Bachelorarbeit, 2017
37 Seiten, Note: 2,7
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
2. Qualitätsmanagement in der Wirtschaftsprüferpraxis
2.1 Tätigkeiten und Stellung des Wirtschaftsprüfers
2.2 Qualität in der Erbringung von Prüfungsleistungen
2.3 Qualitätssicherungssystem nach IDW EQS 1
2.3.1 Wesentliche Inhalte
2.3.2 Vorbemerkungen
2.3.3 Definitionen und Prozess der Einrichtung, Durchsetzung und Überwachung eines Qualitätssicherungssystems
2.3.4 Regelungen zur Steuerung und Überwachung der Qualität in der Wirtschaftsprüferpraxis
2.3.5 Übereinstimmung mit ISQC 1 und ISA
2.4 Wesentliche Änderungen gegenüber der VO 1/2006
3. Qualitätsmanagement in Industrieunternehmen
3.1 Qualität in der Industrie
3.2 Qualitätssicherungssystem nach DIN EN ISO 9000 ff
3.2.1 Grundlagen der Normenreihe
3.2.2 Anforderungen nach DIN EN ISO 9001:2015
4. Vergleich des IDW EQS 1 mit DIN EN ISO 9001:2015
5. Zusammenfassung
5.1 Kritische Würdigung
5.2 Ausblick
Verzeichnis der Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsanweisungen, sonstigen Rechnungslegungs- und Prüfungsnormen und Verlautbarungen
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das deutsche Sprichwort „Gute Ware lobt sich selbst“ ist heute aktueller denn je. Zweifelsfrei streben die meisten Unternehmen nach Gewinnen und möchten in ihrem Tun wettbewerbsfähig sein und bleiben. Hierfür wichtig sind eindeutig die Faktoren Kosten und Zeit, gleichwohl ist die Qualität ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor. Diesem soll in dieser Arbeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Qualität hängt wesentlich damit zusammen, ob ein Unternehmen am Markt bestehen kann, denn der Kunde ist nur dann mit dem Produkt zufrieden, wenn er mit dessen Qualität zufrieden ist und die Qualität auch fortbesteht. In der Literatur werden viele Wege zur Qualitätssteigerung diskutiert. Unumgänglich bleibt neben der Frage der Qualitätssteigerung die Frage der Qualitätssicherung. Eine hohe Qualität kann nur dann Erfolg bringen, wenn sie auch konsequent verfolgt und gesichert wird. Dies wird durch das Qualitätsmanagement und genauer durch ein Qualitätssicherungssystem (QSS) gewährleistet.
Natürlich lassen sich diese Aussagen auch auf die Wirtschaftsprüfung übertragen. Hier ist neben diversen treuhänderischen und beratungsähnlichen Dienstleistungen das Hauptprodukt die Prüfung des Jahresabschlusses. Dessen Qualität muss stimmen, um Mandanten zu halten, neue Mandanten zu akquirieren und schlussendlich am Markt bestehen zu bleiben.
Daher beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Thema der Qualitätssicherung einerseits in der Wirtschaftsprüfung und andererseits in Industrieunternehmen. Neben grundsätzlichen Einführungen in die Qualität in den jeweiligen Branchen beschreibt diese Arbeit vor allem (v. a.) das QSS in der Wirtschaftsprüfung nach dem neuen IDW EQS 1 und das der Industrieunternehmen nach DIN EN ISO 9000 ff. und wirft am Ende einen Blick auf die Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten.
