Bachelorarbeit, 2017
49 Seiten, Note: 2,3
1 Einleitung
2 Grundlagen
2.1 Basketball
2.1.1 Geschichte
2.1.2 Regeln
2.1.3 EuroLeague
2.2 Taktik
2.2.1 Taktik im Angriff
2.2.2 Individualtaktik
3 Methodik
3.1 Beobachtung
3.2 Erhebungsbogen
3.3 Spielauswertung
4 Ergebnisse und Auswertung
4.1 Allgemeine Spielauswertung der Saison 2016/17
4.2 Auswertung nach Heim- und Auswärtsspiel
4.3 Auswertung nach Sieg und Niederlage
4.4 Auswertung nach Saisonverlauf in Quartalen
5 Bewertung der Ergebnisse
5.1 Bewertung der Finten
5.1.1 Bewertung hinsichtlich Heim- und Auswärtsspiel
5.1.2 Bewertung hinsichtlich Sieg und Niederlage
5.1.3 Bewertung hinsichtlich Saisonverlauf
5.2 Resultate der Ergebnisse
5.2.1 Team-Building-Maßnahmen
5.2.2 Trainingsmaßnahmen - Denkanstöße
6 Zusammenfassung
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang
A1: Spielplan Brose Bamberg
A2: Erhebungsbogen
A3: Auswertung aller Spiele nach Finten
Abb. 1. Unterteilung der Taktikarten im Angriff im Sportspiel Basketball
Abb. 2. Arten von Finten im Angriff (Anlehnung an (Hagedorn, 1985b))
Abb. 3. Wurffinte unter dem Korb von einem Centerspieler
Abb. 4. Wurffinte Aufbau- oder Flügelspieler auf dem Spielfeld
Abb. 5. Passfinte für einen Flügelspieler
Abb. 6. Passfinte des ballführenden Spielers
Abb. 7. Passfinte beim Ziehen zum Korb (mit Pass nach außen)
Abb. 8. Dribbelfinte aus dem Stand
Abb. 9. Dribbelfinte aus dem Dribbling heraus (Dribbeln vor dem Körper)
Abb. 10. Kameraperspektive im Spiel Brose Bamberg – Crvena Zvezda mts Belgrad (15.11.16)
Abb. 11. Durchschnittliche Anzahl der Finten bei Heim- und Auswärtsspielen
Abb. 12. Effektivität der unterschiedlichen Fintenarten untergliedert in Heim- und Auswärtsspiele
Abb. 13. Durchschnittliche Anzahl der Finten bei Siegen und Niederlagen
Abb. 14. Effektivität der unterschiedlichen Fintenarten untergliedert in Sieg und Niederlage
Abb. 15. Durchschnittliche Anzahl der Finten im Saisonverlauf
Abb. 16. Effektivität der unterschiedlichen Fintenarten nach Saisonverlauf
Tab. 1. Termine der Spiele von Brose Bamberg zwischen Oktober 2016 und April 2017
Tab. 2. Auswertung der Mannschaftsleistung hinsichtlich der Punkteanzahl
Tab. 3. Auswertung der Mannschaftsleistung hinsichtlich statistischer Kennwerte
Tab. 4. Daten der Heim- sowie Auswärtsspiele
Tab. 5. Daten der Siege und Niederlagen
Tab. 6. Heim- und Auswärtsspiele in der EuroLeague (EL) und der Basketball-Bundesliga (BBL) zwischen 01.12.2016 und 22.12.2016
Tab. 7. Vergleich der Finten bei zwei Heimspielen mit unterschiedlichem Endergebnis
Nervenaufreibend – emotional – intensiv, diese Adjektive beschreiben ein Basketballspiel wie aus dem Bilderbuch. Sicherlich gibt es noch weitere Adjektive dafür, doch diese drei treffen den Kern des Sports. Durch verschiedene Handlungsmöglichkeiten mit oder ohne Ball ist Basketball ein attraktives und vielfältiges Sportspiel. Dabei kann sich jedes Basketballspiel in der zweiten Halbzeit noch verändern, sodass bis zum Ende nicht klar gesagt werden kann, welche Mannschaft gewinnt oder verliert. Somit gleicht kein Spiel dem anderen, sei es im höchsten europäischen Wettbewerb oder den nationalen Ligen der einzelnen europäischen Länder.
