Bachelorarbeit, 2018
58 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Leerverkäufe an den Finanzmärkten
2.1 Definition des Leerverkaufs
2.2 Die Funktionsweise von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
2.3. Die Anwendung von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
2.4. Die Hebelwirkung bei Leerverkäufen am Beispiel der Aurelius-Aktie
2.5. Gedeckte und ungedeckte Leerverkäufe
2.5.1 Gedeckte Leerverkäufe
2.5.2 Ungedeckte Leerverkäufe
3 Analyse des Einflusses von Short-Sales und Gerüchten auf den Aktienmarkt, als Grundlage aktivistischer Leerverkäufe
3.1 Kurz- und langfristige Effekte von Short-Sales auf die Börsenmärkte
3.1.1 Vermutete negative Auswirkungen von Short-Sales bei Finanzkrisen
3.1.2 Wirkung von Leerverkäufen auf Aktienkurse
3.1.3 Die Problematik der Nutzung von Short-Sales zur Kursmanipulation
3.1.4 Im Zuge von Leerverkäufen auftretende Verlustrisiken
3.1.5 Der positive Einfluss von Leerverkäufen auf die Markteffizienz
3.1.5.1 Short-Sales und deren Wirkung auf die Liquidität des Marktes
3.1.5.2 Der Effekt von Short-Sales für die bessere Bewertung der Börse
3.2 Wirkung von Gerüchten auf Aktienkurse und das Anlegerverhalten
3.2.1 Die Verbreitung von Börsengerüchten
3.2.1.1 Der Faktor Zufall bei der Streuung von Gerüchten an der Börse
3.2.1.2 Gründe für die absichtliche Verbreitung von Börsengerüchten
3.2.1.3 Die erfolgreiche Verbreitung von Börsengerüchten
3.2.2 Das Dilemma der von Gerüchten betroffenen Händlern an der Börse
3.2.3 Anforderungen für eine hohe Wirksamkeit von Börsengerüchten
3.2.4 Der Einfluss von Gerüchten auf den Aktienkurs und dessen anschließende Entwicklung
3.2.5 Gegen- und Präventionsmaßnahmen in Bezug auf negative Gerüchte
3.2.5.1 Gegenmaßnahmen im Falle falscher negativer Gerüchte
3.2.5.2 Gegenreaktionen auf nicht unmittelbar widerlegbare Gerüche
3.2.5.3 Verringerung der Anfälligkeit für negative Gerüchte
4 Auswahlkriterien der aktivistischen Short-Seller
4.1 Vorstellung von Muddy Waters-, Gotham City- und Zatarra Research
4.1.1 Die drei aktivistischen Leerverkäufer im Kurzportrait
4.1.2 Die Glaubwürdigkeit der drei aktivistischen Short-Seller
4.2 Gründe für die Auswahl von Aurelius, Ströer und Wirecard als Ziel der aktivistischen Leerverkäufer
4.2.1 Hohe Komplexität und mangelnde Transparenz der Geschäftsmodelle
4.2.1.1 Steigende Komplexität aufgrund einer Vielzahl von Zukäufen
4.2.1.2 Bilanzierungsmängel aufgrund wachsender Komplexität
4.2.2 Aktuelle und historische Verfehlungen des Managements
4.2.2.1 Missmanagement als Ursache für die Leerverkaufs-Attacken
4.2.2.2 Frühere Negativ-Schlagzeilen zur Schaffung von Angriffsfläche
4.3 Die detaillierte Bewertung des Aktienkurses, anhand der wichtigsten operativen Kennzahlen, der drei attackierten Unternehmen
4.3.1 Operatives Wachstum und die Entwicklung des Aktienkurses
4.3.2 Die Bewertung von Wirecard anhand der wichtigsten Kennzahlen
4.3.3 Die Bewertung der AURELIUS Equity Opportunities SE & Co KGaA
4.3.4 Die Bewertung der Ströer SE
5 Ablauf und Wirkung der drei auf falschen Vorwürfen basierenden Short-Attacken auf den Aktienkurs
