gemacht so- wie Vor- und Nachteile aufgezeigt.
Des Weiteren werden Erfolgsfaktoren herausgearbeitet und der Mehrwert durch ein erfolgreich implementiertes und umgesetztes PPM für ein Unternehmen herausgestellt.
Kapitel 1.4 definiert einführend grundlegende Begriffe des Projektmanagements (PM) und grenzt diese voneinander ab. Im zweiten Kapitel werden zunächst die Ziele und Aufgaben des PPM aufgeführt. Folgend wird der PPM-Prozess stufenweise beschrie- ben. Wichtige Kriterien zur Bewertung und Priorisierung von Projekten werden aufge- führt und ausgewählte Modelle der Projektbewertung unter verschiedenen Gesichts- punkten veranschaulicht und beurteilt. Meinungen aus Wissenschaft und Praxis werden berücksichtigt, um Herausforderungen zu deduzieren, Erfolgsfaktoren ausfindig zu ma- chen und diese anhand empirischer Studien zu untermauern. Die Arbeit schließt mit einem Fazit und Ausblick.
Ein Projekt ist ein meist risikobehaftetes Vorhaben mit einer gewissen Komplexität, das einen bestimmten Zweck verfolgt und mit dessen Erreichung endet. Nach dem Deutschen Institut für Normung (DIN) kennzeichnet sich ein Projekt „im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit“ (DIN 69909-1, 2009, S. 11), wobei die Zielvorgabe, finanzielle, personelle und sonstige Beschränkungen sowie eine projektspezifische Organisationsform als Beispiele genannt werden. Projekte werden im Rahmen eines Projektmanagements verwaltet, welches nach dem britischen Standard PRINCE2 die „Planung, Delegierung, Überwachung und Steuerung aller Aspekte eines Projekts“ (Office of Government Commerce, 2009, S.16) sowie die Motivation der Projektmitarbeiter beinhaltet.
Mehrere interdependente Projekte mit einem übergreifenden Ziel werden oft zu einem Programm gebündelt und kollektiv gesteuert. Dabei ist ein Programm lebenswegsorientiert, d. h. es endet mit der Fertigstellung bzw. der Erreichung der Ziele (vgl. DIN 69909-1, 2009 und ISO 21500:2012, 2012).
Fasst man sämtliche bzw. einen Großteil der Projekte und Programme einer Unterneh- mung zusammen, ergibt sich ein Portfolio, welches durch das Projektportfolioma- nagement strategisch an den Unternehmenszielen ausgerichtet wird. Dabei versteht sich das PPM als permanente, übergeordnete Instanz zur kontinuierlichen Planung, Steue- rung, Kontrolle und Anpassung des Projektportfolios, wobei in regelmäßigen Zyklen über die Aufnahme und Priorisierung von Projektanträgen sowie über den Abbruch nicht rentabler Projekte entschieden wird (vgl. DIN 69909-1, 2009 und Seidl, 2011). Das PPM wird direkt aus der Strategie abgeleitet und steht damit über dem Programm- und dem Einzelprojektmanagement (vgl. Anhang A). Begrifflich muss zudem das Mul- tiprojektmanagement (MPM) abgegrenzt werden, wobei es dazu unterschiedliche Meinungen in Literatur und Wissenschaft gibt: Laut DIN bildet das MPM eine überge- ordnete Metaebene und umfasst Projekt-, Programm- und Projektportfoliomanagement. In anderen Quellen wird das MPM synonym für das Programmmanagement verwandt oder unter „strategischem MPM“ als Äquivalent für das PPM genutzt (vgl. Lomnitz, 2013 und Rajegopal et al., 2007). In dieser Arbeit wird das MPM als Synonym für das Programmmanagement aufgefasst und als Begrifflichkeit aufgrund ihrer redundanten Bedeutung außen vor gelassen.
