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Bachelorarbeit, 2016
51 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
1.2. Aufbau und Vorgehensweise
2. Netzwerke – Definition und Herleitung
2.1. Definition Netzwerk
2.2. Definition soziales Netzwerk
2.3. Die Entstehung sozialer Netzwerke
2.4. Unterschiede zwischen sozialen Netzwerken
3. Soziale Netzwerke im Internet
3.1. Definition Online-Netzwerk
3.2. Die Geschichte sozialer Online-Netzwerke
3.3. Funktion und Ziele sozialer Online-Netzwerke
3.4. Beliebte Netzwerke im Vergleich
3.4.1. Facebook – The Social Network
3.4.2. Twitter – Microblogging
3.4.3. Xing – For a better working life
3.5. Persönliche Daten im öffentlichen Raum
3.6. Veränderung der Kommunikation
4. Bedeutung sozialer Netzwerke für zwischenmenschliche Beziehungen
4.1. Definition zwischenmenschliche Beziehung
4.2. Reale vs. virtuelle Beziehung
4.3. Pro und Contra sozialer Netzwerke
4.3.1. Vorteile und Chancen
4.3.2. Nachteile und Risiken
4.4. Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen
4.4.1. Private Sphäre
4.4.2. Öffentliche Sphäre
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Das Internet, im offiziellen Wortlaut „world wide web“ (www) oder umgangssprachlich auch einfach das „Netz“ genannt, ist ein weltweiter Zusammenschluss von Rechnernetzwerken. Über die einzelnen Rechner können Daten über das Internet ausgetauscht werden.
Heutzutage ist das Internet für jedermann zugänglich und verändert seit seiner Einführung das Leben der Menschen. Es trug und trägt auch weiterhin zu enormen Modernisierungsschüben in wirtschaftlichen Bereichen sowie zur Entstehung gänzlich neuer Wirtschaftsbereiche bei und führte zu einem grundlegenden Wandel des Kommunikationsverhaltens und der Mediennutzung bei, sowohl im beruflichen wie auch im privaten Sektor. Anfangs konnte dabei niemand erahnen, dass sich das Internet derart schnell vergrößert, wie sich heute zeigt. Im Mai 2015 benutzten bereits mehr als 56 Millionen Menschen alleine in Deutschland regelmäßig das Internet1, was dessen Wichtigkeit attestiert. Dies zeigt sich auch am Datenaufkommen, das sich im Jahr 2012 bereits auf mehr als 72,4 Exabyte (1 Exabyte = 1 Mrd. Gigabyte) pro Monat belief.2 Und selbst diese Zahlen sind noch vergleichsweise gering, denn das Datenaufkommen soll sich in den nächsten Jahren laut Experten mehr als verdoppeln. Die Datenmenge von einem Exabyte ist dabei vergleichbar mit der fünffachen Datenmenge aller jemals geschrieben Bücher.3 Nicht umsonst wird die Bedeutung der Entwicklung des Internet manchmal mit der Erfindung des Buchdrucks verglichen.
Heute bietet das Internet eine wahre Vielfalt an Möglichkeiten. Sei es die Nutzung als Informationsquelle für private und berufliche Zwecke oder als Kommunikationsmittel. So lässt sich über das Internet telefonieren, Nachrichten können schnell und einfach über sogenannte Messenger ausgetauscht werden oder unterwegs an jedem erdenklichen Ort E-Mails abgerufen werden. Selbst als Marktplatz für Produkte jeglicher Art hat sich das Internet mittlerweile etabliert.
Angefangen bei Spielzeug, über Technikartikel bis hin zu Kleidung und Nahrungsmitteln, im Internet ist alles zu jeder Zeit erhältlich und wird unkompliziert schon wenige Tage nach Bestellung direkt nach Hause geliefert. Den Wünschen sind heutzutage keine Grenzen mehr gesetzt.
Auch die meisten Aufgaben im öffentlichen Sektor werden heute online verwaltet und können so in weiten Teilen automatisiert und somit effizienter und mit System organisiert werden. Kommunikation und Interaktion der einzelnen Teile des Systems sind auch hier offensichtlich elementar. Auch wenn viele Aufgaben von Computern automatisiert ausgeführt werden, müssen sie in den meisten Bereichen auch weiterhin manuell bedient werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass nicht nur die Computer miteinander vernetzt sind, sondern auch die Menschen, die sie bedienen – Es entstehen virtuelle soziale Beziehungen.
