Bachelorarbeit, 2017
53 Seiten, Note: 1,7
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einführung
1.1 Ausgangslage und Zielsetzung
1.2 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit
2. Radtourismus
2.1 Definition Radtourismus
2.2 Radfahrertypologien
2.3 Radtouristische Infrastruktur
2.3.1 Wegeinfrastruktur
2.3.2 Radfahrerfreundliche Unterkünfte
2.3.3 Radfahrerfreundliche Gastronomie
2.4 Motive der Radurlauber
2.5 Motive für die Wahl der Destination und populäre Radregionen
3. Der Untersuchungsraum Gran Canaria
3.1 Entstehung des Tourismus auf Gran Canaria
3.2 Kennzahlen des Tourismus auf Gran Canaria
3.3 Aktivtourismus auf Gran Canaria
3.3.1 Vergleich der Zielgruppen
3.3.2 Vergleich der Altersstruktur
3.3.3 Vergleich der Hauptreisezeiten
3.3.4 Bedeutung des Radtourismus
3.4 Naturräumliche Voraussetzungen für den Radtourismus
4. Potenzialanalyse des Radtourismus auf Gran Canaria
4.1 Ist-Analyse entlang der Customer Journey
4.1.1 Information
4.1.2 Radreiseveranstalter
4.1.3 Anreise
4.1.4 Hotels und Gastronomie
4.1.5 Radverleihservice
4.1.6 Streckenangebot
4.1.7 Sonstige radtouristische Dienstleistungen
4.2 SWOT-Analyse
4.3 Handlungsempfehlungen
5. Fazit
Literaturverzeichnis i
Anhang V
Abb. 1 Die Entwicklung der internationalen Touristenankünfte 12 zwischen 2007 und 2016
Abb. 2 Internationale Touristenankünfte 2015 im Gesamtmarkt und 13 auf Gran Canaria nach Herkunftsländern
Abb. 3 Anteil an internationalen Touristenankünften 2015 auf Gran 15 Canaria nach Zielgruppen, im Vergleich alle Touristen und Aktivtouristen
Abb. 4 Anteil an internationalen Touristenankünften 2015 auf Gran 16 Canaria nach Altersgruppen, im Vergleich alle Touristen und Aktivtouristen
Abb. 5 Anteil an internationalen Touristenankünften 2015 auf Gran 17 Canaria nach Quartalen, im Vergleich alle Touristen und Aktivtouristen
Abb. 6 Ausschnitt der Übersicht Anbieter Aktivtourismus
Abb. 7 Zentrale Aspekte - Information
Abb. 8 Zentrale Aspekte - Radreiseveranstalter
Abb. 9 Zentrale Aspekte - Anreise
Abb. 10 Zentrale Aspekte - Hotels und Gastronomie
Abb. 11 Destinationsschwerpunkte - Radverleihservices auf Gran Canaria
Abb. 12 Zentrale Aspekte - Radverleihservices
Abb. 13 Zentrale Aspekte - Streckenangebot
Abb. 14 Zentrale Aspekte - Sonstige radtouristische Dienstleistungen
Radfahrertypologien
Möglichkeit und Kosten der Fahrradmitnahme - Fährverbindungen
Möglichkeit und Kosten der Fahrradmitnahme - Flugverbindungen
Überprüfung radfahrerfreundliche Unterkunft Streckenangebot - Trekkingrad Streckenangebot - Mountainbike Streckenangebot - Rennrad SWOT-Analyse
״lt is by riding a bicycle that you learn the contours of a country best, since you have to sweat up the hills and coast down them.“
Ernest Hemingway (1967)
Ein zunehmend an Bedeutung gewinnendes Urlaubssegment entspringt unter anderem dem Trend zum Aufenthalt in der Natur - der Radtourismus. Radtouristen haben jedoch nicht nur besondere Ansprüche an ihre Urlaubsdestination, sondern auch ihre ganz eigenen Motive und Interessen.
Gleichermaßen ist auch der Stellenwert der Kanaren als Urlaubsdestination in den vergangenen Jahren noch weiter gestiegen. Besonders auf Gran Canaria wurden zuletzt in Bezug auf die internationalen Touristenankünfte neue Rekordwerte erzielt. Einen nicht geringen Anteil an diesem Trend haben auch Aktivtouristen, zu denen unter anderem Wanderer, Golfer, aber eben auch Radtouristen gehören.