Wie erreicht ein Unternehmen seine Ziele? Laut Hamel und Prahalad werden Ziele durch die Konzentration der Ressourcen um die strategischen Ziele, deren Ergänzung untereinander, den schonenden Umgang damit und die schnellstmögliche Rückgewin- nung der Ressourcen vom Markt erreicht. Jedoch garantiert ein reichliches Kontingent an Ressourcen allein der Unternehmung nicht die Führerschaft im steigenden Wettbe- werbskampf (vgl. Hamel & Prahalad, 1992). Vielmehr gewährleistet die effektive Aus- richtung der Projekte entlang der Unternehmensziele, strategische Selektion, Genehmi- gung und Aufnahme von Projektideen in das Portfolio, die Planung neuer und die Steu- erung kontemporärer Projekte sowie die Abnahme und Bewertung abgeschlossener Pro- jekte den Erfolg der Unternehmung (vgl. Sterrer, 2014). Wie entscheide ich jedoch, welche Projekte durchgeführt werden? Anhand welcher Kriterien verteile ich Unter- nehmensressourcen? Wie steuere ich mein Projektportfolio als Gesamtheit und berück- sichtige interdependente Abhängigkeiten zwischen den Einzelprojekten bestmöglich? PPM versucht, diese Fragestellungen objektiv und nachvollziehbar zu beantworten, in- dem es für eine übergreifende Planung und Steuerung der meist komplexen Projektland- schaft sorgt (vgl. Cooper et al., 1999). Schlussendlich steht die Maximierung von Erträ- gen und Minimierung von Risiken im Vordergrund bzw. die „Auswahl der Projekte, die einen optimalen Nutzen des eingesetzten Kapitals und der eingesetzten Ressourcen er- geben“ (Burgey, 2008, S. 176), wobei die Diversifikation der Risiken, der Realisie- rungsphasen und der behandelten Themen angestrebt wird (vgl. Schott & Campana, 2005). Weitere Ziele sind die Barwertmaximierung, Risiko- und Kostenminimierung und eine optimale Auslastung der Kapazitäten (vgl. Kolisch et al., 2008). Das PPM soll ein praktikabler Prozess sein, der eine zuverlässige Zielerreichung durch Auswahl der Projektideen mit dem höchsten Wertbeitrag in strategischer und wirtschaftlicher Hin- sicht gewährleistet. Dabei sollen die Projekte eindeutig und objektiv priorisiert werden, wobei verschiedene vordefinierte Kriterien berücksichtigt werden (siehe Kapitel 2.2.2) und die Zusammenstellung des Portfolios für alle Beteiligten nachvollziehbar ist. Es ist wichtig, dass Veränderungen frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden, der Prozess rollierend ist und es jederzeit möglich ist, das Portfolio anzupassen, neue Projekte auf- zunehmen und unrentable Projekte abzubrechen (vgl. Burgey, 2008).
Zu Beginn des PPM-Prozesses steht die Auseinandersetzung mit der Strategie (Archer & Ghasemzadeh, 1999). Die strategische Planung betrifft die Unternehmensleitung (vgl. Haake, 1987 und Voigt, 1992) und geschieht in mehreren Phasen: Zunächst setzt sich das strategische Management mit den allgemein gültigen Grundsätzen sowie der daraus abgeleiteten Vision des Unternehmens auseinander, also dem Zustand, den das Unter- nehmen langfristig anstrebt. Grundsätze sind beispielsweise „Angaben zur Unabhängig- keit, Innovationspolitik und zur Orientierung am Kerngeschäft“ (Pricewaterhouse- Coopers, 2010, S. 13), die Vision beinhaltet darüber hinaus auch quantitative Aspekte. Anschließend folgt die strategische Analyse der internen und externen Ist-Zustände. Hierzu eignen sich beispielsweise Marktanalysen zu Trends und Entwicklungen, Bran- chenstrukturanalysen zu Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern, aber auch eine SWOT-Analyse (siehe Anhang B), um die eigenen Stärken und Schwächen ausfindig zu machen sowie die daraus resultierenden Chancen und Risiken zu konkludieren. 55 Prozent der befragten Unternehmen in einer Studie der PwC AG gaben an, dass SWOT- Analysen in ihrer strategischen Planung eine große bis sehr große Rolle spielen (vgl. PricewaterhouseCoopers, 2010, Befragung von 423 Führungskräften deutscher Unter- nehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern). Ist die eigene Position geklärt, werden im Rahmen der Strategieentwicklung Ziele definiert und Maßnahmen entwickelt, sowie deren Umsetzung in Form von Kennzahlensystemen quantifiziert und kontrolliert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Strategieprozess
(eigene Darstellung in Anlehnung an PricewaterhouseCoopers, 2010, S. 13)
Zu diesem Zweck haben sich vor allem das BCG Portfolio (auch Marktwachstums- Marktanteil-Portfolio) der Boston Consulting Group zur Konzeption und die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan und Norton zur Operationalisierung der Strategie und der Performancemessung entsprechender Maßnahmen etabliert.