Ebenfalls lässt Basketball viel Raum für die eigene Kreativität, welcher genutzt werden muss. Dazu werden taktische Kenntnisse im Trainingsbereich benötigt. Somit finden verschiedene Handlungsabläufe aus dem Bereich der Mannschaftstaktik (Zonen-Verteidigung), Gruppentaktik (Pick-and-Roll) oder Individualtaktik (Finten) ihre Verwendung. Diese Arbeit soll sich dabei auf den individualtaktischen Bereich und damit gezielt auf Körpertäuschungen/ Finten beziehen. Die Effektivität soll dabei im Fokus stehen und anhand der Gesamtzahlen der ausgeführten Finten, sowie der erfolgreichen Umsetzungen der Finten untersucht werden.
Im Laufe dieser Arbeit stellte sich heraus, dass das Wort Täuschung eher dem Bereich der Strategie zugeordnet wird. Im individualtaktischen Bereich wird eine Täuschung jedoch als Finte bezeichnet (Hagedorn, 1985a). Somit findet sich der Begriff Täuschung nur noch im Titel wieder und wird danach als Finte verstanden.
Damit die Effektivität untersucht werden kann, wird ein Beobachtungsbogen erstellt, mit dessen Hilfe die verschiedenen Finten typologisch verortet werden. Nachdem 20 von 30 Spielen ausgewählt wurden, fand zunächst eine allgemeine Auswertung der beobachteten Mannschaft (Brose Bamberg) statt. Danach wurde hinsichtlich Heim- und Auswärtsspiel sowie nach Sieg und Niederlage ausgewertet. Als letzter Auswertungspunkt wurden die beobachteten Spiele nach Saisonverlauf ausgewertet. Es soll herausgefunden werden, welche Finte am häufigsten und effektivsten angewandt wird.
Das Sportspiel Basketball wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika maßgeblich durch Dr. James Naismith (kanadischer Arzt und Pädagoge) entwickelt. Im Jahr 1891 wurde er gebeten ein Spiel als Alternative zur „eintönigen“ Gymnastik zu erfinden, dass sowohl im Sommer als auch im Winter gespielt werden konnte. Weiterhin sollte es ein elegantes Spiel werden, da durch die religiöse Gesinnung von Dr. Naismith Gewalt bzw. grober physischer Einsatz gegenüber dem Gegner ausgeschlossen war. Der Fokus sollte dabei auf Schnelligkeit und Gewandtheit liegen. Dr. Naismith ging von 5 Grundprinzipien aus: Ein runder Ball wird mit den Händen gespielt (1), jeder Spieler hat dabei eine bestimmte Position auf dem Spielfeld (2) und darf mit dem Ball nicht laufen (3). Ebenfalls darf kein persönlicher Kontakt entstehen bzw. stattfinden (4) und der Ball muss in ein waagerecht über dem Boden hängendes Ziel geworfen werden, so dass der Ball von oben hinab in das Ziel fällt (5). Als Ziele dienten zunächst Pfirsischkörbe, die in der Turnhalle am Balkon auf einer Höhe von 10 Feet ( 3,048 m) befestigt wurden. Aus den 5 Grundprinzipien entwickelten sich zunächst 13 Regeln, die Spieleranzahl, Punkte und Zeit betrafen. Im Laufe der Jahre kamen neue Regeln hinzu oder wurden umgeformt, um die Entwicklung des Basketballs in den richtigen Bahnen zu halten (Cremer, 1991).