5.1 Analyse der Durchführung der drei aktivistischen Short-Attacken
5.1.1 Ablauf der aktivistischen Short-Attacken am Beispiel Aurelius
5.1.2 Der Inhalt der ersten aktivistischen Studie am Beispiel Aurelius
5.1.3 Das weitere Vorgehen nach der Verbreitung des ersten Reports
5.2 Die Wirkung der auf falschen Vorwürfen basierenden Short-Angriffen auf den Aktienkurs der drei betroffenen Unternehmen
5.2.1 Reaktion des Aktienkurs von Aurelius auf die Short-Attacken
5.2.2 Reaktion des Aktienkurs von Wirecard auf die Short-Attacken
5.2.3 Reaktion des Aktienkurs von Ströer auf die Short-Attacken
6 Anschließende Kurspflege- und Vertrauensbildungsmaßnah-men und die Analyse der weiteren Entwicklung des Aktienkurses
6.1 Abwehrreaktionen der Unternehmen Ströer, Wirecard und Aurelius
6.1.1 Entkräftung der Gerüchte und Vorbereitung von Abwehrmaßnahmen
6.1.2 Wiederherstellung von verlorenem Vertrauen durch intensive Unternehmenskommunikation
6.1.3 Kurspflegemaßnahmen infolge der aktivistischen Short-Attacken
6.2 Umfassende Analyse der weiteren Kursentwicklung von Aurelius, Wirecard und Ströer, infolge der Entkräftung der falschen Vorwürfe
6.2.1 Die weitere Kursentwicklung der Aurelius-Aktie
6.2.2 Die weitere Kursentwicklung der Wirecard-Aktie
6.2.3 Die weitere Kursentwicklung der Ströer-Aktie
7 Allgemeine Analyse aktivistischer Short-Attacken und deren Folgen, rechtliche Aspekte und Indizien für unwahre Studien
7.1 Allgemeine Daten und Fakten zu aktivistischen Short-Angriffen
7.1.1 Der Einfluss aktivistischer Short-Attacken auf den Börsenwert
7.1.2 Strategien aktivistischer Short-Seller und dabei auftretende Probleme
7.1.3 Die Analyse der Erfolgsquoten aktivistischer Leerverkäufer
7.1.4 Die Entwicklung aktivistischer Short-Attacken und deren Rendite
7.2 Die Bewertung der Auswirkungen von aktivistischen Leerverkäufen
7.2.1 Korrekte aktivistische Short-Attacken als Bereicherung für die Börse
7.2.2 Allgemein vorteilhafte Effekte aktivistischer Short-Angriffe
7.2.3 Allgemein negative Aspekte korrekter aktivistischer Short-Attacken
7.2.4 Unwahre Analysen der Short-Seller als Problem für den Aktienmarkt
7.3 Zu beachtende rechtliche Aspekte bei aktivistischen Leerverkäufen
7.3.1 Die drei rechtlichen Hauptregelungen für aktivistische Leerverkäufer
7.3.2 Weitere in Betracht zu ziehende gesetzliche Vorschriften
7.3.3 Mögliches juristisches Vorgehen der Betroffenen und für auf falschen Vorwürfen basierende Short-Attacken in Betracht zu ziehende Strafen
7.3.4 Absicherungsstrategien der Short-Seller gegen rechtliche Belangbarkeit und die Erfolgsaussichten auf Schadenersatz
7.3.5 Aktueller juristischer Stand in Causa der drei Short-Attacken
7.3.5.1 Untersuchungen und Verfehlungen im Fall Muddy Waters Research
7.3.5.2 Untersuchungen und Verfehlungen im Fall Gotham City Research
7.3.5.3 Untersuchungen und Verfehlungen im Fall Zatarra Research
7.4 Indizien für auf falschen Vorwürfen basierende Short-Attacken
7.4.1 Hinweise im Verhalten der Short-Seller auf eine falsche Short-Attacke
7.4.2 Hinweise in der Firmenreaktion auf eine falsche Short-Attacke
