Bachelorarbeit, 2016
45 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung und Übersicht über die Bauernhaufen
2. Schwächen in der Formierung und Organisation der Bauernhaufen
2.1 Gliederungen der Ämter im Haufen
2.2 Das Verfahren zur Aufstellung eines Bauernaufgebotes
2.3 Bewaffnungen der Haufen
2.4 Versorgung der Haufen
2.5 Söldnereinsätze
2.6 Kriegsordnungen und militärische Disziplin
3. Vergleich mit der Formierung und Organisation des Bundesheeres
4. Strategische und taktische Fehler der Bauern und ihrer Führer im Bauernkrieg
4.1. Schlacht bei Leipheim am 3.4.1525
4.2. Verhandlungen in Weingarten
4.3. Schlacht bei Böblingen am 12.5.1525
4.4. Die militärische Entscheidung bei Frankenhausen vom 14.5.1525
4.5. Schlacht bei Zabern am 16.5.1525
4.6. Schlacht bei Königshofen und Ingolstadt am 2.6.1525
4.7. Das Gefecht bei Schladming und die Verteidigung von Salzburg
4.8. Die Kanonade an der Leubas am 14.7.1525
5. Zusammenfassung der Ergebnisse des Scheiterns der Bauern
6. Literaturverzeichnis
Einleitend möchte ich mit einem kurzen Abriss zur Geschichte des Bauernkrieges beginnen, gefolgt von einem Überblick zum aktuellen Forschungsstand sowie der in dieser Arbeit verwendeten Literatur. Nachdem in diesem Beitrag die Frage nach dem Scheitern der Bauern im Vordergrund steht, werden zunächst der Aufbau und die Gliederung der Haufen sowie des Heeres des Schwäbischen Bundes betrachtet. Darauf werden die taktischen und militärischen Fehler der Bauern anhand von ausgewählten Schlachten näher beleuchtet und schließlich in einem Fazit nochmals zusammengefasst.
Der Bauernkrieg war eine Erhebung der Bauern in einzelnen Regionen in Süd- und Mitteldeutschland von 1524-26. Er entwickelte sich seit dem 14. Jahrhundert aus zahlreichen bäuerlichen Unruhen unter anderem in der Schweiz, in Oberschwaben, in Württemberg (Aufstand des „armen Konrad“ 1514), in Österreich sowie in den Verschwörungen des Bundschuhs am Oberrhein (zwischen 1493 und 1517) hervor. Seine Ursachen waren wirtschaftlicher, sozialer und politischer Natur. Die Bauern wehrten sich gegen den zunehmenden Druck der Grundherrschaft, die Steuerforderungen des frühmodernen Staates, die Einschränkung der Allmendenutzung und die Leibeigenschaft, die den weltlichen und geistlichen Herrn dazu diente, ihre Einnahmen noch weiter zu steigern, sowie einen geschlossenen Untertanenverband herzustellen. Schon 1524 kam es unter anderem in Forchheim in der Nähe von Nürnberg und in der Landgrafschafft Stühlingen zu Unruhen, in denen die Wiederherstellung verletzten „alten Rechts“ verlangt wurde. In Oberschwaben begann die Erhebung des „gemeinen Mannes“ Anfang 1525. Dort entstanden in kurzer Zeit drei Bauernbünde: der Baltringer Haufen in der Nähe von Biberach, der Allgäuer Haufe im Gebiet um Kempten und der Seehaufen am nördlichen Bodenseeufer. Bis Anfang Mai erfasste der Aufstand den Südwesten und Süden des Heiligen Römischen Reiches einschließlich der Alpenländer bis auf Bayern, Teile der Schweiz sowie die Pfalz, das Elsass und Thüringen/Vogtland. In Franken sammelten sich die Bauern unter der Führung von Götz von Berlichingen und Wendel Hipler, der den vergeblichen Versuch unternahm, die zersplitterte Bewegung auf einer gemeinsamen Basis zusammenzufassen. Ende April 1525 erhoben sich die Bauern auch in Thüringen. Nachdem die oberschwäbischen Bauern sich zunächst um einen gütlichen Ausgleich mit ihren Herren bemüht hatten, kam es seit Ende März zu den ersten Gewalttaten, die in der Weinsberger Bluttat der Bauern unter Jäcklein Rohrbach an Herren und Knechten am 16. April einen Höhepunkt erreichten. In Tirol begann der Aufstand am 9.5.1525.
