Masterarbeit, 2018
121 Seiten, Note: 2,0
1 Einleitung
1.1 Forschungsfrage
1.2 Vorgehensweise
2 Theoretische Betrachtungen
2.1 Das Phänomen der Persönlichkeit
2.1.1 Zur wissenschaftlichen Debatte über Persönlichkeitsfaktoren
2.1.2 Zum Big-Five-Konzept der Persönlichkeit
2.2 Das wissenschaftliche Verständnis über Kompetenz und seine Erfassung
2.2.1 Zum allgemeinen Kompetenzverständnis
2.2.2 Möglichkeiten der Kompetenzmessung
2.3 Die Bedeutung des Konstruktes „Digitale Kompetenz“
2.3.1 Begriffliche Entwicklung des Konstruktes „Digitale Kompetenz“ und ähnlicher Konstrukte
2.3.2 Das Konzept der Europäischen Union zur „Digitalen Kompetenz“
2.4 Der Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und (digitaler) Kompetenz
2.5 Ableitung von Hypothesen aus den bisherigen Betrachtungen
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Das Untersuchungsdesign
3.2 Die Messverfahren
3.2.1 Zur deutschen Version des Big Five Inventory 2 (BFI-2)
3.2.1.1 Beschreibung des Messinstrumentes
3.2.1.2 Gütekriterien
3.2.2 Das Raster zur Selbstbeurteilung digitaler Kompetenzen der EU
3.2.2.1 Beschreibung des Messinstrumentes
3.2.2.2 Gütekriterien
3.3 Untersuchungsdurchführung
3.4 Ergebnisse
3.4.1 Stichprobenbeschreibung
3.4.2 Hypothesentest
3.4.2.1 Prüfen der Voraussetzungen
3.4.2.2 Testresultate
3.5 Diskussion
3.5.1 Zusammenfassung
3.5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens
3.5.3 Schlussfolgerungen und Empfehlungen für weitere Studien 53
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Historisch betrachtet, gibt es drei sehr bedeutsame Erfindungen, die das Arbeitsleben der Menschen gravierend verändert haben: Die Dampfmaschine, das Fließband und der Computer.
Mit der Einführung der Dampfmaschine um das Jahr 1750 begann die erste industrielle Revolution und führte zusammen mit dem mechanischen Webstuhl 34 Jahre später zum Ersatz der Muskelkraft durch mechanische Produktionsanlagen (Hämmerle, Pokorni & Berthold, 2018, S. 6). Der Beginn der zweiten industriellen Revolution setzte mit der Einführung des Fließbandes zunächst in den Schlachthäusern von Cincinnati in den USA und danach durch Henry Ford in den gleichnamigen Ford-Werken Anfang des 20. Jahrhunderts ein. Die Fließfertigung führte zu neuen Fabrikstrukturen mit arbeitsteiliger Massenproduktion nach dem tayloristischen Prinzip (Hämmerle et al., S.6). Mit der Erfindung des PCs in den 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts, seinem Siegeszug in den Büros als Textverarbeitungssystem in den 80iger Jahren und der Verbreitung des Internets in den 90iger Jahren hat ein neues Zeitalter für die Arbeitsleben der Menschen und darüber hinaus für alle Lebensbereiche begonnen. Die Digitalisierung verändert von Grund auf das Leben der Menschen und erfordert neue Kompetenzen zur Bewältigung der Herausforderungen in der neuen, digitalen Umgebung. Angefangen von der Kommunikation via E-Mail, das Ausfüllen von Online-Formularen, das Chatten mit Freunden über das Online-Shoppen, die medizinische Online-Beratung bis zur Online-Weiterbildung und das Arbeiten in virtuellen Bürosituationen verweisen die neuen Herausforderungen auf die zunehmende Bedeutung digitaler Kompetenzen.
Die Europäische Union hat bereits 2006 in einem Dossier die „Computerkompetenz“ als Schlüsselkompetenz aufgeführt, „die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung, soziale Integration, aktive Bürgerschaft und Beschäftigung benötigen“ (Europäisches Parlament /Rat, 2006, S. 13).
Für Unternehmen eröffnet die Digitalisierung Innovationspotentiale und demzufolge Wettbewerbsvorteile, wenn diese Potentiale ausgeschöpft werden können (Bogenstahl und Zinke, 2017, S. 65). So gelangt die digitale Kompetenz der Mitarbeiter und Führungskräfte auch in den Focus der Unternehmen. Neun von zehn Führungskräften halten die digitale Kompetenz der Mitarbeiter als erfolgsentscheidend für die zukünftige Unternehmensentwicklung und 70 % der Unternehmen sehen genau darin einen enormen Handlungsbedarf (Sopra Steria, 2016). Aus der Sicht der Beschäftigten wird das digitale Wissen überwiegend im Arbeitsalltag aus dem Einsatz niedrigschwelliger digitaler Arbeitsmittel (Textverarbeitungsprogramme und Kommunikationstools) erworben. Acht von zehn Mitarbeitern in gro-ßen Unternehmen erwarten durch den Einsatz digitaler Technologien mehr Effizienz bei ihrer Arbeit (Sopra Steria, 2016). Auf der anderen Seite befürchtet jeder fünfte Beschäftigte eine Überforderung und lehnt die Digitalisierung emotional ab (Sopra Steria, 2016).
Seit der Etablierung des Computers und nachfolgend des Internets sind die Untersuchungen über interindividuelle Differenzen bei der Computerbzw. Internetnutzung zu einer unübersehbaren Größenordnung angewachsen. Eine der ersten quantitativen Erhebungen zum Thema Internetnutzung im deutschsprachigen Raum stammt aus einer unveröffentlichten Diplomarbeit aus dem Jahr 1994 (Bühl, 1999, S. 66). Vor allem Unterschiede in Abhängigkeit vom Geschlecht wurden vorzugsweise erforscht, weil das Geschlecht im Vergleich zu anderen Variablen ohne großen Aufwand erhoben werden konnte (Dickhäuser, 2001, S. 12). Andere Forschungen beschäftigten sich mit Ungleichheiten beim Zugang zum Computer bzw. Internet und etablierten den Zweig der Digital-Divide-Forschung. Die Differenzen wurden überwiegend durch demografische Unterschiede wie z. B. Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status, Ethnie beschrieben, die zu einem mehr oder weniger guten Zugang zu Computer und Internet führen und damit Differenzen in der digitalen Kompetenz schaffen (van Dijk, 2012, S.108). Auch mentale und psychologische Faktoren für eine mangelnde Motivation der Computerbzw. Internetnutzung wurden beschrieben (van Dijk, 2012, S. 117). Phänomene wie Computerangst, die durch ein Unwohlsein, Stress oder Angst bei der Computernutzung erlebt wird, oder Technophobie als generelle Angst vor Technologie in Verbindung mit einem mangelnden Vertrauen in ihre positiven Aspekte wurden erforscht (Brosnan, 1998; Chua und Chen und Wong, 1999; Rockwell und Singleton, 2002). Weil die Bedeutung der Computerangst und Technophobie mit zunehmender Verbreitung von Computern und Internet zwar abnahm, aber nicht komplett verschwand, wurden Persönlichkeitsfaktoren als Erklärungsversuch herangezogen. Beispielsweise untersuchte Hudiburg (1999) einen Zusammenhang zwischen den Big-FivePersönlichkeitsfaktoren und der Computernutzung, der Einstellung zu Computern und dem Stress im Umgang mit Computern. Auch im Hinblick auf die Erforschung eines Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und Internetnutzung existieren zahlreiche Studien (Kraut et al., 2002; Hamburger und Ben-Artzi, 2000; Tuten und Bosnjak, 2001).
Es ist anzunehmen, dass das Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ über die Begrifflichkeit der Computerkompetenz bzw. der Internet(nutzung)kompetenz hinausgeht. Damit stellt sich die Frage: Was ist unter dem Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ zu verstehen? Und darüber hinaus: Wie kann man dieses Konstrukt beschreiben und erfassen? Neben diesen Fragen gibt es eine weitere Überlegung, die an den Untersuchungen über einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und der Computerbzw. Internetkompetenz anknüpft. Wenn bisher erforschte Zusammenhänge im Rahmen der Digital-Divide-Forschung oder bei der Betrachtung von Phänomenen wie Computerangst oder Technophobie angesichts der heutigen Verbreitung der digitalen Technologie an Bedeutung verlieren, stellt sich folgende Frage: Welchen Einfluss haben Persönlichkeitsfaktoren auf die digitale Kompetenz? Schließlich zeigen die Ergebnisse einer groß angelegten, international vergleichenden Untersuchung über die Technikkompetenz von Kindern und Jugendlichen, dass die weit verbreitete Auffassung, sogenannte „digital natives“ würden durch das Aufwachsen mit der neuen Technik automatisch zu kompetenten Nutzern werden, nicht stimmt (Bos et al., 2014).
Im ersten Abschnitt dieser Arbeit werden theoretische Betrachtungen diskutiert. Zunächst wird eine Übersicht über das psychologische Verständnis von Persönlichkeit gegeben, bevor anschließend die Eingrenzung der Beschreibung von Persönlichkeit durch Persönlichkeitsfaktoren erfolgt. Es wird über den Entstehungsprozess des Modells der Persönlichkeitsfaktoren und über verschiedene Varianten berichtet. Nach diesem Überblick wird das Big-Five Konzept der Persönlichkeit als bekanntestes Denkmodell vorgestellt.
