Bachelorarbeit, 2016
47 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1. Problemstellung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Notwendigkeit eines Rechnungslegungs-Enforcements
2.2 Darstellung und Funktionsweise des deutschen Enforcement-Verfahrens
2.3 Fehlerveröffentlichungsverfahren
3. Aktueller Forschungsstand
3.1 Empirische Befunde zum deutschen Enforcement-Verfahren
3.2 Sonstige empirische Befunde und Hypothesenformulierung
4. Methodik und Ergebnisse
4.1 Datenbeschreibung
4.2 Differenzierung und Erweiterung des Samples
4.3 Deskriptive Analyse
4.4 Untersuchung des Wechsels der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
4.4.1 Ergänzende Datenerhebung
4.4.2 Durchführung
4.4.3 Ergebnisse
4.5 Honorarvergleich des Fehlerjahres und des Wechseljahres
4.5.1 Ergänzende Datenerhebung
4.5.2 Durchführung
4.5.3 Ergebnisse
5. Fazit
5.1 Diskussion der Ergebnisse
5.2 Limitationen
6. Thesenförmige Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Ich danke dem Datenlabor der Universität Hohenheim (DALAHO) für die Bereitstellung des Zugangs zu S&P Capital IQ
Ebenfalls danke ich dem Lehrstuhl für Rechnungswesen und Finanzierung der Universität Hohenheim für die mir im Rahmen dieser Arbeit zur Verfügung gestellten Primärdaten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Erste Stufe des Enforcements
Abbildung 2: relative und absolute Häufigkeitsverteilung
Abbildung 3: Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft innerhalb eines folgenden vier-Jahres-Zeitraums ohne erstes Jahr
Abbildung 4: Verteilung Wechsel von B4 (NB4) zu B4 (NB4) und vice versa
Tabelle 1: deskriptive Analyse Honorarhöhen HA
Tabelle 2: t-Test Mittelwertdifferenzen absolute Honorarhöhen
Tabelle 3: t-Test Mittelwertdifferenzen relative Honorarhöhen
Tabelle 4: deskriptive Analyse Honorarhöhen HB
Tabelle 5: Wilcoxon-Paardifferenztest absolute Honorarhöhen
Tabelle 6: Wilcoxon-Paardifferenztest relative Honorarhöhen
Anlage 1: relative und absolute Häufigkeitsverteilung aller Gesellschaften
Anlage 2: Fehler-Umsatz-Relation
Anlage 3: Histogramm Mittelwertdifferenzen absolute Honorarhöhe
Anlage 4: Histogramm Mittelwertdifferenzen relative Honorarhöhe
Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, inwiefern Unternehmen ihre Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wechseln und welche Auswirkungen der Wechsel auf die Honorarhöhe hat, wenn es zuvor zu einer Fehlerfeststellung durch die DPR bzw. BaFin gekommen ist. Bis zum jetzigen Zeitpunkt existiert keine wis- senschaftliche Studie, welche sich explizit mit dieser Thematik beschäftigt. Hierbei soll die relative Wechselhäufigkeit betrachtet werden sowie die Wechsel- verteilung, bei welcher nach Big-Four-1 und Nicht-Big-Four-Unternehmen2 diffe- renziert wird. Bei dieser Untersuchung entdeckte Auffälligkeiten haben eine hohe praktische Relevanz, so könnte festgestellt werden, dass Big-Four-Unternehmen nach Fehlerfeststellungen viel häufiger gewechselt werden als Nicht-Big-Four- Unternehmen. Darauf aufbauend soll bei einem Wechsel der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft untersucht werden, ob es zu einer Änderung der Honorarzah- lung im Wechseljahr im Vergleich zum Fehlerjahr kommt. Auch hier steht die praktische Relevanz im Vordergrund, so bestände ein höherer Anreiz für Wirt- schaftsprüfungsgesellschaften, sich auf Ausschreibungen bei Unternehmen nach vorheriger Fehlerfeststellung zu bewerben, wenn im Rahmen dieser Arbeit ein enormer Anstieg der Honorarhöhen nach einer Fehlerfeststellung festgestellt wird. Als verwendete Untersuchungsmethodik bezüglich der qualitativen Daten wird die deskriptive Auswertung verwendet, zur Untersuchung der Honorarhöhen wer- den Tests für gepaarte Stichproben herangezogen, da diese sich ideal im Rahmen dieser Analyse eignen.3
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft untersucht und nicht, ob nur der für die Prüfung verantwortliche Partner ausge- tauscht wurde, da dies in Deutschland nach sieben Jahren ohnehin obligatorisch ist.4 Ferner wurde nicht differenziert, um welche Art von Fehler es sich bei der Fehlerfeststellung handelt, sondern jegliche Unternehmen wurden miteinbezogen, bei welchen seit der Einführung der DPR als Enforcement-Institution eine Fehler- feststellung veröffentlicht wurde.
