Bachelorarbeit, 2016
59 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Managementrelevanz
1.2 Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehendweise und Gliederung
2 Controlling
2.1 Grundlagen
2.1.1 Definition
2.1.2 Ziele und Funktionen
2.1.3 Organisation
2.1.4 Aufgaben
2.1.5 Die Dimensionen des Controlling
2.2 Strategisches Controlling
2.2.1 Strategische Planung
2.2.2 Strategische Kontrolle
2.3 Operatives Controlling
2.3.1 Kosten- und Leistungsrechnung
2.3.2 Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung
2.3.3 Kostenmanagement
2.3.4 Berichtswesen und Kennzahlen
3 Controlling in der ambulanten Pflege
3.1 Finanzierungsgrundlagen
3.2 Strategische Ausrichtung eines Pflegedienstes
3.3 Operative Planung, Kontrolle und Steuerung
3.3.1 Kennzahlen zur Steuerung der Pflegeprozesse
3.3.2 Informationen aus dem Rechnungswesen (BAW)
3.4 Vergleich und Schlussfolgerungen aus dem Theorieteil
4 Empirische Untersuchung
4.1 Fragestellung und Forschungsstand
4.2 Erhebungsmethodik
4.2.1 Leitfadengestütztes Experteninterview
4.2.2 Aufbau des Interviewleitfadens
4.2.3 Auswahl der Interviewpartner
4.2.4 Durchführung der Experteninterviews
4.3 Qualitative Inhaltsanalyse Silke Thomsen 3 von
4.3.1 Transkription
4.3.2 Kategorisierung, Extraktion und Datenaufbereitung
4.4 Auswertung
4.4.1 Controlling-Verständnis
4.4.2 Organisation des Controllings
4.4.3 Operative Controlling-Instrumente
4.4.4 Strategische Controlling-Instrumente
4.4.5 Vergleiche
4.4.6 Effektivität der eingesetzten Controlling-Instrumente
4.4.7 Schwierigkeiten und Probleme bei der Controlling-Anwendung
4.4.8 Kritik an der Controlling-Fachliteratur
4.4.9 Aspekte zur Balanced Scorecard
4.4.10 Sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
5 Ergebnis
5.1 Beantwortung der Forschungsfrage
5.2 Grenzen der Aussagekraft der empirischen Erhebung
5.3 Ableitung von Handlungsempfehlungen
6 Schlussbemerkungen
6.1 Allgemeine Zusammenfassung
6.2 Kritik und Ausblick unter Verweis des Forschungsstands
Quellenverzeichnis
Abbildung 1 Controlling als Stabsstelle der Geschäftsführung in funktionsablauforientierter Organisationsstruktur
Abbildung 2 Controlling als Linienstelle in funktionsablauforientierter Organisationsstruktur
Tabelle 1 Vergleichende Betrachtung von strategischem und operativem Controlling
Tabelle 2 Übersicht der vier Perspektiven der Balanced Scorecard
Tabelle 3 Einsatzbereiche für Controlling in der ambulanten Pflege
Tabelle 4 Mögliche Kennzahlen in der ambulanten Pflege
Tabelle 5 Interviewleitfaden
Tabelle 6 Übersicht der Forschungsstandrecherche
Tabelle 7 Darstellung des Kategoriensystems und Extraktion der Expertenaussagen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Begriff Controlling leitet sich von dem englischen Wort „control“ ab und be- deutet in der Managementlehre die Steuerung, Lenkung und Regelung von Abläu- fen. Controlling in diesem unternehmerischen Verständnis entwickelte sich be- reits Ende des 19. Jahrhunderts in den USA und die Stellen des Controllers etab- lierten sich in US-amerikanischen Konzernen. Waren sie anfänglich eher buchhal- terisch bestimmt, kamen bedingt durch das Wachstum der Konzerne und die stei- gende Komplexität der Umwelt immer mehr planende, koordinierende und infor- mierende Aufgaben hinzu. In Deutschland begannen Großkonzerne erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts Controlling einzuführen. Doch spätestens seit der Finanzkrise 2008 ist Controlling in aller Munde. Kaum ein Unternehmen verzichtet heute auf die Managementunterstützung durch Controlling. Dabei bietet Controlling den Entscheidern und Führungskräften Orientierungshilfen, „damit das Unternehmen bei seiner Reise durch die Turbolenzen der Wirtschaft auf dem gewünschten Kurs bleibt“ (Joos 2014: 5).
