Bachelorarbeit, 2012
52 Seiten, Note: 1,0
i. Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung
2 Ausdauer und Ausdauertraining
2.1 Struktur der aeroben Ausdauer
2.2 Physiologische Auswirkungen eines aeroben Ausdauertrainings auf den Organismus
2.3 Wichtige Leistungsparameter der aeroben Ausdauer
3 Kraft und Krafttraining
3.1 Hypertrophiekrafttraining
3.1.1 Belastungsnormativa/Methode
3.1.2 Effekte
3.2 Kraftausdauertraining
3.2.1 Belastungsnormativa/Methode
3.2.2 Effekte
3.3 Krafttraining zur Verbesserung der neuromuskulären Koordination
3.3.1 Belastungsnormativa/Methode
3.3.2 Effekte
4 Konkurrierendes Kraft- und Ausdauertraining
4.1 Studien und empirische Erkenntnisse
4.1.1 Maximalkraft- und Explosivkraftinterventionen
4.1.2 Hypertrophietrainingintervention
4.1.3 Kraftausdauer- und kombinierte Interventionen
4.2 Diskussion verschiedener Erklärungsmodelle
4.2.1 Regulativ neuronales Reizverhalten
4.2.2 Strukturelle Änderungen der Muskelfaserzusammensetzung
4.2.3 Reflektorische Vor-Innervationseffekte
4.2.4 Muskelstiffness und elastische Energie
4.2.5 Biomechanische undintermuskulär-koordinative Aspekte
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
I. Anaerober und aerober Stoffwechsel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Wissenschaft nimmt in der Welt des Sports einen stetig steigenden Stellenwert ein. Die Trainingssteuerung gerade im Spitzensport stützt sich immer häufiger auf die neuesten trainingswissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse.
Betrachtet man den Hochleistungssport und dessen Trainingsalltag sowie Leistungsdichte, scheint die Belastung des menschlichen Körpers an seine Grenzen zu stoßen. Bedingt durch das Wissen, dass auf Spitzenniveau nur noch sehr geringe Leistungsunterschiede über Sieg oder Niederlentscheiden, die mit einem unverhältnismäßig hohen Trainingsaufwand einher gehen, stellt eine rein quantitative Steigerung des Trainingsaufwands keine Lösung dar. Doch mit der kontinuierlichen Verbesserung der technischen und medizinischen Möglichkeiten erweitert sich der „Horizont“ der Wissenschaft, über den menschlichen Körper, stetig. Daraus resultieren neue Informationen und Kenntinisse bezüglich der Anpassungsmechanismen in Folge eines sportlichen Trainings. Dieser Vorgang stellt den „Stützpfeiler“ sich weiterentwickelnder Trainingsinterventionen im Sportdar.
Die Trainingspraxis der meisten aeroben Langzeitausdauerbelastungen (vgl. Kap. 2), wie sie zum Beispiel beim Laufen, Radfahren, Skilanglauf, Triathlon und Schwimmen Vorkommen, beruhen auf unterschiedlichen vortriebswirksamen Muskelanteilen. Ein gezieltes Krafttraining wird dabei im Breitensport sowie im Leistungssport, in Hinblick auf die zielgerichtete Integration in den Trainingsalltag, häufig vernachlässigt bzw. unterschätzt. Krafttrainingsempfehlungen werden meist sportartspezifisch, z.B. auf dem Fahrrad und/oder reduziert auf die Kraftausdauer empfohlen (Hottenrott & Zülch, 1995, S. 86f), um die lokale aerobe Energiebereitstellung und damit die allgemeine aerobe Kapazität zu fördern und gleichzeitig negative Effekte, bezüglich der Komposition der Muskulatur, zu vermeiden (vgl. Neumann, Pfützner & Berbalk, 2001, S. 142ff; Hottenrott & Zülch, 1995, S. 17ff).