Im Anschluss an die Erläuterungen über das Big-Five Persönlichkeitsmodell wird das wissenschaftliche Verständnis von Kompetenz und deren Erfassung dargelegt. Zunächst werden die begrifflichen Aspekte des Konstruktes „Kompetenz“ beschrieben und der allgemeine wissenschaftliche Konsens dargestellt. Nach den begrifflichen Betrachtungen erfolgt ein Blick auf die Möglichkeiten der Kompetenzmessung mit einem Hinweis darauf, welche Kompetenzmessmethode im Rahmen dieser Arbeit verwendet wird. Schließlich wird auf das Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ Bezug genommen und eine Einordnung bzw. Abgrenzung zum allgemeinen Kompetenzbegriff versucht. Neben der Entwicklung des Konstruktes der „Digitalen Kompetenz“ werden weitere Einordnungen bzw. Abgrenzungen zu ähnlichen Konstrukten wie z. B. Computerkompetenz, Internetkompetenz, Medienkompetenz vorgenommen. Anschließend wird der Begriff der „Digitalen Kompetenz“ aus EU-Sicht erläutert und begründet, warum das im Rahmen eines EU-Projektes umfassend erarbeitete Konzept über die Digitale Kompetenz als Grundlage für den empirischen Teil dieser Arbeit verwendet wird.
Im weiteren Verlauf werden Überlegungen über einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und (digitaler) Kompetenz erörtert. Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsfaktoren und Kompetenzen wie z. B. soziale Kompetenz oder emotionale Kompetenz sind bereits mehrfach theoretisch diskutiert und empirisch erforscht worden. Dagegen existieren nur wenige Erklärungen und Untersuchungen über die Einflüsse von Persönlichkeitsfaktoren auf beispielsweise Medienkompetenz, Internetoder Computerkompetenz und keine Erklärungen bzw. Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsfaktoren und digitaler Kompetenz. Aus diesem Grunde ist die empirische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit als explorative Studie zu verstehen.
Es folgt eine Ableitung des Zusammenhangs zwischen digitaler Kompetenz und Persönlichkeitsfaktoren aus einem allgemeinen Kompetenzmodell. Diese Betrachtung bleibt abstrakt und dient lediglich als Denkansatz. Abschließend zu den theoretischen Betrachtungen werden Hypothesen über einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und digitaler Kompetenz als Arbeitsgrundlage für die empirische Untersuchung formuliert. Dabei findet das Modell der Europäischen Union über die digitale Kompetenz und die in diesem Konzept erarbeiteten Operationalisierungen in Form von fünf Dimensionen der digitalen Kompetenz eine besondere Berücksichtigung.
Der zweite Teil dieser Arbeit befasst sich mit der empirischen Studie. Zunächst wird das Untersuchungsdesign dargestellt und anschließend das Verfahren mit seinen Messinstrumenten beschrieben. Die Persönlichkeitsfaktoren werden mit der deutschen Version des Big-Five Inventory 2 (BFI-2) und 60 Items erfasst und die digitale Kompetenz mit einem Teil des Rasters der EU zur Selbsteinschätzung digitaler Kompetenz mit 29 Items. Im Anschluss an die Beschreibung der Messinstrumente werden ihre Gütekriterien im Hinblick auf Objektivität, Reliabilität und Validität diskutiert. Danach wird die Untersuchungsdurchführung beschrieben, bevor die Resultate der Studie vorgestellt werden. Die Ergebnisse umfassen die Stichprobenbeschreibung anhand statistischer Kennzahlen und den Hypothesentest mit der Prüfung seiner Voraussetzungen und den Testresultaten.
Nach der Darstellung der empirischen Studie erfolgt abschließend die Diskussion mit einer kurzen Zusammenfassung, einer kritischen Reflexion des methodischen Vorgehens und einem Ausblick für weitere Forschungen.
Das wissenschaftliche Interesse am Phänomen der menschlichen Persönlichkeit reicht mindestens bis ins Altertum zurück. Quasi schon immer gehörte es zu den grundlegenden Bemühungen des Menschen, andere Menschen zu „durchschauen“ und ihr Verhalten vorherzusagen (Hossiep, Paschen & Mühlhaus, 2000, S. 5).
Anfangs wurde in der Forschung der Begriff des „Charakters“ bevorzugt, analog des Sprachgebrauchs im anglo-amerikanischen Raum (character). Weil jedoch einige Wissenschaftler dem Begriff eine zu feste Prägung zuschrieben, während andere das Individuum grundsätzlich für stärker wandelbar und eigenschaftsflexibel hielten, setzte sich in der wissenschaftlichen Diskussion immer mehr der Begriff der Persönlichkeit durch (Mummendey & Grau, 2014, S. 24). Seitdem gibt es eine Fülle von Definitionen zum Begriff der Persönlichkeit. In der Alltagspsychologie wird die Persönlichkeit des Menschen als „Gesamtheit aller Eigenschaften (Dispositionen und Gestalteigenschaften) verstanden, in denen er sich von anderen Menschen unterscheidet“ (Asendorpf, 2004, S. 5). Dabei sind Dispositionen Merkmale eines Menschen, die mittelfristig, d. h. zumindest Wochen oder Monate, zeitlich stabil sind (Asendorpf, 2004, S. 4). Gestalteigenschaften werden als körperliche Merkmale wie z. B. Gesichtsform, Größe, Schlankheit angesehen (Asendorpf, 2004, S. 5). Mummendey (2014) postuliert eine zusammenfassende Kurz-Definition, die das Wesentliche aller gängigen Begriffsbeschreibungen über Persönlichkeit beinhaltet. Demnach ist Persönlichkeit „der Inbegriff der überdauernden individuellen Merkmalsausprägungen eines Menschen“ (Mummendey et al., 2014, S. 24).
Die Begriffe Disposition, Eigenschaft und das englische Trait werden in der Literatur über die Persönlichkeitsforschung synonym verwendet und bezeichnen „Merkmale, die über die Zeit hinweg relativ stabil sind und zwischen Personen variieren“ (Rauthmann, 2017, S. 220). Über verschiedene Situationen hinweg bilden Persönlichkeitseigenschaften bzw. Traits konsistente Verhaltensunterschiede im typischen Verhalten ab (Bartussek, 1991, S. 1).
Persönlichkeitstheorien generieren Hypothesen über die Struktur und Funktionsweise individueller Persönlichkeiten. Zum einen versuchen sie, die Persönlichkeit (Aufbau, Ursprünge und Bestandteile) zu erklären und zum anderen aus den Erklärungen über Persönlichkeit und wie sie funktioniert, Vorhersagen über Verhaltensweisen abzuleiten (Lang, 2009, S. 31). Das Eigenschaftsparadigma bzw. dispositionale Paradigma der Persönlichkeitspsychologie versucht, Besonderheiten von Individuen und Unterschiede zwischen Individuen durch Eigenschaften bzw. Traits zu beschreiben und für Vorhersagen von unterschiedlichem Verhalten nutzbar zu machen. Dabei setzen Eigenschaftstheoretiker eine situationsübergreifende Konsistenz des Verhaltens voraus (Hossiep et al, 2000, S. 24).
Eigenschaftsbzw. Traittheoretiker wie Allport, Cattell, Norman, Baumgarten und viele weitere stehen für ein Konzept in der Persönlichkeitspsychologie, das als psycho-lexikalischer Ansatz den Ursprung für viele Klassifikationen von Persönlichkeitsfaktoren bildet. Dabei soll die Vielfalt alltagspsychologischer Eigenschaftsbegriffe auf möglichst wenige, statistisch unabhängige Dimensionen, den sogenannten Persönlichkeitsfaktoren, reduziert werden (Asendorpf, 2004, S. 141).
Vertreter des psycholexikalischen Ansatzes gehen davon aus, dass sich interindividuelle Unterschiede als Eigenschaftswörter bzw. Adjektive in der Sprache niederschlagen (John, Angleitner & Ostendorf, 1988, S. 174). Ihr Ziel ist es nicht, eine reine Auflistung persönlichkeitsbeschreibender Wörter vorzunehmen, sondern sinnvolle Kürzungen durchzuführen und eine Taxonomierung der Wörter zu konzipieren. Zur Erstellung einer derartigen Ordnung werden in der Regel die Eigenschaftswörter einem Lexikon entnommen, aufgelistet und um einzelne Wortgruppen wie z. B. veraltete oder ungebräuchliche Wörter, Dialekte, Fremdwörter, aber auch wertende oder religiöse Begriffe bereinigt. Anschließend werden Daten über die Verwendung der Eigenschaftswörter oder Traits durch Selbstund Fremdbeschreibungen gesammelt und mittels Faktorenanalysen ausgewertet (Rauthmann, 2017, S. 253). Die daraus gewonnenen Persönlichkeitsfaktoren kennzeichnen Dimensionen zur Beurteilung von Personen,
- die breit anwendbar sind, weil sie häufig vorkommen (Rauthmann, 2017)
- auf zeitlich relativ stabilen Dispositionen beruhen und
- in verschiedenen Situationen ein bestimmtes Verhalten konsistent zeigen (Angleitner & Riemann, 2005, S. 93).
Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die Entwicklungslinien des psycholexikalischen Ansatzes, die mit einer wissenschaftlichen Diskussion über die Generierung von Taxonomien zu Persönlichkeitsfaktoren, die Begründung von Trait-Ausschlussprinzipien, die relevante Anzahl und Benennung von Persönlichkeitsfaktoren zur Beurteilung von Individuen, die Replizierbarkeit von Persönlichkeitsfaktoren und kulturübergreifende Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Persönlichkeitsfaktoren einherging.