Das BCG-Portfolio kombiniert die interne Unternehmensanalyse mit der Betrachtung der externen Unternehmensumwelt und hilft bei der Bewertung und Ausrichtung von strategischen Geschäftseinheiten in Bezug auf die unternehmerischen Prioritäten. Einer Studie von Coenenberg und Günther aus dem Jahre 1990 zufolge, ist das BCG-Portfolio der am häufigsten eingesetzte Portfolio-Ansatz unter deutschen Unternehmen (72 Pro- zent der befragten Unternehmen gaben an, das BCG-Portfolio zu verwenden), sowie auch im englischsprachigen Raum weit verbreitet (vgl. Morrison & Wensley, 1991 und Slater & Zwirlein, 1992). Angelehnt an die Portfoliotheorie von Nobelpreisträger Harry M. Markowitz aus dem Jahre 1952 zur Zusammensetzung eines Wertpapierportfolios werden hier die Forderungen nach Gewinnmaximierung bei gegebenem Risiko und Ri- sikominimierung bei gegebener Gewinnrate gestellt (vgl. Markowitz, 1952). Adaptiert für die Geschäftsstrategie wird im BCG-Portfolio die strategische Entscheidungsaufga- be durch Dekomposition in einzelne strategische Geschäftsfelder zerlegt und ein Gleichgewicht von Gewinn- und Risikoerwartung über alle strategischen Geschäftsfel- der angestrebt. Die externe Seite wird durch das Marktwachstum beschrieben, „quantifi- ziert als Zunahme des Umsatzes auf einem bestimmten Markt innerhalb eines festgeleg- ten Zeitpunktes“ (Bea & Haas, 2009, S. 149), die internen Aspekte mit dem Kriterium des relativen Marktanteils. So werden die strategischen Geschäftseinheiten der Unter- nehmung anhand der Cash Flows in vier Kategorien eingeteilt und bewertet (siehe An- hang C):
- „Poor Dogs“ (auslaufende Bereiche),
- „Cash Cows“ (Bereiche, die hohe Cash Flows generieren),
- „Question Marks“ (Nachwuchsbereiche),
- „Stars“ (vielversprechendste Bereiche).
Nach der Einkategorisierung der Geschäftseinheiten in das Portfolio kann ein Unter- nehmen Handlungsbedarfe ableiten, z. B. Investitionen in neue Geschäftsfelder und Wachstumsvorhaben, aber auch die Verteilung von Ressourcen auf die „relevanteren“ Geschäftsbereiche (vgl. Dalton & Kesner, 1985). Das BCG-Portfolio überzeugt durch seine Einfachheit und Nachvollziehbarkeit und lässt so einfach Handlungsstrategien aufzeigen, jedoch werden wichtige Parameter außen vor gelassen und viele Einflussfak- toren nur durch die beiden gegebenen Kriterien versucht zu kompensieren. Als Alterna- tiven zum BCG-Portfolio bietet sich zum Beispiel das Marktattraktivität- Wettbewerbsvorteil-Portfolio von McKinsey & Company in Kooperation mit General Electric an. Dieses besteht aus neun statt vier Feldern und bezieht deutlich mehr Fakto- ren mit ein. Diverse Kriterien werden zu den Dimensionen Marktattraktivität auf der Ordinate für die externe Sicht und dem relativen Wettbewerbsvorteil auf der Abszisse für die durch das vom Unternehmen beeinflussbaren Parameter kumuliert. Zudem wird hier als Zielgröße nicht der Cash Flow, sondern der Return on Investment gewählt (vgl. Pick & Sträter 2005). Weitere absatzmarktorientierte Alternativen sind die Wettbe- werbsposition-Marktlebenszyklus-Matrix von Arthur D. Little oder ressourcenorientier- te Portfolios wie bspw. das Geschäftsfeld-Ressourcen-Portfolio von Albach und das Technologie-Portfolio von Pfeiffer (vgl. Hahn, 1990).