Des Weiterensind in der trainingspraktischen Literatur der genannten Sportarten verschiedene Empfehlungen zu finden, die neben dem „obligatorischen“ Kraftausdauertraining eine kurze Phase des Hypertrophietrainings vor Beginn der Wettkampfperiode (vgl. Wessinghage, 1996, S. 89). Doch auch hier beschränkt sich die Periodisierung des intensiven Krafttrainings auf eine ein bis zweimonatige Phase vor dem Wettkampf. Anschließend soll die zuvor aufgebaute Kraft bzw. Muskelmasse durch seltene Krafttrainingseinheiten gehalten werden können. Ein ganzjähriges Krafttraining der vortriebswirksamen Muskulatur mit dem Ziel der Leistungssteigerung, wird auch hier nicht konkretisiert (vgl. Wessinghage, 1996, S. 88ff). Häufig wird dem Krafttraining ein ganzes Kapitel gewidmet, jedoch ohne konkrete Aussagen über die optimale trainingspraktische Umsetzung zu treffen (vgl. Beck, 2009, S. 199- 215). Folglich sind viele empfolenen Trainingsplanungen nur sehr „unscharfe“ Periodisierungsvorschläge, die in ihrem Umfang, Struktur und Intentionsursprung, nur sehr selten klar formulierte Adaptationenserfolge vermitteln (vgl. Beck, 2009, S. 113-129).
Ein weiterer Grund für ein Krafttraining im aeroben Ausdauersport stellt die Verletzungsprophylaxe dar. Der Ausgleich muskulärer Dysbalancen in den Wintermonaten und das Kräftigen nicht vortriebswirksamer Muskulatur (z.B. die Arme eines Radfahrers) sind nachvollziehbare Ziele (Wessinghage, 1996, S. 86; Hottenrott & Zülch, 1995, S. 46). Jedoch wirkt sich diese Zielstellung häufig auf die gesamte Krafttrainingsempfehlung aus, nachdem ein Kraftausdauertraining oder sanftes Hypertrophietraining den Bezug zur direkten Leistungsverbesserung durch ein Training der vortriebswirksamen Muskulatur „verschwimmen“ lassen.
Ein weiterers Motiv für ein Krafttraining ist der taktische Aspekt. Läufer, Radfahrer oder Skilangläufer müssen stets auf veränderte Streckengegebenheiten reagieren- und bei Starts, Attacken am Berg oder bei Zwischen- und Endspurtphasen agieren und reagieren können (Neumann et al., 2001, S. 135).
Zudem ist die Basis für Trainingsempfehlungen häufig der Erfahrungswert, welcher auf Trainingsstrukturen und Verhaltensmuster außergewöhnlicher Topathleten beruhen. Die Analyse, der für die außergewöhnliche Leistung deklarierten Faktoren fällt meist zu oberflächlich aus, sodass die eindeutige Zuweisung der leistungsbestimmenden Faktoren, nicht objektiv eingeordnet und bewertet werden kann (Sandig, Wirth & Schmidtbleicher, 2006, S. 16). Auch Trainer sorgen aus der „Macht der Gewohnheit“ heraus dafür, dass langjährige Trainingsmuster bestehen und nicht wiederholt hinterfragt werden. Demnach ist die wissenschaftliche Aufarbeitung und Kausalitätsprüfung in diesem Themengebiet lange Zeit vernachlässigt bzw. durch die Trainingspraxis ignoriert worden (vgl. Sandig et al., 2006, S. 16).
Gerade im Spitzensport ist aber die Auseinandersetzung mit trainingsoptimierenden Maßnahmen bzw. Trainingsinterventionen eine wichtige Angelegenheit. Um in die Weltspitze aufzuschließen, entscheiden heutzutage Kleinigkeiten, die das Training in der Vorbereitung optimieren. Doch durch die enormen Intensitäten und Umfänge, gerade im Ausdauersport, ist der Grad zwischen einer optimalen Trainingswirkung und einem Übertraining sehr schmal. Gesteigerte Umfänge sind aufgrund physisch und psychisch begrenzter Ressourcen nicht bzw. nur bedingt realisierbar. Dies bedeutet, dass bei der Weiterentwicklung des Trainings und dessen Periodisierung Grenzen der mennschlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden müssen. Folglich sollten alle wissenschaftlichen Ressourcen genutzt werden, um die Qualität des Trainings zu steigern und optimal auszuschöpfen. Eine mögliche Neuausrichtung des Krafttrainings im Ausdauerbereich stellt folglich ein großes Potenzial dar, dass zu einer signifikanten Leistungsoptimierung führen kann (vgl. Houmard, 2009, 313-314).
