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Magisterarbeit, 2005
117 Seiten, Note: 1,3
1) Einleitung
2) Erinnern oder Vergessen – der öffentliche Diskurs
um die Erinnerung an die NS-Zeit in Deutschland
2.1) Auswirkungen auf die Bevölkerung - der Holocaust und seine Folgen am Beispiel der Überlebenden des Dritten Reichs
2.2) Die politische Auseinandersetzung
2.3) Auseinandersetzung in der Literatur
2.3.1) Vor der Wiedervereinigung Deutschlands
2.3.2) Nach der Wiedervereinigung Deutschlands
2.4) Literarische Werke aus der Zeit zwischen 1990 und 2002
2.4.1) Bernhard Schlink „Der Vorleser“
2.4.2) Walter Kempowski „Das Echolot – Barbarossa `41. Ein kollektives Tagebuch.“
2.4.3) Günter Grass „Im Krebsgang“
2.4.4) Martin Walser „Ein springender Brunnen“ – die (Fehl-)- Interpretation und die Debatte um die Dankesrede zum Erhalt des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels
3) Marcel Reich-Ranicki „Mein Leben“
3.1) Intention, Aufbau, Sprache
3.2) Die Leitmotive
3.2.1) Vorgeschichte
3.2.2) Das Leben als Jude in Deutschland
3.2.3) Die Liebe zur (deutschen) Literatur
3.3) Der Kritiker und seine Bekenntnisse
3.3.1) Selbstzweifel, Selbstinszenierungen
3.3.2) Das ‚lückenhafte’ Gedächtnis
4) Martin Walser „Ein springender Brunnen“
4.1) Aufbau und Perspektive
4.2) Die Macht der Worte
4.2.1) Lesen und Schreiben
4.2.2) Johann und der Nationalsozialismus
4.3) Die Leitmotive
4.3.1) Heimat und Provinz
4.3.2) Die Sprache als ‚Mittel zur Selbstfindung’
4.4) Bewusstes Verdrängen ?
4.4.1) Das Prinzip des Erinnerns
4.4.2) Verdrängte Erinnerung
5) Martin Walser versus Marcel Reich-Ranicki
6) Schlussbetrachtung
7) Literaturverzeichnis
Die Auseinandersetzung mit autobiographischem Schreiben lohne, weil man in der jeweiligen Gattungsgeschichte auch die Sozialgeschichte der Menschen wiedererkennen könne.[1]
In der Vergangenheit, die alle zusammen haben, kann man umhergehen wie in einem Museum. Die eigene Vergangenheit ist nicht begehbar. Wir haben von ihr nur das, was sie von selbst preisgibt.[2]
Schon seit einigen Jahrzehnten ist das autobiographische Schreiben ein fester Bestandteil des literarischen Lebens. Aber nicht nur Schriftsteller, sondern auch Politiker, Sportler, Schauspieler und weitere mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten versuchen, durch die schriftliche Darstellung ihres Lebens Zeugnis abzulegen. Doch worin liegt die Ursache dafür, dass sich so viele Menschen der literarischen Gattung „Autobiographie“ in ihren verschiedenen Ausprägungen zuwenden? Ist es ein Bedürfnis oder einfach nur Neugierde, mehr über andere Personen zu erfahren? Oder ist es dem Schreiber ein wichtiges Anliegen, ein Ereignis in dieser Form zu fixieren, das nicht in Vergessenheit geraten sollte; oder ist es etwas, das verarbeitet werden will?
In dem Zusammenhang ist die Einschätzung von Helmut Scheuer zutreffend. In seinen Studien stellt er heraus, dass die Darstellungen von Lebensläufen offensichtlich einen großen Reiz ausüben, und das gerade in einer Zeit existentieller Unsicherheiten.[3] Als zusätzlicher Aspekt gilt, so Scheuer, dass mit dem subjektiven Bekenntnis des Schreibenden ein spielerischer Dialog begonnen wird, „der den Leser zum Vergleichen einlädt, ihm die Chancen für Zustimmungsakte, ja (partielle) Identifikationen, aber auch für Ablehnungen lässt.“[4]
Die Werke Martin Walsers und Marcel Reich-Ranickis, die Ende der neunziger Jahre veröffentlicht wurden, entsprechen der zuvor genannten Einschätzung. Martin Walsers 1998 erschienener Roman „Ein springender Brunnen“ ist keine Autobiographie in klassischem Sinn, sondern ein Zeit- und Lebensroman. Da Walsers Werk als Selbstporträt des in den zwanziger Jahren am Bodensee geborenen Autors gelesen wird und sich die zentralen Merkmale der Hauptfigur mit denen des Autors decken, ist es der literarischen Gattung „autobiographischer Roman“ zuzuordnen.
Johann wächst im Dorf Wasserburg am Bodensee unter denselben Bedingungen wie Walser auf und ist zudem genauso alt, wie er in jenen Jahren war. Der Roman, den Walser mit einundsiebzig Jahren veröffentlichte, schildert eine Kindheit und Jugend in Süddeutschland in den Jahren 1932 bis 1945. Schon aus diesem Grund haftet dem Werk eine Aura des Vermächtnisses an. Walser wahrt stets den Blick des Jungen. Dabei weist er mehrfach darauf hin, dass er die Vergangenheit nicht mit dem Wissen, das er zum heutigen Zeitpunkt besitzt, darstellt, sondern ganz bewusst „die Vergangenheit als Gegenwart“[5] spiegelt. Diese Aussage führte allerdings zu dem Vorwurf, er würde die Situation der Juden während des Nationalsozialismus verharmlosen und Auschwitz in der Erzählung verschweigen oder gar verdrängen.
In diesem Kontext tritt Marcel Reich-Ranicki als einer der stärksten Kritiker des Werkes auf. Reich-Ranicki wurde 1920 in Polen geboren, 1938 in das Warschauer Ghetto deportiert und überlebte mit viel Glück das NS-Regime. Er berichtet erstmals in seiner so genannten Autobiographie „Mein Leben“ von seinen Erlebnissen in jener Zeit. In dem Werk, das laut Angabe der Deutschen Verlagsanstalt bis September 2000 über sechshunderttausend mal verkauft wurde und deswegen als eine der erfolgreichsten Autobiographien der letzten Jahre gilt, präsentiert sich der oft umstrittene Kritiker von einer anderen Seite. Der Leser kann in ihm einen Menschen erkennen, der viel erlebt und auch gelitten hat.
Im Gegensatz zu der sehr detaillierten Darstellung der Lebensumstände steht die recht verkürzte Schilderung über die Agententätigkeit für den polnischen Geheimdienst nach Kriegsende. Dieser Umstand brachte ihm viel Kritik ein.
Beide Werke befassen sich also mit der Erinnerung an eine gern verschwiegene, aus der Köpfen verdrängte Zeit, dem Nationalsozialismus. Bevor ich mich genauer mit den Werken befassen werde, erfolgt zunächst ein Überblick über das „Trauma 2. Weltkrieg“ und dessen Folgen für die Bevölkerung, sowie den öffentlichen Diskurs über Erinnern oder Vergessen jener Zeit in Politik und Literatur vor und nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Ein zentraler Aspekt wird dabei die Rede Martin Walsers anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels für „Ein springender Brunnen“ sein. Diese Rede wurde über Monate hinweg von vielen Seiten diskutiert und interpretiert.
