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Fachbuch, 2018
58 Seiten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
2.1 Begriffsherkunft und historische Entwicklung
2.2 Definition des Guerilla-Marketings
2.3 Einordnung des Guerilla-Marketings in den Marketing-Mix
2.4 Das Effizienzproblem der klassischen Werbung
2.5 Die Effekte des Guerilla-Marketings
3 Instrumente des Guerilla-Marketings und Beispiele aus der Praxis
3.1 Trittbrettfahrerprinzip
3.2 Lebensumfeldprinzip
3.3 Empfehlungsprinzip
3.4 Guerilla-PR als flankierende Maßnahme
4 Anwendung des Guerilla-Marketings in Start-ups und KMU
4.1 Abgrenzung zu Großunternehmen
4.2 Strategie als Schlüssel zum Guerilla-Erfolg
4.3 Chancen des Guerilla-Marketings
4.4 Risiken des Guerilla-Marketings
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: LSD-Modell des Guerilla-Marketings
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Prinzipien, Instrumenten und Effekten
Abbildung 3: Moskito-Marketing – Beispiel ‚Bio-Fleischerei Hans Wagner’
Abbildung 4: Ambush-Marketing – Beispiel ‚Clean Bottle’
Abbildung 5: Sensation-Marketing – Beispiel ‚TNT’
Abbildung 6: Ambient-Marketing – Beispiel ‚IKEA’
Abbildung 7: Buzz-Marketing – Beispiel ‚dm’
Abbildung 8: Viral-Marketing – Beispiel ‚EDEKA’
Abbildung 9: Guerilla-PR – Beispiel Neueröffnung Supermarkt
„Angesichts der hohen Wettbewerbsintensität und Dynamik der Marktentwicklung, gesättigter und fragmentierter Märkte, eines sich schnell wandelnden, hybriden Konsumverhaltens sowie einer zunehmenden Internationalisierung wird es für Unternehmen zukünftig immer schwieriger, sich am Markt zu behaupten.“[1] Dieser Umstand stellt grundsätzlich alle Unternehmen bei der Erreichung ihrer Ziele vor Herausforderungen. Besonders problematisch gestaltet der Markt für Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Um sich von der Konkurrenz abzuheben und Konsumenten auf die angebotenen Produkte und Dienstleistungen aufmerksam zu machen, bedarf es in der Regel hoher Marketingausgaben. Nicht selten fehlt kleineren und jungen Unternehmen das hierzu benötigte Kapital. Großunternehmen haben hingegen den Vorteil, dass sie meist schon längere Zeit am Markt etabliert sind. Darüber hinaus verfügen sie über größere finanzielle Ressourcen, die sie zum Beispiel im Zuge ihrer Kommunikationspolitik einsetzen. Somit wird es für benannte schwächere „Unternehmen zunehmend wichtiger, über eine effektive und effiziente Kommunikationsarbeit Wettbewerbsvorteile im Markt zu realisieren und dauerhaft zu halten.“[2]
Eine weitere Herausforderung stellt die gegenwärtige Informationsflut beziehungsweise Werbeflut dar. Die Zahl der Werbebotschaften, mit denen Konsumenten täglich konfrontiert werden, beläuft sich mittlerweile auf 2.500 bis 5.000.[3] Weitere Quellen beziffern diesen Wert auf 6.000[4] oder 13.000[5] Botschaften. Es erscheint daher nicht verwunderlich, dass nicht alle Werbebotschaften von Rezipienten aufgenommen werden können, sondern diese eher versuchen, sich der permanenten Werbeflut zu entziehen.[6] Der Eintritt einer sogenannten Reaktanz und Werbeblindheit ist die Folge.