Sein Führer wurde Michael Gaismair, der in seiner „Tiroler Landesordnung“ von 1526 die Utopie eines christlichen, demokratischen Bauernstaates entwickelte.1
Es finden sich in der modernen Bauernkriegsforschung kaum Darstellungen zu den militärischen Auseinandersetzungen zwischen 1524 und 1526. Dies lag daran das in den 70er Jahren vor allem sozialgeschichtliche Fragestellungen zu dieser Thematik im Vordergrund standen. Fragen zur militärischen Organisation bei den Bauern wie auch beim Schwäbischen Bund und zu den militärischen Strategien wurden vor allem in der westlichen Literatur weitestgehend vernachlässigt.2 Eine Ausnahme sind die aktuelle Arbeit von Peter Blickle und das militärgeschichtlich Standardwerk des DDR Historikers Siegfried Hoyer, die aus diesem Grund meine wichtigsten Quellen für diesen Beitrag darstellen.3
Die Geschichtsschreibung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die den Gegenstand „Deutscher Bauernkrieg“ erschöpfend, aber ideologisch einseitig rekapituliert hat, waren für mich besonders hinsichtlich des militärgeschichtlichen Ablaufes der Schlachten unverzichtbare Quellen.
Im folgenden Beitrag sollen deshalb gerade diese Punkte näher beleuchtet werden und insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie es zur Niederlage des doch oftmals zahlenmäßig überlegenen Bauernheeres kam. In der folgenden Arbeit möchte ich die Gründe des Scheiterns der Bauern näher erläutern. Beginnen wir zunächst mit der Entstehung eines solchen „Haufens“.
Die Vorbildwirkung zeigte sich auch daran, dass vom Landsknechtheer die Struktur (Unterteilung in Fähnlein und Rotten) sowie die Bezeichnung der militärischen Ämter (Oberster Feldhauptmann, Hauptmann, Leutinger, Fähnrich, Feldwaibel, Rottmeister usw.) übernommen wurden. Aber nur scheinbar waren die Haufen der Bauern dem feudalen Heerwesen verhaftet, denn über die genannten äußeren Merkmale hinaus hatten sie mit Landsknechthaufen nichts oder nur wenig gemeinsam. Schon die Größe beider war Verschieden. Die Haufen der Aufständischen waren nicht auf eine bestimmte Zahl festgelegt. Sie vereinten in sich die Aufständischen eines Herrschaftsgebietes oder einer Landschaft und konnten 4.000 (Hersfeld), 8.000 (Frankenhausen), 12.000 (Bodensee) oder gar 18.000 (Elsässer Haufe bei Zabern) umfassen. Blickle weist darauf hin, dass die Bauernhaufen nie in voller Stärke in eine Schlacht gezogen sind. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das Rotationssystem, so dass nur der dritte oder vierte Mann verfügbar war und der Rest zuhause seiner Feldarbeit nachging. Zum Teil bewegten sich die Aufständischen auch rottenweise in ihrer Region und waren so nicht immer rasch an einem Platz zu vereinen.4
Unter militärischen Aspekten boten die einzelnen Bauernhaufen aber ein anderes und sehr verschiedenes Bild ab: Einerseits gab es Haufen, die sich rasch formierten, entschlossen gegen die Adelssitze in ihrer Nachbarschaft vorgingen und dabei versuchten, Städte und Teile des niederen Adels in das Bündnis mit einzubeziehen, was ihnen aber in Summe viel zu selten gelang.
