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Bachelorarbeit, 2017
49 Seiten, Note: 5.5
Zusammenfassung
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung
2.1 Definition von I-Deals
2.2 Messungen
2.3 Abgrenzung und ähnliche Konstrukte
2.4 Theoretischer Hintergrund
3 Ebenenspezifische Integrationsvoraussetzungen
3.1 Individuelle Ebene
3.2 Gruppenebene
3.3 Organisationale Ebene
3.4 Ganzheitliche Betrachtung
4 Diskussion
5 Konklusion
6 Literaturverzeichnis
Die Forschung über idiosynkratische Deals fokussiert auf die Entstehung von zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber individuell ausgehandelten, nicht standardisierten Arbeitsarrangements. Diese Arbeit beinhaltet ein qualitatives Review über die I-Deal Theorie und I-Deal Forschung und begutachtet ebenen-spezifische Faktoren zur Integration von I-Deals im Organisationskontext. Das qualitative Review untersucht die Konzeptualisierung und Messung von I-Deals und geht dabei vertieft auf die inhaltlichen Dimensionen eines I-Deals inklusive ihrer spezifischen Auswirkungen auf den Arbeitgeber und -nehmer ein. Für den Integrationsaspekt werden etablierte Antezedenzien von I-Deals der individuellen, der Gruppen-, sowie der organisationalen Ebene einzeln hinterfragt und in einem schematischen Modell ganzheitlich betrachtet. Es zeigt sich, dass - basierend auf der verfügbaren Forschung - begrenzt Rückschlüsse gezogen werden können, wie eine erfolgreiche Integration aussehen soll. Diese neuartige Multilevel Perspektive ist dienlich als Wegweiser für zukünftige Forschung.
Schlagwörter
I-Deals, Idiosynkratische Deals, Integration, Qualitatives Review
Idiosynkratische Deals stellen, als hier zu untersuchendes Konstrukt, ein sehr junges Forschungsgebiet dar. Sie sind allerdings nicht nur in theoretischer Hinsicht interessant, sondern auch für Unternehmen von grosser Relevanz.
I-Deals beschreiben angepasste Merkmale im Anstellungsverhältnis, welche zusätzlich zum Standardvertrag individuell ausgehandelt werden und als beidseitig vorteilhaft gelten (Liao, Wayne, & Rousseau, 2014). Im Gegensatz zur klassischen Organisationspsychologie, welche sich vorwiegend mittels einer Top-Down Perspektive dem Jobdesign widmet, weichen I-Deals mit einem eher informalen proaktiven Mittelweg zwischen Bottom-Up und Top-Down Ansatz von dieser klassischen Sichtweise ab (Rofcanin, Berber, Koch, & Sevinc, 2015). Damit passen I-Deals in den zeitlichen Rahmen des sich aufbauenden Spannungsfeldes zwischen wachsenden Anforderungen und Individualismus von Arbeitnehmern und den aus der Industrialisierung stammenden klassischen Organisationsstrukturen. Denn obwohl traditionell die Standardisierung im Arbeitsverhältnis und generell in Personalwesen-Praktiken als die Basis von Fairness am Arbeitsplatz gesehen werden, können standardisierte Anstellungsverhältnisse den Anforderungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern oft nicht mehr gerecht werden (Greenberg, Roberge, Ho, & Rousseau, 2004). Dies hat mehrere Gründe.