Zur Strategieimplementierung hat sich vor allem die Balanced Scorecard (BSC) be- wiesen. Studien zeigen, dass die BSC das dominante Tool des Performancemanagement und der Strategieimplementierung ist (vgl. Marr & Schiuma, 2003 und Smith, 2005). 60 Prozent der Fortune 1000 Unternehmen (umsatzstärkste amerikanische Unternehmen) (vgl. Silk, 2008) geben an, die BSC ausprobiert zu haben und auch 57 Prozent der Un- ternehmen in Großbritannien berichten, diese zu verwenden (vgl. Speckbacher et al., 2003), Tendenz steigend (vgl. Norreklit, 2000). Die BSC bricht die Vision und Strategie der Unternehmung in vier Schlüssel-Perspektiven herunter (vgl. Kaplan & Norton, 1992):
- Finanzperspektive,
- Kundenperspektive,
- Perspektive der internen Prozesse,
- Potenzialperspektive
(vgl. Kaplan and Norton, 2001, siehe Anhang D). Die Balance in der Scorecard entsteht dabei durch die Betrachtung aller vier Perspektiven und ihrer Ursache-Wirkungs- Beziehungen gemeinsam unter ausgewogener Berücksichtigung sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Ziele, Erfolgskennzahlen und operativer Leistungstreiber, monetärer und nicht-monetärer Kennzahlen sowie harter und weicher Faktoren. Mittels der Formu- lierung von Zielen, entsprechenden Kennzahlen und angestrebten Zielgrößen sowie konkreter Maßnahmen zu deren Erreichung je Perspektive, werden die strategischen Ziele operationalisiert und die Erreichung quantifiziert (vgl. Eccles, 1991 und Fitzgerald et al., 1991). Aus den Maßnahmen lassen sich strategisch wichtige Projekte ableiten, sodass die Verbindung zur operativen Implementierung der Strategie gezogen werden kann. Vorteile der BSC sind die Verständlichkeit und Messbarkeit der Zielerreichung. Jedoch ist die Implementierung und Nutzung der BSC zeit-, arbeits- und kostenintensiv (vgl. Barthélemy et al., 2011). Wahlweise können auch Werttreiberhierarchien (vgl. weiterführend hierzu Weber & Schäffer, 1999a) oder das Du-Pont-Schema (vgl. weiter- führend hierzu Weber & Schäffer, 1999b) des gleichnamigen Chemiekonzerns mit Fo- kus auf der Grenzrendite (Return on Investment) verwendet werden (vgl. Sandt, 2005).
Im nächsten Schritt werden zunächst alle Projektideen definiert, gesammelt und einzeln bewertet. Dabei gilt es, diverse Kriterien zu beachten und zu bewerten, die im Folgenden vorgestellt werden (vgl. weiterführend hierzu Baker & Freeland, 1975):
- Der Economic Return beschreibt den wirtschaftlichen Ertrag (vgl. Martino,
1995) eines Projektes und wird anhand klassischer finanzwirtschaftlicher Kenn- zahlen gemessen. Hierzu eignen sich beispielsweise der Kapitalwert (Net Present Value, NPV), der die Summe der diskontierten Cash Flows eines Projek- tes darstellt oder der Return on Original Investment, der den Gewinn ins Ver- hältnis zum eingebrachten Kapital setzt. Alternativen dazu stellen die interne Zinsfuß-Methode (Internal Rate of Return), die die Rendite den Kapitalzinsen inklusive Risikoaufschlag gegenüberstellt, oder auch das Capital Asset Pricing Model dar. Umfragen ergaben, dass der Trend hierbei weg vom internen Zinsfuß hin zur Kapitalwertmethode geht (vgl. Remer et al., 1993).
