Bachelorarbeit, 2017
85 Seiten
Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstellung der Arbeit
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Historische Entwicklung und Anforderungen an Lofts
2.1 Historische Entwicklung von Loftwohnungen
2.2 Baurechtliche Auflagen
2.3 Entscheidungskriterien aufgrund der Gebäude und zur Nutzung von Brachflächen
2.3.1 Entscheidungskriterien aufgrund des Gebäudes
2.3.2 Entscheidungskriterien zur Nutzung von Brachflächen
2.4 Modernisierung und Erweiterungsmöglichkeiten bei Bestandsgebäuden
3 Motive für eine Umnutzung zu Wohnzwecken
3.1 Wiederverwendung der Flächen zur Stadtentwicklung
3.2 Wohnqualität und gestalterische Aspekte
3.3 Förderungsmöglichkeiten bei Denkmalimmobilien
4 Loftwohnungen in Berlin - Zielgruppen- und Bezirksanalyse
4.1 Entwicklung des Wohnungsmarktes in Berlin
4.2 Nachfrage in Berlin - Miet- und Eigentumswohnungen
4.3 Zielgruppenanalyse von Lofts in Berlin
4.3.1 Methodisches Vorgehen der Zielgruppenanalyse
4.3.2 Ergebnisse der Zielgruppenanalyse im Kontext der Sinus Milieus
4.3.3 Wohnprofil der Performer und Expeditiven
4.4 Analyse der Bezirke für Lofts in Berlin
4.4.1 Methodisches Vorgehen der Bezirksanalyse
4.4.2 Ergebnisse der Bezirksanalyse in Berlin
5 Steuerersparnisanalyse zwischen Loft und Neubau
5.1 Methodisches Vorgehen der Steuerersparnisanalyse
5.2 Praxisbeispiel Zuckerwarenfabrik in Berlin
5.3 Durchführung und Analyse der Steuerbetrachtung
6 Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Auswahlkriterien von Industriegebäuden
Abbildung 2: Entwicklung der Kosten bei vorbeugenden Maßnahmen
Abbildung 3: Metropolenvergleich: Nachfrage- und Angebotsentwicklung
Abbildung 4: Vergleich Mietpreise in Berlin
Abbildung 5: Vergleich Kaufpreise in Berlin
Abbildung 6: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2015
Abbildung 7: Zuwachs der modernen Milieus in Berlin
Abbildung 8: Altersstruktur nach Wohnkonzept
Abbildung 9: Höchster Bildungsabschluss im Haushalt nach Wohnkonzept
Abbildung 10: Haupteinkommensquelle nach Wohnkonzept
Abbildung 11: Finanzierungspotenzial nach Einkommen
Abbildung 12: Altersstruktur der potenziellen Bezirke in Berlin
Abbildung 13: Leerstehende Zuckerwarenfabrik
Abbildung 14: Bauplan der Zuckerwarenfabrik
Abbildung 15: Fertigstellung der Zuckerwarenfabrik
Tabelle 1: Entscheidungskriterien zur Nutzung von Brachflächen
Tabelle 2: Differenzierung von Loftimmobilien
Tabelle 3: Wohnprofil der Performer
Tabelle 4: Wohnprofil der Expeditiven
Tabelle 5: Analyse der Steuerbetrachtung Neubau und Loft
Tabelle 6: Kaufpreisanalyse zwischen Neubau und Loft
Die Industrialisierung boomte am Ende des 19. Jahrhunderts in New York, so dass immer mehr Produktionsstätten geplant und gebaut wurden.[1] Nach einem stetig anhaltenden Wirtschafts- und Industriewachstum kam dieser Aufschwung jedoch im 20. Jahrhundert zum Erliegen.[2] Die Folge davon präsentierte sich in den zahlreichen leerstehenden Fabrikgebäuden, die mit der Zeit zunehmend verfielen.[3]
Der Durchbruch von Loftwohnungen kam schließlich durch die Umnutzung dieser leerstehenden Gebäude durch häufig mittellose Künstler. Wo zuvor produziert wurde, war nun Wohn- und Arbeitsraum entstanden.[4] Vermieter und Mieter einigten sich dabei darauf, dass die Bausubstanz jedoch unverändert bleiben sollte.[5]
Viele Architekten erkannten zunehmend mit der Zeit die gesteigerte Nachfrage von Loftwohnungen und sahen in der Umnutzung alter Gebäude zu Wohnzwecken eine profitable Chance auf dem Immobilienmarkt.[6]
Im Vergleich zu damals sind Loftwohnungen mittlerweile nicht mehr von mittellosen Künstlern, sondern von Menschen mit deutlich höherem Einkommen gefragt. Dies spiegeln auch die aktuellen Miet- und Kaufpreise für diese Art des Wohnens wider: Loft- Living ist zu einem gewissen Lifestyle auch in Deutschland geworden.[7] Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen Nischenmarkt in der Immobilienbranche. Umso interessanter wird dadurch die Frage, welche Menschen bzw. Zielgruppen sich insbesondere für Loftwohnungen interessieren und welche Ansprüche sie an diese spe- zielle Art des Wohnens stellen. In diesen Zusammenhang rückt die Frage nach mögli- chen Standorten solcher Loftwohnungen in den Vordergrund. Da sich die Industrialisie- rung besonders in Ballungszentren konzentrierte, wurde das heutige Berlin als guter Indikator zur Analyse und Beantwortung dieser Fragen ausgewählt.
Bei leerstehenden Fabrikgebäuden muss der Bauträger bei der Entscheidung zur Um- nutzung dieser Gebäude vieles beachten und dabei viele Herausforderungen meistern. Die vorliegende Bachelorthesis soll einen Beitrag dazu leisten, wichtige Informationen und Entscheidungskriterien für Bauträger zusammenzustellen. Zu diesem Zweck soll ebenfalls der Wohnungsmarkt in Berlin mit dem Ziel untersucht werden, herauszufin- den, welche potenziellen Zielgruppen für Loftwohnungen in Frage kommen. Die Arbeit soll dabei einen vertieften Blick in die Welt der Ansprüche und Interessenten für Loft- wohnungen gewähren. Durch die Identifizierung potenzieller Zielgruppen hat der Bau- träger die Möglichkeit, seine Projekte zielgruppenorientiert zu vermarkten. Neben die- ser Zielgruppenanalyse soll ebenfalls eine Bezirksanalyse für Berlin stattfinden.
