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Bachelorarbeit, 2016
48 Seiten, Note: 2,1
1. Einleitung
1.1 Allgemeine Daten zu den Muslimen in Deutschland
1.2 Fragestellung und Aufbau der Arbeit
2. Vorurteile gegenuber muslimischen Migranten in Deutschland
2.1 Allgemeine Begriffsdefinition der Stigmatisierung
2.2 Allgemeine Begriffsdefinition der Islamophobie
2.3 Allgemeine Begriffsdefinition der Islamfeindlichkeit
3. Die Rolle der Medien
3.1 Islam in den deutschen Medien
3.2 Sabine Schiffer: Die Darstellung des Islam in der Presse
3.3 Kai Hafez und Carola Richter: Das Islambild in der Presse
3.4 Sachverstandigenrat der deutschen Stiftungen - Muslime in der Mehrheitsgesellschaft: Medienbild und Alltagserfahrungen in Deutschland
4. Einstellungen zum Islam und zu Muslimen in Deutschland
4.1 Das Islambild in der deutschen Gesellschaft
4.2 Jurgen Leibold/Steffen Kuhnel: Islamphobie - Sensible Aufmerksamkeit fur spannungsreiche Anzeichen
4.3 Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung: Die Wahmehmung des Islams in Deutschland
4.4 Vergleich der beiden Untersuchungen von Leibold/Kuhnel und Bertelsmann Stiftung
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
In den letzten Jahren ist der Islam ein sehr brisantes und prasentes Thema, sowohl in der deutschen Gesellschaft, als auch in den deutschen Medien. Aufgrund der gestiegenen Terroranschlage, beschaftigt sich die deutsche Gesellschaft mit dem Thema Islam, da der Begriff des Terrorismus mit dem Islam gleichsetzt wird. Dabei gehort der Islam neben dem Christentum zur zweit groBten Weltreligion. Der Islam wird haufig mit negativen Assoziationen in Verbindung gebracht und es wird behauptet, dass muslimische Menschen sich nicht integrieren konnen. Es wird angenommen, dass die religiosen Werte der Muslimen nicht vereinbar sind, mit den Werten der deutschen Gesellschaft.[1] So werden die muslimischen Menschen als Fremdgruppen betrachtet, obwohl sie schon seit mehreren Jahren in Deutschland leben. Seit der Einwanderung vieler muslimischen Menschen wird immer wieder diskutiert, ob sich die muslimischen Einwanderer integriert haben oder nicht. Hierbei belegen zahlreiche Studien, dass Muslime engagiert sind, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, in dem sie kulturelle Kompetenzen wie Sprachfahigkeiten und Bildungserfolg erwerben.[2]
Nach dem 11. September 2001 hat sich in der deutschen Gesellschaft eine Angst vor dem Islam entwickelt. Seit diesem Vorfall wird der Islam mit Extremismus und Fundamentalismus in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund hat sich der Begriff der Islamophobie in dem Themenfeld der Islamdebatte etabliert.
„Die offentliche Wahrnehmung des Islams und islamischer Themen als Kette von Problemfallen sorgt dafur, dass die Verunsicherung und Angste der deutschen Gesellschaft gegenuber der islamischen Religion deutlich zunehmen.“[3] Medien vermitteln ein Bild von einem „islamisiertem Deutschland“, wobei der Anteil der muslimischen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ungefahr 5 Prozent betragt. Dennoch sorgt dieses Bild dafur, dass sich deutsche Menschen mehr von den muslimischen Menschen distanzieren und somit auch die Religion des Islams ablehnen. Aus diesem Grund ist es interessant, sich mit dem Thema der Islamophobie zu beschaftigen, um betrachten zu konnen, wie sich die Islamophobie in den zunehmenden Jahren entwickelt hat und welche Rolle Medien bei der Wahrnehmung des Islams spielen.