Andererseits gab es auch Bauernhaufen, die nur eine geringe militärische Kraft darstellten, kaum Anstrengungen unternahmen, das umliegende Gebiet zu „insugerieren“ (d.h. zu besetzten bzw. zu infiltrieren und dabei zusätzliche Männer zu rekrutieren) und daraufhin auch nach kurzer Zeit zersprengt wurden oder sich vorher von selber verliefen.
An der Spitze der Hierarchie stand der Oberste Feldhauptmann mit vier ihm unterstehenden Trabanten, die ihm zuarbeiten sollten. Diesem unterstanden je zwei gewählte Leutnante, ebenfalls mit Trabanten an Ihrer Seite, die Tag und Nacht Befehle erwarteten.
Ein Fähnlein mit einer Mannstärke von etwa 500 Mann wurde von einem Hauptmann und seinem Fähnrich geführt, dem allerdings eher ideologische Aufgaben zufielen.
Ein Schultheiß sollte mit dem Ihm zugeteilten „Urtailern“ Recht sprechen.
Der sogenannte Profoß hatte die Polizeigewalt und Proviantkontrolle mit samt des dafür nötigen Handels inne. Ihm standen 2 Trabanten und 4 Streckenknechte als Leibwache zu, um zu verhindern, dass er „Ampts halben vergeweltigt“ würde. Seine Nachrichter halfen ihm bei der Vollstreckung der Leibesstrafen. Der Artillerie-oder Zeugmeister hatte auch 2 Trabanten zu seinem Schutz und verwaltete die Beute an Geschützen, Kugeln, Büchsen und Pulver. Für die Bedienung der Geschütze war nur der Büchsenmeister zuständig und diese wurde teilweise sogar auch unter den Fürsten gegenseitig ausgeliehen, da es von Ihnen nur sehr wenige gute Spezialisten gab. Florian Geyer, ein Anführer des fränkischen Haufens, wollte z.B. von den Rothenburgern nicht nur deren beide besten Geschütze, sondern auch die beiden Büchsenmeister dazu, da es einen regelrechten Mangel an ihnen im Bauernheer gab.
Dem Wagenburgmeister oblag die Anordnung der Wagen beim Aufbruch aus dem Lager, z.B. wurde mit den Kriegs-und Gerätewagen oft eine Wagenburg gebaut, die zum Schutz des Lagers diente. Den sonst noch vorhandenen Tross beaufsichtigte der Trossmeister, verringerte ihn oder musterte auch mal aus. Der Wachtmeister kümmerte sich um die Einteilung der Wachen im Lager. Des Weiteren sollten sich vier kriegserfahrene Feldweibel um die Aufstellung der Schlachtordnung kümmern. Für die Versorgung der Truppe war der Proviantmeister von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Pro Fähnlein wurde je nach Feldordnung meist einer oder zwei gewählt. Er sollte die Lebensmittel im Lager unparteiisch verteilen und wurde dabei vom Futtermeister und den beiden Pfennigmeistern unterstützt.
Zuständig für Auswahl des Lagerplatzes waren die Furiere, die bei den Rheinbauern auch Quartiermeister genannt wurden. Mitunter gab es auch Brandmeister, wie z.B. beim Thüringer Haufen und oft waren es Handwerker oder Kriegsknechte, die über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen verfügten, aber meist in den Quellen nicht weiter erwähnt werden.
So kann man festhalten, dass wenn es Versorgungs- oder Bewaffnungsprobleme gab, es in der Regel nicht an der Ausübung der Ämter lag und zeigt uns, dass die Haufen in der Lage waren, sich selbst zu organisieren und eine entsprechende Ordnung zu schaffen.5
Zusammenfassend galt für die Haufen eine Gliederung nach militärischen Prinzipien. Weitergehend waren die Kompetenzen der Kriegsräte und fast immer wurden die Schlachtpläne kollegialisch entworfen.6 Wie bereits erwähnt umfasste jeder Haufen mehrere Fähnlein, die zumeist etwa 500 Männer zählten und oft nur nach regionalen Gesichtspunkten ausgewählt wurden. Die einzelnen Fähnlein untergliederten sich in Rotten mit einer Stärke von 15 bis 20 Mann und ähnelten der Praxis der Landsknechte bzw. der Organisation der Bürgeraufgebote der Städte und des Landsturms (vgl. hierzu Abb. S.5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. aus Hoyer, S.82.