Übersetzt man den Begriff ״Enforcement", so erhält man den Begriff ״Durchset-zung"־. Die DPR versteht unter ״Enforcement" allgemein eine ״Durchsetzung der Rechnungslegungsnormen".5 Aber warum besteht überhaupt Bedarf, zusätzlich zur Überprüfung des Jahresabschlusses durch Abschlussprüfer eine weitere exter- ne Instanz zu beauftragen, welche diesen Abschluss erneut überprüft? Einerseits wurde durch verschiedene Bilanzskandale, hier ist vor allem der Enron- Skandal hervorzuheben, das Vertrauen der Investoren in den Kapitalmarkt enorm erschüttert.6 So summierten sich die Verluste der Aktionäre, Banken und Pensi- onsfonds durch den Enron-Skandal auf 60 Mrd. Dollar, weiterhin verloren 20.000 Mitarbeiter durch die Insolvenz ihre Jobs und somit ihre Lebensgrundlage.7 Nicht nur die Politik, sondern auch Unternehmen waren einer zusätzlichen Überwa- chung der Rechnungslegung nicht abgeneigt, da durch wenige, manipulative Un- ternehmen ein negativer externer Effekt auf die restlichen Unternehmen übertra- gen wurde und durch die zusätzliche Überprüfung das Vertrauen von Investoren zurückgewonnen werden könnte.8
Weiterhin besteht das Problem des Interessenkonflikts zwischen dem Abschluss- prüfer und dem zu prüfenden Unternehmen. Laut § 43 Abs. 1 WPO hat der Ab- schlussprüfer unabhängig und gewissenhaft seinen Beruf auszuüben. Da das Un- ternehmen den Abschlussprüfer allerdings beauftragt und somit auch entlohnt, möchte der Abschlussprüfer die Kundenbeziehung ungerne durch ein destruktives Ergebnis belasten.9 Die DPR wird ebenfalls von den Unternehmen finanziert, welche von ihr geprüft werden.10 Diese Finanzierung erfolgt über eine Umlage der voraussichtlichen Kosten auf die von ihr geprüften Unternehmen.11 Im Vergleich zum Abschlussprüfer besteht zwischen der DPR und dem Unternehmen jedoch keine typische Auftraggeber-Aufragnehmer-Beziehung. Dies lässt sich allein schon daran belegen, dass es sich bei der DPR nicht um ein Unternehmen, sondern um einen eingetragen Verein handelt, welcher nicht wirtschaftlich tätig ist.12 Die unabhängige Prüfung der DPR ist somit gewährleistet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die DPR grundsätzlich das zentrale Ziel verfolgt, durch ihr Enforcement-System die Investoren vor erneuten Bilanzskan- dalen zu schützen und den Optimismus in den Kapitalmarkt durch eine konsisten- te und wirkungsvolle Anwendung der geltenden Rechnungslegungsnormen zu verbessern.13
Prüfungsadressaten des deutschen Enforcement-Systems sind alle Unternehmen, welche eine Zulassung für fungible Wertpapiere nach § 2 Abs. 1 WpHG im regu- lierten Markt einer inländischen Börse haben.14 Beim deutschen Enforcement- Verfahren handelt es sich um ein zweistufiges System, welches auf der ersten Stu- fe stets durch die privatrechtliche DPR und auf der zweiten Stufe stets durch die staatliche BaFin tätig wird.15 In nachfolgender Abbildung wird die erste Stufe des Enforcements verdeutlicht:
Abbildung 1: Erste Stufe des Enforcements16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hierbei sind vor allem die drei Gründe hervorzuheben, wann die DPR eine Prüfung einleitet:
-Stichprobenprüfung: kein besonderer Anlass, willkürliche Stichprobe17
-Verlangensprüfung: Prüfung auf Verlangen der BaFin, da konkrete An- haltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vor- liegen18
-Anlassprüfung: es liegen konkrete Anlasspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vor19
Auf die zweite Stufe des Enforcements durch die BaFin wird aufgrund von Unerheblichkeit im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen.20
Die Mitgliederversammlung der DPR setzt sich zur Zeit aus 17 Mitgliedern zu- sammen, exemplarisch gehören dazu der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger sowie das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee.21 Auch bei den meisten anderen Mitgliedern handelt es sich um Verbände und Institute, welche keine gewinnmaximierenden, opportunisti- schen Interessen verfolgen, sondern bei denen das Wohl ihrer Mitglieder im Vor- dergrund steht. Somit zeigt sich dadurch abermals die Unabhängigkeit der DPR.
Das Fehlerveröffentlichungsverfahren hat in Deutschland einen sehr hohen Stel- lenwert, da die Veröffentlichung des Fehlers die einzige direkte Sanktion ist, wel- che dem Unternehmen im Falle eines gefundenen Fehlers widerfährt.22 Nach der Feststellung eines Fehlers wird das jeweilige Unternehmen von der BaFin angehört.23 Laut § 37q Abs. 2 Satz 3 WpHG besteht die Möglichkeit, dass die BaFin von der Fehlerveröffentlichung absieht, wenn das Unternehmen einen Antrag stellt und die Veröffentlichung geeignet ist, den berechtigten Interessen des Unternehmens zu Schaden. Diese Regelung kommt jedoch nur in Ausnahme- fällen zum Einsatz, beispielsweise, wenn die veröffentlichten Informationen zu einer Insolvenz des Unternehmens führen könnten.24 Wird kein Fehler bei einem Unternehmen gefunden, so wird das Enforcement-Verfahren beendet und keine Informationen werden veröffentlicht.25
Ein weiterer interessanter Punkt im Rahmen dieser Arbeit ist der Zeitraum, bis zu welchem das Unternehmen den Fehler nach der Anordnung der Fehlerveröffentlichung der BaFin26 auch tatsächlich zu veröffentlichen hat. Hier wird vom Gesetzgeber kein konkreter Zeitraum vorgegeben, es ist laut § 37q Abs. 2 Satz 4 WpHG lediglich von einer unverzüglichen Veröffentlichung die Rede. Die BaFin setzt diesen Begriff mit einer Frist von ca. einer Woche gleich.27
Der Fehler muss obligatorisch laut § 37q Abs. 2 Satz 1 WpHG im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden, ebenso in einem überregionalen Börsen- pflichtblatt oder in einem weit verbreiteten elektronischen Informationsverarbei- tungssystem.
Da das deutsche, zweistufige Enforcement-Verfahren vergleichsweise jung ist, so lassen sich nur wenige Studien finden, welche sich exakt mit diesem zweistufigen Verfahren beschäftigen. Nachfolgend soll diesbezüglich ein kurzer Überblick ge- geben werden. Bei den existierenden Studien wurde die Effektivität des deutschen Enforcement-Verfahrens sowie die Kapitalmarktreaktion auf die Fehlerveröffent- lichung untersucht.