Im Rahmen der Veröffentlichung der neuen EU-Verordnung zur Abschlussprüfung und der geänderten Abschlussprüferrichtlinie am 27.05.2014 wurden diese Neuerungen in Deutschland im Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz und Abschlussprüfungsreformgesetz verankert. Speziell konkretisiert wurden die Änderungen in der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (BS WP/vBP) und in dem neuen IDW Qualitätssicherungsstandard (IDW EQS 1).1 Die dem IDW EQS 1 vorangehende VO 1/2006 ist eine gemeinsame Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) und dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und hatte insbesondere (insb.) durch die Beteiligung der WPK eine hohe Verbindlichkeit, da sich diese durch Selbstbindungserklärung bezüglich (bzgl.) der VO 1/2006 an alle WPK-Mitglieder richtet und nicht nur an IDW-Mitglieder.2 Die neue IDW-Verlautbarung zur Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis wurde allein vom IDW veröffentlicht. Fraglich ist somit, ob sich die Selbstbindungserklärung der WPK auch auf den IDW EQS 1 beziehen wird oder nicht. Aus dem Bericht über die Vorstandssitzung der WPK vom 27.09.2016 war zu entnehmen, dass die WPK die neue Verlautbarung erst auf Kompatibilität mit dem Berufsrecht und der neuen BS WP/vBP prüfen wird.3 Die Stellungnahme der WPK dazu ist am 04.04.2017 veröffentlicht worden, in der sie Kritik an einzelnen inhaltlichen Punkten des EQS 1 äußert und darauf hinweist, dass aus Sicht der WPK eine Erklärung, dass der EQS 1 die VO 1/2006 ablöst, zu kurz sei.4 Das IDW empfiehlt jedoch eine sofortige Anwendung, da die neuen Regelungen in der BS WP/vBP und WPO bereits geltendes Recht sind.5 In Industrieunternehmen bilden die DIN EN ISO 9000 fort folgende (ff.) die Grundlage für ein QSS. Diese sind grundsätzlich freiwillig anzuwenden, können durch Gesetzesverweise oder Verträge aber rechtsverbindlich werden. Auch bei fehlender Rechtsverbindlichkeit lohnt sich aber eine Anwendung zum Beispiel (z. B.) als Entscheidungshilfe oder Maßstab für mangelfreie Beschaffenheit.6
Im Rahmen dieser Abschlussarbeit wird zuerst in den Beruf des Wirtschaftsprüfers eingeführt, um einen Einblick in die Arbeitsweise zu bekommen und damit ein besseres Grundverständnis für die Tätigkeiten in der Wirtschaftsprüfung zu erlangen. Anschließend wird der Begriff der Qualität in die Arbeit des Wirtschaftsprüfers mitaufgenommen und dargestellt, was die Qualität in der Wirtschaftsprüfung ausmacht. Im Anschluss werden die Anforderungen an ein QSS nach IDW EQS 1 dargestellt, woraufhin auch die Änderungen zu der VO 1/2006 aufgezeigt werden. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Qualitätsbegriff bezogen auf Industrieunternehmen untersucht und die Anforderungen an ein QSS nach DIN ISO 9000 ff. erläutert. Zum Schluss werden die jeweiligen Anforderungen an ein QSS in der Wirtschaftsprüfung und in Industrieunternehmen verglichen. Eine kritische Würdigung mit Ausblick rundet die Arbeit ab.