- Strategischer Nutzen: Werden Projekte aus den strategischen Überlegungen abgeleitet, stellt sich die Frage nach der Strategiekonformität bzw. dem Business Alignment. Wenn die Unternehmung Projekt A durchführt, welcher strategische Mehrwert kann dadurch generiert werden? Was ist der quantitative Beitrag des Projekts zur Erreichung der strategischen Ziele wie beispielsweise Produktdiver- sifizierung, Marktanteil etc. (vgl. Kolisch et al., 2008)? Dabei spielen Aspekte wie die direkte und indirekte Unterstützung von kritischen Erfolgsfaktoren oder aber die Förderung von analysierten Stärken und Chancen bzw. die Behandlung von Schwächen und Gefahren mit ein. Des Weiteren können einzelne Teilaspek- te der strategischen Ziele untersucht werden und die Einzelprojekte par exemple in Bezug auf Innovationspotenzial, Kostenreduktion oder Optimierung von Geschäftsprozessen bewertet werden, um den strategischen Beitrag jedes einzelnen Projektes quantifizierbar zu machen (vgl. Baumöl, 2007). Messbar ist der strate- gische Nutzen bspw. durch die Auswirkungen, die entstehen, wenn das Projekt unterlassen wird. Je schlimmer der Schaden, umso strategisch wichtiger das Pro- jekt (vgl. Burgey, 2008).
- Die operative oder zeitliche Dringlichkeit eines Projektes gibt an, wie notwen- dig ein Projekt für die Prozesse des Unternehmens ist und wird auf einer metrischen Skala gemessen. Wie groß ist der strategische und wirtschaftliche Nachteil, wenn die Unternehmung das Projekt nicht sofort durchführt? Welche fachlichen, regulatorischen oder rechtlichen Anforderungen bestehen an das Projekt? Externe Einflüsse wie gesetzliche Vorgaben oder Revisionsvorschriften führen in der Regel zu einer sehr hohen Dringlichkeit. Aber auch beobachtbare Aktivitäten der konkurrierenden Unternehmen, die die eigene Entwicklung unter Zeitdruck setzt, erhöhen die Dringlichkeit (vgl. Hirzel, 2011).
- Das Risiko (Volatilität) stellt die Möglichkeit dar, dass ein Ereignis unter Unsi- cherheit entweder positiv oder negativ ausgehen kann. Anders als in einem In- vestitions-Portfolio bietet ein risikobehaftetes Projekt in der Regel keinen höhe- ren Nutzen und macht das Projekt damit nicht in Abhängigkeit der Risikopräfe- renzen attraktiver. Ein risikobehaftetes Projekt ist in der Regel weniger attrak- tiv, da ein höheres Risiko dazu führt, „dass die Wahrscheinlichkeit eines Ab- bruchs steigt, dass Kosten oder Dauer oder beides sich erhöhen, dass der Nutzen nicht eintritt wie geplant oder Qualität bzw. Funktionalität leiden“ (Burgey, 2008, S. 180). Messbar ist das Risiko beispielsweise mit dem „Risk Exposure“, der den Schadenserwartungswert eines Projektes angibt, verursacht durch bspw. Budgetüberschreitungen oder Umsatzeinbußen (vgl. Kolisch et al., 2008). Auch die Risikomatrix hat sich zur Einstufung von Risiken bewährt (Buddensiek und Schimmel, 2014, siehe Anhang E).
- Die Ressourcenintensität (vgl. Baker & Freeland, 1975) beschreibt die Menge an Ressourcen, die für ein Projekt benötigt werden. Nach Wernerfelts „Re- source-Based View“ (1984) stellt die Qualität der Ressourcen den entscheiden- den Faktor dar, der den Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen garantiert (vgl. hierzu weiterführend Priem & Butler, 2001 und Barney, 2001).
Prozesse und Vorgehen 10
Ressourcen unterscheiden sich in handelbare und nicht-handelbare Ressourcen und lassen sich wie folgt einkategorisieren:
- monetäre (Budgets, Fremdkapital vs. Eigenkapital),
- personelle (Mitarbeiter und deren Qualifikationen),
- physische (Gebäude, Anlagen),
- wissensbasierte (Forschungsergebnisse, Informationssysteme, spezielles
Know-how) Ressourcen (vgl. Wrase, 2010 und Wernerfelt, 1984).
Des Weiteren kann unter diesem Kriterium auch die Zeit des Projektes aufgeführt werden, die in Anspruch genommen wird, bis der erwartete Nutzen realisiert ist („time-to-market“) (vgl. Burgey, 2008).
