Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Bachelorarbeit, 2015
40 Seiten, Note: 1,2
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Point of Sale - Zwischen Angebot und Wahrnehmung
2.1. Die Customer Journey und der Point of Sale
2.2. Wahrnehmung und Kommunikation
2.2.1. Theorie des Involvements
2.2.2. Theorie der Aktivierung
2.2.3. Theorie des Engagements
3. Digitale Medien im Retail
3.1. Der stationäre Point of Sale wird digital
3.2. Unterschiedliche Arten digitaler Retail Medien
3.2.1. Digital Signage
3.2.2. Kiosksysteme
3.2.3. Digitale mobile Assistenten
3.3. Eignung der digitalen Medien zur Aktivierung und Involvierung
3.3.1. Vorgehensweise der Evaluation
3.3.2. Relevante Wahrnehmungsstrategien
3.3.3. Evaluation Digital Signage
3.3.4. Evaluation Kiosksysteme
3.3.5. Evaluation digitale mobile Assistenten
3.4. Tabellarische Auswertung der Evaluation
3.5. Anwendbarkeit und Einschränkungen
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
Dem Point of Sale stehen neue, digitale Maßnahmen zur Verfügung, um mit den Konsumenten zu kommunizieren. Wichtigen Entscheidungsträgern im Retail fehlt oft das nötige Hintergrundwissen zum optimalen Einsatz dieser neuen Medien. In der vorgelegten Arbeit wird eine aggregierte Übersicht über die unterschiedlichen digitalen Maßnahmen gegeben. Vor dem Hintergrund relevanter Konstrukte aus der Konsumentenverhaltensforschung, wird der Frage nachgegangen, in wie weit sich welche digitale Maßnahme zur Aktivierung und Involvierung des Konsumenten am Point of Sale eignet. Hierbei werden durch einen Vergleich mit klassischen Medienformen und Erkenntnissen aus der Forschung, Rückschlüsse auf das Potential der einzelnen Ausprägungen aufgezeigt. Es zeigt sich, dass nicht jedes Medium gleich gut dafür geeignet ist. Die Art des Mediums und die Ausprägung des Involvements des Konsumenten beim Kontakt mit diesem stehen hier in einem engen Zusammenhang. Dynamische Medien eignen sich hierbei eher bei Low-Involvement Konsumenten und interaktive Medien bei High-Involvement Konsumenten. Nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Relevanz und die Akzeptanz eines Mediums für den Konsumenten sind ausschlaggebend für den Erfolg einer digitalen Maßnahme.
Tabelle 1: Zusammenfassung der Evaluation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Klassische Medien bringen Marken und Produkte in den Kopf der Menschen. PoS-Medien bringen diese in den Einkaufswagen.“[1] Mit diesem Zitat weisen Nagel und Ehling (2007) auf die Relevanz des Point of Sale (PoS) Marketing für den Handel hin. Der PoS ist ein heiß umkämpftes Gebiet, denn Retail Händler sehen sich in einem zunehmenden Druck durch den boomenden Onlinehandel.[2] Die Anzahl der Konsumenten, die mit einer konkreten Kaufvorstellung in ein Ladengeschäft kommen ist gering. Die meisten Kaufentscheidungen werden erst vor Ort getroffen.[3] Man geht davon aus, dass mehr als 70 % aller Kaufentscheidungen erst am PoS getroffen werden.[4]
Der Einsatz von werbe-, informations- und kommunikationsbezogenen Instrumenten auf der Verkaufsfläche stellt eine wichtige Möglichkeit der Ansprache der Konsumenten dar. Nur Produkte, die wahrgenommen werden, können letztendlich auch gekauft werden.[5] Digitale Technologien stellen hierbei eine neue Art der Konsumentenansprache dar. Die rasante technologische Entwicklung begünstigt dabei den Einsatz neuer, innovativer digitaler Medien im Retail. Durch die Abnahme der Kosten neuer Hardware wird die Technologie zunehmend für Händler interessanter und zugänglicher. Für den Markt rund um die digitalen PoS Medien wird für die nächsten Jahre ein kontinuierliches Wachstum prognostiziert.[6]
Diese digitalen PoS Medien sind für viele Händler noch unbekanntes Terrain. Sie stehen einer Vielzahl unterschiedlicher Technologien und der Frage des Einsatzgebietes gegenüber. Je nach Situation ist nicht jede Technologie gleich gut für die Ansprache der Konsumenten geeignet. Händler stehen vor der Herausforderung die passende Technologie, dem passenden Konsumenten, im passenden Moment zur Verfügung zu stellen. Diese müssen sich zudem in einem Umfeld hoher Reizkonkurrenz beweisen und hervorheben können.[7] In der wissenschaftlichen Literatur finden sich für ausgewählte Technologien erste Ansätze. Hierbei mangelt es jedoch bereits an einer einheitlichen Klassifikation der digitalen PoS Medien.[8]
Ziel dieser Arbeit ist es, einen kurzen Überblick über die gängigsten Kategorien digitaler Medien im Retail zu geben und Entscheidungsträgern eine erste aggregierte Übersicht zur Aktivierungs- und Involvierungsleistung digitaler Maßnahmen am PoS bereit zu stellen. Dies geschieht vor dem Hintergrund theoretischer Ansätze aus der Konsumentenverhaltensforschung. Hierbei wird der Fragestellung „In wie weit eignen sich welche digitalen Maßnahmen zur Aktivierung und Involvierung des Konsumenten am PoS?“ nachgegangen. Dem Leser soll so ein erster Einblick in ein Themengebiet gegeben werden, das einem rasanten Wachstum unterliegt.