Den Beruf des Wirtschaftsprüfers wie wir ihn heute kennen gibt es seit 1931. Aber die Ursprünge dieses Berufstands gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück, wo sogenannte (sog.) Visitatoren die Aufzeichnungen aller Geschäftsvorgänge der Kaufleute überprüften.7 Heute wird der Beruf des Wirtschaftsprüfers in § 1 WPO definiert. Es handelt sich um einen freien Beruf, der Wirtschaftsprüfer übt keine gewerbliche Tätigkeit aus und zudem muss er öffentlich bestellt werden. Es gibt verschiedene Wege zum Berufsziel des Wirtschaftsprüfers, am Ende des Weges steht jedoch immer das anspruchsvolle Wirtschaftsprüferexamen, welches nach § 15 WPO erfolgreich abgelegt werden muss.8
Vertreten wird der Berufsstand durch nationale und internationale berufsständische Organisationen. In erster Linie sind die deutschen Organisationen von zentraler Bedeutung. Diese beschäftigen sich mit beruflichen Selbstverwaltungsaufgaben und der beruflichen Facharbeit. Zum einen gibt es hier die WPK und zum anderen das IDW. Die Aufgaben der WPK finden sich in § 57 WPO. Insb. Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Belehrung der Mitglieder und die Ausbildung des Berufsstands sind wesentliche Betätigungsfelder. Weiter ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und es besteht für alle Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüferinnen eine Pflichtmitgliedschaft. Das IDW hingegen ist privatrechtlich organisiert und eine Mitgliedschaft ist freiwillig. Primär arbeitet das IDW fachliche Regelungen und Arbeitshilfen für die Prüfung aus.9
Die Aufgaben des Wirtschaftsprüfers ergeben sich aus § 2 WPO. Die Vorbehaltsaufgabe ist die Prüfung des Jahresabschlusses von Unternehmen mit der Erstellung des Bestätigungsvermerks.10 Jedoch reicht das Aufgabenspektrum noch viel weiter. Die Prüfungstätigkeit bildet jedoch gewissermaßen auch dahingehend eine Vorbehaltsstellung, dass alle weiteren Tätigkeiten zur Sicherstellung der Berufspflichten eingeschränkt werden können. Z. B. kann der Wirtschaftsprüfer bei gleichzeitiger Beratungstätigkeit in einem Unternehmen Kenntnisse aus der Prüfungstätigkeit für die Beratung verwenden und umgekehrt Kenntnisse aus der Beratung für die Prüfung. Die Quasi-Rente steigt somit, jedoch auf Kosten der Unabhängigkeit.11 Daher gibt es in den §§ 319, 319a HGB bestimmte Beratungsleistungen und Tätigkeiten, die dem Wirtschaftsprüfer explizit verboten werden, ergänzend gibt es noch weitere Vorschriften dazu. Weitere Aufgabenbereiche sind die Steuerberatung, Unternehmensberatung, Gutachtertätigkeit, Treuhandtätigkeit und Rechtsberatung.12
Da die Prüfungstätigkeit die wichtigste Betätigung des Wirtschaftsprüfers ist, soll sie im Folgenden näher betrachtet werden. Um die Bedeutung dieser zu klären muss zunächst ein Blick auf den Jahresabschluss geworfen werden. Im Sinne der nationalen handelsrechtlichen Rechnungslegungsnormen besteht der Jahresabschluss eines Unternehmens gemäß (gem.) § 242 Abs. 3 HGB grundsätzlich aus den finanziellen Berichtsinstrumenten Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsgesellschaften müssen den Jahresabschluss gem. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB um einen Anhang erweitern. Ferner müssen gem. § 264 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit (i. V. m.) Satz 4 HGB mittelgroße und große Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsgesellschaften einen Lagebericht aufstellen. Dieser stellt ein eigenständiges Berichterstattungsinstrument dar. Inländische Konzerne müssen prüfen, ob sie nach § 290 HGB einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufstellen müssen, auch wenn sie nach § 315a HGB einen Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen. Grundsätzlich besteht eine Pflicht zur Aufstellung, wenn eine Kapitalgesellschaft oder eine Personenhandelsgesellschaft im Sinne des (i. S. d.) § 264a HGB einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) nach§ 290 Abs. 2 Nr. 1 – 4 HGB beziehungsweise (bzw.) nach § 11 PublG ausüben kann. Der Konzernabschluss muss nach § 297 HGB zusätzlich zur Konzernbilanz, Konzern-GuV, dem Konzernlagebericht und dem Konzernanhang eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel enthalten. Er kann nach § 297 Abs. 1 S. 2 HGB um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Auch kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, müssen den Jahresabschluss gem. § 264 Abs. 1 S. 2 HGB um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel erweitern. Diese Informationen dienen den verschiedenen Interessengruppen eines Unternehmens, sowohl Stakeholdern als auch Shareholdern, um Entscheidungen bezüglich (bzgl.) ihrer individuellen Unternehmensbeteiligung besser treffen zu können. Die Prüfung dieser Inhalte auf Übereinstimmung mit den jeweiligen Gesetzen und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und die Ausstellung eines Bestätigungsvermerks, welcher die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der Prüfungsobjekte bestätigt, liegt somit weitestgehend im Interesse aller direkt oder indirekt am Unternehmen beteiligten Personen. Das Vertrauen aller in die Wirtschaft wird somit durch die Prüfungstätigkeit gestärkt und zeigt damit die Wichtigkeit der Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers auf. Welche Unternehmen prüfungspflichtig sind ergibt sich aus § 316 HGB und § 6 PublG i. V. m. § 3 Abs. 1 PublG.
