Masterarbeit, 2019
165 Seiten, Note: 1 mit Auszeichnung
Kurzzusammenfassung
Abstract
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Problemaufriss und Zielstellungen
2.1 Problemstellung
2.2 Zielsetzung und Fragestellung
2.3 Methodik
3 Begriffsbestimmung zu CS unplugged
3.1 Vorüberlegungen
3.1 Begriffsbestimmung
3.2 Entstehung und Herkunft des Konzeptes CS unplugged
3.3 Nachhaltigkeit und Bildungswert von CS unplugged
3.4 Relevanz im schulischen Kontext
3.5 Begriffsbestimmung Computational Thinking
3.6 Konstruktivismus und Konstruktionismus
3.7 Vom prozeduralen Denken zum Computational Thinking
3.8 Vielfalt der Definition von Computational Thinking
4 Hintergrund und «Related Works»
4.1 Stand der Forschung von CS unplugged
4.2 Weiterentwicklung von CS unplugged
4.3 CS unplugged und Computational Thinking
4.4 Assessment von CS unplugged und Computational Thinking
4.5 Definitionen «Wohlbefinden», «positiven Emotionen» und «Zufriedenheit»
4.6 Nominaldefinition «Wohlbefinden»
4.7 Emotion
4.8 Zufriedenheit
4.9 Abgrenzung der Begriffe Wohlbefinden und Zufriedenheit
4.10 Theoretischer Hintergrund
4.11 Wohlbefinden der SuS an Steiner Schulen in der Schweiz
4.12 Wirkung von gestaltbaren Faktoren im Unterricht
5 Lernen
Vorbemerkungen
5.1 Exekutive Funktionen
5.2 Exekutive Funktionen in der Arbeit mit CS unplugged
5.3 Lernphasen
5.4 Lernen im Unterricht
5.5 Vorbereitete Umgebung
6 Das Forschungsprojekt
6.1 Informatische Bildung in der öffentlichen Schule
6.2 Vorprojekte
6.2 Assessment
7 Empirische Untersuchung
7.1 Grundlagen und Ziele
7.2 Forschungsfragen und Planung
7.3 Hypothesenbildung
7.4 Statistisches Hypothesenpaar
7.5 Gütekriterien
7.6 Der Forschungsablauf
7.7 Treatment und Arbeitsmaterial
7.8 Test zu Wohlbefinden und Computational Thinking
8. Untersuchungsdesign und Ablauf
8.1 Stichprobe
9. Forschungsergebnisse
9.1 Deskriptive Statistik
9.2 Testergebnisse
9.3 Histogramme
9.4 Analytische Statistik und Signifikanz
9.5 Signifikanztests und T-Test für unabhängige Stichproben
9.6 T-Test für die Mittelwertsgleichheit
9.7 ANOVA-Test
9.8 Ergebnisinterpretation
10 Zusammenfassung und praktische Relevanz
11 Diskussion
11.1 Diskussion der Study Limitations
11.2 Ausblick
Literaturliste
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Daten
Legende der Testfragen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In dieser Arbeit wird Computer Science unplugged für den Bereich Algorithmen mit Fokus auf das Computational Thinking erforscht. Computer Science unplugged vermittelt Konzepte aus der Informatik ohne den Einsatz des Computers. Das Forschungsprojekt mit Schülerinnen und Schülern der Klassen 6, 8 und 9 aus zwei Rudolf Steiner Schulen in der Schweiz findet im Vergleichsgruppendesign statt. Die Studie untersucht, ob CS unplugged mit Bewegungsintervention (Treatment) Computational Thinking verbessern kann und ob es einen wesentlichen Unterschied in den Testergebnissen der Gruppen gibt, die CS unplugged mit oder ohne Bewegungsintervention absolviert haben. Ausserdem wird erforscht, ob das individuelle Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit Bewegungsintervention besser ist als das der Vergleichsgruppe. Die Ergebnisse des Computational Thinking Tests belegen, dass CS unplugged Computational Thinking in der Kontrollgruppe signifikant (p = .016) und in der Gruppe mit Bewegungsintervention mit hoher Signifikanz (p = .000) verbessern kann. Das individuelle Wohlbefinden in der Gruppe mit Bewegungsintervention wird nicht signifikant gesteigert. Aus dem Konstrukt Wohlbefinden kann eine signifikante positive Korrelation mit dem Item “Interesse an Programmierung” in der Treatmentgruppe festgestellt werden (p = .039).
This paper presents research on the use of the algorithm unit of Computer Science unplugged with focus on computational thinking. Computer Science unplugged conveys computer science concepts without the use of a computer. The research project described herein involves 6th-, 8th- and 9th-class pupils at two Swiss Rudolf-Steiner Schools and includes control groups. The project investigates (1) whether CS unplugged combined with a physical-activity intervention (treatment) can improve computational thinking, (2) if there is a significant difference in the test results of the groups with and without physical-activity treatment and (3) if the individual well-being of pupils with physical-activity treatment during classtime is better than that of pupils in the control group. The test results for computational thinking show that CS unplugged improved computational thinking significantly in the control group (p = .016) and highly significantly in the group with physical-activity treatment (p = .000). There was no significant improvement in the individual well-being of pupils in the group with physical-activity treatment. In connection with the well-being construct, a significantly positive correlation was observed with respect to the item “Interest in Programming“ (p = .039).
Die Idee, eine Arbeit zum Thema Informatik mit dem Schwerpunkt Algorithmen zu verfassen bekam ich in einem Modul an der Donau- Universität Krems. Dort vertiefte ich meine Kenntnisse in Programmierung mit Scratch und befasste mich erstmals mit Computational Thinking. Zum gleichen Zeitpunkt erlangte ich Kenntnis über das Unterrichtsarrangement Computer Science unplugged (CS unplugged) und begann in der Computerkunde der Oberstufe das Thema Programmierung mit CS unplugged zu bearbeiten. Daraus entstand ein einjähriges Projekt, an dem sich Schulen an zwei Standorten beteiligten, und dessen Abschluss mit dieser Arbeit vorliegt. Das Thema Computer Science unplugged und die Aspekte zum Computational Thinking entpuppten sich als spannendes Arbeitsfeld, das längst noch nicht erschöpfend erforscht ist. Im Anhang dieser Arbeit befindet sich die detaillierte Dokumentation der methodischen Schritte der einzelnen Lektionen und die Arbeitsergebnisse.
Durch die finanzielle Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft der Rudolf Steiner Schulen in der Schweiz und Liechtenstein konnte diese Forschungsarbeit in Winterthur und Zürich umgesetzt werden. Ich bedanke mich für das Vertrauen der Schulleitungen und Kollegien der Rudolf Steiner Schule Winterthur und der Rudolf Steiner Schule Zürich Plattenstrasse; Mein Dank gilt den Klassenlehrpersonen der involvierten Klassen, den Schülerinnen und Schülern, die sich auf die experimentelle Situation einliessen und den Elternhäusern, die mir ermöglichten, alle Arbeitsschritte fotografisch zu dokumentieren. Ich hoffe, dass die Gespräche und Diskussionen mit “Critical Friends”, in denen das Potential und die Limitierung von CS unplugged und viele Fragen zum Computational Thinking diskutiert wurden, nicht abreissen. Nicht zuletzt wurde durch dieses Projekt mein eigener Lernprozess stets neu belebt.
Besonders bedanke ich mich für die Unterstützung und Ermutigung, die ich von meiner Betreuerin Prof. Dr. Paula Bleckmann und von Thomas Wernbacher, MA, erfuhr. Ein besonderer Dank gelten meiner Familie und meinem Mann Rüdiger, der mir Rückhalt und Ermutigung für diese Arbeit schenkte.
Während der Medienwissenschaftler R. Lankau postuliert: ”Kinder sollen lange ohne Display aufwachsen...” (Lankau 2017), berichtet ein Erziehungs- und Bildungsmagazin: “Primarschüler lernen zu programmieren: (...) In einer zunehmend technologisierten Welt werden Programmierkenntnisse für die Zukunft von Kindern entscheidend sein. Grund genug, dass schon Primarschüler programmieren lernen” (Fritzi und Fränzi, 2015). Privatschulen der Schweiz haben die Möglichkeit, ihre Lehr- und Lerninhalte methodisch-didaktisch nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, wohingegen öffentliche Schulen ab Klasse 5 das Thema Programmierung mit Einsatz digitaler Technik umsetzen müssen.
Um Kinder und Jugendliche auf eine zunehmend digitalisierte Welt vorzubereiten, implementieren Bildungsverantwortliche Medien und Informatik in den Unterricht. Die Fähigkeit, konzeptionelles Denken im Bereich digitaler Technologien anzuwenden, heisst “Code Literacy” und gilt neben “Digital Literacy”, der Fähigkeit Lesen, Schreiben und Rechnen an digitalen Geräten durchzuführen, als Basiskompetenz. Neben den genannten Basiskompetenzen gilt “Computational Thinking” (CT) als Grundvoraussetzung, um im Bereich Informatik und angrenzender Fächer erfolgreich arbeiten zu können. Allgemein geht man davon aus, dass ein souveräner Umgang mit Digitaltechnik Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben in einer partizipativen Gesellschaft ist.
Im schulischen Setting findet Informatikunterricht fast ausschliesslich am Computer statt. Voraussetzung dafür sind lauffähige Computer, Softwarelizenzen, Anwendungskompetenzen der Lehrenden und Lernenden, zielführende methodisch-didaktische Konzepte und eine funktionierende digitale Infrastruktur. Angebote wie xLogo und Scratch (www.sctatch.mit.edu) stellen grafische Oberflächen zur Verfügung, um Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen erste Schritte im Programmieren zu vermitteln.