Zudem legt die vorliegende Arbeit einen Fokus darauf, inwieweit sich eine Umnutzung brachliegender Industriegebäude steuerliche Ersparnisse zulässt.
Aus den genannten Zielsetzungen der Arbeit und vor dem Hintergrund der skizzierten Problemstellung ergeben sich folgende Forschungsfragen:
A) Welche Zielgruppen kommen für Loftwohnungen in Frage?
B) Welche potenziellen Bezirke kommen in Berlin für Loftwohnungen in Frage?
C) Wie hoch sind die steuerlichen Ersparnissen bei Loftwohnungen?
Um die Forschungsfragen zu beantworten, musste zunächst festgestellt werden, welche Methodiken für die Forschungsfragen am sinnvollsten erscheinen. Im Nachhinein wur- de für jede Forschungsfrage eine bestimmte Methodik ausgewählt. Um die erste Forschungsfrage zu beantworten, welche Zielgruppen für Loftwohnungen in Frage kommen, werden sekundäre Interviews erstellt. Die Interviews werden von einer Studentengruppe durchgeführt, die ebenfalls nach Informationen über Zielgrup- pen von Loftwohnungen recherchieren . Das Interview wird persönlich mit zwei Unter-nehmen aus der Maklerbranche (anonyme Unternehmen) durchgeführt, die sich als Experten für Loftwohnungen erweisen. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Berlin.
Der Vorteil von persönlichen Interviews liegt darin, dass bei Unklarheiten immer Rück-fragen zum besseren Verständnis gestellt werden können und damit qualitative Ergeb-nisse gewonnen werden können. Aus den zur Verfügung gestellten Interviews werden nur die Inhalte verwendet, die wesentlich für diese Arbeit sind. Anhand dieser Inter-views und in Verbindung mit Analysen des Sinus-Milieu-Modells und des GdW - Branchenberichts über zukünftige Wohntrends können die Zielgruppen von Loftwohnungen präzise ermittelt werden.
Um die zweite Forschungsfrage zu beantworten, welche potenziellen Bezirke in Berlin für Loftwohnungen in Frage kommen, wird ein kurzes Telefoninterview der Ziegert- Bank- und Immobilienconsulting GmbH, stattfinden. Durch dieses Gespräch soll ein aktueller Wohneigentumsreport für Berlin erzielt werden. Anhand dieser Daten wird es in der vorliegenden Arbeit möglich sein, sowohl das Finanzierungspotenzial der Haushalte sowie die Anteile der Alters-gruppen der potenziellen Zielgruppen in den jeweiligen Bezirken Berlins zu bestimmen. Zur Beantwortung der letzten Forschungsfrage wird im Rahmen dieser Arbeit eine ta-bellarische Steueranalyse zwischen Loft und Neubau durchgeführt. Dabei soll vergli-chen werden, wie viel die Denkmal-AfA im Vergleich zu der normalen AfA für den Endkunden ausmacht. Um einen Vergleich aufzuzeigen, müssen beide Gebäude denselben Kaufpreis haben. Anschließend soll ebenfalls geprüft werden, ob ein Neubau für den Endkunden preiswerter ist. welche Bauweise, ob Umnutzung oder Neubau, für den Endkunden preiswerter ist. Dies lässt sich anhand der Kaufpreise von Loftwohnung und der Kaufpreise von Neubauten feststellen, vorausgesetzt beide weisen selbe Para-meter wie Baujahr, Lage und Wohnfläche auf.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Im Anschluss an die Problemstel- lung und Zielsetzungen dieser Arbeit (Kapitel 1) folgt der theoretische Teil. Das darauf- folgende Kapitel 2 präsentiert die historische Entwicklung von Loftwohnungen und bevorstehende Anforderungen beim Umbau alter Industriegebäuden. Außerdem werden in diesem Kapitel Entscheidungskriterien diskutiert, die vor dem Kauf eines Fabrikge- bäudes berücksichtigt werden sollten. In Kapitel 3 werden potenzielle Gründe für eine Umnutzung von leerstehenden Industriebauten vorgestellt. Kapitel 2 und 3 legen somit das theoretische Fundament dieser Arbeit. In den Kapiteln 4 und 5 erfolgt schließlich die empirische Analyse zur Beantwortung der Forschungsfragen. In Kapitel 4 werden die Zielgruppen für Loftwohnungen analysiert. Da in der vorliegenden Arbeit der Berli- ner Wohnungsmarkt im Fokus steht, werden außerdem ausgewählte Bezirke, die ein Potenzial für Loftwohnungen aufweisen könnten, untersucht. Kapitel 5 befasst sich schließlich mit der Steuerbetrachtung zwischen denkmalgeschützten Immobilien und Neubauten. Dabei soll ein Beispielprojekt einen kurzen Überblick über die anfallenden Ersparnisse geben.
Die vorliegende Arbeit mündet in Kapitel 6 mit der Zusammenführung der gewonnenen Erkenntnisse. Auf Basis dieser Ergebnisse können abschließend Empfehlungen für zukünftige Bauträger und Projektentwickler angeboten werden. Zudem wird ein Ausblick auf mögliche und durch den begrenzten Umfang dieser Arbeit offen gebliebene Forschungsvorhaben gewährt.