Um die Qualität in der Erbringung von Prüfungsleistungen näher zu beleuchten, muss zuerst geklärt werden, um was für eine Leistung es sich bei der Abschlussprüfung handelt. Hier ist die Dienstleistung naheliegend. Diese lässt sich am besten über konstitutive Merkmale definieren und anhand dessen klären, ob es sich bei der Abschlussprüfung wirklich um eine Dienstleistung handelt. Es gibt drei Dimensionen der Dienstleistung, die unterschiedlich stark betont werden können, um aber einer Dienstleistung gerecht zu werden, stets alle drei vorhanden sein müssen. Die erste ist die Potentialdimension. Zum Zeitpunkt des Kaufes der Dienstleistung erhält der Kunde lediglich ein Versprechen, dass der Anbieter mit seinem Potential das Leistungsversprechen einlösen wird. Dies impliziert die Immaterialität einer Dienstleistung. In der Wirtschaftsprüfung (WP) handelt es sich hier um das Leistungsversprechen über die Prüfung des Jahresabschlusses. Zweitens ist die Prozessdimension von Bedeutung. Dies bedeutet, dass es über die Produktionsfaktoren hinaus die Integration eines externen Faktors zur Leistungserstellung benötigt. Die Buchführung ist der externe Faktor, an dem sich die WP bedienen muss, um ihre Arbeit durchführen zu können. Die dritte Dimension ist die Ergebnisdimension. Durch die Tätigkeit entsteht ein Ergebnis immaterieller Art, im Falle der WP der Bestätigungsvermerk und der Prüfungsbericht.13 Die Abschlussprüfung ist somit eine Dienstleistung.
Auf Basis dieser Erkenntnis kann also bei der Erbringung von Prüfungsleistungen von Dienstleistungsqualität gesprochen werden. Dienstleistungsqualität kann wie folgt definiert werden: „Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intagiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.“14 Anhand dieser Definition kann man einerseits die drei Dimensionen der Dienstleistung wiedererkennen und andererseits auf einen weiteren wichtigen Punkt schließen und zwar, dass sich die Qualität der Dienstleistung an den Erwartungen des Leistungsempfängers orientiert und es hier somit keinen absoluten Qualitätsbegriff gibt. Perfekt wäre die Leistung, wenn sie den Erwartungen des Empfängers gerecht wird oder sie sogar übersteigt. Entsteht allerdings eine Lücke zwischen Erwartung und Ergebnis, sinkt die Dienstleistungsqualität. Man kann also von einem kundenorientierten Qualitätsbegriff sprechen. Trotzdem orientiert sich die Qualität aufgrund gesetzlicher Vorgaben natürlich nicht gänzlich anhand der Vorstellungen der Mandanten, sondern auch wesentlich am Grad der Einhaltung von Prüfungsnormen durch den Abschlussprüfer.15
Es kommen besonders drei Gruppen als Kunden im Sinne des kundenorientierten Qualitätsbegriffs in der Abschlussprüfung in Frage, die maßgeblich zum Qualitätsempfinden des Prüfungsauftrags der WP beitragen: Die potentiellen Mandanten, die aktuellen Mandanten und die allgemeine Öffentlichkeit. Potentielle Mandanten können die Qualität der Leistungen nur von außen betrachtet wahrnehmen, somit zählt insb. das Image des einzelnen Wirtschaftsprüfers bzw. der jeweiligen Wirtschaftsprüferkanzlei zu einem wesentlichen Element der Qualitätswahrnehmung durch potentielle Mandanten. Diese können lediglich die Potentialdimension des Leistungsanbieters beurteilen. Am besten können potentielle Mandanten über Fakten auf das Leistungspotential des Leistungsanbieters schließen. Das können Auszeichnungen, wissenschaftliche Präsenz oder bedeutende Mandanten sein. Jedoch schließen Mandanten bei großen Kanzleien häufig auf ein schlechteres Preis-Leistungs-Verhältnis als bei kleineren Kanzleien.16 Des Weiteren können Skandale die Reputation massiv schädigen und somit auch das Qualitätsempfinden an die jeweilige Wirtschaftsprüferkanzlei