Dabei kam es nicht selten vor, dass einzelne Aspekte aus ihrem Kontext herausgerissen wurden und dies folglich zu Fehlinterpretationen führte. Zu einem Streitpunkt ist die Rede jedoch erst durch die scharfe Kritik des damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, geworden. Obwohl die Kontroverse stark von persönlichen Verletzungen sowie einem hitzigen und emotionalen Ton geprägt war, wurde schnell deutlich, dass es im Kern nicht so sehr um die Rede als solche ging, sondern um den darin thematisierten Umgang mit der deutschen Vergangenheit mehr als fünfzig Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Die Hauptgegenstände der Debatte waren zum Beispiel neben der Sprache die Diskussionen über die Frage nach der Identität der Deutschen.
Ein anderer, nicht unwichtiger Teil der Debatte drehte sich um die Frage nach der öffentlichen Erinnerungspflege. Als Beispiel ist hier unter anderem das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin zu nennen. Diese neueste vergangenheitspolitische Kontroverse in der Bundesrepublik Deutschland hat auch weitere Themen aufgeworfen, wie die Frage nach der nationalen Identität oder dem Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden.
Im Anschluss an den allgemeinen Teil soll Marcel Reich-Ranickis „Mein Leben“ genauer untersucht werden. Dabei werde ich eingangs auf den Aufbau sowie die Perspektive eingehen. Anschließend sollen die Leitmotive des Textes herausgestellt werden. Seinen Abschluss findet das Kapitel mit dem Abschnitt unter der Überschrift „Der Kritiker und seine Bekenntnisse“, wobei die Aspekte Wahrheit und Bekenntnis analysiert werden. In die Betrachtung fließen auch kritische Stimmen und Selbsteinschätzungen des Literaturkritikers ein, die als Rezensionen oder in Interview-Form vorlagen.
Das darauffolgende Kapitel handelt von Martin Walsers autobiographischem Roman „Ein springender Brunnen“. Dabei werde ich mich neben der Analyse von Aufbau und Perspektive auch mit dem biographischen Hintergrund des Schriftstellers auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang finden vor allem die Aspekte Heimat, Provinz und Sprache eine besondere Beachtung. Das Kapitel endet mit einer Untersuchung des Erinnerungsprinzips bei Walser. Interessant hierfür sind seine Thesen zur Vergangenheit sowie seine kritische Distanz zu Auschwitz beziehungsweise dem Holocaust, die genauer analysiert werden. Für eine solche Betrachtung sind die zahlreichen Interviews, Reden und Aufsätze des Autors aufschlussreich, die mit einbezogen werden.
Abgeschlossen wird die vorliegende Arbeit durch einen Vergleich der zentralen Aspekte der beiden autobiographischen Werke. In Zusammenhang mit dem vorangestellten Teil über den Umgang mit dem Nationalsozialismus soll insgesamt ein Überblick über den unterschiedlichen Umgang mit der Erinnerungsarbeit an dem historischen Trauma, vor allem in der Literatur, gegeben werden.
Der zweite Weltkrieg wurde von den deutschen Nationalsozialisten unter der Führung Adolf Hitlers 1939 begonnen. Gegen Kriegsende 1945 befanden sich siebenundsechzig Staaten im Kriegszustand. Dieser Krieg kostete Millionen Menschen auf der Welt das Leben, Soldaten wie auch Zivilisten. Unter anderem forderte er von etwa vier Millionen Deutschen den Tod.[6] was die Folgen des Krieges (vor allem) für die Zivilbevölkerung angeht, so ist klar, dass sie verheerend und traumatisierend gewesen sind.
Als Trauma bezeichnet man im Allgemeinen eine Erfahrung im Leben eines Menschen, die seine Wahrnehmungsfähigkeit und Belastbarkeit so stark überfordern, dass in der Folge eine innere psychische Erschütterung mit dauerhaften, zum Teil krank machenden Folgewirkungen auftritt.[7] So kann zum Beispiel das Miterleben eines Unfalls oder einer Katastrophe, wie in diesem Fall ein Krieg, zur traumatischen Erfahrung werden.
Dementsprechend sind viele soziale Probleme der Überlebenden eine Reaktion auf den Schock von einer Gemeinschaft getrennt zu werden, sowie eine unmittelbare Folge der Katastrophe selbst. Dies ist auch auf die Überlebenden des Holocausts anwendbar, von denen die meisten die ganze oder einen Großteil ihrer Familie und Freunde verloren haben und ein neues Leben beginnen müssen.
In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Mehrheit der Überlebenden auch noch nach Jahren bestimmte Stress- und Belastungssymptome aufwiesen. Hierzu zählen unter anderem plötzlich auftretende Erregungs- und Angstzustände, die ständige Begegnung mit Leichenbildern, Wahnvorstellungen (das Gefühl, immer noch gefangen zu sein oder verfolgt zu werden) und das quälende Wiedererleben der Schrecken innerhalb der Konzentrationslager. Zusammengefasst werden diese Symptome unter dem Begriff „KZ - Überlebendensyndrom“[8].
Nach der Befreiung aus den Lagern fanden vor allem die ehemaligen Häftlinge denkbar schlechte Bedingungen für die Traumaverarbeitung vor. Denn die noch überlebenden Angehörigen und Freunde oder auch andere Kontaktpersonen waren zu sehr mit der eigenen Vergangenheit beschäftigt, als dass sie die Aufmerksamkeit und Geduld aufgebracht hätten, bei der Verarbeitung der Erlebten zu helfen. Auch die nachfolgende Generation weist laut einiger Studien „Symptome auf, die erwartet wurden, als wenn diese Kinder tatsächlich den Holocaust durchlebt hätten“[9]. Überlebensschuld ist dabei eines der auffälligsten Merkmale, sowohl von den Holocaust-Überlebenden selbst als auch von deren Nachkommen. Während die Tatsache, dass man am Leben ist, für die meisten Menschen selbstverständlich ist, glauben diese Personen häufig, dass sie nicht das Recht haben zu leben, wenn so viele andere Menschen getötet wurden.[10]
Eine andere Art des Traumas, die in Zusammenhang mit der Erinnerungsarbeit beziehungsweise der verdrängten Erinnerung steht, ist der so genannte Pakt des Schweigens[11]. Wie die Überlebenden, so verbreiten ebenfalls die Täter, wenn auch aus anderen Motiven, diesen Pakt des Schweigens in ihren Familien. Dieser regt die Nachfolgegenerationen zu Nachforschungen an, die zum einen dem Betroffenen bei der Verarbeitung helfen können und zum anderen die Erinnerungsarbeit fördern. Dies gilt gleichermaßen für den öffentlichen als auch den privaten Bereich.
Seit der Diktatur des Nationalsozialismus und der furchtbaren Folgen wird in Deutschland über diese Zeit nur unter Vorbehalt gesprochen. Die Zeit zwischen 1933 und 1945 hat sich im kollektiven Gedächtnis der Deutschen manifestiert, da man über diese Ereignisse nicht hinwegsehen konnte und auch nicht kann. Bis in die heutige Zeit stellt der Umgang mit der NS-Zeit ein zentrales Problem dar, vor allem, was das Selbstverständnis betrifft. Eine Bewältigung setzt dabei mehr voraus als eine zeitliche Distanz zu den Ereignissen. Demnach genügt es nicht, das alte politische System durch ein neues zu ersetzten und die Täter für ihre Verbrechen zu bestrafen.
Kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde von den Besatzungsmächten die rechtliche Aufarbeitung der Verbrechen mit großem Einsatz und hohem Aufwand betrieben, beispielsweise in den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen. Die eigentliche Auseinandersetzung in den nachfolgenden Jahrzehnten wurde von außen bestimmt. Ein Großteil der Deutschen empfand sich als Opfer, sowohl als Opfer des NS-Regimes als auch als Opfer der Besatzer. Antisemitismus und eine grundlegende Übereinstimmung mit den Ideen des Nationalsozialismus waren weithin verbreitet.
In den fünfziger Jahren nahmen die strafrechtlichen Verfolgungen von NS-Kriegsverbrechern sowie die Reintegration von Mitläufern und Tätern stark ab. Der Adenauer-Regierung in Bonn gelang es im Kontext des beginnenden kalten Krieges, den Wiederaufbau und die außenpolitische Einbindung in den Westen in den Vordergrund zu stellen und so einen öffentlichen Diskurs um Täterschaft und Schuld größtenteils zu unterbinden. Damit stellte sich die Regierung wenigstens nach Außen der Verantwortung.
In der ehemaligen DDR war die Tabuisierung der Vergangenheit wesentlich stärker ausgeprägt. Von der sowjetischen Besatzungsmacht wurde eine radikale Entnazifizierung praktiziert. Nach der Gründung der DDR wurde die Debatte um das Schicksal der Holocaust-Opfer dem Kontext des Kampfes zwischen Kommunismus und Faschismus untergeordnet, ehemalige NSDAP-Mitglieder wurden ohne Aufsehen zum Teil in die SED integriert.
Somit charakterisierte die Tabuisierung kontroverser Themen, die Integration von Mitläufern usw. die Nachkriegssituation in Deutschland. Eine gemeinsame Verantwortung wurde auf diese Weise außer Kraft gesetzt.
Während diese Einstellung in der DDR beibehalten wurde, veränderte sich seit den sechziger Jahren die Einstellung in der Bundesrepublik. Langsam setzte eine Art Erinnerungspolitik ein, die auf der Einsicht beruhte, dass man sich nicht nur Israel gegenüber solidarisch erklären könne. Zeugnisse dieser Bewusst-seinsveränderungen waren Nachforschungen über mögliche Ursachen, die Reintegration von Opfergruppen in das öffentliche Gedenken (zum Beispiel Homosexuelle, Sinti und Roma etc.) und die Errichtung von Gedenkstätten.
Dabei ist festzuhalten, dass der Schritt weg von der aufgezwungenen Schuld zu einem umfassenden Schuldeingeständnis mit allen Folgen über die Anerkennung der völkerrechtlichen Verantwortung sehr schwierig war.
In den letzten Jahre der Regierungszeit unter Helmut Schmidt setzte ein neue Wendung ein, die 1982 durch die Wahl von Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler bestätigt wurde. Mit dem Beginn dieser konservativen Periode begannen Politiker, aber auch Intellektuelle, ein Nationalbewusstsein öffentlich zu zeigen. Der promovierte Historiker Kohl wollte die historische Kontinuität zu einer deutschen Vergangenheit vor dem Nationalsozialismus herstellen. Hierfür sollten zwei neue Museen ein sichtbares Zeichen sein: das Deutsche Historische Museum in Berlin sollte die nationale Vergangenheit ausstellen, das Haus der Geschichte in Bonn sich auf die vierzigjährige Geschichte der Bundesrepublik konzentrieren.[12] Dadurch sollte ein positiveres Bild erzeugt werden. Außerdem suchte Kohl auf diese Weise sowohl nach einer „Normalisierung“ als auch nach einer „Relativierung“ des Holocaust.[13] Obwohl er sich damit zum Holocaust bekannte, hinterließ Kohl damit nicht den gleichen Eindruck wie Willy Brandt, der als junger Mann aus dem nationalsozialistischen Deutschland fliehen musste.
Brandt hatte sich in einem Akt der öffentlichen Reue während eines Besuchs in Polen vor dem Mahnmal des Warschauer Ghettos niedergekniet. Einen weiteren einschneidenden Einschnitt markierte in dem Zusammenhang die Rede Richard von Weizsäckers im Jahr 1985, in der er das Kriegsende als Befreiung vom Nationalsozialismus charakterisierte. Als öffentliches Bekenntnis fand die Rede große Resonanz. Weizsäcker hatte die Verbrechen der NS-Zeit eingestanden, die Last des Vermächtnisses für die nachfolgenden Generationen anerkannt und die Erinnerung als Weg zur Versöhnung betont. Ob und wie eine Versöhnung allerdings möglich sei, sprach er nicht an. Daher ist die Erinnerung auch eher als Ermahnung zu verstehen als ein affektives Anliegen.
Im gleichen Jahr wurde von deutschen Bundestag ein Gesetz verabschiedet, dass die sogenannte „Auschwitz-Lüge“ unter Strafe stellte. Bestraft werden solle laut Gesetz derjenige, der leugnet, dass Menschen „unter der nationalsozialistischen oder einer anderen gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt“ wurden.[14] Der Zusatz „oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft“ lenkt dabei von der Einseitigkeit gegenüber dem Holocaust ab.
Durch die Wiedervereinigung, die Übernahme der DDR-Gedenkstätten und der damit notwendig gewordenen Neubestimmung der nationalen Identität, aber auch mit der fortschreitenden Integration Europas und deren Folgen, stellt sich die Frage nach Erinnerung oder Vergessen wieder neu. Immense öffentliche Reaktionen von Politikern, Intellektuellen, aber auch Privatpersonen auf Bücher oder Reden wie die von Martin Walser zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998 zeigen, dass diese Frage noch immer aktuell ist und bestimmte Dinge verschwiegen beziehungsweise gemieden werden. Auch die Tatsache, dass ein Gesetz wie das zuvor erwähnt überhaupt erlassen werden muss, zeigt, wie verbreitet noch die Versuche waren und sind, die Realität des Holocaust zu verleugnen beziehungsweise stark zu relativieren.
Im Unterschied zu den Politikern hatten und haben die Schriftsteller die Möglichkeit, sich zum Thema Erinnerung frei zu äußern. Trotzdem zeichnen sich auch die Werke und Reden von ihnen durch eine ähnliche Nachdenklichkeit aus, wie zum Beispiel die in der Rede Richard von Weizsäckers anlässlich des vierzigsten Jahrestags der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1985 in Bonn.
Anlässlich dieses Ereignisses hielt auch Günther Grass im selben Jahr in der Berliner Akademie der Künste eine Ansprache unter dem Titel „Geschenkte Freiheit“. Er sprach von den ersten prägenden Nachkriegsjahren als Schriftsteller, rechnet in Ansätzen mit der Vergangenheit ab. Dabei geht Grass wiederholt auf den Unterschied zwischen Sieg, Niederlage und Befreiung ein und verdeutlicht, welche Bedeutung der 8. Mai 1945 für ihn hatte:
Zwar hatten die Deutschen alles getan und keine schier übermenschliche Anstrengung gescheut, anderen Völkern die Freiheit zu nehmen, doch zur Rückgewinnung der eigenen trugen sie wenig bei. Deshalb hieß der 8. Mai fünfundvierzig für Franzosen und Russen, Holländer und Polen, Tschechen und Norweger, für überlebende KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene, Zwangs-arbeiter und Emigranten, die unter deutscher Besetzung und von Deutschen begangenen Verbrechen zu leiden gehabt hatten, endlich Sieg über den Faschismus und Befreiung von den Deutschen, denen dieser Tag zu allererst ihre militärische und ideologische Niederlage datierte; moralisch, im politischen und religiösen Sinn, hatten sie schon am 30. Januar 1933 bedingungslos kapituliert. […] Deshalb wurden die Deutschen am 8. Mai 1945 nicht befreit, sondern besiegt. Deshalb verloren sie ihre Provinzen; ich verlor meine Heimatstadt. Weit folgenreicher bis heute; die Deutschen verloren ihre Identität.[15]
Grass rechnet auf diese Wiese mit den politischen Irrwegen ab, erkennt die Verbrechen des Holocaust in vollem Umfang an und gelangt zu der Einsicht, dass die Ereignisse nicht bewältigt werden können.
