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Bachelorarbeit, 2016
44 Seiten, Note: 1,7
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen zum Investor Sentiment
3 Stimmungsindikatoren zur Messung von Investor Sentiment
3.1 INVESTOR SURVEYS - Anlegerbefragungen
3.2 INVESTOR MOOD - Investoren Laune
3.3 RETAIL INVESTOR TRADES - Kleinanleger Handel
3.4 MUTUAL FUND FLOWS - Investmentfond Ströme
3.5 INSIDER TRADING - Insiderhandel
3.6 OPTION IMPLIED VOLATILITY - Implizierte Volatilität von Optionsscheinen
3.7 PUT/CALL RATIO
3.8 GOOGLE SEARCH INTENSITY - Google Suchintensität
3.9 TRADING VOLUME (TURN) - Volumen des Börsenumsatzes
3.10 DIVIDEND PREMIUM (PD−ND) - Dividendenprämie
3.11 CLOSED-END FUND DISCOUNT (CEFD) - Marktprämie geschlossener Fonds
3.12 INITIAL PUBLIC OFFERING (RIPO, NIPO) - Börsengang
3.13 EQUITY ISSUES OVER TOTAL NEW ISSUES (S) - Eigenkapitalanteil von Neuemissionen
4 Konstruktion des Sentimentindex und Interpretation der historischen Ereignisse für den US-Markt
4.1 Konstruktion des Sentimentindex für die USA
4.2 Interpretation der historischen Ereignisse auf Basis der Indexwerte von SENT
5 Konstruktion des Globalen und Deutschen Sentimentindex und Interpretation der historischen Ereignisse
5.1 Konstruktion des Deutschen und Globalen Sentimentindex
5.2 Interpretation der historischen Ereignisse auf Basis der Indexwerte SENT Germany und SENT Global
6 Empirische Ergebnisse und kritische Diskussion
6.1 Erkenntnisse des Investor Sentiments für USA
6.2 Erkenntnisse des Investor Sentiments Global und Länderbezogen
6.3 Kritische Diskussion
Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung. 1: Investor Sentiment in den Vereinigten Staaten, 1966 bis 2005 (Quelle: in Anlehnung an Baker/Wurgler (2007): 140)
Abbildung 2: Investor Sentiment in Deutschland, 1980 bis 2005 (Quelle: in Anlehnung an Baker/Wurgler/Yuan (2012): 277)
Abbildung 3: Investor Sentiment Global, 1980 bis 2005 (Quelle: in Anlehnung an Baker/Wurgler/Yuan (2012): 279)
Bei der Beobachtung der Finanzmärkte fallen immer wieder außergewöhnliche Veränderungen der Aktienkurse auf, die allen theoretischen Erklärungen der klas- sischen Finanzmarkttheorie zu trotzen scheinen.1 Um diese Ereignisse zu erklären, gewinnt der Ansatz des Behavioral Finance2 stets an Bedeutung.3 Dabei werden kapitalmarkttheoretische Ansätze in Verbindung mit verhaltenstheoretischen An- sätzen untersucht.4 Darüber hinaus spielt auch die Massenpsychologie eine wich- tige Rolle, welche das kognitive und emotionale Verhalten der Anleger5 behan- delt.6 Besonders der Aspekt, dass die Anleger bestimmte Stimmungsmuster auf- weisen und sich nicht zwangsläufig rational und nutzenmaximierend verhalten, steht im Vordergrund vieler Untersuchungen.7 Auf Grund dessen ergibt sich ein neuer Forschungsansatz, welcher das Investor Sentiment8 analysiert.9
Dieses spiegelt das emotionale und nicht das rationale Verhalten der Anleger wider. Einige Investoren lassen sich von Emotionen beeinflussen. Daraus resultiert eine Verzerrung der Erfahrungen und des Wissens der einzelnen Anleger, wodurch die anschließenden Entscheidungen zu Fehlbewertungen führen.10
Im der „Behavioral Finance“-Forschung wird folglich daran gearbeitet das Inves- tor Sentiment zu untersuchen, um Fehlbewertungen zu erkennen, die Finanzmärkte transparenter zu gestalten und Prognosen über Aktienrenditen zu treffen.11
Das zentrale Ziel dieser Arbeit besteht darin, den signifikanten Einfluss des Inves- tor Sentiments auf dem Finanzmarkt zu untersuchen. Dabei soll der Leser die in der Literatur untersuchten Indikatoren zur Ermittlung der Anlegerstimmung ken- nenlernen. Eine entscheidende Rolle spielen die umfangreichen Untersuchungen von Baker und Wurgler (2006, 2007) sowie Baker, Wurgler und Yuan (2012).