Es stellt sich die Frage, warum Wohnungen oder Studios, die aus ehemaligen Fabrikge- bäuden umgebaut wurden, immer dieselbe Bezeichnung tragen, so werden sie doch auf der ganzen Welt gleichermaßen „Loft" genannt. Der Begriff „Loft“ steht für „Living on Factory Terrain“[8] und wurde zum Anfang des 20. Jahrhunderts für Speicher und große Dachböden verwendet. In den USA wurde er auch für Heuböden von Bauernhöfen be- nutzt.[9] In Deutschland hingegen besteht ein Loft aus einem quadratischen Baukörper ohne Innenwände mit einem mittig platzierten Treppenhaus.[10] Nahezu jeder Mensch verbindet mit dem Begriff „Loft“ die Assoziation einer offenen Wohnetage bestehend aus einem ununterbrochenen Raum und großen Fenstern, wodurch sich viel Freiraum ergibt. Hier bieten vor allem die Wände und Böden, die oftmals aus robusten Materia- lien wie Beton oder unverputzten Backsteinen bestehen, eine Reise zurück in die Ver- gangenheit des Gebäudes.[11]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm die Industrialisierung stetig zu, wodurch zuneh- mend Baugrund für Produktionsstätten erforderlich wurde. Baugrund war jedoch fast unbezahlbar, weshalb die Unternehmer ihre Manufakturen mehr und mehr in die Höhe errichteten - es entwickelten sich erste Wolkenkratzer. Diese neuen Industriebauten wurden dicht am Wohnungsbau errichtet: Es galt, Mensch und Maschine auf kleinstem Raum unterzubringen. Anstatt nach heute gängigen Maßstäben in Außenbezirke zu bau- en, wurden Fabrikbauten in Wohnbauten integriert und boten vor allem Zentralität.[12]
Im Laufe der Industrialisierung vergrößerten sich die Städte zunehmend, sodass die In- dustriebetriebe schließlich keine andere Wahl hatten, als in die Außenbezirke umzusie- deln. Weitere Gründe dafür waren alltägliche Verkehrsprobleme, schlechte Anbindun- gen an die Eisenbahnen aber vor allem Platzmangel - die Innenstadt wurde demzufolge für viele Betriebe immer unwirtschaftlicher. Viele alte Betriebe verwahrlosten aufgrund der Umsiedlung.[13]
In den 1940er Jahren nutzen schließlich Künstler die Gelegenheit und wandelten die leerstehenden Fabrikhallen in Ateliers um. Auf diese Weise konnte Wohnen und Arbei- ten auf praktischem Wege miteinander verknüpft werden, was nach städtischen Bauvorschriften jedoch nicht erlaubt war.[14]
Die Bausubstanz blieb nahezu unverändert und eine gesamte Etage wurde zur Wohnflä- che umfunktioniert.[15] Komfort wurde überbewertet, wichtiger war für diese Berufsgrup- pe das gesellige Leben.[16] Neben der herausragenden Lichtqualität boten auch die gerin- gen Mietkosten für die oftmals mittellosen Künstler einen starken Anreiz. In den 1960er Jahren änderte sich die bis dato erhaltene Nachfrage. Den Durchbruch dafür verursachte der Künstler Andy Warhol mit seiner ersten „Factory“, die er in einer verlassenen New Yorker Feuerwache errichtete. Sein 300 Quadratmeter großes Loft, dessen Mietpreis lediglich 100 US Dollar im Jahr betrug, war ein Verbund aus einer Arbeits- und Le- bensgemeinschaft.[18] Aus der „Factory“ wurde schließlich eine Kunstwerkstatt, die zu- dem für schrille Partys und prominenten Dauergäste bekannt war. Es entwickelte sich dadurch eine Wohnform, die sich bald zu einer gesellschaftlichen Konvention etablierte. Aufgrund der offenen Räume, die kein separates Zimmer für Wohnen, Kochen, Arbei- ten und Schlafen bereithielten, konnte sich ein kreatives und abenteuerliches Leben entwickeln.[19]
Doch nicht nur Künstler wussten die großzügigen Flächen und hohen Räumen zu schät- zen, diese Wohnungen verführten auch die städtische Mittelschicht. Der Gedanke, das Alte und Neue miteinander zu kombinieren, lies die Nachfrage stetig steigen. Nachdem der Trend auch langsam nach Europa, konkret nach London, kehrte, wurden die Be- standsgebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert an der Londoner Themse mit reichlich Platz und vor allem schönen Aussichten umgebaut. Der Umbau in Loftwohnungen wur- de zur Mode und war einer der Gründe für die urbane Stadtentwicklung des Docklands. Im Vergleich zu den Londoner Lofts waren es in New York hauptsächlich alte Indust- riegebäude in zentraler Lage, während in London ausgedehnte Lagerhausflächen an der Londoner Themse zur Verfügung standen. Obwohl es sich in den beiden Städten um Lofts handelte, unterschieden sie sich hinsichtlich der drei Kriterien Struktur, Stil und Lage.[20]
Die Bedürfnisse und Nachfragen nach Loftwohnungen stiegen zunehmend an und so entschieden sich Architekten in den 1980er Jahren für den systematischen Umbau alter Industriegebäude und gaben damit dem neuen Trend nach.[21]
Demzufolge sind Lofts als improvisierte Notlösungen schon lange Vergangenheit. Die Beliebtheit der hellen Flächen wächst bis heute kontinuierlich an und ist ein gängiger Bestandteil jedes Immobilienportfolios im hochpreisigen Sektor. Das Loft ist so über- zeugend geworden, dass ein innerstädtisches Fabrikgebäude nicht lange leer steht und neue Verwendung findet. Auch außerstädtische Fabriken stellen attraktive Investitions- möglichkeiten für Investoren im Immobiliensektor dar. Mittlerweile ist die Nachfrage nach Industriebauten so hoch, dass die vorhandenen leerstehenden Bauten nicht mehr ausreichen, um den Nachfragebedarf zu decken. Aus diesem Grund entstehen Neubau- wohnungen mit Loftcharakter, denen der ursprünglich wichtige, industrielle Kern je- doch fehlt.[22]
Heute werden viele gewöhnliche Wohnungen aus Marketinggründen von der Baubran- che als Loft bezeichnet, z.B. ein Car-Loft, Büro-Loft oder Mini-Loft. Diese Mieter äu- ßern zwar auch Bedürfnisse nach Raum- und Türfreiheit, ihnen sind aber industrieller Charme innerhalb der Wohnung nicht primär wichtig. Originelle Loftliebhaber schätzen rohe, alte Ziegelmauern, gusseiserne Stützen und rundbogenartige Kappendecken mit Ziegelmauerwerk.[23]