CS unplugged ist eine Sammlung von Aktivitäten, die Konzepte aus der Informatik analog und produktunabhängig im Team erlebbar und erlernbar macht. Allen Aktivitäten ist gemein, dass sie an verschiedene Altersgruppen angepasst werden können und das hinter der einzelnen Aktivität stehende Konzept aus der Informatik erlernbar macht. Durch ein vertiefes Verständnis für ein Konzept können Anwenderinnen und Anwender ihr erlangtes Wissen in jeden digitalen Bereich transferieren. Die insgesamt 24 Aktivitäten fokussieren Bereiche wie z.B. “Programmierung”, “Algorithmen”, “Endliche Zustandsautomaten” oder “Binäres Zahlenystem”. Alle Aktivitäten sind in verschiedenen Sprachen erklärt und mittels Creative Commons frei verfügbar. Neben Videos, Anleitungen und Beschreibungen sind auch Arbeitsblätter zum Download verfügbar. Benötigte Arbeitsmaterialien sind Bleistift, Papier, Kreide und bei Bedarf Gegenstände aus der Alltagswelt. Für das vorliegende Forschungsprojekt sind zusätzlich Bewegungsräume mit und ohne Tische und Stühle nötig.
Um Konzepte aus der Informatik verstehen und anwenden zu können, ist Computational Thinking (Wing, 2006) relevant Dabei handelt es sich um ein analytisches Denken, das sowohl für Programmierung als auch für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) relevant ist und kann als problemlösendes Denken beschrieben werden. Dieses gilt als weitere Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Diese Forschungsarbeit untersucht, ob es bei Schülerinnen und Schülern (SuS) der Altersstufen 6,8 und 9 mit CS unplugged (www.csunplugged.org) zu einer Steigerung von CT kommt. Weiter untersucht die Arbeit, ob mit einer zusätzlichen Bewegungsintervention (Treatment) diese Leistung gesteigert werden kann und ob es einen wesentlichen Unterschied macht, ob CS unplugged mit und ohne Bewegungsintervention unterrichtet wird. Ausserdem fokussiert die Arbeit sich auf die Frage, ob die Bewegungsintervention zu einer Steigerung des individuellen Wohlbefindens der SuS während der Informatiklektion führt.
Der erste Teil formuliert die Zielstellung, vier Forschungsfragen und die Methodik.
Im 2. Teil werden semantische Definitionen zu “CS unplugged”, “Computational Thinking” und “Wohlbefinden” (WB) gegeben. Alle drei Bereiche werden als Konstrukte aufgefasst, deren Fokus beim schulischen Kontext liegt. Es werden auch aktuelle Ausprägungen (“Frameworks”) der Konstrukte berücksichtigt und vorgestellt.
Es folgt im 3. Teil der aktuelle Forschungsstand zu den Bereichen. Alle mir bekannten wissenschaftlich gesicherten Befunde werden ausführlich reflektiert. Die Forschungslücke und das daraus resultierende Forschungs-Design werden dargelegt.
Im 4. Teil wird das Forschungsprojekt beschrieben. Dem Projekt gehen zwei Vorprojektphasen voran, in denen verschiedene Arten und Themen bearbeitet wurden.
Der 5. Teil behandelt das Thema Lernen und “exekutive Funktionen”.
Der 6. Teil erläutert das Vorgehen bei der Auswahl der Stichproben, Auswahlkriterien für die einzelnen Unterrichtslektionen und den abzufragenden Content Knowledge.
Im 7. Teil sind die Testergebnisse sowohl der CT Tests als auch der Fragebögen zum individuellen WB in den Vergleichsgruppen.
Der 8. Teil enthält die Beschreibung des Untersuchungsdesigns und den Ablauf des Projektes.
Im 9. Teil werden die Forschungsergebnisse ausgeführt.
Der 10. Teil enthält die Zusammenfassung und die praktische Relevanz der Ergebnisse.
Im 11. Teil befindet sich Diskussion und die Study Limitations.
Die Arbeit richtet sich an Lehrpersonen von Privat- und öffentlichen Schulen, die in der Informatik den Bereich “Algorithmen” mit analogen Mittel bearbeiten möchten. Die ermutigenden Testergebnisse dieses Praxisforschungsprojektes sowohl der Treatment- als auch der Kontrollgruppe im CT Test zeigen, dass CT mit analogen Mitteln verbessert werden kann. Dieses Ergebnis hat praktische Relevanz! Lehrpersonen können mit CS unplugged CT im Bereich Algorithmen verbessern, ohne der Computer einzusetzen. Für die praktische Umsetzung befindet sich Im Anhang der Arbeit eine detaillierte Dokumentation der Unterrichtslektionen und deren Arbeitsergebnisse.
Die «Industrielle Revolution 4.0», bringt einen grundlegenden Wandel in allen Bereichen des menschlichen Lebens mit sich. Bildungsinstitutionen definieren neue Bildungsziele. Unter dem Schlagwort «Schule 4.0» verankert das österreichische Bundesministerium für Bildung 2018 einen Masterplan, der Schülerinnen und Schülern Kompetenzen in den Bereichen Medienkompetenz, kritischen Umgang mit Informationen und Daten, Sicherheit im Netz und Wissen über Technik, Coding und Problemlösung vermittelt. «Digital Literacy», die Fähigkeit an digitalen Geräten zu lesen, schreiben und zu rechnen, gilt als Schlüsselkompetenz. In der Schweiz legt der Lehrplan der deutschsprachigen Kantone fest, dass Computeranwendungen und informatische Bildung in der öffentlichen Schule bereits ab der Elementarstufe als Teil des Bildungsplanes eingeführt werden. Um Digital Literacy zu verankern, müssen Infrastruktur ergänzt, Lehrende in Fortbildungen geschult und bestehende Lehrpläne mit neuen Lehr- und Lerninhalten systematisch mit Plänen aus dem Bereich der Digitalisierung ergänzt werden. Gleichzeitig verankert der LP 21 der Schweiz “Gesundheitsbildung und Prävention” als fächerübergreifendes Thema. Digital Literacy im engen Verständnis spielt eine ambivalente Rolle in Bezug auf problematische Bildschirmnutzung. So muss Digital Literacy als Bildungsziel immer auch im Verständnis der Gesundheitsbildung und Prävention in den Blick genommen werden.
Neben Digital Literacy und Code Literacy ist CT eine weitere Schlüsselqualifikation im 21. Jahrhundert. CT ist nicht nur nötig, um zu programmieren und Algorithmen zu verstehen. Auch die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) haben das CT als Grundlage und wird weltweit in den Curricula verankert. Die Umsetzung der definierten Bildungsziele in diesem Bereich stellt Schulen vor immense finanzielle und strukturelle Aufgaben: Qualifikationen der Lehrkräfte, Lehrmittel und Prüfverfahren und Didaktische Konzepte zur Umsetzung müssen entwickelt und erweitert werden.
Digital Literacy und CT gelten als Voraussetzung für eine Partizipation an zukünftigen Entwicklungen: Aufgrund der Lebenswelt-, Berufswelt- und Bildungsperspektive der Schülerinnen und Schüler sollen diese lernen, mit Hilfe digitaler Technik an Problemlösungen in allen Bereichen zu arbeiten. Im Schweizer Lehrplan 21 (LP 21) wird CT als «Problemlösungsstrategie» bezeichnet. Unter diesem Begriff versteht man Fähigkeiten, komplexe Probleme mittels Nutzung digitaler Werkzeuge kollaborativ zu lösen. CT soll eine grundlegende Orientierungsfähigkeit in der Informationsflut der sich rasch wandelnden Gesellschaft und ein Verständnis für komplexe Zusammenhänge im Bereich Informatik geschaffen werden.
Die Rudolf Steiner Schule Winterthur erhebt den Anspruch, Kinder und Jugendliche entsprechend ihrer altersgemässen Entwicklung zu bilden und zu fördern. Neben kognitiven Fächern finden sich gleichwertig handwerklich-künstlerische Bereiche in der Lektionentafel. Gemäss dem Leitbild der Schule dient der Bildungs- und Erziehungsraum Schule der Fähigkeitsentwicklung und der Reifung des Menschen. Für diese Reifung sind alters- und entwicklungsabhängige Bedingungen nötig. Schulzimmer der Rudolf Steiner Schule sind Freiräume für die sensomotorische, soziale und real-weltliche Entfaltung der Schülerinnen und Schüler. Die Pflege der Klassengemeinschaft, eine kontinuierliche Klassenlehrerzeit von erster bis sechster Klasse tragen diesem Grundsatz ebenso Rechnung wie vielfältige Unternehmungen, ausserschulische Lager und gemeinschaftliche Exkursionen, in denen SuS Erfahrungen mit Kunst, Natur und musischen Tätigkeitsfeldern sammeln. Das Alleinstellungsmerkmal der RSSW ist die besondere methodisch-didaktische Gestaltung des Unterrichtes und der Kanon der Unterrichtsfächer: Formenzeichnen, Eurythmie und Gartenbau sind die bekanntesten Alleinstellungsmerkmale. Ein schuleigenes Medienkonzept der RSSW legt fest, ab wann Kinder und Jugendliche an digitalen Medien unterrichtet werden. Dieses Konzept orientiert sich an den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen und fusst auf neuesten Erkenntnissen der Medienwirkungs- und Kognitionsforschung.