In diesem Zusammenhang ergeben sich folgende Forschungsfragen, die im weite- ren Verlauf der Arbeit untersucht werden:
- Wie kann die Anlegerstimmung identifiziert und gemessen werden?
- Wie gut können historischen Ereignisse der Finanzmärkte mit Hilfe der Anle- gerstimmung interpretiert werden?
- Welche Aktien sind anfälliger für die Stimmung der Anleger?
- Welche Auswirkungen hat die Anlegerstimmung auf die Aktienkurse?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen werden im zweiten Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen erklärt. Das dritte Kapitel zeigt eine Übersicht der bisher in der Literatur untersuchten Indikatoren, die zur Identifizierung und Mes- sung der Anlegerstimmung verwendet werden. In den zwei darauffolgenden Kapi- teln wird zunächst die Konstruktion des zusammengesetzten Stimmungsindex für die USA und anschließend ein deutscher sowie ein globaler Sentimentindex vor- gestellt. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden für die Analyse der histori- schen Ereignisse verwendet. Abschließend werden im Kapitel sechs die Auswir- kungen des Investor Sentiments auf dem Finanzmarkt aufgezeigt und kritisch dis- kutiert. Das Fazit fasst die wichtigen Erkenntnisse der vier Forschungsfragen zu- sammen, um das primäre Ziel dieser Arbeit zu erreichen. Ein Forschungsausblick rundet diese Arbeit ab.
In der klassischen Finanzmarkttheorie wird von einem rational handelnden Inves- tor ausgegangen. Das Modell des sogenannten „Homo Oeconomicus“ geht davon aus, dass ein Investor ausschließlich nutzenorientiert handelt, vollständige verfüg- bare Informationen besitzt und Entscheidungen frei von Emotionen trifft. In der Praxis zeigt sich, dass der rationale Homo Oeconomicus nur in der Theorie exis- tiert, weil emotionale und kognitive Aspekte unberücksichtigt bleiben.12
An dieser Stelle setzt die „Behavioral Finance“-Forschung an und versucht die kaptalmarkttheoretischen Ansätze mit psychologischen Grundlagen des menschlichen Handels aus den Erkenntnissen der Massenpsychologie zu verbinden. Dabei wird das Verhalten der Anleger untersucht, welches nicht nur durch das rationale Handeln, sondern auch durch kognitive und emotionale Aspekte beeinflusst wird, wie z. B. Angst, Gier und Euphorie.13
In diesem Zusammenhang stellen De Long et al. (1990) zum ersten Mal die These auf, dass die Anleger einer Stimmung unterliegen. So entsteht ein neuer For- schungsansatz, der das Investor Sentiment untersucht. Dabei gehen die Autoren anders als die klassische Finanzmarkttheorie von zwei Arten der Anleger aus. Zum einen handelt es sich hierbei um die rationalen Anleger, sogenannte Arbitrageure14, die frei von Stimmungseinflüssen sind. Zum anderen sind es die irrationalen An- leger, die bestimmten psychologischen Einflüssen unterliegen und Anlageent- scheidungen mit begrenzter Rationalität treffen. Derartige Anleger werden auch als „Noise Trader“15 bezeichnet. Ihre Entscheidungen basieren weniger auf tief- gründigen Analysen, sondern mehr auf nicht fundamentalen Daten, Gerüchten und unvollständigen Informationen. Dieses Verhalten führt zu Fehlbewertungen, wo- raus Kursabweichungen resultieren.16
In Bezug auf den Ansatz des Investor Sentiment entsteht die Annahme, dass Fehlbewertungen aus der Kombination zweier Faktoren entstehen:17
1) Die stimmungsbedingte Nachfrage seitens der irrationalen Anleger. Diese ergibt sich durch die begrenzte Rationalität, wobei die Anleger bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen bewusst oder unbewusst Teilinformationen vernachlässigen.18