In Deutschland leben rund 4 Millionen Muslime und sie bilden die groBte religiose Minderheit.[4] Das Bundesamt fur Migration und Fluchtlinge fuhrte im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz eine Studie uber „Muslimisches Leben in Deutschland“ und besagt, dass die Zahl der muslimischen Menschen zwischen 3,8 und 4,3 liegt.[5] Somit betragt der Anted der Muslime in Deutschland zwischen 4,6 und 5,2 Prozent.[6] Weiterhin liefert die Studie die Herkunftslander der Muslime. 2,5 bis 2,7 Millionen muslimische Menschen haben turkische Wurzeln und sie bilden auch die groBte Gruppe in Deutschland lebender Muslime. Dies bedeutet, dass rund 63 Prozent turkische Muslime in Deutschland leben.[7] „Die Anzahl derjenigen, die aus den sudosteuropaischen Landern Bosnien, Bulgarien und Albanien stammen, liegt zwischen 496.000 und 606.000 Personen .“[8]
292.0 bis 370.000 muslimische Menschen stammen aus dem Nahen Osten und bilden die drittgroBte muslimische Bevolkerungsgruppe in Deutschland.[9] Weiterhin stammen 259.0 und 302.000 muslimische Migranten aus Nordafrika. 45 Prozent der muslimischen Migranten besitzen eine deutsche Staatsangehorigkeit und 55 Prozent weisen eine auslandische Nationalist auf.
Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit dem Thema „Islamophobie in Deutschland“. Hierbei wird untersucht, welches Islambild die deutsche Gesellschaft hat und welche Ursachen hinter den existierenden Vorurteilen liegen. Zunachst wird im zweiten Kapitel „Vorurteile gegenuber muslimischen Migrantinnen und Migranten in Deutschland“ dargelegt, welche Vorurteile gegenuber Islam und Muslime existieren. Weiterhin werden folgende Begriffe wie Stigmatisierung, Islamophobie und Islamfeindlichkeit definiert.
In dem zweiten Kapitel wird die Rolle der Medien bei der Wahrnehmung des Islams analysiert. Auch werden drei Untersuchungen von Sabine Schiffer, Kai Hafez und Carola Richter und zuletzt von dem Sachverstandigenrat der deutschen Stiftung in Betracht gezogen, da sich alle drei Untersuchungen ausfuhrlich mit dem Islambild in den deutschen Medien befasst haben. Das dritte Kapitel „Einstellungen gegenuber dem Islam und zu Muslimen in Deutschland“ beschreibt die Wahrnehmung des Islams in der deutschen Gesellschaft. Dabei werden die Studien von der Langzeituntersuchung der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und der Bertelsmann Stiftung prasentiert, um beurteilen zu konnen, welches Islambild die deutsche Gesellschaft tatsachlich besitzt. Am Ende dieses Kapitels werden beide Untersuchungen verglichen, um betrachten zu konnen, wie sich das Islambild in den zunehmenden Jahren verandert hat. Denn die Langzeituntersuchung der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit veroffentlichte ihre Untersuchung zur Verbreitung der Islamophobie im Jahre 2003 und die Bertelsmann Stiftung publizierte ihre Studie zur Wahrnehmung des Islams in Deutschland im Jahre 2015. Am Ende dieser vorliegenden Arbeit wird ein Fazit gezogen und die Ergebnisse zusammengefasst, um die Ausgangsfrage zu beantworten.
Der Begriff des Vorurteils beschreibt negative Haltungen und Meinungen gegenuber Personen oder Gruppen. „Vorurteile beruhen oftmals nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern werden ubernommen.“[10] Von den Vorurteilen sind meistens die Minderheiten betroffen, da man oft keinen direkten Kontakt zu ihnen hat und sich von der Sekundarerfahrung manipulieren lasst. Auch sind Muslime von den Vorurteilen betroffen, da sie die groBte Minderheit in Deutschland bilden. Umfangreiche Untersuchungen zeigen, dass Starke Vorurteile gegenuber muslimischen Menschen in Deutschland geben.[11] „Nach der Zuwanderung groBerer Gruppen Muslimen in die westlichen Industrielander haben sie sich zu einem Vorurteilskomplex verdichtet, fur den sich in der Wissenschaft der Begriff „Islamophobie“ durchgesetzt hat und der Gegenstand verschiedener Studien geworden ist.“[12] Dieser Vorurteilskomplex fuhrt meistens zur Ablehnung des Islams, da der Islam standig mit negativen Themen konfrontiert wird.