In der Rudolf Steiner Schule Winterthur ist in einem standortspezifischen Medienkonzept (www.rssw.ch/downloads) festgelegt, dass das Schulzimmer ein Ort des schöpferischen Spielraumes, der Begegnung und der Eigentätigkeit ist. Diese Ermöglichungsräume sichern und gewährleisten eine altersgemässe Entwicklung. Das Medienkonzept betont die Relevanz dieser Entwicklungsräume und steht der weitverbreiteten Meinung entgegen, Steiner Schulen betrieben einen bewahrpädagogischen Ansatz. Das Medienkonzept wendet sich ebenso gegen die landläufige Haltung, Kinder und Jugendliche würden durch frühen Einsatz und Gebrauch der digitalen Medien medienkompetent. Dem Medienkonzept kann man entnehmen, dass Anwendungsfähigkeiten am PC, Laptop und punktueller Einsatz des Smartphones ab der siebten Klasse in der Computerkunde an digitalen Geräten geübt wird. Hinzu kommen kritische Reflexion über Medien und Themen aus dem Bereich «Nachhaltige Entwicklung» (NE). In der Durchführung der Lektionen für Computerkunde wird stets auf einen handlungsorientierten Ansatz geachtet. Das Medienkonzept folgt dem Ansatz der Medienmündigkeit: Anders als bei Medienkompetenz, die technische Anwendungsfähigkeiten adressiert, impliziert der Begriff Medienmündigkeit eine Reife des Mediennutzers. So beschreibt P. Bleckmann, dass Medienmündigkeit im engen Sinne Volljährigkeit und im erweiterten Sinne die Fähigkeit des Menschen zur sittlichen, geistigen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Selbstbestimmung meint. “In der heutigen Zeit kommt die ‘mediale’ Selbstbestimmung hinzu. Medienmündig kann nur sein, wer seine eigenen langfristigen Ziele und Bedürfnisse kennt, wer die unterschiedlichen Medien mit ihren Chancen und Risiken, mit ihrem Potential zur Befriedigung dieser Bedürfnisse einschätzen und diese Überlegungen und Erwägungen in Entscheidungen im Alltag umsetzen kann.” (Bleckmann, 2015, S.34) Für den in der Schweizer Lehrplan 21 2017/18 neu hinzugekommenen Bereich der informatischen Grundbildung gibt es bislang kein Konzept an der RSSW.
Es gibt keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse darüber, ob und wie der Bereich informatische Bildung an Steiner Schulen unter Berücksichtigung der im Medienkonzept formulierten Grundsätze umgesetzt werden kann.
Informatische Grundbildung mit den Bereichen Algorithmen, Datenstrukturen, Informationssysteme wird bis anhin weder am Standort Winterthur noch an anderen Steiner Schulen umgesetzt. Die fehlende Kongruenz mit den öffentlichen Schulen bezüglich des Zeitpunkts, ab wann digitale Medien im Unterrichtsalltag eingesetzt werden, stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Die vorliegende Arbeit untersucht ein Unterrichts-Arrangement, das den Grundsätzen und Leitlinien des Medienkonzeptes in verschiedenen Bereichen entgegenkommt. Die im Arrangement CS unplugged formulierten Grundsätzen (CS unplugged Design Patterns), wonach Lerninhalte der Informatik gemeinschaftlich, sensomotorisch anregend, bewegungsgestützt, produktunabhängig und ohne digitale Geräte vermittelt werden, kommen dem Medienkonzept entgegen und bilden den Ausgangspunkt für die vorliegende Forschungsarbeit. Besonders die Tatsache, dass CS unplugged Konzepte aus der Informatik darbringt, verdient Beachtung und lädt ein, dieses Konzept, seine Effekte, sein Potenzial und seinen Stellenwert im schulischen Konzept der RSSW auszuloten.
In mehreren Klassen werden Bereiche aus der Informatik mit Schwerpunkt “Algorithmen” im Unterrichts-Arrangement CS unplugged bearbeitet. Dieses Unterrichts-Arrangement fokussiert kinästhetische, motorische und teambasierte Aktivitäten im Bereich Informatik ohne digitale Geräte. CS unplugged nimmt für sich in Anspruch, Fähigkeiten des CT zu entwickeln und zu fördern. Diese werden als Grundlage für die Problemdarstellung und -lösung in der Informatik betrachtet. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wird untersucht, ob Interventionen mit CS unplugged bei den Schülerinnen und Schülern Fähigkeiten im Bereich CT verbessern können und ob es hinsichtlich des CT einen Unterschied macht, ob in den evaluierten Lektionen eine Bewegungsintervention stattfindet, oder nicht. Die Ergebnisse der Arbeit werden anhand eines standardisierten Tests erhoben. Des weiteren soll erforscht werden, ob eine Bewegungsintervention das individuelle Wohlbefinden in den CS unplugged Lektionen steigern kann.
Die Forschungsfragen lauten daher:
F1: Können Aktivitäten mit CS unplugged in einer analogen blockbasierten Programmierumgebung bei Schülerinnen und Schülern die Leistung im Computational Thinking steigern?
F2: Können Aktivitäten mit CS unplugged in einer analogen blockbasierten Programmierumgebung und einer Bewegungsintervention bei Schülerinnen und Schülern die Leistung im Computational Thinking steigern?
F3: Werden die Fähigkeiten im Bereich Computational Thinking bei Schülerinnen und Schülern durch CS unplugged Aktivitäten mit Bewegungsintervention im Vergleich zu CS unplugged mit Normalunterricht verbessert?
F3: Kann bei Schülerinnen und Schülern durch CS unplugged mit Bewegungsintervention das individuelle Wohlbefinden in der Informatik-Lektion verbessert werden?
Die vorliegende quantitative empirische Arbeit behandelt sowohl das theoretische Konzept CS unplugged, CT im Bereich der Algorithmen als auch das individuelle Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler. Dazu werden zwei divergierende Unterrichtsarrangements präsentiert. Während die Kontrollgruppe die Unterrichtslektionen mit CS unplugged mit Tafelanschrieb, Beamer, Arbeitsblatt und taktilen Aktivitäten absolviert, ist in der Treatmentgruppe zusätzlich eine Bewegungsintervention enthalten: Beide Gruppen haben die Aufgabe, nach dem Input zu Beginn der Lektion, in der die Aufgabenstellung formuliert wird, das jeweilige Thema der Lektion in eigenen Projekten zu bearbeiten. Die Treatmentgruppe “bewegt” zu Beginn zusätzlich die von ihnen festgelegten Wege und Richtungen: Die SuS gehen mit Schritten und Wendungen die Wege. Im Anschluss daran fixieren beide Gruppen ihren Algorithmus als Bewegungsabfolge auf einer analogen Programmieroberfläche. In der Treatmentgruppe sind keine Tische und Stühle vorhanden. Die SuS befinden sich bewegend auf einem grossen Programmierteppich und sitzen, wenn der Algorithmus auf dem Papier fixiert wird, umgeben von der Programmierumgebung, auf dem Boden. Die Kontrollgruppe führt diesen Teil nur am Blatt aus. Beide Vergleichsgruppen arbeiten in Kleingruppen zu 2-3 SuS. Die Testung der Fähigkeiten im CT für den Bereich Algorithmen findet mittels standardisiertem Testverfahren statt. Zusätzlich wird mittels standardisiertem WHO- Test das WB allgemein und mittels erstelltem Fragebogen das individuelle WB in den CS unplugged Lektionen retrospektiv abgefragt. Die Fragebogen sind mit einer ordinalskalierten Zustimmungsskala versehen (zw. 0 und 5 Punkten).
Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden mehrere Klassen mit dem Unterrichtsarrangement CS unplugged im Bereich Algorithmen unterrichtet. Dazu werden Schulen an zwei Standorten (Winterthur und Zürich) ausgewählt und jeweils die 8. und 9. Klasse in repräsentative Vergleichsgruppen geteilt. Am Standort Winterthur nimmt zusätzlich eine 6. Klasse teil. Eine Baseline-Gruppe wird, um Referenzwerte zu erhalten, zusätzlich getestet (Klasse 7 und 8). Diese Gruppe erhält überhaupt keine Intervention. Die gesamte Stichprobe beträgt Nges=119 Schülerinnen und Schüler mit CS unplugged ohne/mit Treatment. Die genannten Treatment- und Interventionsklassen werden unmittelbar nach Beendigung der Intervention (4 Doppellektionen) zu einer Testung zum Computational Thinking und zum individuellen Wohlbefinden herangezogen.
Der rasante Wandel in der Informationstechnologie erfordert eine neue Sichtweise auf schulische Lerninhalte und Fähigkeiten, die Kinder und Jugendliche erlangen müssen, um produktiv und nicht nur konsumorientiert ihr Leben gestalten zu können. Ein Nachhaltigkeits-Entwicklungsziel der UN sieht vor, den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologie signifikant zu verbessern und bis 2020 weltweit erschwinglichen Internetzugang zu ermöglichen. Künstliche Intelligenz und Hochleistungsroboter werden nicht nur im industriellen Bereich eingesetzt; sie greifen auch steuernd in menschliches Leben ein: «Predictive Analytics» erstellt aus verwendeten Daten Analysen, Statistiken und prädiktive Modelle für vorhersagbare Ereignisse. Der Lehrplan 21 der öffentlichen Schule in der Schweiz trägt dieser Entwicklung Rechnung und implementiert im Schuljahr 2017/18 die Bereiche Datenstrukturen, Algorithmen und Informatiksysteme ab Klassenstufe 5 in die Lektionentafel.