Deshalb müssen sich Unternehmen im Wettbewerb um Kunden mit alternativen beziehungsweise modernen Kommunikationsmaßnahmen auseinandersetzen. In diesem Zuge rückt das Thema Guerilla-Marketing in den Fokus. Die Idee hinter dem Guerilla-Marketing ist, klassische Ziele mit unkonventionellen Maßnahmen zu erreichen.[7] Dabei steht im Vordergrund, dass unter Einsatz eines geringen Budgets eine möglichst große Aufmerksamkeit erzielt wird.[8]
Die Zielsetzung der vorliegenden Bachelor-Thesis ist, zunächst ein grundlegendes Verständnis des Themas Guerilla-Marketing zu vermitteln. In diesem Zuge werden die Prinzipien und Instrumente des Guerilla-Marketings aus theoretischer Seite erörtert und anschließend mit realen Beispielen aus der Praxis verdeutlicht.
Daraufhin soll die Arbeit eine Antwort auf folgende Kernfrage geben: Welche konkreten Chancen und Risiken ergeben sich durch die Anwendung des Guerilla-Marketings für Start-ups und KMU?
Im folgenden zweiten Kapitel werden zunächst die Grundlagen des Guerilla-Marketings erläutert. Nach einem Einblick in die historische Entwicklung und in die Begriffsherkunft werden Definitionsvorschläge aus unterschiedlichen Guerilla-Marketing-Werken zur Diskussion herangezogen. Weiterhin erfolgt eine Einordnung des Guerilla-Marketings in den Marketing-Mix und anschließend eine Beschreibung des Effizienzproblems der klassischen Werbung. Das Kapitel endet mit der Darstellung der Effekte des Guerilla-Marketings.
Im dritten Kapitel werden die verschiedenen Prinzipien und Instrumente des Guerilla-Marketings dargestellt. Hierbei liegt das Augenmerk neben der theoretischen Erläuterung auf der Aufführung von Beispielen, die in der Praxis von Unternehmen erfolgreich umgesetzt wurden. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass für die Vorstellung von möglichst aktuellen Praxisbeispielen auf Internetquellen zurückgegriffen werden muss, obwohl es sich dabei zum Teil um flüchtige beziehungsweise nicht wissenschaftliche Quellen handelt. Ansonsten entspricht die Arbeit den Standards und Regularien des wissenschaftlichen Arbeitens.
In Kapitel vier wird das Guerilla-Marketing im Hinblick auf seine Anwendung in Start-ups und KMU untersucht und stellt somit den eigentlichen Kern der Arbeit dar. Hierfür wird zunächst eine Abgrenzung von Start-ups und KMU zu Großunternehmen vorgenommen, wobei die Unterschiede hinsichtlich der Anwendung deutlich werden. Daraufhin erfolgt eine Erörterung der Notwendigkeit des strategischen Vorgehens. Schließlich wird eine Analyse der Chancen und Risiken durchgeführt, die sich aus den zuvor beschriebenen Instrumenten ableiten lassen und die sich beim Einsatz des Guerilla-Marketings ergeben.
Die Thesis endet mit der Schlussbetrachtung in Kapitel fünf. Darin werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.
Der Begriff ‚Guerilla’ (ursprünglich: ‚Guerrilla’) stammt aus dem Spanischen und ist die Verkleinerungsform des Wortes ‚guerra’, welches Krieg bedeutet. Demzufolge kann Guerilla als Partisanenkampf oder Kleinkrieg übersetzt werden. In der Geschichte wurde der Kleinkrieg von zahlen- und ausstattungsmäßig unterlegenen Guerilla-Kriegern angewandt. Sie vermieden den offenen Feldkampf und kämpften auf unkonventionelle Art gegen eine militärisch überlegene Besetzungsmacht an.[9] Durch unerwartete Angriffe aus dem Hinterhalt sollten die Gegner überrascht und kampfunfähig gemacht werden. Geprägt wurde die Guerilla-Taktik durch den Widerstandskämpfer und Revolutionär Ernesto ‚Che’ Guevara während der kubanischen Revolution in den 1950er-Jahren.[10] In seinem Werk Guerrilla Warfare bezeichnet er die taktische Flexibilität von Guerilla-Kriegern und den Einsatz von Überraschungsmomenten als Schlüsselelemente der Guerilla-Taktik und definiert den Sieg über den Feind als das ultimative Ziel.[11]
Diese Kernidee der Guerilla-Taktik wurde in den 1960er-Jahren durch amerikanische Forscher auf das Marketing übertragen, und es entstand der Terminus Guerilla-Marketing.[12] Die darauffolgende Entwicklungsgeschichte lässt sich in vier Phasen unterteilen:[13]
1. Adaption:
Nach erwähnter Adaption in den 1960er-Jahren wurde zunächst der Guerilla-Ansatz hauptsächlich von KMU angewandt, um damit gezielt die übermächtige Konkurrenz anzugreifen. Die dahinterstehende Leitidee war, mit einem kleinen Budget eine schnelle Wirkung zu erzielen.