- Die Komplexität eines Projektes stellt ein weiteres zu beachtendes Kriterium dar. Messbar ist die Komplexität bspw. über die Dynamik eines Projektes im Sinne von häufigen Änderungen der Rahmenbedingungen (z.B. Budget, Dauer, Scope) (vgl. Probst & Ulrich, 1991), interdependente Relationen (siehe Anhang F), Schnittstellen zu anderen Projekten und mögliche bekannte Probleme bei der Realisation des Projektes.
Projektbewertungsmethoden müssen Anforderungen verschiedener Zielgruppen erfül- len. Das Management hat die Anforderung, die verfügbaren Mittel bestmöglich zu in- vestieren und schnell auf sich ändernde Bedingungen zu reagieren. Aus Sicht des Con- trollers oder Projektportfolio-Managers wird ein einfacher Bewertungsprozess ge- wünscht, der Transparenz und Nachvollziehbarkeit bietet. Die Fachabteilungen, die die Projekte durchführen, fordern eine faire Bewertung der Projekte und ein ausgewogenes Portfolio, sodass nicht nur Abteilungen mit Projekten von strategisch höchster Bedeu- tung ihre Anliegen genehmigt bekommen (vgl. Burgey, 2008). Poh et al. (2001) stellen in einer Analyse von Bewertungsmethoden folgende Anforderungen an die Modelle:
- Berücksichtigung multipler Ziele: Es sollte möglich sein, mehrere Ziele gleichzeitig in einem Modell einzubringen.
- Einbindung von Risiken: Unsicherheiten sollten berücksichtigt werden können.
- Einfachheit: Das Modell sollte einfach in der Anwendung sein und verständli- che und nachvollziehbare Ergebnisse liefern, welche eine leichte Interpretation erlauben.
- Datenverfügbarkeit: Des Weiteren stellt sich die Frage nach der Art der benö- tigten Daten: Nimmt das Modell quantitative, qualitative oder beide Arten von Daten in Anspruch? Sind die benötigten Daten verfügbar oder leicht zu beschaf- fen?
- Adaptivität: Das Modell sollte an die jeweiligen Unternehmensanforderungen und diverse Situationen anpassbar sein.
- Kosten: Die Kosten sowie der Zeitaufwand sollten möglichst gering sein.
Nun werden die Projekte bewertet und miteinander verglichen mit dem Ziel, ein ausge- wogenes Portfolio mit den „richtigen“ Projekten zusammenzustellen. Bewertungsmo- delle unterscheiden sich nach der Ein- oder Mehrdimensionalität, der quantitativen oder qualitativen Ausrichtung und der Monetarität bzw. Nicht-Monetarität (vgl. Remer et al, 1993).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Arten von Projektbewertungsmodellen
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Glatte, 2014, S. 133)
Eindimensionale Bewertungsmodelle
Eindimensionale Bewertungsmodelle stellen die Verfahren der klassischen Investitionsrechnung dar, beziehen sich hiermit auf monetäre Aspekte und werden in statische und dynamische Modelle der Investitionsrechnung differenziert.
Unter statischen Modellen versteht man bspw. die Kostenvergleichsrechnung. Dabei wird ein Durchschnittswert der Kosten gebildet und mit den Werten der anderen Projek- te verglichen. Projekte mit niedrigeren Kosten werden bevorzugt. Alternativen hierzu sind die Gewinnvergleichsrechnung, die Amortisationsrechnung oder die Rentabilitäts- rechnung (vgl. Poggensee, 2009, siehe Anhang G). Der Datenerhebungsaufwand istrelativ gering und die Berechnungen wenig komplex, jedoch wird durch die Bildung von Durchschnittswerten der zeitliche Unterschied des Zahlungsanfalls außer Acht ge-lassen und somit konstante Kosten (bzw. Gewinne etc.) angenommen, wodurch die Be-wertung sehr ungenau und wenig verlässlich ist. Statische Bewertungsmodelle eignen sich also kaum für die angemessene Bewertung von Projekten, da sie sehr einseitig sind und komplexere Zahlungsstrukturen nicht berücksichtigen (vgl. Poggensee, 2009).
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