Unterschiede in der Organisationsdichte lassen sich nicht übersehen, am besten integriert scheint der Allgäuer Haufen mit seinem schon bestehenden Kern der Kemptener Landschaft es folgt der Seehaufen mit dem Kern um Rappertsweiler, während die Baltringer Plätze nur in lockerer Verbindung miteinander stehen. Aus Sicht der Organisationsdichte war der Allgäuer Haufen, mit seinem schon bestehenden Kern der Kemptener Landschaft am besten integriert. Danach folgte der Seehaufen mit dem Kern um Rappertsweiler, während die Baltringer Plätze nur in lockerer Verbindung miteinander standen.7 Die Baltringer finden dann auch in der Stunde der Gefahr zu keiner gemeinsamen Aktion zusammen, ihr Bund zerfällt bei den ersten Angriffen des gegnerischen Heeres, isoliert werden die einzelnen Abteilungen geschlagen, während Seehaufen und Allgäuer geschlossen ihre Mannschaft mobilisieren können.8 Eine radikale Flugschrift mit Namen „An die Versammlung gemeiner Bauernschaft“ im Jahr 1525 7 E. Kuhn- Der Bauernkrieg von 1525 in Oberschwaben, Bildung, Organisation und Programmatik der Haufen in: 475 Jahre Bauernkrieg in Oberschwaben 1525-2000, Vortragsreihe Kreissparkasse Ravensburg, 2000, S.19f. ermahnte den Haufen seine militärischen Führer nur aus den eigenen Reihen zu rekrutieren, appellierte an deren Einigkeit und erinnerte sie an ihre militärische Disziplin („da man nicht Wolfshaar unter die Schafswolle mischen sollte! “). Die Folge dessen war, dass sich auch adelige Überläufer, die es ja auch gab, dann „zu Fuß“ einreihen mussten.9
Von den Bauern im schwäbischen Ries, die am 4.4.25 bei Leipheim als erste vom Heer des schwäbischen Bundes geschlagen wurden, ist die Verfahrensweise zur Aufstellung eines Aufgebotes überliefert. Aus einem Kundschafterbericht, der am 1.4. in München ankam, ging hervor, dass sich nach der 1. Mahnung der 4. Mann der Riesbauern bewaffnet einfinden musste. Wollte derjenige, der durch das Los bestimmt worden war nicht selbst ziehen, so hatte er einen Ersatzmann zu stellen und mit 15 Kreuzer/Woche zu besolden. Auf die 2. Mahnung sollte der 3. Mann zuziehen, jedoch kostete der Ersatzmann dann aber 20 Kreutzer/Woche! Sie sollen angeblich auch eine Steuer geplant gehabt haben, um „geschickte Kriegsknechte“ bestellen zu können, doch diese waren zu dieser Zeit schwer zu finden.10 Dieses System war eines von vielen der Organisation der Haufen und lehnte sich eng an die Mobilisierung des Landsturms an, sowie an das Privileg der vermögenden Bauern Ersatzleute schicken zu können. Dies führte aber unausweichlich zu einer eindeutigen Schwächung der Kampfkraft der Haufen und war leider weit verbreitet.