Auch in der Gesundheits- und Sozialbranche sehen sich Unternehmen mit einer steigenden Komplexität und mit zunehmendem Wettbewerbsdruck konfrontiert. In den 1990er Jahren nach Einführung der Pflegeversicherung hatten eröffnende ambulante Pflegedienste quasi eine Garantie, erfolgreich zu sein. Heute steigt die Anzahl an Pflegediensten, die ein Insolvenzverfahren eröffnen müssen (vgl. Meißner 2015). Führungskräften in der ambulanten Pflege wird immer mehr be- triebswirtschaftliches Geschick abverlangt. Zu prüfen ist deshalb, ob Controlling nur großen Wirtschaftsunternehmen vorbehalten ist oder auch sinnvoll in der am- bulanten Pflege eingesetzt werden kann.
Deshalb wird die Bachelorarbeit „Controlling in der ambulanten Pflege - Eine Analyse der derzeitigen praktischen Anwendung“ erstellt. Sie enthält sowohl einen literaturgestützten als auch einen empirischen Teil.
Das Hauptziel der Arbeit besteht darin, Führungskräften in der Pflegebranche aufzuzeigen, wie sie durch Controlling bei operativen und strategischen Entscheidungen unterstützt werden können.
Folgende Fragestellungen werden bearbeitet: Ist Controlling in der ambulanten Pflege sinnvoll einsetzbar? Wie wird Controlling in der ambulanten Pflege derzeit praktisch angewandt? Wie schätzen Akteure die Aufwand-Nutzten-Relation ein? Können Verbesserungspotenziale abgeleitet werden?
Im literaturgestützten Teil der Arbeit werden allgemeine Erkenntnisse über Controlling aus der Literatur der Betriebswirtschaft und Unternehmensführung gesammelt und auf die ambulante Pflegebranche übertragen. Hierfür werden vor allem Informationen aus Fachzeitschriften aber auch aus einschlägiger Literatur der Pflege- und Gesundheitswirtschaft herangezogen.
Die Erfassung der praktischen Anwendung erfolgt durch leitfadengestützte Exper- teninterviews mit Controlling-Akteuren der Pflegebranche. Durch einen Ver- gleich der theoretischen und praktischen Erkenntnisse wird erwartet Forschungs- lücken oder Verbesserungspotenziale für die praktische Anwendung aufzudecken.
Nach der Einleitung folgt der Abschnitt „Controlling“, in dem zunächst allge- meine Grundlagen, Definitionen, Begriffsbestimmungen, Funktionen und Ziele von Controlling aufgezeigt werden, um danach genauer zwischen operativem und strategischem Controlling zu unterscheiden und auf die jeweiligen Merkmale, In- strumente und Anwendungen einzugehen. Im dritten Kapitel „Controlling in der ambulanten Pflege“ wird erläutert, wie Controlling institutionell im Pflegedienst organisiert und sowohl operativ als auch strategisch in der ambulanten Pflege ein- gesetzt werden kann, um Führungskräfte bei ihren Entscheidungen zu unterstütz- ten. Die empirische Untersuchung wird im vierten Abschnitt behandelt. Nachdem die Fragestellung und das Forschungsdesign erläutert wurden, wird die Methodik des leitfadengestützten Experteninterviews dargelegt, wobei auf die Auswahl der Interviewpartner, auf den Aufbau des Leitfadens und auf die Durchführung einge- gangen wird. Die Auswertung der Interviews schließt dieses Kapitel ab. Im fünf- ten Kapitel folgt die Interpretation der Auswertung aus der empirischen Untersu- chung. Es werden über einen Vergleich der theoretischen Erkenntnisse aus dem literaturgestützten Teil und der praktischen Ergebnisse der Auswertung Empfeh- lungen für die Praxis abgeleitet. Im abschließenden sechsten Abschnitt folgen eine Zusammenfassung, die kritisch die verwendete Literatur beleuchtet, und ein Ausblick auf die erwartete zukünftige Entwicklung der Pflegebranche und damit auf aufkommende Forschungsfragen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht
Durch gestiegene Anforderungen der Kapitalgeber und weitreichende Verände- rungen auf den Märkten ist die Bedeutung von Controlling in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen (vgl. Lachnit et al. 2012: 1). Dies spiegelt sich auch in der wachsenden Nachfrage an Controllern als Arbeitskräfte wider. In Deutschland wurde 1954 die erste Stelle als Controller ausgeschrieben (vgl. Joos 2014: 2). In den Jahren von 2001 bis 2011 hat sich die Anzahl der in Deutschland tätigen Con- troller mehr als verdreifacht (vgl. Hubert 2015: 4), sodass seit 2013 bereits 69.428 sozialversicherungspflichtige Controller beschäftigt sind (vgl. Grunwald-Delitz et al. 2014: 49).
Um die steigende Bedeutung nachvollziehen zu können, ist zunächst zu klären, was unter Controlling zu verstehen ist.
Obwohl Controlling als Wissenschaft an Universitäten und Fachhochschulen seit den 80er Jahren gelehrt wird (vgl. Hubert 2015: 3) und seit 1999 endgültig etab- liert ist (vgl. Batlzer 2013: 1), gibt es bisher keine umfassende und allgemein an- erkannte Definition des Controllings. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Betriebswirtschaftslehre „keine exakte Wissenschaft [sei]“ (Hubert 2015: 1). So wird in Definitionen weniger der Begriff „Controlling“ erklärt, als vielmehr die Aufgaben beschrieben, die mit dem betriebswirtschaftlichen Verständnis des Controllings assoziiert werden. Es findet sich im Gabler Wirtschaftslexikon folgende Definition: „Controlling ist ein Teilbereich des unternehmerischen Führungssystems, dessen Hauptaufgabe die Planung, Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensbereiche ist. Im Controlling laufen die Daten des Rechnungswesens und anderer Quellen zusammen“ (Weber o.A.).
Durch das Zusammenführen geeigneter Daten werden Informationen geschaffen, die die Entscheidungen im Managementprozess fundieren und so ihre Ausrichtung an Unternehmensziele ermöglicht. Controlling schafft Strategie-, Finanz-, Prozess- und Ergebnistransparenz und wirkt damit koordinierend (vgl. Lachnit et al. 2012: 1f.). „Es handelt sich um die zentrale Unternehmensführungsservicefunktion“ (Lachnit et al. 2012: 2).
Controlling-Ziele sind immer aus den sachlichen und formalen Unternehmens- zielen (indirekte Ziele) abzuleiten (vgl. Baltzer 2013: 2). Die Kardinalziele eines Unternehmens sind unabhängig von der Branche und Rechtsform der Erhalt und die Weiterentwicklung des Unternehmens. Denn nur wenn der Erhalt gesichert ist, können Interessengruppen des Unternehmens (Shareholder und Stakeholder) bedient werden. Zur Erreichung des Kardinalziels müssen zwei Hauptziele er- reicht werden: Gewinnerzielung und Liquiditätssicherung. Gewinnerzielung ist nötig, um der Kapitalminderung durch Inflation und Steuern entgegenzuwirken und um Investitionsvorhaben zu ermöglichen. Dieser Aspekt betrifft sowohl For- Profit- als auch Non-Profit-Organisationen. Ist ein Unternehmen nicht mehr li- quide, kann also seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, droht ein Insolvenzverfahren, was seine Existenz massiv gefährdet (vgl. Joos 2014: 3f).