Einen wichtigen Teil dieses riesigen Netzwerks bilden mittlerweile sogenannte soziale Netzwerke im Internet. Hat die Kommunikation im virtuellen Raum früher noch über externe Nachrichtendienste wie ICQ, MSN etc. stattgefunden, haben sich mittlerweile diverse Online-Netzwerke gebildet. Firmen bieten Interessierten dabei eine einheitliche Plattform mit der Intention, die Kontaktaufnahme und Kommunikation unzähliger Menschen über das Internet zu vereinfachen. In solchen Netzwerken geben Menschen meist bewusst – und zum Teil auch unbewusst – eine enorme Menge persönlicher Daten preis. Häufig verlangen die Netzwerke bei der Registrierung solche Daten, welche danach auch für andere Personen im Netzwerk einsehbar sind. Dazu gehören neben Alter, Wohnort oder dem Werdegang selbst Informationen über Beziehungen oder andere private Daten. Nicht umsonst ist im Zusammenhang mit dem Internet immer häufiger die Rede vom „gläsernen Menschen“.
Heute gibt es eine Vielzahl solcher Plattformen, die sich auf unterschiedliche Bereiche spezialisieren, sei es die Kommunikation selbst oder der Austausch von Bildern, Videos oder anderen relevanten Inhalten. Das beste Beispiel für ein solches Netzwerk ist "The Social Network", das unter gleichem Titel 2014 sogar verfilmt wurde, da es als das soziale Netzwerk schlechthin gilt: Facebook. Facebook ist nicht nur das größte aller Online-Netzwerke, die immense Anzahl an Mitgliedern und der damit verbundene weltweite Erfolg machen die Plattform zu einem gewinnbringenden Social Media- Unternehmen. Über 1,5 Mrd. Menschen weltweit sind bei dem Netzwerk-Betreiber angemeldet und tauschen sich darüber aus.4 Darunter fällt besonders die jüngere Generation, die auch deshalb immer häufiger unter dem Begriff „Digital Generation“ angesprochen wird. Viele Bereiche in den Netzwerken und im Internet überhaupt spezialisieren sich deshalb besonders auf jüngere Nutzer. Aber selbst die älteren Generationen finden mehr und mehr Interesse an der Online-Bewegung und entscheiden sich, Teil eines Netzwerks, also einer virtuellen Gemeinschaft im Internet, zu werden. Immer mehr entwickelt sich das Internet aus diesem Grund auch zu einer Freizeitbeschäftigung. Statt sich mit Freunden oder Bekannten im Café nebenan zu treffen, wird der Kontakt schnell und einfach über das Internet aufgebaut. Oftmals wird es deshalb aber auch eventuellen Unternehmungen mit Freunden im „echten Leben“ vorgezogen. Nicht zuletzt deshalb stellt sich die Frage, ob soziale Kontakte durch das Internet bzw. durch den technischen Fortschritt mehr und mehr unterbunden werden.
Der Diskurs über diesen Sachverhalt lässt sich seit einiger Zeit verfolgen. So ist plakativ die Rede von „Smartphone-Zombies“, von Menschen, die in der Öffentlichkeit nur Augen für ihr Smartphone haben und ihre Zeit selbst unterwegs nur im Internet verbringen. Die Welt um sich herum vergessen dabei viele vollends. Wo man sich gerade befindet spielt dabei keine Rolle, denn das Internet ist immer und überall zugänglich. Damit hat sich die Lebenseinstellung vieler Menschen offenbar stark verändert, besonders junge Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit nur noch zu Hause vor dem Computer, der persönliche Kontakte mit anderen Personen außerhalb fast unnötig erscheinen lässt. Es zeigt sich eine mögliche Tendenz zur sozialen Isolation der Internetnutzer, die einhergehen könnte mit dem Rückgang sozialer Interaktionen mit Familie, Freunden und anderen Mitmenschen. Auch die Suchtgefahr des Internet, besonders der sozialen Netzwerke, ist groß und fördert die physische Abgrenzung zu Mitmenschen in besorgniserregendem Ausmaß.