In einer ersten Analyse wurde gezeigt, dass sich die Einführung des Enforcement- Verfahrens restriktiv auf bilanzpolitische Maßnahmen ausgewirkt hat.28 Ebenfalls wurde dargestellt, dass das deutsche zweistufige System aus öffentlicher und pri- vater Kontrollinstitution effektiv arbeitet und ein Vorbild für weitere Länder sein könnte.29 Eine weitere Studie hebt jedoch hervor, dass das deutsche Verfahren zwar stark in der Aufdeckung von bilanzpolitischen Maßnahmen ist, aber schwach darin, bilanzpolitische Maßnahmen nach der Fehlerfeststellung bei Un- ternehmen zu verhindern.30 Die Veröffentlichung einer Fehlerfeststellung bewirkt laut zuvor genannter Studie somit keine Lerneffekte bezüglich der von Unternehmen verwendeten bilanzpolitischen Maßnahmen.
Weiterhin zeigte sich, dass, obwohl der Sanktionsmechanismus der DPR bzw. BaFin in der existierenden Literatur als schwach eingestuft wird, die Veröffentli- chung einer Fehlerfeststellung mit einer tendenziell negativen Kapitalmarktreakti- on einhergeht.31
Somit existieren keine Studien, welche sich näher mit der im Rahmen dieser Arbeit behandelten Thematik beschäftigen und sich gleichzeitig auf ein zweistufiges Enforcement-Verfahren beziehen. Daher wird im Folgenden angenommen, dass sich die Studien, welche sich auf ein einstufiges Enforcement-Verfahren, welches beispielsweise in den USA oder Frankreich zur Anwendung kommt,32 beziehen, im Rahmen dieser Arbeit implementiert werden können.
Im nachfolgenden Kapitel soll der aktuelle Forschungsstand bezüglich der behan- delten Thematik aufgezeigt werden, auch werden Studien herangezogen, welche nicht direkt mit der im Rahmen dieser Arbeit behandelten Problemstellung zu- sammen hängen, aber benötigt werden, um einen Überblick über die Thematik zu erlangen. Abschließend werden Hypothesen für die hier behandelte Problematik formuliert, welche im weiteren Verlauf der Arbeit überprüft werden.
In einem ersten Schritt soll aufgezeigt werden, welche Studien sich mit dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Zusammenhang mit der Qualität des Jahresabschlusses und der Verwendung bilanzpolitischer Maßnahmen be- schäftigen. In einer der betrachteten Analysen zeigt sich, dass sich durch den fa- kultativen Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Abschlussqualität der jeweiligen Unternehmen verschlechtert.33 Bei einem obligatorischen Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft konnte bei einer anderen Studie eine minimale Verbesserung bezüglich der Abschlussqualität festgestellt werden.34 Eine weitere Untersuchung, welche sich ebenfalls mit dem fakultativen Wechsel der Wirt- schaftsprüfungsgesellschaft beschäftigte, konnte keinen Anstieg an bilanzpoliti- schen Maßnahmen nach dem Wechsel feststellen.35 Abschließend bezüglich des Zusammenhangs zwischen dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Qualität des Jahresabschlusses ist festzuhalten, dass in der Wissenschaft keine Einigkeit diesbezüglich herrscht.36 Es wird daher empfohlen, dass die Wissen- schaft den Dialog mit der Praxis sucht, um diese mehr einzubinden und somit die Forschung bezüglich des hier betrachteten Zusammenhangs zu verbessern.37
Nachfolgend soll betrachtet werden, inwiefern die Beschäftigungsdauer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei einem Unternehmen mit der Abschlussquali- tät zusammen hängt. So hat sich gezeigt, dass fehlerhafte Abschlüsse in den ersten drei Beschäftigungsjahren einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beim geprüften Unternehmen wahrscheinlicher sind, es konnte in derselben Untersuchung kein Beleg dafür gefunden werden, dass fehlerhafte Finanzberichterstattung mit einer längeren Beschäftigungsdauer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zusammen hängt.38 In einer weiteren Analyse hat sich herauskristallisiert, dass bei einer Be- schäftigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Rahmen von zwei bis acht Jahren eine niedrigere Abschlussqualität festgestellt wurde, bei einer Beschäfti- gung von neun oder mehr Jahren wurde dieser Zusammenhang nicht beobachtet.39 Auch eine weitere Studie bestätigt, dass die Fehlerrate in den ersten Jahren der Geschäftsbeziehung höher ist und bei Geschäftsbeziehungen von sieben oder mehr Jahren den tiefsten Stand erreicht hat.40 Betrachtet man isoliert diesen Zu- sammenhang zwischen der Beschäftigungsdauer der Wirtschaftsprüfungsgesell- schaft und der Fehlerquote, so sollte eine möglichst lange Beschäftigungsdauer angestrebt werden, da die Fehlerwahrscheinlichkeit bei längerer Beschäftigung niedriger ist. Diese Aussage ist jedoch keinesfalls zu verallgemeinern, da auch andere Aspekte, beispielsweise ob die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfungs- gesellschaft nach sehr langer Beschäftigungsdauer noch vollends gegeben ist,41 eine wichtige Rolle spielen.
