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Bachelorarbeit, 2017
41 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
1.1. Thematische Einführung
1.2. Methodisches Vorgehen
2. Grundlagen und Begriffsbestimmung
2.1. Was ist Zeitarbeit?
2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen
3. Fakten zur aktuellen Situation der Zeitarbeit in der Pflege
3.1. Anteil/Verteilung von Zeitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt
3.2. Geschlechterstruktur
3.3. Regionalvergleich der Leiharbeiter
3.4. Gründe für die Zunahme von Zeitarbeit
3.5. Funktionswandel der Zeitarbeit
4. Wie Zeitarbeit in der Pflege eingesetzt wird
4.1. Die verschiedenen Typen der Zeitarbeit
4.2. Qualifikationsanforderungen an Zeitarbeiter
4.3. Motive für Gesundheitseinrichtungen, Zeitarbeiter einzusetzen
4.4. Motive für Zeitarbeitsfirmen
4.5. Motive von Pflegekräfte, in Zeitarbeitsfirmen zu arbeiten
4.6. die tarifliche Situation in der Zeitarbeit
4.7. Auswirkungen der Zeitarbeit auf die Pflege
5. Entwicklungstendenzen
6. Schlussfolgerung
7. Literaturverzeichnis
Abb. 1: Dreiecksbeziehung der Beschäftigungs- und Vergütungssituation in der LeihArbeit
Abb. 2: Anzahl der Zeitarbeiter im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen
Abb. 3: Verteilung von Zeitarbeitskräften nach Berufsgruppen
Abb. 4: Entwicklung der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in Deutschland von 1996-2009
Abb. 5: Anteile von Männern und Frauen in derzeitarbeit im Gesundheitswesen
Abb. 6: Regionalvergleich der Zeitarbeiter im Gesundheitswesen
Abb. 7: Pflegebedürftige in Deutschland von 1999 bis 2030: Status-Quo-Szenario
Abb. 8: Prozentuale Kennzahlenentwicklung in allgemeinen Krankenhäusern
Abb. 9: Anteile der Pflegefachkräfte und Pflegehelfer in der Zeitarbeit
Abb. 10: Personalbedarf in den Gesundheitsberufen bis 2030
Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, die Situation der Leiharbeit in der Pflege zu beleuchten. Anhand einer ausgiebigen Literatur- und Internetrecherche wurde hierzu diverse Fachliteratur genutzt, um die Grundlagen der Zeitarbeit darstellen zu können. Zudem halfen Statistiken, einen Überblick über Fakten der aktuellen Situation der Arbeitnehmerüberlassung zu gewinnen und gleichzeitig einen Vergleich zu den letzten Jahren herzustellen. Eine explorative Studie im Auftrag der Hans-Böckler- Stiftung zeigte zudem anhand von Experteninterviews, wie Zeitarbeit in der Pflege genutzt wird.
Leiharbeit unterscheidet sich explizit von regulären Arbeitsverhältnissen. Denn die Tätigkeiten der Arbeitnehmer werden nicht im Unternehmen, in dem sie angestellt sind ausgeübt, sondern in einem Kundenunternehmen. Die gesetzliche Grundlage dabei bildet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Auf Grund rechtlicher Änderungen verzeichnet diese Branche besonders seit dem Jahr 2004 ein expansives Wachstum. Im Bereich der Pflege ist der Grund für die drastische Zunahme der Personalüberlassung jedoch der anhaltende Fachkräftemangel. Während die Anzahl pflegebedürftiger Menschen zunimmt, werden Personalstellen aus wirtschaftlichen Gründen reduziert. Die daraus resultierende dünne Personaldecke der Gesundheitseinrichtungen lässt kaum Flexibilität zu. Kommt es zu kurzfristigen Personalausfällen, ist das Weiterführen des regulären Stationsbetriebes gefährdet. Das Einsetzen von Leiharbeitern soll dieses Problem beheben. Dabei wird Leiharbeit in der Pflege im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen nicht nur genutzt, um Personalmangelspitzen abzudecken, sondern ganze Stammbelegschaften aufrecht zu erhalten. Zudem ist auf Seiten der Entleihbetriebe eine Kostenersparnis möglich, da Leiharbeiter nur im Bedarfsfall genutzt und bezahlt werden. Gleichzeitig wird das Ausleihen von vorzugsweise Fachpflegekräften genutzt, um diese gegebenenfalls für das eigene Unternehmen rekrutieren zu können. Im Laufe der Zeit haben sich Zeitarbeitsfirmen auf unterschiedliche Bereiche der Personalüberlassung spezialisiert. Besonders häufig wird diese Beschäftigungsform in den Ballungsgebieten genutzt.