Das Forschungsprojekt „Deutsche Zustande“ wird seit mehreren Jahren unter Leitung von Wilhelm Heitmeyer durchgefuhrt. Diese Langzeitstudie beschaftigt sich unter anderem mit den Themen Diskriminierung und Vorurteile gegenuber gesellschaftlichen Minderheiten in Deutschland. Auch muslimische Menschen bilden eine Minderheit in Deutschland, somit wird in den Untersuchungen von Heitmeyer und seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern auch das Thema Islamophobie behandelt. In dieser Langzeitstudie wird das Konzept der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit thematisiert. Das Konzept wird von Heitmeyer folgendermaBen erklart:
„Werden Personen aufgrund ihrer gewahlten oder zugewiesenen Gruppenzugehorigkeit als ungleichwertig markiert und feindseligen Mentalitaten, der Abwertung und Ausgrenzung ausgesetzt, dann sprechen wir von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.“[13]
In diese Gruppe gehoren auch seit mehreren Jahren in Deutschland lebende Muslime. Aus diesem Grund beschaftigen sich die Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler uber die Vorurteile gegenuber Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund in Deutschland.[14] Die Vorurteilsforschung ist eng mit den „Begriffen wie Ethnozentrismus, Xenophobie, Auslanderfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit verbunden.“[15] Die Migrantinnen und Migranten mit muslimischem Migrationshintergrund spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie als Auslander gelten und als fremd angesehen werden. So wurde in der Langzeitstudie von Wilhelm Heitmeyer und co. die Beweggrunde hinter den Vorurteilen untersucht. „Voraussetzung fur ablehnende Einstellungen und diskriminierendes Verhalten ist die Unterscheidung von Eigen-und Fremdgruppen.“[16] Wenn die Positionierung der Eigengruppe von Menschen bedroht wahrgenommen wird, so bilden sie Vorurteile gegenuber Fremdgruppen aus.[17] Hierzu haben Jurgen Leibold und Steffen Kuhnel ein Erklarungsmodell fur die Bildung der Vorurteile gegenuber Muslime dargestellt, das im vierten Kapitel dieser Arbeit ausfuhrlich dargelegt wird.
Es existieren sehr viele konflikt-und vorurteilsbeladene Bereiche, die seit Jahren mit dem Islam in Verbindung gebracht werden. Sadi Aydin hat diese Vorurteile zusammengefasst und nennt wichtige Punkte, die mit dem Islam in Zusammenhang stehen wie z.B. „Das Verhaltnis von Gewalt und Extremismus zum Islam“, „Vereinbarkeit von Demokratie, Menschenrechten, Meinungs-undReligionsfreiheit mit dem Islam“, ,,Interpretation des Korans“, „Die Frauenthematik“ und „Islamische Religiositat undihre Praxis“,[18] Nun seit mehreren Jahren wird der Islam mit Gewalt und Extremismus konfrontiert. Vor allem war der 11. September Impulsgeber fur eine verbreitete Angst vor dem Islam.[19] Im Hinblick auf Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit hat sich eine Vorstellung in der deutschen Gesellschaft etabliert, „der Islam vertrage sich nicht mit Demokratie und Menschenrechten und seine Lehre wolle die Freiheit der MeinungsauBerung und der Religion unterdrucken.“[20] Auffallend ist auch, dass viele nicht muslimische Burger den Islam als eine Religion wahmehmen, die alles verbietet.[21] Ein wichtiger Punkt ist die Interpretation des Korans. Denn die Verse, die im Koran stehen, werden falsch verstanden und aus diesem Grund leitet man daraus extremistische Einstellungen.
Die Frauenthematik ist ein sehr umstrittenes Gebiet, da man dem Islam vorwirft „eine frauenverachtende Religion zu sein.“[22] Hierbei spielt die Kopftuch-Debatte eine besondere Rolle, da Nichtmuslimen die Wahrnehmung haben, dass das Kopftuch die Unterdruckung der Frau symbolisiert.