Anschließend wird nun auf die Studien eingegangen, welche in einem engen Zusammenhang mit der späteren Untersuchung stehen und mit deren Hilfe die Hypothesen entwickelt werden. Hierzu werden Studien hervorgehoben, welche sich mit der Wechselhäufigkeit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie mit den Honorarhöhen von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nach einem Wechsel oder nach fehlerhaften Abschlüssen beschäftigen.
Aus dem Jahre 2007 existiert eine erste empirische Analyse, welche den Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der DAX- und MDAX-Konzerne unter- sucht.42 Im Rahmen dieser Analyse wurden die Wechsel der Wirtschaftsprüfungs- gesellschaften von 2000 bis 2005 untersucht.43 Hierbei ergibt sich als Ergebnis, dass bezüglich der untersuchten Unternehmen im DAX drei Unternehmen im ge- nannten Zeitraum die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wechselten,44 was einer Quote von 12,5 % entspricht. In vorliegender Studie wurden sechs Konzerne der Finanzdienstleistungsbranche entfernt, damit keine Verzerrungen aufgrund von Spezialisierungen bei der Untersuchung auftreten.45 Für die Konzerne, welche im Rahmen des MDAX untersucht wurden, kann keine Vergleichsrechnung durchge- führt werden, da das in der Studie verwendete Sample nicht vollständig ist.46 Dies hängt damit zusammen, dass einzelne untersuchte Unternehmen noch nicht in al- len betrachteten Geschäftsjahren existent waren.47 Ebenfalls existiert eine weitere Untersuchung, bei welcher alle kapitalmarktorientierten Unternehmen von 2005 bis 2010 auf Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft untersucht wurden.48 Hierbei wurde festgestellt, dass in insgesamt 242 Fällen die Wirtschaftsprüfungs- gesellschaft gewechselt wurde.49 Da die Summe der Beobachtungen in dieser Stu- die 2593 betrug50 ergibt sich eine Quote von 9,33 %. Die zuvor genannten Wech- selquoten dienen im weiteren Verlauf der Arbeit als Vergleichswerte für die Wechselquote nach einer Fehlerfeststellung.
Weiterhin soll untersucht werden, ob Unternehmen nach einer Fehlerfeststellung bevorzugt zu Big-Four-Unternehmen wechseln oder ob es wahrscheinlicher ist, dass Nicht-Big-Four-Unternehmen nach einer Fehlerfeststellung entlassen wer- den. In einer ersten Studie hat sich herausgestellt, dass bei einem fakultativen Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu 57,86 % ein Big-Four- Unternehmen als neue Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingestellt wird.51 Eine weitere Untersuchung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wahrscheinlich- keit höher ist, dass ein Nicht-Big-Four-Unternehmen nach einem fehlerhaften Ab- schluss entlassen wird als ein Big-Four-Unternehmen.52 Dies legt die Vermutung nahe, dass auch im Rahmen dieser Arbeit mehr Unternehmen Nicht-Big-Four- Unternehmen nach einer Fehlerfeststellung entlassen werden als Big-Four- Unternehmen.