Aus leerstehenden Industriehallen, die zum großen Teil aus der Industrialisierung stammen, entsteht heute gefragter Wohn- und Arbeitsraum. In der Immobilienwirtschaft handelt es sich bei einer solchen Umwandlung um eine Transformationsimmobilie. Transformationsimmobilien sind stillgelegte Produktionsstandorte mit einer massiven Gebäudestruktur die in unterschiedliche Nutzungsarten (Büro oder Wohnen) revitali- siert werden.[24] In Berlin ist beispielsweise festzustellen, dass gerade Lofts sehr gefragt sind, vor allem in innerstädtischen Gebieten wie Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Wed- ding.[25] Eine innerstädtische Loftwohnung bietet aufgrund der Gestaltungsfreiheit und der großen Flächen eine ideale Oase, um den Alltagsstress der Großstadt erträglicher zu bewältigen. Viele Loftbewohner bestätigen die Aussage, dass das Wohnen in einem alten Industriegebäude das Leben verändern könne.[26]
Jedes Industriegebäude, das zu Wohnzwecken umgebaut werden soll, hat bestimmte Bauauflagen. Zunächst entscheiden die Festsetzungen des Bebauungsplans, ob das In- dustriegebäude für Wohnzwecke genutzt werden darf. Neben dem Bebauungsplan spielt auch das Denkmalschutzamt eine wichtige Rolle. Die meisten Fabrikhallen weisen ei- nen kulturellen Hintergrund auf und werden deshalb vom Denkmalamt unter Schutz gestellt. In einem solchen Fall darf nur mit Einschränkungen umgebaut werden. Eine weitere Auflage betrifft den Trinkwasserschutz. Aus der vorherigen Nutzung des Ge- bäudes können sich Bodenverunreinigungen gebildet haben, die das Trinkwasser mit Schadstoffen belasten. Daher ist es ratsam, einen Bodengutachter vor dem Erwerb zu Rate zu ziehen.
Wird die Nutzung eines bestehenden Gebäudes geändert, so wird von einer Nutzungs- änderung gesprochen. Dabei handelt es sich um ein baurechtliches Vorhaben, welches gemäß §29 ff. Baugesetzbuch genehmigungspflichtig ist.[27] Die Behörden entscheiden aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans, die in §34 Baugesetzbuch geregelt sind, ob die geplante Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist.[28] Ist das Gebiet laut des Bebauungsplans für Wohnzwecke zulässig, wird die Genehmigung zur Nutzungs- änderung in der Regel erteilt. Zulässig ist das Vorhaben in allgemeinen Wohngebieten und Mischgebieten.[29] Bei allgemeinen Wohngebieten handelt es sich vorwiegend um Areale, die primär dem Wohnzweck dienen.[30] In Mischgebieten sind neben Wohnräu- men zudem Gewerbetriebe zulässig, solange diese das Wohnen nicht beeinträchtigen..[31] Eine Umnutzung wäre gemäß §34 Baugesetzbuch auch im ungeplanten Innenbereich zulässig, solange sich das Gebäude mit seiner Gestalt in die Umgebung einfügt.[32] Für ungeplante Innenbereiche existiert kein qualifizierter Bebauungsplan. Aus dem Grund müssen Bauauflagen in Bezug auf Art und Maß der baulichen Nutzung und der Bauwei- se des Gebäudes eingehalten werden. Nur so passt sich das Gebäude in der Umgebung an.[33]
Unterliegt ein Gebäude dem Denkmalschutz, so will das Denkmalamt eine langfristige Erhaltung und Pflege des Gebäudes sicherstellen. Die Denkmalwürdigkeit eines Gebäu- des bleibt bei der Umnutzung erhalten, wenn geänderte bzw. neue Funktionen den vor- handenen Räumen angepasst werden und die historischen Bauten erhalten bleiben.[34] Folgende bauliche Maßnahmen sind im Bereich der Denkmalpflege umsetzbar: Es dür- fen handwerkliche Maßnahmen durch Restaurieren, Ergänzen und Auswechseln einzel- ner Bauelemente, die zur Erhaltung der Bausubstanz dienen, durchgeführt werden. Da- bei muss immer beachtet werden, dass die äußere Bauform bei Entkernung und Innen- ausbau bestehen bleiben muss. Zudem dürfen Neubauten errichtet werden, solange ein- zelne historische Bauteile oder Bauelemente (Spolien) alter Häuser wiederverwendet werden.[35]
Alle baulichen Maßnahmen sind mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde abzuspre- chen. Für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege ist die oberste Denkmalschutzbe- hörde in den Landeskultus- oder Bauministerien zuständig. Die untergeordneten Denk- malschutzbehörden sind in den Stadt- und in Kreisverwaltungen und in der Landesfach- behörde angesiedelt. Bei solch einem Projekt ist es ebenfalls ratsam, die Bauaufsichts- ämter der Städte und Kommunen zu informieren. Die Zuständigkeiten der Behörden und Institutionen sind dabei per Gesetz geregelt. Die Gesetzgebung über den Schutz baulicher und städtebaulicher Denkmale ist je nach Bundesebene unterschiedlich.[36]
Ein Schwerpunktthema im Hinblick auf den Trinkwasserschutz ist die Beseitigung schädlicher Bodenverunreinigungen. Erst nach der Beseitigung von Bodenverunreini- gungen kann die Fläche für Wohnungsbau genutzt werden. Für diese Beseitigung sind Maßnahmen notwendig, die einen mit Schadstoffen belasteten Boden sanieren. Eine Maßnahme davon ist die Dekontaminationsmaßnahme. Hierbei wird der Boden und das Grundwasser direkt von den Schadstoffen entkernt und kann anschließend seine ur- sprüngliche, biologische Funktion wiederaufnehmen. Eine weitere Maßnahme ist die Sicherungsmaßnahme. Die Maßnahme hilft dabei, eine weitere Ausweitung der Schad- stoffe zu verhindern. Die Schadstoffe sind häufig das Resultat der früheren Nutzung des Gebäudes.[37]. Die Kosten für einen Gutachter sowie für die Sanierung selbst sind erheb- lich und müssen in der Regel vom Grundstückseigentümer selbst getragen werden.[38] Eine Besonderheit bietet in dem Freistellungsverfahren, in den die Kosten für die Sanie- rung vom Bund getragen werden, vorausgesetzt das Grundstück befindet sich in einem qualifizierten Bebauungsplan. Die Klausel gilt dabei nicht für Sonderbauten.[39] Im Bundes-Bodenschutzgesetz werden zwei unterschiedliche Begriffe für die Altlasten- sanierung verwendet: Handelt es sich um eine Beeinträchtigung der Bodenfunktion, spricht man von schädlichen Bodenveränderungen. Altlasten sind wiederum gelagerte Produktionsabfälle (Altablagerungen), die sich auf stillgelegten Grundstücken (Alt- standorten) mit umweltgefährdenden Stoffen befinden. Durch die Ablagerung solch schädlicher Stoffe entstehen Bodenverunreinigungen und sonstige Gefahren für die Menschen aufgrund von Krankheitserregern im Trinkwasser.[40]