Durch die Vorgehensweise dieser Arbeit wird der Leser zunächst in den Kenntnisstand der relevanten Theorien und Technologien gesetzt, um anschließend den Zusammenhang beider Bereiche besser zu verstehen. Hierzu werden im zweiten Kapitel grundlegende Begriffe wie die Customer Journey, der PoS und ausgewählte Theorien des Involvements, der Aktivierung und des Engagements erläutert. Diese bilden das grundlegende Verständnis für die folgende Evaluation. Im dritten Kapitel werden die digitalen PoS Medien und vier unterschiedliche Wahrnehmungsstrategien vorgestellt. Diese Strategien wurden für klassische Medienformen entwickelt, lassen sich aber, wie später aufgezeigt wird, auch auf die Anforderungen der neuen digitalen PoS Medien anwenden. In Anlehnung an diese Strategien wird anschließend eine Evaluation durchgeführt, um aufzuzeigen welche Medien sich für welchen Zweck potentiell eignen. Hierbei wird vor allem auf die unterschiedlichen Leistungsdimensionen der Technologien eingegangen. Unterschiede zu den klassischen Medienformen werden im darauffolgenden Abschnitt aufgezeigt. Im Anschluss werden die wichtigen Ergebnisse tabellarisch zusammengefasst und erläutert. Das vierte Kapitel beinhaltet das Fazit sowie einen Ausblick auf offene Fragestellungen für den weiteren Forschungsbedarf.
Der PoS stellt eine wichtige Station in der Customer Journey des Konsumenten und auf dem Weg zur Kaufentscheidung dar. Eine grundlegende Definition der Customer Journey und des PoS werden folgend dargelegt. Um die Wahrnehmung der Kunden am PoS zu verstehen, werden anschließend Erkenntnisse zur Wahrnehmungstheorie erläutert. Hierbei wird sich, mit Blick auf die Evaluation, auf die Arten des Involvements, die Aktivierung und das Engagement fokussiert.
Die allgemeinen Informations- und Entscheidungsprozesse des Konsumenten und die dazugehörigen Kontaktpunkte zwischen dem ersten Kaufimpuls und der Kaufentscheidung werden als die Customer Journey bezeichnet. Diese umfassen neben den Online- auch die Offline-Kanäle, wie den PoS im Retail. Sie lässt sich grob in die Phase außerhalb der Kaufentscheidung (Kaufvorbereitung), die Phase während der Kaufentscheidung (Transaktion) und die Nachkaufphase(Service) unterscheiden.[9] Böcker (2015) bezeichnet diesen Sachverhalt treffend mit „Dahinter steckt der Ansatz, dass sich ein Konsument im Zeitlablauf mit dem Kauf eines Produktes beschäftigt und seinen individuellen Informationsbedarf befriedigt.“[10] Für diese Arbeit sind vor allem die Phase außerhalb und während der Kaufentscheidung relevant.
Je nach Sichtweise erfüllt der PoS spezifische Anforderungen. Aus Sicht der Händler stellt er den Ort des Verkaufs dar. Aus Sicht der Konsumenten ist dieser der Ort des Einkaufs, auch Point of Purchase genannt. Allgemein handelt es sich hierbei um den Ort des Warenangebots, an dem die Konsumenten unmittelbaren Kontakt mit den Produkten haben. Hierbei können diese mittels gezielter Verkaufsförderungsmaßnahmen angesprochen bzw. ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Produkte gelenkt werden.[11]
Verkaufsförderungsmaßnahmen des PoS umfassen nicht nur den eigentlichen Verkaufsraum, sondern beziehen auch das direkte Umfeld wie die Außenanlagen und Schaufenster des Ladengeschäfts mit ein.[12] Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich die Möglichkeiten betrachtet, die durch den Händler im Inneren des Ladengeschäfts eingesetzt werden können, da dies sonst den Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde.