CS unplugged ist eine Sammlung von Aktivitäten, die 1995 von den Informatikern Tim Bell, Ian Witten und Michael Fellows zusammengestellt wurde, um Probleme aus der Informatik durch Hands-on Aktivitäten, Bewegung und Teamwork lustvoll zu veranschaulichen und erlernbar zu machen. Zahlreiche YouTube-Videos dokumentieren die Umsetzung der Aktivitäten im schulischen Kontext. CS unplugged wird weltweit in Schulen angewendet und vermittelt informatische Bildung ohne den Einsatz von Computern. Schülerinnen und Schüler, die sich im Rahmen des Informatik-Unterrichtes mit den Aktivitäten befassen, werden zu kreativen Problemlösungen angeregt. Der erfolgreiche Einsatz von CS unplugged ist Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Forschung (vgl. Vahrenhold &Thiess, 2012, 2013, 2016, Brackmann et al., 2017, Rodriguez, 2016) und wird an mehreren Primarschulen der Schweiz praktiziert. Zahlreiche Fortbildungsangebote der pädagogischen Hochschulen der Schweiz zeigen den steigenden Bedarf von CS unplugged. CS unplugged Aktivitäten und die darin enthaltenen Aspekte des CT wurden 2012 weltweit erstmals im Curriculum von England zur Umsetzung in allen Altersstufen empfohlen. Lehrbücher und «Grassroot»-Initiativen greifen das Konzept von CS unplugged auf und entwickeln es fortlaufend weiter.
Computer Science unplugged (CS unplugged) setzt sich aus den Wörtern Computer Science (engl.: Informatik) und unplugged (engl.: sinngemäss: ohne Stecker, ausgesteckt) zusammen. Das Wort «Informatik» ist eine Zusammensetzung der Wörter «Information» und «Mathematik». Der Begriff «Informatik» stammt von Karl Steinbuch: Informatik ist die «Wissenschaft der systematischen Darstellung, Speicherung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen, besonders der automatischen Verarbeitung mit Hilfe von Digitalrechnern». (Wahrig, 2000) Im Duden wird «Informatik» als «Wissenschaft von den elektronischen Datenverarbeitungsanlagen und den Grundlagen ihrer Anwendung» definiert (Duden, 2015). Dies führt zur ersten, rein semantischen Definition von CS unplugged:
Computer Science unplugged ist «Informatik ohne Computer»
Die ersten CS unplugged-Aktivitäten wurden 1997 von Bell et al. konzipiert und in einer «Draft Version» unter «Computer Science unplugged ...Offline activities and games for all ages» 1998 offline publiziert (Bell et al., 1998). Ursprünglich waren die Aktivitäten dazu gedacht, technikaffine Kinder und Jugendliche in Freizeitprogrammen für den Bereich Informatik zu begeistern. Sie sollten dazu dienen, das Bild des Informatikers als einsamen “Nerd” am Bildschirm zu korrigieren. Ausserdem beabsichtigte Tim Bell, Informatik verständlich und anschaulich zu präsentieren, um dadurch einen spannenden Zugang für alle Altersgruppen zu ermöglichen. “This work started 25 years ago with being asked to explain what I did for a living to my son’s Year 1 class when he had just started at primary school and I had no idea that would lead to an international project involving hundreds of people and used in dozens of countries around the world. (...) I like finding things that people say are impossible, then coming up with a solution. There was nothing exciting I could do on a computer that would be interesting for five-year-olds, so what if there were no computers? I gave myself that challenge and it forced me to think outside the box.” (T. Bell, 2018 S. 25) Bis 2006 sind keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu CS unplugged bekannt. Erst als Jeanette Wing 2006 (Wing, 2006) ihre Forschung zum Computational Thinking veröffentlichte, gewann CS unplugged zunehmend Beachtung.
Beat Döbeli: «Das Konzept von CS unplugged macht Konzepte der Informatik handfest erfahrbar, befreit sie vom produktspezifischen Ballast und zeigt implizit die Langlebigkeit der vermittelten Inhalte. Die Arbeit am Computer ist sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch bei Lehrkräften mit Erwartungshaltungen verbunden, die durch ‘Computer Science Unplugged’ vermieden werden können. Insbesondere zeigt dieses Projekt aber exemplarisch auf, dass Informatik nicht die Wissenschaft vom Computer sondern die Wissenschaft der strukturierten und automatischen Informationsverarbeitung ist.» (Döbeli, 2017 S. 100)
Schülerinnen und Schüler, die sich mit CS unplugged Aktivitäten befassen erleben bei der Problemlösung, dass sie
- Wichtiges von Unwichtigem trennen müssen,
- ein grosses Problem in kleine Teile zerlegen können,
- Muster erkennen können,
- im Bereich Algorithmen: genaue Schritte und Regeln definieren.
Vorteile des Konzepts CS unplugged lassen sich so zusammenfassen:
- Mit Computer Science unplugged lassen sich folgende Aussagen implizit vermitteln:
- Informatik ≠ Computer
- Informatik ≠ Programmieren
- Informatik ≠ schnelllebig
- Informatik lässt sich auch einfach erklären
- Konzepte können im wahrsten Sinne des Wortes „begriffen“ werden
- Bestehende (positive und negative) Vorurteile gegenüber Computern fallen weg
- Es wird keine teure Infrastruktur benötigt
- Die Beispiele funktionieren auch nach einem Jahr noch ohne Update
- Der Vorbereitungsaufwand ist meist geringer
- Es geht keine Zeit mit Produktdetails verloren
- Die Beispiele funktionieren unabhängig davon, ob gerade wieder eine neue Softwareversion installiert wurde oder das WLAN streikt. (vgl. http://ilearnit.ch)
Ein ernüchternder Bericht der CSTA «Running On Empty: The Failure to Teach K–12 Computer Science in the Digital Age» dokumentiert 2003, dass es trotz steigenden Bedarfs nicht gelingt, informatische Grundbildung in den Schulen zu verstärken, sondern im Gegenteil in den Bildungseinrichtungen ein Rückgang des Interesses für Informatik zu verzeichnen ist. Die Association for Computing Machinery (ACM) empfiehlt deshalb, CS unplugged als Unterrichtsgegenstand in den Lehrplan von England aufzunehmen. Die Aktivitäten sollen auch eingesetzt werden, um das Berufsbild des «Informatikers/der Informatikerin» zu korrigieren. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen dokumentieren, dass durch CS unplugged Aktivitäten das Bild bei Sekundarschülerinnen und Sekundarschülern zwar korrigiert, das Interesse der Schülerinnen und Schüler, sich intensiver mit Informatik zu befassen, sich dennoch nicht in die gewünschte Richtung verändert. (vgl. Feaster et.al, 2011, Taub et al., 2012, Vahrenhold &Thies, 2012).
«Computational» (engl.: rechengestützt, mathematisch, algorithmisch) «Thinking» (engl.: denkend) «Computational Thinking» kann mit «mathematisch denkend» oder freier als «Denken auf mathematischen Grundlagen» oder sinngemäss mit «algorithmischem Denken» übersetzt werden. Der Biologe und Verhaltensforscher Jean Piaget befasste sich mit der Frage, wie «Lernen» stattfindet. J. Piaget erkannte, dass Lernen nicht durch verbale Vermittlung des Stoffes geschieht, sondern die vermittelten Inhalte zuerst durch Wahrnehmung und im zweiten Schritt durch Konstruktion im Lernenden aufgebaut (konstruiert) werden. Lernen ist somit einem Prozess der Selbstorganisation unterworfen (vgl. Piaget, 1973).
Aufbauend auf Piagets Konstruktivismus entwickelte Piagets Doktorand Seymour Papert den Konstruktionismus. Ausgangspunkt war Piagets Erkenntnis: ”The essence of learning occurs without being planned or organized by teachers or schools. His whole point was that children develop intellectually without being taught!” Papert beabsichtigte, den Lernprozess durch eigene Produktionstätigkeit der Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, und setzte erstmals Computertechnik in der Schule ein. Dies erlaube eigene Produktionstätigkeit mittels Programmierung. Dabei ging er davon aus, dass Anwendungen in der Informationstechnologie allen Lernenden einen mündigen Umgang unter Berücksichtigung des individuellen Bildungsniveaus ermöglichen würde: «...The question to ask about the program is not whether it is right or wrong, but if it is fixable. If this way of looking at intellectual products were generalized to how the larger culture thinks about knowledge and its aquisition we might all be less intimidated by our fears of ‘being wrong.” (Papert, 1980) Papert entwarf 1968 die Programmiersprache LOGO. “Papert’s research with students in Brookline, Mass. convinced him that children learned more efficiently if they could see a tangible result for their computing efforts. The first turtle was a physical robot (and later a virtual one) that could be programmed by Logo commands and draw geometrical shapes.” Blikstein (2013) Den besonderen Fokus legte Papert auf die Vorgehensweise beim Programmieren: »Papert pioneered the idea of children developing procedural thinking through LOGO programming” ( Grover & Pea, 2012)
2006 veröffentlichte Jeannette Wing einen vielbeachteten Artikel, der erstmals den Begriff CT als Bezeichnung für prozedurales Denken im Bereich der Informatik vorstellt. Als CT definierte sie verschiedene kognitive Fähigkeiten und Aktivitäten, die auch den Computer als Arbeitsinstrument einbeziehen können: «It represents a universally applicable attitude and skill set everyone, not just computer scientists, would be eager to learn and use” (Wing, 2006, S.33-34). Im Abschnitt «What it is and what it isn`t» gibt Wing kurze Definitionen der einzelnen Aspekte und versucht gleichzeitig eine Abgrenzung zu schaffen zur reinen programmiersprachenabhängigen Anwendung. “Computational thinking is taking an approach to solving problems, designing systems and understanding human behaviour that draws on concepts fundamental to computing” (Wing, 2006). “Computational thinking is a kind of analytical thinking. It shares with mathematical thinking in the general ways in which we might approach solving a problem. It shares with engineering thinking in the general ways in which we might approach designing and evaluating a large, complex system that operates within the constraints of the real world. It shares with scientific thinking in the general ways in which we might approach understanding computability, intelligence, the mind and human behaviour” (Wing, 2008). Wing plädiert dafür, CT nicht als eine auf den Computer beschränkte Anwendungspraxis zu betrachten, sondern eine auf den Menschen bezogene Fähigkeit, die nicht weniger als das Potenzial zu einer Zukunftsgestaltung sowohl auf kognitiver als auch auf technischer Ebene in sich trägt: «Many people equate computer science with computer programming. Some parents see only a narrow range of job opportunities for their children who major in computer science. Many people think the fundamental research in computer science is done and that only the engineering remains. Computational Thinking is a grand vision to guide computer science educators, researchers, and practioners as we act to change society`s image of the field. (...) Rather than bemoan the decline of interest in computer science, we should look to inspire the public`s interest in the intellectual adventure of the field. We`ll thus spread the joy, awe, and power of computer science, aiming to make computational thinking commonplace” (Wing, 2006 S.35).