Zunächst verschärft sich der Konkurrenzkampf, talentierte Mitarbeiter anzuwerben, zu motivieren und sie in der Organisation zu halten (Greenberg et al., 2004). In solch kompetitivem Umfeld sind sich Arbeitgeber durchaus bewusst, dass sie Vereinbarungen jenseits der klassischen treffen müssen, um die genannten Ziele erreichen zu können. Auch I-Deals zählen zu diesen Vereinbarungen, insofern, als dass dadurch individuellen Bedürfnissen von Arbeitnehmern besser entgegengekommen wird. Als weiterer Grund wird von Cappelli (2000, zit. n. Hornung, Rousseau, & Glaser, 2008, S. 655) das wachsende Bewusstsein des Werts von Humankapital für Arbeitgeber genannt. Dies motiviert Arbeitnehmer, sich aktiv für ihre Interessen und Karriere relevanten Möglichkeiten einzusetzen. So können angepasste Arbeitsverhältnisse sogar in staatlichen Behörden, welche eher für strikte Regelungen und Standardisierung bekannt sind, gefunden werden (Liao et al., 2014). Es ist mittlerweile also verbreitet, I-Deals zu negoziieren (Hornung et al., 2008), was sogar zur Aussage führt, dass nicht standardisierte Arbeitsverhältnisse als neuer Standard gesehen werden können (Greenberg et al., 2004). Es liegt somit im Interesse eines Unternehmens, sich mit I-Deals zu beschäftigen, um als Arbeitgeber nicht an Attraktivität zu verlieren.
So wie konsistente und uniforme Arbeitsverhältnisse nicht immer zu optimalen Ergebnissen führen, sind auch bei individuellen Arbeitsverhältnissen einige Punkte zu beachten, damit eine Integration effizient verläuft. Es ist wichtig zu verstehen, wie sich I-Deals konfliktfrei integrieren lassen in einem sich kontinuierlich wandelnden Organisationskontext und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen. Dies ist gleichzeitig auch das Kernthema dieser Arbeit. Die Fragestellung lautet somit: «Welches sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration von I-Deals in Organisationen?». Zur Beantwortung gibt diese Arbeit einen Überblick, wie I-Deals definiert werden, wie sie von anderen Arbeitsarrangements abgegrenzt werden können, welches ihr theoretischer Hintergrund ist und wie sie gemessen werden. In einem zweiten Teil erhält man Einsicht in eine ebenen-spezifische Integration von I-Deals. Dabei sind die individuelle, die Gruppen-, sowie die organisationale Ebene von Interesse. Auf der individuellen Ebene werden Persönlichkeitsaspekte sowie Fähigkeiten von Arbeitnehmern und Vorgesetzten aufgezeigt, die mit erfolgreichem Abschluss von I-Deals in Verbindung stehen. Die Gruppenebene zeigt auf, worauf die Akzeptanz von I-Deals in der Perzeption von Mitarbeitern basiert. Auch wird gezeigt, wie «Leader-Member Exchange», kurz: LMX, mit der Negoziation von I-Deals korreliert. Die organisationale Ebene liefert Informationen über kontextuelle Einflussfaktoren. Im letzten Teil diskutiert die Arbeit zusammenfassend die Befunde und Studien, erwähnt vorhandene Limitationen und zukünftige Forschungsmöglichkeiten.
Das folgende Kapitel beinhaltet eine allgemeine Darstellung von I-Deals in ihren Grundzügen.
Idiosynkratische Deals sind beidseitig vorteilhafte, personalisierte Arbeitsverhältnisse oder Übereinkommen von nicht standardisierter Natur (Liao et al., 2014). Nicht standardisiert bedeutet, dass I-Deals in einem oder mehreren Attributen von folgenden Annahmen über Standardarbeitsverhältnissen abweichen: Arbeitserledigung nach einem fixen Zeitplan, für gewöhnlich Vollzeit Anstellung, als Arbeitsort wird der Sitz des Arbeitgebers angenommen. Weiter wird unter Kontrolle des Arbeitgebers gearbeitet mit beidseitiger Erwartung eines fortlaufenden Anstellungsverhältnisses. I-Deals haben ihren Platz dabei als Ergänzung zu standardisierten Verträgen (Liao et al., 2014). Sie werden in der Regel zwischen einzelnen Arbeitnehmern und ihren Vorgesetzten individuell und typischerweise auf Anhalt des Arbeitnehmers ausgehandelt, in einem von der Organisation bewilligten Rahmen. Sie unterscheiden sich also klar von einer Top-Down Autorisation, im Sinne des klassischen Jobdesigns, bei welcher versucht wird, Jobs intrinsisch motivierender zu gestalten. Vielmehr schlagen I-Deals einen Mittelweg zwischen Bottom-Up Gestaltung, also der Abänderung des Jobs durch Arbeiter selber, und Top-Down Arbeitsdesign ein (Hornung, Rousseau, Glaser, Angerer, & Weigl, 2010).
