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Bachelorarbeit, 2019
90 Seiten, Note: 2,3
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. THEORETISCHES FRAMEWORK
2.1 SELBSTGESTEUERTES LERNEN IN DER BERUFLICHEN BILDUNG
2.2 KOMPONENTEN DES SELBSTGESTEUERTEN LERNENS
2.2.1 MOTIVATIONALE KOMPONENTEN
2.2.2 KOGNITIVE KOMPONENTEN
2.2.3 METAKOGNITIVE KOMPONENTEN
3. SELBSTGESTEUERTES LERNEN MIT DIGITALEN MEDIEN
3.1 BEGRIFFSDEFINITION ‚DIGITALE MEDIEN‘
3.2 MERKMALE DIGITALER MEDIEN
3.2.1 SELBSTAKTIVITÄT
3.2.2 INTERAKTIVITÄT
3.2.3 RÄUMLICHE UND ZEITLICHE UNGEBUNDENHEIT
3.2.4 VERNETZUNG
3.2.5 MULTIMEDIALITÄT
4. METHODISCHES VORGEHEN
4.1 STRATEGIE DER DATENERHEBUNG
4.2 ANALYSE DES DATENMATERIALS
4.3 GEPLANTE ERGEBNISVERWERTUNG
4.4 VORLÄUFIGE LIMITATIONSANNAHMEN
5. DESKRIPTIVE ERGEBNISDARSTELLUNG
5.1 VORSTELLUNG DER STICHPROBE
5.2 ERGEBNISSE DER QUALITATIVEN INHALTSANALYSE
6. DISKUSSION UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE
7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
8. ANHANG
B.1 ABLAUFMODELL STRUKTURIERENDER INHALTSANALYSE
B.2 KODIERLEITFADEN
B.3 KATEGORIENSYSTEM: STUDIENÜBERSICHT
B.4 INHALTLICHE ÜBERSICHT DER STUDIEN
B.5 KATEGORIENSYSTEM: STICHPROBENAUSWAHL
B.6 KATEGORIENSYSTEM: ZUSAMMENFASSUNG DER KATEGORIEN
B.7 KATEGORIENSYSTEM: ERGEBNISMATRIX. XLI
B.8 KATEGORIENSYSTEM: AUFGESCHLÜSSELTE ERGEBNISMATRIX
Abbildung 1: Drei-Schichten-Modell nach Boekaerts (1999, S. 449)
Abbildung 2: Darstellung der geplanten Ergebnisverwertung
Abbildung 3: Zuteilungshäufigkeit zu den Kategorien
Abbildung 4: Ablaufmodell strukturierender Inhaltsanalyse nach Mayring (2015, S. 98)
Tabelle 1: Exemplarische Darstellung des Kategoriensystems nach Mayring (2015)
Tabelle 2: Exemplarische Darstellung des Kodierleitfadens nach Mayring (2015)
Tabelle 3: Kategorisierung digitaler Medien: Geräte / Hardware
Tabelle 4: Softwarebasierte Technologien nach Persike & Friedrich (2016, S. 15 f.)
Tabelle 5: Kategoriensystem: Der Kodierleitfaden
Tabelle 6: Quellenübersicht der verwendeten Studien
Tabelle 7: Inhaltliche Übersicht der Studien
Tabelle 8: Kategoriensystem: Stichprobenauswahl
Tabelle 9: Kategorienzusammenfassung
Tabelle 10: Kategoriensystem: Ergebnismatrix
Tabelle 11: Aufschlüsselung der Ergebnismatrix
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„ Leben und lernen mit digitalen Medien ist heute selbstverständliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und beruflichen Aufstieg. Ein leistungsfähiges Bildungssystem muss in der Lage sein, Menschen jeden Alters an jedem Ort für dieses Leben fit zu machen “ (Nds. Landesregierung, 2016, S. 1).
Der Umgang mit digitalen Medien1 ist in der heutigen Gesellschaft und dem stetigen technologischen Wandel zu einer Selbstverständlichkeit geworden. In allen Bereichen kommen sie zum Einsatz und sind aus dem Alltag und dem Beruf nicht mehr wegzudenken. Doch „mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt werden sich Berufsbilder und damit auch Kompetenzanforderungen verändern“ (Nds. Landesregierung, 2016, S. 29). Rund 90 Prozent aller Berufe erfordern bereits jetzt oder zukünftig die Beherrschung digitaler Kompetenzen (EU, 2016, S. 7). Die Unternehmen „[…] benötigen gut ausgebildete Mitarbeiter mit herausragenden digitalen Kompetenzen, um im beschleunigten globalen Wettbewerb zu bestehen“ (Digitaler Bildungspakt, 2016). Die sich verändernden Anforderungsprofile auf dem Arbeitsmarkt und die schnellere Wissensveralterung durch voranschreitende Digitalisierung2 setzen zunehmend auch die Befähigung zum lebenslangen Lernen voraus. Infolge dessen rücken neue Lernformen wie das selbstgesteuerte Lernen immer stärker in den Fokus beruflicher und gesellschaftlicher Ansprüche. Genau diese Entwicklungen gilt es von berufsbildenden Schulen aufzugreifen, um jungen Menschen Kompetenzen zur eigenständigen Wissensaneignung zu vermitteln und sie damit auf die sich verändernden Gegebenheiten in der Arbeitswelt vorzubereiten. „Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen wird deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen gleichermaßen Ziel und Voraussetzung beruflicher Bildung ist“ (Lang & Pätzold, 2006, S. 10). Darüber hinaus muss auch die Vermittlung von Medienkompetenz von beruflichen Schulen künftig stärker aufgegriffen und curricular verankert werden. So sieht es auch die ‚Ziellinie 2020‘ der Niedersächsischen Landesregierung vor (Nds. Landesregierung, 2016, S. 15). Die Grundvoraussetzungen sind dabei zum einen das Vorhandensein der technischen Infrastruktur, die vernetztes Lernen ermöglicht. Zum anderen müssen auch Lehrkräfte in Form von Fort- und Weiterbildungen im Umgang mit den neuen Medien geschult werden. Hierzu will der Bund bis 2021 fünf Milliarden Euro für das Projekt ‚DigitalPakt#D‘ zur Verfügung stellen (Digitaler Bildungspakt, 2016, S. 9).
Da nicht nur die fortschreitende Digitalisierung vermehrt selbstgesteuertes Lernen erfordert, sondern eben dieses durch digitale Medien auch vielfach erleichtert werden kann, sollen in der vorliegenden Arbeit die beiden Themenschwerpunkte selbstgesteuertes Lernen und digitale Medien miteinander verbunden werden. Wie aus der oben genannten Problemstellung ersichtlich wird, bedarf es gezielter Forschung zur gewählten Thematik dieser Arbeit. Insbesondere aufgrund des stetig wachsenden Anspruchs an Selbstlernkompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung und der nach wie vor nicht vollständig implementierten Nutzung digitaler Medien an Berufsschulen, kommt diesem Bildungsbereich besonderes Interesse zu (Schmid, Goertz & Behrens, 2016, S. 7). Sowohl dem selbstgesteuerten Lernen als auch digitalen Medien für sich wird schon lange ein großes Potenzial zur Verbesserung schulischer Lernprozesse zugesprochen (Schaumburg, 2015, S.33). Die Frage nach der Eignung digitaler Medien zur Unterstützung selbstgesteuerter Lernprozesse, insbesondere in der kaufmännischen Berufsbildung, bleibt dabei bislang – trotz enormer Relevanz - weitestgehend offen, sodass sich hieraus das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit ergibt. Nach Boekaerts (1999) setzt sich der selbstgesteuerte Lernprozess aus einer motivationalen, kognitiven und metakognitiven Komponente zusammen. An dieser Unterteilung sowie am Titel der Arbeit orientierend werden folgende Forschungsfragen für die Literaturarbeit abgeleitet:
1. Welche Potentiale werden digitalen Medien zur Unterstützung des selbstgesteuerten Lernens in der aktuellen Forschung zugeschrieben?