oder den jeweiligen Wirtschaftsprüfer, wiez. B. der Fall um das Unternehmen Enron und dessen Wirtschaftsprüfer Andersen gezeigt hat.17 Aktuelle Mandanten können die individuellen Fähigkeiten der Kanzlei oder des Wirtschaftsprüfers bereits besser wahrnehmen, da sie bereits in den Genuss der Leistung gekommen sind. Hier entfaltet sich also zusätzlich die Prozess- und Ergebnisdimension der Dienstleistung. Die individuellen Erwartungen des Mandanten können direkt mit der Leistung der Mitarbeiter der Kanzlei verglichen werden. Die allgemeine Öffentlichkeit ist an einer guten Qualität der WP interessiert, da sie wesentlich zum Vertrauen in die Wirtschaft und in den Kapitalmarkt beiträgt,18 jedoch zählt für die Öffentlichkeit eher das Bild der WP im Gesamten als das einzelner Kanzleien. Trotzdem kann vermutet werden, dass negative Ereignisse wie der Enron-Andersen-Skandal oder die Frage, inwiefern das Prüfungsgeschäft als Türöffnergeschäft für andere Dienstleistungen der Kanzleien zu Interessenkonflikten führt, zu einem eher negativen oder kritischem Qualitätsempfinden gegenüber (ggü.) der gesamten WP beitragen könnte.
Für die Qualitätsmessung empfiehlt sich ein kundenorientierter Messansatz wie z. B. eine merkmalsorientierte, ereignisorientierte oder problemorientierte Messung.19
Nach einigen Vorbemerkungen und Definitionen folgen die zwei wichtigsten Teile des Standards, namentlich der Prozess der Einrichtung, Durchsetzung und Überwachung eines QSS und die Regelungen zur Steuerung und Überwachung der Qualität in der Wirtschaftsprüferpraxis. Abgeschlossen wird der Standard mit Erläuterungen, inwieweit der Standard mit dem International Standard on Quality (ISQC) 1 und dem International Standard on Auditing (ISA) 220 übereinstimmt. Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte dieses Standards aufgezeigt werden.
In den Vorbemerkungen wird hauptsächlich die Bedeutung des Standards verdeutlicht. Der Standard legt dar, wie ein QSS in der Wirtschaftsprüfung aufgebaut sein muss, um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden.20 Deshalb kann eine Missachtung wesentlicher Anforderungen des Standards zu berufsaufsichtsrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen führen.21 Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die für die Qualität sehr wichtigen Berufspflichten der Berufsangehörigen (Definition (Def.): „Während sich der Begriff Berufsangehöriger nach § 1 Abs. 1 WPO auf Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüferinnen bezieht, wird der Begriff für Zwecke dieses IDW Qualitätssicherungsstandards zusätzlich auch auf vereidigte Buchprüfer und vereidigte Buchprüferinnen angewendet“22 ) in diesem Standard nicht alle aufgeführt werden und diese somit zusätzlich zwingend zu beachten sind.23 Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 55b Abs. 1 Satz 2 WPO gilt es in der konkreten Umsetzung des Standards zu beachten, sodass das QSS den Tätigkeiten der WP-Praxen angemessen ist.24 Insbesondere für gesetzliche Abschlussprüfungen nach § 316 HGB sind die Anforderungen dieses Standards zu beachten, aber auch für freiwillige Abschlussprüfungen, die unter Anwendung der ISA stattfinden und eine Vermerkerteilung nach ISA 700 als Ziel haben.25 Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass dieser Standard die VO 1/2006 zur Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis ersetzt und eine Beachtung des Standards bereits jetzt empfohlen wird, obwohl es sich noch um einen Entwurf handelt.26
Im nächsten Teil des Standards werden einige Begriffe definiert.27 Auf diese wird an dieser Stelle nicht eigens eingegangen, jedoch an entsprechenden Stellen der Arbeit wieder aufgegriffen und dann definiert.