Doch wo genau liegen die Präferenzen dieser Zielgruppe? Welche naturräum liChen und infrastrukturellen Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit eine Destination für Radtouristen attraktiv ist? Neben der Klärung dieser Fragen beschäftigt sich diese Arbeit mit einer Untersuchung des Stellenwerts, den der Radtourismus auf dem Tourismusmarkt des Untersuchungsraums einnimmt. Darüber hinaus wird erforscht, welche Veränderungen in Zukunft eine bessere Ausschöpfung des Potenzials ermöglichen können.
Diese Arbeit basiert auf einer Sekundärdatenanalyse und baut auf einem DreiStufenmodell auf. Die erste stufe widmet sich grundlegenden Aspekten des Radtourismus. Hierzu zählt als erstes die Frage, welche Radfahrertypologien existieren, nach welchen Kriterien diese unterschieden werden und wo deren jeweilige Präferenzen in Bezug auf Etappenlänge, Streckenbeschaffenheit etc. liegen. Dem folgt eine Betrachtung ausgewählter Elemente radtouristischer Infrastruktur. Abschließend werden die Motive der Radurlauber und die Motive für die Wahl der Destination untersucht.
Die zweite stufe beschäftigt sich mit dem Untersuchungsraum Gran Canaria. Einer Betrachtung zur Entstehung des Tourismus auf der Insel folgt eine Untersuchung verschiedener Kennzahlen des Tourismus. Die daran anschließende Quantifizierung des Aktivtourismus basiert auf vorhandenen Datensätzen des Instituto Canario de Estadística. Schlussendlich werden die naturräumlichen Voraussetzungen für den Radtourismus auf Gran Canaria vorgestellt.
Die dritte stufe führt die vorangegangenen Kapitel in Form einer Potenzialanalyse zusammen. Zu Beginn wird anhand einer Bestandsaufnahme entlang der Customer Journey geprüft, inwiefern die für das Radreisegeschäft wesentlichen Akteure auf der Insel bereits auf die Zielgruppe der Radurlauber eingestellt sind. In einer Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse werden anschließend die Erkenntnisse der vorangegangenen Kapitel sowie der Ist-Analyse zusammengeführt. Die Ergebnisse dieser Analyse werden in mögliche Handlungsempfehlungen umgewandelt, die dabei helfen sollen, Gran Canaria eine noch größere Ausnutzung des Potenzials des Radtourismus zu ermöglichen.
Zum Abschluss der Arbeit wird ein Fazit gezogen, in welchem die wesentlichen Erkenntnisse noch einmal aufgeführt werden.
Nach dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ist der Radtourismus in Deutschland ein ״dynamisch wachsendes Urlaubssegment“ (ADFC, 2017, s. 7). So machten im Jahr 2016 5,2 Mio. Deutsche eine Radreise, was im Vergleich zu 2014 (4 Mio. Radreisende) einer Steigerung um 30% entspricht (ADFC, 2017, s. 7). Doch nicht nur Deutschland ist das Ziel der Radtouristen, sondern vor allem auch das europäische Ausland (ADFC, 2017, s. 31).
Im Folgenden wird daher untersucht, welche Radfahrertypologien es gibt, wo deren Motive in Bezug auf die Ausübung einer Radreise liegen und was ihre Präferenzen bei der Wahl der Destination sind. Ebenfalls werden wesentliche Erkenntnisse zur radtouristischen Infrastruktur kurz beleuchtet.