2) Die Grenzen der Arbitrage seitens der rationalen Anleger. Nach ursprüng- lichem Begriffsverständnis ermöglicht Arbitrage die durch irrationale An- leger verursachte Fehlbewertung zu korrigieren. In der Praxis zeigen sich jedoch Grenzen auf, z.B. die gesetzlichen Beschränkungen, Transaktions- kosten und Kosten für Wertpapierleihe.19
Das Vernachlässigen von Informationen und das irrationale Handeln des Anlegers wird zusätzlich von dem sogenannten „Herdenverhalten“20 beeinflusst. Dabei ver- lässt sich der irrationale Anleger auf die Meinung der Masse und verdrängt be- stimmte Informationen, die gegen eine Investition sprechen. Besonders Kleinanle- ger21, unerfahrene und nicht-institutionelle Anleger neigen zu dieser Verhaltungs- weise.22
Das Verhalten der irrationalen Anleger hilft maßgeblich zur Entstehung von Spe- kulationsblasen, welches durch die Grenzen der Arbitrage nicht verhindert werden können. In diesem Kontext sind Aktien, die subjektiv und schwer zu bewerten sind, anfällig für Spekulationen und gehen mit einem hohen Investor Sentiment einher. Insbesondere solche Aktien, die von jüngeren, unrentablen Wachstumsunterneh- men mit geringer Kapitalisierung und hoher Volatilität23 stammen. Zudem sind auch Aktien von Unternehmen betroffen, die keine Dividende auszahlen oder fi- nanzielle Schwierigkeiten haben. So entstehen während einer Spekulationsblase, bei der die Anlegerstimmung und die Spekulationsneigung hoch sind, falsche Be- wertungen.24
Im folgenden Abschnitt werden die Stimmungsindikatoren, die sogenannten Proxies zur Messung des Investor Sentiments vorgestellt und die Erkenntnisse über die einzelnen Indikatoren vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden, neben den von Baker und Wurgler (2007) zusammengefassten Proxies, weitere in der Li- teratur gängige Stimmungsindikatoren erklärt. Die Stimmungsindikatoren dienen dazu, auffälliges Verhalten der Anleger zu identifizieren, um so eventuell bevor- stehende Trendentwicklungen zu deuten oder vergangene Ereignisse zu erklären.25
Dabei entsteht die folgende Problematik, dass in der Literatur kein eindeutiges Maß zur Identifikation und Messung des Investor Sentiments existiert. Das liegt daran, dass die Stimmung der Anleger nicht durch exakte Methoden gemessen werden kann. Exogene Schocks, welche eine Veränderung der Anlegerstimmung auslösen, können eine Kette von Ereignissen in der Finanzwelt freisetzen. Proble- matisch ist dabei, dass sich die Abfolgen dieser Kette aus verwirrenden Einflüssen zusammensetzen. Zum Beispiel können zunächst die Anlegerüberzeugungen an- hand von Befragungen aufgezeigt werden. Diese Überzeugungen können dann zu beobachtbaren Mustern im Wertpapierhandel zusammengefasst und aufgezeichnet werden. Die begrenzte Arbitragemöglichkeit lässt auf einen steigenden Nachfra- gedruck schließen, welcher zu einer möglichen Fehlbewertung führen und anhand des Buch-Markt-Verhältnisses beobachtet werden kann. Diese Ineffizienz könnte die Entscheidungen von Unternehmensinsider beeinflussen. So sind Erhebungen und Datenreihen mit Vorsicht zu betrachten. Dennoch lassen sich geeignete Indi- katoren finden, um die Stimmung der Anleger zu charakterisieren.26
An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Erkenntnisse der einzelnen Autoren verkürzt dargestellt werden und nur auf die wichtigsten Ansätze zur Erklärung der Stimmungsindikatoren eingegangen wird.
