Diplomarbeit, 2016
77 Seiten, Note: 1,1
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1 Definition Drogen
1.1 Zeittafel des Rauschmittelkonsum
1.2 Soziokulturelle Faktoren
1.3 Wirtschaftliche Aspekte der Drogen
2 Drogen – Geschichte/Verwendung/Wirkung/Konsum
2.1 Alkohol
2.2 Opiate und Heroin
2.3 Amphetamine und Methamphetamin
2.4 Kokain und Crack
2.5 Cannabis
2.6 Ecstasy
2.7 Medikamente
2.8 LSD
2.9 Nikotin
2.10 Substitutionsmedikamente
2.11 Neuro-Enhancer
2.12 Legal Highs – Research Chemicals
3 Politische Agenda
3.1 BtMG
3.2 Suchtprävention der Politik
3.3 Drogenpolitische Aspekte der deutschen Parteien
3.4 Internationale Drogenpolitik
4 Therapie und Rehabilitation
4.1 Definition Sucht – Abhängigkeit
4.2 Ursachen einer Sucht
4.3 Suchthilfesystem
4.4 Zielhierarchie der Behandlung
5 Erhebung des Konsumverhalten
5.1 Einverständnis zur Studie
5.2 Forschungsfrage
5.3 Auswertung der gewonnenen Daten
5.4 Interpretation der Ergebnisse
5.5 Folgen für die Behandlung
5.6 Pflegerische Anforderungen
6 Auswirkungen auf die Gesellschaft
6.1 Soziale Auswirkungen
6.2 Familiäre Folgen
6.3 Gesundheitliche Folgen
6.4 Ökonomische Folgen
6.5 Ökologische Folgen
7 Zusammenfassung
7.1 Abschlussbericht
7.2 Ausblick
8 Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildung 1: Einordnung der Research Chemicals (Grimm 2016: o.S.)
Abbildung 2 Trias der Suchtursachen (Sting 2003: 35)
Abbildung 3 Suchthilfe im Spiegel der Sozialgesetzbücher (Gaßmann 2014: 184)
Abbildung 4 Charakteristika der ambulanten, teilstationären und stationären Behandlung (Feuerlein 1999: 95)
Abbildung 5 Zielhierarchie und Interventionsziele in der Arbeit mit Suchtkranken (Frietsch 2011: o.S.)
Tabelle 1 : Geschlechterverteilung D1
Tabelle 2: Raucher/Alkoholquote D1
Tabelle 3: Substanzmittelkonsum neben Alkohol D1
Tabelle 4: Quantität der Suchtmittel D1
Tabelle 5: Geschlechterverteilung D2
Tabelle 6: Raucher/Alkoholquote D2
Tabelle 7: Substanzmittelkonsum neben Alkohol D2
Tabelle 8: Quantität der Suchtmittel D2
Tabelle 9: Geschlechterverteilung S2
Tabelle 10: Raucher/Alkoholquote S2
Tabelle 11: Substanzmittelkonsum neben Alkohol S2
Tabelle 12: Quantität der Suchtmittel
Tabelle 13: Geschlechterverteilung aller Stationen
Tabelle 14: Raucher/Alkoholquote aller Stationen
Tabelle 15: Substanzmittelkonsum neben Alkohol aller Stationen
Tabelle 16: Quantität der Suchtmittel aller Stationen
Tabelle 17: Komorbidität Alkohol und Tabak
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bewusstseinsverändernde Mittel kennt und nutzt jede Gesellschaft. Das Angebot ist dabei genauso vielfältig wie die Kulturen dieser Welt. Seit vielen tausenden von Jahren werden psychotrope Substanzen von Menschen geschluckt, geraucht, geschnupft oder sonst wie in jeglicher Form eingenommen um bewusstseinsverändernde Zustände zu erlangen. Sei es aus religiösen, spirituellen Gründen oder einfach des „Rausches“ willen. Konsumiert wird weltweit und rund um die Uhr. Rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland hat Erfahrungen mit illegalen Drogen (vgl. Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2015: 1) und nur 2,9 % der Bevölkerung trinken lebenslang keinen Alkohol (vgl. DHS 2013: 17). Nicht jeder der hin und wieder ein Bier trinkt oder einen „Joint“ raucht ist gleich suchtkrank. Dennoch sind die Zahlen der Abhängigen besorgniserregend. Nicht nur die Millionen Betroffenen, gerade auch Familienangehörige, Freunde oder Kollegen sind von den Auswirkungen der Sucht betroffen.
Aufgrund der fast 20- jährigen Berufserfahrung des Autors in der Suchtkrankenpflege entschied er sich, das Studium mit einer Arbeit zum Themenkomplex Drogen – Sucht – Behandlung und die Folgen zu beenden. Gerade auch die Bedeutung der sogenannten Volksdrogen (Alkohol und Nikotin), gesellschaftspolitisch und speziell in der Suchtkrankenpflege, soll näher untersucht werden. Besteht diesbezüglich Handlungsbedarf von Seiten der Politik? Welche Suchtmittel werden in welcher Gewichtung konsumiert und welche Auswirkungen hat dies auf die Behandlung der Patienten? Welche Fähigkeiten müssen Pflegekräfte besitzen und was gibt es bei der Arbeit mit abhängigen Patienten zu beachten?
Für viele Laien wird der Drogenkonsum häufig mit Personen in Verbindung gebracht, die Heroin spritzen, emotional und sozial stark verwahrlost sind und deren Behandlung häufig erfolglos ist. Doch diese Beschreibung gibt nur einen minimalen Teil der Realität wieder, die Wirklichkeit ist viel komplexer.