Auch Heinrich Böll schreibt aus diesem Anlass. Der Brief an meine Söhne oder vier Fahrräder wird in der Wochenzeitung , Die Zeit ’ veröffentlicht. Böll schreibt über seine Erinnerungen an die Entbehrungen, unter denen die deutsche Bevölkerung gegen Ende der NS-Zeit zu leiden hatten. Auf diese Art versucht er seinen Söhnen viele Marotten, wie zum Beispiel das Horten von Dingen oder die Abneigung gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln, ob verdorben oder nicht, zu erklären, da diese ihren Ursprung in jener Zeit gefunden hatten.
Im Unterschied zu Grass bleibt Böll jedoch im privaten Bereich und beschreibt, wie seine Familie das damalige Chaos zu bewältigen versuchte. In anschaulichen Bildern und Szenen beschriebt er die Situation und übt Kritik an denjenigen, die während der Naziherrschaft die Gewalt hatten und auch in den Nachkriegsjahren prominent bleiben. Der Holocaust, der für Grass der Anlass war, die eben zitierte Rede an seine Kinder zu richten, kommt bei ihm nur am Rande zur Sprache. Böll erwähnt die Konzentrationslager und die Bedeutung der deutschen Armee für deren Aufrechterhaltung. In einem Nebensatz dieses Nebensatzes weist er darauf hin, dass er selbst ein Angehöriger dieser Armee war, allerdings ohne Details zu erwähnen, wie zum Beispiel der Erhalt der Lager gesichert wurde.
Im Frühsommer 1986 bricht der sogenannte Historikerstreit aus. Obwohl der Streit im Wesentlichen akademischer Natur war, wurde er in der Presse ausgetragen und wurde so zu einem öffentlichen. Im Streit wurde die Polarität zwischen den Menschen beleuchtet, die den Holocaust und das NS-Regime zwar als beklagenswert, aber überwunden ansahen und so der deutschen Bevölkerung ihre Identität zurückgeben wollten und denjenigen, für die es unmöglich ist, wieder ein Nationalgefühl zu erlangen, weil das nationalsozialistische Regime gerade auf einer solchen Bindung aufgebaut worden war.
Prinzipiell ging es um die Deutung und Auslegungsmacht über die Geschichte, speziell um die Frage, welche Interpretation des NS-Regimes und des Holocausts der deutschen Selbstwahrnehmung am ehesten entsprach.
Alle darüber entbrannten Debatten wurden in ein breit gefächertes Verständnis der deutschen Geschichte eingepasst, der Holocaust instrumentalisiert. Dabei zeigte sich großes Selbstbewusstsein. Die Teilnehmer der Kontroverse konzentrierten sich hauptsächlich auf das deutsche Interesse und versuchten, sich den zukünftigen Umgang mit der Erinnerungsarbeit vorzustellen. Dabei ging in Zusammenhang mit dem Schweigen nicht länger um Verdrängen oder Verleugnen, sondern um das Nichtbeachten der Opfer.
Auch nach der Wiedervereinigung Deutschland setzt sich die konfliktreiche Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus und dem Holocaust, die in den achtziger Jahren durch die verschiedenen Kontroversen und anlässlich der Jahrestage ausgelöst worden war, fort. Jedoch verlagert sie sich nun zum Teil von der Literatur in die Öffentlichkeit. Ein zusätzlicher Aspekt, der den Konflikt noch verstärkt, ist die größere Zahl in Deutschland lebender Juden. Dieser Aspekt wird von der Literatur aufgegriffen, vor allem in den ersten Jahren nach dem Mauerfall. Unterschiedliche jüdische Charaktere werden porträtiert, die ihre Meinung frei äußern und Kontakt zu Nichtjuden pflegen. Jedoch sind diese Kontakte zerbrechlich und drücken zum Teil noch deutlich die Ängste vergangener Zeiten aus.
Setzt man der Entwicklung einen zeitlichen Rahmen, so kann man sagen, dass sich vor allem innerhalb der letzten zwölf Jahre viele bekannte Schriftsteller dem Thema Erinnerungsarbeit gewidmet haben. Hierbei kam es insbesondere im Fall von Martin Walser nach der Veröffentlichung seines Werks zu heftigen Diskussionen.
Neben dem theoretischen Aufarbeitungsdiskurs, wie er unter anderem durch Theodor W. Adorno 1959 in einem Vortrag im Hessischen Rundfunk geführt wurde, gehören die in den sechziger und siebziger Jahren anberaumten NS-Prozesse zum sozial-historischen Hintergrund des Werkes von Bernhard Schlink. Dabei sind hauptsächlich die so genannten Auschwitz-Prozesse vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main zwischen 1963 und 1965, 1964 bis 1966, 1967 und 1968, sowie die Prozesse 1973 bis 1976 zu nennen. Die Rolle der Anwälte im Roman ist zum Teil von Schlink an diese Prozesse angelehnt worden.
Eine besondere Bedeutung kommt dem Fall Hanna Schmitz in Düsseldorf zu. Hierbei handelt es sich um das einzige Verfahren gegen eine weibliche Lagerbedienstete vor einem deutschen Gericht. Sucht man zu dem im Roman dargestellten Prozess nach historischen Entsprechungen, so bietet sich dieser Fall als Vergleichsfolie an. Diese Vergleichsbasis bietet sich jedoch nicht nur für die Figur Hanna Schmitz an, sondern auch für Richter und andere beteiligte Personen.
Zu den historisch-soziologischen Bezügen, die der Roman evoziert, gehört auch die Bedeutung der Konzentrationslager, die Frage nach deren Erhalt und Pflege. Am Beispiel des elsässischen Lagers Struthof werden die Veränderungen deutlich, die sich zwischen dem Sommer 1966 und den späten achtziger beziehungsweise den beginnenden neunziger Jahren abzeichnen. Aus dem Roman geht hervor, dass bereits 1966 die ursprünglichen Baracken abgetragen worden waren, sodass nur die Grundmauern übrig blieben. Bei einem späteren Besuch verhindert die Schneedecke, dass der Besucher noch etwas von dem ehemaligen Lager erkennt. Das sich einstellende Gefühl von Scheu führt der Erzähler jedoch nicht auf eine echte [...] Empfindung zurück, sondern auf Überlegungen, wie man sich nach dem Besuch eines Konzentrationslagers zu fühlen habe.[16]
Denn, so der Autor in einem Gespräch, das Dokumentarische lebt ja nicht aus sich heraus:
Selbst in Auschwitz gibt es nichts zu sehen als eine Reihe freundlicher Backsteinkasernen unter Bäumen. Wenn ich dort umhergehe, belebe ich den Ort mit meiner Phantasie, die sich ihrerseits vom Dokumentarischen nährt.