Bereits durch die Frage nach der optimistischen Einstellung des Anlegers kann ein erster Einblick gewonnen werden. In der Literatur gibt es zahlreiche Beispiele zu unterschiedlichen Verfahren und Methoden der direkten Anlegerbefragung. Eine alternative Methode stellt die Investor Intelligence Umfrage dar, bei der durch Auswertungen der Newsletter und Börsenbriefe eine entsprechende Stimmung ab- geleitet werden kann.27
Robert Shiller ist einer der Ersten gewesen, der Umfragen zur Anlegerstimmung durchgeführt hat. Seit 1989 werden gemeinsam mit der Yale School of Manage- ment institutionelle Anleger und individuelle Personen mit einem hohen Einkom- men in den Vereinigten Staaten befragt. Die Investoren werden anhand von offe- nen Fragen über Ihre Erwartungen nach prozentualen Preisänderungen befragt.28
Der UBS/GALLUP Index of Investor Optimism repräsentiert eine Umfrage der Schweizer Bank UBS AG in Zusammenarbeit mit der Gallup Organisation. Dabei werden zufällig ausgewählte Haushalte in den Vereinigten Staaten, die mehr als 10.000 USD Vermögen besitzen, interviewt.29 Im Vergleich zu der Shillers Umfrage werden hierbei die Investoren durch ausgewählte Fragen nach Ihrer Einschätzung der zukünftigen Renditen befragt.30
Eine weitere Umfrage untersucht das Verbrauchervertrauen (consumer con- fidence). Aus den erhobenen Daten wird unter anderem der Costumer Sentiment Index (ICS) erstellt. Diese Befragung wird von dem University of Michigan Sur- vey Research Center seit 1978 durchgeführt. Es werden monatlich ca. 500 Haus- halte in den in den Vereinigten Staaten interviewt. Die Verbraucher beantworten fünf Kernfragen, die sich nicht direkt auf den Wertpapierkurs beziehen. Dabei han- delt es sich um folgende Themen: die Einschätzung der persönlichen finanziellen Lage, bezogen auf vorherige und folgende Jahre; die finanzielle Lage des Landes im folgenden Jahr und in den nächsten fünf Jahren; sowie die Einschätzung der finanziellen Kraft zur Tätigung von Investitionen für den Haushalt.31
Die Autoren Qiu und Welch (2006)32 weisen auf eine statistisch signifikante Kor- relation der Abweichungen in den Daten der USB/GALLUP und der Michigan ICS Indizes, obwohl die Befragungen mit unterschiedlichen Verfahren durchgeführt werden.(S.11) Damit wird bestätigt, dass die zuvor genannten Umfragen einen an- gemessenen Indikator zur Messung des Investor Sentiments darstellen.(S.26f.) Zu- dem besteht ein Zusammenhang zwischen der Änderung in der Anlegerstimmung, den Kleinaktienrenditen (small stock returns) sowie den Renditen, die überwie- gend von Kleinanlegern gehalten werden.(S.17f.)
Auf dem deutschen Markt führt Sentix33 seit 2001 wöchentliche Befragungen bei privaten und institutionellen Anlegern über ihre Markterwartung durch. Daraus werden für verschiedene Märkte mehrere Sentix Behavioral Indizes erstellt.34
Mit diesem Stimmungsindikator wird versucht den Einfluss auf die Aktienkurse anhand der allgemein herrschenden Stimmung der Bevölkerung und nicht nur in Bezug auf die Anlegerstimmung zu erklären. So finden Kamstra, Kramer, und Levi (2003) einen Beweis dafür, dass die Marktrenditen im Herbst und Winter durch- schnittlich niedriger ausfallen. Diese Erkenntnis ist auf die „saisonale Depres- sion“35 zurückzuführen.36
Darüber hinaus analysieren Edmans, García und Norli (2007) den Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der internationalen Fußballspiele und den Vermögens- preisen (asset prices). Die Autoren können eine wirtschaftliche und statistisch sig- nifikante negative Beziehung zu dem Land, welches das Spiel verloren hat, fest- stellen. Dieser Effekt wurde ebenso für Sportarten wie Rugby, Cricket und Basket- ball bestätigt. Es wurde dokumentiert, dass die Kleinaktien (small stocks) diesem Effekt stärker unterliegen, da diese eher vom Sentiment betroffen sind. Mögliche Auswirkungen auf das Land, dass das Spiel gewonnen hat, können in dieser Studie nicht bestätigt werden.37
Privatanleger sowie unerfahrene, nicht-institutionelle Anleger unterliegen eher dem Sentiment als die Experten. Dies ist damit begründet, dass diese stärker auf die exogenen Informationen reagieren. Kleinanleger agieren relativ simultan. Sie kaufen und verkaufen die Aktien so, dass eine hoch systemische Stimmung erkenn- bar ist.38 Diese Feststellung bestätigen auch Kumar und Lee (2006) in ihrer Arbeit.