Um die Schadstoffe aus dem Boden und dem Grundwasser zu entfernen, muss eine Alt- lastensanierung durchgeführt werden. Eine Altlastensanierung ist vor allem für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sehr wichtig und stellt die dauerhafte Verfüg- barkeit der Fläche für die Nutzung zu Wohnzwecken dar.[41] Schadstoffe sollten nicht unterschätzt werden, eine Altlastenfreiheit vom Verkäufer sorgt dabei für eine attraktive vertragliche Sicherheit.[42]
Sollten in einigen Fällen die baurechtlichen Auflagen nicht erfüllt werden können, weil sie beispielsweise mit hohen Kosten verbunden sind, hat der Bauträger die Möglichkeit, eine Befreiung der baurechtlichen Auflagen zu erwirken. Die Befreiung muss bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden.[43]
Für eine Umnutzung zu Wohnzwecken können verschiedene Gebäudetypen herangezo- gen werden. Neben ehemaligen Industriegebäuden sind auch Umnutzungen von ehema- ligen Büroflächen, Verwaltungsgebäuden, Werkstätten oder Hotels möglich. Insbeson- dere viele Sonderimmobilien wie Kirchen, Gefängnisse oder Kasernen wurden schon erfolgreich zu Wohnungen umgesetzt.[44]
Je nach Gebäudetyp kann die Umnutzung wenig aufwendig oder überaus komplex sein. Bevor jedoch mit dem anstehenden Projekt begonnen werden kann, müssen vorerst zahlreiche Faktoren in Bezug auf das Gebäude berücksichtigt werden (siehe Abb. 1). Der Abwägungsprozess ist bei jeder Umnutzung individuell. Die Rentabilität lässt sich aus den Ergebnissen der zahlreichen Faktoren erschließen.[45]
Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Auswahlkriterien von Industriegebäuden.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein - Westfalen (Hrsg.) 2007, S. 9 f.
Jeder Bauherr sollte zunächst klären, ob die Lage für die zukünftige Nutzung angemes- sen ist. Das bedeutet, dass für die zukünftigen Bewohner Anschlüsse zum öffentlichen Personennahverkehr vorhanden sein müssen, ein wichtiges Kriterium insbesondere für Menschen mit starken Einschränkungen. Ein weiterer Aspekt für die Entscheidung zur Umnutzung ist die vorhandene Bausubstanz. Für eine weitere Nutzung sollte sie noch intakt sein und sich mit den zukünftigen Raumangeboten ergänzen.[46] Dennoch lässt sich erst nach Baubeginn feststellen, wie intakt das Gebäude wirklich ist. Es tauchen häufig unerwartete Überraschungen auf z.B. einbrechende Decken, insbesondere Kappende- cken die aus Ziegelsplittern hergestellt wurden. In so einem Fall ist die Tragfähigkeit der Decken in der Regel nicht gegeben. Zudem kann es durchaus sein, dass Dachstühle komplett erneuert werden müssen. Die Erneuerung trifft dann zu, wenn in der Vornut- zung z. B. mit krebserregenden Stoffen gearbeitet wurde. Mögliche Nachteile von Dämmungen können ebenfalls existieren. Diese ergeben sich durch Feuchtigkeitsprob- leme im Gebäude. Zusätzlich sollte der Bauherr berücksichtigen, dass sich im Keller aufgrund der aufwendigen Dämmungen in der horizontalen Sperre laufende Kosten ent- stehen. Daneben ist die Berücksichtigung jeglicher Schallschutzarten immer eine Her- ausforderung bei ehemaligen Fabrikgebäuden. Nach all dieser genannten Kriterien be- stehen somit die größten Schwierigkeiten in der Sanierung der Dächer, Decken und des Kellers.[47]
Hinsichtlich des Charakters des Gebäudes sollte dieser nach dem Umbau bestehen und vor allem erkennbar sein. Dies gilt auch für Ergänzungen von neuen Elementen wie Balkone und Freisitze. Zusätzlich muss der Bauherr im Vorfeld überprüfen, ob den zu- künftigen Bewohnern eine entsprechende Wohnqualität geboten werden kann, in wel- cher individuelle Wohnwünsche Berücksichtigung finden. Abschließend ist die Wirt- schaftlichkeit des Gebäudes unter Einbeziehung aller oben genannten Faktoren sowie des Denkmalamtes, der städtebaulichen Bedeutung und des zukünftigen Wohnwertes zu ermitteln und zu bewerten.[48]
Die Entscheidungsfaktoren, die für den Grund und Boden zu beachten sind, sind genauso wichtig wie jene, die das Gebäude betreffen. Der Käufer kann anhand dieser Entscheidungen bewerten, ob der Boden für die neue Nutzung in Frage kommt. In Tabelle 1 werden Brachflächen hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit typisiert. Dabei wird eine Skala beginnend bei Typ I für eine gute Verwendbarkeit der Fläche bis hin zu Typ V für Problemflächen zugrunde gelegt. Einige Brachflächen beinhalten Altlasten, die sich negativ auf ihre Typisierung auswirken.[49]
Für den Bauträger ist es durchaus sinnvoll, Umnutzungen nur durchzuführen, wenn Brachflächen vom Typ I und II vorliegen sind, da sonst mit hohen Beseitigungskosten von vorhandenen Schadstoffen gerechnet werden kann. Brachflächentypen zwischen III und V weisen aufgrund der Vornutzung einen hohen Anteil an Altlasten im Boden auf und sollten ratsamer Weise nicht in Erwägung gezogen werden, es sei denn, die Stadt schließt sich den Kosten an.
Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Entscheidungskriterien zur Nutzung von Brachflächen.
Quelle: Institut für soziale und ökologische Planung e. V. (Hrsg.) 2002, S. 15.
Der richtige Umgang mit Bestandsbauten ist nicht immer einfach, denn nur selten sind alle Baudokumentationen erhalten. Entweder wurden sie nicht erstellt, oder sie sind nur lückenhaft dokumentiert worden. Desto weniger Bauinformationen aber vorliegen, umso höher stellt sich das Risiko für den Bauherren dar, lassen sich doch genauere Informationen über die Baumaterialien und die Bauabläufe erst nach Baubeginn erschließen. Trotz dieses Risikos und der damit verbundenen Herausforderungen werden Instandsetzungen, Modernisierungen oder Erweiterungen bestehender Gebäude in den nächsten Jahrzehnten eine wesentliche Rolle spielen.[50]
Dabei umfasst die Modernisierung von ehemaligen Industriebauten häufig sowohl eine Erneuerung der technischen Gebäudeausrüstung, als auch der kompletten Heiz-, Lüf- tungs- und Sanitäranlagen und reicht in der Regel über eine Sanierung hinaus. Bei der Umsetzung eines Gebäudes sollte sich der Bauherr darüber in Klaren sein, welche technischen Möglichkeiten realisierbar sind und inwieweit ein Eingriff in die alte Bausubstanz erlaubt ist, dürfen die geplanten Veränderungen doch das Erscheinungsbild und den Charakter des Gebäudes nicht beeinflussen (siehe Kapitel 2.3.1 und Abb. 1). Eine moderne Ergänzung des Gebäudes ist jedoch möglich und rentabel.[51]
Neben dem primären Ziel des historischen Gebäudeerhalts spielt vor allem die energeti- sche Herausforderung der Modernisierung diverser Bauten eine sehr wichtige Rolle. Beispielsweise gehört die Innendämmung zu einer der wichtigsten Bestandteile bei der Modernisierung der Fassade, um den nötigen Wärmeschutz bieten zu können. Diese kann jedoch nur dann eingesetzt werden, wenn sie an die Innenfassade des Gebäudes baurechtlich eingearbeitet werden darf. Eine Wärmedämmung der Außenfassade kann bei vielen Industrie- oder kulturellen Gebäuden aber nicht umgesetzt werden, da die Fassade häufig unter Denkmalschutz steht. Somit ist nur eine Innenwanddämmung möglich, die die Außenwand von der Innenwand thermisch abkoppelt.[52]
Immanent wichtig ist die Überprüfung der Standsicherheit für das Tragwerk des Gebäudes, denn viel zu häufig wird dieses nicht freigelegt und die Deckenstruktur bleibt außer Acht. Erhebliche Schäden können dann beim Einsatz neuer Unterdecken entstehen. Die Folge kann ein Absturz der neuen Bauteile sein und eine Beschädigung der vorhandenen Altkonstruktion ist nicht auszuschließen.[53]
Die Modernisierungen und Wiederherstellungen von alten Gebäuden verlängert die Le- benszeit von konstruktiven Bauteilen und erweitern dadurch die wirtschaftliche Nut- zungsdauer der Bestandsbauten. Eine Modernisierung bietet somit erhebliche Kosten- einsparungen gegenüber solchen Bauteilen, die keiner Verbesserung unterliegen und nach einiger Zeit vollständig erneuert werden müssen (siehe Abb. 2). Verfolgt der Bau- herr von Beginn die Idee einer nachhaltigen Modernisierung, ist es möglich, die Le- benszyklusaufwendungen der Bauteile während der Nutzungsdauer herabzusetzen. Die Nutzungsdauer eines Gebäudes hängt dabei von Baustoffen, Bauplanung und - ausführung sowie vom Nutzerverhalten ab.[54]
Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung der Kosten bei vorbeugenden Maßnahmen.
Quelle: Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2007, S. 19.
