Seminararbeit, 2017
23 Seiten, Note: 2
Einleitung
1. Was ist Leadership?
2. Political Leadership
3. Political Leadership: Ein männliches Konzept?
4. Frauen als Leader und deren Implikationen
5. Männliche und weibliche „leadership styles“
6. Was sagen uns Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen über Frauen als Leader?
7. Sozialisation und Leadership
Fazit
Literaturverzeichnis
Im Laufe der Geschichte wurde Leadership eng mit Männlichkeit ver- bunden. Der König, der Vater, der Chef, der Herr sind stereotypische Bilder von Leadership. Mann und Leadership waren wie siamesische Zwillinge; die Idee einer Frau in Leadership-Positionen ist für viele Men- schen noch fremd (Keohane 2010: 121). Tatsächlich ist die Ausübung von Macht und Autorität schon immer als Vorrecht eines Mannes gese- hen worden (Campus 2013: 10). Die meisten politischen Philosophen genauso wie unzählige gewöhnliche Menschen, haben über Jahrhunder- te hinweg einfach angenommen, dass Frauen unfähig seien Leadership auszuführen und sahen Frauen sogar als Bedrohung (Keohane 2010: 123).
Macht ist zwar neutral, die Eigenschaften von Macht, jedoch sind männ- lich und sehr oft mit psychosexuellen Konnotationen gefärbt wie bspw. Stärke, Kraft oder Autorität gegenüber anderen. (Solheim 2000: 4). Die Verbindung zwischen Männern und Macht beruht auch darauf, dass his- torisch gesehen die Macht des Mannes öffentlich und sichtbar war, wäh- rend bei Frauen, die Macht meist heimlich und informell war. Dies gilt besonders für den Bereich der Politik, wo bis in den vergangenen Jahr- hunderten Frauen ihren politischen Einfluss nur infolge privater Bezie- hungen, sei es als Ehefrauen oder Geliebte, ausübten. So sind Macht und Leadership insgesamt zum exklusiven Bereich des Mannes gewor- den. (Campus 2013: 10-11). Einzige Ausnahme: Eine überschaubare Gruppe von regierenden Königinnen, die dank der Abwesenheit von männlichen Erben zur Krone kamen (Stevens 2007: 119). Trotz der langjährigen Assoziationen zwischen Männern und Leadership, finden wir im Laufe der Zeit verstärkt (auch wenn in Relation im Ver- hältnis noch immer wenige) Frauen in Leadership-Positionen verschie- dener Art. Dies hat zur Behauptung beigetragen, dass Frauen anders als ihre männlichen Kollegen Leadership ausführen. Macht Gender in Lea- dership tatsächlich einen nennenswerten Unterschied? Am Anfang dieser Arbeit steht der Versuch einer Definition von Lea- dership um diese dann auf den Begriff der sogenannten „political lea- dership“ einzugrenzen. Daraufhin wird auf die vorhandene Verbindung zwischen Leadership und Männlichkeit hingewiesen, um in weiteren Teil der Untersuchungen verschiedenen Implikationen für Frauen in Leadership-Positionen analysieren zu können. Um die Frage meiner Arbeit zu klären untersuche ich „female and male leadership styles“ und ziehe Studien verschiedener Sozialwissenschaftler*innen heran.
Um Leadership zu verstehen, dient uns eine Gruppe von Menschen als Bespiel. Die Personen stammen alle aus unterschiedlichen Kontexten und deren einziger Berührungspunkt besteht darin ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die Individuen sind weder familiär oder freundschaft- lich miteinander verbunden, daher gibt es keinen vorgegebenen Leader innerhalb dieser Menschengruppe. Einige Einzelpersonen werden jedoch ein Bedürfnis haben Maßnahmen zu ergreifen, die man bereits als Lea- dership bezeichnen würde. Mehrere Individuen werden Vorschläge ein- bringen und der Gruppe Handlungen vorschlagen. Dabei ist es Aufgabe der Gruppe über einen potenziellen Leader zu entscheiden. Es kommt auch öfters vor, dass die Gruppe eine selbstsichere Person als Leader bevorzugt, auch wenn dessen Vorschläge im Vergleich zu anderen man- gelhaft erscheinen (Keohane 2010: 18-20). Philip Heymann beschreibt, dies an einem Beispiel: Eine Gruppe von außenpolitischen Experten wird gebeten innerhalb eines Simulationsspiels über die beste Antwort auf einen terroristischen Vorfall zu entscheiden. Die Gruppe folgte den Vor- schlägen eines Mannes die, wie sich später herausstellte, erhebliche Mängel hatte. Das Beispiel zeigt, dass Menschen dazu tendieren eher einem selbstsicheren und starken, als einem abwägenden und beraten- den Individuum zu folgen (Heymann 2008: 141).