Liebsch (2003, s. 197) definiert Radtourismus als die ״Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Nutzung des Fahrrads zum Zweck der Freizeit- und Urlaubsgestaltung ergeben. Typische Formen des Fahrradtourismus sind Tagesausflüge, Wochenendtouren, mehrtätige Radtouren und mehrwöchige Radreisen.“
Der ADFC versteht unter dem Radtourismus ״alle Arten von Fahrradnutzung [...], die zum Zweck der Freizeit und Urlaubsgestaltung unternommen werden. Dazu zählen der Kurz- und Tagesausflug, die Wochenendtour, die mehrtägige Radtour sowie die ausgedehnte Radreise.“ (ADFC, 1998 zitiert nach Borchert, 2011, s. 22)
Für diese Arbeit wird jedoch die Definition von Dreyer (2012a, s. 5) verwendet, da dieser den Radtourismus hinsichtlich der Motivation und dem Flauptgrund der Radreisenden für den Urlaub unterscheidet: ״Radtourismus im engeren Sinne beinhaltet [...] die Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewöhnten Umgebung reisen und bei denen das Radfahren einen wesentlichen Bestandteil der Reise darstellt.“. Diese Einordnung ist konvergent mit den in Kapitel 2.2 beschriebenen Radfahrertypologien.
Die Differenzierung der Radfahrer in der Literatur ist sehr vielfältig. Sie reicht beispielsweise von einer Betrachtung der Art und Beschaffenheit des Rades1 bis hin zu einer Kategorisierung anhand des Fahrstils2. Ferner unterscheidet eine vom Versicherer CosmosDirekt in Auftrag gegebene Studie, ausgehend von der Flau- figkeit der Nutzung des Rades und vom standunkt der Wetterempfindlichkeit her, sechs verschiedene Radfahrertypen3.
Allerdings sind diese Formen der Typologisierung von Radfahrern für diese Arbeit nicht zielführend, da sie den Aspekt des Radtourismus nicht berücksichtigen. Am treffendsten ist daher die Einteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Definiert werden zunächst drei verschiedene Gruppen von Fahrradtouristen:
1. ״Die engste Definition umfasst nur jene Reisenden, die ihre Reise der Urlaubsart Fahrradurlaub zugeordnet haben (Motiv) und die darüber hinaus während ihres Urlaubs das Fahrrad häufig benutzt haben (= Radurlauber).“ (BMWi, 2009, s. 25).
2. ״Eine mittlere Definition verzichtet auf die Einschränkung der häufigen Fahrradnutzung (= Urlauber mit Nebenmotiv Radurlaub).“ (BMWi, 2009, s. 25).
3. ״Die weitestgefasste [sic] Definition berücksichtigt alle Urlauber, die während ihres Aufenthaltes gelegentlich ein Fahrrad genutzt haben (= Urlauber mit gelegentlicher Fahrradnutzung).“ (BMWi, 2009, s. 25).
Basierend auf dieser Einteilung ergibt sich das Erfordernis der tieferen Untergliederung der Radurlauber für eine ״korrektere Zielgruppenansprache“ (BMWi, 2009, s. 38). Die Gruppen der Urlauber mit Nebenmotiv Radurlaub und Urlauber mit gelegentlicher Fahrradnutzung hingegen spielen für diese Arbeit keine Rolle und bedürfen daher auch keiner weiteren Differenzierung.
Ausgehend vom Fahrradtyp (Trekkingrad, Mountainbike und Rennrad) werden im Folgenden die unterschiedlichen Charakteristika und Anforderungen der Radurlauber beleuchtet. Diese tiefere Untergliederung deckt sich zudem mit den von Dreyer definierten ״Ausprägungen des Radtourismus“ (Dreyer, 2012a, S.6).
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Radfahrertypologien
Quelle: verändert nach (BMWi, 2009, s. 38)
״Grundlegender Bestandteil für die Generierung und Weiterentwicklung des Fahrradtourismus ist die geeignete Infrastruktur in Form von Wegen und strecken, passender Beschilderung, Informationstafeln, Schutzhütten, Rastplätzen sowie geeigneten Unterkünften und Gastronomieangeboten.“ (Mühlnickel, 2012, s. 45)
Neben der im Folgenden näher beleuchteten Wegeinfrastruktur, den radfahrerfreundlichen Unterkünften und der radfahrerfreundlichen Gastronomie, gibt es noch weitere, mitunter sehr wichtige Elemente radtouristischer Infrastruktur, wie beispielsweise radfahrerfreundliche Verkehrsmittel oder auch Radreiseführer. Diese können hier jedoch nicht betrachtet werden.4 Die vom Autor getroffene Auswahl beschränkt sich daher auf besagte Auswahl.