Das Marketing am PoS begrenzt sich nicht ausschließlich auf den Einsatz von Werbemitteln, sondern umfasst auch den Einsatz von spezifischen Informations-, Kommunikations-, Transaktions- und Relationsmitteln.[13] Ziel des Handels ist es sich durch unterschiedlichen Maßnahmen von den Konkurrenten zu differenzieren und ein unverwechselbares Händler- bzw. Markenimage zu schaffen.[14] Koschnick (2007) zeigt die Relevanz dieser Differenzierung auf, indem er beschreibt, dass die Produkte auf den Märkten soweit ausgereift sind, dass Unterschiede zwischen dem Warenangebot der einzelnen Anbieter einer Produktkategorie für den Konsumenten kaum noch wahrzunehmen sind.[15]
Durch den zunehmenden Druck des Onlinehandels und die Bedeutung des PoS für die Kaufentscheidung, stellt die Differenzierung des stationären Handels eine wichtige Schlüsselfunktion dar.[16] Dem Handel stehen hierfür unterschiedliche digitale Maßnahmen zur Verfügung.[17] Zuvor ist es wichtig zu verstehen, wie Stimuli von den Konsumenten wahrgenommen werden und in welche grundlegenden Arten sich die Kommunikation im Umfeld der Werbung unterscheiden lässt. Dieses Verständnis ist notwendig, um später betrachten zu können, welchen potentiellen Einfluss die digitalen Maßnahmen auf die Konsumenten haben können.
Der PoS ist ein Ort an dem eine starke Reizüberflutung auf den Konsumenten wirkt.[18] Diese Reize wirken unterschiedlich in ihrer Art. Das Elaboration Likelihood Model von Petty und Cacioppo[19] erklärt, wie diese Reize im Gehirn verarbeitet werden. Hierbei wird zwischen dem peripheren und dem zentralen Weg unterscheiden. Die Art wie ein Reiz verarbeitet wird, ist entscheidend für die Fähigkeit einer Mitteilung die Aufmerksamkeit des Empfängers auf sich zu ziehen. Liegt eine Stimulation mit einem Reiz hinreichend vor, wird dieser kognitiv auf dem zentralen Weg verarbeitet. Es wurde festgestellt, dass hierbei vor allem Argumente auf diesem Weg eingesetzt werden können. Auf dem peripheren Weg werden die Botschaften eher indirekt verarbeitet. Die Ausgestaltung des Reizes sollte hierbei eher einer emotionalen Ausprägung sein.[20]
Um den Konsumenten am PoS zu erreichen, bedarf es entsprechender Werbemedien. Diese müssen die Fähigkeit besitzen, Konsumenten in unterschiedlichen Stufen der Aufnahmebereitschaft anzusprechen und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die klassische, eher einseitige Kommunikation der Unternehmen wird hierbei zunehmend von den Möglichkeiten interaktiver, digitaler Kommunikation ergänzt. Man kann die Kommunikationsformen am PoS in eine Push- und Pull-Kommunikation unterscheiden.[21]
Bei der Push-Kommunikation handelt es sich um die klassische Form der Kommunikation, bei der eine vom Anbieter initiierte, einseitige Botschaft ausgesendet wird. Diese Form weist als Primärfunktion eine Informations-, Beeinflussungs- und Bestätigungsfunktionalität auf. Es handelt sich hierbei um eine Monologsituation, die auf den passiven Konsumenten einwirkt. Bei der Pull-Kommunikation geht die Aktion vom Nachfrager, in diesem Fall dem Konsumenten, aus. Dieser greift aktiv auf ein Informations- und Interaktionsangebot seitens des Anbieters zurück und entscheidet selbst, ob er das Angebot in Anspruch nehmen möchte. Er wendet sich dem Kommunikationsmittel aktiv zu. Es entsteht also eine Dialogsituation, die zusätzlich zu den Funktionen der Push-Kommunikation, eine Aufforderungs- und Interaktionsfunktion aufweist.[22]
Folgend werden grundlegende Begriffe der Konsumentenverhaltensforschung dargestellt, die die Aufnahmebereitschaft, Beschäftigungs- und Verarbeitungsleistung der Konsumenten näher beschreiben.