Aus Sicht der Leiharbeiter, die im Bereich des Gesundheitswesens überwiegend weiblich sind, gibt es vielerlei persönliche Gründe, für ein Personaldienstleistungsunternehmen tätig zu sein. Dabei wird diese Branche teilweise nur zur Überbrückung genutzt.
Festzustellen ist zudem, dass das Einsetzen von Zeitarbeitern in der Pflege keinen Qualitätsverlust der Patientenversorgung verursacht. Dafür müssen jedoch die Qualifikationen der Leiharbeiter mit den Ansprüchen des jeweiligen Entleihbetriebes übereinstimmen. Die Personalüberlassung hat sich am Markt etabliert, auch wenn der Anteil von Leiharbeitern im Gesundheitswesen noch sehr gering ist. Dennoch haftet der Ruf der modernen Sklaverei an dieser Beschäftigungsform. Besonders gesetzliche Rahmenbedingungen werden kritisiert. Zudem erhalten Leiharbeiter in der Regel einen geringeren Bruttolohn, auch wenn dies versucht wird durch Bonuszahlungen auszugleichen. Weitere Erforschung und Entwicklung dieser Branche ist somit nötig. Durch die zunehmenden Personalprobleme in der Pflege wird der Anteil der Leiharbeiter jedoch weiterhin steigen.
Das Gesundheitswesen gilt mit 2,8 Millionen Beschäftigten als wachsendes, zukunftsorientiertes und dynamisches Arbeitsfeld. Die Pflegeberufe bilden dabei mit etwa einer Millionen Fachkräfte die größte Berufsgruppe (vgl. Statistisches Bundesamt 2017). Dennoch sehen sich die Einrichtungen dieser Branche immer häufiger neuen Anforderungen ausgesetzt, welche die Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz dieser Unternehmen sichern sollen. Im Laufe der Zeit haben sich sowohl Beiträge als auch Einnahmen drastisch geändert. Um steigende Kosten auszugleichen, wurden in der Pflege Planstellen gestrichen, obwohl die Nachfrage an Dienstleistungen in diesem Bereich stetig steigt. Personal fehlt quasi in allen Bereichen (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 2). Bis zu 100.000 Vollzeitstellen werden in der Pflege benötigt. Die Belastung der Fachkräfte ist somit stark gestiegen (vgl. Simon 2015, S. 3). Der Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen benötigt ein großes Maß an Flexibilität und genau hier spielt Zeitarbeit längst eine Schlüsselrolle (vgl. Dinges et al. 2011, S. 1).
Zeitarbeit ist für die Unternehmen eine alternative Beschäftigungsform geworden, um anfallende Mehrarbeit oder personelle Ausfälle unter den eigenen Mitarbeitern abzudecken. Gleichzeitig wird die Flexibilität der Personalüberlassung genutzt, um Kosten einzusparen und somit wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben (vgl. Burda/Kvasnicka 2005, S. 3). Dabei erlebt diese Branche in den letzten Jahren ein kontinuierliches Wachstum mit immer weiter ansteigender Tendenz. Allein innerhalb der letzten drei Jahre ist die Anzahl von Zeitarbeitern im Gesundheitswesen, von denen ein großer Teil in der Pflege arbeitet, von ca. 51.000 auf 76.000 Arbeitnehmer gestiegen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017).
