Doktorarbeit / Dissertation, 1984
46 Seiten, Note: Sehr gut
Scheer, Udo
Untersuchung der hyperfeinverstärkten Kernpolarisation mit elastischer Neutronenstreuung.
Die ungepaarten Elektronen der Übergangsmetalle erzeugen hohe Magnetfelder am Kernort (Co ++: 18 Tesla).Die dadurch bewirkte Aufspaltung der Kernspinniveaus liegt im mKBereich:
[Formeln sind in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Durch Abkühlung des Kernspinsystems auf Temperaturen in der Größenordnung
[Formeln sind in dieser Leseprobe nicht enthalten]
entsteht Kernpolarisation in Richtung des Hyperfeinfeldes.
Da die Streulänge für Neutronenstreuung von der relativen Orientierung des Neutronenspins zum Kernspin abhängt (a+ parallel, a- antiparallel), entsteht bei geeigneter Wahl der Streugeometrie in einem antiferromagnetischen Kristall (CoF2: TN = 38 K) für unpolarisierte Neutronen ein neuer Bragg-Reflex (CoF 2 : 001-Reflex), dessen Intensität proportional zu (a+ - a-)2 x I2 (mit I = Polarisationsgrad) ist.
Mit einem Entmischer-Kryostaten mit einer Kühlleistung von 100 uW bei 100 mK konnten wir in ca. 900 Stunden die 59co-Kerne in CoF2 auf 9.5 mK Kerntemperatur abkühlen. Das entspricht einem Polarisationsgrad von 37 %. Die lange Abkühlzeit kann durch die Schottky-Anomalie der spezifischen Wärme des Kernspinsystems erklärt werden.
An einem DyP04-Kristall mit natürlichem Isotopengemisch des Dysprosiums wurde ein Wert von |a+ - a- | = 2.07x10-12 cm gefunden. Dies läßt für 161Dy oder 163Dy eine etwa gleichgroße Differenz erwarten, wie sie beim Wasserstoff vorliegt. Dieser Wert ist verglichen mit allen anderen bekannten Isotopen außerordentlich groß.
1. Einleitung .. 2
2. Experimentelle Grundlagen .. 7
2.1. Aufbau und Funktion des Entmischer-Kryostaten .. 7
2.2. Temperaturmessung .. 12
2.3. Neutronenspektrometer .. 16
3. Theoretische Grundlagen .. 17
3.1. Streuquerschnitte für Neutronen .. 17
4. Messungen .. 23
4.1. Kernorientierung an CoF2 .. 23
4.1.1. Aufheizung durch den Neutronenstrahl .. 33
4.1 .2 . Absorption und Extinktion .. 37
4. 2. Kernpolarisation am DyPo4 .. 38
5. Schlußbernerkung .. 41
Literaturangaben .. 43
Die ungepaarten Elektronen in den Übergangsmetallionen erzeugen starke Hyperfeinfelder am Kernort. In diesen Feldern orientieren sich die magnetischen Momente der Atomkerne bei Abkühlung auf Temperaturen im mK-Bereich. Wenn die elektronischen Momente geordnet sind, erhält man Kernorientierung entlang der Achse der Hyperfeinfelder. Die Feldstärke am Kernort beträgt etwa 105-106oe. Die Hyperfeinaufspaltung ist daher etwa 10-mal größer, als wenn ein äußeres Magnetfeld direkt auf die Kerne wirkt.
Bei der Methode nach Gorter und Rose werden die Kerne in eine Substanz eingebaut, die durch adiabatische Entmagnetisierung abgekühlt werden kann.So polarisierten Ambler et al. (1953) 60Co, wobei einige Cobaltionen das Magnesium in Ce 2Mg3(N03) 12x24H2o ersetzten. Bei der hyperfeinverstärkten Kernentmagnetisierung wird der Effekt ausgenutzt, daß in Ionen mit Singulett-Grundzustand und hoher Van-Vleck-Suszeptibilität mit kleinen äußeren Feldern hohe Hyperfeinfelder erzeigt werden. Mit PrT13 erreichten Andres und Bucher (1968,1972a) 1.5 mK. In Hovo4 wurden von Bleaney et al. (1980) Entmagnetisierungen vorgenommen und bei 4.5 mK Kern-Antiferromagnetismus gefunden. Die niedrigste Temperatur war 1 mK. Bei der Entmagnetisierung des . Van-Vleck-Paramagneten PrNi5 erreichten Mueller et al. (1980) 0.19 mK. Den Tieftemperaturrekord halten Huiku et al. (1982) in Helsinki mit einer Kerntemperatur von 30 nK im Kernspinsystem von Cu. Sie fanden Anzeichen für Antiferromagnetismus bei ca. 60nK.Eine andere Anwendung ist das 60 co-Thermometer zur Temperaturmessung bei sehr tiefen Temperaturen. Durch NMR-Technik ist sehr viel Information über Hyperfeinfelder, Kernspins und Kernmomente für die meisten Elemente gesammelt worden (Freeman und Frankel 1967).
Kernpolarisationseffekte waren für die thermische Neutronenstreuung von Anfang an interessant, weil die Streuung von thermischen Neutronen von der relativen Orientierung der Spins von Neutron und Kern abhängt. Obwohl es Versuche gab, die Effekte der Kernpolarisation zu studieren (Bacon 1975), ist dieses Feld erst in den letzten 10 Jahren wichtig geworden. Das kommt wahrscheinlich von der Entwicklung der Tieftemperaturtechnik, besonders der Entrnischer-Kryostaten in den letzten 15 Jahren. Solche Entmischer-Kryostaten machen den mK-Bereich fast routinemäßig verfügbar.