Was sind Drogen, wie versucht die Wissenschaft diesen Begriff zu erklären? Warum ist eine Droge legal, die andere Substanz aber illegal? Diese Frage konnte im Laufe der Arbeit beantwortet werden. Der geschichtliche Kontext und die gesellschaftliche Akzeptanz diverser Rauschmittel sind Indikatoren für den legalen und somit straffreien Konsum. Alkohol als „Genuss- und Nahrungsmittel“ mit seiner langen Tradition und Geschichte in unserer Gesellschaft ist das beste Beispiel dafür. Wie ist der geschichtliche Hintergrund, wie ist die Wirkung und wie wird konsumiert? Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt. Das Wort „Droge“ umfasst in dieser Arbeit illegale wie auch legale Suchtmittel, eine ständige Unterteilung und Differenzierung wird nicht durchgeführt. Aufgrund des Stellenwertes von Alkohol in unserer Gesellschaft wird diese Droge in verschiedenen Abschnitten separat bearbeitet. Ebenso werden „stoffgebundene“ Abhängigkeiten, welche in unserer Gesellschaft ein Randphänomen darstellen, wie z.B. Lösungsmittel- oder Klebstoffinhalation, nicht bearbeitet. „Stoffungebundene“ Abhängigkeiten wie Spiel-, Sex- oder Internetsucht werden ebenfalls nicht in der Arbeit erwähnt.
Im zweiten Teil der Arbeit wird kurz auf die politische Agenda eingegangen. Welche drogenpolitischen Aspekte vertreten die im Bundestag vertretenen Parteien? Wie ist die aktuelle rechtliche Situation? Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Ursachen einer Sucht aufgezeigt, sowie Therapie und Rehabilitationsmöglichkeiten dargestellt. Wie entsteht eine Sucht? Welche Einrichtungen gibt es und wie erfolgt die Behandlung? Diese und weitere Fragen sollen dort beantwortet werden. Anschließend wird die 3-monatige Studie zur Erhebung des Konsumverhaltens ausgewertet und interpretiert. Die Datenerhebung erfolgte mittels eines quantitativen Erhebungsverfahren. Wie ist das aktuelle Konsummuster der stationär behandelten Patienten auf den Entzugsstationen im Bezirkskrankenhaus Augsburg? Dabei handelt es sich um zwei Stationen mit dem Schwerpunkt Alkohol- und Medikamentenentgiftung und eine Station mit der Zuständigkeit für „illegale Drogen“. Welche Folgen hat dies für die Behandlung der Abhängigen? Zum Abschluss der Arbeit wird auf die Folgen der Sucht eingegangen. Welche Auswirkungen hat eine Suchtmittelabhängigkeit auf die Gesellschaft, vor allem auch für die Familie? Was sind die ökonomischen Folgen? Zum Abschluss der Arbeit folgt eine kurze Zusammenfassung.
Das Wort Droge wurde in unserem Sprachgebrauch wahrscheinlich aus dem niederländischen Wort „Droog“ abgeleitet. „Droog“ ist die Bezeichnung für „Getrocknetem“ oder „Trockenware“. Seit dem 19. Jahrhundert wird der Begriff „Droge“ auch im Sinne von „medizinischem Präparat“ oder „Rauschmittel/Rauschgift“ verwendet (vgl. suchthilfe-wetzlar o.J.: o.S., Kmdd o.J: o.S.). Heute wird das Wort „Droge“ jedoch in der Regel als Bezeichnung für Stoffe verwendet, die durch ihre Wirkung einen Erregungs- oder Rauschzustand herbeiführen. Es gilt als Synonym für Begriffe wie z.B. Rauschmittel, Rauschgift, Suchtmittel oder Betäubungsmittel.
Folgend einige Definitionen und Erklärungsversuche:
„Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert jede Substanz als Droge, die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag. Dieser umfassende Drogenbegriff erfasst nicht nur illegale Substanzen wie: Cannabisprodukte, Halluzinogene, Opiate und Kokain, sondern auch legale Substanzen wie: Alkohol, Tabakerzeugnisse, Schmerzmittel, Schnüffelstoffe, Schlaf- und Beruhigungsmittel. Er bezieht sich auch auf die Alltagsdrogen wie z.B. Kaffee und Tee und grenzt Drogen einerseits sowie Genuss- und „Lebens“- mittel andererseits nicht mehr trennscharf voneinander ab“ (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 1988: 14 zitiert nach DHS).
„Im weitesten Sinne sind Drogen all jene Substanzen, Arzneien oder Gifte, die auf das Bewusstsein oder den Körper eine biochemische Wirkung ausüben“ (Jay 2001: 49).
Der Begriff „Droge“ bezieht sich auf Substanzen, die eingenommen werden, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Manche dienen der Behandlung von Krankheiten, andere werden der Genusswirkung wegen konsumiert. Der Ursprung beider Anwendungsweisen ist uralt (vgl. Iverson 2004: 1).
„Drogen sind Substanzen, die auf das zentrale Nervensystem einwirken, und so in die natürlichen körperlichen Vorgänge eingreifen. Dabei können sie die Wahrnehmung von Sinneseindrücken, Gefühlen und Stimmungen beeinflussen. Drogen haben eine wahrnehmungs- und bewusstseinsverändernde Wirkung“ (kmdd o.J.: o.S.).
„Unter Drogen verstehen wir alle Mittel, die anregen oder beruhigen. Stoffe, die den Menschen zunächst in angenehme – aber auch unangenehme – Stimmungen versetzen, und ihn körperlich und/oder seelisch abhängig machen können. Das gilt sowohl für legale Drogen als auch für ilegale Drogen“ (kmdd o.J.: o.S.).
Problematisch wird die Einteilung in legale und illegale Substanzen. „Legal“ bedeutet für viele Konsumenten keine Konflikte mit dem Gesetz und auch eine gewisse Verharmlosung der Substanzen wird suggestiert. Wie im weiteren Verlauf der Arbeit zu lesen sein wird, verursachen legale Suchtmittel wie Alkohol und Nikotin jedoch weit mehr negative Auswirkungen auf die Gesellschaft als illegale Drogen.
Geschichtlich gesehen war es in den meisten Kulturen üblich, nur eine kleine Anzahl von Drogen für den allgemeinen Gebrauch zu bestimmen (vgl. Jay 2010: 34).