Jeannette Wing zählt in ihrem Artikel Eigenschaften auf: «Computational Thinking is
- Conceptualizing, not programming. (...)
- Fundamental, not rote skill. (...)
- A way that humans, not computers think. (...)
- Complements and combines mathematical and engineering thinking. (...)
- Ideas, not artifacts. (...)
- For everyone, everywhere (...)”. (ebd. S.35)
CT bezeichnet eine fächerübergreifende kognitive Fähigkeit, die es Menschen ermöglicht, komplexe Probleme zu formulieren, diese abstrakt abzubilden und mittels Reflexion Lösungsmöglichkeiten zu erproben, mit und ohne Computer. CT bedeutet nicht, dass Menschen wie Computer «denken» - das können sie laut Wing ohnehin nicht: Sie sind «...dull and boring...» (ebd. S.35). Vielmehr geht es um das Lösen von Problemen: «Computational Thinking is a way, humans solve problems; it is not trying to get humans to think like computers». (ebd., S.35) 2010 konkretisieren Wing et al.: “Computational Thinking is the thought processes involved in formulating problems and their solutions so that the solutions are represented in a form that can effectively carried out by an information-processing agent.”
In einer von der Europäischen Union 2016 in Auftrag gegebene Studie zum Thema CT stellen Bocconi et al. fest: »There is a lack of consensus on the definition of Computational Thinking. In the absence of a single definition of this field, a set of core concepts and skills is again and again emerging from the literature to fill the gap” (ebd. S. 6).
Die Studie macht zwei Stränge aus: Während die einen CT als rein kognitive Fähigkeit verstehen, um Probleme zu lösen, beziehen die Vertreter der anderen Richtung die Technik mit ein: »Computational Thinking is a thought process, thus independent of technology. (...) Computational Thinking is a specific type of problem solving that entails distinct abilities, e.g. being able to design solutions that can be executed by a computer, human, or a combination of both.” (Bocconi et.al, 2016). 2011 definiert die «Computer Science Teachers Association (CSTA) und die Gesellschaft «Society for Technology in Education (ISTE):
»Computational Thinking is a problem-solving process that includes (but is not limited to) the following characteristics: formulating problems in a way that enables us to use a computer and other tools to help to solve them; logically organizing and analysing data; representing data through abstractions such as models and simulations; automating solutions through algorithmic thinking (a series of ordered steps); identifying, analysing, and implementing possible solutions with the goal of achieving the most efficient and effective combination of steps and ressources; generalizing and transferring this problem solving process to a wide variety of problems.” (CSTA&ISTE, 2011)
Um zu einem eigenen Untersuchungsplan zu gelangen, muss der Wissensstand des zu untersuchenden Bereiches angemessen reflektiert werden. Es gibt keine lange Forschungstradition im Bereich CS unplugged. Die gesicherten Ergebnisse gehen auf empirische Studien zurück, die in verschiedenen Ländern im schulischen Kontext initiiert und in Fachjournalen oder anlässlich Fachkonferenzen und Vorträgen erschienen sind. Die folgenden Quellen sind interne Papers und werden auch «graue Literatur» genannt. Schriften mit dieser Bezeichnung sind nicht in Buchform veröffentlicht, eine sorgfältige Prüfung der Relevanz und Stichhaltigkeit ist unerlässlich (vgl. Borz & Döring, 2019).
Zum Konzept CS unplugged steht eine überschaubare Anzahl gesicherter empirischer Forschungsergebnisse zur Verfügung. Diese dünne Befunddecke wird mit Ausprägungen von CS unplugged in verschiedenen Bereichen («Frameworks») ergänzt. Diese sind als solche nicht Gegenstand der Forschung, wenden aber das Konzept CS unplugged an, entwickeln es weiter und referenzieren auf Erkenntnisse der vorhandenen Forschungsergebnisse.
Folgende Papers werden, da jeweils auf dem vorangehenden aufbauend, in chronologischer Reihenfolge erwähnt.
Feaster et al. erforschen 2011 erstmals, ob bei Schülerinnen und Schülern der Mittelstufe (Kl. 8) die Ansichten («Attitudes and Views») zum Thema «Informatik» durch die Beschäftigung von CS unplugged- Aktivitäten bei SuS nachhaltig verbessert werden können. Die Forscher kommen zum Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist. Die untersuchte Gruppe von Oberstufenschülern (N=15) zeigt in der Prä- und Postbefragung nicht die gewünschte Veränderung ihrer Ansichten. Die Forscher schliessen daraus, dass SuS der Oberstufe bereits durch ihre den Aktivitäten zeitlich vorangegangenen Erfahrungen in der Informatik nicht mehr für das didaktische Konzept von CS unplugged zu begeistern sind. Ausserdem stellen sie fest, dass die SuS ein anderes Konzept von Informatik erlebt haben, das nicht mit dem des CS unplugged-Arrangements übereinstimmt (vgl. Feaster et al., 2011).
2012 wird dieses Ergebnis von einer Forschergruppe in einer weiteren Untersuchung einerseits bestätigt. Andererseits zeigt die Untersuchung aber auch, dass divergierende Ergebnisse offenbar dem in den Interventionsgruppen unterschiedlich gestalteten Unterrichtsablauf geschuldet sind. Die Forscher stellen fest, dass in einer Prä- und Postbefragung in mehreren Vergleichsgruppen kein übereinstimmendes Ergebnis erzielt wird. Taub et al. schlagen deshalb vor, dass sich weitere Forschung auch mit dem Zusammenhang von CS unplugged Aktivitäten im Hinblick auf Unterrichtsgestaltung («human factors») widmen sollte. Des Weiteren stellt die Gruppe mangelnde Klarheit bezüglich der Zuordnung der CS unplugged -Aktivitäten zu den einzelnen Konzepten aus der Informatik fest (vgl. Taub et al., 2012).
Die erste wissenschaftliche Untersuchung im deutschsprachigen Raum findet 2013 statt, mit der Forschungsfrage, ob und wie CS unplugged-Aktivitäten in den regulären Unterricht einer 8. Klasse eines deutschen Gymnasiums integrierbar sind. Renate Thies und Jan Vahrenhold der Technischen Universität Dortmund untersuchen 2012, 2013 und 2016 den Einsatz von CS unplugged im Kontext Schule und schliessen damit eine Lücke von CS unplugged, das bis dahin nur in «Outreach Programmes» evaluiert wird. Die ausgesuchten CS unplugged Aktivitäten werden in einer 8. Klasse präsentiert und finden im Vergleichsgruppendesign statt. Bei der Auswahl der Aktivitäten orientiert das sich das Forscherteam am Bildungsplan für Informatik (vgl. Vahrenhold & Thiess, 2013). Sie ordnen die CS unplugged Aktivitäten einzelnen Lernbereichen der «Revised Bloom`s Taxonomy» zu und untersuchen an einer Auswahl von drei verschiedenen Aktivitäten den «Content Knowledge» und die Wissensintegration. Während die erste Gruppe «konventionell» mittels Lehrbuchs, Arbeitsblätter, Lehrfilms und Tafelanschrieb unterrichtet wird, bekommt die Kontrollgruppe die gleichen Lehrinhalte mittel CS unplugged vermittelt. Alle drei Untersuchungen zeigen, dass zwischen den unterschiedlich unterrichteten Gruppen kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf den «Content Knowledge» ausgemacht werden kann. Die aufeinander aufbauenden Studien zeigen, dass die Lernziele einiger Aktivitäten nur ausreichend mit den dazugehörigen Konzepten der Informatik in Verbindung gebracht werden können. Dabei ist die Beschreibung der originären Aktivität relevant. Ausserdem zeigt die Untersuchung des Teams, dass den Aktivitäten von CS unplugged in ihrer originalen Version metakognitive Aspekte fehlen. Deswegen regen die Forscher an, die Aktivitäten mit Extensions «anzureichern». In der dritten und letzten Studie (2016) erhöht das Forscherteam die Anzahl der Probanden. Vahrenhold & Thies schulen dazu in einer internen Fortbildung Lehrpersonen in der Anwendung von CS unplugged-Aktivitäten, die sie dann in Klassenstufen 5,6 und 7 anwenden. Auch hier finden sich keine signifikanten Unterschiede bei den Vergleichsgruppen. Die Studie zeigt, dass die Art der Unterrichtsgestaltung und die Art, wie die LP den Unterricht präsentiert keine Relevanz auf das Content Knowledge und die Wissensintegration hat. Allerdings wird auf die Relevanz der Unterrichtsgestaltung hingewiesen («human factors») und dass es Faktoren ausserhalb des Forschungssettings gibt, auf die kein Einfluss genommen werden kann. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass CS unplugged ohne Bedenken in einer 5., 6. und 8. Klasse angewendet werden kann.