Unschwer lässt sich hier ein Paradoxon der Annäherung von Öffentlichem und Privatem bei gleichzeitig steigender Isolation der einzelnen Individuen der Gesellschaft erkennen. Nicht grundlos wird deshalb in einer Zeit, in der die Grenzen beider Bereiche zusehends verschwimmen, die Kritik lauter und die Forderungen an die sozialen Netzwerke größer. Es gilt in diesem Zusammenhang deshalb eine Vielzahl an Fragen zu klären: Wie kann die Sicherheit der in sozialen Netzwerken oder anderweitig im Internet veröffentlichten privaten Daten gewährleistet werden? Können wie oftmals behauptet über das Internet tatsächlich leichter Kontakte geknüpft werden, die langfristige und erfolgreiche Gemeinschaften für private und öffentliche Bereiche zur Folge haben? Oder können die angesprochenen negativ-Beispiele, die sich aus der steigenden Virtualisierung ergeben, eventuell sogar die positiven Aspekte überschatten und haben tatsächlich Isolation und Sucht zur Folge? Und vor allem: Welche Konsequenzen ergeben sich letzten Endes für zwischenmenschliche Beziehungen? Lassen sich stark virtualisierte Beziehungen mit dem realen Leben kombinieren, oder entwickelt sich womöglich eine "zweite Gesellschaft", die ausschließlich im Internet existiert?
Mit Hinblick auf diese Fragen ist zunächst eine genaue Definition der entsprechenden Begriffe erforderlich. Besonders ist zu klären, wie und weshalb sich soziale Netzwerke bilden und welche Ziele sie verfolgen. Der Blick wird dabei vorwiegend auf die aktuell größten und populärsten Vertreter der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und Xing fallen. Ausschlaggebend ist die unterschiedliche Art der Kommunikation innerhalb dieser Netzwerke. Auch wird dabei noch tiefer eingegangen auf den Datenschutz, der eine besonders wichtige Rolle im Internet spielt.
Diese Vorarbeit ist notwendig, um soziale Beziehungen genau analysieren zu können und gibt letztendlich die Möglichkeit nachzuvollziehen, welche Veränderungen sich mit der Einführung sozialer Online-Netzwerke mitsamt Vor- und Nachteilen für zwischenmenschliche Beziehungen ergeben. Diese Beziehungen werden im Hauptteil analysiert und erläutert. Das Ziel ist es, anhand der Strukturen und Funktionen sozialer Netzwerke die Konsequenzen für zwischenmenschliche Beziehungen, auch für den Einzelnen, zu erläutern.
Die Zusammenhänge in sozialen Netzwerken wurden bereits früh erforscht. Im Zeitalter des Internet und der damit einhergehenden Erweiterung von bisher bestehenden Netzwerken durch neue Netzwerke im virtuellen Raum hat sich das Feld der Netzwerke deutlich erweitert. Man muss deshalb zwischen den beiden grundlegenden Ausprägungen unterscheiden: Reale zwischenmenschliche Beziehungsgeflechte, die als Vorläufer von Online-Netzwerken gelten, auch „Communities of Practice“ genannt und den „Virtual Communities“, die daraus entstanden sind und sich im Internet abspielen.5 In den nächsten Kapiteln soll deshalb die Thematik sozialer Netzwerke – sowohl offline als auf online – durch Klärung von begrifflichen Bedeutungen untersucht werden. Durch begriffliche Definitionen relevanter Terminologien soll die Frage beantwortet werden, welche Rolle den Netzwerken zukommt und welche Bedeutung sie für zwischenmenschliche Beziehungen haben.