1.1. Wie können digitale Medien zur Steigerung der Motivation von Lernenden im selbstgesteuerten Lernprozess beitragen?
1.2. Wie können digitale Medien die Bildung kognitiver Strukturen von Lernenden im selbstgesteuerten Lernprozess fördern?
1.3. Wie unterstützen digitale Medien die Entwicklung metakognitiver Strategien von Lernenden im selbstgesteuerten Lernprozess?
Ziel der Untersuchung ist eine Gegenüberstellung der Merkmale digitaler Medien zu den Komponenten des selbstgesteuerten Lernens, um Aussagen über das Potenzial verschiedener Medien zur Unterstützung selbstgesteuerter Lernprozesse treffen zu können. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird ein qualitativer Forschungszugang gewählt, dem als Untersuchungsgegenstand insgesamt 14 Studien unterschiedlicher Bildungssektoren zugrunde liegen. Dabei werden als Forschungsmethoden die systematische Literaturanalyse, nach dem Ansatz von Webster & Watson (2002) sowie die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) als strukturierte Auswertungsmethode aktueller Literatur herangezogen. Beide Methoden eigenen sich hervorragend, um einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand sowie bestehende Forschungslücken zu erlangen.
Wie oben bereits beschrieben ist es wichtig festzuhalten, dass sich die Arbeit auf die Potenziale digitaler Medien für die Komponenten selbstgesteuerten Lernens beschränkt, die sich aus den Eigenschaften eben dieser ergeben. Eine Untersuchung, welche Geräte im Einzelnen genutzt werden und in welchem Kontext diese Medien zum Einsatz kommen, liegt außerhalb des Rahmens der Literaturarbeit und kann aufgrund ihrer Komplexität in dieser Ausarbeitung nicht dargestellt werden.
Die vorliegende Arbeit ist in insgesamt drei Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt der Arbeit widmet sich primär der Kontextualisierung des selbstgesteuerten Lernens sowie der fachlichen Definition (Kapitel 2) unter Bezug zur kaufmännischen Bildung. Unter Zuhilfenahme des Drei-Schichten-Lernmodells nach Boekaerts (1999) werden anschließend die motivationalen, kognitiven und metakognitiven Komponenten selbstgesteuerten Lernens vorgestellt und detailliert erläutert (Kapitel 2.2 ff.). Das nachfolgende Kapitel 3 gilt ebenso der Kontextualisierung (Kapitel 3.1) sowie der Definition und Abgrenzung digitaler Medien. Darüber hinaus werden die Eigenschaften digitaler Medien ausführlich präsentiert (Kapitel 3.2 ff.). Kapitel 2 und 3 bilden das theoretische Fundament der Arbeit und schaffen die Basis und das Grundverständnis für die anschließende Analysearbeit.
Der zweite, analytische Abschnitt gilt der ausgewählten Forschungsmethodik zur Beantwortung der genannten Forschungsfragen (Kapitel 4). Nachdem die Strategie der Datenerhebung (Kapitel 4.1) und das Analysevorgehen (Kapitel 4.2) präsentiert wurden, werden auch das geplante Vorgehen der Ergebnisverwertung (Kapitel 4.3) und anzunehmende Limitationen der Forschungsarbeit (Kapitel 4.4) aufgezeigt.
Der dritte und letzte Abschnitt umfasst, unter Vorstellung der verwendeten Stichprobe, die Darstellung der Ergebnisse (Kapitel 5) und diskutiert sowie interpretiert diese anschließend unter Rückbezug auf das theoretische Fundament der Arbeit und der Einordnung in einen größeren Kontext (Kapitel 6). Abgeschlossen wird der Abschnitt mit einigen Implikationen zum Einsatz digitaler Medien sowie einem Ausblick (Kapitel 7).
Im folgenden Kapitel wird zunächst auf den Prozess des selbstgesteuerten Lernens mit seinen motivationalen, kognitiven und metakognitiven Komponenten eingegangen. Basierend auf der lerntheoretischen Verortung und einer fachlichen Definition wird anschließend der Bezug zur kaufmännischen Bildung dargestellt (Kapitel 2.1). Mit Hilfe des Drei-Schichten-Modells der Selbstregulation (Boekaerts, 1999) soll im Verlauf verdeutlicht werden, in welche Komponenten das selbstgesteuerte Lernen zu unterteilen ist und wie eben diese zu definieren sind (Kapitel 2.2 ff.). Das Kapitel bildet die Grundlage der weiteren Arbeit und soll ein Grundverständnis für die Funktionsweise des selbstgesteuerten Lernens schaffen.
Selbstgesteuertes Lernen ist kein ‚neumodisches Konstrukt‘ der heutigen Pädagogik, sondern wurde bereits von Gaudig3 um 1920 als Mittel für menschliche Bildung erachtet (Bonz, 2009a, S. 83). Jedoch ergründet sich die Allgegenwärtigkeit des Themas ‚Selbststeuerung‘ im Perspektivenwechsel der Wissenschaft, weg vom behavioristischen Denken, hin zu kognitivistischen und konstruktivistischen Lerntheorien4. Der Begriff des selbstgesteuerten Lernens kann nicht eindeutig nur einer der beiden Theorien zugeordnet werden, da sich dieser aus beiden Ansätzen heraus erklären lässt. Mit der ‚kognitiven Wende‘ der Psychologie um 1970 ergab sich ein neuer Blickwinkel auf das Lernen. Fortan wurde Lernen als Prozess der aktiven Informationsverarbeitung neuinterpretiert. Im Kognitivismus findet Lernen vorrangig durch die Verarbeitung unterschiedlicher Eindrücke und Erfahrungen statt, die ein Lernender in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt sammelt (Petko, 2014, S. 28). Anhand der Verarbeitung dieser Wahrnehmungen können kognitive Strukturen stetig weiterentwickelt und zu neuem Wissen ausgebaut werden. Durch die Interaktion mit seinem Umfeld nimmt der Lernende gleichzeitig auch eine aktive Stellung im Prozess der eigenverantwortlichen Wissenskonstruktion ein (Otto, Perels & Schmitz, 2011, S. 34 f.). Friedrich & Mandl betonen eben diese aktive und konstruierende Rolle eines Lernenden (1995, S. 3) beim selbstgesteuerten Lernen und schaffen damit den Übergang in den Konstruktivismus. Nach dieser Theorie liegt der Fokus zwar, wie beim Kognitivismus auch, auf dem Konzept der eigenständigen Wissenskonstruktion, jedoch wird Wissen im konstruktivistischen Ansatz nicht als Resultat eines vorangegangenen Vermittlungsprozesses verstanden, sondern als eine individuelle Konstruktion des Lernenden. Konstruktivistische Ansätze beschreiben den Prozess der Wissensbildung als ein interaktives und problemlösendes Handeln mit der Umwelt. Demnach beruht die Wissenserweiterung auf Basis bestehenden Wissens und Erfahrungen aus dem eigenständigen Tun. Allgemein gehen die Vertreter_innen des Konstruktivismus davon aus, dass Wissen nicht übertragbar, sondern lediglich von außen anzuregen ist (Petko, 2014, S. 32 f.).