2. Boom:
In den 1980er-Jahren wurde die Bezeichnung Guerilla-Marketing durch die Autoren Levinson sowie Ries und Trout etabliert, die allgemein als Pioniere des Guerilla-Marketings gelten. Vor allem Levinson publizierte in dieser Phase eine Vielzahl von Büchern, in denen er sich des Themas Guerilla-Marketing als geeignete und kostengünstige Strategie für KMU annahm. Die Leitidee war, mit kleinem Budget eine große Wirkung zu erzielen und somit die Effizienz der Kommunikationsmaßnahmen zu steigern.
3. Differenzierung:
In den 1990er-Jahren wurden erstmals unterschiedliche Instrumente entwickelt, die auf dem Kerngedanken des Guerilla-Marketings aufbauen. Zum Beispiel das Ambush-, Buzz- oder Ambient-Marketing. Diese sind gegenwärtig noch immer aktuell (detaillierte Erläuterung in Kapitel 3). Die Leitidee dieser Phase war, durch die Flexibilität, Effizienz und Originalität der neuen Konzepte bei Rezipienten Überraschungs- und Diffusionseffekte auszulösen.
4. Strategie:
Hierbei handelt es sich um die Phase seit den 2000er-Jahren, die bis heute anhält. Sie ist geprägt davon, dass inzwischen auch Großunternehmen alternative Kommunikationsformen wie das Guerilla-Marketing einsetzen. In der Anfangsphase hingegen wurde es bevorzugt von KMU genutzt und noch ohne theoretisches Konzept eingesetzt. Heutzutage verstehen Unternehmen den Guerilla-Ansatz als Strategie und setzen auf eine planmäßige, systematische und konzeptionelle Integration. Eine Auffassung, die der Leitidee dieser Phase entspricht.
Im Laufe der Entwicklung des Guerilla-Marketings haben sich zahlreiche Autoren mit dem Thema befasst und unterschiedliche Definitionen vorgelegt. Dennoch oder gerade deshalb existiert bis heute keine einheitliche Definition.[14]
Eine Definition stammt von bereits erwähntem Autor Levinson, dessen erstes Buch in 37 Sprachen übersetzt und über eine Million Mal verkauft wurde.[15] Er definiert das Guerilla-Marketing wie folgt: „Guerilla Marketing is a body of unconventional ways of pursuing conventional goals. It is a proven method of achieving profits with minimum money.“[16] Übersetzt bedeutet dies, dass es sich beim Guerilla-Marketing um eine Marketingmethode handelt, die unter Einsatz von unkonventionellen Methoden und minimalem Budget einen großen Erfolg verspricht.
Die Auffassung von Levinson deckt sich auch mit den Definitionen anderer Autoren von Guerilla-Marketing-Werken (zum Beispiel Hutter und Hoffmann 2014, Krieger 2012 und Schulte 2007). Diese sind sich dahingehend einig, dass das Guerilla-Marketing Instrumente umfasst, mit denen sich unkonventionell und alternativ zur klassischen Werbung eine Vielzahl von Personen erreichen lässt beziehungsweise mit denen große Aufmerksamkeit geweckt werden kann.