Der Aufgebotsrhythmus der Bauern des Taubertaler Haufens war dem der Allgäuer und Leipheimer offenbar ähnlich. Bei der Vereinigung der Rothenburger Bauern und anderen Bauern des Taubertals zogen erstere wieder nach Hause und der Anführer Florian Geyer forderte später während der Belagerung Würzburgs erneut Bauern aus der Rothenburger Landwehr an. Es gab aber auch Kritiker dieses Ablöseverfahrens wie z.B. so prominente Hauptleute wie Götz von Berlichingen oder Wendel Hipler, da es ihrer Meinung nach der Waffenbeherrschung und militärischen Schlagkraft des fränkischen Haufens stark schadete! Auf der anderen Seite war das Verfahren nicht nur durch die Landwehr fest verwurzelt, sondern auch wegen der bäuerlichen Feldarbeiten kaum zu vermeiden. Die politische Organisation der Bauern war aber von der militärischen zeitlich getrennt, diese Trennung erstreckte sich auch auf die personelle Besetzung der Ämter.11
Sie wählten zwar Räte für militärische Ämter, aber z.B. die Allgäuer hatten bis Mitte Februar 1525 gar keine Ämter dieser Art. Dieser Umstand änderte sich erst beim Eintreffen der Nachricht, dass der bereits erwähnte Georg Truchsesse von Waldburg mit seinem kaiserlichen Heer anrückte, und sie sich bis Ende des Monats schleunigst militärisch organisieren mussten!
Ein wichtiges Thema war das Beschaffen einer ausreichenden, dem damaligen Stand des Militärwesens entsprechenden Bewaffnung. Dieses wurde für die Bauern fast immer zu einem schwierigen Problem.
Nach der Aufstellung der Fähnlein und der militärischen Organisierung der Bauern, Knappen und Bürger waren in den meisten Haufen zunächst nur die von den Aufständischen zu Hause für das Landsturmaufgebot aufbewahrten Waffen vorhanden. Diese bestanden meistens aus einfachen Spießen, Harnischen und Kurzschwertern oder auch Ackergeräten wie Sensen, Dreschflegel bzw. selbstgefertigten Waffen.
Vor allem der Bedarf an Büchsen und Geschützen war hoch und musste oft erst von den Haufen erobert werden, wie z.B. durch den Bodenseehaufen bei der Einnahme von Marktdorf und Meersdorf, als 6 Feldschlangen (ein Kanonentyp des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit), viele Falkonette und 16 Tonnen Pulver erbeutet wurden. Eine Ausnahme hierzu bildeten geschlossen zuziehende städtische Fähnlein und die zugezogenen Bauern der Alpen und des Alpenvorlandes, die meistens ihre eigenen Büchsen mitbrachten.
Für die Bewaffnung kam es natürlich auch darauf an, ob die Haufen planmäßig und nicht in spontanen Aktionen einzelner Gruppen des Gesamthaufens gegen Adelssitze vorgingen, da mit der Zerstörung der Schlösser und Burgen nicht nur die militärischen Stützpunkte des Gegners erobert, sondern auch größere oder kleinere Vorräte an Waffen erbeutet wurden, die es zu sichern und zu nutzen galt. Gefragt waren auch Spieße, da die von Handwerkern gefertigten Landsknechtspieße im Nahkampf mehr wert waren als die selbstgemachten Stichwaffen.12
Nach dem Anschluss einer Stadt, was zum Leidwesen der Aufständischen leider nicht allzu oft stattfand, mussten die Bürger ihre Feuerwaffen abgeben, was z.B. in Dinkelsbühl am 7.Mai 1525 vorkam und die Bauern 3 Büchsen mit 1,5 Zentnern Pulver, 120 Kugeln und 100 Spießen erhielten. Die meisten Städte lehnten die schriftlichen Bittgesuche der Bauern aber ab (z.B. Nürnberg bei der Belagerung Würzburgs), was auch, am steigenden Druck den die Fürsten mit Fortdauer des Krieges auf sie ausübten, lag. Eine wichtige Rolle bei der Handhabung der Geschütze spielten die sog. „Büchsenmeister“. Diese Spezialisten, von denen der wirkungsvolle Einsatz der Geschütze abhing, waren sehr rar. Der Artillerie- oder Feldmeister allein, sollte z.B. lt. fränkischer Feldordnung „des Geschützes mechtig sein und es in guter Ordnung halten .“ Zum Schutz vor Missbrauch und zur sicheren Aufbewahrung musste es, mit Pulver und Blei, immer inmitten des Lagers stehen. Hier waren sie dem kaiserlichen Heer fast ebenbürtig was z.B. den Truchsess vor Weinsberg dazu veranlasste seinen geplanten Angriff auf die Bauern kurzerhand abzusagen, um hohe Verluste zu vermeiden!