Der Begriff des Involvements bezeichnet eine Steuergröße der Wahrnehmung, welche beim Zeitpunkt einer Werbe- oder Kaufsituation vorliegt.[23] Dem Involvement wird hierbei in der Literatur eine tragende Bedeutung bei der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen zugerechnet. Es kann u. a. erklären warum bestimmte Konsumenten motiviert sind, aktiv nach Produktinformationen zu suchen. Ebenfalls kann es sich auf den Kaufentscheidungsprozess, also einen Teil der Customer Journey, auswirken.[24] Eine einheitliche Definition des Involvement ist in der entsprechenden Fachliteratur nicht vorzufinden. Vielmehr finden sich hier einzelne Definitionen für den jeweiligen Forschungskontext.[25] Kloss (2007) definiert aus einem Konsens der Grundlegenden Theorie von Theorien von Krugman (1965) und den Erkenntnissen von Kroeber-Riel (1992), dass es sich bei Involvement um das Maß der persönlichen Bedeutung und Wichtigkeit handelt, das eine Sache für den Umworbenen hat.[26] Trommsdorff und Teichert (2011) definieren das Konstrukt des Involvement als den „Aktivierungsgrad bzw. die Motivstärke zur objektgerichteten Informationssuche, - aufnahme, - verarbeitung und –speicherung.“[27] Diese Annahme deckt sich mit der Definition von Esch (1998), der das Involvement ebenfalls als die Bereitschaft sich mit einem Thema zu befassen definiert.[28] Lachmann (2004) ergänzt hierzu, dass es eine „[…] mentale Bedingung [ist], auf welche die Werbung beim Empfänger trifft.“[29] Diese mentale Bedingung ist der betroffenen Person nicht zu jedem Zeitpunkt bewusst, sondern bedarf erst eines Anstoßes.[30] Dies kann ein Auslöser wie ein Werbemittel, ein bestimmter Werbeträger oder das situative Umfeld sein.[31]
Hohl und Naskrent (2009) fassen in ihrer Analyse unterschiedlicher Involvement Definitionen zusammen, dass sich eine Überschneidung der verschiedenen Theorieansätze vor allem in der persönlichen Relevanz des Objektes und der Wichtigkeit für den Konsumenten findet. Sie beschreiben das Involvement als eine Objekt-Person-Relation.[32]
Zur Vereinfachung der Betrachtung des Involvement-Levels, lässt sich dieses in einen dichotomen Zustand aufteilen. Man kann zwischen einem High- und einem Low-Involvement unterscheiden. Die unterschiedlichen Level des Involvements führen zu unterschiedlichen Verarbeitungstiefen der Informationen durch die Konsumenten.[33] Zur Vollständigkeit wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass unter Involvement ein Kontinuum zu verstehen ist, das von sehr geringem bis zu sehr hohem Involvement reicht.[34] [35]
Unter High-Involvement versteht man die intensive Beteiligung des Konsumenten an der Situation. Dies bedeutet, dass dieser Informationen aktiv sucht und eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema stattfindet. Hierbei kommt es zu einer hohen Verarbeitungstiefe der Informationen im Gehirn. Bei Low-Involvement kommt es zu einer eher passiven Informationsaufnahme und einer eher beiläufigen Wahrnehmung. Die Verarbeitungstiefe ist hierbei eher gering und kann durch ein Werbemittel nur beiläufig beeinflusst werden.[36]
Das Level des Involvements ist zeitgebunden und lässt sich in persönliches Involvement, Phasen-Involvement, Anlass-Involvement und induziertes Involvement einteilen.[37] Beim persönlichen Involvement handelt es sich um langfristiges bzw. dauerhaftes Involvement, das in der Regel mit Einstellungen und Überzeugungen verbunden ist. Diese werden u. a. durch bisherige Erfahrungen oder die persönliche Relevanz des Themas für das Individuum bestimmt.[38] Phasen-Involvement stellt ein erhöhtes Involvement im Zeitraum mehrerer Tage bis Monate dar. Das Anlass-Involvement ist kurzfristiger und entsteht vor allem bei plötzlich auftretenden Bedürfnissen, akuten Anlässen oder Fälligkeiten. Der Zeitraum des Anlass-Involvements liegt innerhalb von Minuten oder Stunden. Das induzierte Involvement ist die kürzeste Form und tritt eher im Bereich des High-Involvement auf. Es umfasst nur wenige Sekunden bis Minuten und wird vor allem durch plötzliche Reize, wie z. B. durch mediale Reize, ausgelöst. Die genannten Involvement-Arten sind dabei zeitlich gesehen fließend und können auch kumulativ auftreten und sich gegenseitig überlagern.[39] Beim Phasen-, Anlass- und induzierten Involvement handelt es sich um situatives Involvement, das ein zeitlich beschränktes, vorübergehendes Interesse darstellt und sich vor allem auf den Kaufprozess und seine unmittelbaren Folgen beschränkt.[40] Homburg/Krohmer (2009) vermuten, dass das situative Involvement weitaus häufiger anzutreffen ist, als das dauerhafte Involvement.[41]