Die Autoren schlagen vor, eine gezielte Messung der Kleinanlegerstimmung zu konstruieren, die auf Grundlage gekaufter und verkaufter Aktien basiert.39
In der Arbeit von Greenwood und Nagel (2006) können die Autoren anhand der Dot.com-Blase40 die Hypothese bestätigen, dass jüngere Investoren auf dem Höhepunkt der Blase stärker in Aktien investieren als Ihre ältere Kollegen.41
Die Investmentfond Ströme sind die Zahlungsströme, die in und aus dem Invest- mentfond fließen. Sie bieten eine weitere Möglichkeit das Sentiment der Anleger zu deuten. Die Angaben zu den Investmentfond Anlegern sind leichter über die Fondkategorien abzurufen und erleichtern somit die Zugänglichkeit der Daten.42
Frazzini und Lamont (2008) untersuchen, ob Investmentfond Ströme eine gute Möglichkeit darstellen, Investor Sentiment für verschieden Aktien zu messen. Da- bei finden sie heraus, dass zwischen einer hohen Stimmung der Anleger und einer niedriger ausfallenden Prognose zukünftiger Renditen ein Zusammenhang besteht. Bei einem hohen Sentiment werden die tatsächlichen Werte (fundamental value) der Wertpapiere in die Höhe getrieben, was zu einer Fehlbewertung führen kann. Daraus resultiert, dass die durchschnittlichen zukünftigen Renditen kleiner ausfal- len.43
Die Arbeit von Massa et al. (1999) stellt die Existenz von relativ hohen Korrelati- onen zwischen der Stimmung der Anleger und den Investmentfond Strömen vor. Dabei wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Anlegerstimmung und den zukünftigen Renditen der Aktienfonds auf dem US-Markt gefunden.44
Ein allgemeines Maß für die Marktstimmung wird von den Autoren Brown et al. (2003) vorgeschlagen. Dieses basiert auf der Interaktion der Fondanleger innerhalb und außerhalb der Fonds, z.B. wird betrachtet ob eher "sichere" StaatsanleihenFonds oder "riskante" Wachstumsaktien-Fonds bevorzugt werden.45
In der Regel besitzen Unternehmensinsider, beispielweise Führungskräfte bessere Informationen über den wahren Wert ihres Unternehmens als externe Investoren. So können sie diesen Vorteil noch vor der Veröffentlichung ausnutzen. Ungeachtet der Gesetzgebung können bestimmte Portfolio-Entscheidungen der Führungs- kräfte persönliche Ansichten sowie Informationen in Bezug auf bestehende Fehl- bewertung ihrer Firma offenbaren. Das bedeutet, dass erkennbare Muster des Insi- derhandels eine systematische Stimmung beinhalten.46 Auch Baker und Wurgler (2006) sind davon überzeugt, dass Insider Trading ein geeigneter Proxy zur Mes- sung von Investor Sentiment ist.47
Seyhun (1986)48 weist in seiner Arbeit darauf hin, dass Unternehmensinsider im Gegensatz zu den externen Investoren in der Regel über Informationsvorteile ver- fügen, die sie zur Erzielung von systematischen Überrenditen verwenden.(S.196) Außerdem stellt er fest, dass die Insider vor dem Anstieg der Aktienkurse syste- matisch kaufen oder verkaufen, bevor die Aktienkurse einstürzen.(S.198)
Lakonishok und Lee (2001) führen eine umfassende Überprüfung des Informationsgehalts des Insiderhandels und die Reaktion des Marktes auf diesen Handel durch. Sie stellen fest, dass der Markt die Insideraktivitäten außer Acht lässt, obwohl diese einen zuverlässigen Anstieg der Aktienkurse vorhersagen. Folglich haben Insider durch Ihre Kaufaktivitäten die Fähigkeit, Renditen kleinerer Unternehmen solide vorherzusagen, da diese aufgrund des geringen Informationsgehalts besonders schwer zu durchschauen sind.49