Sehr wichtig bei der Definierung von I-Deals ist auch die Vorteilhaftigkeit für beide Parteien. Indem durch die Erhöhung der Passung zwischen Arbeitnehmer und Job die besseren Bedingungen zu einem höheren Wohlergehen des Arbeitsnehmers beitragen, sollte damit auch seine Performance aufrecht erhalten oder erhöht werden im Sinne der Reziprozität (Hornung, Rousseau, Glaser, Angerer, & Weigl, 2011). Diese Reziprozität, durch welche I-Deals zum Vorteil der Interessen von sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer beitragen, gehört zu den Kernmerkmalen von I-Deals (Greenberg et al., 2004). Die übrigen Kernmerkmale von I-Deals sind gemäss Greenberg et al. (2004), dass I-Deals individuell negoziiert werden, wobei die Weise durch den Stellenwert des Arbeitnehmers für die Organisation widerspiegelt werden soll. Weiter erzeugen I-Deals aufgrund ihrer Natur Gruppenheterogenität, die relativ zu den Ausprägungen von Belohnungen und Vorteilen, welche weitere Mitarbeiter im Team erhalten, unterschiedlich sein können. Idiosynkratische Deals unterscheiden sich sowohl durch ihren Inhalt als auch ihren Umfang, der von einer einzelnen Abweichung vom Standardvertrag bis hin zu einem komplett individualisierten Arbeitsverhältnis reichen kann. Als letztes Merkmal führt Greenberg et al. (2004) den Zeitpunkt auf, in welchem ein I-Deal geschlossen wird. Dabei wird zwischen einem Ex-ante Zeitpunkt, also Abschluss eines I-Deals vor eingegangenem Arbeitsverhältnis, und einem Ex-post Zeitpunkt unterschieden. Letzterer entspricht dem Abschluss eines I-Deals während eines laufenden Anstellungsverhältnisses und ist Kernpunkt vorangegangener Forschungen (Liao et al., 2014). Ex-post I-Deals haben zum Ziel, bestehende Arbeitsverhältnisse zu revidieren (Greenberg et al., 2004). Es wird gemäss Rousseau, Ho, und Greenberg (2006) angenommen, dass I-Deals vom Zeitaspekt her verschiedene theoretische Erklärungsmechanismen über das Zustandekommen zugrunde liegen, da Beziehungen zwischen den einzelnen Parteien unterschiedlich ausgeprägt sind (siehe Abbildung 1).
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Abbildung 1: Verhältnis der Schlüsselakteure in Ex-ante I-Deals und Ex-post I-Deals
Motive für Arbeitnehmer I-Deals zu negoziieren sind eng verbunden mit der Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Aber auch eine sichere professionelle Zukunft und an den Arbeitnehmer angepasste Arbeitsbedingungen gehören zu den Gründen, über individuelle Arbeitsverhältnisse zu verhandeln (Hornung, Rousseau, & Glaser, 2009). Entsprechend können I-Deals nach ihrem Inhalt gruppiert werden. Der Inhalt wird ferner bestimmt von den jeweiligen Arrangements oder von den Ressourcen, die beim Abschluss des I-Deals involviert sind. Gemäss Rosen, Slater, Chang, & Johnson (2013) können I-Deals verschiedenste Formen annehmen und die Identifikation ihres Inhalts wird nur von der Variabilität der I-Deals innerhalb der Arbeitsdomäne begrenzt. Aufgrund dieser Vielfältigkeit haben Hornung et al. (2010) und Rosen et al. (2013) Varianten oder Ausprägungen von I-Deals erforscht, mit sich teils überschneidenden und teils unterschiedlichen Ergebnissen. In dieser Arbeit wird fortan weitestgehend nur Bezug genommen zu den identifizierten I-Deals von Rosen et al. (2013), da ihre Skala methodisch korrekt entwickelt ist und ihre Argumentation schlüssiger zu sein scheint. Im folgenden Abschnitt wird Auskunft über die aktuelle Unterteilung von I-Deals gegeben sowie darüber aufgeklärt, welchen Einfluss sie auf Arbeitseinstellungen und weitere relevante Konstrukte haben.