Im Moment des Kontaktes mit einem Werbemittel oder Werbemedium weisen folglich nur wenige Konsumenten High-Involvement am beworbenen Thema auf. Die genannten Arten des Involvements treten somit in der Regel nicht unbedingt synchron mit einer Werbekontaktsituation auf. Etwa zwischen 90 und 100 Prozent der Konsumenten weisen zu diesem Zeitpunkt eher ein Low-Involvement auf.[42]
Die gegebene Definition geht davon aus, dass beim Empfänger, auf den ein Werbemittel trifft, ein bestimmtes Level des Involvements vorliegt. Dieses Level kann sich von der Höhe der Ausprägung und Dauer her unterschiedlich gestalten und teilweise auch gegenseitig überlagern. Das Level des Involvements wirkt sich somit auf die Zuwendung und Beschäftigung des Konsumenten mit einem Thema aus. Diese Level können durch externe Stimuli beeinflusst werden, so dass kurzfristig das Involvement gesteigert werden kann. Hierzu sollen folgend die Begriffe Aktivierung und Engagement näher erläutert werden.
Das Level des Involvements kann sich, wie in Abschnitt 2.2.1. beschrieben, auch kurzfristig und je nach Situation verändern. Die Höhe der Ausprägung kann u. a. durch wichtige terminliche Fristen oder persönliche Bedürfnisse beeinflusst werden. Auch Werbemedien können hierbei einen entsprechenden Reiz setzen, um ein Thema höher auf der Agenda des Konsumenten zu setzen. Damit dies geschehen kann muss es zunächst zu einem Anstoß, also einem Auslösereiz von außen kommen. Äußere Reize können in die persönliche Ansprache, Anlässe und unpersönliche Kommunikation eingeteilt werden, wobei diese in der Aufzählung von der stärksten bis zur niedrigsten Aktivierungschance aufgelistet sind.[43]
Ein Erregungsvorgang durch den der menschliche Organismus in den Zustand der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft versetzt wird, wird auch als Aktivierung bezeichnet.[44] Aktivierend sind Vorgänge, die mit innerer Erregung und Spannung verbunden sind.[45] Diese Vorgänge werden je nach Dauer in tonische, sich nur langsam verändernde und phasische Aktivierung unterschieden.[46] Die phasische Aktivierung wird durch spezifische Reize kurzfristig ausgelöst und hängt eng mit dem situativen Involvement zusammen.[47] Aktivierende Reize, die die Zuwendung und Aufmerksamkeit der Konsumenten erreichen, sind dabei das Ziel der entsprechenden Maßnahmen. Hierdurch wird die kognitive Leistungsfähigkeit der Konsumenten aktiviert.[48]
Die Aktivierung spielt am PoS eine wichtige Rolle, denn ohne Aktivierung werden sich die Konsumenten nur selten mit einem Werbemittel beschäftigen. Der Zusammenhang zwischen der erlebten Aktivierung und dem Kaufverhalten ist dabei hoch signifikant.[49] Je nach Intensität kann Aktivierung als angenehm empfunden und durch den Konsumenten aktiv angestrebt werden. Im Zuge der Zunahme der allgemeinen Freizeitorientierung suchen Konsumenten den PoS auf, um diese zu erlangen, also sich inspirieren zu lassen.[50]
Aktivierung ist nicht mit Involvement gleichzusetzen, vielmehr kann sie das Level dieses beeinflussen. Involvement besteht zumeist latent und kann gleichzeitig von anderen Themen überlagert werden. Somit kann trotz High-Involvement, gleichzeitig keine Chance auf Aktivierung für das Thema vorliegen, da dieses durch ein anderes und stärker ausgeprägtes Thema überlagert werden kann.[51]
Die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Konsumenten in einer Werbe- oder Kaufsituation kann folglich durch die Aktivierungswirkung eines Werbemediums angeregt werden. Wahrnehmung und die bewusste Zuwendung zur Werbung sind Ziele der Werbetreibenden. High-Involvement ist folglich keine Garantie für die intensive Auseinandersetzung mit einem Werbemittel oder Medium. Dieses zeigt lediglich den Relevanzgrad eines Themas für den Konsumenten auf. Die tatsächliche, intensive Zuwendung beschreibt das Engagement.[52]
In der Literatur findet man den Begriff des Engagements vor allem als psychologisches Konstrukt, das sich im Verhalten der Konsumenten manifestiert.[53] Dieses lässt sich in der bewussten Beschäftigung mit einem Thema, so wie der gezielten Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen charakterisieren. Es ist Voraussetzung bei der Bildung bzw. Änderung von Einstellungen. Ebenso wie das Involvement, kann das Engagement zeitlich begrenzt und je nach Level des Involvements kürzer oder länger ausfallen. Während das Involvement als Kurvenverlauf zu beschreiben ist, lässt sich das Engagement am besten als Aneinanderreihung von An- und Aus-Zuständen definieren, die parallel zum Involvement-Level vorkommen.[54]