In der über viele Jahrzehntausende dauernden Kultur der „Jäger und Sammler“, die zeitweise über die ganze Welt verbreitet war, entstanden schamanische Praktiken, bei denen Rauschdrogen eine wichtige Rolle spielten, u.a. Fliegenpilz, Hexensalben, Sakrale Drogen und Schnupfdrogen (vgl. Schmiedbauer 2003: 627). Vor ca. 50.000 Jahren besiedelten die Ureinwohner Australien (Aborigines). Eine noch heute in Australien verwendete Substanz ist die Nachtschatten-Droge Pituri (Blätter einer Duboisia-Art). Die Traumzeit ist für diese Kultur ebenso ein wichtiger Bereich wie die Tageszeit – dies ist ein Hinweis auf eine ansonsten untergegangene Innenwelt, die der moderne Mensch sich durch Rauschdrogen zu erschließen sucht (vgl. Schmiedbauer 2003: 627). Bereits der Cro-Magnon-Mensch (ab 40.000 v. Chr.) kannte sich wahrscheinlich mit der Herstellung vergorener Getränke aus (vgl. Schneider 2015: 40). Um 6000 vor Christus wird von den Babyloniern bereits Biotechnik angewandt, 8000 vor Christus erste Gärungen, 4000 vor Chr. erste Brau- und Bierkultur der Sumerer – mit Hilfe von Hefepilzen vergärten sie Zucker und Stärke zu Alkohol (vgl. Schmiedbauer 2003: 627). Die Ägypter kannten um 2000 vor Chr. bereits ca. 700 Heilpflanzen, ähnlich verhielt es sich bei den Persern, Indern und Chinesen (vgl. List 1996: 6). Um 3000 vor Chr. stirbt „Ötzi“, neben Hanfsamen hatte er auch noch Reste von Lärchen- und Birkenporlingen (denen halluzinogene Eigenschaften zugeschrieben werden) bei sich. Einer der ältesten aus Ägypten bekannten medizinischen Texte, der auf 1600 v. Chr. datierte „Papyrus Ebers“, beschreibt die Wurzeln, Samen und Kapseln der Mohnpflanze (vgl. Jay 2010: 50). Im antiken Griechenland besingt Homer um 800 v. Chr. den Mut und Freude spendenden Zaubertrank Nepenthes, wobei es sich wohl um ein mit Opium versetztes Getränk gehandelt hatte. Zur gleichen Zeit wird Cannabis in einer brahmanischen Schrift erwähnt (vgl. Schmidbauer 2003: 630). Im Jahre 34 n. Chr. setzt Jesus beim Abendmahl den Wein als Sakrament ein: „Dies ist mein Blut“ (vgl. Schmiedbauer 2003: 632). Ein indischer Text aus dem 6. Jahrhundert führt Betel kauen unter den acht Freuden des Lebens auf (neben Weihrauch, Kleidung, Musik, Betten, Essen, Frauen und Blumen) (vgl. Jay 2010: 31).
In den folgenden Jahren bis Anfang des 18. Jahrhunderts wurden Drogen vor allem zu medizinischen und spirituellen Zwecken eingesetzt (Im 12. Jhr. empfiehlt Hildegard von Bingen die Hanfdroge zur lokalen Anwendung bei offenen Wunden und Geschwüren – um 1500 erfindet Paracelsus seine Wunderarznei „Laudanum“, zu deren Wirkung der Gehalt an Opium nicht wenig beigetragen haben dürfte) (vgl. Schmiedbauer 2003: 633). In der Geschichte der Drogen wurde es immer dann kritisch, wenn die Substanzen stets verfügbar und billig waren oder wenn neue Drogen sich in einer Gesellschaft ausbreiteten, die für den Umgang noch keine verbindlichen Regeln entwickelt hatten (vgl. Schneider 2015: 41). Im Zuge der aufkommenden Industriealisierung zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Drogen zum zunehmenden gesellschaftlichen Problem. Ohne ausreichendes Wissen über die Gefahren konnten nun breite Massen der Bevölkerung konsumieren. Auch durch den zunehmenden wissenschaftlichen Fortschritt gelang es Forschern, aus bekannten und neuen Naturstoffen diverse Wirkstoffe zu isolieren. Als Beispiele können Morphin (1806), Koffein (1828), Kokain (1860), Ephedrin (1887) oder auch Mescalin (1896) genannt werden.
Im Jahr 1839 verbot die chinesische Regierung den Opiumimport. Dies hatte eine militärische Intervention von Seiten der Engländer zur Folge. Der anschließende Krieg von 1840 – 1842 endete mit einer Niederlage Chinas. China musste den Opiumimport im Handel bzw. Austausch gegen entsprechende Waren ohne Einschränkung akzeptieren (vgl. Mann 1996: 34). 1856 folgte ein zweites Verbot, welches wieder einen Krieg zur Folge hatte, der 1860 wiederum mit einer Niederlage der chinesischen Regierung endete. Die Folgen waren verheerend. China musste Opium legalisieren und für den ungehinderten Import sorgen. Die beiden Opiumkriege, die enormen wirtschaftlichen Profite und der daraus entstandene unkontrollierte Konsum werden in der Fachliteratur als einer der Gründe gewertet, wieso es überhaupt zu Bestrebungen der internationalen Kontrollmechanismen und der daraus resultierenden Verbote von Drogen gekommen ist (vgl. Mann 1996: 34, Gerlach 1995: 10, Hug-Beeli 1995: 142). Auch setzte zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Gesellschaft langsam ein Umdenken ein. Durch Erkennen der Suchtgefahren und politischen Veränderungen wurden diverse Stoffe verboten oder zeitweise unter Strafe gestellt (Prohibition). Der Konsum von Kokain wurde in den USA bereits 1922 verboten, Deutschland folgte im Jahre 1930 (vgl. drugfreeworld 2006 – 2016: o.S.). Am 10. Dezember 1929 trat in Deutschland das Opiumgesetz in Kraft. Darin hieß es: „Mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren wird bestraft, wer (solche) Stoffe und Zubereitungen ohne die … vorgeschriebene Erlaubnis einführt, ausführt, gewinnt, herstellt, verarbeitet, Handel mit ihnen treibt, sie erwirbt, abgibt, veräußert oder sonst in den Verkehr bringt, oder sie an nicht genehmigten Örtlichkeiten gewinnt, herstellt, verarbeitet, aufbewahrt, feilhält oder abgibt“ (Schmidbauer 2003: 292). Mit dem letzten Zusatz wird praktisch auch der – nicht ausdrücklich genannte – Besitz strafbar. 1971 wurde dieses Gesetz durch das „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln“ (BTM-Gesetz) abgelöst. Es umfasst heute alle bekannten Stoffe, die zur psychischen und physischen Abhängigkeit führen, und wird ständig erweitert (vgl. Schmidbauer 2003: 292). 1937 unterzeichnete Roosevelt den „Marihuana Tax Act“, der den Behörden erlaubte, Handel und Gebrauch von Marihuana mittels brachialer Strafen total zu unterbinden. Durch den Fortschritt im Laufe des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts drängen immer mehr neue oder in der Zusammensetzung veränderte (berauschende) Substanzen auf den Markt. Sie haben alle ein Ziel – den Menschen zu berauschen.