Das definierte Arbeitsziel ist es, trainingspraktischen Prozesse im Ausdauersport, speziell von Sportarten mit überwiegend langen Belastungen und hohen aeroben Energiebereitstellungsanteilen, zu hinterfragen und den Wert verschiedener Krafttrainingsinterventionen auf eben diese Ausdauerfähigkeit zu untersuchen.
Die folgende Arbeit beschäftigt sich daher mit den Möglichkeiten, die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit eines Ausdauerathleten durch effektive Krafttrainingsinterventionen nachhaltig zu verbessern. Dazu werden die wichtigsten Aspekte und Grundlagen der aeroben Ausdauer sowie des Hypertrophietrainings, Kraftausdauertrainings und einer Krafttrainingsinterventionen zur Verbesserung der neuromuskulären Koordination zusammenfassend behandelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf regulativen und strukturellen Adaptationserscheinungen der Ausdauer- und Kraft beeinlfussenden Teilsysteme des Oragnismus. Der „Hormonhaushalt“ wird in dieser Arbeit hingegen nicht detailliert behandelt.
In dem Kapitel konkurrierendes Krafttraining wird aufbauend Bezug auf diese Grundlagen genommen und aktuelle Studien und Forschungsartikeln zu diesem Thema diskutiert. Es werden Ergebnisse und Erklärungsmodelle dargestellt und interpretiert, um abschließend eine Aussage über die Möglichkeiten und Effekte von innovativen Krafttrainingsinterventionen für aeroben Ausdauersportler zu treffen.
Wegen der Komplexität und des weit gefassten Rahmens des Themenbereichs Ausdauer, muss zunächst die Struktur der in dieser Arbeit relevanten aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit erstellt werden. Desweiteren folgen die physiologischen Anpassungserscheinungen an das Muskel- und kardiopulmonale-System in dessen wichtigsten Erscheinungsformen.
„Ausdauer ist eine einfache trainierbare Einflussgröße sporlticher Leistungen. Sie beschreibt den Teilaspekt der sportlichen Leistungsfähigkeit, sportliche Belastungen über eine längere Dauer ausführen zu können.“ (Olivier, Marschall & Büsch, 2008, S. 141).
Zur näheren Bestimmung werden drei Charakterisierungsmöglichkeiten zur Beschreibung der Ausdauerform heran gezogen. Eine davon ist die Beschreibung der lokalen oder allgemeine Ausdauer. Sie unterscheidet große Muskeleinsätze (>1/7-1 /6 der gesamten Körpermuskulatur) von kleinen Muskelanteilen (<1/7-1/6), die an einer Bewegung beteiligt sind. Der Unterschied der lokalen und allgemeinen Ausdauer wird über die Energiebereitstellung definiert. Bei dynamischer Muskelarbeit wird die dynamisch lokale Ausdauer (>1 /7-1/6 der Gesamtmuskulatur) nicht vom kardiopulmonalen-System begrenzt. Vielmehr liegen der Arbeit anaerobe Stoffwechselleistungen zu gründe. Im Gegensatz dazu ist die dynamische Arbeit vieler Muskeln (>1/7 der Gesamtmuskelmasse), also allgemeiner Ausdauer, sehr wohl vom kardiopulmonalen-System und dem oxidativen Energiestoffwechsel abhängig (vgl. Hollmann & Hettinger, 2000, S. 263, zitiert nach Zintl & Eisenhut, 2004, S. 34).
In dieser Arbeit sollen abschließend Aussagen über die spezielle aerobe MittelLangzeitausdauer bei dynamischer und zyklischer Muskelarbeit getroffen werden, welche nach Zintl und Eisenhut (2004), bei höchstmöglicher Belastungsintensität ab zehn Minuten beginnt und nach „oben“ zeitlich nahezu unbegrenzt ist (S. 37). Dieses große Zeitspektrum macht deutlich, dass die Art der Leistung theoretisch, trotz fließendem Übergang, vielfach ausdifferenziert werden kann. Die Leistungsdauer wird deshalb bewusst nicht weiter eingeschränkt, weil in späteren Kapiteln auf verschiedene sportliche Leistungen und Studien eingegangen wird, die auf Parameter bezug nehmen, die evtl, aus kürzeren Belastungstests gewonnen wurden, die außerhalb der Definition einer Langzeitausdauerbelastung liegen. Der Zusatz aerob steht für die vorrangig ablaufenden Energiebereitstellungsprozesse, die für die andauernde Belastung benötigt werden.