8 Fazit und Ausblick
Quellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wirecard - Aktienkurs und Gewinnentwicklung im historischen Vergleich 15 Abbildung 2: Aurelius - Marktkapitalisierung und NAV-Entwicklung im Vergleich
Abbildung 3: Ströer - Aktienkurs und Gewinnentwicklung im Vergleich
Abbildung 4: Entwicklung der Nettoleerverkaufspositionen im Zuge der Short-Attacken 22 Abbildung 5: Wirkung der drei Short-Attacken auf den Aktienkurs von Aurelius
Abbildung 6: Wirkung der drei Short-Attacken auf den Aktienkurs von Wirecard
Abbildung 7: Wirkung der drei Short-Attacken auf den Aktienkurs von Ströer
Abbildung 8: Die Entwicklung des Aktienkurses von Aurelius im Branchenvergleich
Abbildung 9: Die Entwicklung des Aktienkurses von Aurelius im Index-Vergleich
Abbildung 10: Die Entwicklung des Aktienkurses von Wirecard im Branchenvergleich 30 Abbildung 11: Die Entwicklung des Aktienkurses von Wirecard im Index-Vergleich
Abbildung 12: Die Entwicklung des Aktienkurses von Ströer im Branchenvergleich
Abbildung 13: Die Entwicklung des Aktienkurses von Ströer im Index-Vergleich
Tabelle 1: Wirecard-Aktie - Kennzahlen im Peer-Group-Vergleich
Tabelle 2: Wirecard-Aktie - Kennzahlen im historischen Vergleich
Tabelle 3: Aurelius-Aktie - Kennzahlen im historischen Vergleich
Tabelle 4: Aurelius-Aktie - Kurs-NAV-Verhältnis im Peer-Group-Vergleich
Tabelle 5: Aurelius-Aktie - Kurs-NAV-Verhältnis im historischen Vergleich
Tabelle 6: Ströer-Aktie - Kennzahlen im Peer-Group-Vergleich
Tabelle 7: Ströer-Aktie - Kennzahlen im historischen Vergleich
Dass Leerverkäufe kein Neuzeitphänomen sind, verdeutlicht ein Beispiel aus dem frühen 17. Jahrhundert. Der erste dokumentierte Leerverkauf der Geschichte wird auf 1602 datiert, als ein niederländischer Händler namens Issac Le Maire Anteile der holländischen Handelsgesellschaft Dutch East India Company erwarb. Sieben Jahre später konnte die Gesellschaft aufgrund politischer und wirtschaftlicher Zwänge keine Dividende ausbezahlen. Um den Ausfall der Dividende auszugleichen, beschloss Le Maire, mehr Anteile zu verkaufen, als er tatsächlich besaß. Die potenzielle Gefahr für eine funktionierende Finanzwirtschaft wurde schnell erkannt, woraufhin ein Verbot von Leerverkäufen als erste offizielle Form der Börsenregulierung erlassen wurde. Dieses Verbot wurde jedoch einige Jahre später wieder aufgehoben.1
Drei Jahre nach der großen amerikanischen Börsenkrise 1929 wurden Leerverkäufe durch das sogenannte Uptick-Gesetz erneut eingeschränkt. Das Gesetz besagt, dass Leerverkäufe nur für Titel mit steigenden Kursen zulässig sind. Ein Leerverkauf wurde demnach nur erlaubt, wenn die letzte Börsentransaktion über dem vorherigen Kurs lag. Leerverkäufe von Wertpapieren mit fallenden Kursen waren hingegen bis ins Jahr 2007 illegal. Diese Regelung wurde jedoch kurz vor der Banken- und Finanzkrise 2008/09 wieder aufgehoben, was bis heute als sehr umstrittene Entscheidung gilt.2