Wenn die nächste Generation von dieser Vergangenheit erreicht werden soll, müssen ihr die Ereignisse auf allen Ebenen und in vielen Gestalten begegnen. Das ist der Stellenwert der heutigen Fiktionalisierung.[17]
Damit greift Schlink auf das zurück, was Peter Weiss 1964, also etwa zu der Zeit, als der Protagonist Peter Berg das Konzentrationslager Struthof besucht, in „Meine Ortschaft“ aus der Perspektive des Opfergedächtnisses thematisiert hat: dass sich dem Besucher trotz aller Kenntnis von Ziffern und Berichten verschließt, was in den Lagern geschah. In diese Reflexion stellt sich auch Ruth Klüger in ihrer Autobiographie von 1992, wenn sie fragt, ob man Gespenster in Museen bannen könne und feststellt, dass Peter Weiss damals die seinen vom Frankfurter Auschwitzprozess nach Polen [schleppte][18]. Wenn es Weiss am Ende doch gelinge, in einer alten Baracke die Geister zu beschwören, dann aus folgendem Grund:
Er sah das, was er mitgebracht hatte, in der neuen Konstellation des Ortes, die da heißt Gedenkstätte und Besucher, und was könnte weiter entfernt sein von der Konstellation Gefängnis und Häftling?[19]
Dabei sei Weiss, so Klüger, der beste Besucher, den man sich wünschen könne, gewesen, denn er sah kein fertiges starres Mahnmal.[20]
Diese Äußerungen zeigen, wie eng die Frage der Erinnerung und ihrer Weitergabe mit der Rezeption von Erinnerungsliteratur verbunden ist. Im Roman nennt der Erzähler unter Hinweis auf die Bibliothek, die Hanna im Gefängnis angelegt hat, einige seit den sechziger Jahren in der Bundesrepublik rezipierte bedeutende Autoren, wie zum Beispiel Primo Levi, Elie Wiesel oder Tadeusz Borowski - die Literatur der Opfer einsortiert neben den autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höss, Hannah Arendts Bericht über Eichmann in Jerusalem und wissenschaftliche Literatur über Konzentrationslager.[21]
Bei dieser Aufzählung zeigt sich deutlich, dass zwischen der Gedächtnisperspektive und der der Täter unterschieden wird. Die Trennung von Opfer- und Tätergedächtnis beruht auf der Tatsache, dass es ein universelles Gedächtnis an und für sich[22] nicht gibt.
Als Der Vorleser 1995 erschien, wurde er von der Kritik positiv beurteilt. Der neuartige Ansatz, dass hier die Verbrechen der NS-Zeit, Verstrickung, Schuld und Aufarbeitung dem Leser nicht grausam und monströs präsentiert werden, sondern mit einer Liebesgeschichte kombiniert werden, machte den Roman erfolgreich.
Der Roman ist ein Stück Aufarbeitung von Schuld, nicht primär der Schuld der NS-Täter, sondern der Aufarbeitung des Themas Verstrickung und Verantwortung durch die Nachkriegsgeneration. Der Roman zeigt, dass Hanna ihre Schuld eingesehen und gebüßt hat. Er lässt aber auch erkennen, wie vordergründig Aufarbeitung durch die 68er-Generation versucht worden ist. Am Beispiel Michael Berg sieht man schließlich, dass Schuld und Verantwortung zwar gesehen, aber aus egoistischen Gründen nicht übernommen werden. Insofern ist der Ich-Erzähler Michael Berg, der dem Leser sein ganzes Denken und Fühlen offenbart, ein typischer Vertreter der Menschheit.
In: Nicolas Berg, Jessy Jochimsen, Bernd Stiegler (Hrsg.), Shoa. Formen der Erinnerung.
Geschichte, Philosophie, Literatur, Kunst. Fink Verlag. München, 1996. S. 18.
Für den heutigen Leser sind die NS-Gräuel Geschichte, das KZ Struthof ein Museum. Das Problem der Verantwortung ist jedoch immer noch aktuell. Der Vorleser ist kein Roman, der die NS-Verbrechen verharmlost, indem er Hanna Schmitz nicht als Verkörperung des Bösen, sondern als fast normale Frau darstellt, die sich letztlich nur in das Böse verstrickt, weil sie die eigene Schwäche verbergen will. Im Roman versucht der Autor das Problem der Verantwortung allgemein darzustellen, so dass sich der Leser in der heutigen Zeit noch angesprochen fühlt. Aufgrund seines Alters und seiner Familienstruktur hat Michael Berg nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun. Es geht dem Autor aber darum zu zeigen, wie der Mensch in der Normalität scheitert und welche Gründe dafür maßgeblich sind. Als Jugendlicher ist Michael in der scheinbar glücklichen Lage, seinen Trieb ausleben zu können. Dass es sich dabei allerdings nur um ein scheinbares Glück handelt, erkennt er erst später. Von Schuld kann hier nicht gesprochen werden, weil er sich nicht selbst bestimmen kann und von Hanna verführt wird. In seinem späteren Verhalten Hanna gegenüber wird er jedoch schuldig. Er sieht diese Schuld auch ein: „Dann habe ich begonnen, sie zu verraten“[23]. Auch später weiß er um seine Schuld, stellt sich ihr aber nicht. Zunächst hilft er Hanna nicht, ihren Analphabetismus zu bekennen. Aus diesem Grund wird sie zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Während ihrer Haft besucht er sie nicht, schreibt nicht und ist unwillig, ihr nach der Entlassung zu helfen. An diesen Beispielen ist die Verantwortungslosigkeit zu sehen, die in der Lieblosigkeit, Gleichgültigkeit und Ich-Bezogenheit der Menschen zu sehen ist: „Ich hatte Hanna eine kleine Nische zugebilligt, durchaus eine Nische, die mir wichtig war, mir etwas gab und für die ich etwas tat, aber keinen Platz in meinem Leben“[24].
In diesem Verhalten kann sich der Leser wiederfinden, auch wenn es in der heutigen Realität nicht um die Selektion für Auschwitz geht. Der Leser soll aber erkennen, dass er selektioniert, nur auf eine andere Art wie in der NS-Zeit, nämlich durch Vorurteile, Gleichgültigkeit und auch Egoismus. Eine besondere Leistung Schlinks besteht aus dem Grund auch darin, dass er prinzipielle
Entsprechungen im Verhalten der Menschen aufzeigt, indem er die Geschichte zwischen Michael und Hanna mit der Geschichte des Nationalsozialismus verbindet. Michael macht sich zwar Vorwürfe, eine ‚Verbrecherin’ geliebt zu haben, zieht aber keine Konsequenzen daraus und bleibt selbstsüchtig.
Allerdings muss betont werden, wie der Autor selbst stets verdeutlicht, dass er keine qualitativen Entsprechungen sieht. Denn es ist ein Unterschied, ob Menschen zu Tode gequält werden oder ob einer Analphabetin ‚nur’ nicht geholfen wird, ihren Makel zuzugeben, damit sie vor einer Haftstrafe bewahrt wird. Dahinter steckt jedoch eine ähnliche Geisteshaltung, die ein erneutes Auschwitz prinzipiell immer wieder möglich machen würde.