Einer der wichtigsten Faktoren für die Zufriedenheit von Radtouristen ist die radtouristische Wegeinfrastruktur. Die in Kapitel 2.2 definierte Gruppe der Mountainbiker stellt in diesem Fall allerdings eine Ausnahme dar, da die hier aufgelisteten Anforderungen für diese Gruppe nicht zutreffen, da diese in der Regel auf sogenannten Mountainbike-Trails unterwegs sind, die in ihrer Beschaffenheit schmalen Feldwegen ähneln.
Für die Gruppe der Trekkingradfahrer und Rennradfahrer jedoch sollten geeignete Routen folgende Anforderungen erfüllen: eine Breite von mindestens 2 Metern, geringer, bis gar kein Autoverkehr sowie ganzjährige Befahrbarkeit (Liebsch, 2003, s. 146). Ebenso wichtig ist die Forderung nach ״ebene[n], feste[n] und auch bei Nässe griffige[n] Oberflächen [...]“ (Liebsch, 2003, s. 146), die darüber hinaus auch ״witterungsbeständig und wartungsarm“ (Liebsch, 2003, s. 146) sein sollten.
Um den Radtouristen überdies ein abwechslungsreiches und Zusammenhängendes Streckenangebot präsentieren zu können, empfiehlt sich die Verknüpfung verschiedener Strecken- und Rundtouren der umliegenden Regionen zu einem Radwegenetz5 (Liebsch, 2003, s. 146 & Mühlnickel, 2012, s. 49)
Neben der Wegeinfrastruktur stellen insbesondere fahrradfreundliche Beherbergungsbetriebe ein wichtiges Element radtouristischer Infrastruktur dar, da Radurlauber im Hinblick auf ihre Unterkünfte besondere Bedürfnisse haben (BMWi, 2009, s. 78).
Zu dieser Form der radtouristischen Infrastruktur zählt unter anderem das Vorhandensein möglichst ebenerdig gelegener, abschließbarer Abstellanlagen sowie die ״Bereitstellung eines Reparatursets mit den wichtigsten Werkzeugen für einfache Reparatur- und Wartungsarbeiten“ (Liebsch, 2003, s. 155). Darüber hinaus sollten Radlerhotels für einen ״Aushang, Verleih oder Verkauf von regionalen Radwanderkarten, Radwanderführern und Fahrplänen öffentlicher Verkehrsmittel“ sorgen (Liebsch, 2003, s. 155).
Ein weiteres Merkmal ist ein speziell auf die Bedürfnisse von Radfahrern abgestimmtes gastronomisches Angebot, insbesondere in Bezug auf das Frühstück6. (Dreyer, Karnath, 2012, s. 79 & Liebsch, 2003, s. 155).
Zusätzlich ist der Umstand, dass sich ״Wellness- und Schönheitsangebote [...] bei Fahrradtouristen weit höherer Beliebtheit erfreuen, als dies beim Durchschnitt der Urlauber der Fall ist [...]“ (BMWi, 2009, s. 56) zu berücksichtigen.
Aber auch die generelle Bereitschaft, Fahrradtouristen nur für eine kurze Zeitspanne zu beherbergen, etwa für eine Nacht, sollte für die Betriebe möglichst kein Problem darstellen (Liebsch, 2003, s. 155).
״Fahrradurlauber [haben ein] besonders starkes Interesse an einer intakten und vielfältigen Gastronomie (BMWi, 2009, s. 60). Denn ״die gute und auch richtige Verpflegung ist ein wichtiger Bestandteil eines Radurlaubs. Wer lange auf dem Fahrrad sitzt, gönnt sich gerne nach der körperlichen Anstrengung ein wohlschmeckendes Mahl, um daraus auch wieder neue Kräfte für die nächsten Touren zu gewinnen.“ (BMWi, 2009, s. 60). Aus diesem Umstand heraus ergibt sich die Notwendigkeit, in dieser Arbeit eine genauere Betrachtung der Anforderungen an radfahrerfreundliche Gastronomiebetriebe vorzunehmen.