Der Einfluß der Kernpolarisation auf den Streuprozeß von thermischen Neutronen kann durch zwei Streulängen a+ und a- charakterisiert werden, die die Streuung von parallelem bzw. antiparallelem Neutronen- und Kernspin beschreiben. Da die Kenntnis von a+ und a- von grundsätzlichem Interesse für die Streuung von thermischen Neutronen ist, gab es Bemühungen, a+ und a zu bestimmen. Die genauesten Ergebnisse wurden für eine Reihe von Kernen von Abragam und Mitarbeitern (Glättli 1983) erzielt. Deren Technik, Kernpolarisation zu erreichen, ist eine komplizierte dynamische. Ihre Ergebnisse stimmen sehr gut mit den Ergebnissen für den polarisationsabhängigen Teil der Kernstreuamplitude überein, die mit anderen Methoden erhalten wurden (Koester 1977).Da der inkohärente Streuquerschnitt eines Kerns durch
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gegeben ist, können die gemessenen Werte von a+ und a - mit dem bekannten Wert von S verglichen werden. Die bekannten Werte für (a+ - a-) sind in Tabelle 1 (Rauch und Koester 1981) enthalten.
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Tabelle 1
Wenn es möglich wäre, signifikante statische Kernpolarisation im thermischen Gleichgewicht zu erhalten, könnte die Differenz zwischen a + und a- in der Strukturbestimmung ähnlich der Methode der Absorptionskanten in der Röntgenstrukturbestimmung benutzt werden (Sherwood 1976). Bei biologischen Stoffen mit hohem Wasserstoffgehalt kann durch Polarisation der Wasserstoffkerne eine kontinuierliche Kontrastvariation erreicht werden. Auch können sehr tiefe Temperaturen <uK - nK) zu spontaner Kernordnung führen, die ebenfalls mit Neutronenstreuung analog zur sonstigen Strukturbestimmung bestimmt werden kann. Die magnetische Struktur von festem 3He wird von Benoit et al. (1982) mit polarisierten Neutronen untersucht. Durch Kernpolarisation wird es möglich, mit Hilfe der Neutronenstreuung die Werte für a+ und a- zu bestimmen. Dies ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Neutronenstreuung und für die Kernphysik. Weiter kann man mit Neutronenstreuung direkt die Kerntemperatur bestimmen und Kernspin-Gitter-Relaxationszeiten auch bei verschiedenen Magnetfeldern und gleichzeitiger Hochfrequenzeinstrahlung ("Pumpen" des Kernspinsystems) messen. Es ist gezeigt worden, daß die Kernpolarisation in Seltenen Erdverbindungen funktioniert; für diese Stoffe reichen Temperaturen im 3He-Bereich aus, um die Kerne im Hyperfeinfeld zu orientieren (Als Nielsen et al. 1974, Herpin und Meriel 1973).Allerdings kann man diese Kerne bei mK-Temperaturen bis zu 100 % polarisieren. Um die Kernpolarisation in der angegebenen Weise anwenden zu können, müssen einige experimentelle Probleme überwunden werden (Kapitza-Übergangswiderstand, Spin-Gitter-Relaxationszeit, Schottky-Anomalie der spezifischen Wärme des Kernspinsystems).Die Schwierigkeit liegt auch in der Kombination von Kernpolarisation einerseits und Neutronenstreuung andererseits. Vor allem in Isolatoren ist die Anwendbarkeit der Kernpolarisation fraglich. Um hier Erfahrungen zu sammeln, werden in der vorliegenden Arbeit zwei Fragen untersucht: Erstens wird versucht, die Kerntemperatur in dem Isolator CoF 2 in die Größenordnung von
[Formeln in dieser Leseprobe nicht enthalten] (Hyperfeinaufspaltung)
zu bringen, wobei in dieser Verbindung alle wesentlichen Größen bekannt sind. zweitens wird versucht, den unbekannten Wert von |a+ - a -| für Dysprosium zu bestimmen.
Theorie und Praxis des Entmischer-Kryostaten sind in der Literatur behandelt worden (Lounasmaa 1974, Betts 1976, Wheatley 1968).Der 3He/4He-Entmischer-Kryostat ist in Bild 1 schematisch dargestellt. Er ist von der Firma Oxford Instruments für eine Basistemperatur von 7 mK gebaut worden. Zunächst enthält er als erste Kühlstufe den Tank für flüssigen Stickstoff .Nach dieser 77 K-Stufe folgt als nächstes der Tank für flüssiges Helium, der von oben bis unten durchgeht (4.2 K).Im He-Tank hängt an mehreren Stahlrohren ein vakuumdichtes Gefäß, in dem alle noch kälteren Teile des Kryostaten in dem vorn Hauptvakuum getrennten inneren Vakuum hängen. Durch erhöhen des Gasdrucks im inneren Vakuum kann die Wärmeleitung der inneren Teile des Kryostaten zum He- Bad vergrößert werden, so daß sich innen eine Temperatur von 4.2 K einstellt. Vor dem weiteren Abkühlen muß der Gasdruck im inneren Vakuum erniedrigt werden, damit die kälteren Teile nicht von dem warmen He-Tank aufgewärmt werden. Im inneren Vakuum befindet sich als nächste Kühlstufe der 1-K-Topf .In ihm befindet sich flüssiges 4He.Das 4He-Gas · über der Flüssigkeit wird mit einer Pumpe abgesaugt. Bei einem Dampfdruck von etwa 1 mbar beträgt die Temperatur des 1-Kelvin-Topfes etwa 1 K.
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