Wahrscheinlich als einer der Ersten sammelte der englische Wissenschaftler und Schriftsteller Sir Francis Galton (1884) relativ unsystematisch aus einem Lexikon 1.000 Wörter, die Persönlichkeitseigenschaften beschreiben (John et al., 1988, S. 176). Mehr als 40 Jahre später artikulierte Ludwig Klages (1926) das theoretische Grundprinzip für die psycholexikalische Hypothese: Das Studium der Sprache nütze dem Verständnis über Persönlichkeit, bevor die Schweizer Arbeitspsychologin Franziska Baumgarten (1933) die erste systematische psycholexikalische Studie durchführte (John et. al, 1988, S. 176). Sie sammelte aus verschiedenen deutschen Lexika und Publikationen ca. 4.000 persönlichkeitsbeschreibende Begriffe und reduzierte diese Liste um die ihrer Meinung nach am wenigsten gebräuchlichen Wörter, ohne diese Ordnung weiter zu klassifizieren (John et al., 1988, S. 176).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Entwicklungslinien des psycholexikalischen Ansatzes (modifiziert nach John, Angleitner & Ostendorf, 1988)
Zum einen basieren die Arbeiten zur deutschen Version des Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit, die Ende der 80iger, Anfang der 90iger Jahre von Alois Angleitner (2003), Peter Borkenau und Fritz Ostendorf (1993) vorangetrieben wurden, auf der Liste von Baumgarten. Zum anderen beeinflusste die Studie von Baumgarten die Wissenschaftler Allport und Odberg (1936), die mit ihrer systematischen Zusammenstellung lexikalischer Eigenschaftswörter die empirische Grundlage für nahezu alle folgenden Arbeiten im Rahmen des psycholexikalischen Ansatzes lieferten. Allport und Odberg durchsuchten das 550.000 Wörter fassende Webster’s New International Dictionary nach Adjektiven, Subjektiven und anderen Wörtern, die Persönlichkeitseigenschaften beschreiben und reduzierten anschließend nach Ausschluss von Synonymen und Dialekten die Liste auf 17.953 Wörter (Asendorpf, 2004, S. 146). Eine weitere Kategorisierung der Wörter in stabile Eigenschaften, temporäre Stimmungen oder Aktivitäten, wertende Begriffe oder nicht eindeutig zuordbare Wörter folgte (John et al., 1988, S. 178). Auf Basis der Arbeiten von Allport und Odberg entwickelten weitere Traitforscher Reduzierungsmaßnahmen und Faktorenanalysen zur Generierung von breiten Persönlichkeitsfaktoren. So reduzierte und verdichtete Catell (1946) die Allport-Odberg-Liste und entwickelte aus weiteren Datensammlungen und Faktorenanalysen sein Messinstrument 16 PF (16 Persönlichkeitsfaktoren) (Rauthmann, 2017, S. 243). Tupes und Christal (1992) nutzten Korrelationsmatrizen von Catell und fanden über verschiedene Stichproben eine ähnliche Fünf-Faktoren-Struktur wie Catell (John et al., 1988, S. 183). Auch Norman (1963), Borgatta (1964) und Digman (1981) fanden in ihren Untersuchungen eine Fünf-Faktoren-Taxonomy analog zu Catell, Tupes und Christal (John et al, 1988, S.183). Unzufrieden mit den bisherigen Studien setzte Norman 1967 noch einmal an der von Allport und Odberg erzeugten Liste an. Zunächst erweiterte er die Liste, um sie anschließend in mehreren Reduzierungsschritten auf 2.800 Eigenschaftswörter zu verdichten. Seine Erweiterungsund Ausschlussmaßnahmen begründete er mit klaren Kriterien und dem übereinstimmenden Urteil eines vierköpfigen Expertenteams (John et al, 1988, S. 187). Norman sonderte gesundheitsbezogene und stark wertende Wörter wie z. B. bösartig aus. Aus der anschließenden Selbstbeurteilung durch Studenten und Faktorenanalyse konnte Norman ähnlich wie Allport und Odberg fünf breite Persönlichkeitsfaktoren herauskristallisieren (Asendorpf, 2004, S. 147). Aufbauend auf den Items von Norman fand Goldberg (1981) in mehreren Untersuchungen mit Selbstund Fremdbeschreibungen fünf breite Persönlichkeitsfaktoren, die mit den gefundenen Faktoren von Allport und Odberg bzw. Norman korrespondierten (Asendorpf, 2004, S. 147). Kulturübergreifend konnten die deutschen Forscher um Angleitner und Ostendorf die Fünf-Faktoren-Struktur ähnlich der Taxonomie von Allport, Odberg und Norman im Angloamerikanischen herausarbeiten. Auch sie reduzierten die Liste der Eigenschaftswörter im deutschen Sprachraum um wertende Begriffe, Einstellungen, Werthaltungen und körperliche Merkmale (Asendorpf, 2004, S. 147). Vergleichbare Ergebnisse über eine Fünf-FaktorenStruktur ergab die Studie des holländischen Lexikons durch Hofstee et al. (Hofstee et al, 1997, S. 24). Forscher anderer Sprachräume wie z. B. im Italienischen oder Ungarischen konnten nicht alle fünf Faktoren replizieren (Caprara, & Perugini 1994; Szirmák und de Raad, 1994). Teilweise wurden nur drei oder vier Faktoren, die jenen von Allport und Odberg glichen, entdeckt und weitere andere Persönlichkeitsfaktoren hinzugefügt (Capara, Barbaranelli & Comrey, 1995).
Mehr als Ergänzung und weniger als Konkurrenz zum Fünf-Faktoren-Modell wird das Zwei-Faktoren-Circumplexmodell von Wiggins (1979, 1995) gesehen (Lang, 2009, S. 77). Auf den orthogonalen Achsen werden zwei soziale bzw. interpersonelle Faktoren – im Falle von Wiggins Dominance und Love / Nurturance – bipolar abgebildet. Auf dem Kreis um die beiden Achsen herum können verschiedene Eigenschaften bzw. Traits erfasst werden, die als Mixturen bzw. blends der beiden Faktoren gelten (Rauthmann, 2017, S. 275). Ausgangspunkt des Modells bilden die Traitlisten von Allport und Odbert, Norman und Goldberg (Lang, 2009, S. 77). Ein eigenes Modell aus drei Persönlichkeitsfaktoren entwickelte Eysenck. Als „einer der produktivsten und einflussreichsten Persönlichkeitsforscher“ (Rauthmann, 2017, S. 247) formulierte Eysenck die Basis für sein Modell aus theoretischen Annahmen über neurobiologische und anatomische Substrate der Persönlichkeit (Eysenck & Eysenck, 1987). Durch umfangreiche empirische Forschung und Überprüfung seiner Hypothesen gelang Eysenck zu der Überzeugung, dass drei große Trait-Typen in Form von Psychotizismus, Extraversion und Neurotizismus unterschieden werden können (Eysenck & Eysenck, 1987).
Aufbauend auf den Arbeiten von Goldberg und Eysenck formten Costa und McCrae (1985, 1992) ein Fünf-Faktoren-Modell, welches sie aus der empirischen Forschung, Fragebogenerhebungen und statistisch-empirischer Verfahren wie z. B. der Faktorenanalyse entwickelten und mittels mehrerer Längsschnittstudien validierten. Im Ergebnis wich ihr Modell nicht von jenem der Vertreter des psycholexikalischen Ansatzes ab (Rauthmann, 2017, S. 257).
Trotz der bedeutsamen Forschung von Eysenck und anderen Wissenschaftlern dominiert das Fünf-Faktoren-Modell des psycholexikalischen Ansatzes als vorherrschende Taxonomie die Persönlichkeitspsychologie (Rauthmann, 2017, S. 268). Auch wenn die Benennung der Fünf Faktoren zwischen den Forschern variierten (Digman, 1990, S. 422 ff.), setzten sich unter dem Titel „Big Five“ (Goldberg, 1981, S. 159) die traditionellen Bezeichnungen durch:
- Extraversion
- Agreeableness (im Deutschen: Verträglichkeit)
- Conscentiousness (im Deutschen: Gewissenhaftigkeit)
- Neurotiicism (im Deutschen: Neurotizismus)
- Openness (im Deutschen: Offenheit).
Das Big-Five-Modell der Persönlichkeit wird häufig mit dem Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit gleichgesetzt, obwohl beide Modelle aus unterschiedlichen Ansätzen entstanden sind: Das Big-Five-Konzept aus dem psycholexikalischen Ansatz und das Fünf-Faktoren-Konzept aus dem Fragebogenansatz (Lang, 2009, S. 32). Da die Faktoren-Struktur weitgehend identisch ist, werden die Konzepte häufig synonym verwendet.
Als Taxonomie zur sinnvollen Einordnung von Eigenschaftswörtern ist das BigFive-Modell der Persönlichkeit ein rein beschreibendes, kein erklärendes Konzept (Lang, 2009, S. 33). Es ist ein sparsames System mit breiten Faktoren bzw. Domänen (Rauthmann, 2017, S 258) zur Beschreibung alltagspsychologisch repräsentierter Unterscheide von Personen. Auch wenn es in der wissenschaftlichen Diskussion über die Big-Five unterschiedliche Auffassungen über die generelle Anzahl und Benennung der Faktoren gab, so herrscht doch weitgehende Einigkeit über die fünf Hauptfaktoren: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen. Alle Faktoren sind bipolar und stellen ein Kontinuum dar (Viswesvaran & Ones, 2000, S. 226).