Unabhängig davon, ob man vom virtuellen oder vom realen Raum spricht: Ein Netzwerk ist rein formal gesehen eine unbestimmte, zusammenhängende Anzahl von Knoten, also von Verbindungen. Die einzelnen Knoten sind dabei nicht genau definiert. Vielmehr hängt ihre Aufgabe von der Art des Netzwerkes ab. Diese Tatsache macht Netzwerke zu dynamischen Gebilden und organisatorischen Instrumenten mit hohem Anpassungsvermögen und Flexibilität.6 Sie sind in der Lage, grenzenlos zu expandieren und neue Knotenpunkte in das bestehende System zu integrieren, sofern diese Knoten untereinander kompatibel sind, also dieselben Werte und Ziele verfolgen. Das verleiht Netzwerken die Fähigkeit, sich an schnell wandelnde Umfelder anzupassen und mit dem Zahn der Zeit zu gehen. Die vereinfachte und unkomplizierte Kommunikation innerhalb solcher Netzwerke bescheinigt die Tendenz der schnell wachsenden Organisation in Netzwerken.7 Nicht grundlos breiten sich Netzwerke deshalb in mittlerweile allen Bereichen aus, vordergründig in ökonomisch ausgerichteten Bereichen, die nicht nur national, sondern auch globale Möglichkeiten der Dezentralisierung und Kommunikation ermöglichen.8
Der Begriff „Netzwerk“ ist dabei nicht nur soziologisch definiert, im Alltag sehen wir uns täglich mit den unterschiedlichsten Netzen konfrontiert: So spricht man von einem Netz im Zusammenhang mit Textilien, im Verkehr, im Sport sowie in der Energie- und Wasserversorgung und vor allem in der Kommunikationstechnik. Dass der Begriff in all diesen Bereichen Verwendung findet attestiert seine Wichtigkeit in der Geschichte wie auch in der heutigen Zeit. Das Netzwerk steht also meist in Zusammenhang mit einer wie auch immer gerichteten vorteilhaften Form der Zusammenarbeit, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Hatte man beim Netzwerk im Allgemeinen noch von Knotenpunkten gesprochen, so ersetzt man diese Knoten beim „sozialen Netzwerk“ im Speziellen durch einzelne Individuen, die innerhalb des Netzwerks in Zusammenhang zueinander stehen. In der Soziologie gibt es unzählige Quellen mit Definitionen eines sozialen Netzwerkes. Mit dem Begriff ist zunächst allerdings nichts anderes gemeint als das System sozialer Beziehungen zwischen Individuen.9 Dieses System basiert auf vertrauensvoller Kooperation autonomer, aber interdependenter Akteure, die ihre Handlungen und Interessen am jeweils anderen orientieren und so durch Koordination eine Verbindung zueinander aufbauen.10
Jede Person ist von Geburt an Teil ‚ihres eigenen‘ Netzwerkes bestehend aus Familie und Verwandten und kann später bedingt durch Freunde, Kollegen oder Nachbarn Teil weiterer Netzwerke werden. Damit variieren gleichzeitig auch immer Größe, Funktionen und Dichte dieser Netzwerke. So ergeben sich für soziale Netzwerke typische intensive und dauerhafte Beziehungen.11
Soziologisch betrachtet richtet sich die Definition eines Netzwerkes also auf zwischenmenschliche Beziehungen und kann als eine vom „Menschen selbst geschaffene und aufrechterhaltene soziale Struktur“12 gesehen werden.
Nach Luhmann und dessen Systemtheorie ist ein System nichts anderes als Kommunikation. Sie bildet die Basis für jedes dieser sozialen Systeme und dient als Operation, die Systeme erzeugt und am Leben erhält. Kommunikation und soziale Systeme sind so eng miteinander verbunden, dass sie als Synonym für das jeweils andere verwendet werden können.13 Die Kommunikation ist in Gesellschaftssystemen demnach omnipräsent und hält sie zusammen. Auch der berühmte Grundsatz des Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick "Man kann nicht nicht kommunizieren"14 macht deutlich, dass die Kommunikation die zentrale Rolle als das Fundament eines jeden gesellschaftlichen Systems einnimmt und zwischenmenschliche Beziehungen bedingt. Ein soziales Netzwerk lässt sich demnach wie folgt definieren:
“ Most broadly, social network analysis (1) conceptualizes social structure as a network with ties connecting members and channelling resources, (2) focuses on the characteristics of ties rather than on the characteristics of the individual members, and (3) views communities as 'personal communities', that is, as networks of individual relations that people foster, maintain, and use in the course of their daily lives.” 15
Netzwerke bilden im sozialwissenschaftlichen Sinne demnach Kommunikationskanäle, die zwischen den Menschen eines Netzwerkes verlaufen und soziale Beziehungen ermöglichen. Anders gesagt bilden wir selbst durch unsere Interaktion mit anderen Menschen soziale Netze, welche mit anderen sozialen Systemen eng verknüpft sind. Zieht man an einem Strang dieses Systems, so hat dies Veränderungen für das System selbst und für umgebende Systeme zur Folge.16