Zusätzlich wird zwischen Grundlagenausdauer und spezieller Ausdauer differenziert werden. Diese Betrachtungsweise beschreibt Unterschiede z.B. in den sportartspezifischen Bewegungsstrukturen bei Ausdauerleistungen (spezielle Ausdauer) einer bestimmten Sportart und den ähnlichen Bewegungsstrukturen vieler sportartübergreifender Bewegungsmuster (Grundlagenausdauer), wie es z.B. für den Freizeitsportler wichtig ist. Dieser Aspekt definiert also die sportartübergreifende Anpassung des Energiestoffwechsels und des kardiopulmonalen-Systems. Im Hochleistungssport ist es generell üblich, so nah wie möglich an der eigentlichen sportlichen Bewegung zu trainieren, um optimale Ergebnisse zu erhalten (vgl. Zintl & Eisenhut, 2004, S. 35).
Eine weiterere Kategorisierungsmöglichkeit des Ausdauertyps stellt die Aufgabenspezifität dar. Dies kann zum Beispiel das möglichst lange „Aufrechterhalten einer optimalen Belastungsintensität über die vorgegebene Belastungsdauer“ (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 32) oder das „Geringhalten unumgänglicher Intensitätsverluste bei längeren Belastungen (...)“ (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 32), wie z.B. ein Stunden- oder Marathonläuf sein. In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf dem zweiten Aspekt dieser Definition.
Die für die Diagnostik entscheidenden Parameter der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit beruhen wie schon angedeutet auf komplexen Anpassungsmechanismen des gesamten Organismus. Diese werden im Folgenden überwiegend auf Anpassungen des Herzens, des Blutes, des Stoffwechsels, der Muskulatur und des Hormonsystems begründet, welche zusammen die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit beeinflussen (Meyer & Kindermann, 1999, S. 285). Grundsätzlich sind regulative und strukturelle Anpassungserscheinungen zu unterscheiden. In der Regel gehen strukturelle Anpassungen regulativen voraus (Dickhut, Röcker, Mayer, König & Korsten-Reck, 2004, S. 375).
Die regulativen Anpassungserscheinungen eines dynamisch, zyklischen, aeroben Ausdauertrainings wirken sich zunächst auf die gesteigerte Kapillarisierung der arbeitenden Muskulatur in der Peripherie aus. So wird die am Gasaustausch teilnehmende Oberfläche gesteigert und eine höhere Sauerstoff (02)- Ausschöpung des Blutes erreicht. Dies kann die arterio-venöse Sauerstoffdiffe
renz um 10-20% steigern (Röthig & Größing, 2001, S. 67), welche durch die gegenläufigen Partialdrücke des O2 und des Kohlendioxids (CO2) (vgl. Abb. 1) eine schnellere Aufsättigung z.B. in den Alveolen oder in den Muskelzellen ermöglicht (Röthig & Größing, 2001, S. 67).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Schematische Darstellung der p02 und pC02-Gradienten in Lunge und Gewebe (aus Röthig & Größing, 2001, S. 48).
Ein aerobes Ausdauertraining steigert zudem die Größe und Zahl der Mito- chondrien in den Muskelzellen (vgl. Abb. 2). Neben einer Steigerung der aeroben Enzymaktivität (z.B. Citratsynthetase) kann zu einem geringen Teil ein Shift, der intermediären Fasern von Fast twitch (FT) zu slow twitch (ST) Muskelfasern (Typ-llb/c/x(d) Typ-Ila) erfolgen (vgl. Putman, Xu, Gillies, MacLean & Bell, 2004, S. 378f). Desweiteren führt ein regelmäßiges aerobes Training zu einer Vermehrung und Flächenzunahme der Mitochondrien in nahezu allen Muskelfasertypen und zu einer vermehrten Einlagerung von Lipiden in der Arbeitsmuskulatur (vgl. Howald, Hoppeier, Claassen, Mathieu & Straub, 1985, 370-373). Ebenso steigert sich die vasodilatatorische Fähigkeit der Gefäße und verbessert die Druck- und Versorgungsregulation (Dickhuth et al., 2004, S. 375f). Während submaximaler Belastung und Ruhe ist die Herzfrequenz (HF) durch eine Verschiebung des Vagotonus herab gesetzt. Bei gleicher Arbeit braucht das Sportherz also weniger Schläge pro Minute, um die gleiche Menge Blut durch das arterio-venöse-System zu befördern. Dies bedeutet eine Steigerung der Ökonomie (niedrigeres Druck-Frequenz-Produkt) des Herzens (vgl. Dickhuth et al., 2004, S. 376). Daraus folgt eine Leistungsreserve für den Sportler, denn durch das zunächst steigende Herzminutenvolumen (HMV), welches unter anderem über das steigende Schlagvolumen (SV) realisiert wird, steigt die Herzfrequenz erst bei individuell höheren Beanspruchungen an, als es bei einem Untrainierten der Fall ist. Dadurch kann die Ausbelastung auf einer Be- lastungs-Zeit-Kurve, nach der Faustformel der HFmax (220 - Lebensalter, auf dem Laufband), nach „rechts“ verschoben werden (Meyer & Kindermann, 1999, S. 286).