Ähnlich wie die in Kapitel 2.3.2 beschriebenen radfahrerfreundlichen Beherbergungsbetriebe, sollten auch radfahrerfreundliche Restaurants oder Cafés einige grundsätzliche, den Service betreffende Punkte beachten, um bei der Zielgruppe Zuspruch zu finden. Erforderlich ist beispielsweise eine ״Abstellanlage (möglichst überdacht) im Sichtbereich oder [ein] abschließbarer Raum zur unentgeltlichen Aufbewahrung der Räder [...]“ (Liebsch, 2003, s. 159), ebenso wie der ״Aushang, Verleih oder Verkauf von regionalen Radwanderkarten [...]“ (Liebsch, 2003, s. 159) und die Bereitstellung wichtiger Werkzeuge für einfache Reparaturen. (Liebsch, 2003, s. 159 & Dreyer, 2012b, s. 75)
Hinsichtlich des gastronomischen Angebots stehen für Radtouristen vor allem regionaltypische Speisen hoch im Kurs (BMWi, 2009, s. 85). Doch auch die fr¡- sehe Zubereitung gesunder und regionaler Produkte, ebenso wie das Vorhandensein vegetarischer Angebote stellen ״wichtige Faktoren gastronomischer Qualität entlang der Radwege“ (Dreyer, 2012b, s. 75) dar. Ferner ist ״das Angebot mindestens einer warmen Mahlzeit“ (ADFC, 2009, s. 1) sinnvoll.
Eine weitere vom ADFC definierte Mindestanforderung an fahrradfreundliche Gastronomiebetriebe betrifft das Angebot an Getränken. Dieses muss speziell auf den Bedarf der Radtouristen abgestimmt sein und sollte sowohl Fruchtsäfte, wie auch ein Angebot an Früchte- und Kräutertees umfassen (ADFC, 2009, s. 1 ). Zusätzlich empfiehlt es sich, alkoholfreie Getränke günstiger als Bier oder andere alkoholische Getränke anzubieten, im Sinne der Radfahrer bzw. der Verkehrssicherheit (ADFC, 2009, s. 1).
Der Grundlagenbericht des BMW¡ besagt, dass die Motive der Radurlauber nicht zwingend ausschließlich nur mit dem ״Kernthema Radfahren“ (BMWi, 2009, s. 57) Zusammenhängen. Radurlauber bringen ihre Reise zwar ״nur unterdurchschnittlich off (BMWi, 2009, s. 56) mit Erholung in Verbindung, zeigen dafür allerdings bei folgenden Punkten eine überaus hohe Affinität:
- Kombination von Fahrrad- und Badeurlaub
- überdurchschnittliches kulinarisches Interesse
- hohe Popularität von Wellness- und Schönheitsangeboten (BMWi, 2009, s. 56).
Resultierend aus den verschiedenen Radfahrertypologien7 ergibt sich sogar eine Vielzahl von Motiven: ״Insbesondere die Kombination von Fahrradurlaub und Aktivurlaub oder Fahrradurlaub und Wanderurlaub sticht hierbei heraus.“ (BMWi, 2009, s. 56). Es ist also grundlegend festzuhalten, ״dass sie [die Radtouristen] vorrangig in der Natursein und Outdoor-Aktivitäten in vielerlei Ausprägungen betreiben wollen.“ (BMWi, 2009, s. 56).
Allerdings darf auch Geselligkeit ״nicht zu kurz kommen, denn das Zusammensein mit der Familie bzw. mit Freunden ist Fahrradurlaubern ebenso wichtig wie die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen. Spaß und Vergnügen haben zu können, zählt für Fahrradurlauber zu den Grundvoraussetzungen eines Aufenthaltes.“ (BMWi, 2009, s. 56).
Neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie untersucht auch der ADFC in seiner Radreiseanalyse die verschiedenen Motive der Radreisenden. Als wichtigste werden hier das Erleben der Natur sowie das aktive Betreiben von Sport aufgeführt (ADFC, 2017, s. 26).