Dennoch leiden Zeitarbeitsfirmen unter einem schlechten Ruf, besonders aus arbeitsrechtlicher Sicht (vgl. Absenger et al. 2016). Es stellt sich zudem die Frage, ob durch das Nutzen dieser Beschäftigungsform die Probleme im Gesundheitswesen gelöst oder nur verschoben werden (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 31). Daher soll in dieser Arbeit die Situation der Zeitarbeit in der Pflege näher beleuchtet werden. Dabei gilt es anhand von Fachliteratur und empirischen Studien zu klären, welche Gründe für den dynamischen Anstieg dieser atypischen Beschäftigungsform verantwortlich sind. Außerdem soll dargestellt werden, wie das Instrument Zeitarbeit von Einrichtungen des Gesundheitswesens genutzt wird, um auf den Arbeitskräftemangel reagieren zu können. Hierbei soll sowohl die Perspektive der Zeitarbeitsfirmen, der Leiharbeiter, als auch der Entleihbetriebe berücksichtigt werden. Außerdem soll gezeigt werden, welche Auswirkungen Zeitarbeit auf die Versorgungsqualität der Pflege hat.
Für den Aufbau dieser Arbeit soll anhand einer ausführlichen Literatur- und Internetrecherche die Situation der Leiharbeit in der Pflege dargestellt werden. Neben Fachliteratur, die in erster Linie einen Überblick über die Grundlagen der Leiharbeit verschaffen soll, wurden besonders publizierte Studien und die Angaben des Statistischen Bundesamtes zu dieser Thematik genutzt, um einen auf Forschung basierten Überblick schaffen, wie Zeitarbeiter in diesem Beruf eingesetzt werden, welchen Einfluss sie auf die Pflege nehmen und wie sich die Situation dieser atypischen Beschäftigungsform innerhalb der letzten Jahre veränderte.
Zunächst soll Zeitarbeit genauer erklärt werden. Sowohl die Begrifflichkeit, als auch die Funktionsweise der Personalüberlassung sollen in einem ersten Schritt dargestellt werden. Diesbezüglich gilt es auch, den Fokus auf das charakteristische Dreiecksverhältnis zwischen Zeitarbeit, Zeitarbeitnehmer und dem jeweiligen Entleihbetrieb zu richten. Dies stellt einen expliziten Unterschied zu anderen Arbeitsverhältnissen dar. Auch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, welches die rechtlichen Rahmenbedingungen für Leiharbeitsunternehmen stellt, soll in seinen Inhalten beschrieben werden.
Ein zweites Kapitel thematisiert anschließend die Fakten zur aktuellen Situation der Zeitarbeit in der Pflege. Hierzu soll zunächst die Verteilung von Leiharbeitern auf dem deutschen Arbeitsmarkt einen ersten Einblick geben. Im Anschluss daran werden nicht nur die gegenwärtigen Verhältnisse in der Zeitarbeit, sondern auch die Darstellung der letzten Jahre erfolgen. Auch der Vergleich zwischen Männern und Frauen in dieser Branche soll an dieser Stelle gezogen werden. Der Verlauf der Zeitarbeit über die Jahre ist von diversen Faktoren beeinflusst wurden. Diese sollen in einem nächsten Schritt ebenfalls beschrieben werden, um den dynamischen Anstieg dieser Beschäftigungsform zu begründen. Anschließend soll der Fokus auf die unterschiedliche Verteilung von Leiharbeitern im Gesundheitswesen gerichtet werden und so zeigen, in welcher Region Deutschlands diese Beschäftigungsform wie häufig genutzt wird. Außerdem soll beleuchtet werden, welche Stellung die Arbeitnehmerüberlassung in Gesundheitsberufen eingenommen hat. Auch hier folgt der Vergleich der letzten Jahre zur momentanen Situation.