Auch die Religionsausubung wurde zu einem Konflikt, da man vielen Muslimen verbietet seine Religion auf der Arbeit oder Schule zu praktizieren.[23] Weiterhin wird kritisiert, dass Muslime ihre Gebete an offentlichen Einrichtungen verrichten. Aus diesem Grund bilden sich Oppositionen gegen Moscheebau.[24]
Die Folgen dieser konfliktbeladenen Vorurteile sind die Stigmatisierung der Muslime und eine verbreitete Islamophobie. Aus diesem Grund werden in den unten aufgefuhrten Kapiteln die Definitionen der Stigmatisierung, Islamophobie und Islamfeindlichkeit dargelegt.
Stigmatisierung bedeutet, dass in einer Gesellschaft bestimmte Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Behinderung oder ihrer Nationalist und Religion negativ bewertet werden. Eine Gesellschaft stellt bestimmte Forderungen an einen Fremden. Diese Forderungen, die eine Gesellschaft stellt, soil der Fremde erfullen, um sich der Gesellschaft anzupassen. Werden diese Forderungen nicht erfullt, wird der Fremde von der Gesellschaft stigmatisiert. Erving Goffman bezeichnet, die von der Gesellschaft zugewiesene Charaktereigenschaft als „eine virtuale soziale Identitat“.[25] Hierbei verschafft sich eine Person ein Bild von dem Fremden und weist ihm bestimmte Charaktereigenschaften zu. „Die Kategorie und die Attribute, deren Besitz dem Individuum tatsachlich bewiesen werden konnte“[26], bezeichnet Goffman als „aktuale soziale Identitat“[27]. Dabei kann es sein, dass dieses Individuum, in das konstituierte Bild nicht passt und die gewunschten Eigenschaften nicht besitzt.[28] Somit wird diese Person als schlecht, gefahrlich oder schwach eingestuft und sie wird diskreditiert.[29] Bei so einem
Fall kommt es zu einer Diskrepanz zwischen „virtualer und sozialer Identitat“. Goffman sagt, dass diese Handlung ein Stigma ist und definiert den Begriff des Stigmas folgendermaBen:
Der Terminus Stigma wird also in bezug auf eine Eigenschaft gebraucht werden, die zutiefst diskreditierend ist, aber es sollte gesehen werden, dab es einer Begriffssprache von Relationen, nicht von Eigenschaften bedarf. Ein und dieselbe Eigenschaft vermag den einen Typus zu stigmatisieren, wahrend sie die Normalitat eines anderen bestatigt, und ist daher als ein Ding an sich weder kreditierend noch diskreditierend.[30]
Eine Folge der Stigmatisierung ist, dass die stigmatisierten Personen, die negativen Zuschreibungen annehmen. Somit verinnerlichen diese Personen ein Minderwertigkeitsgefuhl.[31] Die stigmatisierten Personen distanzieren sich von den Etablierten, um das Stigma zu minimieren. Aber es konnte auch sein, dass der Wunsch entsteht, zu den etablierten Personen zu gehoren und so beglaubigen diese die Beschuldigungen der Etablierten gegen die „AuBenseiter“, um auf die Seite der Etablierten zu wechseln.[32]
Ein weiteres Reaktionsmuster besteht darin, die erfahrene Stigmatisierung abzuwehren, indem sie „umgedreht“ wird und negative Stereotype auf die dominante bzw. etablierte Gruppe ubertragen und so an die stigmatisierende Instanz zuruckzugeben werden.[33]
Dadurch entstehen Konflikte, da beide Gruppen bestimmte Vorurteile gegenseitig haben. Diese Konflikte erschweren ein friedliches Zusammenleben und vor allem losen sie eine gegenseitige Fremdenfeindlichkeit aus. Da beide Gruppen sich gegenseitig fremd betrachten.
Muslimische Menschen werden ofters aufgrund ihres Glaubens und ihrer Nationalist stigmatisiert, da sie in Deutschland als ein „Fremder“ betrachtet werden. Vor allem werden negative Ereignisse mit dem Islam in Verbindung gebracht und diese fuhren weiterhin zu einer Stigmatisierung der muslimischen Menschen. Die Ubergriffe in der Silvestemacht am 31.12.15 gegen Frauen fuhrten dazu, dass Muslime unter Generalverdacht standen.[34] So hat sich auch eine Angst vor den muslimischen Mannern in der deutschen Gesellschaft etabliert und der Vorfall wurde auf die gesamten muslimischen Manner ubertragen. Weiterhin hat Frankreich im Jahre 2016 ein Burkini-
Verbot eingefuhrt. Muslimische Frauen durfen keinen Burkini mehr an den Stranden tragen.[35] Dieses Ereignis ist eine weitere Stigmatisierung der muslimischen Menschen bzw. in diesem Fall der muslimischen Frauen. Muslimische Frauen werden generell wegen ihres Kopftuches haufig in der Offentlichkeit diskutiert, ob sie in die deutsche Gesellschaft passen oder nicht.