Extraversion spiegelt die Menge und Intensität der (sozialen) Beziehungen zwischen dem Individuum und seiner Umwelt wider. Personen mit einer hohen Ausprägung sind gesellig, gesprächig, freundlich, aktiv, durchsetzungsfähig, selbstbewusst und optimistisch. Personen mit einer niedrigen Ausprägung gelten als introvertiert, neigen zur Zurückhaltung, Ruhe und Bedachtsamkeit und präferieren das Alleinsein ohne darüber unglücklich zu sein (Lang, 2009, S. 37).
Verträglichkeit beschreibt die Art und die Qualität der Beziehungen zwischen dem Individuum und anderen Personen. Menschen mit einer hohen Ausprägung sind hilfsbereit, gutmütig, entgegenkommend und Sozialpartnern positiv zugeneigt. Personen mit niedriger Ausprägung sind egozentrisch, misstrauisch, wettbewerbsorientiert und zeigen wenig kooperatives Verhalten (Lang, 2009, S. 38). Gewissenhaftigkeit umfasst Komponenten wie Beständigkeit des Verhaltens, Impulskontrolle, Erfolgsund Aufgabenorientierung, Organisation und Gründlichkeit. Personen mit einer hohen Ausprägung gelten als zielstrebig, willensstark, entschlossen, ordentlich und pflichtbewusst. Menschen mit einer niedrigen Ausprägung sind eher nachlässig, unordentlich, inkonsequent, unzuverlässig und verfolgen ihre Ziele mit weniger Engagement (Lang, 2009, S. 38).
Neurotizismus beschreibt die Stärke des Erlebens positiver oder negativer Gefühle. Individuen mit einer hohen Ausprägung sind generell empfindlicher, emotional instabiler, neigen eher zu Verärgerung, Traurigkeit, Ängstlichkeit oder Besorgnis. Personen mit niedriger Ausprägung erleben Emotionen nicht so stark und gelten eher als ausgeglichen, robust, nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen (Lang, 2009, S. 38).
Offenheit für Erfahrungen umfasst Komponenten wie aktive Suche nach und Interesse an neuen Erfahrungen, weiter Interessenbereich und Verlangen nach Neuem und Ungewöhnlichem. Menschen mit hoher Ausprägung sind phantasievoll, kreativ, unkonventionell und mit niedriger Ausprägung eher konservativ, konventionell, bewahrend (Lang, 2009, S. 38).
Zur Abwendung der Kritik über eine zu große Grobheit des Konzeptes wurden die Big Five in weitere Unterfaktoren gegliedert, die eine feinere Unterscheidung von Persönlichkeitsunterschieden ermöglichen. So entstanden diverse Persönlichkeitsinventare, wobei die bekannteste Aufteilung der NEO-Persönlichkeitsinventar von Costa und McCrae (1992) ist mit 240 Items zur Erfassung der Unterschiede (Rauthmann, 2017, S. 261). Dieser wird jedoch aufgrund der Länge nicht zur Messung der Rolle von Persönlichkeitsfaktoren auf die Selbsteinschätzung digitaler Kompetenz eingesetzt. Dafür wird ein kürzeres Verfahren verwendet: Die deutsche Fassung des Big Five Inventory-2 (BFI-2).
Das Big-Five-Konzept der Persönlichkeit gilt als sehr valide im Hinblick auf seine Vorhersagbarkeit beruflicher Leistung (Barrick & Mount, 1991). Auch bei der Prognose sozialwissenschaftlicher Variablen wie z. B. politisches Interesse, Freizeitaktivitäten und seelische Gesundheit leistet das Modell einen bedeutenden Beitrag (Rammstedt, 2007). Verschiedene Untersuchungen über die Retest-Reliabilität der Big Five Persönlichkeitsfaktoren zeigen eine hohe Stabilität der Faktoren im Erwachsenenalter und über die Lebensjahre hinweg (Viswesvaran & Ones, 2000; Conley, 1985; Bazana & Stelmack, 2004).
Trotz der großen Popularität der Big Five Persönlichkeitsfaktoren gibt es zahlreiche Kritiker des Modells. Einige bestreiten die besondere Bedeutung genau dieser fünf Faktoren und plädieren für weitere oder andere Faktoren (Tellegen, 1993; Waller, 1999; Hooker & McAdams, 2003). Andere Forscher kritisieren das fehlende theoretische Fundament (Eysenck, 1991) und die Abhängigkeit von der Methode der Faktorenanalyse, über die die Persönlichkeitsfaktoren entwickelt und evaluiert werden (Hough, 1997). Je nach Abhängigkeit der einbezogenen Variablen, der Stichprobeneigenschaften und der Extraktionsmethoden variieren die Ergebnisse der Faktoranalysen (Asendorpf, 2004, S. 148). Befürworter des Big-Five-Modells argumentieren, dass die unterschiedlichen Ergebnisse keine Fehlerhaftigkeit des Konzepts begründen, sondern lediglich Varianten der Big Five gemessen werden. Diese Kontroverse zeigt, dass die Aufgabe zukünftiger Forschung darin liegt, die Struktur der Big Five Faktoren noch genauer zu ergründen.
Von einem einheitlichen Verständnis über Kompetenz – weder als Begriff noch als Konzept – kann in der Literatur keine Rede sein. Vielmehr wird Kompetenz unterschiedlich definiert, unterschiedlich verwendet und unterschiedlich erfasst bzw. gemessen. Als Begriff wird Kompetenz nahezu inflationär verwendet (Weinert, 2001, S. 45). Fast jedes Wort wird durch den Zusatz „-kompetenz“ aufgewertet, wie z. B. Führungskompetenz, Managementkompetenz, Medienkompetenz. Eine Stichwortsuche nach Kompetenz in der Literaturdatenbank des Fachinformationssystems Bildung (FIS Bildung) des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) ergab bereits vor 10 Jahren fast 9.000 Treffer und eine Suche nach competence, competency bzw. competencies in der Datenbank PsycInfo mehr als 27.000 Treffer (Klieme, Maag-Merki & Hartig, 2007, S. 5). Das entspricht in einem Zeitraum von 1985 bis 2007 drei bis vier Veröffentlichungen pro Tag (Klieme, Maag-Merki & Hartig, 2007, S. 5).
Da im Rahmen dieser Arbeit Kompetenz nicht mit Persönlichkeitseigenschaften gleichgesetzt wird, bleiben US-amerikanische Ansätze, die Kompetenz als Persönlichkeitsbestandteil betrachten (McClelland, 1973; Spencer & Spencer, 1993), unberücksichtigt.
Zunächst wird der Kompetenzbegriff etymologisch und historisch betrachtet, bevor über allgemein in der Wissenschaft akzeptierte Bestandteile und Definitionsbeispiele eine für die vorliegende Arbeit zweckmäßige Beschreibung allgemeiner Kompetenz vorgestellt wird. Anschließend werden verschiedene Ansätze der Kompetenzmessung aufgezeigt und der für diese Studie präferierte Messansatz begründet.
Der Kompetenzbegriff ist lateinischen Ursprungs und geht auf verschiedene Ausgangsbezeichnungen zurück. „Competo“ bedeutet „fähig sein“, „competentia“ wird mit „Eignung“ übersetzt, und „competens“ als Pendant zu „kompetent“ steht für passend, angemessen, zuständig (Kauffeld, 2006, S. 17). Dementsprechend besitzt der Begriff Kompetenz zwei Bedeutungen: Zum einen signalisiert Kompetenz die Fähigkeit einer angemessen Übereinstimmung mit einer speziellen Funktion (Kauffeld, 2006, S. 17) und zum anderen wird Kompetenz seit dem römischen Recht und im Mittelalter mit Zuständigkeit gleichgesetzt (Erpenbeck & Sauter, 2007, S. 63). Auch heute meint Kompetenz im Sprachgebrauch häufig Zuständigkeit, wenn z. B. ein Diplomat als kompetent für Fragen des Nahen Ostens, eine Versicherung als kompetent für die Bearbeitung spezifischer Schadensfälle oder ein Bankangestellter als kompetent in Fragen der Finanzierung von Firmenkunden bezeichnet wird (Erpenbeck & Sauter, 2007, S. 63).
Historisch betrachtet, richtete der Sprachforscher Noam Chomsky (1962) als einer der ersten Wissenschaftler den Blick auf die Bedeutung des Wortes Kompetenz in Richtung auf Fähigkeit bzw. Eignung. Chomsky bezeichnete die Fähigkeit von Sprechern und Hörern, aus einem Repertoire an Sprachelementen und Kombinationsregeln unendlich viele, auch neue, noch nie gehörte oder gesprochene Sätze zu formulieren und zu verstehen, als Sprachkompetenz (Erpenbeck & Sauter, 2007. S. 63). Nach Chomsky zeigte sich die Nutzung der Sprachkompetenz, die er als nicht beobachtbares Potenzial sah, in dem konkreten Sprechund Verstehensakt. Diesen Akt bezeichnete er als Performanz (Gnahs, 2010, S. 19). Performanz ist im Gegensatz zu Kompetenz beobachtbar (Gnahs, 2010, S. 19). Die Unterscheidung zwischen Kompetenz und Performanz wurde auf verschiedene andere Bereiche übertragen und prägte ganz entscheidend die allgemeine Kompetenzdiskussion (Gnahs, 2010, S. 19).