In den letzten Jahren haben Leerverkäufe auf dem internationalen Aktienmarkt stark zugenommen, was neben ausgeweiteten Marktsegmenten vor allem auf das stark gestiegene Handelsvolumen von Wertpapieren und die damit zusammenhängende hohe Verfügbarkeit verleihbarer Aktien zurückgeht. Leerverkäufe werden heutzutage mehr und mehr zur persönlichen Bereicherung und zum Ausgleich von zu hohen Börsenbewertungen genutzt. Im Zuge dessen entwickelt sich seit Mitte der 2000er Jahre ein starker Trend hin zu Leerverkäufen in Verbindung mit aktivistischem Handeln, was durch den allgemeinen Anstieg von Aktienkursen in den letzten Jahren noch verstärkt wird. Bei aktivistischen Short-Attacken werden seitens der Leerverkäufer immer häufiger Studien verbreitet, die nahezu ausnahmslos unwahre Behauptungen beinhalten, wie in den letzten beiden Jahren in Deutschland durch die amerikanischen Vertreter Muddy Waters Research, Gotham City Research und Zatarra Research, ge- schehen.3
Zielsetzung dieser Arbeit ist es, ausgewählte Short-Attacken der oben genannte Leerverkäufer auf die Unternehmen Ströer, Aurelius und Wirecard detailliert zu analysieren und die darauffolgende Kursentwicklung im Vergleich zu relevanten Benchmarks herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Erarbeitung von Gründen für Attacken auf gezielt diese drei Firmen, deren Bewertung vor und nach den Angriffen, sowie dem Vorgehen der Leerverkäufer und der Machart der Short-Attacken. Anzunehmen ist, dass der Aktienkurs der Unternehmen nach erfolgreichem Überstehen einer auf falschen Vorwürfen basierenden aktivistischen Leerverkaufs-Attacke, langfristig eine Outperformance erzielt. Darüber hinaus sollen mögliche Gegen- und Präventionsmaßnahmen der von aktivistischen Short-Angriffen betroffenen Firmen erarbeitet, sowie der Fokus auf die Herausarbeitung möglicher Unterschiede zwischen auf wahren und unwahren Behauptungen basierenden Short-Attacken gelegt werden. Außerdem spielt die ausführliche Abhandlung der rechtlichen Situation bei aktivistischen Short- Sales eine wichtige Rolle, wobei hauptsächlich die gesetzlichen Möglichkeiten der Firmen und Aktionäre herausgearbeitet, sowie mutmaßliche Vorkehrungen der Leerverkäufer zur Absicherung gegen juristische Belangbarkeit aufgedeckt werden sollen.
Zur allgemeinen Erläuterung erfolgt zunächst eine umfassende Definition rund um das Thema Leerverkäufe. Nach einer generellen Erklärung der Funktionsweise werden die Einsatzmög-
lichkeiten des Leerverkaufs an den Finanzmärkten beleuchtet und anhand eines Beispiels präzisiert. Dabei soll vor allem der Unterschied zwischen gedeckten und ungedeckten Short- Sales verdeutlicht werden. Anschließend erfolgt eine umfangreiche Analyse der Vor- und Nachteile, die Leerverkäufe an den Finanzmärkten mit sich bringen, was mithilfe einiger Beispiele anschaulich dargestellt werden soll. Da die von den aktivistischen Leerverkäufern veröffentlichten Berichte zunächst nur ungeprüfte Gerüchte darstellen, sollen das Zustandekommen, deren Wirkung, sowie Präventions- beziehungsweise Abwehrmaßnahmen gegen Gerüchte auf dem Aktienmarkt ausgiebig diskutiert und durch Beispiele veranschaulicht werden.