Im Anschluss an die Definitionen widmet sich der Standard dem Prozess der Einrichtung, Durchsetzung und Überwachung eines QSS. Verantwortlich für diese Tätigkeiten sind die in der Praxis tätigen Berufsangehörigen bzw. die Praxisleitung (Def.: „Praxisinhaber, Sozien einer Sozietät, Geschäftsführungsorgan bei WP-Gesellschaften, Partner einer Partnerschaftsgesellschaft.“28 ).29 Von der Praxisleitung können trotzdem einzelne Aufgaben an fachlich geeignete Mitarbeiter delegiert werden.30 Wichtigster Punkt für das Funktionieren eines QSS ist die Angemessenheit und Wirksamkeit des Systems. Das bedeutet für die Angemessenheit mit hinreichender Sicherheit sicherstellen zu können, dass die Regelungen eingehalten werden.31 Nach IDW PS 200 Rdnr. 25 bedeutet hinreichende Sicherheit nicht absolute Sicherheit, die in der Abschlussprüfung nicht erreicht werden kann. Es verbleibt immer ein Risiko, dass ein wesentlicher Fehler im Jahresabschluss übersehen wird. Wirksam wird das QSS, wenn es von allen Mitarbeitern zur Kenntnis genommen wurde und angewendet wird.32 Im Folgenden werden die sechs wichtigsten Bestandteile eines QSS nach IDW EQS 1 dargestellt. Um optimale Rahmenbedingungen für eine Einhaltung der Regelungen zur Qualitätssicherung sicherzustellen, wird hier als erster Punkt die Schaffung eines angemessenen Qualitätsumfeldes genannt. Die Praxisleitung hat hier Sorge zu tragen, dass auf die Bedeutung und die Regelungen der Qualitätssicherung ausreichend hingewiesen wird, genauso wie auf die gesetzlichen und berufsständischen Regelungen. Dies kann z. B. über Seminare erfolgen.33 Der zweite Punkt beschäftigt sich mit der Festlegung der Qualitätsziele, die durch die Praxisleitung festzulegen sind. Primär soll gerade die Einhaltung der gesetzlichen und berufsständischen Regelungen durch das QSS sichergestellt werden, zusätzlich können aber weitere individuelle Qualitätsziele festgelegt werden. Wichtig für die Qualitätsziele ist aber, dass sie in einem möglichen Konfliktfall mit der Erreichung von geschäftlichen Zielen immer Vorrang haben und zwingend beachtet werden müssen. Hierfür muss die Praxisleitung insb. dafür sorgen, dass geeignete Regelungen eingeführt werden, die die Qualität der Berufsausübung immer über die Erreichung wirtschaftlicher Ziele stellt, Verhaltensgrundsätze eingeführt werden, sodass Anteilseigner, Mitglieder der Praxisleitung und des Aufsichtsorgans keinen ungebührlichen Einfluss auf verantwortliche Wirtschaftsprüfer nehmen können, bei Karriereschritten in der WP-Praxis die Beachtung des QSS eine Rolle spielt und ausreichend Ressourcen für die Umsetzung des QSS vorhanden sind.34 Im nächsten Punkt geht es um die Feststellung und Einschätzung qualitätsgefährdender Risiken. Speziell dort, wo solche Risiken vorhanden sind und zu Mängeln in der Berufsausübung führen könnten, müssen Maßnahmen zur Risikoreduzierung getroffen werden.35 Im vierten Punkt werden die zur Qualitätssicherung einzuführende Regelungen in zwei Kategorien unterteilt, in die Regelungsbereiche der allgemeinen Praxisorganisation und in die der Auftragsabwicklung. Erstere gehen auf die Beachtung der allgemeinen Berufspflichten, die Annahme, Fortführung und vorzeitige Beendigung von Aufträgen, die Mitarbeiterentwicklung, die Gesamtplanung aller Aufträge und den Umgang mit Beschwerden und Vorwürfen ein. Zweitere beschäftigen sich mit der Organisation und Überwachung der Auftragsabwicklung, der Anleitung des Auftragsteams, der