Um die Hauptziele zu erreichen, ist der Führungsprozess nötig, der Planung, Steu- erung und Kontrolle umfasst. Hier setzten nun die direkten Controlling-Ziele an. „Die direkten Ziele werden […] als Funktionen des Controllings bezeichnet, da sie den Rahmen für die Controlling-Aufgaben festlegen, mittels derer die (indi- rekten) Controlling-Ziele erreicht werden sollen“ (Baltzer 2013: 2). Koordinationsfunktion: Durch die zunehmende funktionelle Spezialisierung in einem Unternehmen sind Führungssubsysteme (z.B. Marketing, Produktion, Fi- nanzen etc.) entstanden. Durch Controlling werden zum einen Daten von den Subsystemen gesammelt, aufbereitet und an das Top-Management weitergeleitet. Zum anderen werden die Subsysteme mit Informationen zur Entscheidungsfin- dung versorgt, was eine Abstimmung unter den Beteiligten beinhaltet. In der Lite- ratur wird derzeit diskutiert, ob dem Controlling hierbei eine Weisungsbefugnis zusteht, sodass es Führungsaufgaben übernehmen würde, oder nur die reine Koor- dination der Informationsversorgung stattfinden soll (vgl. Hubert 2015:12).
Rationalitätssicherungsfunktion: Es ist davon auszugehen, dass dem Top-Ma- nagement bei seiner Führung des Unternehmens Fehler hinsichtlich der Rationalität unterlaufen. Hierunter wird verstanden, dass es nicht immer gelingt, so zu führen, dass den Anforderungen an gestellte Zweck-Mittel-Beziehungen entsprochen wird. Controlling soll deshalb Denkfehler und Muster aufdecken und eine Reflexion ermöglichen, um so eine Lösung des Problems zu finden und Fehler für die Zukunft vermeidbar zu machen (vgl. Hubert 2015: 13). Der Controller übernimmt eine interne Unternehmensberaterfunktion.
Wie Controlling in der Unternehmensstruktur in Ablauf und Aufbau organisiert ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Mit zunehmender Unternehmensgröße steigen Komplexität und Koordi- nierungsaufwand, was wiederum z.B. den Aufbau einer speziellen Con- trolling-Abteilung rechtfertigt (vgl. Hubert 2015: 22).
- Die Rahmenstruktur und der Aufbau der Organisationsstruktur be- schränken die Möglichkeiten der Controlling-Organisation.
- Je stärker ein Unternehmen von der unsicheren Umwelt abhängt, desto ausgeprägter müssen Prognoseinstrumente im Controlling organisiert sein (vgl. Jung 2003: 27f).
- Auch die Unternehmensphilosophie und das Werte- und Normsystem beeinflussen den Stellenwert, den Controlling im Unternehmen einnimmt, und seine Einordnung in der Unternehmenshierarchie.
Es folgt die Darstellung der Controlling-Organisation als Stabstelle (s. Abb.1) und als Linienstelle (s. Abb. 2). Hierbei ist zu beachten, dass das Controlling selbst so weit ausdifferenziert werden kann, dass es ein eigenes Führungssubsystem erfor- dert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Controlling als Stabsstelle der Geschäftsführung in funktionsablauforientierter Organisationsstruktur. (Quelle eigene Darstellung nach Hubert 2015: 20).
Controlling, das als reine Stabsstelle organisiert ist, ist für kleine und mittlere Un- ternehmen geeignet. Mit zunehmender Unternehmensgröße sind den Führungs- subsystemen eigene dezentrale Controller zugeordnet (z.B. Marketing-Controller, Produktions-Controller etc.), die dem zentralem Controller zuarbeiten (vgl. Jung 2003: 37). Durch den engen Kontakt zur Geschäftsführung ist das Controlling so organisiert meist durch eine gesamtunternehmensbezogene Sichtweise geprägt (vgl. Hubert 2015: 22).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Controlling als Linienstelle in funktionsablauforientierter Organisationsstruktur. (Eigene Darstellung nach Hubert 2015: 21).