Kulturelle und ethnische Faktoren setzen die Rahmenbedingungen und bestimmen die Regeln für den Umgang und Gebrauch eines Suchtmittels.
Für die Akzeptanz von Drogenkonsum ist der „Wirklichkeitsbegriff“ einer Gesellschaft entscheidend. Wenn nur das als Wirklichkeit gilt, was im wachen Zustand erlebt wird, ist die Akzeptanz entsprechend gering (vgl. List 1996: 5). Solange die Drogen im sakralen Kontext konsumiert werden, kann eine Gesellschaft recht gut damit umgehen. Erst durch das Wegfallen des soziokulturellen Rahmens des Rauschmittelkonsums (Verwendung im Rahmen von Ritualen und kulturellen bzw. religiösen Zeremonien) entstanden Drogenprobleme. Seitdem kann sich die Gier des Süchtigen immer leichter ungehindert durchsetzen, gebremst praktisch nur von finanziellen Einschränkungen. Aus diesem Grund müssen wir uns als Gesellschaft überhaupt erst Gedanken über Fragen der Sucht und speziell der Therapie machen(vgl. Schmiedbauer 2003: 513). Probleme mit Suchtmitteln hat jedes Land - Schätzungen gehen von etwa sieben Prozent der Bevölkerung in jeder Gesellschaft aus, die im Laufe des Lebens eine Abhängigkeit entwickeln (Gaßmann 2015: 45).
Feuerlein (1999: 41) nennt vier Kulturkreise, die unterschiedliche Einstellungen zum Alkoholkonsum beschreiben:
1. Abstinenzkulturen: Ein Verbot jeglichen Alkoholkonsums charakterisiert diese Kultur (Länder, die vom Islam oder Buddhismus geprägt sind).
2. Ambivalenzkulturen: Dort besteht ein Konflikt zwischen koexistenten Wertstrukturen und Alkohol. Es geht auf die asketisch-puritanischen Wertstrukturen des calvinistischen Protestantismus zurück, der in skandinavischen und angloamerikanischen Ländern noch heute eine Rolle spielt.
3. Permissivkulturen: Alkoholgenuss ist erlaubt, Trunkenheit und andere negative Erscheinungen des Konsums werden abgelehnt. Hier ist die Bevölkerung seit der Kindheit mit dem Konsum vertraut.
4. Permissiv-funktionsgestörte Kulturen: Diese Form existiert in extremer, institutioneller Form eigentlich nirgends. Man kann jedoch verschiedene gemäßigte Unterformen unterscheiden, in denen ein hoher Konsum und entsprechende Exzesse toleriert werden.
Alkohol und Nikotin sind sogenannte „Genussmittel“ oder „Alltagsdrogen“ und in unserer Gesellschaft weitgehend akzeptiert.
Würde Alkohol heute auf den Markt kommen, wäre er mit Sicherheit sofort verboten. Die Folgen des chronischen Konsums sind nur mit wenigen illegalen Drogen vergleichbar. Jedoch besitzt Alkohol in unserer Gesellschaft den Status eines „Kulturgutes“. Die Menschen sind damit aufgewachsen und haben sich daran gewöhnt – mit allen positiven sowie negativen Auswirkungen. Bereits bei den Germanen spielte der Bierkonsum eine besondere Rolle, in kultureller wie sozialer Hinsicht. Ihnen war jedoch nur die Hausbrauerei bekannt, weshalb es das Bier vermutlich nicht bis zum Alltagsgetränk schaffte. Die kultische Bedeutung des Getränks war enorm, wichtige Beschlüsse wurden nur im berauschten Zustand getroffen. Jeder erhielt die gleiche Menge und es herrschte Trinkzwang, damit niemand Vorteile aus dem Rausch des anderen ziehen konnte (vgl. Hengarnter 1999: 36). Im Zuge der Christianisierung verschwand diese „germanische“ Trinkkultur, zeitgleich nahm seine Bedeutung als Nahrungsmittel immer mehr zu (vgl. Hengartner 1999: 38). Die ersten Brauereien entstanden vor ca. 900 Jahren (z.B. Kloster Scheyern im Jahre 1119) und heuer, im Jahr 2016, findet das Jubiläum zum 500-jährigen Bestehen des bayerischen Reinheitsgebots statt. Hintergrund der Einführung war die Verbesserung eines der Grundnahrungsmittel, nämlich des Bieres. Ein aktuelles Alkoholverbot wäre gesellschaftspolitisch nicht durchsetzbar. Bei den sogenannten „illegalen Drogen“ besteht diesbezüglich ein großer Unterschied. Viele dieser Substanzen sind erst seit Mitte des 19Jahrhunderts in Deutschland verfügbar und wurden anfangs größtenteils für medizinische Zwecke verwendet. Dadurch besteht keine gesellschaftliche Bindung und diesbezüglich ist die Akzeptanz entsprechend gering - ein Verzicht fällt leichter. Eine Legalisierung von bestimmten illegalen Drogen wäre selbst für die Bundesregierung nicht ohne weiteres durchführbar. Durch das 1961 in Kraft getretene Einheits-Übereinkommen von Suchtstoffen, welches 1974 vom Bundestag verabschiedet wurde, ist die Bundesregierung an internationales Recht gebunden und kann nicht eigenmächtig darin aufgeführte Substanzen legalisieren (vgl. Bundesgesetzblatt 1975: 1).