Militärische Nachteile entstanden den Bauernhaufen nicht so sehr wegen unterlegener Bewaffnung, die von einfachen Defensivwaffen bis hin zu Handbüchsen und Geschützen reichte, in dieser Hinsicht waren die Aufständischen ihrem Gegner oft ebenbürtig, sondern mehr aus dem mangelnden Vermögen, die vorhandenen Waffen zweckmäßig einzusetzen.
Im Ergebnis aber hatten die Söldnerheere der Fürsten mit ihren zum großen Teil mit „Bidenhändern“ (Langschwerter für beide Hände) und Feuerwaffen wie z.B. die Hakenbüchsen (Vorderlader), sowie gut ausgerüsteten Reisigen (bewaffneten Reitern) und Kriegsknechten die Nase vorn. Denn Sie operierten kriegstechnisch überlegener und besaßen mit weitreichender Logistik und einem funktionstüchtigen Kurierwesen eindeutigen „Feldvorteil“!13
Es gab das Problem der Missernten von 1523/24, welches eines der wirtschaftlichen Ursachen für den Niedergang der Aufständischen war. Die Folge davon war, dass die Lebensmittelvorräte in den Dörfern und Städten knapp wurden. Aus diesem Grund erfolgten auch die zahlreichen Schlösser- und Klosterstürme. Manche Klöster oder Schlösser erkauften sich auch so einen Abzug der Haufen, indem sie die geforderten Lebensmittel bei Ihnen im Lager ablieferten. Es gab aber keine einzige dokumentierte Plünderung von Bauerneigentum oder der Angehörigen anderer niederer Volksschichten durch Aufständische. Sie veräußerten auch Beutegut der Schlösser und Klöster um, deren Erlös zum Teil an die Kämpfer ging, die sich in Folge der steigenden Lebensmittelpreise zunehmend selbst versorgen mussten. Blieben die Lieferungen aus den Städten aus, so litten die Bauern auch mal Hunger so geschehen vor Nördlingen im Lager zu Deiningen April 25. Der nördliche Seehaufen führte zur Lösung dieses Problems sogar eine Art Verpflegungssteuer ein, bei der 100 Mann 5 Gulden zum Unterhalt ihres Hauptmanns aufbringen mussten. Schwierig wurde es, wenn der Gegner das Lagergebiet der Bauern vorher verwüstet hatte oder die Vorräte aufgrund längeren Lagerns aufgebraucht waren.14
Im Prinzip aber hatten sie ein gutes Versorgungssystem mit exakter Buchführung über den zur Verfügung stehenden Proviant, wie z.B. im Salzburger Land, wo die einzelnen ländlichen Gebiete die Versorgung ihrer Kontingente sicherstellten. Zum Teil waren auch ganze Dörfer, die Verpflegung zu liefern hatten, von der Mannschaftsgestellung ausgeschlossen.
Ein solcher Einsatz von geworbenen Kriegsknechten, die häufig aus bäuerlichen Kreisen stammten, entsprach der allgemeinen Entwicklung des Militärwesens dieser Zeit.