abschließenden Durchsicht der Auftragsergebnisse, der auftragsbezogenen Qualitätssicherung, der Lösung von Meinungsverschiedenheiten, der Auftragsdokumentation und der Auslagerung wichtiger Prüfungstätigkeiten.36 All diese Regelungsbereiche werden in Teil vier des Standards genau ausgeführt. Nach § 55b Abs. 1 Satz 3 WPO muss das QSS elektronisch oder schriftlich dokumentiert werden, was hier den fünften Bestandteil des QSS darstellt.37 Der letzte Bestandteil ist die interne Überwachung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Regelungen zur Qualitätssicherung. Einerseits soll dies durch prozessintegrierte Maßnahmen erfolgen, indem z. B. der verantwortliche Wirtschaftsprüfer die Auftragsabwicklung überwacht, andererseits durch prozessunabhängige Maßnahmen wie der internen Nachschau, bei der neben den prozessintegrierten Maßnahmen auch die anderen Regelungen zur Praxisorganisation überprüft werden.38
Der nächste Teil des Standards arbeitet nun explizit Regelungen zur Steuerung und Überwachung der Qualität in der Wirtschaftsprüferpraxis aus. Begonnen wird mit den Regelungsbereichen der allgemeinen Praxisorganisation.
Darunter fällt zunächst die Beachtung der allgemeinen Berufspflichten, die sich aus der WPO, der BS WP/vBP und den §§ 318, 319, 319a, 319b und 323 HGB ergeben. Berufsangehörige müssen unabhängig, unparteilich, unbefangen, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich sein, sowie sich berufswürdig verhalten.39 Regelungen zur Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Vermeidung der Besorgnis der Befangenheit beinhalten insb. die regelmäßige Befragung der eingesetzten fachlichen Mitarbeiter zu finanziellen, persönlichen und kapitalmäßigen Bindungen. Dazu muss jährlich eine schriftliche Unabhängigkeitserklärung eingeholt werden.40 Zudem gilt es die gesetzlichen Vorschriften zur externen und internen Rotation, zu verbotenen Nichtprüfungsleistungen und zu den Prüfungshonoraren zu beachten.41 Die Gewissenhaftigkeit wird durch eine kritische Grundhaltung und ausreichend Zeit für den Auftrag gefördert. Hierbei können Prüfungshilfen oder Muster-Arbeitsprogramme zur Unterstützung benutzt werden.42 Wirtschaftsprüfer dürfen Sachverhalte, die ihnen im Rahmen ihrer Berufstätigkeit zukommen, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten. Die Verschwiegenheitspflicht gilt zeitlich unbegrenzt und kann bei Verstoßen zu rechtlichen Konsequenzen führen. Zur Sicherstellung der Verschwiegenheit müssen sich fachliche Mitarbeiter und deren Gehilfen schriftlich dazu verpflichten die Regelungen zur Verschwiegenheit einzuhalten. Arbeitspapiere (Def.: „Handakten i.S.v. § 51b Abs. 1 WPO, die der Berufsangehörige bzw. die WP-Praxis im Zusammenhang mit der Auftragsabwicklung selbst erstellt, sowie alle Schriftstücke und Unterlagen, die der Berufsangehörige bzw. die WP-Praxis von dem Auftraggeber oder von Dritten als Ergänzung seiner eigenen Unterlagen zum Verbleib erhält. Die Arbeitspapiere dürfen in elektronischer Form geführt werden.