Anhand der explorativen Studie „Flexibilisierung durch Leiharbeit in der Pflege“, welche die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung 2010 durchführte, soll auf wissenschaftlichen Forschungsstand basierende Ergebnisse aufgezeigt werden, die darstellen, wie Zeitarbeit in der Pflege genutzt wird. Hierbei werden anfangs die unterschiedlichen Typen der Zeitarbeitsfirmen beschrieben und in einem weiteren Schritt die jeweiligen Qualifikationsanforderungen aufgezeigt, die an die Pflegekräfte der Verleihbetriebe gestellt werden.
Anschließend soll der Fokus auf die Arbeitnehmer von Zeitarbeitsfirmen gerichtet werden und zeigen, welche Motive diese für ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Personaldienstleister haben. Welche Motive die Einrichtungen des Gesundheitswesens wiederum haben, Zeitarbeiter in ihren Unternehmen einzusetzen, wird im darauffolgenden Kapitel dargestellt. Die tarifliche Situation in der Arbeitnehmerüberlassung ergibt ein weiteres Thema, welches es zu beleuchten gilt. Dabei soll unter anderem der Vergleich zu den versicherungspflichtigen Pflegekräften - die in der Regel nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlt werden - gezogen werden. Abschließend gilt es die Frage zu beantworten, welche Auswirkungen Zeitarbeit auf die Pflege hat. Hierbei liegt der Fokus besonders auf der Versorgungsqualität der Patienten. Das Darstellen der Entwicklungstendenzen soll darüber hinaus einen Blick über den Tellerrand gewährleisten und zeigen, welche Szenarien das Beschäftigungsmodell Zeitarbeit in Zukunft erwarten könnten. Eine Schlussfolgerung wird noch einmal einen Überblick über die dargestellten Ergebnisse dieser Bachelorarbeit geben.
Bevor Bezug auf die Pflegeberufe genommen wird, sollen zunächst die Grundlagen von Zeitarbeit im Allgemeinen dargestellt werden. Hierzu werden zunächst sowohl die Begrifflichkeit als auch die wichtigsten Aspekte dieser Beschäftigungsform beschrieben. Anschließend werden die rechtlichen Rahmenbedingen und deren Inhalte näher beleuchtet.
Zeitarbeit, auch gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung genannt, unterscheidet sich von herkömmlichen Beschäftigungsformen deutlich, da die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Arbeit nicht im eigentlichen Unternehmen des Arbeitgebers erfolgt. Leiharbeit ist die Überlassung eines Arbeitnehmers, samt seiner Arbeitskraft, durch einen Personaldienstleister an ein Kundenunternehmen. Der Grund hierfür liegt stets in einer Gewinnerzielung. Aus vertraglicher Sicht besteht hierbei ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen Personaldienstleister und dem Leiharbeiter. Somit ergibt sich für Zeitarbeit eine charakteristische Dreiecksbeziehung (siehe Abbildung 1). Die Weisungsbefugnis wird jedoch dem jeweiligen Entleihbetrieb zugesprochen. Das betreffende Unternehmen schließt hierfür einen Dienstleistungsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma ab. Dieser beinhaltet eine Zurverfügungstellung von geeigneten Arbeitskräften (vgl. Bouncken/Bornewasser 2012, S. 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Dreiecksbeziehung der Beschäftigungs- und Vergütungssituation in der Leiharbeit (modifiziert nach Bouncken/Bornewasser 2011, S.10)
Mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wurde Leiharbeit 1972 erstmals legalisiert und gleichzeitig ein rechtlicher Rahmen geschaffen. Zur damaligen Zeit sollten Betriebe mehr Personalflexibilität erhalten und Arbeitnehmer in feste Beschäftigungsverhältnisse integriert werden. Dieses Gesetz sollte die rechtlichen Bedingungen von Zeitarbeitsfirma und Kundenunternehmen in Bezug auf die Zeitarbeiter regeln. Initiator hierfür waren also hauptsächlich wirtschaftliche Gründe (vgl. Reinsch 2008, S. 19). Ziele des AÜG sind es, den Zeitarbeiter arbeitsrechtlich zu schützen und einen Missbrauch dieser Beschäftigungsform zu verhindern. Zudem soll somit erreicht werden, Leiharbeit von anderen Beschäftigungsverhältnissen abzugrenzen (vgl. Bouncken/Bornewasser 2012, S. 25). Die wichtigsten Inhalte dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen werden in der Folge stichpunktartig aufgeführt.