Nach Deutschland kam der Basketballsport in den 1920er Jahren durch August Hermann und wurde zunächst als „Korbball“ bezeichnet, weil ausländische Begriffe in Deutschland verpönt waren (Bösing et al., 2014). Das Basketballspiel sollte jedoch dem Turnen untergeordnet bleiben, da es einerseits keinem Sportverband angeschlossen war und andererseits bereits ein anderes Spiel mit der Hand gefördert wurde – Handball. Damit rückte das Korbballspiel in Deutschland in den Hintergrund (Eitel, 1991b; Bösing et al., 2014). Erst mit Hermann Niebuhr erfuhr der Sport 1933 seinen Aufschwung. Drei Jahre später (1936) – zu den Olympischen Sommerspielen in Berlin – wurde Basketball durch das IOC (Inter-national Olympic Committee) erstmals als olympische Disziplin ausgewählt.
Zu dieser Zeit war Basketball immer noch dem Turnen untergeordnet und blieb weitgehend unbekannt. Eine Nation galt allerdings bei den Olympischen Spielen nur als erfolgreich, wenn sie in jeder Sportart überzeugen konnte. So wurde erst kurz zuvor eine deutsche Basketball-Nationalmannschaft gegründet. Die Spiele von 1936 verhalfen dem Sport zu einem Popularitätsanstieg in der breiten Be-völkerung (Eitel, 1991a). Bis heute wird der Teamsport von vielen Menschen in Deutschland ausgetragen. Im Jahr 1953 zählte der Deutsche Basketball-Bund 5.907 Mitglieder, während in den Jahren 1996 bis 1999 eine Mitgliederzahl von 207.780 erreicht wurde. Im Jahr 2016 sank der Anteil der Mitglieder leicht auf 195.453, jedoch stieg die Zahl in 63 Jahren um mehr als das Dreißigfache an. Das deutet daraufhin, dass der Sport im Laufe der Zeit sehr große Beliebtheit erfuhr (Deutscher Basketball-Bund).
Ein Basketballspiel dauert 40 Minuten und ist in 4x10 Minuten (Viertel) gegliedert. Nach einer Halbzeit (2x10 Minuten) wird zu einer 15-minütigen Pause abgepfiffen, bevor sich die 10 Spieler (5 pro Mannschaft) und die Schiedsrichter (entweder 2 oder 3) wieder auf dem Feld einfinden. Insgesamt dürfen 12 Spieler pro Mannschaft auf dem Spielbogen eingetragen werden und mindestens ein Trainer pro Mannschaft anwesend sein. Das Kampfgericht bildet sich aus Zeitnehmer, Protokollant und 24 s-Zeitnehmer. Neben den 24 s, gibt es noch eine 14 s-, 8 s-, 5 s- und 3 s-Regel. Während die 24 s, 14 s und 8 s-Regel dem Angriff zugeschrieben sind, werden die 5 s und 3 s den Spielern zugeordnet. In der Zone, einem markierten Bereich unterhalb des Korbs in Form eines Rechteckes, wird der Aufenthalt von länger als 3 Sekunden abgepfiffen. Wird der Ball länger als 5 Sekunden gehalten und nicht gespielt oder gedribbelt wird, wird ebenfalls ab-gepfiffen und folglich wird der Ball der gegnerischen Mannschaft gegeben.
Jeder Spieler darf 5 persönliche Fouls begehen, bevor er des Feldes verwiesen wird, kann aber durch einen Mitspieler ausgewechselt werden. Dabei wird zwischen persönlichen, technischen und disqualifizierenden Fouls unterschieden. Bei persönlichen Fouls, die im Wurf begangen werden, folgen Freiwürfe. Wie viele Freiwürfe dem gefoulten Spieler zugeschrieben werden, hängt von dessen Position ab. Wird er noch außerhalb der 3 m-Linie gefoult bekommt er drei, andernfalls zwei Freiwürfe. Wenn der Korb während des Fouls noch gelingt, bekommt der Gefoulte einen zusätzlichen Freiwurf. Somit kann ein 3-oder-4-Punkt-Spiel1 gelingen. Ansonsten zählen Nahdistanz- und Mitteldistanztreffer zwei Punkte. Zusätzlich wird jedes Foul auch zu den Mannschaftsfouls gezählt. Wenn die Grenze von 5 Mannschaftsfouls erreicht wurde, gibt es auch bei persönlichen Fouls, die nicht im Wurf begangen wurden, Freiwürfe.