Nicht nur die Einordnung in eine Lerntheorie gestaltet sich bei dem Begriff des selbstgesteuerten Lernens schwierig. Auch die Bestimmung einer Definition ist aufgrund der großen Vielfalt an Begrifflichkeiten und der ungleichen Schwerpunktsetzung verschiedener pädagogischer Fachkräfte sehr komplex. In der Literatur sind zahlreiche Begriffsdefinitionen zu finden, die sich trotz unterschiedlicher Perspektiven alle in einem Punkt gleichen. Der Lernende steht im Zentrum seines Lernprozesses und stößt ihn eigenständig an, steuert und kontrolliert eben diesen (Otto et al., 2011, S. 33). Insbesondere Weinert entspricht dieser allgemeinen Auffassung, denn nach ihm sind selbstgesteuerte Lernformen dadurch gekennzeichnet, dass „[…] der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“ (1982, S. 102). Weinert rückt mit seiner Perspektive den Tätigkeitsspielraum eines Lernenden in das Zentrum des selbstgesteuerten Lernens und nimmt damit Bezug auf die Selbststeuerung, die äußere Strukturierung von Lernprozessen (Sembill, Wuttke, Seifried, Egloffstein & Rausch, 2007, S. 3).
Pintrich hingegen definiert selbstgesteuertes Lernen als einen aktiven und konstruktiven Prozess, in dem der Lernende sich selbstständig Ziele für sein Lernen setzt. Dabei werden Kognition, Motivation und eigenes Verhalten eigenständig überwacht und reguliert, geleitet von der Zielsetzung und gegebenen äußeren Umständen (Pintrich, 2000, S. 453). Durch den Bezug auf kognitive, metakognitive und motivationale Aspekte wird der Fokus hier stark auf die (Handlungs-) Regulation und damit auf die innere Strukturierung von Lernprozessen durch den Lernenden gelegt (Sembill et al., 2007, S. 2).
Auch Konrad und Traub beziehen sich auf diese innere Struktur. Nach ihnen wird selbstgesteuertes Lernen als eine Form des Lernens betrachtet, bei der Lernende selbstständig Maßnahmen zur Steuerung ihres Lernprozesses ergreifen und dadurch die Entwicklung des Prozesses selbst kontrollieren und evaluieren. Dabei findet die Wahl der Steuerungsmaßnahmen immer unter Berücksichtigung der gesetzten Lernziele, der Lernmotivation sowie die Anforderungen an die jeweilige Lernsituation, statt (Konrad & Traub, 2010, S. 13).
Durch den Vergleich der Begriffsdefinitionen wird deutlich, dass Selbstregulation seitens der Lernenden eine Vielzahl an Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Prozess des selbstgesteuerten Lernens erfordert. Vor Beginn des Lernprozesses müssen durch den Lernenden klare Definitionen für Ziele, Inhalte, Methoden, Medien (Lernressourcen), Ort und Zeit festgelegt werden, um sein Lernen erfolgreich initiieren zu können. Zudem erfordert Selbststeuerung vom Lernenden ein realistisches Bewertungsvermögen des eigenen Wissenstandes sowie diagnostische Kompetenz, um eigene Lernergebnisse evaluieren zu können (Götz & Nett, 2017, S. 146).
Trotz des weit zurückreichenden Ursprungs des Konzeptes ‚selbstgesteuertes Lernen‘ ist das Thema besonders im beruflichen Bildungswesen von immer größerer Relevanz. Veränderte Anforderungsprofile in der Arbeitswelt und die schnellere Wissensveralterung durch voranschreitende Digitalisierung setzen zunehmend die Befähigung zum lebenslangen Lernen voraus. Auch die Fähigkeit, Lernprozesse selbst zu gestalten und „[…] über Lernwege, Lerntempo, anzufordernde Informationen und Lernhilfen […]“ (Bonz, 2009a, S. 86) eigenständig zu entscheiden, rückt immer weiter in den Fokus beruflicher und gesellschaftlicher Anforderungen. Im Bereich der Berufsschulen werden Lehrende und Lernende insbesondere durch die große Heterogenität und den, zum Teil sehr unterschiedlichen Wissensstand der Lernenden, vor besondere Herausforderungen gestellt. Zudem ist im beruflichen Bildungswesen der Frontalunterricht nach wie vor die vorherrschende Unterrichtsform und damit für heutige Anforderungen unzulänglich (Dreer, 2008, S. 6). In Anbetracht des Verbesserungsbedarfs von Lernmethoden und Arbeitstechniken sowie der zunehmenden Individualität an Berufsschulen, wird die Vermittlung von Kompetenzen zum selbstgesteuerten Lernen zur Notwendigkeit und zum zentralen Ziel von Schulen, Universitäten und Einrichtungen der beruflichen Bildung (KMK, 2017, S. 5). Die wachsende Bedeutung der Handlungskompetenz ist nicht zuletzt durch die Nähe zum Beschäftigungssystem beruflicher Schulen zu ergründen. Auch die Ausrichtung des Lernfeldunterrichts an reellen Arbeits- und Geschäftsprozessen ist in der beruflichen Bildung fester Bestandteil bei der Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements und findet Verankerung im Curriculum Berufsbildender Schulen (KMK, 2017, S. 5). Die Festsetzung des handlungsorientierten Unterrichts in beruflichen Schulen beinhaltet nach dem ‚Schucu-BBS‘ des Niedersächsischen Bildungsservers auch die Lernform des selbstgesteuerten Lernens und soll durch die Form der Aufgaben-, bzw. Problemstellung unterschiedliche Lösungswege eröffnen und eigenständige Handlungen fördern (NiBis, 2019, S. 11). Mit der curricularen Verankerung des selbstgesteuerten Lernens sollen Lehrende Stück für Stück heraus aus der reinen Vermittlerrolle geführt werden, hin zur Gestaltung von Lernsituationen in denen Lernende Anlässe und Anregungen finden, sich Lerninhalte eigenständig anzueignen (Bonz, 2009b, S. 88). Schließlich erreiche man Bildung durch selbstständiges Tun und Handeln, also durch selbstgesteuertes Lernen, so Kopp & Mandl (2011, S. 4).
In Anbetracht der heterogenen Definitionen und der schwierigen lerntheoretischen Verortung, wird die Komplexität des selbstgesteuerten Lernens ersichtlich. Der Prozess setzt sich aus verschiedenen Variablen zusammen, die das Lernen maßgeblich beeinflussen. Die Variablen lassen sich in drei wesentliche Komponenten unterteilen: die motivationale, die kognitive und die metakognitive. Sie bilden nach Boekaerts (1999) das Drei-Schichten-Modell der Selbstregulation und stehen untereinander in einer wechselseitigen Beziehung (Otto et al., 2011, S. 34). Die drei Komponenten sind an die individuellen Voraussetzungen der Lernenden geknüpft und spiegeln jeweils die Ebene der Informationsverarbeitung wider (Straka, 2005, S. 7). Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen nun das Lernmodell nach Boekaerts sowie die einzelnen Komponenten des selbstgesteuerten Lernens genauer definiert und erläutert werden.
Zum Prozess des selbstgesteuerten Lernens wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Modelle entworfen. Zwar sind die Lernmodelle unterschiedlichen Ursprungs, gleichen sich jedoch primär alle im Zusammenspiel motivationaler, kognitiver und metakognitiver Aspekte (Erläuterungen in Kapitel 2.2.1-2.2.3) im selbstgesteuerten Lernprozess. Das bekannteste Komponentenmodell wurde 1999 von Boekaerts konzipiert und beschreibt drei unterschiedliche Regulationsebenen im Prozess des selbstgesteuerten Lernens (vgl. Abb. 1, S. 8), welche in die Regulation des Verarbeitungsmodus, die Regulation des Lernprozesses und die Regulation des Selbst unterschieden werden können (Otto et al., 2011, S. 35 f.; Wirth, 2004, S. 49 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Drei-Schichten-Modell nach Boekaerts (1999, S. 449)
Quelle: eigene Darstellung
Die erste Ebene, das Lernen, bildet den Kern des Modells und stellt mit der Regulation des Verarbeitungsmodus die kognitive Komponente der Selbststeuerung in den Fokus. Primär erfolgt hier die Wahl und Anwendung von Lernstrategien, die als Grundlage für selbstgesteuerte Lerntätigkeiten dienen und flexibel abrufbar sein müssen (Niegemann et al., 2008, S. 69).