Damit ist der Roman auch eine Antwort auf die Frage, die nach der Martin Walsers Friedenspreisrede im Oktober 1998 öfter gestellt wird. Wie gehen wir als Deutsche mit unserer Geschichte, insbesondere der NS-Zeit um? Bernhard Schlink benutzt nicht die so genannte Auschwitz-Keule, vor der Walser gewarnt hat, sondern demonstriert mit Nachdruck, wie Auschwitz und unser Verhalten miteinander verbunden sind und sich wechselseitig aufgrund der Geisteshaltung erklären. Durch die im Roman hervortretende Doppelperspektive stellt der Autor eine Beziehung zwischen Grausamkeit und Normalität her, in der die „Banalität des Bösen“[25] (Hannah Arendt) deutlich wird.
Das Buch gliedert sich in drei Teile, von denen die ersten beiden jeweils siebzehn Kapitel umfassen. Der letzte Teil besteht aus zwölf Kapiteln. Die äußere Strukturierung entspricht jeweils dem Inhalt des Erzählten.
Im ersten Teil berichtet Schlink vom Verhältnis zwischen des fünfzehnjährigen Michael Berg zu der sechsunddreißigjährigen Hanna Schmitz in der Umgebung von Heidelberg. Der zweite Teil beschreibt den Prozess und die Zeit des Jahres 1965 mit dem Generationskonflikt zwischen denen, die die Nazi-Zeit persönlich miterlebt haben, und der Jugend. Durch den Prozess wird die brutale Welt der Arbeits- und Vernichtungslager und die grausame Zeit des zu Ende gehenden
Krieges vermittelt. In einem Exkurs wird dabei durch einen Besuch Michael Bergs im KZ Struthof die Realität des Jahres 1965 aufgezeigt, die immer noch faschistische Spuren im Handeln und in der Haltung einiger Personen erkennen lässt. Beispielsweise deutet der Fahrer eines Wagens, mit dem Michael Berg als Anhalter mitfährt, an, dass nicht aus einem bestimmten Grund gehandelt wurde, sondern dass man einen Job zu erledigen hatte und man nichts dabei empfinden konnte. Demnach geht es also ausschließlich um persönliche Motive.
Ein Beispiel, wie es auch in der Politik der damaligen Zeit ablief. Das verbrecherische Regime nutzte, um sein Ziel zu erreichen, den Egoismus der Mitläufer. Diese wissen zwar, dass sie Unrecht tun, beruhigen aber ihr eigenes Gewissen mit dem Vorwand, so zu handeln, wie man ihnen vorschreibt.
Teil III umfasst einen Zeitraum von achtzehn Jahren. Er entspricht der Zeit der Gefangenschaft Hannahs. Dabei wird von Michaels Leben berichtet, seinen beruflichen Erfolgen, den persönlichen Problemen, die durch die frühe Prägung durch Hannah verursacht werden, seine Kontakte zu Hannah mittels der Kassetten und dem Wunsch, in Distanz zu ihr zu leben. Im letzten Kapitel, etwa zehn Jahre später, wird abschließend erzählt, wie Michael beginnt, seine Erlebnisse aufzuschreiben.
Erzähltechnik und Sprache sind neben der brisanten Thematik ein wesentliche Bestandteil für den Erfolg des Romans, wie man aus vielen Rezensionen und Kritiken ersehen kann. Der Stil ist einerseits knapp, präzise und prägnant, was zu einem guten Verständnis beiträgt, andererseits aber auch einfühlsam durch das vorsichtige Annähern an den Umgang mit der NS-Thematik.
Während der Erzählung ist eine klare Differenzierung zwischen erlebendem und erzählendem Ich auszumachen. Diese macht zwei Arten der Reflexion unterscheidbar, Reflexionen, die einen Einblick ins Innere des erlebendes Ichs bieten und Reflexionen des Erzähler-Ichs. Diese wiederum dokumentieren die Diskrepanz zwischen den beiden Reflexionsarten, deren Unterschiede und Annäherungen. Dadurch entsteht ein Spannungsfeld, innerhalb dessen das erlebende Ich, als Figur der dargestellten Welt, zum Subjekt eines Identifikations- und Selbstfindungsprozesses wird. Das erzählende Ich dagegen bringt dieses Subjekt in Spannung zu sich selbst.
Dadurch wird ein dialektische[s] Verhältnis zwischen dem erzählenden Ich und dem erlebenden Ich wirksam.[26] Dementsprechend bietet der Roman einen Einblick sowohl ins Innere des erlebenden Ichs als auch des erzählenden Ichs. Diese können sich zwar wechselseitig beeinflussen, jedoch bleibt das erlebende Ich dem erzählenden untergeordnet.
Darauf weist auch Peter Schneider in seiner Laudatio hin, wenn er feststellt, dass Bernhard Schlink der Falle entgehe, seine Geschichte für mehr zu halten als bestenfalls für eine Version der Wahrheit[27]:
Keinen Augenblick lang lässt er dem Leser die Illusion, die erzählte Geschichte sei mit der erlebten identisch. Kapitel für Kapitel bricht er die Perspektive des Fünfzehnjährigen, indem er sie an der des schreibenden, sich erinnernden und Erinnerungen abwehrenden Erwachsenen reiben lässt.[28]
Diese Doppelperspektive ist von Bedeutung, denn aufgrund der Vielschichtigkeit der Wirklichkeit der damaligen Zeit ist eine einzig gültige Formulierung nicht möglich. Dadurch aber, dass Schlink durch Differenzierung, Wiederholung und Aufzählungen diese Vielschichtigkeit betont, werden die Ambivalenzen der Thematik herausgestellt. Durch diese Technik erreicht der Autor eine große Anschaulichkeit, sodass der Leser sich einfühlen, sich mit dem Erzählten identifizieren und mitfühlen kann und somit indirekt aufgefordert wird, die offenen und aufgeworfenen Fragen zu beantworten.
Eine andere, dokumentarisch aber auch zugleich subjektive Art des Zugangs der verschriftlichten Erinnerung an die NS-Zeit bietet Walter Kempowski in „Das Echolot – Barbarossa `41. Ein kollektives Tagebuch“. Der Titel des Werks bezieht sich auf den deutschen Russland-Feldzug, der unter dem Codenamen Unternehmen Barbarossa 1941 beginnt und erst kurz vor Moskau endet. Während die Wehrmacht in den Osten vorrückt, wurde gleichzeitig das Konzentrationslager Auschwitz in Betrieb genommen, in dem täglich neue Häftlinge ankommen.
Auf über siebenhundert Seiten collagiert Walter Kempowski Tagebücher, Briefe und andere persönliche Dokumente von bekannten und unbekannten Menschen aus jener Zeit, wertet diese aus und stellt sie zu einem Kriegstagebuch zusammen. Zeugnisse individueller Erfahrungen über Gefühle, Not und Leid oder moralischen Verfall werden mit historischen Dokumenten gekoppelt. Zu Gedankengängen, Reden von Nazigrößen, aber auch Plattitüden von Thomas Mann kommen ebenso Berichte aus russischen Quellen hinzu. Zugang zu diesen erhielt Kempowski durch einen Presseaufruf an russische Zivilisten und Veteranen, die in der ehemaligen DDR leben und lebten, nachdem ein sich ein ehemaliger Soldat, als er von dessen Projekt gehört hatte, mit ihm in Verbindung gesetzt und ihm von den dort lebenden Landsleuten berichtet hatte.