In den letzten Jahren haben sich Begriffe wie Islamophobie und Islamfeindlichkeit in dem Themenfeld der Islamdebatte etabliert. Die Begriffe Islamophobie und Islamfeindlichkeit werden meistens synonym verwendet. Dennoch sollte man grundsatzlich die beiden Begriffe voneinander trennen, da sie unterschiedliche Definitionen aufweisen. Im Jahre 1997 wurde die Bezeichnung der Islamophobie in einem Bericht des britischen Runnymede Trust mit dem Titel „Islamophobia: A Challenge for Us All“ zum Vorschein gebracht.[36]
In Anlehnung an den englischen Begriff „xenophobia“ fur Fremdenfeindlichkeit wurde das Wort benutzt, um anti-islamische Einstellungen und Verhaltensweisen wie pauschale Angste, Vorurteile und HaB gegenuber Muslimen zu benennen.[37]
Somit hat sich der Begriff der Islamophobie „fur die Beschreibung von Vorurteilen und diskriminierenden Verhaltensweisen gegenuber muslimischen Personen etabliert.“[38] Islamophobie besteht aus zwei Wortern, das erste Wort lautet Islam und dies kennzeichnet die Religion der Muslime.[39] Das zweite Wort lautet „Phobie“ und bedeutet nach dem Altgriechischen „Angst“.[40] „Demnach meint „Islamophobie“ ein auf den Islam oder die Muslime bezogenes stark ausgepragtes Gefuhl von Furcht, das uber ein als angemessen oder normal geltendes MaB hinausgeht.“[41] Nach Armin Pfahl-Traughber ist es unangemessen, fur die feindlichen Einstellungen gegenuber Muslime den Begriff der Islamophobie zu verwenden[42]. Auch Heitmeyer versteht unter dem Begriff der Islamophobie „die Angst vor den muslimischen Menschen“ und definiert Islamophobie folgendermaBen: „Islamophobie umfaBt die Ablehnung und Angst vor Muslimen, ihrer Kultur sowie ihren offentlichen, politischen und religiosen Aktivitaten.“[43] Demnach bezeichnet die Islamophobie eine stark ausgepragte Furcht vor dem Islam. Dies hat zur Folge, dass Vorurteile gegenuber Muslime entstehen. Eine weitere Folge ist die Ablehnung des Islams.
Im Gegensatz zu Islamophobie, handelt es sich bei dem Begriff der Islamfeindlichkeit, um eine Abwertung und Benachteiligung des Islams. Demnach bezeichnet Islamfeindlichkeit nach Peucker und Bielefeldt negativ-stereotype Haltungen gegenuber dem Islam.[44] Islamfeindliche Einstellungen fuhren zu einer intoleranten Haltung gegenuber den Muslimen, „weil sie dem Islam als zugehorig zugeschrieben werden.“[45] Dabei hangen islamfeindliche Einstellungen stark von den Vorurteilen ab. Beate Kupper, Andreas Zick und Andreas Hovermann berichten in ihrem Aufsatz „Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa“, dass das Vorurteil in diesem Sinne drei Facetten hat und sich „in Emotionen (Arger, Ekel etc.), Gedanken (Uberfremdung, Unterdruckung etc.) oder Verhaltensweisen (aus dem Weg gehen, nicht helfen etc.) gegen Muslime im Sinne eines Anti-Muslime-Vorurteils oder gegen den Islam im Sinne eines Anti-Islam-Vorurteils“[46] richten. So wird der Islamfeindlichkeit Islamismus, Terrorismus und Nicht-Integration unterstellt.[47] Das Vorurteil untersucht aber nicht, ob diese Vorwurfe in Wirklichkeit stimmen und fragt auch nicht nach den Ursachen, so teilt man dem Islam negative Stereotypen zu.[48] Die negativen Stereotype fuhren zur Abwertung und somit zur Ungleichwertigkeit.