Für das Bauen im Bestand sind in der Regel auch Ergänzungsmaßnahmen für die Erschließung notwendig. Bei den Ergänzungsmaßnahmen handelt es sich beispielsweise häufig um ein neues Treppenhaus oder ggf. einen Aufzug, welche dem Gebäude als integrierte Bestandteile oder als Anbau dienen. Die Möglichkeiten hängen zwar von der bestehenden Baustruktur ab, in der Regel können zusätzliche Wände und Decken jedoch eingebaut werden. Schon mit relativ kleinen Eingriffen ergeben sich bei größeren Bestandsgebäuden neue Raumeinteilungen. Die Erweiterung bei kleineren Objekten ermöglicht dagegen eine Ausweitung der Flächen.[55]
Generell sollte bei einer baulichen Ergänzungsmaßnahme im Vorfeld geklärt werden, ob eine Trennung zwischen Alt und Neu angestrebt wird, oder ob lediglich eine Anpas- sung der Bauteile umgesetzt werden soll. In jedem Fall muss die ehemalige Funktion und Architektur des Gebäudes trotz baulicher Maßnahmen sichtbar bleiben (siehe Kapi- tel 2.3.1 und Abb. 1). Hinzugefügte Elemente können aber einen Gegensatz dazu bil- den.[56]
Die Revitalisierung von brachliegenden aber dennoch erhaltenswerten Gebäuden bedeutet für die Stadtentwicklung eine wirtschaftliche Wiederbelebung von Infrastruktur und Bausubstanz. Durch die Umnutzung zu Wohnzwecken wird ein wesentlicher Beitrag zur Innenentwicklung vieler Städte geleistet.[57]
Die Wiederverwendung der Flächen ist für die Stadtentwicklung der wichtigste Beitrag zur nachhaltigen Verwendung vorgenutzter Flächen. Sie stellen eine zentrale Ressource dar, sind innerhalb der Stadtgebiete aber nur begrenzt verfügbar. Bereits im Baugesetzbuch wird die Betonung auf den sparsamen Umgang mit Grund und Boden geregelt, weshalb ein Grundstück, welches seiner ursprünglichen Bestimmung nicht mehr nachkomme, eine neue Zweckbestimmung erhalten solle.[58]
Die Situation, dass Bauflächen immer knapper werden, trifft vor allem auf innerstädtische Lagen zu. Umso wichtiger ist es zu erkennen, dass Umnutzungen ein großes Potenzial aufweisen und in Zukunft immer eine wichtige Rolle spielen werden. Die Reaktivierung leerstehender Industriebauten ermöglicht es, neue Potenziale zu erkennen und auszuschöpfen. Dazu gehört beispielsweise die ansprechende Lage aber auch die Wiederverwendung als Wohngebäude. Aufgrund der Vornutzung sind die meisten Brachflächen gut erschlossen und befinden sich häufig in einer interessanten Lage. Eine Umnutzung bedeutet für die Stadt und ihre Bewohner eine hohe Aufwertung, Funktionsvielfalt und vor allem eine gesteigerte Lebensqualität.[59]
Obwohl die Bestandsgebäude häufig in die Jahre gekommen sind, haben sie klare Vor- teile. So weisen sie immer noch einen erheblichen architektonischen Wert auf und bie- ten vor allem neue Wohnqualität.[60] Ehemalige Industriebauten aber auch kleinteilige Gewerbebauten haben ihren Vorteil zudem in der freien Einteilung der Nutzungszonen, die die Wohnqualität ausmacht. Im Vergleich zu orientierten Wohnungsneubauten ist das ein deutliches Qualitätsmerkmal. Die Umgestaltung bietet hier vielseitige Möglich- keiten, beispielsweise frei zur Verfügung stehende Restflächen und Nebennutzungen, die in Neubauten selten Platz finden. Industriebauten haben bei der Umgestaltung die Möglichkeit, eine zweite Ebene in Form eines zusätzlichen Geschosses oder einer Gale- rieebene zu planen. Sollten die Grundstücksgröße bzw. das Tragwerk baurechtlich die Voraussetzung zulassen, kann durch eine Erweiterungsmöglichkeit ein Anbau oder eine Aufstockung ergänzt werden. Ein weiterer Vorteil liegt vor allem in den flexiblen Be- darfsänderungen der Haushaltsmitglieder. Sollte ein Haushaltsmitglied die Wohnung endgültig verlassen, kann die funktionale Unterteilung der Räume flexibel gelöst wer- den. Auf diese Weise können neue Flächen untervermietet oder zur Verwendung für Erwerbstätigkeiten erschlossen werden.[61]
Im Hinblick auf die gestalterischen Aspekte kann die Bausubstanz mit architektoni- schen Details in neue bauliche Maßnahmen eingebunden werden. Die Erhaltung der Bausubtanz wird von vielen Bewohnern geschätzt und betrifft oftmals wertvolle histori- sche Materialien (z.B. Stützen aus Gusseisen oder Bruchsteinwände), deren Neuherstel- lung heutzutage sehr kostenintensiv sind. Der Reiz bei der Gestaltung eines älteren Ge- bäudes liegt vielfach in der Erhaltung der Gebrauchsspuren aus der früheren Nutzung. Diese Gebrauchsspuren sollen möglichst mit zeitgemäßen Architekturelementen kom- binierbar sein. Zudem gewähren die großen Fensterflächen viel Tageslicht und bieten den Bewohnern einen hohen Wohnwert.[62]
Antragsteller haben die Möglichkeit, bei einer Umnutzung von Bestandsgebäuden zu Wohnzwecken Fördermittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus werden verschiedene Abschreibungsmöglichkeiten bei einzel- nen Steuerarten speziell für die Erhaltung und Modernisierung von denkmalgeschützten Gebäuden gewährt.[63]
Städtebaulicher Denkmalschutz
Der städtebauliche Denkmalschutz verfolgt das Ziel, den Charakter historischer Bauten zu erhalten. Hierbei bietet das Bund-Länder-Programm (städtebaulicher Denkmal- schutz) verschiedene Maßnahmen an, die zu dieser Erhaltung beitragen.[64] Für Loftwoh- nungen, die sich in einem Industriegebäude befinden und eine geschichtliche Bedeutung für die Stadt aufweisen, werden folgende Förderschwerpunkte unterstützt: Sanierung, Instandhaltung, Modernisierung oder auch der Umbau. Die Fördermittel werden von der Stadt jedoch nur gewährt, wenn sich die bauliche Anlage in einem Fördergebiet befindet, das durch eine Erhaltungsverordnung festgelegt wurde.[65]