Rosen et al. (2013) identifiziert unter anderem Flexibilitäts I-Deals und unterteilt diese als jeweils eigenständige Dimensionen, in «schedule flexibility» I-Deals und «location flexibility» I-Deals. «Schedule flexibility” I-Deals erlauben es Arbeitnehmern ihre Arbeit so einzuteilen, wie es für sie passend ist, während «location flexibility»
I-Deals eine Dimension darstellen, die es Mitarbeitern erlaubt, ausserhalb des eigentlich vorgesehenen Arbeitsplatzes zu arbeiten (Liao et al., 2014). Beispielsweise möchte ein Mitarbeiter aufgrund familiärer Verpflichtungen nur vormittags im Büro arbeiten, während die restliche Arbeit zuhause erledigt werden soll, dabei ist er in seiner Zeitplanung freigestellt. Entsprechendes Beispiel hätte konkludent zu vorigen Definitionen sowohl einen «schedule flexibility» I-Deal als auch einen «location flexibility» I-Deal zum Inhalt. Es zeigte sich, dass «schedule flexibility” I-Deals zu den am häufigsten vorkommenden I-Deals gehören. Sie erreichten in der Studie von Rosen et al. (2013) einen Anteil von 52% am Gesamtanteil an geschlossenen Arrangements, während «location flexibility» I-Deals mit 22% am schwächsten vertreten waren. Die Daten für die Häufigkeitsverteilungen und für die folgenden Angaben stammen aus verschiedenen Samples, bestehend aus Total N = 476 Teilzeit arbeitenden Studenten sowie Angestellten verschiedenster Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen.
Für die Praxis jedoch relevanter als reine Häufigkeitsverteilungen sind die Verbindungen zwischen I-Deals und Arbeitseinstellung, die je nach Inhalt des I-Deals variieren können. Es wurde von Harrison, Newman, & Roth (2006) beschrieben, dass die Arbeitseinstellung ihrerseits korreliert mit Leistung, Arbeitskraftwechsel und Fehlzeiten von Arbeitnehmern. Dies bedeutet, dass eine gute Arbeitseinstellung zu wünschenswertem Output für eine Organisation führt. Zwei Faktoren, welche die Arbeitseinstellung als Ganzes repräsentieren, sind Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment. In dieser Studie von Rosen et al. (2013) wird organisationales Commitment in drei Sub-Gruppen unterteilt. Affektives organisationales Commitment (AOC) beschreibt die emotionale Gebundenheit, die Identifikation und das Mitwirken eines Arbeitnehmers mit der Organisation. Kontinuativ organisationales Commitment (COC), sagt aus, wie hoch das Commitment stützend auf Kosten ist, welche mit dem Verlass einer Organisation verbunden sind, während normativ organisationales Commitment die Verpflichtungsgefühle des Arbeitsnehmers in der Organisation zu verweilen, beschreibt (Allen & Meyer, 1990).