Die Medien sind eine besonders einflussreiche Hauptinformationsquelle. Aus diesem Grund sind sie ein wichtiger Faktor bei der Bildung bestimmter Vorurteile gegenuber Menschen mit muslimischen Migrationshintergrund. Betrachtet man die zahlreichen Untersuchungen uber Migrantendarstellung in den Medien, so sieht man, dass Migranten haufig als Problemgruppen dargestellt werden. Der Begriff „Krimmalitat“ wird haufig in Verbindung mit Migranten gebracht. So werden Migranten ubermaBig negativ dargestellt als deutsche Burger.[49] Von daher spricht die Kommunikationsforschung auch von einem „Negativismus“ bei der medialen Darstellung von Migranten.[50] Negativismus bedeutet in diesem Zusammenhang eine strikte Ablehnung von Migranten und hat drei wichtige Aspekte. Erstens werden Migranten verstarkt als finanzielle Belastung fur den deutschen Staat gesehen.[51] Zweitens werden Migranten als Problemgruppen wahrgenommen.[52] Zuletzt werden sie als Bedrohung fur die offentliche Sicherheit wahrgenommen und „sehr haufig als Kriminelle und Gewalttater prasentiert - als Schlager, Einbrecher, Geiselnehmer, Erpresser, Morder, Sexualstraftater, seit dem 11. September 2001 haufig als Terroristen.“[53] In den unten aufgefuhrten Kapiteln wird die Darstellung des Islams in den deutschen Medien analysiert und untersucht welches Islambild die Medien vermitteln.
Die Darstellung des Islams spielt in den Medien eine besondere Rolle. Aus diesem Grund haben Medien einen groBen Einfluss bei der Wahrnehmung des Islams. Der Islam wird haufig in den Medien diskutiert und mit negativen Assoziationen in Verbindung gebracht und somit hat er auch seit mehreren Jahren ein negatives Bild in den deutschen Medien. Die Stereotypen, die im zweiten Kapitel dieser Arbeit benannt wurden, werden in den Medien oft zum Vorschein gebracht. Bestimmte Klischees wie z.B. „Aggressivitat und Brutalitat, Fanatismus, Irrationalitat, mittelalterliche Ruckstandigkeit und Frauenfeindlichkeit“[54] sind in den Schlagzeilen der Medien ofters zu sehen. Seit Jahren wird in den Medien diskutiert, ob eine kopftuchtragende Frau als Lehrerin vor einer Klasse stehen darf oder die muslimischen Schulerinnen und Schuler einen Islamunterricht erhalten sollen oder nicht. Muslimische Frauen beschaftigen die Medien ofters. Vor allem kommt die Diskussion uber das Kopftuch tragen einer muslimischen Frau seit mehreren Jahren zum Vorschein. Das Kopftuch symbolisiert in den Medien die Unterdruckung einer muslimischen Frau. „Die Bilder von der unterdruckten, verschleierten muslimischen Frau, von der sich selbstbewuBt verschleiemden, glaubigen muslimischen Frau oder von der emanzipierten, freien westlichen Frau [...]“[55] werden in den Medien ofters dargestellt. Weiterhin wird debattiert, ob die Moschee ins deutsche Stadtbild passt und die muslimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Gebet in den Pausen verrichten durfen.[56] Betrachtet man die zahlreichen Studien, die uber den Islam berichten, so sieht man, dass ein „Feindbild Islam“ in der deutschen Offentlichkeit existiert.[57] Hier nehmen die Medien eine wichtige Position auf, denn das Wissen uber den Islam erwirbt ein unerfahrener Mensch aus den Medien. „Nach den Anschlagen vom 11. September wurde Islamangst mehr als jemals zuvor zum Thema der offentlichen Diskussion - so sehr, dass ihre vorherige Existenz teilweise schon dem Bewusstsein entfallen ist.“[58] Vor allem haben sich dadurch Begriffe wie „muslimische Extremisten“, „muslimischer Terror“ und „islamistischer Terror“ in den deutschen Medien etabliert. Dirk Halm und co. berichten, dass es schon vor dem 11. September ein negatives Bild herrschte.[59] Ihre Aussage unterstutzen sie mit der Studie von Sabine Schiffer, die belegt, „dass die Berichterstattung uber den islamistischen Terrorismus nach dem 11. September keine neue Debatte etabliert, sondem ein negatives Islambild bestatigt und vertieft hat.“[60] Die Anschlage vom 07.01.2015 an „Charlie Hebdo“ und vom 13.11.2015 an verschiedenen Orten in Paris sorgten fur weitere Aufregungen und diese fuhrten weiterhin zur Ablehnung des Islams. Auch der Terroranschlag vom 16.06.2016 in Nizza hat die ablehnende Haltung gegenuber dem Islam weiterhin verscharft. Des Weiteren waren auch andere europaische Lander von diesen Terroranschlagen betroffen, wie z.B. Danemark, Belgien und die Turkei.