Bezüglich der Honorarentwicklung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nach Fehlerfeststellungen zeigte sich in einer ersten Studie, dass sich bei obligatorischem Wechsel die Honorarhöhe nicht verringert.53
Den fakultativen Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betreffend wurde nachgewiesen, dass im ersten Jahr nach dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Abschlussqualität steigt und mehr Stunden im zu prüfenden Unternehmen geleistet werden, gleichzeitig jedoch das Honorar im ersten Wechseljahr geringer ist als im Vorjahr.54 Eine andere Studie zeigt auf, dass der fakultative Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im direkten Zusammenhang mit niedrigeren Honoraren steht.55 Bei diesen Untersuchungen erfolgte der Wechsel jedoch nicht aufgrund eines fehlerhaften Jahresabschlusses.
Eine Untersuchung, welche sich zwar nicht mit dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, jedoch mit der Veränderung der Honorarhöhe nach einer Fehlerveröffentlichung durch die SEC beschäftigt, kommt zu dem Ergebnis, dass in Jahren nach einer Fehlerveröffentlichung die Honorare steigen.56 Bei der SEC handelt es sich um die US-amerikanische Kapitalmarktaufsichtsbehörde, welche mit der BaFin vergleichbar ist.57
Es lässt sich somit keine eindeutige Tendenz erkennen, wie sich die Honorare nach einem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Kombination mit ei- ner vorherigen Fehlerfeststellung entwickeln. Aufgrund zuvor genannter Untersu- chung wird angenommen, dass sich die Honorare nach einer Fehlerfeststellung ebenfalls erhöhen, auch wenn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gewechselt wird. Daraus lassen sich folgende Hypothesen ableiten:
H0A: Wird die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach der Fehlerfeststellung gewechselt, so kommt es zu einer niedrigeren oder identischen Honorarzahlung als vor dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
H1A: Wird die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach der Fehlerfeststellung gewechselt, so kommt es zu einer höheren Honorarzahlung als vor dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Weitere Studien spezialisieren sich auf die Rotation bezüglich der Big-Four- Unternehmen. So wurde bei einer Untersuchung öffentlicher Unternehmen in Ita- lien festgestellt, dass bei einem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu einem Big-Four-Unternehmen die Honorare sanken, wurde zu einem Nicht-Big- Four-Unternehmen gewechselt, so konnte kein Zusammenhang erkannt werden.58 Hierbei ist zu betonen, dass in Italien seit 1975 der Wechsel der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft obligatorisch ist.59 Eine andere Studie hat sich mit einer ähnli- chen Problematik vor und nach der Einführung des Sarbanes-Oxley Act befasst. Diese Gesetzesinitiative verschärfte die Aufsicht bezüglich der Abschlussprüfung durch Einführung einer weiteren Überwachungsinstanz neben der SEC.60 Weiter- hin ist eine Rotation des verantwortlichen Partners der jeweiligen Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft alle 5 Jahre obligatorisch, nicht jedoch die Rotation der Wirt- schaftsprüfungsgesellschaft selbst.61 So wurde bei dieser Studie herausgefunden, dass es vor der Einführung dieser Gesetzesinitiative bei einer erstmaligen Prüfung im Jahre 2001 durch ein Big-Four-Unternehmen einen durchschnittlichen Dis- count von 24 % für das zu prüfende Unternehmen gab.62 Nach der Einführung zahlten Neukunden in den Jahren 2005-2006 eine Prämie i. H. v. 16 % für eine erstmalige Prüfung durch ein Big-Four-Unternehmen.63 Auch bei diesen Untersu- chungen erfolgte der Wechsel jedoch nicht aufgrund eines fehlerhaften Jahresab- schlusses. Durch die zuvor genannten Studien wird auf nachfolgende Hypothesenformulierung geschlussfolgert:
H0B: Wird nach der Fehlerfeststellung zu einem Big-Four-Unternehmen gewechselt, so kommt es zu einer höheren oder identischen Honorarzahlung als vor dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
H1B: Wird nach der Fehlerfeststellung zu einem Big-Four-Unternehmen gewechselt, so kommt es zu einer geringeren Honorarzahlung als vor dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Bei dem im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Datensatz handelt es sich um eine Vollerhebung aller Fehlerfeststellungen der DPR und der BaFin, welche seit der Anerkennung der DPR als Enforcement-Institution im Jahre 200564 veröffentlicht worden sind. Da die DPR bei einer Enforcement-Prüfung stets zuerst tätig wird65 und die BaFin nur unter bestimmten Umständen ebenfalls prüft,66 so können die Fehlerveröffentlichungen der BaFin indirekt der DPR zugeordnet werden und so- mit im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls betrachtet werden. Erfasst wurden alle Fehlerveröffentlichungen, welche bis einschließlich 10. Mai 2016 laut § 37q Abs. 2 Satz 1 WpHG durch den elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Der verwendete Datensatz wurde vom Lehrstuhl für Rechnungswesen und Finanzierung der Universität Hohenheim zur Verfügung gestellt.