Aufgrund einer längeren Systole und Diastole durch die verringerte HF unter Belastung und in Ruhe, verbessert sich zudem die Versorgung des Herzmuskels und dessen Herzkranzgefäße. Denn nur in der Diastole kann der Herzmuskel durchblutet werden (Röthig & Größing, 2001, S. 65f).
Die strukturellen Anpassungen umfasst vor allem die Herzmuskelhypertrophie. Hierbei vergößern sich alle vier Herzkammern „harmonisch“, wobei eine Vergrößerung der Innenvolumina bzw. Herzhöhlen mit einer parallelen Herzwanddickenzunahme einhergeht. Die maximalen systolischen Wandspannungen bleiben daher annähernd gleich (Dickhuth et al., 2004, S. 377). Zusätzlich kann eine Erweiterung der zuführenden Lungenvene auftreten, die ein größeres Depot an Blut für steigende Beanspruchungen darstellt. Des Weiteren wird durch diese Anpassung die schnelle Auffüllung der Herzkammern unterstützt, wodurch ein größeres Volumen in der Enddiastole erreicht wird. Diese Adaptationen führen zusammenfassend zu einem pumpkräftigeren Herzen mit einer ökonomischeren Arbeitsweise (niedrigerer HF, gesteigertem SV) und einer verbesserten Versorgung über die Herzkranzgefäße während der Diastole (Dickhuth et al., 2004, S. 375ff).
Wie beim Herzen (SV, HF), ist auch eine tiefere „äußere“ Atmung durch die Lunge effizienter als eine Steigerung der Atemfrequenz. Durch den anatomischen Totraum nimmt nur ca. 2/3 (Röthig & Größing, 2001, S. 45) des eingeatmeten Volumes am Gasaustausch teil. Wird das Volumen des Totraumes auf das Atemminutenvolumen hochgerechnet summiert sich dieser proportional zur Atemfreqenz auf (vgl. Röthig & Größing, 2001, S. 45).
Teil der inneren Atmung ist das Blut. Es besteht grob aus Festen und flüssigen Blutbestandteilen. Zu den festen gehören die Erythrozyten, die Leukozyten und den Thrombozyten. Der flüssige Teil des Blutes ist das Blutplasma. Das Verhältnis dieser Bestandteile am Gesamtblutvolumen wird als Hämatokritwert bezeichnet. Bei langfristigem aeroben Ausdauertraining steigt das Gesamtvolumen des Blutes (Blutzellen und Blutplasma) an. Das Volumen des Plasmas steigt jedoch stärker als das der Blutzellen, sodass ein niedrigerer Hämatokritwert entsteht. Durch die „Verflüssigung“ des Blutes verbessern sich die Fließeigenschaften und die Diffusionsfähigkeit. Auch steigt die Aufnahme- und Transportfähigkeit der Atemgase (O2 und CO2) und damit die Sauerstoffkapazität aufgrund der ebenfalls absolut gestiegenen Blutmenge an. Dafür verantworlich sind die Erythrozyten und deren Bestandteil Hämoglobin, welche gemeinsam Einflussgrößen für den Sauerstofftransport sind (Neumann et al., 2001, S. 62f). Die Sauerstoffaufnahme spielt für aerobe Mittel- bis Langzeitausdauerleistungen eine entscheidende Rolle. Bei einem Marathon z.B. kann der Anteil der aeroben Energiegewinnung bis zu 99% betragen. Nach einer kurzen Anpassungsphase (ca. 2 Min.) nach Beginn der submaximalen Belastung, deckt der trainierte Sportler seinen Energiebedarf bereits zu einem Großteil über aerobe metabolische (Citrat Synthetase etc.) Prozesse und die Sauerstoffaufnahme.