Wie eingangs beschrieben ist der PoS ein hart umkämpfter Bereich. Viele Produkte sind substituierbar und für den Konsumenten nur noch eingeschränkt differenzierbar. Selbst gute Regalplatzierungen reichen nur noch bedingt aus, um die erwünschte Aufmerksamkeit zu erzielen.[55] Die klassische Pull Kommunikation funktioniert auf den Märkten der Wohlstandsgesellschaft nur noch eingeschränkt. Es kommt zu einer Verlagerung hin zur Push-Kommunikation durch die Händler und Hersteller, um die Konsumenten zu erreichen.[56] Neue digitale Formen des In-Store-Marketing bieten den Händlern hierbei umfangreiche Möglichkeiten. Die Händler stehen vor der Herausforderung das passende Medium zu wählen, um die Konsumenten gezielt anzusprechen. Im folgenden Kapitel wird eine Übersicht über neue digitale Medien im Retail gegeben und diese auf ihr Potential in Bezug auf das Involvement, die Aktivierung und das Engagement hin beschrieben. Die Erkenntnisse aus diesem Kapitel soll Entscheidungsträgern im Retail als Grundlage der Auswahl der passenden Technologie für die Verkaufsfläche dienen.
Der PoS unterliegt dem stetigen Wandel. Digitale Technologie hält nicht nur in Form von innovativen Kassensystemen und neuen technischen Tools im Supply-Chain-Management vermehrt Einzug in den Retail. Insbesondere die Verkaufsfläche wird zunehmend durch neue digitale, dynamische und interaktive Medienformen erweitert.
Dieses Kapitel stellt zunächst die gängigsten Formen der digitalen PoS Medien vor (Abschnitt 3.2.) und evaluiert diese anschließend anhand unterschiedlicher Wahrnehmungsstrategien auf ihre Eignung in Bezug auf die Aktivierung und Involvierung der Konsumenten (Abschnitt 3.3.). Als Ergebnis wird eine Übersichtstabelle mit den wichtigsten Erkenntnissen der Evaluation gegeben (Abschnitt 3.4.) und anschließend auf die Einschränkungen und Anwendbarkeit dieser hingewiesen (Abschnitt 3.5.).
Der Bereich der digitalen Medien am PoS ist den kommunikationspolitischen Aktivitäten wie Werbe- oder Informationsmaßnahmen der Händler zuzuordnen.[57] Gröppel-Klein (2012) ordnet diese neuen multimedialen Kommunikationsmittel dem PoS Marketing zu und weist auf den Zuwachs des Einsatzes digitaler Medien auf der Verkaufsfläche in den letzten Jahren hin.[58]
Einerseits stellen diese Medien eine Weiterentwicklung bestehender Werbeformen dar, wie z. B. das digitale Plakat als Weiterentwicklung des klassischen Printplakats. Andererseits ergeben sich auch völlig neue Arten der Kommunikation, wie z. B. interaktive Produktberater durch Integration der digitalen in die physische Umwelt.[59] Diese neuen Formen und Weiterentwicklungen der Medien ermöglichen durch die Bewegtbild-Kommunikation neue Vorteile. Gegenüber statischen Printmedien können hierdurch komplexe Zusammenhänge und Abläufe einfach dargestellt und zugänglich zu machen.[60]
Nach Swoboda (1996) bieten digitale Medien am PoS vor allem eine Unterstützung bei der Produktpräsentation, sowie ein verbessertes Informationsangebot für die Konsumenten. Ebenfalls bieten die Medien die Möglichkeit einer Erweiterung der Produktpalette durch die Einbindung weiterer Produkte in die digitale Oberfläche. Diese Produkte müssen dann nicht mehr direkt im Verkaufsraum zur Verfügung gestellt werden. Eine Entlastung des Personals kann z. B. durch die Eigenauskunft der Konsumenten erreicht werden.[61] Es sind überwiegend Standortfragen zu Waren auf der Verkaufsfläche, die die meiste Zeit des Personals einnehmen.[62]
Einige weitere Vorteile, die neue digitale Medien dem Retail bieten, arbeitet Dräger (2011) heraus. Hierzu gehört u. a. die Dynamik die diese gegenüber bislang statischen Medien am PoS besitzen. Wie Swoboda (2004) besagt Dräger, dass eine bessere Ansprache der Zielgruppe und die Minimierung von Streuverlusten ein weiterer Vorteil sind und sich eine tageszeitliche und lokale Differenzierung der Werbemittel einfacher durchführen lässt.[63]
Digitale Medien bieten neue Chancen aber auch neue Herausforderungen am PoS, indem sie alte Medienformen ablösen oder durch neue Funktionen erweitern. Hierbei ist es von Relevanz zu wissen, welche Medien sich zu welchem Einsatzzweck eignen. Wie bei klassischen PoS Medien eignet sich nicht jede Form gleich gut für die Aktivierung und Involvierung der Konsumenten. Bevor es zu einer näheren Betrachtung in diesem Kontext kommt, werden die dahinterliegenden Technologien im Folgenden dargestellt.