Bei der Organisation des Controllings als Linienstelle müssen klare Verantwor- tungsbereiche und Entscheidungsbefugnisse von der Geschäftsführung delegiert werden, da die Nähe zu ihr fehlt. Dies kann zur Entlastung der Geschäftsführung beitragen. Die stärkere Präsenz ist ein weiterer Vorteil dieser Organisationme- thode. Sie führt zu einer höheren Akzeptanz des Controllings unter den Mitarbei- tern (vgl. Hubert 2015: 22).
Ebenso wie es keine allgemein akzeptierte Definition von Controlling gibt, gibt es auch keine allgemeingültige Aufgabenbeschreibung. Die tatsächlichen Aufgaben des Controllers eines Unternehmens sind immer organisationsspezifisch zuge- schnitten. Der International Controller Verein und die International Group of Controlling haben ein Grundsatzpapier zu den Kernelementen des Controlling im aktuellen Verständnis herausgegeben. Controlling soll demnach „auf Augen- höhe mit dem Management“ stattfinden. Zwar sind die Manager richtungswei- send, dennoch tragen Controller Mitverantwortung bei der Zielerreichung (vgl. Gänßlen 2013: 59), indem sie darüber wachen, dass die Steuerung sich stets am Ziel orientiert. Dabei reicht bloße Analytik nicht mehr aus. Weiche Faktoren wie Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit und Verständnis gegenüber der Geschäfts- führung gewinnen an Bedeutung (vgl. ebenda 62f).
Aus diesen Kernelementen lassen sich folgende Aufgaben ableiten:
- Gestaltung und Pflege der Controlling-Systeme,
- Aufstellen, Koordinieren und Durchführen von Unternehmensplänen, die Investitionsplanung und Budgetierung beinhalten (vgl. ebenda 60f),
- Ermöglichung von Kontrolle durch Berichterstattung, Interpretation und Bewertung der erzielten Ergebnisse im Vergleich zu den aufgestellten Plänen und Zielvorgaben,
- Durchführung von volkswirtschaftlichen Untersuchungen und Marktana- lysen, um im Rahmen des Risikomanagements Einflüsse von außen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend reagieren zu können (vgl. Jung 2013: 14).
Um die Aufgaben durchführen zu können, setzten Controller verschiedene Instrumente ein. Unter Controlling-Instrumenten versteht man daher „alle Methoden, Modelle und technische Hilfsmittel, die im Rahmen der Controlling-Aufga- ben eingesetzt werden […]“ (Fischer 2008: 11). Sie werden folgend den Controlling-Dimensionen zugeordnet aufgeführt.
Im Controlling wird hinsichtlich der Dimensionen strategisch und operativ unter- schieden. Strategisches und operatives Controlling sind Konzeptionen, die sich gegenseitig ergänzen. Beide beinhalten die Bausteine Information, Planung, Steu- erung und Kontrolle. Einen Überblick, worin sie sich unterscheiden, bietet die Ta- belle 1.
Tabelle 1: Vergleichende Betrachtung von strategischem und operativem Controlling. (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Jung 2003: 15 und Joos 2014: 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Das strategische Management ist auf den Ausbau und die Pflege von Erfolgspo- tenzialen ausgerichtet, für die Ressourcen aufgewendet werden müssen“ (Offer- manns 2007: 31). Es geht um die Fragen, was das Unternehmen darstellen und wo am Markt es sich positionieren möchte. Zum Konkretisieren muss das Manage- ment strategische Ziele setzten, die das Potenzial des Unternehmens umschreiben und seine gesamte Ausrichtung bestimmen. Strategisches Controlling gewinnt hierbei auf Grund des immer schneller werdenden Wandels in Gesellschaft, Öko- nomie, Politik und Technologie an Bedeutung (vgl. Jung 2003: 271). Denn es ver- sorgt das Management mit den nötigen Informationen, um die richtige Prognose zu erstellen. Im Folgenden sind die Instrumente skizziert, die im Controlling an- gewandt werden, um die Strategie des Unternehmens zu planen und zu kontrollie- ren.