Leadership bildet daher ein Schlüsselfaktor für die Lösung kollektiver Probleme. Die einzelnen Leader bringen die Energien der Mitglieder ei- ner Gruppe zusammen um Ziele zu erreichen, die für Einzelpersonen nicht erreichbar sind (Keohane 2010: 22). Für Philip Selznick ist Lea- dership eine Art Arbeit, um die Bedürfnisse einer sozialen Situation zu erfüllen (Selznick 1984: 22). Burns wiederum definiert Leadership als eine spezielle Form von Macht (Burns 1978: 12). Für Ruscio gibt es kei- ne starke und gesunde Demokratie ohne einem Leader (Ruscio 2004: 9).
Leadership macht auch deutlich, dass es mehr als einen Leader für eine bestimmte Gruppe geben kann. Darüber hinaus ist die Gruppe be- schränkt und als solche erkennbar. Sie kann so klein sein wie eine Pfad- findergruppe oder so groß wie ein Nationalstaat. Jedoch gibt es Gren- zen, die es der Gruppe ermöglichen, identifiziert zu werden und gele- gentlich gemeinsam zu handeln. Die Gruppen mit denen Leader arbei- ten, unterscheiden sich in deren Reichweite und Komplexität von einer Gruppe zufällig zusammengeführter Menschen bis hin zu einem Reich mit vielen verschiedenen religiösen und ethnischen Gemeinschaften. Diese unterschiedlichen Kontexte bieten besondere Chancen und setzen aber auch Einschränkungen für die Leader. Dazu unterscheiden sich ei- nige Aspekte von Leadership in großen Organisationen deutlich von in- formellen Kontakten. Jedoch sollten die Ähnlichkeiten, die unter den einzelnen Leader oben identifiziert wurden nicht durch ihre signifikanten Unterschiede überschattet werden denn insgesamt können gemeinsame Merkmale des Verhaltens, das wir Leadership nennen, über verschiede- ne Kontexte und Kulturen identifiziert werden (Keohane 2010: 23). Um Leadership zu verstehen schlägt Robert Tucker vor erstmals die Frage nach dem Tun der Leader zu beantworten (Tucker 1995: 1-3). Erstmals treffen Leader Entscheidungen. In seinen Analysen innerhalb des Wei- ßen Hauses kommt der Autor Theodore Sorenson zum Schluss, dass die gesamte Existenz des Präsidenten ein kontinuierlicher Entscheidungs- prozess ist: Entscheiden sich nicht zu entscheiden und Entscheidungen nicht zu ergreifen; Darüber entscheiden was zu sagen, was zu tun ist, was zu unterzeichnen oder jemanden zu nennen. Jede Entscheidung bildet nur den Anfang, denn jede neue Entscheidung setzt einen Präze- denzfall voraus und führt zu neuen Entscheidungen, schließt andere Entscheidungen aus und verursacht unterschiedliche Reaktionen, die wiederum Gegenwirkungen erfordern (Sorenson 1963: 6). Erfolgreiche Leader machen in der Regel keine isolierten Entscheidungen, vielmehr entwickeln und verfolgen sie Strategien. Präsidenten, Ministerpräsiden- ten in einem Gesetzgebungsorgan, Top-Administratoren von Institutio- nen sowie auch Diplomaten in schwierigen Verhandlungen, befinden sich immer wieder in Situationen in denen Kompromisse oft wesentlich für den Erfolg sind. Leader hören auch auf Vorschläge sowie Petitionen von anderen. Sie entscheiden über Konflikte zwischen Untergebenen. Sie sammeln Ressourcen und setzen Anreize ein, sowohl Belohnungen als auch Sanktionen. Sie suchen nach Ratschlägen und erklären Aussa- gen über Entscheidungen, die sie gemacht haben oder Probleme mit denen sie sich konfrontieren müssen. Sie versuchen zu überreden, ver- suchen zu verlangen oder zwingen sogar andere, eine Vorgehensweise zu verfolgen, die sie bestimmt haben (Keohane 2010: 25-26). Jedoch kann jede soziale Kraft oder institutionelle Struktur, wie die ökonomi- sche Realität, die kulturellen Erwartungen, sowie die Forderungen der Anhänger oder die Zwänge der Institutionen die Handlungen der Leader einschränken (Jones 1989: 5). Des Weiteren sind Leader auch Anhänger und während sie stolz sein können über einer Gruppe zu stehen, mög- licherweise sogar über ihrer eigenen politischen Partei, können sie ebenso unterwürfig zu einer anderen Gruppe sein (Brown 2015: 381).