- Die Begrenzung der maximalen Überlassungsdauer von Zeitarbeitern wurde auf drei Monate festgelegt.
- Das Befristen einer Beschäftigung war zu begründen.
- Die Laufzeit des Beschäftigungsverhältnis durfte nicht mit der Dauer des Ersteinsatzes in einem Entleihbetrieb übereinstimmen.
- Das wiederholte Einsetzen eines Leiharbeitnehmers im selben Entleihbetrieb war verboten.
Die Überlassungshöchstdauer wurde jedoch in den Folgejahren Schritt für Schritt verlängert. 1985 wurde diese Zeit auf sechs Monate festgelegt und bis 2002 bereits auf zwei Jahre angehoben. 2004 viel diese Vorgabe schließlich komplett weg, was einen zeitlich unbegrenzten Einsatz eines Zeitarbeiters in einem Unternehmen ermöglichte. Auch die Begründungspflicht, dass Synchonisierungsverbot und das Untersagen wiederholender Einsätze im selben Entleihbetrieb wurde bereits 1997 per neuer Gesetzesreform entfernt. All dies sorgte für flexiblere Nutzungsmöglichkeiten von Zeitarbeitern aus Sicht der Kundenunternehmen. Somit ist die Beschäftigung von Zeitarbeitern heutzutage nur noch schwer mit der traditionellen Form zu vergleichen (vgl. Bleich et al. 2008, S.8). Im Jahr 2017 wurden zudem weitere Änderungen des AÜG vorgenommen. Die wichtigsten Inhalte dieser Neuauflage sollen an dieser Stelle dargestellt werden.
- Es wird die maximale Höchstdauer für Leiharbeiter in einem Betrieb wieder eingeführt und auf 18 Monate beschränkt. Nach diesem Zeitraum müssen die Arbeitskräfte entweder vom jeweiligen Unternehmen übernommen werden oder vom Entleihbetrieb abgezogen werden. Tarifpartner können sich jedoch auf einen längeren Einsatz einigen.
- Ein Lohnangleich muss ab dem neunten Monat erfolgen. Zeitarbeitsfirmen sind somit verpflichtet, das Arbeitsendgeld des Arbeitnehmers bis zu diesem Zeitpunkt an das der Stammbelegschaft des jeweiligen Kundenbetriebes anzugleichen. Auch hier kann im Rahmen eines Tarifvertrages davon abgewichen werden.
- Leiharbeiter dürfen fortan auch nicht mehr als Streikbrecher genutzt werden. Sie dürfen zwar in Unternehmen arbeiten in denen gestreikt wird, jedoch keine Tätigkeiten des streikenden Personals übernehmen.
- Auch die Abgrenzung zu Werksvertägen spielt nun eine besondere Rolle in diesem Entwurf. Somit sollen Scheinwerksverträge und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zukünftig verhindert werden.
Besonders die Rechte und Ansprüche der Leiharbeiter sollen hierbei gestärkt werden. Gleichzeitig soll jedoch die Flexibilität der jeweiligen Unternehmen erhalten bleiben (vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2016). Neben wiederkehrenden Erneuerungen der Rechtsgrundlagen werden teilweise bereits gestrichene Gesetze wieder eingeführt.