Eine Unterscheidung ist hier schwierig z.B. wenn ein wohlhabender Bauer einen Knecht für sich selber ins Feld schickte war dieser praktisch ein Söldner. Dies gilt auch für besoldete Fußknechte, die aus den Städten geschlossen als Fähnlein in das Lager einrückten. Bezahlt wurden die sog. „Fußkrieger“ oder freie Knechte vor allem durch Beute aus den Klöstern und Schlössern oder durch Erträge aus den Bergwerken. Zum Teil wurde dieses auch den Gemeinden abverlangt. Eine Bezahlung von „berufsmäßigen Söldnern“ war für die Haufen aus finanzieller Sicht oft nur schwer darstellbar. Einen Plan für die bessere Verwendung von Söldnern entwickelte der bekannte Bauernführer Wendel Hipler, der seines Zeichens Kanzler des Odenwälder Haufens war. Er schlug vor, aus den im Heer verstreuten Landsknechten eine Art Kerntruppe zu machen, die den militärisch weniger geschulten Bauern als Vorbild dienen sollten. Er scheiterte damit aber im sogenannten Ring, der regelmäßigen Zusammenkunft der Bauern, am Widerspruch der Mehrheit. Der Einsatz von Söldnern erhöhte die militärische Schlagkraft der Bauern, da viele von denen schon Büchsen oder Langschwerter besaßen. Da aber die finanziellen Mittel begrenzt waren, blieb der Einsatz von Söldnern insgesamt eine Randerscheinung und konnte deren Militärorganisation im Gegensatz zu der der adeligen Heere, die darauf angewiesen waren und auch zahlenmäßig den Aufständischen unterlegen waren, nicht grundlegend beeinflussen. Auch Wehler weißt in seinem Aufsatz daraufhin, dass die bäuerliche Seite im Ergebnis, bedingt durch die ständige landesfürstliche Hinhalte- und Verzögerungstaktik aufgrund der eigenen Finanznot, personell und finanziell enorm geschwächt worden war.15 Die Söldner in den betreffenden Fähnlein fühlten sich während des gesamten Feldzuges als Vertreter ihrer Stadt und verhielten sich in kritischen Situationen entsprechend, wie die Beispiele vor den Stadttoren von Memmingen und Heilbronn zeigten.16
Die sogenannten Feldordnungen enthielten die Vorstellungen über die militärische Disziplin, die Organisation des Haufens im Feld und die Beziehungen zwischen militärischer und politischer Ordnung der christlichen Gemeinschaft, wie sich die Bewegung auch nannte. Diese Ordnungen der Haufen waren von großer Wichtigkeit. Denn es handelte sich um offizielle Dokumente, die einwandfrei beweisen, dass diese Zusammenschlüsse nur erfolgten, weil die Bauern in der ersten Phase der Auseinandersetzungen noch dachten, auf dem Weg der Verhandlung ihr Ziel zu erreichen.17
Die Notizen des Schreibers des Truchsessen, die Rechnungsbücher von Strauß und Georg v. Waldburg geben bedingt auch Aufschlüsse über das Funktionieren des bündischen Heeres. Aus Handbüchern der Kriegsführung kann und muss man sie ergänzen und damit ein bunteres Bild des nun in der Tat bunten Heeres liefern, denn der Aufbau eines Heeres war bei Varianten im Detail sehr ähnlich. Als oberster Feldhauptmann über eine Armee von rund 8.000 Mann hatte Jörg Truchsess den Oberbefehl über die drei Regimenter-Fußknechte, Berittene ("das reisige Zeug") und Artillerie. Ihm gegenüber weisungsgebunden waren damit auch die militärischen (nicht die politischen) Kriegsräte und Kommissare, die Musterherren (Aufnahme der Landsknechte) und Pfennigmeister (Heeresfinanzen), die Profosen (interne Gerichtsbarkeit und Verpflegung), Quartiermeister (Organisation des Feldlagers), Brandmeister (Niederbrennen der gegnerischen Dörfer, Einzug der Brandsteuer) und die Feldärzte. Waldburgs herausgehobene Stellung wurde durch seinen "Staat" sichtbar zur Schau gestellt.