Die akademische Literatur über Leadership hat bisher die komplexe Welt des „political leadership“ weitgehend ignoriert und hat sich weitge- hend auf das Phänomen des „managerial leadership“ konzentriert. Die- ses basiert auf der Auswahl und nicht auf der Wahl um mit der Forde- rung organisatorischen Akteure zu befriedigen (Benington/Hartley 2009: 211). Der Begriff „political leadership“ unterscheidet sich in sei- nem Autoritätsursprung von organisatorischen oder leitender Lea- dership. Politiker werden nicht eingestellt sondern gewählt und sobald sie gewählt werden, tragen sie die Verantwortung im Namen aller nicht nur ihrer Wählerschaft. Ihre Verantwortung besteht darin über die von ihnen vertretenen Akteure zu entscheiden und das Wohlergehen künfti- ger Generationen zu sichern (Hartley/Morell 2006: 484-486).
Erklärungen für „political leadership“ bewegen sich von den Strukturen und den formalen Institutionen, in denen gewählte Politiker ihre Arbeit durchführen, hin zu einer spezifischeren Ansicht von „political lea- dership“, fokussierend auf den individuellen Merkmalen des Leader als „agent“. In der Praxis liegen viele Theorien, irgendwo entlang des Kontinuums, mit Elementen von „structure and agency“ (Benington/Hartley 2009: 208). Hartley und Allison sind der Meinung, dass Leadership nicht nur von Strukturen, sondern auch von Kultur und Verhaltensweisen beeinflusst wird. (Allison/Hartley 2000: 35-40).
Insgesamt wird es jedoch niemals eine einzige Theorie geben, die die Prozesse des politischen Leadership ausreichend erklären kann und wird (Benington/Hartley 2009: 208). Eine nützliche Definition stammt von Burns, der „political leadership“ als einen wechselseitigen Prozess der Mobilisierung von Personen mit bestimmten Motiven und Werten, ver- schiedenen ökonomischen, politischen und anderen Ressourcen im Kon- text von Konkurrenz und Konflikt versteht, um Ziele unabhängig vonei- nander wie auch gemeinsam (Leader und Anhänger) zu verwirklichen (Burns 1978: 425). Benington und Hartley leiten für eine „democratic political leadership“ die Befugnis von freien und fairen Wahlen unter be- stimmten rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vereinbarungen mit ei- nem bestimmten Wahlkreis ab. In einer westlichen kapitalistischen De- mokratie beruht die Legitimität von „political leadership“ auf der Wahl des Elektorats sowie der Rechenschaftspflicht gegenüber der Wähler- schaft. Dies bedeutet, dass „political leadership“ nicht ohne der Berück- sichtigung des Volkes praktiziert werden kann. Politische Leader sind daher für eine breite Palette von öffentlichen Entscheidungen verant- wortlich, die sie auf der Grundlage der Bevölkerung, der sie dienen, übernehmen (Benington/Hartley 2009: 204; 206-207). Die politischen Leader spielen eine zentrale Rolle in modernen Demokratien, nicht als alleinige autokratische Herrscher, sondern als notwendige und wichtige Mobilisierer von Massen, sie sind Zielsetzer und Visionäre (Pakulski 2013: 370). Die politischen Leader müssen daher die Aufmerksamkeit auf die Schaffung sowie Aufrechterhaltung der Unterstützung mittels einer ausreichenden Koalition legen, um ihre Handlungen zu legitimie- ren (Blondel/Manning 2002: 461-463). Das Verhandeln und Aufrecht- halten von Koalitionen ist zentral für die Arbeit von „political leadership“ und bildet somit dessen Grundaufgabe. Um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen funktioniert „political leadership“ über den Aufbau von Koa- litionen, sie agiert sowohl in formellen sowie auch in informellen Are- nen. Arenen bezeichnen physische, geographisch festgelegte Räume wie Parlamente oder beschreiben soziale Prozesse des gegenseitigen Ein- flusses zwischen einer Vielzahl von Akteuren und der „political lea- dership“. Sie können als Räume und Ströme von Menschen, Ideen, Problemen, Legitimität und Ressourcen begriffen werden. Dies erfor- dert, dass wir über „political leadership“ nicht statistisch, sondern als einen Raum von Ideen, Werten und Prozessen von Gruppen nachden- ken.