Die Gründe und Faktoren der Gruppenbildung haben sich in der Geschichte der Menschheit gewandelt. Fakt ist und bleibt jedoch, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Selbst für Aristoteles stand vor über 2000 Jahren schon fest: Es liegt in der Natur des Menschen, in einer Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben, denn anders ist er nicht fähig zu überleben.17 Auch nach der Schöpfungsgeschichte wollte Gott nicht, dass Menschen alleine sind. Sie gesellen sich aus diesem Grund vorübergehend oder auch dauerhaft in Verbänden, sprich in sozialen Netzwerken, unabhängig von deren Größe.18 Die Kommunikation bzw. die Interaktion mit anderen Individuen fungiert also auch hier als Mittel des Zusammenhalts und bescheinigt den sozialen Charakter des Menschen. Für den US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow, der als Gründervater der humanistischen Psychologie gilt, und dessen Theorie der „Hierarchy of Needs“ (Bedürfnishierarchie), zählen soziale Bedürfnisse zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Diese sogenannte Bedürfnispyramide skizziert den Zusammenhang der einzelnen Bedürfnisse des Menschen zueinander und zeigt die Bedeutsamkeit der entsprechenden Ebenen. 19
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bedürfnishierarchie nach Maslow
Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bed%C3%BCrfnishierarchie (Stand: 02.01.2016)
Demnach befinden sich soziale Bedürfnisse auf der dritten und damit mittleren Ebene über psychologischen- und Sicherheitsbedürfnissen und unter den Bedürfnissen der Selbstverwirklichung. Auf zweiter Ebene befinden sich die Individualitätsbedürfnisse, die in zwischenmenschlicher Hinsicht ebenfalls einen wichtigen sozialen Teil einnehmen. Darunter fallen Aspekte wie Anerkennung, Akzeptanz und Zugehörigkeit zu der Gesellschaft. Dabei geht es um das Geben und Nehmen („[...] needs involve both giving and recieving“20 ), die eine Gemeinschaft ausmachen und dem Menschen das Gefühl geben, gebraucht zu werden. Das macht beide Ebenen zu einem wichtigen Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens und soziale Netzwerke zur Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse erforderlich. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass wir über die Zeit diverse Theorien zur Schaffung, zur Gestaltung und zur erfolgreichen Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen entwickelt haben: „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Gegensätze ziehen sich an“ sind nur zwei bekannte Redewendungen, die charakterisierende Eigenschaften von gesellschaftlichen Beziehungen bilden.21 Auch wenn sich die Gründe für Zusammenkünfte der Menschen in Gruppen im Laufe der Geschichte gewandelt haben, so bleibt der zugrunde liegende Gedanke doch derselbe: Das Prinzip „Alle für einen, einer für alle“ hält sich damals wie heute hartnäckig, sei es früher aus Gründen der Sicherheit oder heute zu wirtschaftlichen oder anderen gesellschaftlichen Zwecken.
Die Unterschiede zwischen den Netzwerken werden im Folgenden explizit untersucht.
Soziale Netzwerke unterscheiden sich vor allem in Ausrichtung, Funktion und Intensität der sozialen Beziehungen innerhalb des Netzwerkes voneinander. Man unterscheidet zwischen persönlichen und unpersönlichen Beziehungen.22 Unter diesem Aspekt sollen soziale Netzwerke nun von zwei Seiten betrachtet werden: Auf der einen Seite der persönliche Aspekt, d.h. die Bedeutung für das Individuum, auf der anderen Seite der unpersönliche bzw. der öffentliche Aspekt, also die Bedeutung für die Gesellschaft bzw. das entsprechende soziale Netzwerk selbst. Das persönliche Netzwerk bezieht sich dabei auf Verwandte, Freunde oder Bekannte einer Person, mit denen sie direkten Kontakt pflegt. Dieses Netzwerk unterscheidet sich vor allem in der Größe und Dichte vom öffentlichen Netzwerk, da die Anzahl an Personen in diesem Netzwerk sehr beschränkt ist. Dadurch sind kleine Netzwerke auch durch bestehende Multiplexität (gleichzeitiges Auftreten verschiedener Beziehungsformen) charakterisiert. Im Vergleich zum öffentlichen Netzwerk sind Beziehungen innerhalb dieser persönlichen Netzwerke deshalb deutlich stärker ausgeprägt, denn Einzelpersonen müssen ihre Gesamtzahl an persönlichen Beziehungen auf nur wenige Personen begrenzen, mit denen sie jedoch viele Gemeinsamkeiten teilen und somit eine stärkere Bindung aufbauen.23 Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang, dass freundschaftliche Verhältnisse in ihrer Wichtigkeit selbst vor familiären Beziehungen stehen, denn Freundschaften haben in der Kultur eine feste Tradition. So gelten Freunde als häufigste alltägliche Helferinnen und Helfer.24 Die Freundschaft ist also eine der stärksten Bindungen zwischen Personen und hat den höchsten Stellenwert innerhalb eines Netzwerkes. Selbst Aristoteles sagte schon: „Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern“25.