Die Daten sind in einem Excel-Dokument erfasst, dessen im Rahmen dieser Ar- beit relevante Inhalte im Folgenden beschrieben werden sollen. Die Gesamtmenge an erhobenen Daten beläuft sich auf 695 statistische Einheiten. In der ursprünglichen Version des Dokumentes befinden sich in jeder Zeile der Unternehmensname des betroffenen Unternehmens, das Veröffentlichkeitsdatum der Fehlerfeststellung sowie der Stichtag des betroffenen Abschlusses. Ebenso er- hält man die Information, ob das Unternehmen in der Vergangenheit einen ande- ren Unternehmensnamen hatte bzw. ob es mittlerweile einen anderen Unterneh- mensnamen, beispielsweise aufgrund einer Fusion, trägt. Wie weit die Untersu- chung auf eine Namensänderung zurückreicht wird aus den bereitgestellten Daten nicht ersichtlich.
Jede Zeile des Dokuments enthält nicht nur eine Fehlerveröffentlichung, sondern die jeweilige Fehlerveröffentlichung ist unter Umständen noch einmal aufge- schlüsselt. Dies ist der Fall, wenn in einer Fehlerveröffentlichung mehrere Positi- onen vorhanden sind, bei welcher die DPR bzw. die BaFin Fehler festgestellt hat. Rein quantitativ werden die eingepflegten Fehlerveröffentlichungen in Excel unter einer fortlaufenden ID erfasst.
Ergänzend dazu findet sich die Information, ob der jeweilige Fehlertatbestand eine Erfolgswirkung nach sich gezogen hat. Ebenfalls findet sich die Information, ob der Fehler durch die BaFin oder durch die DPR festgestellt wurde, hieraus lässt sich schließen, ob der Fehler auf der ersten oder der zweiten Stufe des Enforce- ment-Verfahrens festgestellt wurde.67 Auch erhält man die Information, ob der Fehler in einem Jahres- oder Zwischenabschluss bzw. in einem Zwischenbericht festgestellt wurde.
Des Weiteren sind in dem Dokument noch verschiedene Klassifikationscodes der jeweiligen Unternehmen angegeben, um das jeweilige Unternehmen bei weiterer Datenbankrecherche schnell und unmissverständlich identifizieren zu können. Im Rahmen dieser Arbeit sind die ISIN, zur Recherche mit Hilfe des elektronischen Bundesanzeigers und unter S&P Capital IQ, sowie die BvD ID Nr., zur Recherche unter Orbis, relevant, da die genannten Datenbanken zur weiteren Recherche ge- nutzt wurden.
[...]