Kritik an dieser Gesetzgebung gibt es reichlich, auch am aktuellen Entwurf. Diese richtet sich besonders an die Rechte der Zeitarbeiter. Eine Überlassungshöchstdauer ziele in der Realität oftmals nicht auf eine Übernahme, sondern lediglich auf einen Wechsel des Leiharbeiters. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand für die Zeitarbeitsfirma. Auch zusätzliche Gehaltskosten werden durch die Lohnanpassung für die Personaldienstleister sowohl zur Pflicht, als auch zur ökonomischen Last. Zudem werden Unsicherheiten in der Rechts- und Beweislage im Rahmen der Zeitarbeiternutzung während eines Streiks werden als zukünftige Probleme gesehen. Letztlich soll sowohl aus wirtschaftlicher, wie auch aus Arbeitnehmersicht die Abgrenzung von Zeitarbeits- und Werksverträgen nochmals konkreter geregelt werden (vgl. Absenger et al. 2016).
Grundsätzlich arbeiten momentan knapp drei Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland für Zeitarbeitsfirmen (siehe Abbildung 2). Somit sind die meisten Menschen nach wie vor in klassischen Voll- oder Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017, S. 9). Auch in der Pflege spiegelt sich ein solches Verhältnis wider (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 11).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Anzahl der Zeitarbeiter im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen (modifiziert nach Bundesagentur für Arbeit 2017)
Mittlerweile sind 76.000 Arbeitnehmer im Bereich Gesundheit, Soziales, Erziehung, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften bei Zeitarbeitsfirmen unter Vertrag. Leider muss hierbei erwähnt werden, dass die Anzahl der in der Pflege tätigen Zeitarbeiter nicht explizit angegeben ist, sondern zur Gruppe der Gesundheitsberufe zählt. Im Vergleich mit anderen Arbeitsfeldern, in denen auf Zeitarbeiter zurückgegriffen wird, stellt der Sektor, dem die Gesundheitsberufe zugeordnet sind, lediglich einen geringen Anteil von acht Prozent dar (siehe Abbildung 3). Zum Vergleich sei erwähnt, dass Zeitarbeiter im Bereich Logistik, Sicherheit und Reinigung allein 31 Prozent der Arbeitnehmerschaft stellen. Auch Zeitarbeiter die in Metall- und Elektronikberufen tätig fällt hierbei mit insgesamt 28 Prozent ein großer Teil zu (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017, S. 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Zeitarbeitskräfte nach Berufsgruppen (modifiziert nach Bundesagentur für Arbeit 2017, S. 10)
Der Anteil von Zeitarbeitern im Gesundheitswesen, wie auch in anderen Berufsgruppen, ist also aktuell als relativ gering einzuschätzen. Dennoch weisen Entwicklungstendenzen der letzten Jahre auf eine deutliche Zunahme dieser Beschäftigungsform in den Gesundheitsberufen hin. Eine erstaunliche Zunahme ist explizit ab dem Jahr 2004 zu verzeichnen. Waren zu dieser Zeit noch 2854 Zeitarbeiter in dieser Branche gemeldet, stieg diese Zahl bis Juni 2009 auf 19.246 an (siehe Abbildung 4). Somit hat sich die Anzahl von Zeitarbeitern im Gesundheitswesen in diesen fünf Jahren bereits mehr als verfünffacht (vgl. Bräutigam et al. 2010, S. 12).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Entwicklung der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in Deutschland, 1996-2009 (Bräutigam et al., 2010, S. 3)
Vergleicht man die Anzahl von Männern und Frauen, die für Zeitarbeitsfirmen in Gesundheitsberufen tätig sind, ergibt sich ein ähnliches Ergebnis, wie es auch bei sozialversicherungspflichtigen Gesundheits- und Krankenpflegern zu finden ist. Denn etwa 71 Prozent der Pflegekräfte in Leiharbeitsunternehmen sind weiblich und somit nur 29 Prozent männlich (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017). Allerdings ist der Frauenanteil in den regulären Einrichtungen des Gesundheitswesens mit insgesamt 86 Prozent nochmals höher als in der Personalüberlassung (vgl. Statistisches Bundesamt 2012). Dies stellt jedoch einen erheblichen Unterschied im Vergleich zu der Gesamtzahl von Zeitarbeiter in Deutschland dar. In Bezug auf alle Berufsgruppen dieser Beschäftigungsform liegt der Anteil von Männern weit über dem der Frauen.
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