2009 erscheint eine Zusammenfassung über die bislang entwickelten Aktivitäten und Themen von CS unplugged und deren Art der Darbietung betreffend Material, Lernziel und informatisches Konzept. Das Forscherteam Nishida et al. fasst in einem gut übersichtlichen Format Features und Konzepte der Informatik und die diese Konzepte betreffende Aktivitäten zusammen. Die Aktivitäten, die die Konzepte der Informatik «matchen», und deren Patterns werden als Ausgangspunkt und Referenz für individuelles Engagement betrachtet: Eigene, selbsterfundene und verbesserte Aktivitäten sollen den Pool von CS unplugged ergänzen. Dem Forscherteam ist daran gelegen, das vorherrschende Bild der Informatik als unattraktiven, freudlosen Bildungsgang zu ergänzen: «In CS unplugged, students from elementary school ages upwards work without computers with hands-on activities that help them to understand a broad range of Computer Science topics in an engaging and motivating way.» (Nishida et al., 2009 S. 231)
Die Begründer von CS unplugged regen an, die originären Aktivitäten durch «Extensions» zu erweitern, um verschiedenen Alters- und Niveaugruppen im schulischen Kontext gerecht zu werden.
Wie facettenreich CS unplugged Aktivitäten sein können, zeigt das Beispiel von Caldwell und Smith. Mit Fokus auf verschiedene Ausprägungen von CS unplugged im Bildungsbereich werden im folgenden Teil zwei Beispiele angeführt, die den curricularen Aspekt im schulischen Kontext dokumentieren.
Barefoot CAS (Computing at school) hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Lehrkräfte mit Material und Anregungen zu unterstützen, um informatische Bildung im schulischen Kontext in Anlehnung an CS unplugged Aktivitäten zu fördern, sondern unterhält auch ein Forum für eine Barefoot Community, um weitere Vorschläge auszutauschen (vgl. Barefoot CAS, 2016). Barefoot CAS erstellt ein Framework, das sechs Konzepte fünf Herangehensweisen gegenüberstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Konzepte von Barefoot Computing At School (CAS)
Barefoot CAS fügt den Computer als Erweiterung der CS unplugged Aktivität hinzu. SuS sollen sowohl die grundlegenden Konzepte schulen als auch Anwendungsfähigkeiten an digitalen Geräten geschult werden. Barefoot CAS möchte Lehrpersonen in den genannten mit Material und Anregungen für den Unterricht mit CS unplugged unterstützen.
Die Relevanz von CS unplugged erschliesst sich bei Barefoot CAS auch durch das Computational Thinking (Wing, 2006), das in den Aktivitäten enthalten ist. Eine weitere Sammlung von CS unplugged Aktivitäten und Erweiterungen ist das 2016 veröffentlichte Lehrbuch von H. Caldwell & N. Smith für die Primarstufe in England: «Teaching Computing unplugged in Primary Schools. Exploring Primary Computing through practical activities away from computer». Caldwell und Smith erweitern die von T. Bell et al. vorgeschlagenen Aktivitäten.
In 9 Kapiteln entwerfen Caldwell & Smith informatorische Unterrichtskonzepte ohne den Einsatz von Computertechnik. In Anlehnung an CS unplugged Aktivitäten ordnen sie jedem Kapitel einen Bereich der Informatik zu: der Bezug zum National Curriculum (National Curriculum Programmes of Study) mit Hinweisen zu den Anforderungsstufen und Lernstoff ergänzt die Ausführungen ebenso wie die «Learning Outcomes» und «Cross Curricular Links». Das Buch richtet sich an Lehrpersonen für SuS aller Altersgruppen und regt an, den Bereich «Computing» in folgende drei Bereiche zu differenzieren:
- Digital Literacy
- Information Technology
- Computer Science
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Caldwell, H., Smith, N. “Teaching Computing
Unplugged in Primary Schools”
Im Praxisblog “Medienpädagogik” findet sich ein Beitrag zum Thema “Medienpädagogik unplugged - Programmieren ohne Strom” von M. Baran. Unter www.cod.org findet sich eine Sammlung analoger Aktivitäten, die für verschieden Altersgruppen ohne Computer umgesetzt werden können.
Im folgenden Teil wird CS unplugged in Verbindung gebracht mit dem CT. Die Forschung zum CT hat besonders in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen und wird häufig mit den Aktivitäten von CS unplugged in Verbindung gebracht. Man kann sagen, dass Akteure der CS unplugged Aktivitäten CT als fundamentale Fähigkeit für das Verständnis von Informatik und angrenzenden Bereichen umsetzen. Mit zunehmender Bedeutung von CT kann eine zunehmende Beachtung von CS unplugged festgestellt werden. An zwei Beispielen soll deutlich gemacht werden, wie CS unplugged im angelsächsischen Raum im Unterricht umgesetzt wird.
T. Bell (2015): «The activities also provide a very engaging way to explore “Computational Thinking”, which is gaining traction in school curricula”. Computational Thinking ist ein zentrales Element von CS unplugged: »...wie funktionieren Computer? Wie denken sie? Es geht nicht nur einfach um Programmieren und Codieren, sondern darum das «Computational Thinking« zu erlernen, um komplexe Probleme zu lösen. Um Computer zu verstehen und programmieren zu lernen, braucht es verschiedene Fähigkeiten:
- Lernen durch aktives Tun
- Lernen aus Fehlern
- vorausschauendes und vernetzendes Denken
- logisches und analytisches Denken
- Problemlösekompetenzen und das Finden eigener, kreativer Lösungswege
- mathematisches Verständnis
- Symbolverständnis
- Raumvorstellungsvermögen
- Kreativität und Vorstellungskraft
- sprachliche Kompetenzen
- Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen
- eine Aufgabe in einzelne Arbeitsschritte zerlegen und diese nacheinander ausführen (entspricht dem ‘Sequencing’ beim Programmieren) oder eine Serie von Arbeitsschritten solange zu wiederholen, bis die Aufgabe abgeschlossen ist. ‘Loop’)» (vgl. Bell et.al, 2017 adapted for classrooms by R. Adams & J. McKenzie ).
2018 wird erstmalig der Bereich CT mit einer Zusatzoption im Rahmen einer international vergleichenden Schulleistungsstudie erforscht mit der Frage, ob und in welcher Weise der Bereich CT ein Teilbereich der ICT-Literacy ist. Prof. Birgit Eickelmann (Universität Paderborn) fragt 2017 in einem Artikel zurecht, welche Kompetenzen im Rahmen der schulischen Bildung zu vermitteln und wissenschaftlich feststellbar sind. Die ICILS Studie erfragt Fähigkeiten, die mit der Digitalisierung im Zusammenhang stehen. «Dieser Bereich an sich ist eine Herausforderung für die empirische Bildungsforschung, da ein Kompetenzbereich adressiert wird, der nicht zuletzt aufgrund der technologischen und damit einhergehenden veränderten Anwendungsmöglichkeiten von neuen Technologien ständigen Änderungen ausgesetzt ist» (Eickelmann, 2017 S. 48).
Obwohl es den in 3.1 beschriebenen Forschern gelingt nachzuweisen, dass CS unplugged Arrangements geeignet sind, um informatische Bildung erfolgreich zu vermitteln, stellen S. Bocconi et al. (2016) fest: «Assessment is a crucial aspect of Computational Thinking in education that is still underdeveloped (...) with the need of further research.” Während Wissensinhalte («Content Knowledge») mit geeigneten Prüfverfahren bei Schülerinnen und Schülern verschiedener Jahrgangsstufen nachweisbar waren, widmen sich ab 2016 mehrere wissenschaftliche Untersuchungen der Frage, ob und in welchem Mass Computational Thinking in den CS unplugged Aktivitäten enthalten ist und welche evidenzbasierten Forschungsinstrumente zur Evaluation zur Verfügung stehen.
Brandon R. Rodriguez von der Colorado School of Mines 2016 widmet sich in seiner Master Thesis folgenden Fragen: «Can we develop an effective instrument to determine what Computational Thinking principles students are acquiring from the kinesthetic CS unplugged activities? What approaches can we incorporate from evidence-centered design assessment? What ideas can we employ from other Computational Thinking assessment? Do CS unplugged activities encourage Computational Thinking?” (Rodriguez, 2016 S.3) Mittels standardisiertem Fragebogen weist Rodriguez im Vergleichsgruppen-Design nach, dass den Probanden zwar ein Transfer von Computational Thinking «Skills» von CS unplugged Aktivitäten gelingt: CS unplugged Aktivitäten entwickelten Fähigkeiten, die bei der Problemlösung in angrenzenden Gebieten angewendet werden können. Die erwarteten «Scores» bleiben dennoch unter seiner Erwartung. Es bleibt offen, ob dieses Ergebnis den methodischen Problemen des Assessments oder den nicht repräsentativen Vergleichsgruppen geschuldet ist.
In einem an die Thesis angelehnten Paper kommt Rodriguez zu der Konklusion: (...) »Since Computational Thinking is fairly new, and not understood well by those outside of computer science, the activities need to provide methods to measure and convey what students are learning so that teachers and school administrators can better justify supporting these topics” (Rodriguez et.al, 2016, S. 95-100).