Im Gegensatz zu den vom BMW¡ aufgeführten Motiven orientieren sich jene in der Radreiseanalyse also näher am ״Kernthema Radfahren“ (BMWi, 2009, s. 57). Überdies findet die im Grundlagenbericht beschriebene soziale Komponente des Miteinanders mit Familien und Freunden oder das Kennenlernen neuer Personen beim ADFC keine Erwähnung. Dagegen wird die Relevanz der Punkte ״Gesundheit [und] Entschleunigung“ (ADFC, 2017, s. 26) betont.
Allerdings wird vom ADFC, vermutlich aufgrund der höheren Aktualität, das Motiv der Nachhaltigkeit aufgegriffen, welches vom BMW¡ nicht berücksichtigt wurde. Dieses als ״positiver Nebeneffekt“ (ADFC, 2017, s. 26) beschriebene Motiv fand in der Radreiseanalyse 2017 zum ersten Mal Erwähnung und dürfte in der Zukunft einen immer höheren Stellenwert erlangen.
Um in Kapitel 4 die stärken und Schwächen des Untersuchungsraumes herausstellen zu können, ist zusätzlich zu den generellen Motiven der Radurlauber auch eine Betrachtung der Motive, die zur Wahl der Destination beitragen, vonnöten. Dem Grundlagenbericht des BMW¡ nach, stellt hierbei die landschaftliche Attraktivität das entscheidende Argument dar (BMWi, 2009, s. 59). Neben den natürliChen Gegebenheiten der Destination kommt dem ״Angebot an Radwegen“ (BMWi, 2009, s. 59) eine entscheidende Rolle für die Wahl der Destination zu. Selbstverständlich sind auch die vor Ort gegebenen klimatischen Bedingungen sowie die Qualität der Luft ein entscheidender Faktor (BMWi, 2009, s. 59). Erwähnenswert ist überdies die Rolle, die das Image der Destination spielt (BMWi, 2009, s. 59).
In einer Erhebung des ADFC (2017) wurden auf diesen Faktoren basierend eine Top zehn der beliebtesten Radregionen der Deutschen im Ausland erstellt. An erster Stelle und mit großem Abstand haben sich hierbei die Niederlande als das populärste Ziel deutscher Radtouristen erwiesen. Den zweiten und dritten Platz belegen mit Südtirol und Österreich zwei, topographisch betrachtet, im Vergleich zu den Niederladen sehr differierende Destinationen. Als einzige spanische Radreiseregion hat Mallorca (Platz 4) einen bedeutenden Stellenwert unter den deutsehen Radtouristen. Mit Ausnahme der italienischen Destinationen Toskana (Platz 5) und Gardasee (Platz 7) wird die Liste der beliebtesten Radregionen ausschließlich von direkten Nachbarländern, wie Frankreich oder der Schweiz komplettiert. (ADFC, 2017, s. 30)
Um Gran Canaria auf die Frage hin untersuchen zu können, welchen Stellenwert der Radtourismus auf der Insel einnimmt und inwiefern das Potenzial des Radtourismus bereits ausgeschöpft ist, sind neben den vorangegangenen Ausführungen zum Thema Radtourismus auch Kenntnisse vonnöten, die den Untersuchungsraum selbst betreffen.
Im ersten Schritt wird die generelle Entwicklung des Tourismus auf Gran Canaria in den vergangenen zehn Jahren anhand verschiedener Kennzahlen beleuchtet. In einem zweiten Schritt wird der Marktanteil Gran Canarias an den gesamten Kanarischen Inseln betrachtet. Darüber hinaus wird die Bedeutung des Aktivtourismus für die Insel untersucht und in der Folge eine erste Einschätzung hinsichtlieh der Bedeutung des Radtourismus formuliert. Zusätzlich werden klimatische und topografische Besonderheiten, die Gran Canaria besonders attraktiv für Radsportler machen, kurz vorgestellt.
Die Anfänge des Tourismus auf Gran Canaria gehen bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Zu dieser Zeit wurde die Insel zu einem beliebten Erholungszentrum für Touristen und kranke Menschen. Einen großen Anteil an diesem Trend hatte die stetig wachsende Zahl an Flandelsschiffen, die Gran Canaria auf Grund seiner abgabefreien Fläfen ansteuerten. Die Schifffahrtsgesellschaften richteten auf ihren Routen spezielle Kabinen für Reisende ein und waren darüber hinaus auch die treibenden Kräfte, dass gegen Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Hotels auf der Insel errichtet wurden.