Im Rahmen der strategischen Planung wird aus verschiedenen Strategiealternativen diejenige ausgewählt, mittels der sich die Kardinalziele bestmöglich erreichen lassen. Hierfür führt das Controlling mehrerer Analysen durch, um die Entscheidung auf einer ausreichenden Datengrundlage fällen zu können.
- In der Umweltanalyse wird in einem ersten Schritt der Ist-Zustand hin- sichtlich der makro-ökonomischen, der technologischen, der politischrechtlichen, der sozio-kulturellen und der natürlichen Umwelt erfasst. Im zweiten Schritt werden mögliche Trends und Veränderungen durchdacht und festgehalten (vgl. Joos 2014: 12f).
- Die Analyse der Wettbewerbssituation dient zum Einschätzen des Ge- winnpotenziales. Hierbei fließen zukünftig erwartete Veränderungen hin- sichtlich Bedrohung durch Konkurrenten und Substitutionsprodukte und Verhandlungsstärke der Abnehmer und Lieferanten mit ein (vgl. Joos 2014: 14).
- Durch eine Unternehmensanalyse werden die Stärken und Schwächen des Unternehmens und die daraus resultierenden Chancen und Risiken aufgedeckt. Wegen der hohen Komplexität ist es sinnvoll Checklisten als Hilfsmittel einzusetzen. In der Praxis enthalten diese Erfolgsfaktoren wie Standort, Marketingkonzept, Finanzsituation, Produktion, Führungssystem etc., die hinsichtlich ihrer Güte eingeschätzt werden. So entsteht ein Unternehmensprofil, das mittels Vergleiche mit Konkurrenten zur Positionsbestimmung geeignet ist (vgl. Joos 2014: 18f).
Nachdem die Entscheidung für eine Strategie gefallen ist, überwacht das Controlling, ob Anpassungen nötig sind.
- Durch ein Früherkennungssystem sollen unvorhergesehene Ereignisse aufgespürt werden, die die Strategie wertlos werden lassen würden. Wichtig ist, dass solche Krisensignale zu einem so frühen Zeitpunkt er- kannt werden, dass genügend Handlungszeit zum Steuern bleibt (vgl. Joos 2014: 41). Als Signale kommen z.B. Arbeitslosenzahlen, politische Turbulenzen, Öffnung neuer Märkte oder technologische Erfindungen in Betracht. Besonders Führungskräfte sind angehalten, erkannte Informationen weiterzugeben, sodass sie mittels des Berichtswesens des Controllings dem Top-Management zukommen.
- Mittels Risikomanagement sollen Risiken erkannt und vermieden wer- den, die zu Verlusten führen würden. Beispiele hierfür sind Konkurrenz- entwicklungen, Verknappung der Rohstofflieferungen oder Umsetzung interner Kostensenkungsprogramme. Solche Risiken werden zunächst identifiziert (s. Unternehmensanalyse), sodass dann die Risikostruktur des Unternehmens bewertet werden kann. Als weitere Aufgabe gilt es, Ge- genmaßnahmen zu den einzelnen Risiken zu planen. Die Risiken werden überwacht und Veränderungen mittels Berichtswesens dem Management mitgeteilt. Im Risikomanagement ist weniger das Eliminieren von Risiken als vielmehr der transparente Umgang mit ihnen das Ziel (vgl. Jung 2003: 367ff).
Beim operativem Management „steht die ökonomische Perspektive der leistungs-, finanz- und informationswirtschaftlichen Prozesse im Mittelpunkt“ (Offermanns 2007: 32), durch welche die Strategie umgesetzt und die Ziele erreicht werden sollen. Schwerpunkt ist hierbei die Optimierung der Produktivität. Während der Prozessplanung stellt das Controlling Finanz- und Erfolgspläne auf oder setzt Budgetrahmen. Die Kontrolle der Prozesse erfolgt durch Abweichungsanalysen und Soll-Ist-Vergleiche, um im Steuerungsprozess die erkannten Störungsursa- chen zu reduzieren oder Kostensenkungsprogramme durchzuführen (vgl. Jung 2003: 372ff). Operative Controlling-Instrumente lassen sich nach Kosten- und Leistungsrechnung, Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, strategischem Kostenmanagement und Berichtswesen kategorisieren.