Den Nachweis, dass ausgesuchte CS unplugged Aktivitäten die «Skills» in CT verbessern, erbringen Brackmann et al. 2017 in einer wissenschaftlichen Untersuchung. In einem Kontrollgruppendesign (N=120) weisen sie mittels Testverfahren nach, dass die Fähigkeiten in der Interventionsgruppe signifikant höher sind als in der Kontrollgruppe. Allerdings schränken die Forscher ein, dass “...the CT Test has a (deliberately) reductionist conception of CT, which puts over-emphasis on path-finding algorithms. (...and) most of the unplugged activities carried out along the research might be considered as excessively and artificially aligned with the items of the CT Test.” (Brackmann et al., 2013).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird das schulische Wohlbefinden im Zusammenhang mit dem Unterrichts-Arrangement CS unplugged mit Bewegung fokussiert. Deshalb folgen die Nominaldefinitionen und Abgrenzungen der Begriffe «Wohlbefinden», «Zufriedenheit» und «positive Emotion». Die wissenschaftliche Literatur zum Thema «Wohlbefinden», «Zufriedenheit» und «positive Emotion» weist eine Fülle von Begriffen auf, wobei nicht alle Autorinnen und Autoren eine Klärung der Begriffe voranstellen. Zudem werden verschiedene Begriffe zugunsten einer sprachlichen Ästhetik synonym gebraucht und nicht analog zur Emotionspsychologie verwendet (vgl. Hascher, 2009). Positive Emotionen werden häufig auch mit dem Begriff des «Wohlbefindens» umschrieben. «Wohlbefinden» ist nach Hascher (2008) ein eigenständiges Konstrukt. Hascher fordert eine schärfere Abgrenzung der Definitionen von «positiven Emotionen» und «Wohlbefinden». Gleichzeitig bemängelt sie eine unzureichende Berücksichtigung der Mehrdimensionalität der Phänomene (vgl. Hascher, 2009). Die schulische Emotionsforschung würde mit der Präzisierung und Schärfung der Begriffe dazugewinnen. Dieser begrifflichen Unschärfe soll mit der folgenden Begriffsklärung und Verortung der Begriffe begegnet werden.
«Schulisches Wohlbefinden bezeichnet einen Gefühlszustand, bei dem positive Emotionen und Kognitionen gegenüber der Schule, den Personen in der Schule und dem schulischen Kontext bestehen und gegenüber negativen Emotionen und Kognitionen dominieren.” (vgl. Hascher, 2009)
Wohlbefinden bezeichnet ein gutes Befinden, Gesundheit und Wohlfühlen (Wahrig, 2008). Wohlbefinden hat kognitive und emotionale Komponenten, kann kurzfristig auftreten oder über längere Zeit andauern. Wohlbefinden bei Menschen ist von aussen nicht sichtbar. Wohlbefinden muss deshalb anhand verschiedener Indikatoren wie emotionales Erleben, Denken und Verhalten bestimmt werden. Für Wohlbefinden in der Schule sind ausserdem persönliches Interesse und Motivation für die schulischen Inhalte relevant.
Beim Begriff Emotion handelt es sich um eine vorübergehende Gefühlsregung, die konkret bestimmbar (z.B. als Erleichterung, Wut, Trauer, Freude) und meist auf ein spezifisches Ereignis (z.B. eine gute Note, ein Streit, ein Verlust, ein Lob) zurückführbar ist. Charakteristisch für Gefühlserlebnisse ist ein eher passives Erleben, d.h. sie widerfahren einer Person, erscheinen relativ spontan. Weiter, so Hascher (Hascher, 2009 S.2) sei « ... ein Merkmal von Emotion (...), dass der körperlich-seelische Zustand einer Person im Zentrum des Bewusstseins steht». Hascher schlägt für das Konstrukt «Emotionen», ein Komponentenmodell vor, in dem sich affektive, kognitive, expressive, motivationale und physiologische Anteile ausmachen lassen. Bei Götz (Götz, 20014, S.10) finden wir ebenfalls das bereits erwähnte Komponentenmodell, welches den gedanklichen Anteil der Emotion erwähnt. Emotionserleben ist schemagebunden und entsteht nicht automatisch. Emotionen zu empfinden bedeutet ein Involviert- und Berührtsein. Grundlage dafür sind Wertmassstäbe, die durch Kultur und Gesellschaft vermittelt werden (vgl. Hascher, 2009).
Zufriedenheit, so Hascher, würde «... manchmal als eine Emotion, überwiegend aber als eine (kognitive) Teilkomponente einer Emotion oder Kognition verstanden.» Dies können (...) Bewertungsprozesse, Leistungsfolgeerwartungen, oder handlungs- bzw. leistungszielbezogene Kognitionen» sein. (Hascher, 2009) Baker et al. (2008) stellen fest: «School satisfaction is the subjective, cognitive appraisal of the perceived quality of school life». Der Grad der Zufriedenheit orientiert sich nach der subjektiv wahrgenommenen Qualität des Ergebnisses. Baker und Maupin gehen der Frage nach, welche individuellen Variablen beim Untersuchungsgegenstand Zufriedenheit («School Satisfaction») relevant sind. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass dieser weder vom sozialen Status noch vom Grad der akademischen Bildung abhängt; relevante Faktoren sind der familiäre Hintergrund und die Einbettung in Freundschaftsbeziehungen. Diese sogenannten «human factors» werden durch Davis (Davis, 2007) bestätigt und ergänzt: “Classroom environment that are perceived as friendly, supportive, community-orientated, and are free of harassment are strongly associated with school satisfaction.”
T. Götz stellt eine mangelnde Trennschärfe zwischen den Begriffen «Zufriedenheit» und «Wohlbefinden» fest. Sie werden je nach Studien nicht eindeutig definiert. «Im Sinne des Konstruktivismus konstruieren Forschungstraditionen Definitionen auf Grundlage ihrer Wirklichkeitsrezeption. Das Vokabular der Definitionsbegriffe ist aus der Alltagssprache entnommen. Zur Definition der zentralen Begriffe zieht die Emotionspsychologie deshalb alltagssprachliches Vokabular heran, das mit laienpsychologischen Theorien behaftet ist. Bestimmte Emotionen haben deshalb in verschiedenen Traditionen unterschiedliche Bedeutung und sind zudem mit der «Altlast» impliziter Laientheorie behaftet (Götz, 2005, S. 12).
Auch Hascher weist auf die Schwierigkeit hin, Begriffe wie «Zufriedenheit» und «Wohlbefinden» voneinander abzugrenzen: In der pädagogisch-psychologischen Forschung ist «...von Emotionen, Gefühlen, Befinden, Wohlbefinden, ..., Affekten, Stimmungen, ..., Schul- oder Lernfreude die Rede», diese werden aber nicht geklärt (Hascher, 2006).
Zum Thema Emotionsentwicklung in der Schule gibt es in der empirisch-pädagogischen Forschung verschiedene Ansätze. Grundsätzlich lassen sich zwei Stränge ausmachen: zum einen Forschung, die die Wirkung von Schule auf Schülerinnen und Schüler ganz allgemein untersucht und zum anderen solche Forschung, die Ergebnisse zu gestaltbaren Handlungsmöglichkeiten, Emotionsauslösern, Quellen und Korrelaten positiver Emotionen sichert (vgl. Hascher, 2009). Baker und Maupin stellen fest: » Because of its roots in personality psychology, much often the literature has focused on individual difference factors associated with school satisfaction» (Baker & Maupin, 2009, S. 189). Die Studien, die «Mental Health» im Zusammenhang mit Wohlbefinden und Zufriedenheit fokussieren, zeigen mehrdeutige Ergebnisse. So gibt es zwischen Selbstwertgefühl («Self-Esteem») und Zufriedenheit eine Korrelation. Dennoch fehlen Studien, die diesen Aspekt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen kulturellen Zusammenhänge erforschen. So kann in Kulturkreisen, in denen schulische Bildung einen hohen Stellenwert hat, die Frage nach Wohlbefinden und Zufriedenheit ein anderes Gewicht bekommen als in Kulturkreisen, in denen schulische Bildung weniger Bedeutung hat.
Edlinger & Hascher geben einen Überblick über die Forschungsergebnisse verschiedener Studien, welche den Zusammenhang zwischen Emotionen und Stimmungen auf die Lern- und Leistungsbereitschaft von Schülerinnen und Schülern untersuchen (vgl. Hascher & Edlinger, 2008). Positive Stimmung erleichtert das Abspeichern positiver Gedächnisinhalte. «Negative Inhalte können besser in negativer Stimmung abgerufen werden.» (Hascher & Edlinger, 2008, S.56) Diesen Zusammenhang zwischen Stimmung und Gedächtnisinhalten bezeichnet Bower als «Netzwerktheorie»; aus ihr kann die «Stimmungskongruenz» abgeleitet werden, die auch «zustandsabhängige Erinnerung» genannt wird. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass positive Emotionen sich auf die Bereitschaft, sich länger mit einer Aufgabe zu befassen, auswirken. Infolgedessen werden für die Problemlösungen höhere kognitive Strategien verwendet. Positive Stimmung fördert ausserdem das aufgabenbezogenen Selbstvertrauen, Anstrengungsbereitschaft und die Erfolgszuversicht.
Aufgaben, deren Lösung Kreativität und Phantasie erfordern, werden von Schülerinnen und Schülern in positiver Stimmung besser bearbeitet. Allerdings müssen weitere Faktoren wie Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und verschiedene Unterrichtsphasen als Mediatorvariablen berücksichtigt werden. Abeles Erkenntnisse (vgl. Abele, 1995) stützen dies: Höhere motivationale Prozesse begünstigen eine eher intrinsische, anreizunabhängige Leistungsaneignung. Negative Stimmung verstärkt extrinsisches Lernen und fokussiert die eigene Stimmungsaufhellung. Einschränkend geben Edlinger und Hascher zu bedenken, dass die Studien nicht berücksichtigen, dass zwischen Stimmung und Leistung die genannten vermittelnden Variablen im Setting Unterricht noch nicht erforscht sind. Die zitierten Studien fanden ausschliesslich im experimentellen Setting statt.