In der Arbeitsund Organisationspsychologie beeinflussten die Ideen von Chomsky maßgeblich die kognitive Wende von den vorherrschenden behavioristischen Reiz-Reaktions-Modellen hin zur Vorstellung des handelnden Menschen mit selbstorganisierten Plänen und Zielen und prägten den Begriff der Handlungskompetenz (Erpenbeck & Sauter, 2007, S. 64).
Nachdem in den 70iger und 80iger Jahren Basiskompetenzen mit Schlüsselqualifikationen gleichgesetzt wurden und der inflationäre Gebrauch von Kompetenz zur synonymen Anwendung der Begriffe Kompetenz, Wissen, Fertigkeit, Fähigkeit, Qualifikation und Persönlichkeitseigenschaft führte (Erpenbeck & Sauter, 2007, S. 64), zeigten sich auch Gemeinsamkeiten in der wissenschaftlichen Diskussion um den Kompetenzbegriff.
Das erste in der Wissenschaft angerkannte Grundmerkmal von Kompetenz leitet sich aus dem Kompetenz-Performanz-Modell von Chomsky ab. Demnach ist Kompetenz eine persönliche Handlungsdisposition, die erst im konkreten Handeln sichtbar wird (Bernien, 1997, S. 29). Kompetenz zeigt sich in der Bewältigung von Handlungssituationen (Weiß, 1999, S. 458). Weil sich Kompetenz erst im Handlungsvollzug zeigt, kann sie auch nur daraus beobachtet, erfasst und bewertet werden (Flass & Stieler-Lorenz, 2000, S. 214; Weiß, 1999, S. 482).
Das zweite Grundmerkmal von Kompetenz ist die Subjektgebundenheit (Kaufhold, 2006, S. 24). Durch die Subjektgebundenheit kann Kompetenz nicht nach objektiven Leistungsmaßstäben geprüft bzw. bewertet werden (Bernien, 1997, S. 30), sondern nur über das Handeln, das die Person offenbart oder über Selbstoffenbarungen der Person (Kaufhold, 2006, S. 24). Dadurch, dass Kompetenz stets individuell geprägt ist, können interindividuelle Unterschiede erkannt werden. Sie spiegeln sich im persönlich geprägten Charakter einer Handlung bzw. im Handlungsstil wider (Lichtenberger, 1999, S. 287).
Situationsund Kontextbezug stellt das dritte Grundmerkmal von Kompetenz dar (Kaufhold, 2006, S. 23). Dieses Merkmal lässt sich bereits aus dem ersten Grundmerkmal ableiten. Die Handlungssituation ist nicht nur Ausgangspunkt für Kompetenzentfaltung und –entwicklung, sie beeinflusst maßgeblich die zu beobachtende Kompetenz (Weiß, 1999, S. 442).
Das vierte Grundmerkmal von Kompetenz ist die Veränderbarkeit (Kaufhold, 2006, S. 24). Dieses Grundmerkmal lässt sich aus der Personengebundenheit able iten. Da sich Personen verändern und entwickeln, ist auch von einer Veränderbarkeit bzw. Entwickelbarkeit der Kompetenz auszugehen (Kaufhold, 2006, S. 24). Situative Rahmenbedingungen beeinflussen die Kompetenzentwicklung und es ist davon auszugehen, dass fehlende Anwendungsmöglichkeiten zu einem Kompetenzverlust führen können (Lempert, 1998, S. 140 ff.).
Beispielhaft für viele andere Definitionen, werden nachfolgend vier prägnante Formulierungen genannt. Eine fünfte Definition wird anschließend eingehender veranschaulicht, weil sie nicht nur viele Ausführungen in einem Bild zusammenfasst, sondern darüber hinaus explizit den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenz darstellt.
Der Motivationspsychologe Roger W. White (1959) definiert Kompetenz als Fähigkeit, die weder angeboren ist noch ein biologisches Reifungsprodukt ist, sondern vom Menschen selbstorganisiert entwickelt und durch ein intrinsisches Bedürfnis nach effektivem Handeln in der Umwelt geäußert wird (White, 1959, S. 317).
Erpenbeck definiert Kompetenzen als „Dispositionen zur Selbstorganisation menschlichen Handelns, das kreative Denkhandeln eingeschlossen; sie sind Selbstorganisationsdispositionen“ (Erpenbeck, 2003, S. 365). Klieme und Leutner verstehen unter Kompetenzen „kontextspezifische kognitive Leistungsdispositionen, die sich funktional auf Situationen und Anforderungen in bestimmten Domänen beziehen“ (Klieme & Leutner, 2006, S. 879) und nach Levy-Leboyer sind Kompetenzen „Verhaltensregister, die einige besser beherrschen als andere, weshalb sie in einer gegebenen Situation effizienter handeln als andere“ (zit. nach Lichtenberger, 1999, S. 288).
Staudt und Kriegesmann definieren Handlungskompetenz auf der individuellen Ebene als Zusammenspiel zwischen Handlungsfähigkeit als kognitive Basis und Handlungsbereitschaft als motivationale Basis und auf der Ebene der Zuständigkeit, beispielsweise in Form der organisatorischen Einbindung (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 37). Abbildung 2 veranschaulicht ihre Definition.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Elemente der Handlungskompetenz (modifiziert nach Staudt & Kriegesmann, 1999)
Die individuelle Handlungsfähigkeit setzt sich aus dem expliziten und impliziten Wissen sowie den Fertigkeiten (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 37) zusammen. Persönlichkeitseigenschaften beeinflussen menschliches Verhalten bzw. menschliches Handeln und tangieren gleichzeitig die Entwicklung der Elemente explizites Wissen, implizites Wissen und Fertigkeiten (Pervin, 1993, S. 546). Explizites Wissen ist eine „…Sammlung in sich geordneter Aussagen über Fakten oder Ideen, die ein vernünftiges Urteil oder ein experimentelles Ergebnis zum Ausdruck bringen und anderen durch irgendein Kommunikationsmedium in systematischer Form übermittelt werden“ (Bell, 1985, S. 180). Während explizites Wissen einfach vermittelund nutzbar ist, kann implizites Wissen nur schwierig formuliert werden (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 38). Es ist personengebunden und bleibt daher schwer zugänglich (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 38). Implizites Wissen bildet sich aus dem handlungsgebundenen und auf persönlichem Engagement bzw. Erfahrung beruhendem Wissen und kann nur bedingt in explizites Wissen transformiert werden (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 38). Fertigkeiten umfassen ein konkretes und inhaltlich benennbares Können, welches als weitgehend automatisierte oder routinierte Verhaltensweisen keiner bewussten Beachtung bedarf (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 38). Hier besteht ein gleitender Übergang zu Persönlichkeitseigenschaften, der als manifeste Erfahrungen benannt, aber nicht weiter beschrieben wird (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 39).
Handlungsfähigkeit alleine führt nicht automatisch zu einer beobachtbaren Handlung (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 45). Zusätzlich bedarf es auf individueller Ebene der Handlungsbereitschaft mit den Motiven als Antrieb für das Handeln (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 45). Auch emotionale Dispositionen wie beispielsweise das „sich selbst zutrauen“ (Reischmann, 1998, S. 269), die viele Autoren häufig im Rahmen einer personalen Kompetenz oder Selbstkompetenz ansiedeln (Kauffeld, 2006, S. 25f.), beeinflussen ähnlich wie Motive die Handlungsbereitschaft und werden maßgeblich durch Persönlichkeitseigenschaften tangiert (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 45 f.).
Neben der individuellen Handlungskompetenz integrieren Staudt und Kriegesmann (1999) in ihrer Definition von Handlungskompetenz die zweite Bedeutung des Begriffes Kompetenz: Die Zuständigkeit. Im betrieblichen Umfeld bildet die Zuständigkeit ein „organisatorisches Regulativ für Handlungen“ (Staudt & Kriegesmann, 1999, S. 47).
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in der Literatur viele Autoren Kompetenz in fachliche, methodische, soziale und personale Kompetenz klassifizieren. Fachliche Kompetenz wird häufig mit beruflicher Kompetenz gleichgesetzt (Gnahs, 2010, S. 27). Methodische, soziale und personale Kompetenz gelten als überfachliche Kompetenzen, die grundsätzlich in allen Lebenslagen einsetzbar sind (Gnahs, 2010, S. 27). Münch definiert Methodenkompetenz global als Fähigkeit, „Wege und Mittel für die Bewältigung von Aufgaben verfügbar zu machen und anzuwenden“ (Münch, 2002, S. 25). Darüber hinaus definiert er Sozialkompetenz als Fähigkeit, mit anderen Individuen in sozialen Situationen erfolgreich interagieren zu können (Münch, 2002, S. 25). Erpenbeck und Heyse (1999) verstehen unter personaler Kompetenz oder Selbstkompetenz die Dispositionen eines Individuums, „die es ihm erlauben, sein Handeln in den verschiedenen Situationen zu steuern, zu motivieren und zu initiieren“ (Erpenbeck & Heyse, 1999, S. 94).