1 Big-Four-Unternehmen: Deloitte & Touche LLP, Ernst & Young LLP, KPMG LLP, PricewaterhouseCoopers LLP.
2 Nicht-Big-Four-Unternehmen: alle anderen im vorliegenden Sample enthaltenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
3 Vgl. Hedderich/Sachs (2016), S. 542.
4 Vgl. PwC AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2014).
5 DPR (2015).
6 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 1.
7 Vgl. Capital (2014).
8 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 2.
9 Vgl. KarriereSPIEGEL (2013).
10 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 33.
11 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 33.
12 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 27.
13 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 7.
14 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 37.
15 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 23.
16 Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 24.
17 Vgl. DPR (2016a), S. 2.
18 Vgl. DPR (2016a), S. 2.
19 Vgl. DPR (2016a), S. 2.
20 Zur Vertiefung vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 24 f.
21 Vgl. DPR (2016b).
22 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 48.
23 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 49.
24 Vgl. Müller (2008), S. 444.
25 Vgl. Böcking/Gros/Worret (2015), S. 438.
26 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 50.
27 Vgl. Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2015), S. 48.
28 Vgl. Ernstberger/Stich/Vogler (2011), S. 217.
29 Vgl. Strohmenger (2014), S. 301.
30 Vgl. Böcking/Gros/Worret (2015), S. 431.
31 Vgl. Hitz/Ernstberger/Stich (2011), S. 253.
32 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 14.
33 Vgl. Nashwa (2004), S. 26.
34 Vgl. Jackson/Moldrich/Roebuck (2008), S. 420.
35 Vgl. Davidson/Jiraporn/DaDalt (2006), S. 69.
36 Vgl. Jenkins/Vermer (2013), S. 75.
37 Vgl. Jenkins/Vermer (2013), S. 81.
38 Vgl. Carcello/Nagy (2004), S. 55.
39 Vgl. Johnson/Khurana/Reynolds (2002), S. 637.
40 Vgl. Nashwa (2004), S. 26.
41 Vgl. Garcia-Blandon/Ma Argiles (2015), S. 82.
42 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 957.
43 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 958.
44 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 957.
45 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 957.
46 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 960.
47 Vgl. Küting/Reuter (2007), S. 957.
48 Vgl. Köhler (2012), S. 478.
49 Vgl. Köhler (2012), S. 478.
50 Vgl. Köhler (2012), S. 478.
51 Vgl. Köhler (2012), S. 478.
52 Vgl. Hennes/Leone/Miller (2014), S. 1077.
53 Vgl. Nashwa (2004), S. 26.
54 Vgl. Deis/Giroux (1996), S. 55.
55 Vgl. DeAngelo (1981), S. 190.
56 Vgl. Barua/Smith (2012), S. 161.
57 Vgl. Litsoukov (2015), S. 37.
58 Vgl. Corbella/Florio/Gotti et al. (2015), S. 46.
59 Vgl. Corbella/Florio/Gotti et al. (2015), S. 46.
60 Vgl. Müller (2006), S. 85.
61 Vgl. Müller (2006), S. 85.
62 Vgl. Huang/Raghunandan/Rama (2009), S. 171.
63 Vgl. Huang/Raghunandan/Rama (2009), S. 171.
64 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 5.
65 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 23.
66 Für eine Übersicht dieser Umstände vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 24 f.
67 Vgl. Zülch/Beyhs/Hoffmann et al. (2014), S. 23.
Der GRIN Verlag hat sich seit 1998 auf die Veröffentlichung akademischer eBooks und Bücher spezialisiert. Der GRIN Verlag steht damit als erstes Unternehmen für User Generated Quality Content. Die Verlagsseiten GRIN.com, Hausarbeiten.de und Diplomarbeiten24 bieten für Hochschullehrer, Absolventen und Studenten die ideale Plattform, wissenschaftliche Texte wie Hausarbeiten, Referate, Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen und wissenschaftliche Aufsätze einem breiten Publikum zu präsentieren.
Kostenfreie Veröffentlichung: Hausarbeit, Bachelorarbeit, Diplomarbeit, Dissertation, Masterarbeit, Interpretation oder Referat jetzt veröffentlichen!
Kommentare