Die zweite Ebene, die Regulation, beschreibt metakognitive Prozesse, welche es dem Lernenden ermöglichen sollen, den Einsatz kognitiver Strategien zu lenken (Götz & Nett, 2017, S. 155). Es sollen die notwendigen Aktivitäten, die zur Lernzielerreichung notwendig sind, ausgestaltet, kontrolliert und später evaluiert werden (Otto et al., 2011, S. 36). Die Regulation des Lernprozesses kann dabei sowohl eigenständig als auch durch äußere Unterstützung erfolgen (Boekaerts, 1999, S. 448).
Die äußere Ebene, das Selbst, stellt die höchste Form der Steuerung im Lernprozess dar. Die Regulation des Selbst beinhaltet nach Boekaerts (1999, S. 447) zum einen die Motivation, Emotion und Willenskraft eines Lernenden, bezieht sich aber zum anderen auch auf die Zielsetzung und Nutzung von Ressourcen im gesamten Lernprozess. Der Bezug einer Person zum eigens gesetzten Ziel (Otto et al., 2011, S. 36) und deren Entschlossenheit zur Zielerreichung stehen dabei im Fokus dieser Ebene. Vom Lernenden wird gefordert die Motivation während des gesamten Prozesses aufrecht zu erhalten und äußere Ablenkungen abzuwenden (Görtz & Nett, 2017, S. 155).
Alle drei Regulationsebenen des erörterten Modells nach Boekaerts (1999) stehen in einem starken Wirkungszusammenhang und bauen aufeinander auf. Nur bei Beherrschung aller erläuterten Kompetenzen kann ein erfolgreiches Lernen durch Selbststeuerung initiiert werden (Niegemann et al., 2008, S. 71). Im Folgenden werden nun die drei Komponenten des selbstgesteuerten Lernens in ihrer Gesamtheit erläutert.
„Sowohl die Motivation als auch lernrelevante Emotionen beeinflussen den Lernprozess nicht unerheblich“ (Niegemann et al., 2008, S. 74), denn das Lernen-Wollen ist maßgebend für die Initiierung und Aufrechterhaltung von Lernprozessen. Die Motivation eines Lernenden übt Einfluss auf Faktoren wie die Auswahl der Lerninhalte, den Grad der Aufgabenkomplexität, die Wahl kognitiver Lernstrategien und die Willenskraft zur Erreichung gesetzter Ziele aus. Sie trägt Verantwortung für das Zustandekommen von Lernen (Friedrich & Mandl, 1997, S. 243), sodass es nicht nur wichtig ist über geeignete Methoden des Lernens zu verfügen, sondern auch die notwendige Motivation hervorzubringen, um vorhandene Ressourcen einzusetzen (Artelt, Baumert & Julius-McElvany, 2003, S. 132). Die motivationalen Aspekte des selbstgesteuerten Lernens lassen sich nach Friedrich & Mandl in strukturelle (überdauernde Motivation) und prozessuale (gegenwärtige Motivation) Dimensionen unterteilen. Anhand der Unterteilung wird verdeutlicht, dass der selbstgesteuerte Lernprozess nicht nur durch langanhaltende Verhaltensmerkmale, sondern auch durch das aktuelle Lerngeschehen um den Lernenden herum, beeinflusst wird (Friedrich & Mandl, 1997, S. 243).
Strukturelle motivationale Komponenten:
Die Motivation gibt Auskunft über die Handlungen eines Lernenden und wird sowohl durch äußere Reize als auch durch innere Beweggründe geleitet. Diese treten häufig in Form von Bedürfnissen, wie bspw. dem Streben nach Kompetenz und Selbstbestimmung seitens der Lernenden, in Erscheinung. Bedürfnisse nehmen beim selbstgesteuerten Lernen eine übergeordnete Rolle ein und bilden die Grundlage für das Entstehen intrinsischer Motivation, dem Lernen aus Interesse (Friedrich & Mandl, 1997, S. 245). Um die Motivation im Lernprozess aufrecht erhalten zu können, erfordert es eben dieses Interesse aber auch eine realistische Lernzielsetzung und eine positive Selbstwirksamkeitsüberzeugung durch den Lernenden. Die Selbstwirksamkeit drückt den eigenen Glauben daran, Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können, aus und bildet gemeinsam mit dem Bedürfnis, dem Interesse und den gesetzten Zielen die überdauernden Aspekte der motivationalen Komponente selbstgesteuerten Lernens (Siebert, 2001, S. 70).
Prozessuale motivationale Komponenten:
Da selbstgesteuertes Lernen nicht automatisch erfolgreiches Lernen hervorbringt, sondern auch Misserfolge auftreten können, sollte der Lernende über selbstwerterhaltende Strategien verfügen, die es ihm ermöglichen, ein Scheitern nicht negativ auf sein Selbstkonzept zu übertragen. Zudem kontrollieren volitionale Strategien das eigene Lernen gegenüber äußeren Ablenkungen und sind maßgebend für die Aufrechterhaltung des gesamten Prozesses. Zuletzt dürfen auch die emotionalen Prozesse nicht außer Betracht gelassen werden, da Motivation immer auch im Zusammenhang mit positiven und negativen Emotionen im Lernprozess zu sehen ist (Friedrich & Mandl, 1997, S. 245 ff.). Motivation ist nicht generalisierbar und immer an die individuellen Voraussetzungen des Lernenden geknüpft. Dennoch bildet sie die Basis für kognitive und metakognitive Aspekte des selbstgesteuerten Lernens (Schiefele & Streblow, 2006, S. 232).
Unter Kognition in Bezug auf selbstgesteuertes Lernen ist sowohl strategisches als auch konzeptionelles Wissen zu verstehen (Perels, 2011, S. 6). Kognition beschreibt die notwendige Beschaffenheit, die ein Lernender aufweisen muss, um den Herausforderungen des selbstgesteuerten Lernens gewachsen zu sein (Friedrich & Mandl, 1997, S. 241). Den kognitiven Grundfertigkeiten, Intelligenz und Vorwissen, wird dabei in dieser Komponente eine besondere Schlüsselrolle zugeschrieben, da diese die Verknüpfung von Lerninhalten unterstützen (Wirth, 2004, S. 38 ff.). Zudem tritt die Fähigkeit, passende Strategien im Lernprozess anzuwenden, in den Vordergrund und impliziert damit das Lernen-Können (Siebert, 2001, S. 70). Kognitive Lernstrategien sind elementar für den erfolgreichen Lernprozess und bieten dem Lernenden eine Methodik zur Informationsverarbeitung, zur Nutzung von Lernressourcen (Informationen, Hilfe, Material) sowie zur Kontrolle eigens gesetzter Lernziele. Kognitionen sind – anders als Metakognitionen – an ein spezielles Lernziel gebunden und können nach Friedrich & Mandl (1997, S. 243) ebenfalls in strukturelle und prozessuale kognitive Dimensionen unterschieden werden.
Strukturelle kognitive Komponenten:
Inhaltswissen, Aufgabenwissen wie Wissen über Anforderungen von Inhalt und Menge der Lernaufgaben sowie Strategiewissen drücken nach Friedrich & Mandl (1997) unterschiedliche Formen von Kenntnissen aus, die für den Fortgang des Wissenserwerbs relevant sind. Das Strategiewissen umfasst die Auswahl intelligenter Strategien zur Bewältigung von Aufgaben, während sich das Inhaltswissen sowohl aus Vorwissen als auch aus der Kenntnis über die persönlichen kognitiven Voraussetzungen zusammensetzt (Friedrich & Mandl, 1997, S. 247).