Nach der ausführlichen Untersuchung der beiden Bausteine von aktivistischen Short- Attacken, nämlich der Durchführung von Leerverkäufen und der Verbreitung von Gerüchten, sollen die Short-Seller, die hinter den Angriffen auf Aurelius, Ströer und Wirecard stehen, näher vorgestellt werden. Dabei stehen die Herausarbeitung der Motive und das Vorgehen der aktivistischen Leerverkäufer im Vordergrund. Im Anschluss daran soll geprüft werden, warum gerade diese drei Firmen zu Opfern von Short-Angriffen wurden. Deshalb soll in Abschnitt 4 nach Indizien gesucht werden, die eine Angriffsfläche für Short-Seller bieten und großes Absturzpotential des Aktienkurses ermöglichen. Darauffolgend soll der allgemeine Ablauf einer aktivistischen Short-Attacke am Beispiel jener von Gotham City Research auf das Unternehmen Aurelius dargestellt werden.
Anschließend erfolgt die detaillierte Bewertung der drei Unternehmen, wobei anhand der j e- weils aussagekräftigsten Kennzahlen, gemessen an vordefinierten Maßstäben, im Branchenvergleich, sowie im Vergleich mit individuell ausgewählten Indizes festgestellt werden soll, ob vor den Short-Attacken eine Überbewertung des Aktienkurses vorlag. Weiterhin soll die Wirkung der von den Short-Sellern veröffentlichten Studien auf den Aktienkurs von Wirecard, Ströer und Aurelius, gemessen werden. Darüber hinaus sollen allgemeine Ergebnisse aus Untersuchungen von Leerverkaufs-Attacken auf 124 Firmen präsentiert werden und einen großen Teil zum Verständnis dieses Geschäftsmodells, dessen Folgen, sowie vergangene und zukünftige Entwicklung beitragen. Zudem sollen von den drei Unternehmen getroffene Abwehrbeziehungsweise Kurspflegemaßnahmen erklärt und deren Erfolg durch die Reaktion der Aktienkurse beurteilt werden.
Des Weiteren erfolgt eine umfassende Darstellung der weiteren Entwicklung der Aktienkurse von Ströer, Aurelius und Wirecard, ab dem Zeitpunkt, an dem ein durchschnittlicher Anleger sich sicher sein konnte, dass die Vorwürfe der Leerverkäufer nicht der Wahrheit entsprechen. Dabei soll festgestellt werden, ob mögliche Unterbewertungen hauptsächlich aufgrund von verlorenem Vertrauen resultierten. Zudem soll die Möglichkeit der Erzielung einer Überrendite durch den Aktienkauf infolge entkräfteter aktivisti scher Short-Attacken im Peer GroupVergleich, sowie im Vergleich mit relevanten Indizes geprüft werden.
Neben der Auswirkung von Leerverkäufen auf den Aktienkurs, sollen die Folgen von aktivistischen Short-Attacken auf das betroffene Unternehmen und dessen Share- und Stakeholder, sowie für die Short-Seller selbst beleuchtet werden. Im darauffolgenden Kapitel erfolgt eine Untersuchung, inwiefern sich die Leerverkäufer bei der Verbreitung von Falschnachrichten strafbar machen und ob diese letztendlich juristisch belangt werden können. Außerdem werden die Erfolgsaussichten von rechtlichen Schritten gegen die aktivistischen Short-Seller und deren Hintermänner analysiert. Abschließend soll anhand der bisher in der Thesis gesammelten Indizien versucht werden gewisse Anhaltspunkte dafür zu finden, ob eine aktivistische Short-Attacke lediglich auf Falschaussagen beruht oder dabei aufgestellte Vorwürfe zutreffen.