Die bislang zitierten Studien erforschen die Wirkung der Emotion auf Leistung und Anstrengungsbereitschaft von Schülerinnen und Schülern der öffentlichen Schulen in Deutschland. Es fehlen vergleichende Studien mit Schülerinnen und Schülern, die Privatschulen besuchen. Der Autorin dieser Studie ist bislang keine Befragung bekannt, die das Wohlbefinden der Schweizer Schülerinnen und Schüler der öffentlichen Schule mit dem Wohlbefinden der Lernenden in Schweizer Privatschulen vergleicht. Liebenwein et al. befragen 2012 die Schülerinnen und Schüler an deutschen Waldorfschulen der 9.-13. Klasse zu ihrer Schul-Zufriedenheit. Die Probanden werden zur Freude beim Lernen im Unterricht, Unterrichtsgestaltung und Interesse der Lehrperson am Lernfortschritt befragt. Im Vergleich mit den Ergebnissen der Schülerinnen und Schüler in der öffentlichen Schule. In allen genannten Bereichen fallen die Aussagen der Waldorfschüler deutlich positiver aus als die Aussagen der Schülerinnen und Schülern aus der öffentlichen Schule (vgl. Liebenwein et al., 2012).
2017 werden Eltern der Rudolf Steiner Schulen in einer Online-Umfrage schweizweit zu ihrer Zufriedenheit mit der Schule befragt. Unter anderem äussern sich in dieser Studie Eltern zum Wohlbefinden ihrer Kinder. Die Ergebnisse zeigen: 84,3 Prozent der Eltern melden, dass ihr Kind meist gern zur Schule geht («trifft voll zu»). 77,6 Prozent der befragten Eltern meinen: «Mein Kind kommt meist fröhlich aus der Schule» (vgl. Brodbeck, H., 2018, S.53).
Welche Faktoren sind für schulisches Wohlbefinden und Zufriedenheit verantwortlich? Es ist eine Binsenweisheit, dass die Voraussetzung für gutes Lernen dann gegeben ist, wenn Kinder und Jugendliche morgens gerne zur Schule gehen und abends zufrieden zurückkehren. Da man Zufriedenheit und Wohlbefinden von aussen nicht sehen kann, müssen dennoch Kriterien dafür vorhanden sein. Ob SuS in der Schule lernen und ob dieses im Langzeitgedächtnis verankert wird, hängt nicht nur von der Motiviertheit und von kognitiven Merkmalen ab, sondern auch vom schulischen Kontext, in dem gelernt wird. Um dies festzustellen, ist eine systematische Erforschung der Unterrichtsqualität unerlässlich. Für H. Meyer (2002) ist das Unterrichtklima der entscheidende Faktor für guten Unterricht. «Unterrichtsklima ist ein schwer fassbarer und dennoch für die Arbeit in der Schule unverzichtbarer Faktor humanen Lehrens und Lernens. Es entwickelt sich in einem dynamischen, sozialen Prozess, der von vielerlei Einflüssen abhängig ist: von den Individualitäten der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler, vom pädagogischen Ethos der Schule, vom Schulumfeld, von den Fachkulturen der Unterrichtsfächer u. a. m.» (Meyer, 2002 S. 47). Die Determinanten und ihre Auswirkungen auf das schulische Klima sind facettenreich «... hinsichtlich (a) des Selbstvertrauens, (b) des Sozialverhaltens im Unterricht, (c) des Lern- und Leistungsverhaltens, (d) der fachlichen Interessenbildung sowie (e) der eigenen Einstellungen zu Schule und Unterricht: klimapositive Erfahrungen sozialer Eingebundenheit werden als Bestimmungsstücke günstiger Bildungseinstellungen erachtet». Wenngleich Evidenzen vorliegen hinsichtlich der Wichtigkeit und Notwendigkeit von positivem Klima in Schule und Unterricht, so ist das Klimakonstrukt doch in seiner inhaltlichen Ausrichtung uneinheitlich und weit entfernt von einer klaren Dimensionalisierung.» (Meyer, 2015 S.55) Die schulische Klimaforschung führte in den 1960er und 70er Jahren erstmals in Amerika zu Klimakonzepten, die sich durch verschiedene Dimensionen unterschieden.
Im deutschsprachigen Raum entstanden in den 1980er Jahren mehrere Entwürfe, die sich in ihrer Grundkonzeption ähneln. H. Meyer schlägt vor, von einem eher eng gefassten Klimakonzept auszugehen, da die breite Ausrichtung des Konzeptes alle Faktoren des Unterrichts einbeziehen muss (ebd.).
Lange vor Einführung der Schulpflicht gab es ein Lernen ohne jede schulische Institution. 130 Millionen Menschen leben ohne Schule, vor allem mit dem Motiv, überleben zu können. (vgl. Stöckli, 2011). Lernen ist ein Vorgang, der bis zum Lebensende anhält. Lernprozesse, die sich während des Lernvorganges auch im neuronalen Netzwerk abspielen, sind für das Auge unsichtbar und können nur mit bildgebenden Mitteln dokumentiert werden. Die äusserlich wahrnehmbare Form der Lernprozesse kann vom Lernenden selbst und aussenstehenden Personen (Lehrperson) gut beobachtet werden. Diese sichtbaren und unsichtbaren Veränderungen in den Fähigkeiten und Verhalten im schulischen Kontext werden «exekutiven Funktionen» genannt. Exekutive Funktionen finden immer dann statt, wenn kognitive Prozesse unsere Wahrnehmung und Handlung zum Beispiel für Problemlösungen bestimmen. Exekutive Funktionen lassen sich in viele differenzierte Unterfunktionen gliedern, von denen hier nur die für diese Arbeit relevanten fokussiert werden. Aufgrund der Mehrdimensionalität spricht man auch von einem exekutiven System.
Die für diese Arbeit relevante Forschungsfrage fokussiert das CT und Programmierung mithilfe analoger Mittel. Deshalb werden Inhibition, Arbeitsgedächtnis und die kognitive Flexibilität in Bezug auf die exekutiven Funktionen betrachtet.
Exekutive Funktionen sind Fähigkeiten, die uns Leitung und Steuerung unseres eigenen Handelns ermöglichen. Exekutive Funktionen sind bereits im Säuglings- und Kleinkindalter veranlagt und entwickeln sich fortlaufend weiter. Etwa im dritten Lebensjahr setzt eine rasante Entwicklung des exekutiven Systems ein. Mit fortgesetzter Reifung sind sie Grundlage für zielorientiertes, planerisches Handeln und ermöglichen, höhere geistige Prozesse handlungsorientiert mit Gefühlen und Gedanken zu verbinden. Exekutive Funktionen gliedern sich in drei Bereiche: das Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität. Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht eine gesteuerte Fokussierung auf relevante Information und eine Steuerung der Aufmerksamkeit. Unter Inhibition versteht man die Fähigkeit, Impulse zu steuern. Kognitive Flexibilität ermöglicht es uns, ein Problem von mehreren Seiten zu betrachten und Empathie für etwas ausserhalb unserer selbst zu empfinden. Die genannten Prozesse unterliegen einer Kontrolle und erlauben sowohl ein zielgerichtetes Verhalten für Problemlösungen und komplexe Situationen als auch für Prozesse im Denken und vorausschauende Handlungsplanung, Entscheidungsfindung, Aufgabenausführung, zeitliche und räumliche Strukturierung der Handlung und Fehlererkennung (vgl. Kubesch, 2005).
Die Arbeit mit CS unplugged aktiviert alle drei genannten Bereiche der exekutiven Funktionen.
- Das Arbeitsgedächnis, auch Kurzzeitgedächnis genannt, ermöglicht es, Informationen aufzunehmen und in bereits vorhandenes Wissen zu integrieren. Um einen neuen Lerninhalt zu manifestieren (ihn zum «bleibenden Besitz» zu machen), sind allerdings noch mehr Schritte nötig. Ein zielgerichtetes Handeln setzt ein gut arbeitendes Kurzzeitgedächnis voraus. Ohne Lerninhalte ins Kurzzeitgedächnis aufgenommen zu haben, können diese nicht im Langzeitgedächnis manifest werden. Handlungsplanung, Informationsverarbeitungs-
prozesse und, örtliche und zeitliche Planung finden mit Hilfe des Kurzzeitgedächnisses statt. Dabei kommt es darauf an, dass neue Inhalte sowohl phonologisch als auch visuell aufgenommen werden. Diese zwei Sinnesmodalitäten werden von der zentralen Exekutive gesteuert und phonologische Schleife und visuell-perzeptiver Notizblock genannt. (vgl. Stuber-Bartmann, 2017, S. 15)
- Im Setting der Informatiklektionen, die stets einen grossen Teil Arbeit in der Kleingruppe enthielten, waren alle SuS in der Inhibition gefordert. Sie ist eine Hemmungsfunktion für unüberlegte Handlung oder Handlungskorrektur. Ohne Inhibition wären kaum eigene Projekt zustande gekommen. Die Fähigkeit der Inhibition brauchen SuS immer dann, wenn sie eine Handlung unterbrechen müssen, um zu reflektieren und eventuell eine Korrektur anzubringen. Besonders deutlich wurde dies beim «Debuggen». Durch Inhibition wird eine wichtige exekutive Funktion dargestellt, die flexibles Verhalten ermöglicht, indem Handlungen bewusst verzögert oder verhindert werden.
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