«Schedule flexibility» I-Deals wurden als Prädiktor für mittelfristige Arbeitszufriedenheit identifiziert (Ho & Tekleab, 2013; Rosen et al., 2013). In der erhobenen Zeitspanne von 10 Wochen war dies sowohl bei jungen Arbeitnehmern, angestellt in überwiegend Teilzeitjobs, als auch bei Vollzeitangestellten mit einer längeren Anstellungsdauer der Fall. Bei letzterer Gruppe konnte im Unterschied zu den jungen Arbeitnehmern mit kürzerer Anstellungsdauer auch eine positiv signifikante Korrelation zu Organisationalem Commitment als Ganzes nachgewiesen werden (Rosen et al., 2013). Einen positiven Bezug zu Affektivem Commitment konnte hingegen jedoch mehrfach nachgewiesen werden (Liu, Lee, Hui, Kwan, & Wu, 2013; Rosen et al., 2013; Ho & Tekleab, 2013). Weiter korrelieren «schedule flexibility» I-Deals positiv mit «organizational citizenship behaviour» (OCB) (Anand, Vidyarthi, Liden, & Rousseau, 2010) und negativ mit Arbeit-Familien Konflikt (Hornung et al., 2008). Hornung et al. (2008) bestätigt seine Hypothese, dass «schedule flexibility» I-Deals mit niedrigerer Performance in Verbindung stehen. Erklärt wird dieser Umstand dadurch, dass Arbeitnehmer mit dieser Art von I-Deals vermehrt die Ausbalancierung des Arbeits- und Privatlebens in den Vordergrund stellen und entsprechend wenig Druck verspüren, ihre Performance auf der Basis von Reziprozität zu steigern. Gleichzeitig ist jedoch anzumerken, dass die untersuchte Organisation bereits generell flexibles Arbeiten in zeitlicher und örtlicher Ausdehnung erlaubte, was dazu führen könnte, dass I-Deals eher als normativ als idiosynkratisch gesehen werden und damit keinen signalisierenden Wert mehr haben (Hornung et al., 2008). I-Deals betreffend Ortsflexibilität stehen jedoch nicht oder nur schwach mit Arbeitseinstellungen in Verbindung (Rosen et al., 2013).
Ein «Task» I-Deal im weiteren Sinne nach Rosen et al. (2013) stellt eine Kombination dar aus den von Hornung et al. (2010) und Rousseau und Kim (2006) vorgeschlagenen Dimensionen der «development» I-Deals und «task»
I-Deals im engeren Sinne. Erstere beschreiben mit ihrem Inhalt speziell offerierte Gelegenheiten, die dem Arbeitnehmer die Erweiterung und den Gebrauch von Wissen und Fähigkeiten sowie das Verfolgen von aufstiegsfördernden Massnahmen erlauben. «Task» I-Deals im engeren Sinne bezeichnen Abkommen, die Individuen aushandeln, um den Inhalt des ausgeübten Jobs abzuändern oder gar selbst zu gestalten (Liao et al., 2014). Entgegen der Ansicht von Hornung et al. (2010) begründet Rosen et al. (2013) die Kombination damit, dass beide Inhalte umschreiben, was ein Arbeitnehmer in seinem Job tun möchte. Man solle sich dabei weniger danach richten, weshalb über den Jobinhalt verhandelt wird, wie das von Hornung et al. (2010) vorgeschlagen wird. Mit einer Häufigkeit von 38% stellen «task» I-Deals in der Studie von Rosen et al. (2013) die zweithäufigste Art dar und sind zusammen mit «schedule flexibility» I-Deals die wichtigsten Prädiktoren für Jobzufriedenheit. Sowohl im Sample mit vorwiegend jungen Arbeitnehmern als auch im Sample mit Probanden einer höheren Anstellungsdauer korrelieren «task» I-Deals neben Jobzufriedenheit auch hoch mit Organisationalem Commitment. Weitere Studien zeigen ein ähnliches Bild. So sind «Task» I-Deals mit höherer Arbeitsleistung und niedrigeren Mitarbeiterfluktuationen verbunden (Ho & Tekleab, 2013; Hornung, Rousseau, Weigl, Mueller, & Glaser, 2014; Rosen et al., 2013). Vor der Einführung der Skala von Rosen et al. (2013) wurden «development» I-Deals, als jetziger Teil von «task» I-Deals, positiv in Verbindung gebracht mit Arbeit-Familien Konflikten (Hornung et al., 2008).