Öffentliche Netzwerke, beispielsweise zwischen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen oder auch zwischen öffentlichen Organisationen, haben hingegen oftmals einen eher funktionellen Charakter. Zwar sind auch hier zwischenmenschliche Beziehungen keine Seltenheit, oftmals aber steht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund. Deshalb nennt man diese Netzwerke allgemein auch "Business- Netzwerke". Sinn dieser ist es meist, ökonomische Beziehungen innerhalb des Netzwerkes zu pflegen oder eine gemeinsame Basis für Tausch und Handel zu bilden – auch mit anderen Netzwerken.26 Der zwischenmenschliche Aspekt und das persönliche Miteinander rücken dabei in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz können sich aber auch kollegiale Beziehungen in „freundschaftliche“ Beziehungen ausweiten und neue Netzwerke bilden. Im Laufe der Zeit können sich auch anfänglich oberflächliche Beziehungen, die sich auf den Arbeitsbereich beschränken, vertiefen und emotionale oder sonstige engere persönliche Bindungen schaffen.
Nachdem zwischenmenschliche Beziehung in realen („offline“-) Netzwerken betrachtet wurden, wird der Fokus im folgenden Kapitel auf virtuelle Beziehungen im Internet, speziell auf Online-Netzwerke, gerichtet werden. Auch soziale Online-Netzwerke bilden ein Gerüst für die Kommunikation innerhalb eines Systems oder auch zwischen mehreren Systemen und somit zwischen Menschen, die durch moderne Technik in der Lage sind, entstandene Kommunikationskanäle im Internet über die ganze Welt auszunutzen und sich darüber auszutauschen.
Es soll untersucht werden, inwiefern sich soziale Beziehungen durch „unpersönliche“ Kommunikation im Internet verändern. Dazu werden vor allem die aktuell größten sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Xing genauer unter die Lupe genommen und untersucht, wie sich diese voneinander unterscheiden und welchen Einfluss sie auf das Miteinander der Menschen innerhalb dieser Netzwerke haben. Diese Unterschiede sollen dazu auch in den Kontext zu Offline-Beziehungen gestellt werden.
Hinter den meisten sozialen Netzwerken im Internet steckt das gleiche System. Es handelt sich um Online-Dienste, die eine Plattform für Menschen bilden, die virtuell kommunizieren möchten. Diese Plattformen bilden die Grundlage für den virtuellen Austausch. Dazu legen sich Mitglieder nach der Registrierung im Normalfall ein eigenes Profil an, auf dem Informationen über die eigene Person angegeben werden. Über die Kontaktfunktion des Netzwerkes können dann Personen mit ähnlichen Interessen oder nach anderen willkürlich wählbaren Informationen zu der eigenen Freundesliste hinzugefügt werden. Oft lassen sich diese auch in beliebige Untergruppen sortieren, beispielsweise enge Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen, wodurch sogar neue Netzwerke innerhalb des bestehenden Netzwerkes entstehen können. Deren Aktivitäten im Netzwerk können anschließend verfolgt und kommentiert werden. Auch lassen sich eigene Aktivitäten auf der profileigenen Pinnwand mit anderen im Netzwerk teilen. In einigen Fällen hat man auch Einsicht in die Freundeslisten der eigenen Freunde, sodass neue Kontakte geknüpft werden können mit Menschen, die die eigenen Interessen teilen. Eine passende Definition für soziale Netzwerke dieser Art liefern Boyd und Ellison:
„ We define social network sites as web-based services that allow individuals to (1) construct a public or semi-public profile within a bounded system, (2) articulate a list of other users with whom they share a connection, and (3) view and traverse their list of connections and those made by others within the system.” 27
Ferner unterscheiden sich soziale Netzwerke in der Form der Mitgliedschaft. Die meisten Netzwerke erlauben die kostenlose Registrierung und finanzieren sich über eingeblendete Werbung oder durch andere Quellen. Andere wiederum sind kostenpflichtig, bieten für zahlende „Premiummitglieder“ jedoch spezielle Zusatzfunktionen und/oder sind werbefrei. Ein Beispiel für ein solches System ist das berufliche Netzwerk Xing, auf das im Kommenden noch eingegangen wird.