Deutliche Unterschiede in den Auffassungen zeigen sich, wenn Guerilla-Marketing-Werke mit Marketing-Standardwerken (zum Beispiel Grundlagen des Marketing, Kotler et al. 2007) verglichen werden. Kotler ist der Auffassung, dass Guerilla-Marketing-Kampagnen das Ziel verfolgen, finanziell überlegenen Gegnern zu schaden, um deren Marktanteile zu übernehmen.[17] Im Laufe der Arbeit wird jedoch deutlich werden, dass dies weder das primäre Ziel des Guerilla-Marketings ist noch im Zuge aller Guerilla-Maßnahmen angestrebt wird. Somit muss bereits an dieser Stelle genannter Auffassung zum Teil widersprochen werden.
Darüber hinaus existieren Werke, in denen das Guerilla-Marketing nicht als umfassendes Konzept betrachtet wird, sondern in denen lediglich einzelne Instrumente beschrieben werden, obwohl diese dem Guerilla-Marketing zuzuordnen sind.[18] So zum Beispiel das Werk Viral Marketing, Langner 2005, in dem keiner Stelle der Terminus Guerilla-Marketing verwendet wird, oder Erfolgsfaktoren des Ambush-Marketing, Eschenbach 2011, in dem sogar die Meinung vertreten wird, dass es sich bei Guerilla-Marketing und bei Ambush-Marketing um zwei sehr unterschiedliche Kommunikationsstrategien handelt.[19]
Einen passenden und zeitgemäßen Definitionsvorschlag unterbreiten die Autoren Hutter und Hoffmann: „Guerilla-Marketing umfasst verschiedene kommunikationspolitische Instrumente, die darauf abzielen, mit vergleichsweise geringen Kosten bei einer möglichst großen Anzahl von Personen einen Überraschungseffekt zu erreichen, um so einen sehr hohen Guerilla-Effekt (Verhältnis von Werbenutzen und -kosten) zu erzielen.“[20] Diese Definition wird dieser Bachelorarbeit zugrunde gelegt.
Bei entfernter Betrachtung des Guerilla-Marketings erscheint es naheliegend, es ausschließlich in den Bereich der Kommunikationspolitik (P romotion) zuzuordnen. De facto kann das Guerilla-Marketing auch innerhalb der Preispolitik (P rice), der Produktpolitik (P roduct) und der Distributionspolitik (P romotion) stattfinden.[21] Der Literatur sind in diesem Zusammenhang die Bezeichnungen Guerilla-Pricing, Guerilla-Producting und Guerilla-Distributing zu entnehmen.[22]
Um eine Antwort auf die Frage zu finden, welcher der Politiken das Guerilla-Marketing primär zuzuordnen ist, haben Hutter und Hoffmann mit zehn Marketing-Managern deutscher Unternehmen Expertenumfragen durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass die Mehrzahl der Guerilla-Marketing-Maßnahmen der Kommunikationspolitik zugeordnet wird.[23] Eine systematische Analyse von Schulte und Pradel bestätigt diese Erkenntnis. Demnach sind 70 Prozent aller Guerilla-Maßnahmen dem kommunikationspolitischen Segment zuzuordnen. Die übrigen 30 Prozent werden gleichmäßig auf Preis-, Produkt- und Distributionspolitik aufgeteilt.[24]
Innerhalb der Kommunikationspolitik lassen sich die Maßnahmen in ‚alte’ und ‚neue’ oder auch in ‚klassische’ und ‚nicht klassische’ Kommunikationsinstrumente unterteilen. In Fachkreisen und in der einschlägigen Literatur hat sich die Unterteilung in ‚Above-the-line’-Instrumente und ‚Below-the-line’-Instrumente durchgesetzt.[25] Above-the-line-Maßnahmen sind für Rezipienten als offensichtliche Werbemaßnahmen zu erkennen.[26] Sie sind trotz partieller Effizienzprobleme (nähere Erläuterung in Abschnitt 2.4) nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Marketing-Mix von Unternehmen. Als Beispiele hierfür können TV-Werbung, Funkwerbung und Werbung in Printmedien genannt werden. Below-the-line-Maßnahmen hingegen treten oftmals nicht als Werbemaßnahmen in Erscheinung und werden von Konsumenten auch nicht als solche wahrgenommen,[27] sogar wenn sie in eine Maßnahme involviert sind. Beispiele hierfür sind Sponsorings, Events oder das hier relevante Guerilla-Marketing.[28]
„Die Reizüberflutung der Konsumenten hat ein prominentes Opfer gefunden. Klassische Werbung wird zunehmend ineffizienter.“[29] Wie bereits in der Problemstellung angedeutet, wird der klassischen beziehungsweise konventionellen Werbung ein Effizienzproblem bescheinigt.