Die Finanzierungshilfe erfolgt konkret durch einen Zuschuss, der bis zu 100% der för- derfähigen Bruttokosten betragen kann. Um den Zuschuss zu erhalten, muss der Antrag- steller einen Eigenanteil von mindestens 10% der förderfähigen Kosten tragen. Die Hö- he des Zuschusses wird individuell berechnet.[66] Alle berechneten Zuschüsse werden jeweils zu 40% von Bund und Ländern getragen, die Kommunen beteiligen sich mit 20%.[67]
Abschreibungsmöglichkeiten
Neben dem Zuschuss vom städtebaulichen Denkmalschutz gewährt der Staat weitere Einsparmöglichkeiten beim Kauf einer denkmalgeschützten Immobilie. Kapitalanleger oder Eigennutzer haben die Möglichkeit die Sanierungskosten ihrer Immobilie jährlich abzuschreiben. Durch die Abschreibung der Sanierungskosten sind die steuerlichen Ersparnisse im Vergleich zu Alt- und Neubauten sehr hoch. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind in den §§7h und 7i sowie §10f des Einkommensteuergesetzes geregelt.[68] Demzufolge können Kapitalanleger gemäß §7h ihre Sanierungskosten bis zu zwölf Jahren zu 100% abschreiben: Die Abschreibungshöhe beläuft sich in den ersten acht Jahren auf bis zu 9% und in den folgenden vier Jahren auf bis zu 7%.[69]
Im Vergleich zum Kapitalanleger können Eigennutzer gemäß §10f ihre Sanierungskos- ten für zehn Jahre zu 9% jährlich abschreiben, vorausgesetzt, es handelt sich nach §7h um ein Sanierungsgebiet oder nach §7i um ein Baudenkmal.[70] Eigennutzer und Kapital- anleger können neben der Denkmal-AfA zusätzlich die lineare AfA auf den Altbauan- teil anrechnen lassen. Der AfA Satz beträgt je nach Baujahr 2-2,5% und kann bis zu 50 Jahre abgeschrieben werden.[71]
Im Vergleich zu Bestands- und Neubauten, die lediglich pro Jahr 2% bzw. 2,5% steuerlich abgeschrieben werden können, ein Sanierungsobjekt Eigennutzern und Kapitalanlegern eine attraktive Möglichkeit, Steuern einzusparen. Je höher die Sanierungskosten des Baudenkmals, umso höher sind die Steuerersparnisse.[72]
[...]
[1] Vgl. Fuchs Media Solutions (Hrsg.)
[2] Vgl. ebd.
[3] Vgl. Bernd Hummel Immobilienprojekte GmbH (Hrsg.) 2017.
[4] Vgl. Vance 1999, S. 6.
[5] Vgl. Gasteyger 2012.
[6] Vgl. ebd.
[7] Vgl. Wagner 2015.
[8] Vgl. KCI-Consult GmbH (Hrsg.) 2016.
[9] Vgl. Heilmeyer 2015, S. 42.
[10] Vgl. Gasteyger 2012.
[11] Vgl. Heilmeyer 2015, S. 42.
[12] Vgl. Braun 2008.
[13] Vgl. Bernd Hummel Immobilienprojekte GmbH (Hrsg.) 2017.
[14] Vgl. Vance 1999, S. 6.
[15] Vgl. Gasteyger 2012
[16] Vgl. Vance 1999, S. 6.
[18] Vgl. ebd.
[19] Vgl. Heilmeyer 2015, S. 44.
[20] Vgl. Gasteyger 2012.
[21] Vgl. ebd.
[22] Vgl. Heilmeyer 2015, S. 46.
[23] Vgl. Gasteyger 2012.
[24] Vgl. Uttich 2010.
[25] Vgl. ebd.
[26] Vgl. Vance 1999, S. 9.
[27] Vgl. JuraForum.de (Hrsg.) 2015.
[28] Vgl. §34 Baugesetzbuch.
[29] Vgl. Grooterhorst 2015.
[30] Vgl. §4 Baunutzungsverordnung.
[31] Vgl. §6 Baunutzungsverordnung.
[32] Vgl. Grooterhorst 2015.
[33] Vgl. Rechtsanwalt Edwin Wacht (Hrsg.) 2015.
[34] Vgl. Offensives gutes Bauen (Hrsg.) o. J., S. 3 f.
[35] Vgl. ebd.
[36] Vgl. Offensives gutes Bauen (Hrsg.) o. J., S. 3 f.
[37] Vgl. ebd.
[38] Vgl. Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (Hrsg.) 2007, S. 113 f.
[39] Vgl. mediaprint infoverlag GmbH (Hrsg.) 2010, S. 11.
[40] Vgl. Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (Hrsg.) 2007, S. 113 f.
[41] Vgl. ebd., S. 113.
[42] Vgl. Fiedler 2012.
[43] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2009, S. 60.
[44] Vgl. Investitionsbank Berlin (Hrsg.) 2016, S. 74.
[45] Vgl. Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein -Westfalen (Hrsg.) (2007), S. 9 f.
[46] Vgl. ebd.
[47] Vgl. Anhang 3, S. 69.
[48] Vgl. ebd.
[49] Vgl. Institut für soziale und ökologische Planung e. V. (Hrsg.) 2002, S. 14.
[50] Vgl. Deutscher Beton und Bautechnikverein e.V. (Hrsg.) 2008, S. 5 f.
[51] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2007, S. 20 f.
[52] Vgl. ebd.
[53] Vgl. Schnell et al. 2012, S. 29.
[54] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2007, S.19.
[55] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2009, S. 58.
[56] Vgl. ebd.
[57] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2009, S. 7.
[58] Vgl. Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (Hrsg.) 2006, S. 4.
[59] Vgl. ebd.
[60] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2009, S. 7.
[61] Vgl. Kompetenzzentrum Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen (Hrsg.) 2009, S. 9.
[62] Vgl. ebd.
[63] Vgl. ebd. S. 56.
[64] Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.) 2010, S. 9 f.
[65] Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.) 2010, S. 10 f.
[66] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.) 2017.
[67] Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.) 2010, S. 13.
[68] Vgl. ARTRION GmbH (Hrsg.).
[69] Vgl. §7 h Einkommenssteuergesetz.
[70] Vgl. §10 f Einkommenssteuergesetz.
[71] Vgl. §7 h Abs. 4 Einkommenssteuergesetz.
[72] Vgl. ARTRION GmbH (Hrsg.).
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