Hierbei wurden Satze wie „eine islamistisch motivierte Anschlagsserie erschutterte Paris am Abend des 13.11.2015 November 2015“[61] oder „Ausgerechnet aus dem kleinen Belgien kommen besonders viele islamistische Terroristen“[62], aber auch Schlagzeilen wie z.B. „Islamistischer Terror“[63] und „Islamisten unter Beobachtung“[64] in den Medien aufgefuhrt. Die Folge dieser negativen Berichterstattungen ist die verstarkte Islamophobie.
Nun stellt sich die Frage, wie sich das negative Islambild in den deutschen Medien etabliert hat. Dabei spielt die Auslandsberichterstattung eine zentrale Rolle, da das Islambild in Deutschland von ihr gepragt wird.
Die Erfordemisse interdisziplinarer Forschung, der hohe Arbeitsaufwand empirischer Medienanalysen und die Komplexitat theoretischer Herangehensweisen von Untersuchungen uber die Produkte, Entstehungs- und Wirkungsbedingungen der Auslandsberichterstattung haben dazu beigetragen, daB der bisherige Forschungsstand zur Nah-, Mittelost-, Nordafrika- und Islamberichterstattung deutscher Medien in hohem MaBe defizitar erscheint.[65]
Bestimmte Themenbereiche, die in Bezug zum Islam stehen, wurden in den deutschen Medien seit mehreren Jahren thematisiert. Der Golfkrieg ist in diesem Fall das meist erforschte Gebiet im Zusammenhang zur Islamberichterstattung. Wahrend des ersten und zweiten Golfkrieges wurden die muslimischen Menschen in den westlichen Landern misstrauisch und feindselig angesehen.[66] Auch der Nahostkonflikt zahlt zu den meist erforschten Gebieten und spielte auch eine wichtige Rolle, bei der negativen Islamberichterstattung. Allgemein fuhrten diese Konflikte in den muslimischen Landern, zu einem negativen Islambild in den westlichen Landern.
Weiterhin spielen auch die Islamkritikerinnen und Islamkritiker eine besondere Rolle in den Medien. Denn Medien bieten ihnen als Interviewgast eine Plattform an, in der sie ihre Publikationen uber den Islam veroffentlichen konnen.[67]
[...]
[1] Vgl. Ozdemir, Die Identitatsentwicklung der turkischen Familien in Berlin, Hamburg 2013, S. 139.
[2] Vgl. Halm/Sauer, Lebenswelten der Muslime, Gutersloh 2015, S. 22.
[3] Ozdemir, Die Identitatsentwicklung der turkischen Familien in Berlin, Hamburg 2013, S. 140.
[4] Vgl. Halm/ Sauer, Lebenswelten deutscher Muslime, Gutersloh 2015, S. 12
[5] Vgl. BAMF, Muslimisches Leben in Deutschland, Nurnberg 2009, S. 11.
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. ebd.
[8] Ebd., S. 12-13.
[9] Vgl. ebd., S. 13.
[10] Bergmann, Was sind Vorurteile? 2006.
[11] Vgl. Muller, Die Islamophobie und was sie vom Antisemitismus unterscheidet 2010.
[12] Klug, Feindbild Islam?, Marburg 2010, S. 13.
[13] Heitmeyer, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Frankfurt a.M. 2006, S. 21.
[14] Vgl. Leibold, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie, Wiesbaden 2009, S. 145.