Das Handbuch Kompetenzmessung von Erpenbeck und von Rosenstiel (2017) stellt insgesamt 46 verschiedene Verfahren zur Messung von Kompetenzen vor. Kritiker bemängeln, dass keine aus wissenschaftlichen Standards entwickelten Kompetenzmessverfahren vorgestellt werden, sondern unter anderem erprobte eignungsdiagnostische Verfahren, deren unmittelbarer Bezug zur Kompetenzforschung nicht erkennbar ist (Kauffeld, 2006, S. 37). Außerdem werden Anleihen bei Verfahren zur Leistungsmessung, der Verhaltensbeobachtung und der Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften gemacht, deren Qualität wenig aussagekräftig ist (Kauffeld, 2006, S. 37). Daher wird darauf verzichtet, einzelne Kompetenzmessverfahren exemplarisch vorzustellen. Stattdessen wird die Fülle an Möglichkeiten zur Kompetenzmessung durch entsprechende Klassifizierungen aufgezeigt. Im Anschluss daran werden Merkmale des im Rahmen der empirischen Studie genutzten Verfahrens zu Kompetenzmessung dargelegt.
In Anlehnung an die von Erpenbeck aufgeführten Merkmale von Kompetenzerfassungsverfahren lassen sich quantitative, qualitative oder hybride Verfahren, die sowohl quantitativ als auch qualitativ arbeiten, unterscheiden. Bei quantitativen Verfahren geht der Forscher davon aus, dass Kompetenzen messund skalierbar sind und ohne subjektive Einschätzungen auskommen (Sauter & Sauter, 2017, S. 172). Typische Erhebungsinstrumente sind Experimente, Tests, Fragebögen, Interviews und systematische Beobachtungsverfahren. Es wird die Außensicht betont (Sauter & Sauter, 2017, S. 172). Demgegenüber betonen qualitative Verfahren die Innensicht. Sie untersuchen die Qualität der Kompetenzen und erforschen die Sinnund Bedeutungszusammenhänge (Sauter & Sauter, 2017, S. 172). Beispiele für qualitative Verfahren sind Kompetenzpässe und Kompetenzbilanzen (Sauter & Sauter, 2017, S. 172). Methodisch lassen sich objektive und subjektive Verfahren unterscheiden. Bei den objektiven Verfahren werden Kompetenzen wie naturwissenschaftliche Größen definiert und gemessen. Das Mittel der Wahl ist die Fremdeinschätzung bzw. die Kompetenzbeobachtung von außen (Sauter & Sauter, 2017, S. 171 f.). Dagegen weisen Vertreter subjektiver Verfahren darauf hin, dass eine objektive Kompetenzerfassung nicht möglich ist. Eine Person kann ihr Handeln am besten selbst einschätzen und beurteilen (Kanning, 2004, S. 95). Nach der Kompetenzdynamik lassen sich Verfahren unterscheiden, die Kompetenzen augenblicksbezogen zu einem bestimmten Zeitpunkt erfassen oder die zeitliche Entwicklung von Kompetenzen in Form von Zeitreihen analysieren (Erpenbeck & Grote & Sauter, 2017, S. XXVI). Hinsichtlich des zugrundeliegenden Kompetenzverständnisses lassen sich folgende Konzepte unterscheiden (Kauffeld, 2008, S. 47):
- tätigkeitsanalytische Ansätze, die sich mit beruflichen Handlungssituationen befassen und daraus arbeitsorganisatorische und qualifikatorische Konsequenzen ableiten
- biografische Ansätze, die Kompetenzen als Summe der Leistungen und Erfolge einer Person darstellen
- persönlichkeitsorientierte Ansätze, die Kompetenzen als Summe positiver Persönlichkeitseigenschaften wie Intelligenz, Empathie betrachten und
- verhaltensanalytische Ansätze, in denen der Situationsbezug kompetenten Handelns im Mittelpunkt steht.
Bei den verhaltensanalytischen Ansätzen wird einer Person Handlungskompetenz zugesprochen, wenn sie eine spezifische Situation effektiv bewältigt (Kauffeld, 2006, S. 47). Die Beurteilung, ob ein Individuum über Handlungskompetenz verfügt, kann über Selbstund Fremdbeschreibung sowie Selbstund Fremdbeobachtung erfolgen.
Im Rahmen der empirischen Untersuchung über die Rolle von Persönlichkeitsfaktoren im Hinblick auf die digitale Kompetenz wird auf den verhaltensanalytischen Zugang zur Kompetenzmessung zurückgegriffen. Der Situationsbezug kompetenten Handelns wird durch vorgegebene Aussagen fixiert. Die Kompetenzträger beurteilen im Rahmen einer Selbstbeschreibung augenblicksbezogen ihr situationsbezogenes, kompetentes Handeln. Trotz Selbstbeschreibung wird ein quantitatives Verfahren angenommen, weil das Kompetenzkonstrukt durch skalierbare Dimensionen operationalisiert und damit messbar gemacht wird.
Bei einer Umfrage der Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom im August 2017 wurden 551 Erwerbstätige befragt, welche Rolle ihrer Meinung nach die Digitalkompetenz zukünftig für Ihren Arbeitsplatz spielen wird (Bitkom Research, 2017). 77% der Befragten sind der Auffassung, dass die digitale Kompetenz genauso wichtig sein wird wie die fachliche oder soziale Kompetenz und weitere 8% meinen, dass die digitale Kompetenz zukünftig die wichtigste Kompetenz sein wird (Bitkom Research, 2017).
Auch im Rahmen der Forschung gewinnt das Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ zunehmende Bedeutung. Seit mehr als 25 Jahren wird eine Diskussion über die „digitale Spaltung“ der Gesellschaft geführt. In der Forschung über die digitale Spaltung wurden in den 1990er Jahren zunächst Infrastrukturthemen wie z. B. der physische Computerzugang bzw. der Zugang zum Internet beforscht (Stubbe, 2017, S. 46). In empirischen Studien wurden Ungleichheiten vor allem mit unterschiedlichen demografischen und kategorialen Merkmalen von Individuen wie z. B. Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Ethnie, Einkommenshöhe in Verbindung gebracht (van Dijk, 2012, S. 108f.). Seit der Jahrtausendwende stellt die Digital-Divide-Forschung in ihren Untersuchungen eine Schließung der infrastrukturellen Lücke fest, so dass die Aufmerksamkeit der Forscher zunehmend auf individuelle Unterschiede bei der digitalen Kompetenz gelenkt wird (van Dijk, 2006, S. 221). Dabei bleibt die Forschung eher deskriptiv und vernachlässigt die Erklärung dieser Unterschiede (van Dijk, 2012, S. 108).
Bevor im Rahmen dieser Arbeit ein möglicher Erklärungsansatz diskutiert wird, soll das Konstrukt „Digitale Kompetenz“ näher betrachtet, die begriffliche Entwicklung des Konstruktes und verwandter Termini dargestellt und das aus drei Forschungsmodellen entwickelte Konzept der Europäischen Union zur „Digitalen Kompetenz“ beschrieben werden.
In der deutschen und amerikanischen Literatur gibt es mehrere Begriffe, die teilweise synonym mit dem Begriff „Digitale Kompetenz“ (englisch: digital literacy) verwendet werden: Computerkompetenz, computer literacy, IT Kompetenz, IT literacy, ICT literacy, IT skills, e-literacy, e-skills. Zusätzlich werden Begriffe verwendet, die Bestandteile der Digitalkompetenz erfassen oder in einen Zusammenhang mit dem Konstrukt „Digitale Kompetenz“ gestellt werden: Technologiekompetenz, technological literacy, Informationskompetenz, information literacy, informacy (Neelameghan, 1995), internet literacy, network literacy (McClure, 1994), Medienkompetenz, media literacy, mediacy (Inoue, Naito & Koshizuka, 1997).
Martin und Grudziecki (2006) stellen drei Phasen fest, in denen die Begriffe „computer literacy“, „IT literacy“ und „ICT literacy“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten verwendet wurden. In der Zeit von den Anfängen des Computers Ende der 1960er Jahre bis Mitte der 1980er Jahre, als der Computer noch als geheimnisvolle Innovation betrachtet wurde, umfasste die Computerbzw. IToder ICT-Kompetenz in erster Linie technisches Basiswissen über die Funktionsweise des Gerätes sowie seine Programmiermöglichkeiten und insbesondere der aktuellen, anzuwendenden Programmiersprachen (Martin & Grudziecki, 2006, S. 250). In der zweiten Phase ab Mitte der 1980er Jahre bis in die späten 1990er Jahre öffnete sich der Computer einer zunehmend breiteren Anwendung in Bildung, Beruf und Freizeit. Einfach zu nutzende Grafikkarten und Software ebneten dem Computer den Weg hin zu einer Massenanwendung. Computer-, ITbzw. ICT-Kompetenz wurde in dieser Phase nicht mehr als technisches Spezialwissen, sondern vielmehr als praktische Software-Anwendungskompetenz verstanden (Martin & Grudziecki, 2006, S. 250). Die dritte Phase von den späten 1990er Jahren bis heute ist geprägt von der Gleichsetzung von Computer-, ITbzw. ICT-Kompetenz mit übergeordneten (Meta-)Kompetenzen, in denen ein Bewusstsein über den Bedarf nach einem kritischen, wertenden und reflektierenden Umgang mit dem Computer und seinen Anwendungen und dem Internet ausgebildet wird (Martin & Grudziecki, 2006, S. 251). Dabei lösen sich die begrifflichen Bedeutungen nicht von einer Phase zu anderen vollständig ab, sondern verlagern lediglich ihre Schwerpunkte (Martin & Grudziecki, 2006, S. 251).