Die Kosten- und Leistungsrechnung, auch Kosten- und Erlösrechnung genannt, ist Teil des betrieblichen Rechnungswesens, dessen Aufgabe es ist, „die betriebs- wirtschaftlich relevanten, quantitativen Informationen über angefallene oder ge- plante Geschäftsvorfälle systematisch zu erfassen, zu dokumentieren und auszu- werten“ (Fischer 2008: 17). Während die Bilanz und der Jahresabschluss zum externen Rechnungswesen zählen und sich an handels- und steuerrechtliche Vorgaben halten müssen, hat das Unternehmen im internen Rechnungswesen, wozu die Kosten- und Leistungsrechnung zählt, alle Freiheiten und entscheidet selbst über Art und Umfang der Rechnungen.
Der Nutzen der Kosten- und Leistungsrechnung liegt in der Informationsversor- gung hinsichtlich bei der Gestaltung der Preispolitik, bei der Kontrolle der Wirt- schaftlichkeit, bei der kurzfristigen und sachzielorientierten Ergebnisermittlung und bei unternehmerischen Entscheidungen (vgl. Joos 2014: 100). Die wichtigs- ten Rechnungen der Kosten- und Leistungsrechnung werden im Folgenden kurz skizziert:
- Die Kostenartenrechnung ist Ausgangspunkt für alle weiteren Rechnun- gen. Hier werden alle angefallenen Kosten einer Abrechnungsperiode sys- tematisch erfasst und nach sachlichen Kriterien gegliedert (vgl. Jung 2003: 58).
- In der Kostenstellenrechnung werden die zuvor ermittelten Gemeinkos- ten auf die Kostenstellen verteilt. Als Kostenstellen werden selbstständige Teilbereiche eines Unternehmens verstanden, die Leistungen unter Pro- duktionsfaktorverbrauch erbringen und deren Kosten erfasst und kontrol- liert werden sollen. Gemeinkosten sind dabei die Kosten, die nicht direkt einem Kostenträger zugeordnet werden können, z.B. Steuern und Gebüh- ren. Die Verteilung auf die Kostenstellen erfolgt mittels Zuschlagsätzen (vgl. Jung 2003: 60).
- In der Kostenträgerrechnung erfolgt die Zuordnung der Kosten auf die hergestellten Leistungen im Unternehmen (vgl. Joos 2014: 114). Sie ermittelt den Erfolg einer Leistung sowohl stück- als auch zeitbezogen (vgl. Jung 2003: 62).
- Bei der Deckungsbeitragsrechnung wird zwischen fixen und variablen Kosten unterschieden. Fixe Kosten sind unabhängig von der Ausbrin- gungsmenge wie z.B. Mieten, während sich variable Kosten je nach Aus- bringungsmenge ändern, z.B. Materialkosten. Durch den Bezug zur Aus- bringungsmenge lassen sich mittels verschiedener Rechenoperationen Aussagen zur Optimierung des Produktionsprogrammes, zu Preisunter- grenzen, zur Aufnahme von Zusatzaufträgen, zu make-or-by-Entscheidun- gen und zu Beziehungen zwischen Kosten, Gewinn und Absatzmenge (Gewinnschwellen) machen (vgl. Jung 2003: 72ff).
Investitionen sind nötig um die operativen Prozesse wettbewerbsfähig durchführen zu können. Sie gehen mit dem Verbrauch finanzieller Ressourcen einher, sodass sie Einfluss auf Liquidität und Rentabilität haben. Daher ist es sinnvoll, den Investitionsentscheidungsprozess mit Daten zu unterstützen.