Der Umsatz und somit auch der Gewinn mit legalen und illegalen Suchtmitteln ist ein Milliardengeschäft. In Deutschland wurden 81,2 Milliarden Zigaretten im Jahr 2015 verkauft. Dadurch erzielte die Tabakindustrie allein in Deutschland einen Umsatz von 21,7 Milliarden Euro. Dies bedeutet nach Abzug aller Steuern einen Reingewinn von über 5,3 Milliarden Euro (vgl. Zigarettenverband 2016: o.S.). Trotz konstantem Rückgang der Raucherquote konnten die Konzerne ihre Gewinne über die Jahre kontinuierlich steigern. Der Umsatz aus dem Handel mit illegalen Substanzen wird laut einer Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2013 für Deutschland auf 3,5 Milliarden Euro geschätzt, weltweit soll der Umsatz bei 320 Milliarden Dollar liegen (vgl. Schmidt 2014: o.S). In Deutschland sind die Ausgaben für Medikamente die höchsten aller Industrieländer, er betrug im Jahr 2011 inklusive Steuern 39,35 Milliarden Euro (vgl. Schneider 2015: 112). Der Jahresumsatz der deutschen Alkoholwirtschaft beträgt nach eigenen Angaben seit Jahren etwa 15 Milliarden Euro (vgl. DHS 2015: 38). Dabei macht die deutsche Brauwirtschaft mit diversen Biersorten gut die Hälfte des Umsatzes, im Jahr 2011 waren dies allein 7,85 Milliarden Euro (vgl. Statista 2016 o.A.:o.S.).
Im folgenden Abschnitt der Arbeit werden kurz die Geschichte, Verwendung, Wirkung und die aktuell verfügbaren Zahlen zum Konsum beschrieben. Es soll ein Überblick über die verschiedenen Stoffe erfolgen. Da die Literatur zu Rauschmitteln ganze Bibliotheken füllen würde, versuchte der Autor die wichtigsten Fakten zusammenzufassen.
Als Genuss-, Nahrungs- und Rauschmittel haben alkoholische Getränke eine jahrtausendealte Tradition. Bereits Akkadern und Sumerern war die Wirkung und Herstellung bekannt und in alten ägyptischen Verzeichnissen wurden bereits Arbeitslöhne in Bier- und Broteinheiten angegeben. Zu dieser Zeit kam es trotz der weiten Verbreitung nicht zu nennenswerten Entstehung von Abhängigkeiten, da Alkohol nicht ständig verfügbar und auch nicht lange haltbar war. Die Grundstoffe zur Herstellung von Alkohol dienten überwiegend der Ernährung und waren aufgrund der klimatischen Gegebenheiten nicht das ganze Jahr über verfügbar. Erst im Mittelalter und mit der beginnenden Neuzeit fand der Konsum eine weitere Verbreitung. Leibeigene und Tagelöhner wurden teilweise mit alkoholischen Getränken entlohnt. Aufgrund dieser Praxis kam es in der frühkapitalistischen Industrialisierung zu ersten Formen der alkoholbedingten Verelendung (vgl. Kuntz 2005: 116). Die Verbreitung der Destillation führte dazu, dass die Konsequenzen des Konsums überhand nahmen und dadurch deutlicher hervortraten. Staatliche Interventionen wie z.B. die Prohibition in den USA der 1930er Jahre waren Versuche den Alkoholkonsum einzudämmen, was jedoch am massiven Widerstand in Teilen der Bevölkerung scheiterte und letztendlich nur der Entstehung der organisierten Kriminalität verhalf. Heutzutage ist Alkohol in Deutschland, wie auch in anderen nicht-islamischen Ländern theoretisch unbegrenzt verfügbar. Selbst in streng islamischen Ländern wie Saudi Arabien vergeht kaum ein Tag, an dem die Polizei nicht eine illegale Alkoholdestillation aushebt. Getrunken wird trotzdem, obwohl das Gesetz strenge Strafen für den Vertrieb oder Konsum von Alkohol vorsieht (vgl. Hackensberger 2007: o.S.).
Das Trinken von Alkohol ist in unserer Gesellschaft größtenteils akzeptiert und man wird fast täglich, ob man will oder nicht, damit konfrontiert. In geringen Dosen wirkt Alkohol entspannend, euphorisierend, enthemmend sowie auch angstlösend, mit steigender Trinkmenge überwiegt die dämpfende, sedierende Wirkung. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung Deutschlands ergibt sich ein Pro-Kopf-Konsum an Reinalkohol von 9,5 Liter im Jahr 2012. Davon waren 105 Liter Bier, 20 Liter Wein, vier Liter Schaumwein und über fünf Liter Spirituosen (vgl. Gaßmann 2014: 40). Studien gehen von rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland aus, deren Konsum den Kategorien Riskanter Konsum, Gefährlicher Konsum oder Hochkonsum zuzuordnen ist (vgl. Gaßmann 2015: 18). In einer Studie aus dem Jahr 2012, durchgeführt von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, liegt Alkoholmissbrauch bei etwa zwei Millionen Menschen vor, als abhängig werden zirka 1,3 Millionen Menschen bezeichnet. „Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes aus dem Jahr 2008 geht davon aus, dass etwa 3% der Gesamtbevölkerung alkoholabhängig sind. Das entspricht einem Wert von 2,5 Millionen Alkoholikern“ (Schneider 2015: 214).
Der Schlafmohn als Heilmittel wie auch als Rauschdroge hat bereits eine tausende Jahre alte Historie vorzuweisen. Bereits um 4000 v. Chr. sollen Ägypter und Sumerer seine heilsame und berauschende Wirkung erkannt und sich zunutze gemacht haben (vgl. DHS 2015: o.S.). Um 1500 in Persien und der Türkei und gegen Mitte des 17. Jahrhunderts in China wurde der Konsum von Morphin zunehmend zur Mode und war gesellschaftlich akzeptiert. Im Jahre 1806 war es dem deutschen Apotheker Sertürner gelungen, den Hauptwirkstoff des Opiums, das Alkaloid Morphin, zu isolieren. 1874 erstmals synthetisiert, begann im Jahre 1898 die kommerzielle Vermarktung durch die Firma Bayer von Diamorphin unter dem Namen Heroin (vgl. DHS 2015: o.S., Kuntz 2007: 146). Anfangs als nicht suchterzeugendes Mittel gegen eine Vielzahl von Krankheiten angepriesen, verlor es nach Erkennen seines Suchtpotentials seine medizinische Bedeutung und leitete seine Popularität als Rauschmittel ein (vgl. Kuntz 2007: 146). „Der Heroinrausch wird meist als glückseliger Zustand erlebt. Er ist von Euphorie, Ruhe und Ausgeglichenheit geprägt. Depressionen und Probleme treten in den Hintergrund und Schmerzen werden nicht empfunden“ (Thema-Drogen 2002-2009: o.S.). Die Gesamtzahl der Abhängigen von Opiaten in Deutschland wird mit 100.000 – 120.000 angegeben (vgl. Schneider 2015: 215).