IT-Skills oder e-skills haben als Kompetenzkonstrukt eher keine Bedeutung in der Literatur erlangt, weil sie überwiegend als Bestandteil von Kompetenz und nicht als eigenständige Kompetenz angesehen werden. E-literacy hat ebenso keine Relevanz in der Literatur erlangt, da der Begriff sprachlich zu leicht mit illiteracy (keine Kompetenz, kompetenzlos) verwechselt werden kann (Bawden, 2008, S. 25).
Der Begriff der Technologiekompetenz als allgemeineres Konstrukt tauchte in den 1970er Jahren auf. Sie diente als Antwort auf das wachsende Bewusstsein über die potentiellen Gefahren technologischer Entwicklungen auf die Umwelt und die Menschheit und auf die wachsende Angst, dass die Ignoranz technischer Entwicklungen die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Ländern mit innovativem Technologiebewusstsein verschlechtert (Waks, 2006). In diesem Zusammenhang sind auch viele Studien einzuordnen, die sich mit Phänomenen der Computerangst und Technophobie beschäftigen und darin große Barrieren für den Computerund Internetzugang sehen, insbesondere bei älteren Menschen, weiblichen Personen und Individuen mit niedrigem Bildungsgrad (van Dijk, 2012, S. 117).
Der Begriff der Informationskompetenz entwickelte sich in den USA in den späten 1980er Jahren und gilt als Rückbesinnung auf die bibliothekarische Benutzerschulung in einem Vor-Digitalen Kontext (Martin & Grudziecki, 2006, S. 251). Durch die zunehmende Wahrnehmung und Verbreitung des Internets und der damit verbundenen Informationsüberflutung gewann der Begriff der Informationskompetenz zunehmende Relevanz. In den sehr zahlreichen Definitionen und Modellen von Informationskompetenz werden überwiegend die nachfolgenden Stufen genannt (Trkulja, 2010, S. 113):
- Erkennen und Ermitteln eines Informationsbedarfs
- Recherche von Informationen (effektiv, effizient, kritisch)
- Evaluation und Darstellung von Informationen
- Informationsnutzung
Medienkompetenz als Konstrukt entwickelte sich aus der kritischen Bewertung von Massenmedien und stellt sowohl in den USA als auch in Europa einen zentralen Schwerpunkt in der Bildung und Forschung dar (Martin & Grudziecki, 2006, S. 252). Auch wenn die Begriffe Medienund Informationskompetenz inhaltlich Ähnlichkeiten aufweisen, so bezieht sich die Medienkompetenz mehr auf die Eigenschaften der verschiedenen Medien(kanäle) und die Art und Weise, wie Informationen konstruiert, verbreitet und interpretiert werden, während Informationskompetenz sich auf den Informationszugang und die inhaltliche Bewertung fokussiert. Internet literacy bzw. network literacy können als verwandte Konstrukte zu Medienbzw. Informationskompetenz gesehen werden, weil sie sich inhaltlich mit den gleichen Aspekten der Information auseinandersetzen, jedoch bezogen auf das Medium Internet bzw. die vernetzte Form der Information (Ala-Mutka, 2011, S. 24). Aus all den beschriebenen Begriffsund Konstruktentwicklungen, die zu einer gewissen Terminologiekonfusion in der Literatur führte, entwickelte Gilster bereits 1997 ein breites und in der Literatur populäres Konzept über den Begriff „Digitale Kompetenz“. Nach Gilster ist digitale Kompetenz schlicht eine Kompetenz im digitalen Zeitalter, die die Fähigkeit umfasst, Informationen mit unterschiedlichen Formaten aus einer Menge von Quellen, die durch einen Computer zugänglich sind, zu verstehen und zu nutzen (Gilster, 1997, S. 1). Wie Gilster betrachtet EshetAlkalai die digitale Kompetenz als „survival skill“ in der digitalen Ära (Eshet-Alkalai, 2004, S. 102; Gilster, 1997, S. 28). Vier Kernkompetenzen umfassen die digitale Kompetenz: Internetsuche, Hypertext Navigation, Wissensaufbau und Inhaltsbewertung (Bawden, 2008, S. 10). Bei allen Kernkompetenzen betont Gilster das kritische Denken im Gegensatz zur technologischen Expertise. Für ihn ist z. B. die kritische Bewertung der gefundenen Web-Inhalte wichtiger als das technische Know-how über den Zugang zu Web-Inhalten (Martin & Grudziecki, 2006, S. 254). Zusammenfassend können die wichtigsten Konstruktvarianten ICT Kompetenz, Internetkompetenz, Informationskompetenz und Medienkompetenz sowie ihre Überlappungen und ihre Einbettung in das umfassende Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ wie in Abbildung 3 dargestellt werden.
ICT Kompetenz konzentriert sich auf das technische Wissen und die Nutzung von Computer und Softwareanwendungen. Internetkompetenz geht über das technische Wissen hinaus und fügt die Fähigkeit zum erfolgreichen Agieren in vernetzten Medienumgebungen (Internet) hinzu. Informationsund Medienkompetenz überlappen sich teilweise, gehen aber auch über die digitale Welt hinaus, indem sie auch traditionelle Medien (z. B. gedruckte Zeitung, TV, Radio) und traditionelle Informationsquellen (z. B. Bibliotheken) umfassen. Innerhalb der digitalen Welt legt die Medienkompetenz ihren Schwerpunkt auf die Fähigkeit, Medien zu schaffen, zu nutzen und zu interpretieren, während die Informationskompetenz ihren Fokus auf das Finden, Organisieren und Verarbeiten von Informationen legt (Ala-Mutka, 2011, S. 29).
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Abbildung 3 Digitale Kompetenz und verwandte Konstrukte (modifiziert nach Ala-Mutka, 2011)
Die Digitalkompetenz umfasst als das breiteste Konstrukt die ICT Kompetenz, die Internetkompetenz und weite Teile der Medienund Informationskompetenz.
Im Rahmen eines im Auftrag der Europäischen Union durchgeführten Projektes von Januar 2011 bis Dezember 2012 wurde aus mehreren Begriffsdefinitionen und Studien ein Konzept zum Konstrukt der „Digitalen Kompetenz“ entwickelt, welches dieser Arbeit zugrunde gelegt wird. Das aus diesem Konstruktverständnis entwickelte Raster zur Selbsteinschätzung digitaler Kompetenz ist Teil des empirischen Messverfahrens.
Das Konzept basiert auf verschiedenen Bausteinen, die zu einem logischen Modell verknüpft und deren Elemente durch die Forschungsliteratur und politische Ansätze begründet werden (Ala-Mutka, 2011, S. 45). Die Beziehungen zwischen den Bausteinen sollen als Leitfaden dienen und zu Verfeinerungen und weiterer Forschung anregen. Die aus der Literaturanalyse gewonnenen Daten und Elemente, werden als Grundlage für drei Bausteine der digitalen Kompetenz farblich unterschiedlich dargestellt:
- Instrumentelles Wissen und Fähigkeiten (rot gefärbt)
- Erweiterte Fähigkeiten (blau gefärbt) und
- Höhere Ebene der Kompetenz und Einstellungen (grün gefärbt) (AlaMutka, 2011, S. 45).
Diese Bausteine sind in drei verschiedenen Ansätzen über Digitale Kompetenz und Internetkompetenz wiederzufinden, die das Konzept der Europäischen Union sehr wesentlich beeinflussen. Abbildung 4 zeigt den Ansatz von Bawden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 Bausteine der digitalen Kompetenz von Bawden (modifiziert nach Bawden, 2008)
Für Bawden sind die als Untermauerungen genannte Elemente und das Hintergrundwissen über die Schaffung und Kommunikation digitaler und nicht-digitaler
Informationen sowie die verschiedenen Informationsquellen das Basiswissen, welches präsent sein muss. Die Kernkompetenzen als erweiterte Fähigkeiten bauen auf dem Basiswissen auf und entsprechen im Wesentlichen den Elementen digitaler Kompetenz, die Gilster vorschlägt (Bawden, 2008, S. 28f.). Das höhere Level der Kompetenz spiegelt den letztendlichen Zweck digitaler Kompetenz wider, dem Individuum eine Lernhilfe zu geben, was in seiner besonderen Situation wichtig ist mit dem Verständnis für ein vernünftiges und korrektes Verhalten in der digitalen Umgebung (Ala-Mutka, 2011, S. 45).
Martin und Grudziecki schlagen einen Ansatz mit drei Entwicklungsstufen vor wie in Abbildung 5 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 Stufen digitaler Kompetenz nach Martin & Grudziecki (2006)
Als Fundament steht auf der untersten Ebene die digitale Kompetenz (im engeren Sinne), die begrifflich weit gefasst wird und sowohl visuelle Wahrnehmungen und manuelle Basisfähigkeiten als auch kritische, wertende Herangehensweisen und Einstellungen bzw. Bewusstseinsgrade beinhaltet (Martin & Grudziecki, 2006, S.255). Auf dieser Stufe baut die zweite Stufe der digitalen Nutzung auf. Sie ist die zentrale und wichtige Ebene und umfasst die Anwendung der digitalen Kompetenz (im engeren Sinne) in speziellen beruflichen oder anderen, lebensrelevanten Bereichen bzw. Situationen (Martin & Grudziecki, 2006, S. 257). Ebene 2 manifestiert die Situationsbezogenheit digitaler Kompetenz, d.h die digitale Kompetenz wird einerseits durch die individuellen Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Einstellungen bestimmt und andererseits durch die Anforderungen aus Problemen oder Aufgaben bzw. Situationen (Martin & Grudziecki, 2006, S. 257). Die letzte Stufe stellt die digitale Transformation dar. Sie wird erreicht, wenn durch die professionelle und disziplinierte Anwendung der digitalen Kompetenz Innovation und Kreativität entwickelt wird, die zu einer bedeutsamen Veränderung im Berufsoder Wissensbereich führt. Die Veränderung kann auf der individuellen, gruppenoder organisationsbezogenen Ebene stattfinden (Martin & Grudziecki, 2006, S. 259).