Im Zuge der beiden Weltkriege und dem Spanischen Bürgerkrieg, dauerte es allerdings bis in die 1950er Jahre hinein, bis der Tourismus wieder eine bedeutende Rolle auf der Insel spielte.
Der Beginn des heutigen Massentourismus auf der Insel hatte seine Anfänge in den 1960er Jahren, als europäische Airlines die Insel in ihr Portfolio aufnahmen. (Patronato de Turismo de Gran Canaria, o.J.a)
Aufgrund der Datenlage und zur besseren Vergleichbarkeit der einzelnen Statistiken und Kennzahlen, sind nur Personen ab einem Mindestalter von 16 Jahren in den folgenden Datensätzen berücksichtigt. Es wird auf Erhebungen des Instituto Canario de Estadística (ISTAC) zurückgegriffen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die Entwicklung der internationalen Touristenankünfte zwischen 2007 und 2016 Quelle: Eigene Darstellung nach ISTAC, 2012, s. 2, ISTAC, 2016a, s. 2 und ISTAC, 2017, s. 1
In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der internationalen Touristenankünfte auf der Insel stark verändert. Während in den Jahren 2007 (3.023.350) und 2008 (3.049.092) der Wert bei circa 3 Millionen Ankünften jährlich lag, markierte das Folgejahr 2009 den Tiefpunkt. Hier war die Wachstumsrate bezüglich der Gästeankünfte -16,7% im Vergleich zum Vorjahr mit insgesamt nur noch 2.539.369 Ankünften. 2010 konnte dieser negative T rend zwar wieder aufgefangen werden, allerdings dauerte es bis zum Jahr 2011, bis mit 3.077.649 internationalen Той- ristenankünften wieder die 3 Millionen-Grenze überschritten wurde.
Mit Ausnahme des Jahres 2012, in welchem ein sehr geringer Rückgang der Ankünfte um -1,9% im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet wurde, lag die Wachstumsrate bis 2015 zwischen 3,5% (2014) bis 5,4% (2015).
2016 wurde erstmals die 3,5 Millionen Besuchergrenze überschritten, mit 3.654.806 Gästeankünften und einer Wachstumsrate von 6,0%.
[...]
1 Die Süddeutsche Zeitung unterscheidet in ihrem Artikel ״Typologie der Fahrradfahrer - I want to ride my bicycle“ insgesamt fünf unterschiedliche Radfahrertypologien, wie beispielsweise den ״Nostalgie-Renner“, dessen Rad sich durch das hohe Alter, den ausgefallenen Farbton oder auch das Fehlen von Schutzblechen auszeichnet. (2011) Verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/leben/tvpoloqie-der-fahrradfahrer-i-want-to-ride-mv-bicvcle- 1.1137602 (Abaerufen am 01.05.2017)
2 In einem anderen Artikel beschreibt die Süddeutsche Zeitung die verschiedenen Typologien derin München in Erscheinung tretenden Radfahrer. Einerder vier vorgestellten Typologien ist ״Der Aggressive“, der neben seinem charakteristischen Erscheinungsbild vor allem durch seinen rücksichtslosen Fahrstil auffällt. (2016) Verfügbar unter: http://vvww.sueddeutsche.de/muen-chen/radler-eine-tvpoloqie-der-muenchner-radler-1.2924459 (Abqerufen am 01.05.2017)
3 Der ״Sonntagsfahrer“ beispielsweise steigt nur bei bestem Wetter und generell nur zu wenigen Anlässen auf sein Rad. (2016) Verfügbar unter: https://www.cosmosdirekt.de/veroeffentlichun- qen/radfahrertvpoloqien-118592/ (Abqerufen am 01.05.2017)
4 Für eine umfassende Darstellung der radtouristischen Infrastruktur siehe Liebsch (2003, s. 145-175).
5 Für eine umfassende Darstellung der Hauptanforderungen an Radwegenetze siehe Mühlni- ekel (2012, s. 49-51).
6 Siehe Kapitel 2.3.3 Radfahrerfreundliche Gastronomie.
7 Siehe Kapitel 2.2.
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