Unter dem Begriff Leerverkauf ist der Verkauf einer Ware zu verstehen, die sich nicht im Eigentum des Verkäufers befindet. Mithilfe eines Leerverkaufes spekuliert man darauf, dass der Preis der verkauften Ware in der Zeit nach dem Verkauf sinkt. Das Ziel des Leerverkäufers ist, das Gut zu einem späteren Zeitpunkt günstiger zurückkaufen zu können, um die dadurch entstehende Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis als Gewinn zu realisieren. Der Eigentümer erhält die gleiche, jedoch nun im Wert gesunkene Warenmenge zurück.4
Ein Leerverkauf ist grundsätzlich mit allen Waren, also allen fungiblen Wirtschaftsgütern, bei denen die Möglichkeit der Lieferung gegeben ist, durchführbar und rechtlich zulässig. Für den Leerverkauf gibt es kein eigenes Gesetz, stattdessen kommt hier das übliche Kaufvertragsrecht nach §433 Abs. 2 BGB zur Anwendung. Ein abgeschlossener Kaufvertrag beinhaltet seitens des Verkäufers nur die Verpflichtung, den Verkaufsgegenstand zu einem vereinbarten Zeitpunkt in der vereinbarten Menge zu liefern. Demnach muss der Verkäufer bei Vertragsschluss nicht bereits Eigentümer des Vertragsgegenstandes sein. Aus Käufersicht unterscheidet sich der Leerverkauf keineswegs von einem gewöhnlichen Kauf und ist somit rechtlich unbedenklich.5
Leerverkäufe sind heutzutage hauptsächlich Gegenstand des Handels an den internationalen Finanzmärkten. Dort finden Short-Sales in der Regel mit den zur Verfügung stehenden Finanzinstrumenten statt, wobei sich der Handel vor allem auf Aktien, Anleihen, Devisen, Derivate, Futures und öffentliche Schuldtitel konzentriert.6
Zunächst wird ein Aktienpaket seitens des Leerverkäufers veräußert, welches sich zum Zeitpunkt der Vertragsvereinbarung nicht im Eigentum des Leerverkäufers befindet. Damit er die Werte verkaufen kann, leiht sich der Leerverkäufer diese in der Regel zuvor über eine Bank von dem jeweiligen Eigentümer. Um der sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Lieferverpflichtung nachzukommen, muss der Leerverkäufer das dem Vertrag zugrundeliegende Finanzinstrument vor dem Liefertermin beschaffen. Der zur Erfüllung der Lieferverpflichtung notwendige Beschaffungsvorgang wird als Deckungsgeschäft bezeichnet, welches erst nach dem Verkauf stattfindet. Für die Marktteilnehmer ist dabei jedoch nicht ersichtlich, wann der tatsächliche Kauf des Wertpapieres erfolgt und ob der Käufer auch Eigentümer der Ware ist.7
Leerverkäufe sind an den Finanzmärkten sowohl als Kassageschäft, wie auch als Termingeschäft möglich. Handelt es sich um ein Kassageschäft, unterscheidet sich der Leerverkauf bei Kaufabschluss und Abwicklung nicht von einem gewöhnlichen Kauf. So muss der Verkäufer das verkaufte Papier je nach Handelsplatz innerhalb einer kurzen Frist von zwei bis drei Börsentagen liefern. Bei einem Termingeschäft hingegen hat der Short-Seller einen deutlich weiter in der Zukunft liegenden Lieferzeitpunkt einzuhalten, wodurch dieser mehr Zeit bekommt, um sich mit dem notwendigen Kapital für den Basiswertekauf einzudecken.8