Zum einen lässt sich die nachlassende Effizienz von klassischer Werbung durch die Vielzahl von Informationsangeboten in Medien begründen. Sie führt dazu, dass 98 Prozent aller in Deutschland zur Verfügung gestellten Informationen nicht beachtet werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass lediglich zwei Prozent der Botschaften die Chance erhalten Rezipienten zu erreichen.[30] Die zunehmend geringere Beachtung konventioneller Werbung führt Krieger zum anderen auf gesellschaftliche Trends beziehungsweise auf eine Veränderung des Verhaltens der Gesellschaft zurück. Als Beispiele nennt er unter anderem eine veränderte Mediennutzung, fehlende Aufmerksamkeit, Informationsüberschuss und eine erhöhte Mobilität der Konsumenten.[31]
Hutter und Hoffmann betiteln das Problem der klassischen Werbung als ‚Aufmerksamkeitsdilemma’. Demnach führt die Vielzahl der angebotenen Produkte verschiedener Anbieter zu einer Homogenität im Angebot, was zu Wettbewerbsdruck und gleichermaßen zu einem höheren Werbedruck führt. Dies wiederum resultiert in einer steigenden Anzahl der Werbebotschaften. Die Folgen sind ein sogenannter Wear-out-Effekt, ein Information Overload, eine homogene Kommunikation und die Reaktanz der Rezipienten – und als Ergebnis eine insgesamt nachlassende Werbeeffizienz.[32] All dies führt zur Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit alternativen Kommunikationsmaßnahmen.
Es ist wichtig hervorzuheben, dass die aufgeführte Kritik nicht die Daseinsberechtigung konventioneller Werbung in Frage stellen soll. Es soll lediglich betont werden, in welchem Ausmaß klassische Werbemaßnahmen ihre Vormachtstellung eingebüßt haben. Guerilla-Marketing-Maßnahmen können die konventionelle Werbung nicht ablösen oder ersetzen, sondern sind als ergänzende und unterstützende Maßnahmen anzusehen.[33]
Um das Guerilla-Marketing zu beschreiben, wird in der Literatur eine Vielzahl von Attributen genutzt. So zum Beispiel effizient, günstig, unkonventionell, spektakulär und ansteckend. Für eine Definition der Effekte beziehungsweise des Guerilla-Effekts, greifen Hutter und Hoffmann benannte Attribute auf und reduzieren sie auf die drei Kernelemente Kostengünstigkeit, Überraschung und Diffusion. Diese werden in Form eines Drei-Effekte-Modells verwirklicht und wird von den Autoren als das LSD-Modell bezeichnet. Dabei stehen die Buchstaben LSD für die drei Teil-Effekte in der englischen Sprache (L ow-Cost-, S urprise- und D iffusion-Effekt).[34] Siehe Abbildung 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: LSD-Modell des Guerilla-Marketings
Quelle: Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 36.
Nachfolgend werden die einzelnen Effekte beschrieben:[35]
- Der Low-Cost-Effekt entsteht durch die relative Kostengünstigkeit einer Guerilla-Marketing-Maßnahme. Hierbei ist der Begriff ‚relativ’ besonders hervorzuheben. Denn es geht nicht zwangsweise darum, die absoluten Kosten der Maßnahme gering zu halten. Die Höhe der Kosten ist für den Low-Cost-Effekt zumindest theoretisch irrelevant. Das Ziel ist, Entwicklungskosten, Produktionskosten und die Kosten für die Verbreitung der Werbebotschaft vergleichsweise gering zu halten, sodass im Vergleich zu klassischen Maßnahmen mehr erreicht wird.