Wichtig zu erwähnen sind die Schritte. Ein Spieler darf mit dem Ball nicht laufen, es sei denn er dribbelt. Hört er damit auf, darf er noch zwei Schritte gehen bevor wegen eines Schrittfehlers abgepfiffen wird. Weiterhin darf er den Ball, wenn er ihn nach dem Dribbeln bereits aufgenommen hat, nicht wieder prellen. Dies wäre ebenfalls ein Regelverstoß und wird Doppeldribbling genannt.
Weitere und ausführlichere Informationen zu Spielfeldmaßen und Fouls können in Bösing et al., 2014, ab Seite 395 nachgelesen werden.
Die EuroLeague ist ein ausgetragener Wettbewerb für Männer, bei dem ausschließlich europäische Basketballklubs seit der Saison 2000/2001 teilnehmen. Dabei gibt es fest vorgegebene Startplätze an Verbände oder einzelne Mannschaften, wobei diese nach sportlichem Erfolg ausgewählt werden – national als auch international. Weiterhin werden die zur Verfügung stehenden Sporthallen sowie die mediale Präsenz des Vereins geprüft. Nach diesen Kriterien werden die Plätze vergeben (Turkish Airlines EuroLeague). Die Vereine FC Barcelona, Zalgiris Kaunas, Olympiacus Piräus und Baskonia Gasteiz sind dabei die vier Mannschaften, welche fortwährend (seit 2000/2001) teilgenommen haben.
Der Spielmodus in der Saison 2016/2017 ist in drei Phasen gegliedert: Gruppenphase, Playoffs und Final Four. In der Gruppenphase spielen alle 16 Teams gegeneinander, danach spielen die ersten acht Mannschaften im Playoff-Modus2. Die vier Sieger aus den Playoffs treten im Final Four gegeneinander an, sodass wiederum zwei Sieger ermittelt werden können, die im Finale um den Titel des besten europäischen Teams spielen.
Im Allgemeinen versteht man unter der Taktik im Sport „die intelligente und rationelle Nutzung des durch Regelwerke oder Regelvereinbarungen festgelegten Spielraums zur Erreichung eines Vorteils in sportlichen Handlungssituationen.“ (Güllich & Krüger, 2013).
Auf die Sportart Basketball bezogen heißt dies, dass Spielzüge, Statistiken und Handlungssituationen im Rahmen des Regelwerkes genutzt werden können, um sich Chancen auf Punkte zu erarbeiten. „Ohne Spielregeln gibt es keine Taktik; denn Taktik ist immer auch eine Kunst der Regelauslegung, letztlich zugunsten des eigenen Spielerfolgs“ (Hagedorn, 1985a, S. 440 ). Der Spielerfolg ist das übergeordnete Ziel, welches erreicht werden kann, wenn verschiedene Teilziele erfolgreich absolviert werden. Diese Teilziele können durch unterschiedliche Taktiken erzielt werden, wie z.B. der Mannschaftstaktik oder der Gruppentaktik. Bestimmte Spielzüge (u.a. Pick-and-Roll) werden der Kategorie der Gruppentaktik zugeordnet, da diese von mindestens zwei Spielern der Mannschaft ausgeübt werden. Spielsysteme hingegen zählen zur Mannschaftstaktik im Spiel 5 gegen 53, da jeder Spieler einer Mannschaft eine wichtige Rolle übernimmt. Eine weitere Taktik ist die Individualtaktik. Darunter zählen viele Handlungen, die von einem Spieler ausgeführt werden, daher auch im 1-1, 2-2 oder 3-3 häufig Anwendung finden. Ein Überblick über die verschiedenen Taktikarten im Angriff ist in Abb. 1 dargestellt. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf den individualtaktischen Finten, die im nächsten Kapitel detailliert beschrieben werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Unterteilung der Taktikarten im Angriff im Sportspiel Basketball
Unter Individualtaktik lassen sich alle basketballspezifischen Handlungen des einzelnen Spielers einordnen. Dabei gibt es verschiedene Handlungen wie beispielsweise Dribbeln, Passen, Fangen, Nachsetzten (Rebounding) aber auch Täuschen. Die Finten (engl. fake, feint) können individualtaktisch sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung angewandt werden.