Im Jahre 1919 wurde in Japan die Urformel von Methamphetamin synthetisiert. In Deutschland wurde die Forschung im zivilen Zusammenhang 1934 wieder aufgenommen (vgl. Dany 2012: 43). Kuntz (2005: 129) datiert die erste Herstellung von Amphetaminen bereits auf das Jahr 1887. Die Droge hat eine aufputschende, konzentrations- und leistungssteigernde Wirkung mit einer Erhöhung des Selbstwertgefühls. Genau diese Wirkmechanismen waren ausschlaggebend für die Verwendung in militärischen Konflikten. „Nicht nur die deutsche Wehrmacht hat im Zweiten Weltkrieg Methamphetamin in großen Mengen eingesetzt, auch die britischen Truppen schluckten 72 Millionen Tabletten“ (Dany 2012: 56). Das große Comeback von Amphetaminen kam während der 90er Jahre im Zuge der „Technobewegung“ und hält bis heute an. Das weitaus stärkere Methamphetamin (Szenename: Crystal Meth) breitete sich die letzten Jahre bundesweit, vor allem jedoch in Bayern und Sachsen, massiv aus. Der Grund dafür ist die gemeinsame Grenze zu Tschechien, wo diese Substanz in illegalen Laboren seit Jahren „gekocht“ wird. Wurden 2010 noch 27 kg der Droge polizeilich sichergestellt, waren es im Jahr 2014 bereits 74 kg (vgl. Rauschgiftkriminalität – Bundeslagebild 2014: 14). Man geht davon aus, dass 0,1 Prozent der Bevölkerung amphetaminabhängig sind, weitere 0,2 Prozent zeigen Kriterien eines Missbrauchs (vgl. Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2015: 1).
Bereits um 2500 v. Chr. wurden in Südamerika Kokasträucher als Kulturpflanzen angebaut – vor allem in Bolivien und Peru besitzt das Kauen der unverarbeiteten Kokablätter eine sehr lange Tradition. Anfangs fand der Konsum nur im Rahmen kultischer Handlungen statt. Durch die Eroberung der Spanier breitete sich der Konsum jedoch bald unter der Bevölkerung aus, um ihren Hunger zu unterdrücken und auch die Leistungsfähigkeit und Ausdauer bei der Arbeit zu steigern (vgl. DHS 2015: o.S.). Im Jahre 1860 gelang dem deutschen Chemiker Niemann aus Kokablättern ein weißes, kristallines Alkaloid zu synthetisieren, welches er „Kokain“ nannte (vgl. Jay 2011: 90). Bis zum Jahre 1903 enthielt ein Liter Coca Cola etwa 250 mg Kokain, wurde aber aufgrund vermehrter Todesfälle als Getränkezusatz 1914 gesetzlich verboten (vgl. DHS 2015: o.S.). Ein „Comeback“ erlebte Kokain in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Mitte der 1980er Jahre tauchte in den USA erstmals Crack auf. Durch das Mischen und anschließende Aufkochen von Kokain mit anderen Substanzen (Wasser, Ammoniak oder Backpulver) wird seine Darreichungsform in kleine Steinchen verändert und kann somit geraucht werden (vgl. Fischer 2009: o.S.). Die erwünschte Wirkung von Kokain kann u.a. mit aufputschender Antriebssteigerung, Enthemmung, Erhöhung der Leistungs-, Konzentrations- und Denkfähigkeit beschrieben werden (vgl. Kuntz 2009: 142). Schätzungen gehen von ca. 300.000 Konsumenten in Deutschland aus, wobei die Dunkelziffer deutlich höher sein dürfte, da die Konsumenten selten durch Kriminalität oder soziale Not auffällig werden (vgl. Schneider 2015: 100).
Die erste literarische Erwähnung von Cannabis liegt bereits ca. 5000 Jahre zurück. Im Arzneimittelbuch eines chinesischen Kaisers aus den Jahre 2737 v. Chr. wurde Cannabis als Mittel gegen Verstopfung, Rheuma, Malaria und andere Leiden empfohlen (vgl. Schmiedbauer 2003: 81). Es folgten Indien und die arabischen Länder, wo es in der Religion des Hinduismus eine wichtige rituelle Rolle erfüllte. „Der Gebrauch von Cannabis als Entspannungsdroge war in der westlichen Welt bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts praktisch unbekannt, verbreitete sich dann aber mit den Beatniks und Hippies der 1960er und 1970er Jahre. Seit jener Zeit ist Haschisch ein fester Bestandteil der westlichen Jugendkultur und nach Alkohol und Tabak die dritt verbreiteste Entspannungsdroge“ (Iverson 2004: 23). Die Wirkung wird mit Symptomen der körperlichen Entspannung, unbeschwerter Heiterkeit, euphorischer Stimmung und Reduzierung des Aggressionspotenzials für die Dauer der Wirkung beschrieben (vgl. Kuntz 2009: 123). Die UNODC geht im Jahre 2014 von 177 Millionen Konsumenten aus, das entspricht 3,8 % der 15 bis 64 jährigen Bevölkerung weltweit, wobei das Konsumverhalten regional starke Unterschiede aufzeigt. Von den 16 bis 20-jährigen konsumieren in Deutschland ca. 20 Prozent gelegentlich Cannabisprodukte (vgl. Schneider 2015: 94). Man geht von ca. 220.000 (0,4 Prozent der Bevölkerung) Cannabis-Abhängigen in der Bundesrepublik aus (vgl. Schneider 2015: 214).