„Political leadership“ kann auch mit sozialen Bewegungen arbeiten, um diese zu erziehen oder zu schützen sowie deren Wünsche und Hoffnun- gen in legitimen, demokratischen Formen des Protestes zu bringen. „Po- litical leadership“ arbeitet oft mit Organisationen und informellen Grup- pen aus der privaten, der öffentlichen sowie den freiwilligen Sektoren zusammen, da die Interessensvertretungen verschiedene Entscheidun- gen und Handlungen vorbringen (Benington/Hartley 2009: 210-211). „Political leadership“ ist jedoch in der Regel auch in der parteipolitischen Arena vertreten, der der Leader angehört (Copus 1999: 82). Selbst po- litische Leader, die als unabhängig fungieren, müssen Interessenskoali- tionen aufbauen um ihre Politiken und ihre Pläne voranzutreiben. Die Rolle der politischen Leader besteht nicht nur darin staatliche Auto- rität und Ressourcen für die Bereitstellung von Diensten zu nutzen, sondern auch darin nach Lösungen für komplexe Probleme zu suchen und schwierige Entscheidungen zu treffen. Jede getroffene Entscheidung kann selbstverständlich nicht alle konkurrierenden Interessen erfüllen und wird somit auch nicht jedem gefallen (Benington/Hartley 2009: 204; 210). Für Crick ist Demokratie daher ein unvollkommenes System.
Politik jedoch birgt die Möglichkeit, heterogene Gesellschaften ohne un- angemessene Gewalt zu regieren, selbst wenn in Gesellschaften unterschiedliche Meinungen vertreten sind (Crick 2000: 33).
In den letzten Jahren ist die Zahl von Frauen in Leadership-Positionen stetig gestiegen. Frauen haben vermehrt Ämter als Parteiführerinnen, Ministerpräsidentinnen und Staatsoberhäupter über. Dennoch ist die Idee „think power, think male“ in Politik und Gesellschaft immer noch allgegenwärtig. Das Verhältnis zwischen Geschlecht und Leadership wird meist von einer Reihe von tief verwurzelten Stereotypen über Männer und Frauen gestützt. Weit verbreitet sind Stereotypen, die den beiden Geschlechtern unterschiedliche psychologische Merkmale zuschreiben (Campus 2013: 11). Es heißt Männer seien ehrgeizig, selbstbewusst, dominant und durchsetzungsfähig, während Frauen freundlich, hilfsbe- reit, warm und sanft sind (Carli/Eagly 2007: 127). Im klassischen Ideal eines politischen Leaders (Platon) wurden bereits Weisheit und Tugend als wichtigste Eigenschaften festgelegt, um über eine Bevölkerung zu herrschen (Benington/Hartley 2009: 205). Macht und Leadership wur- den historisch betrachtet immer von Männern ausgeführt, so verwun- dert es nicht, dass der Leadership zugeschriebenen Qualitäten mit den als männlich definierten übereinstimmen. Darüber hinaus gilt zu sagen, dass Frauen oft Schwierigkeiten haben, sich mit einer solchen, männlich konnotierten Vorstellung von Leadership zu identifizieren (Solheim 2000: 4). Durch die traditionelle Einstellung des Studiums von Lea- dership, die seit immer schon den Glauben unterstützt, dass Leadership eine Frage von unverwechselbaren individuellen Qualitäten sei, wurde die Verbindung zwischen typisch männlichen Persönlichkeiten und einer guten Leadership gefördert.
Seit langem wird die Auffassung vertreten, dass Leadership im Charak- ter des einzelnen Individuums festgelegt ist (Campus 2013: 11).
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