«Financial incentive» I-Deals können als Arrangement für angepasste Kompensation betrachtet werden, welche individuellen Bedürfnissen gerecht werden sollen (Liao et al., 2014). Mit einer Häufigkeit von 28% Prozent sind sie in der Studie von Rosen et al. (2013) nur knapp zahlreicher als «location flexibility» I-Deals. «Financial incentive» I-Deals korrelieren in beiden Teilsamples mit Jobzufriedenheit, jedoch sind sie insgesamt am schwächsten, was das Vorhersagen von Arbeitseinstellung anbelangt. Dies führt zu der Aussage, dass «financial incentive» I-Deals nicht mit Arbeitseinstellung korrelieren (Rosen et al., 2013). Anzufügen ist, das anhin jedoch nur wenig Forschungsergebnisse zu dieser Dimension verfügbar sind.
Die Analyse der verschiedenen Dimensionen von I-Deals durch Rosen et al. (2013) zeigt konkludent zur selbigen Annahme, dass verschiedene I-Deals unterschiedliche Beziehungen zu den Outcomes, wie Arbeitnehmermotivation und Arbeitseinstellungen haben. Das ist für Organisationen von erheblicher Bedeutung (Ho & Kong, 2015; Hornung et al., 2009). Die Daten sind aufgrund der Komplexität nochmals graphisch dargestellt in Abbildung 2.
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Abbildung 2. Graphische Darstellung der Pfadanalyse (Rosen et al., 2013). Die Stichprobe I hat einen Altersdurchschnitt von 21.4 Jahren und eine durchschnittliche Anstellungsdauer von 16.2 Monaten, Die Stichprobe II einen Altersdurchschnitt von 43.02 Jahren und eine mittlere Anstellungsdauer von 110.9 Monaten (Rosen et al., 2013).
I-Deals können anhand zweier Attribute gemessen und unterteilt werden. Es wären dies die zeitliche Dimension in Form von Ex-ante und Ex-post I-Deals sowie die inhaltlichen Dimensionen. Die ursprüngliche Skala von Rousseau und Kim (2006), die in Variation auch von Hornung et al. (2010) verwendet und durch «task» I-Deals erweitert wurde, misst sowohl das Timing, als auch die inhaltlichen Dimensionen von I-Deals. Diese Skala berücksichtigt folglich die Dimensionen von «flexibility», «development», «task» und «workload-reduction» I-Deals. Obwohl sie bei einigen Forschern Anklang und damit Anwendung findet, scheint sie in verschiedenster Hinsicht ungenügend ausgearbeitet zu sein. Liao et al. (2014) beanstandet das Fragen-Set, wie es von Rousseau und Kim (2006) verwendet wird. Insbesondere das Item «asked for and successfully negotiated individual arrangements different from their peers» (Rousseau & Kim, 2006, S. 13) wird kritisiert, da es Arbeitnehmer, die nicht gefragt haben, und Arbeitnehmer, die nicht erfolgreich verhandelt haben, nicht differenziert. Beide Gruppen würden voraussichtlich denselben Wert (bspw. «überhaupt nicht») auf einer Evaluations-Skala erreichen, obwohl die Standpunkte und Verhaltensweisen unterschiedlich sind. Es wird vorgeschlagen, dass die möglichen Antworten um zwei Optionen erweitert werden, welche erfassen sollen, ob ein I-Deal erfragt wurde oder nicht (Liao et al., 2014), und ob erfolgreich negoziiert wurde oder nicht (Hornung et al., 2010).
Abgesehen davon, dass die Skala von Rousseau und Kim (2006) nicht nach Gütekriterien der Testentwicklung entwickelt worden ist (Liao et al., 2014), werden weitere, unter anderem auch daraus resultierende Kritikpunkte vorgebracht. Es wird kritisiert, dass die verschiedenen Dimensionen von I-Deals nicht akkurat reflektiert werden, was mit inhaltstheoretischen und statistischen Überlegungen begründet wird (Rosen et al., 2013). So werden beispielsweise die Dimensionen der örtlichen Flexibilität und der finanziellen Anreize, obwohl in der Literatur vorhanden und identifiziert, nicht weiter untersucht, während «workload-reduction» I-Deals statistisch nicht unabhängig sind von weiteren Dimensionen, wie etwa der zeitlichen Flexibilität (Rousseau, 2005; Rosen et al., 2013; Rousseau et al., 2006).