Bei der implizierten Volatilität wird die zukünftige erwartete Volatilität ermittelt. Diese bezieht sich auf Optionsscheine und zeigt eine mögliche Messung für die schwankenden Basiswerte auf.50 Durch die Umformung der Black-Scholes-Formel wird die implizierte Volatilität als Funktion der Optionspreise ermittelt.51
Von den Börsen werden verschiedene Volatilitätsindizes erstellt, welche als eine Art Angstbarometer gelten. Ein solcher Index ist der Market Volatility Index (VIX), welcher die implizierte Volatilität von dem Standard & Poor's 50052 (S&P 500) Aktienindex misst.53
Zudem untersucht Whaley (2000) mit Hilfe von VIX die historischen Ereignisse und versucht diese zu beschreiben. Hohe Werte stehen für starke Kursschwankun- gen und deuten auf einen unruhigen Markt hin.54 Auch Simon und Wiggins (2001) finden heraus, dass VIX dabei hilft, die Renditen der S&P 500 Termingeschäfte (Futurs) vorherzusagen.55
In der Arbeit von Han (2008) wird zusammengefasst, wie die Anlegerstimmung den Aktienkurs der S&P 500 Optionen beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Index Optionsvolatilität (index option volatility) flacher (steiler) und die risikoneutrale Dichte der monatlichen Indexrenditen mehr (weniger) negativ ausfällt, wenn die Markstimmung bearish (bullish)56 ist.57
[...]
1 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 129f.
2 Im Deutschen als „Verhaltensorientierte Finanzwissenschaft“ bezeichnet. Nähere Erläuterungen folgen im zweiten Kapitel.
3 Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 75ff.
4 Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 75.
5 Die Begriffe Anleger und Investor werden in dieser Arbeit als Oberbegriffe für die Marktteilnehmer verwendet.
6 Vgl. Kitzmann (2009): 16ff.
7 Vgl. Schriek (2009): 24ff.; Baker/Wurgler (2007): 129f.
8 Das Investor Sentiment wird im deutschen Sprachgebrauch als Anlegerstimmung betitelt. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Begriffe Anlegerstimmung, Investor Sentiment und Stimmung der Anleger als Synonyme verwendet.
9 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 129f.
10 Vgl. Kitzmann (2009): 18.
11 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 131; Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 75ff.
12 Vgl. Schriek (2009): 20ff.; Daxhammer/Facsar (2012): 75ff.
13 Vgl. Schriek (2009): 29f.; Kitzmann (2009): 16ff.; Für eine detaillierte Erklärung zum Ansatz des Behavioral Finance siehe Beck (2014): 1ff.
14 Arbitrageure nutzen die Preisunterschiede bei Kauf und gleichzeitigem Verkauf der Wertpa- piere an zwei unterschiedlichen Börsenplätzen aus. Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 101.
15 „Noise“ wird in diesem Zusammenhang als Grundrauschen des Marktes verstanden. Der Auslöser dafür ist das irrationale Verhalten der Investoren. Vgl. Röckemann (1995): 50f.
16 Vgl. De Long et al. (1990): 704ff.; Daxhammer/Facsar (2012): 101f.; Vgl. Röckemann (1995): 50ff.
17 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 131ff.
18 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 131f.; Daxhammer/Facsar (2012): 188f.
19 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 131f.; Daxhammer/Facsar (2012): 101ff.