“43 ) und Datenverarbeitungssysteme sollten vor unbefugten Zugriffen geschützt werden.44 Berufsangehörige müssen eigenverantwortlich handeln können, das heißt (d. h.) sich selbst ein Urteil bilden und eigene Entscheidungen treffen können. Um ein korrektes Urteil bilden zu können, muss der Berufsangehörige die Tätigkeiten der Mitarbeiter derart überblicken können, sodass er sich selbst ein Bild über alle Tätigkeiten machen kann. Regelungen hierzu sollten somit dafür sorgen, dass die Arbeitsbelastung der Wirtschaftsprüfer angemessen ist und ein sachgerechter Einsatz der fachlichen Mitarbeiter erfolgt.45 Bei der eigenverantwortlichen Urteilsbildung sollte auch besonders auf die Unbefangenheit geachtet werden, da das Urteil nicht von unsachgemäßen Erwägungen wie z. B. Eigeninteressen oder Einschüchterung beeinflusst werden darf.46 Berufsangehörige müssen sich sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Berufstätigkeit berufswürdig verhalten. Dazu kommen Regelungen zur Ablehnung von Aufträgen, wenn die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers für eine pflichtwidrige Handlung in Anspruch genommen werden soll, in Frage.47 Regelungen zur Vergütung der Berufsangehörigen müssen berücksichtigen, dass für betriebswirtschaftliche Prüfungen, gutachterliche Tätigkeiten sowie treuhänderische Verwaltung das Honorar nicht erfolgsabhängig gemacht werden darf, auch darf es nicht an andere Bedingungen geknüpft werden.48
[...]
1 Vgl. IDW (2016b), S. VII.
2 Siehe Haasmann, H. (2016), S. 1.
3 Vgl. WPK (2016b).
4 Ähnlich WPK (2017), S. 1 – 2.
5 Siehe IDW (2016c).
6 Ähnlich DIN e. V. (o. J.).
7 Ähnlich Graumann, M. (2007), S. 3.
8 Siehe Lauterbach, A./Brauner, D. J. (2015), S. 36 – 38.
9 Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2015), S. 86 – 100.
10 Ähnlich Graumann, M. (2007), S. 8 – 9.
11 Siehe Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2015), S. 185 – 186.
12 Ähnlich Graumann, M. (2007), S. 8.
13 Siehe Haas, H. (1998), S. 29 – 32.
14 Siehe Bruhn, M. (2010), S. 38.
15 Ähnlich Marten, K.-U. (1999), S. 41.
16 Siehe Marten, K.-U./Schmöller, P. (1999), S. 180 – 181.
17 Vgl. Möller, M./Sigillo, F. (2010), S. 7 – 14.
18 Ähnlich Sikka, P./Filling, S./Liew, P. (2009), S. 4.
19 Siehe Bruhn, M. (2010), S. 139 – 140.
20 Vgl . IDW (2016a), Rdnr. 1.
21 Vgl . IDW (2016a), Rdnr. 2.
22 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 12.
23 Vgl . IDW (2016a), Rdnr. 3 – 4.
24 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 5.
25 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 6 – 8.
26 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 10 – 11.
27 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 12.
28 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 12.
29 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 14.
30 Vgl. IDW (2016a), Rdnr. 15.
31 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 16.
32 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 17.
33 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 19.
34 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 20 – 22.
35 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 23.
36 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 24.
37 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 25 – 31.
38 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 32 – 33.
39 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 34 – 35.
40 Vgl. IDW (2016a), Rdnr. 40, 50.
41 Vgl. IDW (2016a), Rdnr. 42.
42 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 54 – 57.
43 Siehe IDW (2016a), Rdnr. 12.
44 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 58 – 59.
45 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 60 – 62.
46 Vgl. IDW (2016b), S. 14.
47 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 63 – 65.
48 Ähnlich IDW (2016a), Rdnr. 66 – 69.
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