Prozessuale kognitive Komponenten:
Die Kognition eines Lernenden ist unmittelbar an die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen gebunden und bedingt Strategien für die Selektion und Festigung von Lerninhalten. Zudem übernehmen Kontrollstrategien in der prozessualen Kognition die Überprüfung und Bewertung des aktuellen Lernziels und werden durch die vorausgegangenen Informationsverarbeitungsstrategien initiiert. Der gesamte Prozess der Selbstregulation auf kognitiver Ebene wird gestützt durch sogenannte Ressourcenstrategien, also bspw. die zeitliche oder materielle Einbettung sowie die Organisation eines Lernprozesses (Siebert, 2001, S. 71).
Ausgehend von motivationalen und kognitiven Aspekten spielen die Metakognitionen eine übergeordnete Rolle beim selbstgesteuerten Lernen und bilden die komplexeste Komponente in eben diesem Prozess. Nach Götz und Nett ist ein Zusammenspiel aus allen drei Komponenten nur dann möglich, wenn der Lernende über metakognitive Fähigkeiten verfügt und diese im Lernprozess anwenden kann (2017, S. 170). Metakognitionen werden auch als „[…] Kognitionen zweiter Ordnung [oder] […] Wissen über Wissen […]“ (Weinert, 1984, S. 14 ff.) bezeichnet. Sie ermöglichen es dem Lernenden, Informationen in unterschiedlichen Situationen variabel abzurufen und flexibel auf vorhandene Fertigkeiten und Wissensbestände zurückzugreifen. Metakognitive Strategien sind den kognitiven Aspekten des selbstgesteuerten Lernens vorangestellt. Sie sind damit nicht auf ein bestimmtes Lernziel gerichtet, sondern implizieren die eigentliche Steuerung von Lernprozessen (Leutner & Leopold, 2006, S. 162). Insgesamt wird der metakognitiven Komponente eine sehr große Bedeutung beigemessen, denn sie erfordert sowohl die Reflexion der eigenen Kognition und Motivation als auch das Wissen über den effektiven Einsatz kognitiver Lernstrategien (Götz & Nett, 2017, S. 152). Auch die anschließende Organisation, Beobachtung, Reflexion und adaptive Anpassung des Lernverhaltens im Hinblick auf die Strategienutzung werden seitens der Lernenden in dieser Komponente vorausgesetzt. Bei eingehender Betrachtung der erläuterten Komponenten selbstgesteuerten Lernens wird die Komplexität dieser Thematik ersichtlich. Motivation, Kognition und Metakognition sind maßgebende Voraussetzungen für selbstinitiierte Lernprozesse und fungieren als „[…] Zusammenspiel zwischen Wollen, Wissen und Können […]“ (Wosnitza, 2000, S. 39) beim selbstgesteuerten Lernen. Ob und in welcher Form eine Unterstützung der genannten Komponenten durch den Einsatz digitaler Medien gelingen kann, soll nun im weiteren Verlauf der Arbeit untersucht werden.
Nachfolgend rückt das Thema ‚digitale Medien und Digitalisierung im Zusammenhang mit Selbststeuerung im Lernprozess‘ in den Fokus der Arbeit. Ausgehend von einer Begriffsdefinition (digitaler) Medien wird Bezug auf die Relevanz neuer Medien in der kaufmännischen Bildung sowie im Prozess des selbstgesteuerten Lernens genommen. Anschließend soll in diesem Kapitel auf die Charakteristika der neuen Medien wie Selbstaktivität, Interaktivität, räumliche und zeitliche Ungebundenheit, Vernetzung und Multimedialität eingegangen und diese umfassend im Einzelnen dargestellt werden (Kapitel 3.2 ff.). Um das Kapitel abzurunden, wird abschließend eine eigene Arbeitsdefinition digitaler Medien aufgeführt.
In der Literatur zum Thema digitale Medien findet sich eine Vielzahl von Definitionen, welche sich jedoch teils stark in ihrer Ausführung zu diesem Begriff unterscheiden. Wie auch Petko sagte: „Eine umfassende und allseits akzeptierte Definition, was Medien eigentlich sind, gibt es nicht“ (2014, S. 13). Dennoch sind digitale Medien zentraler Bestandteil der vorliegenden Analyse, was das Finden einer geeigneten Arbeitsdefinition erfordert. Gemäß Petko werden moderne „Medien [als] [..] einerseits kognitive und andererseits kommunikative Werkzeuge zur Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von zeichenhaften Informationen“ (2014, S. 13) definiert. Digitale Medien besitzen demnach zwei zentrale Funktionen. Zum einen erfolgt beim Nutzer über den inneren Prozess der Kognition die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und zum anderen über die äußere Kommunikation zu weiteren Lernenden der Austausch eben dieser.
Weidenmann versteht das Medium ebenfalls als ‚Vermittler‘ von Inhalten und Informationen. Er differenziert digitale Medien jedoch nicht nach ihrer Funktion, sondern vielmehr nach ihren neuen Eigenschaften, den Neuerungen gegenüber traditionellen Medien. So sieht er in seiner Definition vor allem die Multimedialität, die Ansprache mehrerer Sinneskanäle und die Verknüpfung von Text und Bild als besonderes Kennzeichen neuer Medien (Weidenmann, 2002, S. 45 ff.).
Mit dem Begriff der digitalen Medien sind analog auch neue Medien gemeint. Allerdings ist die Beschreibung neu nicht sehr zeitgemäß, da die Begriffsetablierung bereits mehr als 30 Jahren zurückreicht und mit dem Aufkommen von Computern einhergeht. Neu meint hier vielmehr die neuartigen Anwendungsmöglichkeiten digitaler Medien, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung und stetig neue Informations- und Kommunikationstechniken eröffnen (Petko, 2014, S. 18 ff.). Digitale Medien bieten in vielerlei Hinsicht eine positive Erweiterung traditioneller Medien. Sie verändern sowohl den gesellschaftlichen als auch individuellen Umgang mit Kommunikation und Informationen. Durch die starke Vernetzung und die weite Verbreitung digitaler Medien ist der Abruf von Daten und Informationen mittlerweile zu jeder Zeit und sogar mobil möglich geworden (Vollbrecht, 2009, S. 238 ff.).
Auch für den Bildungssektor bringt die Etablierung digitaler Medien neue Herausforderungen mit sich. So versteht Hess digitale Medien in der Bildung als „[…] alle Formen digitalisierter Lehr- und Lernmaterialien […]“ (2006, S. 306). Jedoch ist diese Definition zu pragmatisch gehalten, da digitale Medien heute weitaus mehr Funktionen und Programme für den Unterricht bieten als nur das Digitalisieren von Unterrichtsmaterialien. Früher waren es primär Bücher oder CDs für sich, die das Lernen unterstützten. Heute können hingegen verschiedenste Lehr- und Lernmaterialien über Präsentations-, Interaktions- und Kommunikationsmedien (vgl. Anhang, Tab. 3, S. ix) zur Verfügung gestellt werden. Dabei lassen sich die digitalen Medien in zwei Kategorien unterscheiden. Zum einen handelt es sich um die Technik und Hardware wie Tablets, Smartphones, interaktive Whiteboards, Notebooks und Computer. Die Geräte sind in der Regel mit einem mobilen Internetzugang ausgestattet und Grundvoraussetzung für die Nutzung der softwarebasierten Technologien. Zum anderen umfasst die Softwareebene „[…] z.B. Web & Computer Based Trainings (CBT, WBT), Learning Management Systeme, Blogs, Wikis, Podcast, Augmented Reality, Simulationen, Serious Games und Soziale Netzwerke […]“ (Bach, 2016, S. 111, zitiert nach BIBB, 2013, S. 394). Insbesondere durch die grundlegenden Merkmale wie räumliche und zeitliche Unabhängigkeit, Vernetzung, Multimedialität und Interaktivität unterscheiden sich digitale Medien von analogen Bildungsmedien (Albrecht & Revermann, 2016, S. 53). Im Anhang der Analyse findet sich eine genaue Beschreibung der Präsentations-, Interaktions- und Kommunikationsmedien sowie eine Darstellung der beschriebenen Hard- und Softwarekategorisierung (vgl. Anhang, Tab. 3 & 4, S. ix f.).