Rosen et al. (2013) haben sodann eine reliable und valide Skala mit multidimensionaler Faktorenstruktur entworfen, entsprechend dem nomologischen Netzwerk von I-Deals. Während «workload-reduction» I-Deals aus zuvor genannten Gründen nicht mehr miteinbezogen werden, sind die Dimensionen der Ortsflexibilität und der finanziellen Anreize nun berücksichtigt. Es resultiert, nach der Elimination einiger Items aufgrund der Resultate einer Faktorenanalyse, eine 16 Item Skala. Sechs Items erheben Aufgaben- und Arbeits-Verantwortlichkeiten, wie zum Beispiel das Item «I have negotiated with my supervisor for tasks that better fit my personality, skills, and abilities» (Rosen et al., 2013, S. 717). Fünf Items wurden geschrieben um finanzielle Anreize zu erfassen. Ein Beispiel-Item lautet «After my initial appointment, I negotiated with my supervisor to develop a financial incentives plan that rewards my unique contributions» (Rosen et al., 2013, S. 718). Lediglich drei Items erfassen Zeitplanungsflexibilität und zwei Items haben zum Ziel, die Ortsflexibilität zu erfassen (Rosen et al., 2013). Für die Evaluation von Zeitplanungsflexibilität und Ortsflexibilität lassen sich die Items «At my request, my supervisor has accommodated my off-the-job demands when assigning my work hours», respektive «I have negotiated a unique arrangement with my supervisor that allows me to complete a portion of my work outside of the office» (Rosen et al., 2013, S. 718), nennen. Die vier Faktoren «task» I-Deals, «schedule flexibility» I-Deals, «location flexibility» I-Deals und «financial incentive» I-Deals erklären mit ihren Items in der Studie von Rosen et al. (2013) 65% der Gesamtvarianz. Es ist denn auch ein wesentlicher Vorteil dieser Skala, dass Inhalts- und Kriteriums- Validität durch die traditionelle und konventionelle Skalenentwicklung zufriedenstellend sind. Ein weiterer Gewinn dieser Skala ist die Berücksichtigung, ob ein I-Deal erfragt wurde oder nicht, und ob erfolgreich negoziiert wurde oder nicht (Rosen et al., 2013).
Die umfassende Erklärung der Kernelemente und Strukturen von I-Deals ermöglicht es, Vergleiche zu ähnlichen Konstrukten herzuleiten und/oder abzugrenzen. Konkret werden I-Deals von Job Crafting, Negoziation sowie psychologischen Verträgen abgegrenzt, da ihre Konstrukte teils doch sehr ähnlich sind und ihre Begrifflichkeiten ebenfalls im Organisationskontext auftauchen (Liao et al., 2014).