In seiner Analyse der Literatur des digitalen In-Store-Marketing weist Spreer (2013) auf einen Mangel an einheitlichen Definitionen der digitalen PoS Medien hin. Er erwähnt, dass dieser auch in der Fachliteratur kritisiert wird.[64]
Für die Festlegung einer Definition und Kategorisierung im Rahmen dieser Arbeit, werden in der weiteren Betrachtung zunächst bestimmte Medienformen ausgegrenzt, die nicht unmittelbar auf der Verkaufsfläche des Retail eingesetzt werden. Hierzu zählen Technologien, die nicht als solche durch den Konsumenten wahrgenommen werden, oder die nicht visuell funktionieren. Hierbei handelt es sich um Kassensysteme, klassisches In-Store-TV sowie das In-Store-Radio. Weiterhin werden alle Maßnahmen des Händlers, die sich außerhalb des Ladengeschäftes befinden und grundsätzlich eine Marketingfunktion erfüllen, nicht betrachtet.[65] Hierzu gehören sogenannte Digital Out of Home Medien wie z. B. Bildschirme auf öffentlichen Plätzen, digitale Außenwerbung auf Werbetafeln, öffentliche Informations-Kiosks oder großflächige Werbemöglichkeiten auf Gebäuden, die sogenannten Medienfassaden.[66] Weiterhin werden nur Medien einbezogen, die digital sowie visuell funktionieren und solche, die eine Verbreitung in der Fachliteratur finden.[67]
Zum Zwecke der Übersichtlichkeit und der Zuordnung werden die Medien zunächst in die drei Ausprägungen Digital Signage (Abschnitt 3.2.1.), Kiosksysteme (Abschnitt 3.2.2.) und digitale Mobile Assistent (Abschnitt 3.2.3.) unterteilt und zusammenfassend dargestellt.
Der Begriff des Digital Signage ist in der Literatur nicht eindeutig definiert und variiert daher regions- und branchenabhängig. Das Wort entstammt der angloamerikanischen Sprache und steht in der wörtlichen Übersetzung für „digitale Beschilderung“.[68] Bauer et.al (2011) stellen heraus, dass der Begriff häufig sogar falsch verwendet wird und mit einfachen digitalen Plakaten wie z. B. Projektionen, In-Store-TV oder einzelnen, unabhängigen LCD Bildschirmen gleichgesetzt wird.[69] Fischer (2011) ergänzt, dass somit eine Reduzierung auf ein einfaches Präsentationssystem ohne Vernetzung und Internetanbindung geschieht.[70]
Digital Signage ist technisch betrachtet zunächst ein System, über das auf Basis von Informationstechnologie audiovisuelle Botschaften digital erstellt, verwaltet und abgespielt werden können. Der Unterschied zu unabhängigen Bildschirmen stellt eine Verbindung mit dem Internet und eine Vernetzung sämtlicher Bildschirme untereinander dar.[71]
Bildschirme eines solchen Netzwerks können mehrere Standorte im Ladengeschäft oder in mehreren Filialen haben. Die Anbringung erfolgt z. B. an Wänden, Pfeilern, im und am Regal, innerhalb anderer Werbeträger sowie freistehend auf speziellen Halterungen.[72]
[...]
[1] Nagel und Ehling (2007).
[2] Vgl. Spreer (2013b), S 1.
[3] Vgl. Gröppel-Klein (2007), S. 14.