Digitale Medien bieten „[…]neue Formen der Kommunikation, Kooperation und Vernetzung, [aber auch] […] neue, effektive Wege der Vermittlung von Lehr- und Lerninhalten“ (BMBF, 2016) im Unterricht. Tablets, Smartphones und Co. sind in allen Bereichen nutzbar und ermöglichen die Realisierung neuer Lernumgebungen, in der durch technische Unterstützung die Aneignung neuen Wissens erleichtert werden soll (Issing & Klimsa, 2002, S. 1 f.). Insbesondere die Nutzung digitaler Medien im Berufsschulunterricht bietet neue Wege und Methoden für die Vorbereitung auf die fortschreitende Wissensgesellschaft, denn Lernen kann zunehmend individueller und aktiver gestaltet werden. Durch die Interaktivität der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wird dem Lernenden eine aktive Rolle im Gestaltungsprozess seines Lernens zu Teil. Wichtig bei dem Einsatz digitaler Medien in der Bildung ist allerdings, dass stets der jeweilige Lernkontext und die Verwendungssituation berücksichtigt werden sollte. Nur dann kann ein sinnvoller Einsatz gewährleistet werden (Vollbrecht, 2009, S. 237).
Relevanz für den Prozess des selbstgesteuerten Lernens
Bislang lassen digitale Medien ein großes Potential für die Unterstützung des Prozesses selbstgesteuerten Lernens vermuten. Sie ermöglichen dem Lernenden einen zeit- und ortsunabhängigen Einsatz, machen Lernen flexibler und können Leerzeiten effektiv in mobile Lerneinheiten umgestalten. Zudem kann der Lernende die Inhalte sowie den Schwierigkeitsgrad und sein Lerntempo völlig autonom bestimmen und seinen individuellen Gegebenheiten anpassen. Der Lernende wird durch die Nutzung digitaler Medien zum aktiven Part im eigenen Lernprozess, hat hiermit also die Möglichkeit der Selbststeuerung seiner Wissensaneignung (Sander, 2018, S. 6).
Einige Merkmale digitaler Medien wurden bereits in der Begriffsdefinition genannt und sollen im Folgenden nun noch einmal genauer betrachtet werden. Die Definition der jeweiligen Eigenschaften erfolgt beispielhaft unter Bezugnahme zur genannten Hard- und Software (vgl. Kapitel 3.1). Nach Stähler (2002, S. 106) können digitale Medien anhand von insgesamt fünf Eigenschaften charakterisiert werden: Selbstaktivität, Interaktivität, räumliche und zeitliche Ungebundenheit, Vernetzung und Multimedialität.
Traditionelle Medien zählen zu den passiven Informationsträgern. Zeitschriften, Bücher und CDs können Informationen zwar speichern, diese jedoch nicht nutzen oder eigenständig mit anderen Medien in Verbindung treten. „Ihre Funktion besteht [somit] allein in der Speicherung von Informationen über die Zeit“ (Stähler, 2002, S. 108). Digitale Medien hingegen sind selbst aktiv, also nicht nur Träger von Informationen, sondern auch fähig, diese an ihre Umwelt wiederzugeben und sie anzuwenden. So ist das Internet heute bspw. in der Lage, anhand von Suchanfragen eigenständige Vorschläge an den Benutzer zu übermitteln oder intuitiv wiederkehrende Suchmuster zu erkennen und zu speichern. Zudem sind digitale Endgeräte und Computer fähig automatisch Software Updates zu erstellen, den Standort zu bestimmen oder sich eigenständig mit dem mobilen Internet zu verbinden.
Allgemein wird die Selbstaktivität durch den Menschen verkörpert, denn nur er ist aktiver Wissensträger und in der Lage, aufgenommene Informationen zu verarbeiten, zu verknüpfen und daraus neues Wissen zu entwickeln. Jedoch können auch digitale Medien in einem gewissen Umfang, als eine ‚künstliche‘ Version aktiver Informationsträger, Teile dieser menschlichen Aktivitäten übernehmen. Computer und mobile Endgeräte sind so konzipiert, dass sie die Handlungsfähigkeit und das Kommunikationsvermögen eines Menschen imitieren, mit ihrer Umwelt interagieren und in einen aktiven Dialog treten können. Dies wird besonders durch Sprachassistenzprogramme auf dem Tablet oder dem Smartphone deutlich, denn sie ermöglichen das Schreiben von Nachrichten oder das Tätigen von Anrufen ohne manuelle Eingabe nur mit Hilfe der Selbstaktivität des digitalen Mediums. Allerdings ist es nicht die eigenständige Handlungsfähigkeit an sich, die ein digitales Medium zum aktiven Informationsträger macht. Erst die Reaktion auf äußere Reize – die Interaktion mit seiner Umwelt – zeichnet die Selbstaktivität der digitalen Medien aus (ebd., S. 108 f.).
Interaktivität ist eine der wohl prägnantesten Eigenschaften, die zur Beschreibung von digitalen Medien verwendet werden. Abgeleitet wird ‚Interaktivität‘ vom Begriff Interaktion – „[…] [lat.] inter = zwischen und agere = handeln […] “ (Haack, 2002, S. 128) und kann sowohl aus soziologischer Sicht als auch aus der Informatik heraus definiert werden. In den Sozialwissenschaften kennzeichnet Interaktivität das wechselseitige aufeinander Einwirken und das „[…] Miteinander-in-Verbindung-treten […]“ (ebd., S. 128) von Individuen. Die Informatik hingegen beschreibt Interaktivität als reine Computer-Mensch-Beziehung, also die Kommunikation mit dem Medium an sich. In Bezug auf digitale Medien wird von einer dialogähnlichen Kommunikation durch oder mit einem Medium gesprochen. Niegemann et al. gehen in ihrer Definition von Interaktivität noch einen Schritt weiter und beziehen die Gestaltung der Lernumgebung mit ein. Nach ihnen ist Interaktivität die Umgebung, in der für den Lernenden ein interaktives, kontrolliertes Lernen möglich ist und gefördert werden kann (Niegemann et al., 2008, S. 295).
Interaktivität ist ein zentraler Schlüsselbegriff in der Abgrenzung gegenüber traditionellen Medien geworden. Das Überwinden der reinen Einwegkommunikation, der nicht-Interaktivität analoger Medien, ist ausschlaggebend für die steigende Attraktivität digitaler Medien (Hüther, 2005, S. 348). Im Kontext des medialen Lernens eröffnet eben diese Interaktivität den Lernenden völlig neue Wege der Steuerung und macht es ihnen möglich, aktiv in den Lernprozess einzugreifen. Bspw. können Arbeitsergebnisse, die gemeinsam an einem interaktiven Whiteboard erarbeitet werden, unmittelbar im Unterrichtsgeschehen angepasst, erneuert oder in digitale Dokumente umgewandelt werden. Dem Lernenden wird durch die Arbeit mit dem Medium eine aktive Rolle im Lernprozess zu Teil, da er das digitale Medium selbstständig an seine individuellen Bedürfnisse anpassen kann (Haack, 2002, S. 128). Digitale Software, wie z.B. Lern-Apps oder Serious Games, kann dem Lernenden Rückmeldungen über bisherige Arbeitsergebnisse und Lernzwischenstände geben und somit den weiteren Lernprozess anstoßen. Damit übernimmt die Interaktivität digitaler Medien gewissermaßen die Funktion eines menschlichen Kommunikationspartners (Niegemann et al., 2008, S. 293). Die Relevanz der Interaktivität digitaler Medien für den medialen Lernprozess lässt sich aus den zentralen Funktionen des Lehrens ableiten:
- Individuelleres, motivierteres Lernen herbeiführen
- Verstehens- und Anwendungsprozesse fördern
- Lernprozesse gestalten und strukturieren
Diese Grundfunktionen werden ursprünglich durch die Kommunikation mit einer Lehrperson initiiert und sollen durch die Interaktivität digitaler Medien übernommen werden. Nur wenn Interaktivität diese Funktionen fördern und herstellen kann, ist ein interaktiver Lernprozess möglich (ebd., S. 295).