Im Lager stand an seinem Zelt ein eigenes Fähnlein, das auch in die Schlacht mitgeführt wurde Beim Beginn des Bauernkrieges zählten zu seinem Staat 25 von ihm unter den Landsknechten ausgewählten Trabanten, also kriegserfahrene Personen, die ihn als Leibwächter im Lager und in der Schlacht schützten. Persönlich ihm zugeordnet waren weiter die Kanzlei mit einem Sekretär, zwei Substituten und zwei namentlich aber nicht funktional beschriebene Personen mit insgesamt 18 Pferden. Hinzu kamen ein Kaplan, vier Trompeter, drei Furiere, ein Schmied und ein Feldarzt. An oberster Stelle stand der Truchsess Georg von Waldburg. Sein Stellvertreter und Anführer der Reisigen (Berittenen) war Frowin von Hutten, der Rat Kaiser Karls V. und seines Zeichens Feldmarschall. Dem Feldmarschall standen neben seinem persönlichen Leutnant sechs Trabanten, Arzt, Scheiber, Kaplan, Trommler und ein eigener Wagen zu. Der Anführer der Fußknechte war Graf Wilhelm von Fürstenberg, ein sehr erfahrener Söldnerführer, der schon unter Kaiser Karl V. und dem französischen König Franz I. gedient hatte. Er hatte mit Franz von Sickingen vor dem Bauernkrieg den Erzbischof von Trier belagert und bekam 200 Gulden pro Monat, sowie zwei Wägen mit 50 Pferden. Die Fähnlein des Fußvolkes entsprachen den von den Städten gestellten Aufgeboten und Städte ernannten auch ihre Hauptleute der jeweiligen Fähnlein, was einem Kontingent von etwa 500 Mann entsprach. Oberster Feldzeugmeister war Michael Ott von Echterdingen. Er befehligte u.a. die Artillerie und diente dem schwäbischen Bund bereits seit 1519. 18
Bei Hoyer erfahren wir einiges über die Grundlagen und Finanzierung des adligen Aufgebots. Die Träger der militärischen Macht waren größere u. kleinere Territorialherren, einige größere Reichsstädte mit Territorialbesitz u.v.a. der schwäbische Bund, der eine Vereinigung von Fürsten, geistlichen Herren, niederem Adel und Reichsstädten des Gebietes südlich des Mains repräsentierte. Er wurde während seiner 35 jährigen Existenz bis 1524 mehrmals erneuert und fasste die vielfach zersplitterten Kräfte des südwestdeutschen Feudaladels und des Patriziats der Städte zusammen. Seine Mitglieder waren Feudalherren (Adlige), Städte Schwabens, der Herzog von Bayern, der Landgraf von Hessen, der Erzbischof von Mainz und Reichsstädte Nürnberg und Windsheim. Die Anzahl der Mitglieder stieg v.a. ab 1517 stark an.19
[...]
1 Vgl.: Brockhaus Geschichte, Mannheim, 2006,S.81.
2 Vgl.: Von Trauchburg, Gabriele-Gefechte und Schlachten, in: Kuhn (Hg.), Der Bauernkrieg in Oberschwaben, Tübingen, 2000, S.175.
3 Vgl. Blickle, Peter: Der Bauernjörg-Feldherr im Bauernkrieg, München, 2015 und Hoyer, Siegfried: Das Militärwesen im deutschen Bauernkrieg 1524-26, Berlin, 1975.
4 Blickle, S.322.
5 Hoyer, Militärwesen, S.102f.
6 Blickle, S.322.
7 E. Kuhn- Der Bauernkrieg von 1525 in Oberschwaben, Bildung, Organisation und Programmatik der Haufen in: 475 Jahre Bauernkrieg in Oberschwaben 1525-2000, Vortragsreihe Kreissparkasse Ravensburg, 2000, S.19f.
8 Peters, Michael- Geschichte Frankens, Gernsbach, 2008, S.170f.
9 Ebd., S.176.
10 Ebd., S.67-69.
11 Ebd., S.70f.
12 Ebd., S.81f.
13 Peters, Geschichte Frankens, Gernsbach, 2008, S.177.
14 Hoyer, S.89f.
15 Wehler, Hans Ulrich: Der deutsche Bauernkrieg 1524-26,Göttingen, 1975, S.185.
16 Hoyer, S.115.
17 Waas, A.- Die Bauern im Kampf um Gerechtigkeit 1300-1525, München, 1964, S.112.
18 Blickle, S.149ff.
19 Hoyer, S.108f.
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