[15] Ebd.
[16] Leibold/Thorner/Gosen/Schmidt, Mehr oder weniger erwunscht?, Berlin 2012, S. 179.
[17] Vgl. ebd.
[18] Vgl. Aydin, Vertrauensbildende MaGnahmen der Muslime und muslimischen Gruppierungen in Deutschland, Munchen 2011, S. 151-158.
[19] Vgl. ebd.
[20] Ebd., S. 153.
[21] Vgl. ebd.
[22] Ebd., S. 156.
[23] Vgl. ebd.
[24] Vgl. ebd.
[25] Vgl. Goffman, Stigma, Frankfurt a.M. 1992, S. 10.
[26] Ebd.
[27] Vgl. ebd.
[28] Vgl. ebd.
[29] Vgl. ebd., S. 11.
[30] Ebd.
[31] Vgl. Shooman, Auswirkungen rassistischer und islamfeindlicher Zuschreibungen auf Muslime in Deutschland.
[32] Vgl. ebd.
[33] Ebd.
[34] Vgl. URL: http://www.pfaelzischer-merkur.de/landespolitik/Landespolitik-Mainz-Gesellschaft-und- Bevoelkerungsgruppen-Muslime-Verbaende;art27452,6056065
[35] Vgl. URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/frankreich-innenminister-bernard-cazeneuve-nennt- burkini-verbot-verfassungswidrig-a-1109843.html
[36] Vgl. Cetin, Homophobie und Islamophobie, Bielefeld 2012, S. 44.
[37] Leibold/Kuhnel, Islamophobie, Frankfurt a.M. 2003, S. 101.
[38] Leibold, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie, Wiesbaden 2009, S. 145.
[39] Vgl. Pfahl-Traughber, Islamfeindlichkeit, Islamophobie, Islamkritik 2014.
[40] Vgl. ebd.
[41] Ebd.
[42] Ebd.
[43] Heitmeyer, Das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, Frankfurt a.M. 2008, S. 19.
[44] Vgl. Peucker, Islamfeindlichkeit - die empirischen Grundlagen, Wiesbaden 2009, S. 159.
[45] Kupper/Zick/Hovermann, Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa 2013.
[46] Ebd.
[47] Vgl. ebd.
[48] Vgl. ebd.
[49] Vgl. Lunenborg/Fritsche/Bach, Migrantinnen in den Medien, Bielefeld 2011, S. 22.
[50] Vgl. GeiGler, Migration, Integration und Medien 2014.
[51] Vgl. Lunenborg/Fritsche/Bach, Migrantinnen in den Medien, Bielefeld 2011, S. 23./GeiGler, Migration, Integration und Medien 2014.
[52] Ebd.
[53] GeiGler, Migration, Integration und Medien 2014.
[54] Lueg, Der Islam in den Medien, Hamburg 2002, S. 17.
[55] Naggar, Ich bin frei, du bist unterdruckt, Gutersloh 1994, S. 208.
[56] Vgl. Hoffmann, Islam in den Medien 2001, S. 448.
[57] Vgl. Klug, Feindbild Islam?, Marburg 2010 und Hoffmann, Islam in den Medien 2001.
[58] Aydin, Vertrauensbildende MaRnahmen der Muslime und muslimischen Gruppierungen in Deutschland, Munchen 2011, S. 49.
[59] Vgl. Halm/Liakova/Yetik, Pauschale Islamfeindlichkeit?, Munster 2007, S. 17.
[60] Ebd.
[61] Vgl. URL: http://www.sueddeutsche.de/thema/Terror_in_Paris
[62] Vgl. URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/terroranschlaege-in-bruessel-warum-belgien- 1.2918996
[63] Vgl. URL: http://www.spiegel.de/thema/islamistischer_terrorismus/
[64] Vgl. http://www.n-tv.de/politik/Offenbar-Terroranschlag-in-Paris-verhindert-article17240861.html
[65] Hafez, Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung, Baden-Baden 2002, S. 12.
[66] Vgl. Auernheimer, Ungleichheit erkennen, Anderssein anerkennen!, Berlin 2012, S. 236.
[67] Vgl. Schneiders, Die Schattenseite der Islamkritik, Wiesbaden, S.403.