Die zu Beginn der Leistung aktiven anaeroben Stoffwechselprozesse werden durch eine Sauerstoffschuld ermöglicht, die nach Ende der Belastung oder durch Laufen unterhalb der individuellen aneroben Schwelle bzw. des „Steady- States“ abgeatmet werden kann (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 36ff). Es kann also bis auf einen Prozent der verbrauchten Energie während eines Marathons über die Verbrennung von Kohlenhydraten oder Fetten (normalerweise kein Eiweiß) mit Hilfe des aufgenommenen O2 erfolgen. Der Punkt, an dem genauso viel Sauerstoff verbraucht wie aufgenommen wird, nennt man Sauerstoff-Steady- State (Gleichgewicht). Dieser Kennwert kann wiederum zur Leistungsbewertung heran gezogen werden und mit Hilfe der Laufgeschwindigkeit Aussagen über die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit des Athleten ermöglichen.
Um die vielfältigen physiologischen Anpassungen an ein regelmäßiges aerobes Langzeitausdauertraining und die daraus resultierenden Adaptationen der aeroben Leistung nach der Objektivität, Reliabilität und Validität reproduzierbar darzustellen, sind eine Reihe von wichtigen Leistungsparametern von bedeutung, die im folgenden Kapitel zusammengefasst werden.
In diesem Kapitel werden die wichigsten messbaren Einflussgrößen zusammen gestellt und kurz erläutert.
Die gängigsten Beurteilungsgrößen sind die maximale Sauerstoffaufnahme (V02max Laufband bzw. V02Peak Φ Laufband). Sie werden zur Ermittlung und Be- Stimmung des individuellen Leistungsstands in Bezug auf die aerobe Kapazität heran gezogen und in ml/min ■ kg (relativ) oder in l/min (absolut) angegeben (Meyer & Kindermann, 1999, S. 285). Durch einen Ausbelastungstest, zumeist auf einem Laufband oder Ergometer, wird die maximal mögliche 02-Aufnahme des Oraganismus bzw. dessen Verwertung ermittelt. Zu erkennen ist eine Aus- belastung durch einen respiratorischen Quotienten (RQ>1-1,15), dem „Leveling-off“ (steigende Leistung, Stagnation der Sauerstoffaufnahme) und der HFmax (Laufband: 220-. Fahrrad: 200 - Lebensalter) (vgl. Meyer & Kindermann, 1999, S. 285f). Zur Beurteilung ob eine Ausbelastung stattgefunden hat ist meist nicht nur ein Charakteristikum ausreichend. Sie „(V) repräsentiert die Leistungsfä- higkeit der sauerstoffaufnehmenden, sauerstofftransportierenden und sauerstoffverwertenden Teilsysteme im Organismus. Damit ist die V02max das Ergebnis vieler verschiedener Einflussgrößen, die weit ausdifferenziert werden können. Eine grobe Einteilung beinhalten die pulmonare Diffusionskapazität, die Herzleistung, die 02-Kapazität des Blutes und die Aufnahmefähigkeit und Arbeitsweise der zu versorgenden Muskulatur (vgl. Bassett & Howley, 1999, S.
72f). Die Enzymaktivität ist ein weiterer, jedoch in seiner Ausprägung nicht ganz geklärter Aspekt der V02max (vgl. Bassett & Howley, 1999, S. 75).
Durch regelmäßige Ausdauerbelastungen passt sich die Muskelkomposition mit einer vermehrten Einlagerung intramuskulärer Lipide und einer erhöhten Aktivität von ß-Oxidations-Enzymen zur Verstoffwechselung von Fettsäuren an (vgl. Abb. 2) (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 49). Als sogenannte Schlüsselenzyme des anaeroben Soffwechsels zählen die Kreatinkinase (CK), die Hexokinase und die Phosphofruktokinase (PFK). Für den aeroben Stoffwechsel sind dies vor allem die Citratsynthetase (CS) und die Sukzinatdehydrogenase (SHD) (vgl. Anhang: Abb. 5), deren Wirkungsweisen und Grad der Aktivierung zum Teil ebenfalls der Trainingsform und dessen Anpassungseffekten unterliegen (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 59).