- Die Kostenvergleichsrechnung ist die einfachste Investitionsrechnung. Bei gleicher Leistung mehrerer Investitionsalternativen werden alle zu er- wartenden Kosten (wie Anschaffungs-, Betriebs-, Reparatur-, Energie-, Kapitalkosten) einer Periode addiert und die Ergebnisse verglichen. Bei ungleicher Leistung mehrerer Investitionen werden die Stückkosten ver- glichen. Zu bevorzugen sind Investitionen mit geringeren (Stück-) Kosten. Ein Schwachpunkt dieser Rechnung ist die Vernachlässigung von mögli- chen qualitativen Unterschieden in der Leistung (vgl. Jung 2003: 112ff).
- Bei der Rentabilitätsrechnung wird Bezug vom Gewinn zum eingesetz- ten Kapital hergestellt. Die Rentabilität einer Investition in einer Periode ist ihr durchschnittlicher Gewinn durch den durchschnittlichen Kapitalein- satz. Investitionen mit höherer Rentabilität sind wirtschaftlicher. Diese Rechnung vernachlässigt allerdings Unterschiede in der zu erwartenden Nutzungsdauer der Investitionen (vgl. Jung 2003: 120f).
- Durch die Amortisierungsrechnung wird der Zeitraum ermittelt, in dem
das ursprünglich eingesetzte Kapital durch Erlöse vollständig zurückge- flossen ist. Somit ist die Investition mit der kürzesten Amortisationszeit am wirtschaftlichsten. Für die Rechnung werden dem eingesetzten Kapital entweder die durchschnittlichen Rückflüsse oder die kumulierten Rückflüsse pro Periode in Relation gesetzt (vgl. Jung 2003: 121f).
- Die Kapitalwertmethode ist ein dynamisches Verfahren, das die Erlöse pro Periode, die Nutzungsdauer und die Verzinsung berücksichtigt, die das Kapital alternativ am Kapitalmarkt erbringen würde, wenn es nicht für die Investition verwendet worden wäre. Die Investition mit dem höchsten Kapitalwert ist am vorteilhaftesten (vgl. Jung 2003: 124f).
- Kosten-Nutzen-Analysen bieten sich an, wenn der Nutzen einer Investi- tion nur schwer finanziell messbar ist, z.B. bei Projektvorhaben. Zunächst werden Ziele bestimmt, die durch Investitionsalternativen erreicht werden sollen. Die Alternativen werden dann hinsichtlich ihrer zu erwartenden Vorteile im Verhältnis zu ihren Kosten miteinander verglichen. Häufig wird dieser Vergleich mit verbalen Beschreibungen oder Punktbewertun- gen ergänzt (vgl. Jung 2003: 131f).
Durch Kostenmanagement wird eine Verbindung zwischen den durch Umweltanalysen erfassten Kundenbedürfnissen aus dem strategischem Controlling und operativen Gegebenheiten des Unternehmens hergestellt. Es wird besonders in der frühen Phase einer Produktentwicklung angewandt:
- Zielkostenmanagement stellt marktorientierte Kostenplanung in den Vordergrund. Die Leitfrage ist: Wie teuer darf unser Produkt höchstens sein, damit es marktfähig ist? Zu ihrer Beantwortung werden zunächst ähnliche Produkte anderer Anbieter hinsichtlich Preis und Wert vergli- chen. Aus den Erkenntnissen wird ein Angebotspreis ermittelt. Durch Sub- trahieren des branchenüblichen Gewinnzuschlags erhält man die vom Markt erlaubten Stückkosten der Produktion. Mittels dieser Kenntnis kön- nen nun die Produktionskosten gesteuert und gestaltet werden (vgl. Jung 2003: 85ff).
- Die Prozesskostenrechnung ist ein Instrument zur Analyse der Prozess- struktur und der anfallenden Kosten, die für die Herstellung eines markt- konformen Produktes nötig sind. Ein Schwerpunkt liegt bei der verursa- chungsgerechten Zuordnung der Gemeinkosten. So soll der Umweg über die Zuschlagskalkulation vermieden werden. Kritisch anzumerken ist al- lerdings, dass nicht zwischen fixen und variablen Kosten unterscheiden wird, sodass deshalb die Prozesskostenrechnung nicht für kurzfristige Ent- scheidungen geeignet ist.
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