Der dritte Ansatz bezieht sich stärker auf die Internetkompetenz, die, wie in Abbildung 3 dargestellt, nicht so breit gefasst wird wie die digitale Kompetenz. Van Deursen und van Dijk (2009) unterteilen die Internetkompetenz in vier Hauptkategorien, die nach ansteigender Komplexität aufgelistet werden. Abbildung 6 zeigt diese Anordnung, die mit der farblichen Unterteilung auf die oben benannten Bausteine der digitalen Kompetenz Bezug nimmt.
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Abbildung 6 Van Deursen’s und van Dijk’s Kategorien der Internetkompetenz (nach Ala-Mutka, 2011)
Die medienbezogenen operationellen Fähigkeiten und formellen Internetfähigkeiten kennzeichnen die Basiskenntnisse, wobei die formellen Internetfähigkeiten komplexer als die operationellen Kenntnisse sind wie z. B. das Öffnen von Dateiformaten. Auf den medienbezogenen Internetfähigkeiten bauen die inhaltsbezogenen Fähigkeiten auf. Die Informations-Internetkenntnisse, wie z. B. Suchbegriffe definieren, stellen erweiterte Fähigkeiten und die strategischen Internetfähigkeiten, wie z. B. ausgewählte Aktivitäten, um Ziele zu erreichen, stellen die höhere Ebene der Kompetenz und Einstellungen dar. Van Deursen konzentriert sich in seinem Ansatz auf die vernetzten Informationsfähigkeiten bzw. die Internetkompetenz und ist daher nicht direkt mit der digitalen Kompetenz vergleichbar, weil Aspekte der Medienschaffung, -kommunikation und –zusammenarbeit fehlen. Trotzdem fließt sein Ansatz in das Konzept der Europäischen Union über die digitale Kompetenz ein, weil es einige Bausteine näher betrachtet und daher interessante Blickwinkel miteinbringt (Ala-Mutka, 2011, S. 46).
Aus diesen Ansätzen und Bausteinen konzipiert die Europäische Union ein umfassendes Modell über „digitale Kompetenz“, welches in Abbildung 7 dargestellt wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 EU-Modell der digitalen Kompetenz (nach Ala-Mutka, 2011)
Das Modell umfasst zwei Kompetenzgebiete, die aus instrumentellen Fähigkeiten und Wissen bestehen, vier Kompetenzgebiete mit erweiterten Fähigkeiten und Wissen und fünf Kompetenzbereiche, die unter Einstellungen gruppiert werden. Die operationalen instrumentellen Fähigkeiten betreffen technische Aspekte im Hinblick auf die Handhabung digitaler Tools und Geräte wie z. B. eine Maus genutzt, eine spezielle Software verwendet wird oder Datenspeicheroperationen durchgeführt werden (Ala-Mutka, 2011, S. 50). Das operationale Wissen bezieht sich auf das Bewusstsein über die Existenz dieser Tools und ihrer Funktionalitäten sowie über das Verständnis des Gebrauchs dieser Tools und Funktionalitäten (AlaMutka, 2011, S. 50). Die medienbezogenen Fähigkeiten und das Wissen beziehen sich auf das Verständnis und die Fähigkeit einer zielgerichteten und sicheren Nutzung digitaler Medien wie beispielsweise Navigation, Setzen von Lesezeichen, Handhabung digitaler Fotos, Erstellen eines Online-Profils (Ala-Mutka, 2011, S. 50). Das medienbezogene Wissen umfasst auch das Bewusstsein über die Begrenzung und mögliche Risiken dieser Medien wie z. B. Schutz der Privatsphäre und technische Sicherheitsrisiken (Ala-Mutka, 2011, S. 50).
Die erweiterten Fähigkeiten und das erweiterte Wissen, die an den instrumentellen Fähigkeiten und Wissen ansetzen und von diesen beeinflusst werden, umfassen die Kompetenzcluster Kommunikation und Zusammenarbeit, Informationsmanagement, Bildung und Problemlösung sowie sinnstiftende Teilnahme. Unter Kommunikation und Zusammenarbeit werden die erweiterten Fähigkeiten zusammengefasst, die das effektive Formulieren und Kommunizieren von Inhalten und das Verständnis über das Potential und die Begrenzungen verschiedener Medienformate betreffen (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Dieses Wissen ist wichtig bei jeglicher Interaktion und Zusammenarbeit in digitalen Umgebungen. Darüber hinaus erfordert eine produktive Zusammenarbeit mit möglicherweise weltweiter Reichweite eine Anerkennung und Anpassung an die Sichtweisen von Menschen anderer Kulturen (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Ebenso sollten erweiterte Fähigkeiten des Kompetenzclusters Kommunikation und Zusammenarbeit Kenntnisse über den Aufbau und die Pflege eine Systems persönlicher Kommunikationslinks zu entsprechenden Personen und Netzwerken beinhalten, die zu einem Mehrwert aus digitalen Umgebungen zusätzlich zu den gesellschaftlichen und beruflichen Kontakten aus der physischen Umgebung beitragen (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Informationsmanagement umfasst die erweiterten Fähigkeiten, die jeder benötigt, um digitale Informationen entsprechend seiner persönlichen Ziele zu finden, kritisch zu verarbeiten und zu organisieren sowie den Informationsinhalt zu analysieren und zu bewerten im Vergleich zur Informationspräsentation und –produktion in den digitalen Medien (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Darüber hinaus sollte jeder in der Lage sein, ein persönliches Informationssystem zu entwickeln, um aktuell zu bleiben und ankommende Informationen mit Filtern zu organisieren (Ala-Mutka, 2011, S. 51).
Das Kompetenzcluster Bildung und Problemlösung erfasst erweiterte Fähigkeiten, die zu einer vorteilhaften Nutzung digitaler Tools und Medien für die Bildung, den Beruf und Problemlösungen beitragen. Dazu gehören das effektive Finden und Bewerten von digitalen Lernmöglichkeiten für den beruflichen und privaten Bereich, die Verlinkung mit den „richtigen“ Menschen und Netzwerken, um Rat zu finden sowie selbstregulative Prozesse und Aktivitäten, um aus einer Vielzahl möglicher digitaler Pfade diejenigen auszuwählen, die die persönlichen Lernziele und-pläne fördern (Ala-Mutka, 2011, S. 51).
Sinnstiftende Teilnahme als letztes Kompetenzcluster im Rahmen der erweiterten Fähigkeiten und des erweiterten Wissens betrifft Kenntnisse über die Teilnahme an digitale Aktivitäten, die zu persönlichen oder gesellschaftlich relevanten Zielen beitragen sollen. Dazu gehört auch das Verständnis über und das Wissen um den Aufbau digitaler Identitäten, die für jede Aktivität und Umgebung geeignet sind (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Schließlich sollte sich jeder darüber bewusst sein und nach Möglichkeiten suchen, digitale Tools sinnstiftend in seine Arbeit, für seine Bildung und Lebensaktivitäten einzubauen. Dazu gehört auch das Bewusstsein, dass jede digitale Aktivität ein Mittel zur persönlichen Einwirkung auf die Gesellschaft sein kann (Ala-Mutka, 2011, S. 51).
Bei den Einstellungen gibt es fünf Kompetenzbereiche: Interkulturelle Haltung, kritische Einstellung, kreative Einstellung, eigenständiger Standpunkt und verantwortliche Haltung. Einstellungen und erweiterte Fähigkeiten und Wissen beeinflussen sich wechselseitig (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Ein höheres Niveau digitaler Kompetenz wird erreicht, wenn das Individuum in der Lage ist, mit Menschen fremder Kulturen digital zu kommunizieren. Die gilt genauso für die Zusammenarbeit in Online Communities, in denen sich die Teilnehmer offline nicht unbedingt persönlich kennen (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Der Erfolg der digitalen Interaktion hängt wesentlich von der Bereitschaft des Einzelnen ab, eigene Ideen und Beiträge mit anderen für ein gemeinsames Interesse oder Ziel zu teilen (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Eine kritische Haltung im Rahmen eines höheren Levels digitaler Kompetenz ist erforderlich, um in globalen Online-Umgebungen, in denen Leute mit unterschiedlichen Absichten agieren und Ressourcen mit unterschiedlichen Vorhaben geschaffen werden, schadlos teilnehmen zu können (Ala-Mutka, 2011, S. 51). Da es häufig keine offiziellen Prüfungen gibt, wer online ist und was online veröffentlicht wird, sollte jeder in seinen digitalen Aktivitäten über die Qualität der Informationen nachdenken und sich der Produktionsumstände sowie der Seriosität der Medien und Quellen sowie der Eignung der digitalen Tools und Medien für die eigenen Zwecke bewusst sein (Ala-Mutka, 2011, S. 51).
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