Digitale Medien sind - im Gegensatz zu den analogen Medien - Speicher- und Übertragungsmedien zugleich und können damit Informationen unabhängig von Ort und Zeit übertragen (Stähler, 2002, S. 113). Über das Internet sind Daten für den Lernenden zu jeder Zeit und mobil (bspw. über die iCloud oder Apps) abrufbar. Dies macht es zum einen möglich, ortsungebunden eine Lernumgebung zu konstruieren, in der sich der Lernende wohlfühlt. Zum anderen kann Lernen dadurch immer und überall stattfinden, sodass vorhandene Leerzeiten in effektive Lernzeit umgewandelt werden können. Der mobile Abruf von Informationen und Lernmaterialien über Laptops, Smartphones oder Tablets macht ein Mitführen von Arbeitsmaterialien wie Büchern überflüssig und hilft dabei Lehr- und Lernprozesse zu optimieren (Hüther, 2005, S. 350). Zudem können bspw. in Lern-Apps Zwischenstände eines Lernprozesses gespeichert und an einem anderen Lernort wieder aufgerufen und weiterbearbeitet werden. Durch die – auch Ubiquität genannte - Ungebundenheit digitaler Medien ist Wissen nicht mehr raum- und zeitbeschränkt und für den Lernenden zu jeder Zeit und weltweit zugänglich (Stähler, 2002, S. 113 f.).
Die Eigenschaft der Vernetzung steht in engem Zusammenhang mit der örtlichen und zeitlichen Unabhängigkeit digitaler Medien. Während die Ungebundenheit, die zeit- und ortslose Nutzung digitaler Medien beschreibt, umfasst die Vernetzung die Möglichkeit, Einzelinformationen miteinander zu verknüpfen. Zum einen setzt die Verbindung digitaler Medien die Digitalisierung an sich voraus, denn nur wenn Medien digital sind kann eine Verbundnutzung von Einzelmedien hergestellt werden. Zum anderen sind aber auch Selbstaktivität und Interaktivität des Mediums für den aktiven Austausch von Informationen von zentraler Bedeutung (Hüther, 2005, S. 347). Wie die bereits vorangegangenen Eigenschaften ist auch die Vernetzung ein prägnantes Merkmal in der Unterscheidung gegenüber analogen Medien. Während passive Informationsträger auf die bereits gespeicherten Informationen beschränkt sind, ermöglichen digitale Medien die Verknüpfung voneinander unabhängiger, digitaler Geräte. Anhand dessen können einzelne Informationen miteinander verbunden und zu vollkommen Neuen generiert werden (Stähler, 2002, S. 114). So können bspw. auf dem Laptop gespeicherte Dateien automatisch auf das Smartphone, die Smartwatch oder das Tablet übertragen werden, sodass geänderte Informationen auf allen Geräten abrufbar und von überall nutzbar werden. Weiterhin bietet die Vernetzung auch für Lernende neue Chancen, sich mit anderen Lernenden in Verbindung zu setzen, bspw. Lernresultate auszutauschen und zu besprechen. Das Internet übernimmt hierbei eine zentrale Funktion in der Verkettung von Informationen (Vollbrecht, 2009, S. 238) und vereinfacht die Kommunikation durch eine schnellere Datenweitergabe (Hüther, 2005, S. 347). Insbesondere softwarebasierte Technologien, wie Wikis, Blogs oder auch soziale Netzwerke, ermöglichen die schnelle Informationsbeschaffung im Austausch mit anderen Nutzern.
Multimedialität ist ein komplexer Begriff und in der Literatur nicht eindeutig einzugrenzen. Dabei kommt der ‚Multimedialität‘ eine zentrale Funktion in Bezug auf die fortschreitende Digitalisierung zu, weshalb sie in der Definition digitaler Medien immer wieder Anwendung findet. Durch den Begriff ‚multimedial‘ lassen sich analoge Medien deutlich gegenüber digitalen Medien abgrenzen. Sind traditionelle Medien an einen spezifischen Medientypen, wie Audio, Video oder Text, gebunden und daher nur einseitig zu verwenden, so können digitale Medien hingegen jede Art von digitalen Informationen verarbeiten und sind damit universell einsetzbar (Stähler, 2002, S. 117 f.). Multimedial sind digitale Medien nach Weidenmann (2002, S. 45 f.) nicht nur wegen ihrer Möglichkeit der Interaktion mit anderen Medien, sondern vor allem aufgrund der Möglichkeit, mehrere Sinneskanäle gleichzeitig ansprechen und Informationen wie Audio und Text verknüpfen zu können. Auch Klimsa (2002, S. 5) drückt durch Multimedialität eine Reihe von Technologien aus, die unterschiedliche Medientypen vereinen und in nur ein einziges Gerät integrieren können. Analoge Medien wie Telefone, Radio, Fernsehen, Videos und Texte waren früher nur voneinander getrennt zu nutzen. Durch die Konzeption digitaler Medien ist es möglich, das Abspielen von Audio- und Videodateien sowie die Visualisierung von Bildern und Textdateien miteinander zu kombinieren (Petko, 2014, S. 64 f.). Über die intuitive Touch-Screen Bedienung von Smartphones und Tablets aber auch interaktiven Whiteboards lassen sich Lehrinhalte sowohl haptisch als auch visuell und auditiv präsentieren. Simulationen und spezifische Apps ermöglichen mittels Augmented Reality sogar das Eintauchen in eine, der reellen Welt nachempfundenen, virtuelle Welt. Für den Bildungssektor eröffnet Multimedialität damit ganz neue Wege der Medienverwendung in Lern- und Informationsprozessen (Issing & Klimsa, 2002, S. 1). Die Möglichkeit der besseren Visualisierung von Sachverhalten steigert nicht nur die Attraktivität der Lerninhalte, sondern erhöht auch den Umfang der Informationsaufnahme bei Lernenden. Zudem trägt die Gelegenheit, sich selbstständig ausprobieren zu können, zum Anstieg von Interesse und Motivation im Lernprozess bei (Petko, 2014, S. 65 f.).
Arbeitsdefinition digitaler Medien:
Computergestützte Medien, die sich durch ihre Merkmale: Selbstaktivität, Interaktivität, räumliche und zeitliche Ungebundenheit, Vernetzung und Multimedialität, von analogen Medien unterscheiden und in Form von Geräten oder Software neue Wege der interaktiven und vernetzten Wissensvermittlung eröffnen sowie zunehmend ungebundenes und individuelles Lernen ermöglichen (d. Verf., zitiert nach Stähler, 2002, S. 106; Bach, 2016, S. 111; Albrecht & Revermann, 2016, S. 53).
Die genannten Merkmale ‚digitaler Medien‘ setzen einander voraus und kommen in verschiedenen Bereichen der medialen Bildung zum Tragen. Unter anderem eben auch - und dies ist für diese Arbeit entscheidend - im Bereich des selbstgesteuerten Lernens.