Auf diese Art bietet Kempowski einen direkten Zugang zur Vergangenheit. Durch die Verbindung der unterschiedlichen Sichtweisen und die Unmittelbarkeit der Dokumente zeichnet sich ein stark subjektives Bild ab, das eine große Nähe zur Kriegszeit erzeugt. Konsequenterweise werden hierdurch viele Fragen aufgeworfen, wie zum Beispiel die Sinnfrage oder die Frage nach der Erinnerung und wie sie gestaltet sein könnte. Auf jeden Fall reiht er sich mit diesem Werk in eine Reihe von Debatten um die Frage nach Erinnerung oder Vergessen ein. Der Herausgeber plädiert, wie auch anhand von Interviews herauszulesen ist, eindeutig dafür, dass es wichtig ist, in angemessener Form selbst die unangenehmen Teile der nationalen Vergangenheit mit allen Auswirkungen in Erinnerung zu behalten.
Mit einem weiteren brisanten Kriegsereignis befasst sich auch Günter Grass in seinem Roman „Im Krebsgang“. Grass’ Werke wurden stets durch Grafiken und Zeichnungen illustriert und begleitet. Dabei handelte es sich meistens um Tierdarstellungen, die den Inhalt symbolisieren. In diesem Fall ist es ein Krebs, der sich durch seine ungewöhnliche Gangart auszeichnet.
Der Autor befasst sich wiederholt in seinem Buch mit einem heiklen Thema, dem er sich vorsichtig und mit der rückwärts ausschlagenden Seitwärtsbewegung (im Krebsgang) nähert. Es handelt sich dabei um den Untergang der „Wilhelm Gustloff“, die von drei Torpedos eines russischen U-Boots getroffen wurde. Bei der größten Schiffskatastrophe bei Danzig fanden etwa zehntausend Menschen den Tod.
Grass erzählt die Geschichte des eher mittelmäßig begabten Journalisten Paul Prokriefke. Dessen Mutter überlebte als eine der wenigen das Unglück. Paul wurde kurz nach dem Untergang auf einem Begleitboot geboren. Während einer Internetrecherche stößt der Journalist auf eine Homepage. Auf dieser werden die Ereignisse um den Untergang und die Geschichte der Gustloff ausgeschlachtet. Dahinter steckt Pauls halbwüchsiger Sohn.
Während der Erzählung entwickelt Paul Pokriefke ein eigenes Modell, mit dem er der Zeit eher schrägläufig in die Quere kommen muss, etwa nach Art der Krebse. Chronologisches Erzählen wird in diesem Fall durch aktuelle Entwicklungen, Querverbindungen und zeitliche Durchbrechungen aufgelöst. Die Folge ist ein ständiger Wechsel zwischen dem erzähltypischen Imperfekt und dem Präsens.
Paul entscheidet sich nach anfänglichen Versuchen, traditionellem Erzählen zu folgen, für die eingangs erwähnte Erzählmethode, der er jedoch skeptisch gegenübersteht, da sie für ihn recht kompliziert ist. Da Grass in diesem Werk mehrere Biographien nebeneinander stellt (von Daniel Frankfurter, Alexander Marinesko, Wilhelm Gustloffs und die von Pauls Familie – Tulla, Paul, Konrad David Stremplin, sowie die des Schiffes „Wilhelm Gustloff“) und sie gleichzeitig verfolgen muss, um die Kreuzungspunkte herauszustellen, ist ein chronologisches Erzählen nicht möglich.
„Erzählen im Krebsgang“[29] wird zum Verfahren, dem Paul Pokriefke nicht gewachsen ist. Er bevorzugt den unkomplizierten journalistischen Bericht. Dies führt zu Verlusten in der Erzählintensität, da Episches auf die reine Information reduziert wird. Darüber kommt es zu Auseinandersetzungen mit dem Jemand, der ausführliche, genaue Beschreibungen fordert, die Paul jedoch nicht beherrscht.
Der Erzähler wird von seinem Auftraggeber in eine schwierige Situation versetzt: einerseits bekommt er den Auftrag, die Novelle zu erzählen. Andererseits wirken andere Personen auf diesen Erzählvorgang ein. Gemeint sind vor allem die Informationen seines Sohnes Konrad auf dessen Website im Internet, die parallel zu den Informationen des Erzählers stehen. Hinzu kommen die Informationen Tullas, die sich wiederum von denen Paul Pokriefkes unterscheiden. Trotzdem behält der Erzähler die Situation kontinuierlich im Griff und fügt dem noch durch sein Bewusstsein gefilterte Informationen so in indirekter Rede hinzu, wie sie ihm wichtig erscheinen.[30]
Ein einziger Textabschnitt wird daraus hervorgehoben, worin die Grenzen des Erzählens beschrieben werden, poetische Beschreibungen werden gegen journalistische Routine gesetzt.[31]
Der Krebsgang als Erzählaufbau vollzieht sich als chronologisches Erinnern der Biographie Pauls und umfasst die Zeit zwischen 1945 bis 1999. Aus dieser Chronologie bricht der Erzähler ständig thematisch und zeitlich in andere Themen aus und fügt Bestandteile anderer Biographien ein, wobei er bis zu einhundert Jahren zurückgeht. Anfangs erscheinen diese Einschübe, als hätten sie nichts mit dem Erzähler zu tun. Orientiert sich der Leser jedoch an den eingeschobenen Daten und Jahrezahlen, so kann er dem ‚Krebsgang’ folgen.
Die für den epischen Aufbau der Novelle entscheidende Konfrontation spielt sich in den Jahren 1936/37 ab. Frankfurter erschießt Wilhelm Gustloff und wird deswegen im Dezember 1936 vor Gericht gestellt. Die Gustloff läuft im Mai 1937 vom Stapel, und in der Sowjetunion finden im gleichen Jahr Stalins Säuberungsprozesse statt. Das Schicksal Pauls erscheint als Ergebnis zufälliger Kreuzungen von Biographien, die sich nur an diesem einen Punkt berührten. Nach dem Kreuzungspunkt gehen die Biographien wieder auseinander, wiederholen sich jedoch, teils mit umgekehrten Ergebnis.
Der Text wird teilweise durch das Symbol des Schiffes Wilhelm Gustloff organisiert. Dabei folgt der Erzähler authentischen Vorgängen mit nachprüfbaren Daten, wobei es als Gesellschafts- und Zeitsymbol fungiert. Wie schon in mehreren Werken von Grass wird das Schiff auch in diesem Fall wieder zum Abbild einer Gesellschaft und ihren Weg. Im Krebsgang wird die Gustloff zum Sinnbild der Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und zum Sinnbild des totalen Untergangs, der neben Schuldigen auch viele Unschuldige betraf. Der Erzähler ist sich der Symbolhaftigkeit bewusst. Dies zeigt sich, wenn er sagt, dass der Untergang des Schiffes „ein Zeichen des allgemeinen Untergangs“[32] setze. Auch Konrad Pokriefke bedient sich des gleichen Symbols, wenn er die Gustloff als „lebendigen Ausdruck des nationalen Sozialismus“ bezeichnet. In der Haft stellt er ein Modell des Schiffes her und umgibt es mit Bildern von Stremplin, Frankfurter und Marinesko. Einige Zeit später vernichtet er sein Gebilde wieder und wird so schließlich zu einem Märtyrer.
Neben dem sozial-politischen Gesellschaftssymbol wird das Schiff auch zum Symbol für den Übergang zwischen Tod und Leben. Der Erzähler macht mehrmals auf die antike Bedeutung des „ewigsinkenden Schiffes“[33] aufmerksam. Im Schiffsinneren der Gustloff strich „der Tod weiterhin Gewinn ein“[34], während der Erzähler auf einem anderen Schiff vom Innen ins Außen tritt. Damit stellt es eine Variation des „Stirb und Werde“[35] dar, die vom Erzähler auch unmittelbar im Anschluss genannt wird.