- Für die Erzielung des Surprise-Effekts ist die Überraschung der Rezipienten das Schlüsselelement. Ein Surprise-Effekt entsteht, wenn Konsumenten mit einer Neuartigkeit konfrontiert werden, die bei ihnen einen noch nie erfahrenen Reiz auslöst. Aufgrund des unkonventionellen Charakters von Guerilla-Maßnahmen lassen sich Rezipienten überraschen, wodurch ihre Aufmerksamkeit auf die Botschaft gelenkt wird.
- Der Diffusions-Effekt beschreibt, dass die Werbebotschaft einer Guerilla-Aktion von Konsumenten oder auch Medien aufgrund von Interesse, Überraschung und/oder Begeisterung freiwillig und kostenlos weiterverbreitet wird. Damit lässt sich eine große Zahl Kontaktpersonen erreichen und somit die Reichweite einer Aktion deutlich erhöhen.
Das Zusammenspiel der beschriebenen drei Effekte führt zum Eintritt des eigentlichen Guerilla-Effekts. Allerdings müssen nicht bei jeder Guerilla-Marketing-Maßnahme alle Effekte gleichermaßen auftreten.[36] Das Erreichen des Guerilla-Effekts (Verhältnis von Werbenutzen und -kosten) erfolgt mittels Einsatz von Guerilla-Marketing-Instrumenten, die im nächsten Kapitel erläutert werden
Eine Klassifizierung der Guerilla-Marketing-Instrumente gestaltet sich ähnlich schwierig wie die Definition des Guerilla-Marketings in Abschnitt 2.2. Auch hierbei werden in der Fachliteratur unterschiedliche Meinungen vertreten, was sich in Anzahl, Einteilung und Abgrenzung der Instrumente widerspiegelt.
Die Autoren Schulte und Pradel differenzieren die Instrumente in die vier Bereiche Low-Budget-Marketing, Online-Guerilla-Marketing, Offline-Guerilla-Marketing und strategisches Guerilla-Marketing.[37] Krieger benennt sieben Instrumente und unterteilt diese in Online-Instrumente (Viral Marketing und Social Media Marketing) und Offline-Instrumente (Sensation Marketing, Ambient Marketing, Street Marketing, Buzz Marketing und Ambush Marketing) im Out-of-Home-Bereich.[38]
Diesen Ansichten muss teilweise widersprochen werden. Eine grundsätzliche Unterscheidung nach Online- und Offline-Instrumenten ist als nicht mehr zeitgemäß anzusehen. Im Laufe des Kapitels wird deutlich werden, dass zum einen die Grenzen fließend sind und dass zum anderen das Internet für die Diffusion und die Effizienz aller Instrumente eine bedeutende Rolle spielt. Dies ist unter anderem auf die gegenwärtige Präsenz und Relevanz von Internet und Social Media-Plattformen zurückzuführen.
Aus diesem Grund erscheint die Abgrenzung von Hutter und Hoffmann geeigneter, da nicht nach Online- und Offline-Instrumenten unterschieden wird, sondern die einzelnen Instrumente drei Prinzipien zugeordnet werden. Siehe Abbildung 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Prinzipien, Instrumenten und Effekten
Quelle: Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 24.
Demnach sind diese das Trittbrettfahrerprinzip, das Lebensumfeldprinzip und das Empfehlungsprinzip.[39] Für die nachfolgenden Ausführungen wird diese Einteilung übernommen.
Der Begriff des Trittbrettfahrens beschreibt Handlungen, mittels derer ohne eigenes Zutun, von Unternehmungen Anderer profitiert wird.[40] Die Instrumente Moskito- und Ambush-Marketing machen sich dieses Prinzip zunutze. Die Anwendung empfiehlt sich vor allem dann, wenn Unternehmen nur ein sehr geringes Budget zur Verfügung haben.[41] Das Ziel ist es, die Schwächen der konkurrierenden Marktteilnehmer zu erkennen und diese gezielt auszunutzen, um somit von ihren Marktaktivitäten zu profitieren und Aufmerksamkeit zu erlangen.[42] Deshalb wird diese Art des Marketings auch häufig Trittbrettfahrer-Marketing genannt.[43]
Das Moskito-Marketing wird oftmals von KMU angewandt. Die Schwachstellen der Mitbewerber sollen ausgenutzt werden, um in der Folge ihre Nische zu besetzen.[44] Dies setzt eine möglichst umfassende Analyse der Schwächen und Fehler von Wettbewerbern voraus, um sie mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln ‚auszustechen’ (wie ein Moskito).