[4] Vgl. Dennis et al. (2010), S. 205.
[5] Vgl. Gröppel-Klein (2012), S. 645 f.
[6] Vgl. Graham (2015).
[7] Vgl. Swoboda (1996), S. 44 f.
[8] Vgl. Spreer (2013b), S. 49.
[9] Vgl. Böcker (2015), S. 166 ff.
[10] Böcker (2015), S. 167.
[11] Vgl. Brich (2014) S. 2488.
[12] Vgl. Hudetz und Kaapke 2009, S. 246 f.
[13] Diese werden im Rahmen der Evaluation in Abschnitt 3.3.3. näher erläutert.
[14] Vgl. Gröppel-Klein (2012), S. 645.
[15] Vgl. Koschnick (2007), S. 69 f.
[16] Vgl. Gröppel-Klein (2007), S. 19.
[17] Diese werden in Abschnitt 3.2. näher erläutert.
[18] Vgl. Swoboda (1996), S. 23.
[19] Petty und Cacioppo (1981)
[20] Vgl. Spreer (2013b), S. 45.
[21] Vgl. Bruhn (2014), S. 89 f.
[22] Vgl. Bruhn (2014), S. 89 f.
[23] Vgl. Lachmann (2004), S. 27.
[24] Vgl. Jaritz (2008), S. 14 f.
[25] Vgl. Hohl und Naskrent (2009), S. 16 ff.
[26] Vgl. Kloss (2007), S. 92 ff.;
[27] Trommsdorff und Teichert (2011), S. 49.
[28] Vgl. Esch (1998), S. 114.
[29] Lachmann (2004), S. 27.
[30] Vgl. ebd. (2004), S. 27.; Esch (1998), S. 114.
[31] Vgl. Jaritz (2008), S. 21.
[32] Vgl. Hohl und Naskrent (2009), S. 21.
[33] Vgl. Lachmann (2004), S. 27.
[34] Vgl. Laaksonen (1994), S. 33; Jaritz (2008), S. 24.
[35] Aus Gründen der Vereinfachung wird hiervon nachfolgend abgewichen und von einem dichotomen Zustand ausgegangen.
[36] Vgl. Trommsdorff und Teichert (2011), S. 49 f.
[37] Vgl. Lachmann (2004), S. 28 f.
[38] Vgl. Hohl und Naskrent (2009), S. 40.
[39] Vgl. Lachmann (2004), S. 28 f.
[40] Vgl. Hohl und Naskrent (2009), S. 39.
[41] Vgl. Homburg und Krohmer (2009), S. 38.
[42] Vgl. Lachmann (2004), S. 34–37 u. 46.
[43] Vgl. Lachmann (2004), S. 42 - 45.
[44] Vgl. Kroeber-Riel und Gröppel-Klein (2013), S. 55.
[45] Vgl. Foscht et al. (2015), S. 37.
[46] Vgl. Wimmer (1980), S. 53 f.
[47] Vgl. Fuchs und Unger (2007), S. 511; Lachmann (2004), S. 30; Trommsdorff und Teichert (2011), S. 49 f.
[48] Vgl. Riedl (2014), S. 130.
[49] Vgl. Gröppel-Klein (2007), S. 17.
[50] Vgl. Weinberg (1992), S. 19.
[51] Vgl. Lachmann (2004), S. 42 ff.
[52] Vgl. Lachmann (2004), S. 38 ff.
[53] Vgl. Dreher (2014), S. 70 f.
[54] Vgl. Lachmann (2004), S. 38 ff.
[55] Vgl. Chandon et al. (2009), S. 1 - 17.
[56] Vgl. Fischer (2011), S. 16.
[57] Vgl. Spreer (2013b), S. 5.
[58] Vgl. Gröppel-Klein (2012), S. 646 u. 655.
[59] Vgl. Spreer (2013b), S. 5.
[60] Vgl. Fischer (2011), S. 110.
[61] Vgl. Swoboda (1996), S. 25.
[62] Vgl. Gröppel-Klein 2007, S. 14.
[63] Vgl. Dräger (2011), S.. 210 f.
[64] Vgl. Spreer (2013b), S. 6.
[65] Vgl. Spreer (2013b), S. 8.
[66] Vgl. Stalder (2011,) S. 34 ff.
[67] Vgl. Spreer (2013b), S. 8.
[68] Vgl. Fischer (2011), S. 18.
[69] Vgl. Bauer et al. (2011), S. 137 f.
[70] Vgl. Fischer (2011), S. 18.
[71] Vgl. Telschow (2008), S. 37–42.
[72] Vgl. Silberer (2010), S. 5.