Hinter der Partydroge Ecstasy verbirgt sich eine ganze Gruppe von chemischen Verbindungen, die zu den Amphetaminen gerechnet werden. Die Wirkstoffe MDA und MDMA wurden bereits 1910 und 1912 synthetisiert. MDMA und MDA wurden als Appetitzügler getestet und in den 60er Jahren von Hippies als „love drug“ benutzt (vgl. Schmiedbauer 2003: 131). „Seit den 70er- und 80er Jahren verzeichnete es zunächst einen Erfolg als Droge in der psycholytischen Therapie und Analyse und anschließend einen unaufhaltsamen Aufstieg zur Partydroge Nummer eins“ (Kuntz 2009: 126). Durch die Serotoninausschüttung werden Glücksgefühle freigesetzt - in ruhiger Atmosphäre wirkt die Droge entspannend und einfühlend, auf Partys überwiegt die stimulierende, aufputschende Wirkung. Die 12-Monats-Prävalenz des Konsums von Ecstasy geht von 0,4 % der erwachsenen Bevölkerung im Jahr 2012 aus (vgl. Gaßmann 2014: 31).
Vor allem Medikamente mit einer dämpfenden Wirkung werden in der Drogenszene häufig gegen ihre Bestimmungen missbraucht. Gerade bei Schlaf- oder Schmerzproblemen ist der Griff zu Medikamenten häufig ein leichter Weg. Von den häufig verordneten Medikamenten in Deutschland besitzen vier bis fünf Prozent ein Abhängigkeitspotential. Schätzungen gehen von 1,4 – 1,9 Millionen medikamentenabhängigen Menschen innerhalb der Erwachsenenbevölkerung aus (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2016: o.S.).
Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Arzneimitteln, die zur Entspannung, Beruhigung oder als Schlafmittel verabreicht werden können. Im Jahre 1957 gelang es erstmals Benzodiazepine zu synthetisieren. Heute zählen Benzodiazepinpräparate zu den weltweit am häufigsten verordneten Arzneimitteln. In Deutschland nehmen 10-17 Prozent der Bevölkerung im Verlauf eines Jahres einmal ein solches Arzneimittel ein, 1-2 Prozent der Erwachsenen nehmen mindestens ein Jahr lang täglich ein solches Mittel (vgl. DHS 2015: o.S.). Benzodiazepine sind rezeptpflichtige Medikamente mit einem hohen Suchtpotential. Schätzungen gehen von bis zu 1,2 Millionen Benzodiazepin Abhängigen aus (vgl. Gaßmann 2014: 101).
Bei Schmerzmittel handelt es sich um Medikamente, welche zur Minderung von Schmerzen eingesetzt werden. Man unterscheidet zwischen frei verkäuflichen und rezeptpflichtigen, sowie peripher und zentral wirkenden Mitteln. Im Jahr 2012 wurden ca. 136 Millionen Packungen Schmerzmittel allein in Deutschland verkauft, davon 105 Millionen ohne ärztliches Rezept (vgl. Gaßmann 2014: 96). Im Jahr 2005 wurden 4,2 Millionen Packungen stark wirkender Schmerzmittel verschrieben, 2012 waren es bereits 7,5 Millionen Verordnungen. Man schätzt, dass etwa 200.000 Menschen von diesen Mitteln abhängig sind (vgl. Gaßmann 2014: 99). Stark wirkende Analgetika wie z.B. Oxycodon oder Tilidin werden in der Drogenszene häufig als Ersatzstoffe und bei Verfügbarkeit konsumiert. Es handelt sich dabei um künstlich hergestellte Opiate.
1864 wurde die Barbitursäure erstmals von Adolf von Bayer am Namenstag der heiligen Barbara synthesiert (vgl. Algeier-Föll 2013: o.S.). In geringer Dosis wirkt die Substanz beruhigend, in höheren Dosen einschläfernd. Aktuell spielen Barbituratpräparate im klinischen Setting keine Rolle mehr, sie wurden von der Gruppe der Benzodiazepine fast vollständig verdrängt. In der Drogenszene sind sie vereinzelt noch anzufinden.
Im Jahre 1938 synthetisierte der Schweizer Chemiker Albert Hoffmann erstmals d-Lysergsäurediethylamid (d-LSD)...“als eine aus einer Serie von Chemikalien, die mit Ergotamin verwandt sind, einem aus einem Pilz, dem zuweilen auf Roggenähren wachsenden Mutterkorn, isolierten Wirkstoff“ (Iverson 2004: 28). „Die Entdeckung des LSD ging mit der Wiederentdeckung anderer aus Pflanzen gewonnener Halluzinogene einher – das Meskalin aus dem mexikanischen Peyote Kaktus und des Psilocybin aus dem mexikanischen Zauberpilz Teonactl. Beide hatten eine wichtige Funktion in alten religiösen Riten“ (Iverson 2004: 28). Die Wirkung der Droge zeichnet sich durch intensive Halluzinationen, Intensivierung der Wahrnehmung auf allen Sinneskanälen, Euphorie und eine Intensivierung der Berührungsempfindlichkeit und Sinnlichkeit, um nur einige zu nennen, aus (vgl. Kuntz 2009: 135). Den Höhepunkt hatte LSD Anfang der 1970er Jahre im Zuge der „Hippibewegung“. Wurden 1970 in Deutschland noch fast 180.000 „LSD-Trips“ durch die Polizei sichergestellt (vgl. Schmiedbauer 2003: 212), waren es im Jahre 2013 „nur“ noch knapp 36.000 Stück (vgl. Bundeskriminalamt 2013: 15).