Das Internet selbst ist fast 40 Jahre alt. Sein Wachstum und die damit verbundene internationale Ausbreitung begann etwa Ende der 1970er Jahre. Während das „Web 1.0“ in der Anfangsphase noch fast exklusiv auf „read only“ begrenzt war, also nur ein einseitiger Austausch von Informationen vorgesehen bzw. möglich war, richtet sich das „Web 2.0“ auf einen gegenseitigen Austausch („read-write“) durch eine Vielzahl an Nutzern. Das Web 2.0 ermöglichte demnach erstmals den Austausch mit vielen anderen Nutzern des Internet. Dazu gehören unter anderem Blogs, Vlogs oder sonstige Inhalte. Auch bestand erstmals die Möglichkeit der gemeinsamen Veröffentlichung eigener Inhalte.28 Deshalb wird das Web 2.0 oft als Vorgänger der heutigen „Social Networks“ gesehen.
[...]
1 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/151619/umfrage/anzahl-der-internetnutzer-in-den- letzten-drei-monaten-und-gesamtbevoelkerung-in-deutschland (Stand: 29.12.2015)
2 Vgl. http://www.cisco.com/c/en/us/solutions/collateral/service-provider/ip-ngn-ip-next-generation-network/white_paper_c11-481360.html (Stand: 29.12.2015)
3 Vgl. http://www.graudata.com/news/2011/gigantische-datenmengen-9570000000000000000000-byte- haben-die-unternehmens-server-der-welt (Stand: 30.12.2015)
4 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/37545/umfrage/anzahl-der-aktiven-nutzer-von-facebook (Stand: 30.12.2015)
5 Vgl. Müller-Birn; Gronau 2010, S. 2 f.
6 Vgl. Castells 2005, S. 9
7 Vgl. Hepp et al. 2006, S. 9 ff.
8 Vgl. Castells 2005, S. 10
9 Vgl. Angermeyer; Klusmann 1989, S. 7
10 Vgl. Weyer 2014, S. 8
11 Vgl. Schenk 1995, S. 19
12 Vgl. Angermeyer; Klusmann 1989, S. 17 f.
13 Vgl. Luhmann 2004, S. 63 f.
14 http://www.paulwatzlawick.de/axiome.html (Stand: 04.01.2016)
15 Furth 2010, S. 4
16 Vgl. Droste 2010, S. 647
17 Vgl. Weber 2015, S. 78
18 Vgl. Bibel 2003, S. 92
19 Vgl. Maslow 2000, S. 3 f.
20 Vgl. Goble 2004, S. 56
21 Vgl. Heidbrink; Lück; Schmidtmann 2009, S. 21
22 Vgl. Kim 2001, S. 17 f.
23 Vgl. Schenk 1995, S. 21 ff.
24 Vgl. Heidbrink; Lück; Schmidtmann 2009, S. 22 ff.
25 Knischek 2011, S. 193
26 Vgl. Lies 2012, S. 367
27 https://suegreenwood.wordpress.com/2014/01/23/boyd-d-and-ellison-n-2007-social-network-sites- definition-history-and-scholarship, zitiert nach Boyd & Ellison, 2007 (Stand: 05.01.2016)
28 Vgl. Damiani; Lytra; Odóñez de Pablos 2009, S. 2 ff.