Der Fokus dieser Arbeit liegt speziell auf Finten, die beim Angriff mit Ball erfolgen. Bei diesen Finten handelt es sich um die gefährlichsten Täuschungen, da der Angreifer mit Ball aus jeder Situation in Korbnähe gelangen kann (Schlick, 1979). Allerdings können auch Finten ohne Ball ausgeführt werden, die z.B. nach einem Tempowechsel den Verteidiger in eine schlechte Position bringen. Somit wäre ein freier Pass und damit verbunden ein freier Korbwurf möglich. Weitere Finten ohne Ball können der Abb. 2 entnommen werden.
Die Handlungsabsicht des Angreifers liegt beim Täuschen darin, seinen Gegen-über im Unklaren zulassen, so dass er selbst zum Korb ziehen, werfen oder einen Pass kann. Durch gezielte Fehlinformationen und Hinweisreize soll der Verteidiger in eine schlechte Position gebracht bzw. zu einer negativen Handlung gezwungen werden. Dabei kann diese Handlung das Entgegenspringen oder Aufrichten des gesamten Körpers sein oder das Durchstrecken der Beine. Somit wird der Körperschwerpunkt nach oben verlagert. Die Informationen müssen dabei so dargestellt werden, dass der Verteidiger diese intuitiv versteht. Weiterhin muss der Angreifer das gesamte Spielfeld mit der Außenbegrenzung, die Zeit und allen anderen Spielern im Blick behalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Arten von Finten im Angriff (Anlehnung an (Hagedorn, 1985b))
Um Finten jedoch effektiv durchführen zu können, müssen bestimmte Voraus-setzungen gegeben sein. Die wichtigste Voraussetzung ist die Technik. Ein Spieler, der nicht gut dribbeln kann, wird mit einer Wurffinte oder einer Dribbelfinte keinen Erfolg haben, weil er z.B. den Ball verliert. Ebenfalls braucht der Spieler ein gutes Zeitmanagement um den Gegenspieler im richtigen Zeitpunkt zu täuschen. Weiterhin benötigt der Spieler ein großes Repertoire an möglichen taktischen Handlungsabläufen um in verschiedenen Situationen die passende Finte aus-zuwählen. Zudem ist die Spielerfahrung der Spieler einer Mannschaft von großem Vorteil. Ein Team, das bereits längere Zeit zusammenspielt, kennt die Handlungsabläufe einzelner Teammitglieder und kann damit individualtaktische Spielaktionen besser vorausplanen. So können Feinabstimmungen bezüglich verschiedener Finten stattfinden.
Zusammenfassend setzt eine Finte das Prinzip der Information zwischen min-destens zwei Menschen außer Kraft. Der Informierte soll nicht verstehen, was der Informierende ausdrücken will (Hagedorn, 1985b). Als Voraussetzung einer gelungenen Finte ist taktisches Vorwissen, gute Technik sowie ein gutes Timing unerlässlich. Hagedorn bringt es mit dem Satz: „Sie verlangen Körperkontrolle, Aufmerksamkeit, Wahrnehmen, Einfühlen, Antizipation und gute Technik. Situation und Zeitpunkt bestimmen, was sinnvoll ist.“ (1985, S.194) auf den Punkt.