Zur fundierten Beantwortung der Forschungsfragen (vgl. Kapitel 1) sowie dem Finden geeigneter Studien zur gewählten Thematik der Analysearbeit wird zunächst ein Literaturreview nach Webster und Watson (2002) durchgeführt. Die ausgewählte Literatur wird anschließend anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) strukturiert und mit Hilfe deduktiv gebildeter Kategorien aufgearbeitet. Die Kategorien, die aus dem theoretischen Abschnitt dieser Arbeit abgeleitet sind, werden mit Hilfe eines Kodierleitfadens ausdifferenziert und anschließend auf die vorhandene Literatur angewendet. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden in einem Kategoriensystem abgebildet und abschließend in einer Ergebnismatrix zusammengefasst. Darüber hinaus soll das Kapitel einen Überblick über zu erwartende Limitationen der Analysearbeit sowie die geplante Verwertung der gewonnenen Befunde verschaffen.
Die Forschungsmethodik der vorliegenden Arbeit ist in insgesamt zwei Schritte gegliedert; die Literaturrecherche und die Literaturanalyse. In einem ersten Schritt wird für die Suche nach geeigneter Literatur ein Literaturreview nach Webster und Watson (2002) herangezogen. Diese Methode ist nicht nur für die Darstellung des aktuellen Forschungsstandes besonders gut geeignet, sondern bildet zudem eine Grundlage für den weiteren Wissenszuwachs und hilft, bestehende Forschungslücken aufzudecken (Webster & Watson, 2002, S. xiii). Ziel dieser Literaturarbeit ist es, dass vorhandene Wissen zum Themengebiet ‚digitale Medien und selbstgesteuertes Lernen‘ in kompakter Form darzustellen. Hierzu wird die Literatur zunächst nach der Forschungsthematik ausgewählt und in Kategorien eingeteilt, um anschließend systematisch analysiert und kritisch reflektiert zu werden (Universität Mannheim, 2014, S.1). Im Rahmen dieser Arbeit soll anhand einer qualitativen Forschung die Wirksamkeit digitaler Medien hinsichtlich der Unterstützung des selbstgesteuerten Lernprozesses aufgezeigt werden. Dabei wird insbesondere auf die Komponenten des selbstgesteuerten Lernens (vgl. Kapitel 2.2.1-2.2.3) eingegangen. Diese bilden die Basis für die nachfolgende Kategorienbildung in der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015).
Für die Literatursuche werden einschlägige Webseiten wie ‚Google Scholar‘, das ‚Fachportal Pädagogik‘, der ‚Göttinger Universitätskatalog (GUK)‘, ‚NiBis‘, ‚bwp@‘, ‚peDOCS‘, ‚BIBB‘, das ‚elektronische Zeitschriftenportal der Universität Göttingen (EZB)‘ sowie der ‚Katalog der technischen Informationsbibliothek Hannover (TIB)‘ nach aktuellen Studien, Zeitschriften und Publikationen zum Forschungsgegenstand durchsucht. Um die Auswahl an Studien und Journals auszuweiten werden weitere wissenschaftliche Datenbanken wie ‚ EBSCOhost ‘, ‚ Eric ‘, ‚ e-teaching ‘, und ‚ EDU|MERES ‘ nach vorrangig englischsprachiger Literatur durchgesehen. Die vorhandene Literatur wird intensiv gesichtet und nach Querverweisen zu weiteren Quellen durchsucht. Hierdurch sollen Publikationen und Studien gefunden werden, die nicht über die Suche mit spezifischen Schlüsselbegriffen entdeckt wurden (Webster & Watson, 2002, S. xvi).
Als Suchstrings bei der Literatursuche dienen:
- Selbstgesteuertes Lernen und digitale Medien
- Unterricht und digitale Medien
- Lernen und digitale Medien
- Kaufmännische Berufsbildung und digitale Medien
- Selbstgesteuertes Lernen und beruflichen Bildung
- Self-regulated learning and digital Media
- Self-regulated learning and education
Zunächst wird eine Suche mit einzelnen Schlagwörtern vorgenommen, die sich an dem Titel der Arbeit orientieren. Durch die logische Verbindung einzelner Suchbegriffe durch und oder and wird die Suche nach Literatur dann weiter spezifiziert und eingeschränkt. Da voraussichtlich gerade zum Bereich der kaufmännischen Berufsbildung nur sehr wenige repräsentative Studien zu finden sein werden, wird in den vorhandenen Studien zu allgemeinbildenden Schulen oder Hochschulbildung ein entsprechender Übertrag in der Analyse geleistet. Die über das Review nach dem Ansatz von Webster und Watson ausgewählten Studien werden in einem zweiten Schritt, der Literaturanalyse, nach Mayring (2015) konzeptorientiert und kategoriengeleitet ausgewertet (Webster & Watson, 2002, S. xvi). Das weitere Vorgehen der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) wird nachfolgend ausführlich erläutert.
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ist eine Auswertungstechnik zur Analyse bestehender Forschungsmaterialien. Das systematische und regelgeleitete Vorgehen schafft Transparenz im Analyseverfahren und lässt Rückschlüsse auf ausgewählte Aspekte bestehender Literatur zu (Mayring, 2015, S. 13). Eine Systematik zeigt sich ebenso in der theoretischen Fundierung der Methode. „[…] Die einzelnen Analyseschritte sind von theoretischen Überlegungen geleitet“ (ebd., S. 13), die sich in der Fragestellung und dem theoretischen Framework dieser Arbeit wiederfinden. Zur Beantwortung der Forschungsfragen (vgl. Kapitel 1) wird der zu untersuchende Inhalt mittels des Ablaufmodells strukturierender Inhaltsanalyse; inhaltliche Strukturierung (vgl. Anhang, Abb. 4, S. xi) aufbereitet. „Diese wohl zentralste inhaltsanalytische Technik hat zum Ziel, eine bestimmte Struktur aus dem Material herauszufiltern“ (ebd., S. 97). Die inhaltliche Strukturierung entsteht durch die Entwicklung eines Kategoriensystems mit dessen Hilfe Inhalte zu den Komponenten selbstgesteuerten Lernens aus der im Review ausgewählten Literatur herausgearbeitet werden sollen. Die Wahl des Ablaufmodells ist für die Analysearbeit elementar und dient dem geordneten Vorgehen nach zuvor definierten Analyseschritten. Das gewählte Modell strukturierender Inhaltsanalysen ist unter Bezugnahme zum Vorgehen der Arbeit nachfolgend dargestellt und in einzelne Schritte gegliedert.
[...]
1 Unter dem Begriff der digitalen Medien sind in der vorliegenden Arbeit sowohl Geräte und Hardware (mobile Endgeräte, interaktive Whiteboards, Tablets) als auch softwarebasierte Technologien (Wikis, soziale Netzwerke, Lern-Apps) zu verstehen (vgl. Kapitel 3.1).
2 Der Begriff Digitalisierung findet häufige Verwendung in Zusammenhang mit dem digitalen Umbruch in der Wirtschaft und bezeichnet in der vorliegenden Arbeit den Wandel von analogen Medien hin zur Nutzung digitaler Formate (BMWi, 2019).
3 Hugo Gaudig (1860 – 1923) war ein bedeutender Reformpädagoge der ‚Arbeitsschulbewegung‘. Mit seiner Reform ‚Selbsttätigkeit des Schülers‘ schaffte er eine Unterrichtsform, die zum Selbstdenken und zum verantwortungsbewussten Handeln aufforderte. Seine neue Idee von Pädagogik führte zur Ablösung der traditionellen Unterrichtsweise hin zum Grundprinzip der Selbsttätigkeit (Bonz, 2009a, S. 83 f.).
4 Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus (Lehr- und Lerntheorien der Pädagogik).