Der amerikanische Doppelkontinent gilt als Heimat der Tabakpflanze. Dort kannten die Indianer bereits vor hunderten von Jahren die berauschende Wirkung und nutzten sie zu kultischen Zwecken. Im 16. Jahrhundert brachten spanische Eroberer die Tabakpflanze nach Spanien, wo sie anfangs als Zierpflanze Verwendung fand. Im Jahre 1570 führte Jean Nicot die Pflanze in Frankreich ein, die daraufhin zu seinen Ehren Tabacum nicotiana benannt wurde. Während des 30 jährigen Krieges verbreitete sich die Pflanze über ganz Europa und von dort schließlich bis nach China und Japan (vgl. DHS 2015: o.S.). Seitdem ist Nikotin die meist konsumierte psychoaktive Substanz überhaupt. Nikotin besitzt eine leicht entspannende bis anregende Wirkung, je nach Befindlichkeit und Situation des Rauchers. Nikotin kann vom Suchtpotential mit Heroin verglichen werden, es macht bei regelmäßigem Konsum sehr schnell abhängig (vgl. mindzone 2015: o.S., Ratje 2013: 137). Der Durchschnittliche Pro-Kopf-Zigarettenkonsum beträgt in der Bundesrepublik etwa 15,4 Zigaretten pro Tag (vgl. Gaßmann 2013: 18). Die Raucherquote ist seit Jahren rückläufig, dennoch rauchten im Jahr 2011, bezogen auf die erwachsene Bevölkerung, 33% der Männer und 27% der Frauen (vgl. Gaßmann 2014: 64).
Dabei handelt es sich bei den in Deutschland am häufigsten verwendeten Stoffen um Methadon, Polamidon und Buprenorphin. Methadon wie auch Polamidon wurde bereits im Jahre 1939 in den pharmazeutischen Labors der zum I.G. Farbenkonzern gehörenden Farbwerke Hoechst erstmals synthetisiert. Bereits 1950 wurde in Deutschland über Polamidon gestützten Detoxifikationsbehandlungen von morphinabhängigen Patienten berichtet (vgl. Gerlach 2004: 6). 1973 startete das erste Methadonprogramm und durfte bis in die frühen 90iger Jahre „...nur unter spezifischer und äußerst strenger Indikationsstellung an Opiatabhängige verordnet werden“ (Gerlach 2004: 14). Buprenorphin wurde im Jahre 2001 auf dem deutschen Markt zur Substitutionsbehandlung zugelassen. Da die Medikamente langsamer ins Gehirn übergehen erlebt der Abhängige nicht den typischen „Heroinkick“, sie lindern bzw. beseitigen jedoch die Entzugszeichen und ermöglichen somit die Teilnahme am gesellschaftlichen Alltag. Im Jahr 2002, zur Beginn der Meldepflicht für Substitutionspatienten, waren 46.000 Personen registriert, 2013 stieg die Zahl auf über 77.000 Patienten bei knapp 2700 substituierenden Ärzten (vgl. Gaßmann 2014: 190).
„Wenn gesunde Menschen psychoaktive Substanzen anwenden, um ihre kognitiven Fähigkeiten zu steigern, sprechen Fachkreise von Neuro-Enhancement (Englisch enhancement: Steigerung, Verbesserung), die Allgemeinbevölkerung von Gehirndoping“ (Heyn 2012: o.S.). Die Nutzer versprechen sich dadurch eine Verbesserung der Gedächtnisleistung, erhöhte Vigilanz und eine Steigerung der Konzentrationsfähigkeit. Neben Pharmaka wie z.B. Antidementiva oder Antidepressiva werden auch illegale Substanzen wie Extasy oder Kokain eingesetzt. Der Wunsch nach Verbesserung der Gehirnfunktion ist nicht neu. Durch die Entwicklung der Psychostimulanzien in den 1930er-Jahren eröffneten sich jedoch neue Möglichkeiten (vgl. Heyn 2012: o.S.). Deutschland ist diesbezüglich noch ein „Entwicklungsland“, dagegen ist es an einigen US Universitäten besonders verbreitet. Bis zu sieben Prozent, an einigen Universitäten um die 25 Prozent der Studenten konsumieren regelmäßig (vgl. Podbregar 2011: o.S.).
Seit einigen Jahren neu auf dem Drogenmarkt auftauchende, psychoaktiv wirkende und synthetisch hergestellte Substanzen werden als „legal highs“ oder Research Chemicals bezeichnet. Dabei handelt es sich um Produkte, die von der Gesetzgebung meist noch nicht erfasst und dadurch legal zu erwerben sind. Viele Drogenkonsumenten nützen diese Gesetzeslücke und „steigen um“. Statt Marihuana werden „Kräutermischungen“ geraucht und Konsumenten von härteren Drogen bevorzugen das in Szenekreisen als „Badesalz“ bekannte Cathinon. Der Drogen- und Suchtbericht 2015 der Bundesregierung bezieht sich auf das Thema folgendermaßen: „Die EBDD hat im Rahmen des europäischen Frühwarnsystems zwischen 2005 und 2011 mehr als 164 neue psychoaktive Substanzen ermittelt. In den Jahren 2012 und 2013 wurden Rekordzahlen von 73 bzw. 81 erstmals entdeckten Substanzen gemeldet und in 2014 weiterhin eine Substanz pro Woche. Synthetische Cannabinoide und synthetische Phenylethylamine/Cathinone machen seit 2005 zwei Drittel aller neuen Substanzen aus, die über das Frühwarnsystem gemeldet werden“ (Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2015: 2). Ein Ende November 2015 eingereichter Gesetzesentwurf zielt darauf ab, alle „legal highs“ zu verbieten. Bisher musste jede dieser chemischen Zusammensetzungen einzeln verboten werden. Durch die ständige Veränderung der chemischen Struktur ist es nicht möglich, das Betäubungsmittelgesetz zeitnah auf den aktuellen Stand zu bringen bzw. kontinuierlich zu ändern. Bundesgesundheitsminister Gröhe geht mit seinem „Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe“ nun ein Problem an, dem die Strafverfolger bisher weitgehend hilf- und tatenlos gegenüberstanden...“der Produktion und Verbreitung von hochgefährlichen und immer neuen psychoaktiven Substanzen, die als Kräutermischung, Badesalz oder Lufterfrischer übers Internet vertrieben werden und hierzulande allein im vergangen Jahr 25 Todesfälle verursacht haben“ (vgl. Woratschka 2015: o.S.). Die Bandbreite der angebotenen Stoffe deckt die Wirkungsweisen der legalen und illegalen Drogen fast vollständig ab. Wie in der folgenden Abbildung gut zu erkennen, handelt es sich bei den in roter Schrift dargestellten Begriffen um Abkürzungen der Wirkstoffe oder Handelsnamen sogenannter „legal highs“.
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