[...]
[1] Bruhn, M., Marketing, 2016, S. 13.
[2] Bruhn, M., Kommunikationspolitik, 2009, S. 1.
[3] Vgl. Czech, C., Guerilla-Marketing, 2011, S. 17.
[4] Vgl. o. V., 6.000 Werbekontakte pro Tag, 2004, o. S.
[5] Vgl. o. V., Über 13.000 Werbebotschaften täglich, 2013, o. S.
[6] Vgl. Czech, C., Guerilla-Marketing, 2011, S. 17; Patalas, T., Guerilla Marketing, 2006, S. 43.
[7] Vgl. Förster, A., Kreuz, P., Marketing-Trends, 2006, S. 50.
[8] Vgl. Krieger, K. H., Guerilla Marketing, 2012, S. 15.
[9] Vgl. Kochhan, C. et al., Ambient-Marketing, 2017, S. 32.
[10] Vgl. Tropp, J., Moderne Marketing-Kommunikation, 2011, S. 502.
[11] Vgl. Guevara, E., Guerrilla Warfare, 1961, S. 4 ff.
[12] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 12.
[13] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 14 ff.
[14] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 12; Krieger, K. H., Guerilla Marketing, 2012, S. 13.
[15] Vgl. Zerr, K., Guerilla-Marketing, 2005, S. 466.
[16] Levinson, J. C. zitiert in: Risch-Kerst, M., Ambush Marketing, 2016, S. 57 f.
[17] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 14.
[18] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 14.
[19] Vgl. Eschenbach, F., Ambush-Marketing, 2011, S. 17 f.
[20] Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 14.
[21] Vgl. Czech, C., Guerilla-Marketing, 2011, S. 12; Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 11.
[22] Vgl. Förster, A., Kreuz, P., Marketing-Trends, 2006, S. 51 f.; Reischl, A., Stellenwert von Guerilla Marketing; 2009, S. 56 ff.; Schulte, T., Guerilla Marketing, 2007, S. 20 ff.
[23] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 11.
[24] Vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing, 2007, S. 20.
[25] Vgl. Risch-Kerst, M., Ambush Marketing, 2016, S. 54.
[26] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 11.
[27] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 11.
[28] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 12; Krieger, K. H., Guerilla Marketing, 2012, S. 216.
[29] Langner, S., Viral Marketing, 2005, S. 17.
[30] Vgl. Kroeber-Riel, W., Esch, F., Strategie und Technik der Werbung, 2004, S. 16.
[31] Vgl. Krieger, K. H., Guerilla Marketing, 2012, S. 3.
[32] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 6.
[33] Vgl. Schulte, T., Pradel, M., Guerilla Marketing, 2006, S. 22; Levinson, J. C., Guerilla Marketing Offensives Werben und Verkaufen, 1992, S. 12.
[34] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 35 f.
[35] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 37 ff.
[36] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 36.
[37] Vgl. Schulte, T., Pradel, M., Guerilla Marketing, 2006, S. 36.
[38] Vgl. Krieger, K. H., Guerilla Marketing, 2012, S. 14.
[39] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 23 ff.
[40] Vgl. Bibliographisches Institut, Trittbrettfahrer, o. J., o. S.
[41] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 31.
[42] Vgl. Hutter, K., Hoffmann, S., Professionelles Guerilla-Marketing, 2013, S. 24.
[43] Vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing, 2007, S. 74.
[44] Vgl. Patalas, T., Guerilla Marketing, 2006, S. 75.