Auf submaximalen Belastungsebenen ist die Bewertung der aeroben Leistungsfähigkeit allein mithilfe der V02max schwierig bzw. ungenau. Dies ist vor allem der Fall, weil nicht nur die maximale Sauerstoffaufnahmfähigkeit bzw. aerobe Kapazität eine Einflussgröße der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit während einer langen Beanspruchung ist, sondern vielmehr eine submaximale Belastung über längere Zeit aufrecht erhalten zu können (Meyer & Kindermann, 1999, S. 285). Um die Leistungsfähigkeit eines aeroben Langzeitausdauerathleten gezielter abzubilden, werden submaximale Beanspruchungsparameter wie die aerobe (AS) und anaerobe Schwelle (ANS), die erste (VT^ und zweite (VT2) venti- latorische Schwelle, der submaximale 02-Konsum im Zustand des Steady- States, und die Laufökonomie (RE) betrachtet. Diese Beanspruchungsparameter, vor allem die ANS und VT2 sind für die Abbildung der eigentlichen submaximalen Leistungsfähigkeit im Sport als genauere Indikatoren anzusehen als die V02max, welche die für den Wettkampf in langen Ausdauersportarten abstrakte maximale aerobe Kapazität beschreibt (vgl. Basset & Howley, 2000, S. 78).
Die Bewertung der Leistung erfolgt demnach über die Bestimmung der AS, ANS und des aerob-anaeroben-Übergangs (AANÜ). Erreicht das Blutlaktat eine Konzentration von 2 mmol/l (Normwert) (Zintl & Eisenhut, 2004, S. 71f) so wird als Vergleichswert nicht mehr von einer rein aeroben Energiebereitstellung gesprochen (AS). Ein Wert von 4 mmol/l (Normwert) (Zintl et al., 2004, S. 71f) stellt allgemein die obere Grenze des Laktat-steady-state dar, bei dem die Laktatkonzentration gerade noch so konstant gehalten werden kann. Steigt die Belastung und damit auch das Laktat über 4 mmol/l an, ist die Belastung von stetig zunehmender Laktatkonzentration gekennzeichnet (ANS). Der AANÜ-Bereich umfasst die Laktatwerte von 2-4 mmol/l (vgl. Zintl et al., 2004, S. 71ff).
Die RE stellt besonders bei homogenen Probandengruppen bezüglich aerober Kapazitätswerte, einen zusätzlichen Parameter zur Bgründung bestehender Leistungsunterschiede dar. Sie ist definiert durch die im steady-state-Zustand (stabile HF, 02-aufnahme und Laktatkonzentration) gemessene Sauerstoffaufnahme (ml ■ kg'1 ■ min'1)für eine standardisierte Laufgeschwindigkeit (Conley & Krahenbuhl,1980, S. 357). Über das zusätzliche Testen unterschiedlicher Laufgeschwindigkeiten, können differenziertere Aussagen über die RE gettroffen werden.
Eine weitere wichtige Größe zur Beurteilung der aeroben Kapazität ist das Atemäquivalent (AÄ), welches mit Hilfe der Spiroergometrie erhoben werden kann. Es verdeutlicht, wie viel Liter Luft ventiliert werden müssen, um einen Liter 02 aufzunehmen. Es wird berechnet, indem das Atemminutenvolumen durch die 02-Aufnahme in der Minute geteilt wird. Je kleiner dieser Wert ist, desto besser ist die 02-Ausnutzung (Effektivität) der ventilierten Luft (Neumann et. al., 2001, S. 60).
„Kraft ist eine einfache trainierbare Einflussgröße sportlicher Leistungen. Sie beschreibt den Teilaspekt der sportlichen Leistungsfähigkeit, sportliche Bewegungen gegen höhere Widerstände ausführen zu können“ (Olivier et al., 2008, S.93). In dem folgenden Kapitel werden die aus den unterschiedlichen Trainingsinterventionen hervorgehenden Adaptationen beschrieben. Dabei wird zunächst die Struktur und die Einflussfaktoren der Kraft erläutert und später die Effekte der verschiedenen Krafttrainingsinterventionen dargestellt.
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