«Wenn Arbeitnehmer keine optimalen Jobdesigns zu Eigen haben, ergreifen sie Massnahmen dies zu ändern» (Rofcanin et al., 2015, S. 2698). Als solche Massnahme präsentiert sich auch Job Crafting. Job Crafting wird von Wrzesniewski und Dutton (2001) definiert als «die physikalischen und kognitiven Veränderungen durch Individuen an ihrer Arbeit oder relationalen Grenzen ihrer Arbeit» (S. 179). Etwas weniger technisch ausgedrückt, beschreibt Job Crafting den Prozess, mehrere Elemente der momentanen Arbeit oder damit verbundene Aspekte zu ändern (Wrzesniewski & Dutton, 2001). Dieser Prozess basiert auf Eigeninitiative und benötigt keine Genehmigung eines Vorgesetzten, was gleichzeitig ein Schlüsselelement in der Unterscheidung von I-Deals zu Job Crafting ist (Parker & Collins 2010). I-Deals werden mit dem Vorgesetzten negoziiert, um angepasste Arbeitsverhältnisse zu erlangen (Hornung et al., 2010). Dieser Unterschied ist ausschlaggebend für die Operationalisierung beider Konstrukte (Liao et al., 2014). Er ist auch für die Praxis relevant, da Job Crafting Probleme verursachen könnte, wenn eigenständige Änderungen für den Arbeitgeber dysfunktional sind (Hornung et al., 2010). Der Prozess der Negoziation als Teil von I-Deals gestattet hingegen gleichzeitig die Sicherstellung der Funktionalität des Arbeitsarrangements in Übereinstimmung mit Organisationszielen, wie auch die Erfüllung von individuellen Arbeitsbedingungen nach Bedarf des Arbeitnehmers (Hornung et al., 2014). Aus der vorigen Information diffundieren bereits auch einige konzeptuelle Parallelen zwischen den Konstrukten I-Deals und Job Crafting. Beide sind Beispiele für proaktives Verhalten und persönliche Initiative im Organisationskontext, die zum Ziel haben Anstellungskonditionen zu verändern, indem eine höhere Passung zwischen den jeweilig eigenen Attributen und dem Arbeitsumfeld geschaffen wird. Entsprechend haben sie nicht denselben Top-Down Prozessansatz, wie das klassische Jobdesign (Liao et al., 2014; Rofcanin et al., 2015).
Negoziation wird definiert als «Interpersonaler Entscheidungsprozess, bei welchem sich zwei oder mehr Personen einigen, wie rare Ressourcen zu verteilen sind» (Thompson, 2000, S. 2). Von vielen wird dieses Konstrukt deswegen als ein zentraler Aspekt in Organisationen gesehen (Kim, Pinkley, & Fragale, 2005). Als angepasste Arbeitsarrangements gehören I-Deals typischerweise auch in die Kategorie der raren Ressourcen und tatsächlich werden I-Deals auch mit dem Vorgesetzten negoziiert. I-Deals haben also mit generellen Negoziationen insofern etwas gemein, als dass die Negoziation als Teil des Verhandlungsprozesses von I-Deals gesehen werden kann (Liao et al., 2014). I-Deals werden jedoch Attribute zugeschrieben, die über gewöhnliche Negoziationen hinausgehen. So werden I-Deals ausschliesslich individuell ausgehandelt und vor allem sind sie beidseitig vorteilhaft, was bei gewöhnlichen Negoziationen kein zwingender Faktor ist (Rosen et al., 2013).
Zuletzt müssen auch psychologische Verträge von I-Deals unterschieden werden. «Psychologische Verträge sind allgemein definiert als wechselseitige Erwartungen und Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die über den juristischen Arbeitsvertrag hinaus bestehen» (Rousseau, 1995, S. 9). Raeder & Grote (2005) erklärt, dass die impliziten Erwartungen und Verpflichtungen, die in Freiräumen durch Flexibilisierungsprozesse entstehen, mittels psychologischer Verträge erfasst werden können. Psychologische Verträge sind somit konträr zu I-Deals keine eigentlichen Arbeitsarrangements, welche ein Arbeitnehmer aushandelt, sondern vielmehr subjektive Vorstellungen des Arbeitnehmers über die Arbeitsbedingungen und deren Kontext, wie beispielsweise Entwicklungsmöglichkeiten (Zhao, Wayne, Glibkwoski, Bravo, 2007; Raeder & Grote, 2005). Idiosynkratische Anstellungsverhältnisse könnten jedoch ursächlich sein, dass Individuen andersartige psychologische Verträge schaffen (Rousseau, 1995; Rousseau et al., 2006). Umgekehrt ist es ebenfalls möglich, dass subjektive Vorstellungen im Rahmen des psychologischen Vertrages dazu führen, dass ein Angestellter bestrebt ist einen I-Deal zu schliessen (Rousseau 2005). I-Deals und psychologische Verträge sind folglich nicht gänzlich unabhängig voneinander, auch teilen sie den gleichen zugrundeliegenden Erklärungsmechanismus, namentlich die Social Exchange Theorie (Liao et al., 2014).
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