Der Aufbau des Buches schlägt sich auch in der Sprache und im Stil nieder. Gleich zu Beginn spürt der Erzähler, dass „die Wörter Schwierigkeiten mit mir“[36] haben, er aber andererseits durch seinen Beruf „fix mit Worten“[37] sei. Auf diese Weise kommt eine Unterscheidung zwischen Dichtung und Journalismus zustande, die sich andererseits im Werk gegenseitig bedingen, denn: „Ich habe nie einen Unterschied zwischen Journalismus und Literatur gesehen.“[38] Dementsprechend ist das semantische Repertoire des Erzählers Paul Pokrifke auch vom Sensationsjournalismus geprägt, das auch der Jemand benutzt, um den Erzähler für sich zu gewinnen.
Am Ende der Novelle verschwindet das eingangs ständig verwendete Ich vollständig, weil der Erzähler erkennen muss, dass sich die Ereignisse zu wiederholen beginnen und er somit seine Bedeutung für den Leser verliert.
Grass’ Erzählkunst schlägt sich, wie in vielen seiner Werke, in einem dichten Geflecht von Symbolen und Motiven wieder, die dem Leser nicht nur ein gewisses Rezeptionsvermögen literarischer Texte abverlangt, sondern auch eine umfassende Allgemeinbildung, eine gute Geschichtskenntnis und ein entsprechendes Wertebewusstsein. Zu dem Wissen, dass der Autor fordert, gehören Begriffe aus dem Journalismus wie Story oder Information, Ausdrücke aus der modernen Medienwelt wie Browser oder Hyperlink und der namenlosen Kommunikation, zum Beispiel Junkmail.
Zudem ist für das Verständnis des Werkes das Wissen um das Datum 30. Januar 1933 in Bezug auf die Jahre 1895, 1933 und 1945 wichtig. In der Novelle umschreibt Grass das Datum mit Ausdrücken wie „Ausweis der Vorsehung“, „bloßer Zufall“, „das verfluchte Datum“ oder „Tag des fortlebenden Unglücks“[39].
[...]
[1] Vgl. Scheuer, Helmut: Zu diesem Heft. In: Der Deutschunterricht 2/89. Jg. 41. Hg, v. H. Scheuer.
Velber, 1989. S. 5.
[2] Walser, Martin: Ein springender Brunnen. Suhrkamp Taschenbuch Verlag. Frankfurt a.M.,
2000. S. 9.
[3] Vgl. Scheuer, Helmut: Zu diesem Heft. In: Der Deutschunterricht 2/89. Jg. 41. Hg, v. H. Scheuer.
Velber, 1989. S. 5.
[4] ebd.
[5] Walser, Martin: Ein springender Brunnen. Suhrkamp Taschenbuch Verlag. Frankfurt a.M., 2000. S. 9.
[6] Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus: Der Brockhaus multimedial 2001. Mannheim,
2000.
[7] Das Lexikon der Allgemeinbildung. 3., überarbeitete Auflage. Dudenverlag. Mannheim, 2000. S. 381.
[8] Eitinger Leo und Krell, Leo: Die psychologischen und medizinischen Folgen der
Überlebendenden der Konzentrationslager. Universität Forlaget. Oslo, 1964. S. 53ff.
[9] Fischer, Gottfried und Riedesser, Peter: Lehrbuch der Traumapsychologie. UTB für
Wissenschaft. München [u.a.], 1998. S. 236.
[10] ebd.
[11] ebd. S. 241ff.
[12] Schlant, Ernestine: Die Sprache des Schweigens. Die deutsche Literatur und der Holocaust.
C.H. Beck Verlag. München, 2001. S. 234.
[13] ebd. S. 235.
[14] Hartmann, Geoffrey (Hrsg.): Bitburg in Moral and Political Perspective. Bloomington, 1986,
S. 16. In: Schlant, Ernestine: Die Sprache des Schweigens. Die deutsche Literatur und der Holocaust. C.H. Beck Verlag. München, 2001. S. 238.
[15] Grass, Günter: Geschenkte Freiheit. Rede zum 8. Mai 1945. Berlin, 1985. S. 4 und 6.
[16] Schlink, Bernhard: Der Vorleser. Deutscher Taschenbuch Verlag. Zürich, 1997. S. 150.
[17] Kübler, Gunhild: Als Deutscher im Ausland wird man gestellt. Interview mit Bernhard Schlink.
In: Die Weltwoche Nr. 4 vom 27.01.2000.
[18] ebd.
[19] Klüger, Ruth: Weiter leben. Eine Jugend. Deutscher Taschenbuch Verlag. München, 1994.
S. 75.
[20] ebd.
[21] Goldhagen, Daniel Jonah: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der
Holocaust. Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann. Siedler Verlag. Berlin, 1996.
S. 451.
[22] Diner, Dan: Ereignis und Erinnerung. Über Variationen historischen Gedächtnisses.
[23] Schlink, Bernhard: Der Vorleser. Deutscher Taschenbuch Verlag. Zürich, 1997. S. 72.
[24] ebd. S. 172.
[25] Stanzel, Franz K.: Typische Formen des Romans. Vandenhoeck und Ruprecht. Göttingen, 1964. S. 40.
[26] Stanzel, Franz K.: Typische Formen des Romans. Vandenhoeck und Ruprecht. Göttingen, 1964.
S. 40.
[27] Schneider, Peter: Rede zur Verleihung des Falada- Preises an Bernhard Schlink.
Dokumentation des Diogenes Verlags. S. 5.
[28] ebd.
[29] In einer Kritik wird die Auffassung vertreten, es gäbe vier konkurrierende Erzähler. Hier wird
die Rolle des einzigen Erzählers Paul Pokriefke völlig verkannt. Vgl.: Jähner, Harald:
Tulla, unerlöst und heimatvertrieben. In: Berliner Zeitung Nr. 30 vom 5.02.2002.
[30] Grass, Günther: Im Krebsgang. Eine Novelle. Steidl Verlag. Göttingen, 2002. S. 190f.
[31] Schön, Heinz: Die Gustloff- Katastrophe. Bericht eines Überlebenden über die größte Schiffskatastrophe im Zweiten Weltkrieg. 6. Auflage. Motorbuch Verlag. Stuttgart, 2002. S. 120.
[32] Zitat stammt aus Goethes Gedicht Selige Sehnsucht im West-östlichen Divan, unter dem Titel Vollendung im Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1817 veröffentlicht. Es entspricht für Goethe einem dialektischen Grundprinzip, das in seinem Gesamtwerk mehrfach variiert wiederzufinden ist.
[33] ebd.
[34] ebd.
[35] Grass, Günther: Es ist ein schreckliches Jahrhundert gewesen. In: Freie Presse vom 20.08.1999.
[36] Grass, Günther: Es ist ein schreckliches Jahrhundert gewesen. In: Freie Presse vom 20.08.1999.
[37] Das Datum hat leitmotivische Funktion im Roman, das es historische Fakten betrifft: 1895 die Geburt Wilhelm Gustloffs, 1933 die Machtübernahme durch Hilter, 1945 der Untergang des Schiffes.
[38] Grass, Günther: Fortsetzung folgt Literatur und Geschichte. Steidl Verlag. Göttingen, 1999. S. 60.
[39] Vgl. Klemperer, Viktor: LTI (Lingua Tertii Imperii). Notizbuch eines Philologen. Aufbau Verlag. Berlin, 1947.