Leerverkäufe an der Börse werden meist aus drei Motiven durchgeführt. Zum Einen, um durch Wetten auf Kursrückgänge eine mögliche überproportionale Rendite zu erzielen, zum anderen als Absicherung vor möglichen fallenden Kursen, während die Position jedoch insgesamt Long ist und lediglich aus dem Gesichtspunkt der Risikominimierung leerverkauft wird. Ein weiterer Grund ist die Erwirtschaftung von Gewinnen durch das Ausnutzen von Arbitragemöglichkeiten zwischen Kassa- und Terminmärkten. Aufgebaut werden die Positionen hauptsächlich von Hedgefonds und Investmentfonds, seitens Privatanleger aber auch bei der Nutzung bestimmter Plattformen. In der Regel kommen Short-Sales bei Aktien von Firmen, die Anzeichen von Problemen zeigen, zur Anwendung. Vor allem bei rechtlichen Unsicherheiten, drohenden Klagen oder schwebenden Verfahren, aber auch bei operativen Schwierigkeiten, dubiosen Managementaktivitäten oder Branchenschwächen, sind Short-Sales gefragt. Hauptsächlich werden Leerverkäufe jedoch bei fundamentalen Überbewertungen eingesetzt. Dies zeigt, dass Short-Selling bei solide finanzierten, in stabilen Wirtschafts- und Währungsräumen agierenden Unternehmen mangels Erfolgsaussichten eher seltener zum Einsatz kommt. Leerverkäufe ermöglichen die Nutzung verschiedener Absicherungs- und Managementstrategien und können auch als Gegenstück zum Value Investing gesehen werden.9
Im Zuge der Durchführung von Leerverkäufen werden als Gegenleistung Vermittlungsgebühren für die Leihe der Aktien fällig. Außerdem wird eine Deckungssumme, auch Margin genannt, beim Verleiher hinterlegt, die meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich des Transaktions-volumens liegt. Aufgrund dieser geringen Margin können beim Leerverkauf beträchtliche Hebelwirkungen entstehen, da viel weniger Kapital hinterlegt werden muss, als sich durch den Verkauf im Einsatz befindet.10
Ein Hedgefonds leiht sich beispielsweise von seiner Bank 500 Aurelius-Aktien bei einem Kurs von 50 Euro und muss dafür eine Margin von zwei Prozent, also 500 Euro aufbringen. Für den anschließenden Leerverkauf erhält der Fonds 25000 Euro. Sinkt nun der Aktienkurs auf 40 Euro, kann der Hedgefonds dieselbe Anzahl an Aktien auf diesem günstigeren Niveau zurückkaufen und nach Abzug der Margin einen Ertrag von 4500 Euro einstreichen. Der angefallene Gewinn beläuft sich auf den neunfachen Wert des eingesetzten Kapitals. Dies macht die bei Leerverkäufen existierende Hebelwirkung deutlich - so ist der Aktienkurs um 20% gefallen, während das verwendete Kapital sich von 500 Euro auf 5000 Euro verzehnfacht hat, was einem Hebel von 50 entspricht. Auf der anderen Seite hat dieser Hebel bei steigenden Kursen genau die entgegengesetzte Wirkung, zuzüglich Leihgebühr, wodurch ein großes Verlustrisiko besteht. Sollte vor dem Ende der Rückgabepflicht der Aktien eine Knappheit am Markt vorhandener Wertpapiere auftreten, können für den Leerverkäufer große Verluste anfallen, sowie Zahlungsschwierigkeiten bei einer zu geringen Kapitaldecke auftreten. Im Gegensatz zum Aktionär, dessen Verlust auf den Kapitaleinsatz beschränkt ist, da der Kurs nie unter Null fallen kann, ist das Risiko für Leerverkäufer hingegen unbegrenzt, da der Kurs theoretisch unbeschränkt steigen kann.11
[...]
1 Vgl. Gregoriou 2014, S. 51 ff.
2 Vgl. Petram 2011, S. 440 ff.
3 Vgl. Robert, abgerufen am 24.10.2017, online
4 Vgl. Sernc 2009, S. 23 ff.
5 Vgl. Kempf; Lüderssen; Volk 2010, S. 307
6 Vgl. ntv.de (Hrsg.), abgerufen am 26.10.2017, online
7 Vgl. Kempf; Lüderssen; Volk 2010, S. 303 ff.
8 Vgl. Müssig 1998, S. 2015 ff.
9 Vgl. Kaiser 2009, S. 6 ff.
10 Vgl. Foitzik; Schwarz; Schmidt 2011, S.275 ff.
11 Vgl. Klein, abgerufen am 30.10.2017, online
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