Bei der Wurffinte speziell geht es darum, dass der Verteidiger seinen Körperschwerpunkt verlagert. Somit hat der Angreifer die Chance, den Fehler seines Gegenübers auszunutzen und in Korbnähe zu gelangen. Verschiedene Arten der Wurffinten werden in den nächsten Abschnitten thematisiert.
Wurffinte in Korbnähe
Die Wurffinte wird häufiger von Centerspielern (Positionen 4 und 5)4 direkt unter dem Korb eingesetzt. Nachdem der Centerspieler den Ball unter dem Korb bekommen hat, täuscht er einen Wurf an. Der Verteidiger versucht intuitiv diesen Korbwurf zu verhindern und steigt zu einem Block auf. Kurz bevor der versuchte Block abgeschlossen ist, setzt der Centerspieler zum Korbwurf an ( Abb. 3). Infolge des unkontrollierten Aufsetzens des Verteidigers nach dem Block erfolgt häufig ein unfreiwilliger Körperkontakt mit dem Centerspieler, wodurch gemäß Regelwerk ein Foul gepfiffen wird. Wurde der Gegenspieler vor oder nach dem Wurf gefoult, wird an der Grundlinie der Einwurf ausgeführt. Ein Foul während des Wurfes führt zu Freiwürfen, die durch den Gefoulten ausgeführt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3. Wurffinte unter dem Korb von einem Centerspieler
Wurffinte auf dem Spielfeld
Die Wurffinte wird ebenfalls von Aufbau- und Flügelspielern ausgeführt. Die Spieler auf den Positionen 1, 2 und 3 sind schnelle Spieler, die in der Regel eine gute Wurfquote haben. Somit ist die Wurffinte für sie eine attraktive Handlungs-option. Da der Verteidiger die Kenntnis hat, dass sein Gegenspieler ein treff-sicherer Schütze ist, möchte er stets den Wurf verhindern. Als Aktion verlagert der Verteidiger durch das Aufstrecken seiner Beine seinen Körperschwerpunkt nach oben. Damit nimmt er eine ungünstige Position zu seinem Gegenspieler ein. Andernfalls verringert er durch das Entgegenspringen seinen Abstand. In diesem Moment dribbelt der Aufbauspieler mit einem ersten schnellen Schritt an seinem Verteidiger vorbei. Dieser benötigt Zeit um seine Handlung zu korrigieren. Damit ermöglicht sich die Chance auf einen freien Wurf, einen Durchbruch zum Korb oder einen Pass auf einen Mitspieler.
Die Ausführung einer Wurffinte ist beispielhaft in Abb. 4 dargestellt. Der Angreifer zeigt seinem Verteidiger mit einer nahezu gestreckten Beinstellung an, dass er einen Korb werfen möchte. Wichtig dabei ist, dass die Füße des Angreifers nicht vom Boden abheben, sodass er weitere Aktionsmöglichkeiten durchführen kann. Der Verteidiger möchte den Wurf verhindern und streckt sich ebenfalls auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4. Wurffinte Aufbau- oder Flügelspieler auf dem Spielfeld
Zusammenfassend ist die Wurffinte dazu geeignet, den Gegner in eine ungünstige Position zu bringen. Meist gelingt es durch leichtes Aufstrecken des Körpers, wodurch der Gegner seinen Körperschwerpunkt verlagert oder aber seinen Abstand verringert.
Somit sind bei erfolgreicher Finte ein freier Wurf, ein Pass oder ein Dribbel-durchbruch möglich.
Mehrere Variationen kann auch die Passfinte bieten. Primär geht es darum, den Verteidiger für einen besseren Passweg zu täuschen. Gelingt dies nicht hat der Angreifer jedoch weitere Möglichkeiten sein Gegenüber in die Irre zu führen. Die Kombination einer Passfinte mit einem Mitspieler und einem Dribbeldurchbruch ist dabei keine Seltenheit, was in den nächsten Abschnitten genauer erläutert wird.