20 Das Herdenverhalten geht den Bedürfnissen des Menschen nach, sich an Referenzgruppen zu orientieren und sich der Meinung der Masse anzuschließen. Vgl. Kitzmann (2009): 20ff.
21 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit steht der Begriff „Kleinanleger“ als Oberbegriff für Privatanleger und junge, unerfahrene, nicht-institutionelle Anleger.
22 Vgl. Kitzmann (2009): 20ff.; Daxhammer/Facsar (2012): 188f.
23 Die Volatilität des Aktienkurses wird als Maß für die Unsicherheit der zukünftigen Aktienkursbewertungen verstanden. Das bedeutet, dass diese die Schwankungsintensität des Basiswertes aufzeigt. Vgl. Hull (2009): 259.
24 Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 188f.; Baker/Wurgler (2007): 5f.
25 Vgl. Schriek (2009): 133.
26 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 135f.
27 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 136.
28 Vgl. Shiller (2005): 62f.
29 Vgl. Qiu/Welch (2006): 10.
30 Vgl. Shiller (2005): 64.
31 Vgl. Qiu/Welch (2006): 8.
32 Die Seitenzahlen in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Arbeit von Qiu/Welch (2006).
33 www.sentix.de
34 Vgl. Schriek (2009): 133.
35 Basierend auf unterstützenden Beweisen aus der Psychologie, ist die „saisonale Depression“ mit der rückläufigen Anzahl der Sonnenstunden in den Herbst- und Wintermonaten, verbunden. Vgl. Kamstra/Kramer/Levi (2003): 325f.
36 Vgl. Kamstra/Kramer/Levi (2003): 324.
37 Vgl. Emdans/García/Norli (2007): 1967.; für eine Übersicht weiterer Ansätze siehe Dowling/Lucey (2005).
38 Vgl. Barber/Odean/Zhu (2009): 567f.; für weitere Ansätze siehe Shleifer (2000).
39 Vgl. Kumar/Lee (2006): 2451f.
40 Unter dem Begriff „Dot.com“-Blase wird eine Spekulationsblase der 1997er Jahre verstanden. Dabei besteht eine hohe Nachfrage nach Aktien der Unternehmen aus dem Internet-, Technologie- und Mobiltelekommunikationssektor. Vgl. Daxhammer/Facsar (2012): 136f.
41 Vgl. Greenwood/Nagel (2007): 240.
42 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 136f.
43 Vgl. Frazzini/Lamont (2008): 295f.
44 Vgl. Massa et al. (1999): 21f.
45 Vgl. Brown et al. (2003): 2f.
46 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 138f.
47 Vgl. Baker/Wurgler (2006): 1658.
48 Die Seitenzahlen in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Arbeit von Seyhun (1986); für weitere Erklärungen siehe Seyhun (2000).
49 Vgl. Lakonishok/Lee (2001): 107ff.
50 Bei einer hohen Volatilität, wird von einem höheren Zeitwert und damit einem höheren Optionspreis ausgegangen. Vgl. Geyer/Uttner (2007): 69.
51 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 137.; Definitionen siehe Behrends (2013): „Optionsscheine“ sind Termingeschäfte, die man mit der Bank abschließt, um sich gegen zukünftige Preisschwankungen und Risiken abzusichern. (S.122); „Black-Scholes-Formel“ berücksichtigt alle relevanten Parameter einer Option. Die Entdeckung dieser Formel wird als Meilensteil der modernen Finanzwelt bezeichnet. (S.131ff.).
52 Standard & Poor´s 500 ist ein Unternehmensindex des US-Marktes, welcher die 500 größten Unternehmen des Landes zusammenfasst. Vgl. Röckenhäuser (1999): 69.
53 Vgl. Baker/Wurgler (2007): 137.
54 Vgl. Whaley (2000): 12f.
55 Vgl. Simon/Wiggins (2001): 452.
56 Die Begriffe bearishe und bullishe werden im Deutschen als bärisch und bullisch übersetzt. Bei einer bearishen Marktstimmung gehen die Anleger von fallenden Aktienkursen aus, bei einer bullishen Markstimmung von steigenden Aktienkursen. Vgl. Gresser (2005): 245.
57 Vgl. Han (2008): 388f.