Passfinte bei einer Deny-Verteidigung
Das Zusammenspiel von zwei Spielern einer Mannschaft ermöglicht die Passfinte. Der angreifende Spieler mit Ball muss seine Mitspieler stets im Blick haben. Diese werden so verteidigt, dass der Passweg unmöglich wird (Deny-Verteidigung). Durch die Passfinte kann der Angreifer vortäuschen, seinen Mitspieler anzuspielen. Seine Reaktion veranlasst den Verteidiger den Passweg seines Gegenspielers zu schließen um gegebenenfalls den Pass abzufangen. Der Angreifer hat nun die Möglichkeit, entgegen der Bewegung seines Verteidigers, sozusagen durch die „Hintertür“ (Backdoor) zu laufen. Der aufbauende, spiel-leitende Angreifer nutzt die Gelegenheit um einen freien Pass auf seinen Mit-spieler zu spielen. Dieser kann nun einfache Punkte in Korbnähe erzielen. In Abb. 5 kann diese Art der Passfinte nachvollzogen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5. Passfinte für einen Flügelspieler
Passfinte für einen Dribbeldurchbruch
Der Verteidiger kann auch mit einer Passfinte von einem ballführenden Spieler zu einer ungewollten Reaktion gezwungen werden. Der Angreifer versucht dabei, den Verteidiger mit der Passfinte zu einer Seitwärtsbewegung zu drängen. Allerdings ist zu beachten, dass der Angreifer seinen Verteidiger am besten täuschen kann, wenn er noch kein Dribbling ausgeführt hat (Stichwort Doppeldribbling). Damit stehen dem Angreifer mehr Handlungsmöglichkeiten offen, sollte die Finte nicht funktionieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6. Passfinte des ballführenden Spielers
Passfinte nach erfolgreichem Täuschungsmanöver
Die Passfinte funktioniert auch, wenn der Angreifer bereits an seinem Gegen-spieler vorbeigekommen ist und ein weiterer Verteidiger den Spieler vom Korb fernhalten möchte. Dazu versucht der ballführende Spieler einen Pass nach außen anzutäuschen. In diesem Fall hat der Verteidiger zwei Möglichkeiten auf die Passfinte zu reagieren. Einerseits kann er versuchen den „möglichen“ Pass abzufangen, wodurch der direkte Weg zum Korb frei wird. Andererseits kann er den leichten Korb verhindern, wodurch jedoch der Außenspieler durch den freien Passweg einen möglichen 3-Punkte-Wurf erzielen kann (Abb. 7).
[...]
1 Von einem 3-Punkt-Spiel wird dann gesprochen, wenn der Korb im Foul und der zusätzliche Freiwurf getroffen wurden. Ein 4-Punkt-Spiel gelingt dann, wenn der Gefoulte einen Dreier getroffen und den Freiwurf erfolgreich verwandelt hat.
2 Der Sieger der Gruppenphase spielt gegen den 8. Platz, 2.-7., 3.-6. und 4. gegen 5. Platz.
3 Im Laufe der Arbeit wird auf „gegen“ verzichtet und „-“ eingefügt.
4 Die Spieler werden in verschiedene Positionen eingeteilt. Weiterhin werden diesen Positionen Zahlen zugeschrieben. So steht die 1 für den Aufbauspieler, 2 und 3 für die Flügelspieler und 4 und 5 für die Center (Breitensport). Die Centerspieler sind meist große und kräftige Spieler, die ihre physische Stärke am Korb einsetzen um einfache Punkte zu erzielen. Aufbau- und Flügelspieler sind für den Aufbau und die Planung des Angriffspiels zuständig und stehen in der Regel nicht in Korbnähe. Weitere Informationen zu den Aufgaben der Positionsspieler finden Sie in Bösing et al. ,2014, S. 27f. oder Hagedorn & Lichte, 1991, S.99.
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