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Masterarbeit, 2016
151 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Verzeichnis verwendeter Abkurzungen
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretischer Teil
2.1 E-Learning
2.1.1 Definition
2.1.2 Eigenschaften
2.1.3 E-Learning-Formen in der betrieblichen Aus-und Weiterbildung
2.1.4 Weitere bedeutende Konzepte
2.1.5 Starken und Schwachen von E-Learning
2.2 Akzeptanz von E-Learning
2.2.1 Definition
2.2.2 Akzeptanzmodelle
2.2.3 Evaluation der Akzeptanz von E-Learning
2.3 Nutzen als Aspekt der E-Learning-Akzeptanz
2.3.1 Definition
2.3.2 Evaluation des Nutzens beruflicher Bildung
2.3.3 Zusammenspiel von Akzeptanz und Nutzen
2.4 Empirische Studien
3. Empirischer Teil
3.1 Fragestellungen und Hypothesen
3.2 Methode
3.2.1 Stichprobe
3.2.2 Testinstrument
3.2.3 Durchfuhrung der Studie
3.2.4 Untersuchungsdesign
3.3 Analyse
3.3.1 Explorative Statistik
3.3.2 Reliabilitatsanalyse
3.4. Ergebnisse
3.4.1 Empirische Befunde
3.4.2 Diskussion
3.4.3 Limitationen
4 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abstract
E-Learning hat seit Beginn der 90er-Jahre Einzug in die Lernwelt gehalten. Auch fur die betriebliche Ausbildung kann E-Learning ein sinnvolles Instrument sein. Bisher ist jedoch wenig uber die Voraussetzung fur eine systematische Nutzung von ELearning im Rahmen von Berufsausbildungen bekannt. Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zu diesem Forschungsgebiet, indem der wahrgenommene Nutzen und die Akzeptanz von E-Learning aus der Sicht von Bankauszubildenden untersucht werden. In der dieser Arbeit zugrunde liegenden Unified Theory of Acceptance and Use in Technology (UTAUT) nach Venkatesh, Morris, Davis und Davis (2003) steht die Leistungserwartung fur den wahrgenommenen Nutzen einer Anwendung im Hin- blick auf eine Steigerung der Arbeitsleistung und die Aufwandserwartung fur den Grad der Einfachheit, mit der ein System zu bedienen ist. Die Nutzungsabsicht und die tatsachliche Nutzung bilden zwei Formen der Akzeptanz durch die Nutzer ab. Um den Nutzen und die Akzeptanz von E-Learning zu untersuchen, werden der Einfluss des wahrgenommenen Nutzens und der Aufwandserwartung auf die Nutzungsab- sicht, sowie die Auswirkungen dieser Grofte auf die tatsachliche Nutzung durch Ler- nende untersucht. Mithilfe eines standardisierten Fragebogens wurden die Einschat- zungen von 54 Auszubildenden Bankkaufleuten verschiedener Sparkassen und Volksbanken erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass der wahrgenommene Nutzen von E-Learning von den drei Kriterien Inhalt, Form und Zeitpunkt abhangt. Zudem wurde der wahrgenommene Nutzen als Determinante der Nutzungsabsicht bestimmt. Letz- tere konnte wiederrum als bestimmende Grofte fur die tatsachliche Nutzung identifi- ziert werden. Demnach wird die Akzeptanz von E-Learning bei Bankauszubildenden von der Wahrnehmung eines Nutzens bestimmt. Ein Einfluss der Aufwandserwartung auf die Nutzungsabsicht konnte hingegen nicht bestatigt werden. Diesen Erkenntnis- sen zufolge sollte sich die Evaluation von E-Learning-Angeboten in Unternehmen nicht ausschlieftlich auf die Uberprufung der Akzeptanz in Form einer tatsachlichen Nutzung konzentrieren. Vielmehr sollte auch der Akzeptanz als Nutzungsabsicht Be- achtung geschenkt und Abweichungen zwischen beiden Groften analysiert werden.
Abbildung 1 Analyseraster fur E-Learning-Formen
Abbildung 2 Begriffe im Bereich E-Learning
Abbildung 3 Theorie des uberlegten Handelns
Abbildung 4 Technology Acceptance Model
Abbildung 5 Unified Theory of Acceptance and Use in Technology
Abbildung 6 Uberblick uberdie Hypothesen
Abbildung 7 Prozentuale Verteilung des wahrgenommenen Nutzens von E
Learning nach Themenbereichen
Abbildung 8 Prozentuale Verteilung des wahrgenommenen Nutzens ver- schiedener E-Learning-Formen
Abbildung 9 Prozentuale Verteilung des wahrgenommenen Nutzens von E
Learning nach Zeitpunkt des Einsatzes
Abbildung 10 Ubersicht uber die Analyseergebnisse der Hypothesen 4 bis
Tabelle 1 Uberblick uber die Struktur des Fragebogens
Tabelle 2 Ubersicht uber die Zusammensetzung der Modellvariablen
Tabelle 3 Ubersicht uber die Interpretation der Merkmalsauspragungen der Items 8 bis
Tabelle 4 Ubersicht uber die Korrelationsstufen
Tabelle 5 Ergebnisse der Prufung der Hypothesen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird auf die Probleme, welche im Zusam- menhang mit dem wahrgenommenen Nutzen und der Akzeptanz von E-Learning vor- liegen eingegangen. Zentral ist dabei, dass trotz einer starken Verbreitung von ELearning innerhalb der letzten Jahrzehnte nicht alle Lernenden zwingend Gebrauch von dieser Lernform machen. In diesem Fall wird von einer mangelnden bzw. fehlen- den Akzeptanz gesprochen. Eine Hauptursache dafur wird haufig in dem Fehlen eines erkennbaren Nutzens gesehen (vgl. Kapitel 1.1). Wie in Kapitel 1.2 genauer er- lautert, geht es in der vorliegenden Arbeit darum, herauszufinden was Lernende im Zusammenhang mit E-Learning als nutzlich wahrnehmen und was die Akzeptanz entsprechender Angebote beeinflusst. In Kapitel 1.3 wird anschlieftend der Aufbau der Arbeit skizziert.
Die Entwicklung neuer Medien und Informationstechnologien verlauft rasant. Anbie- ter versuchen, sich kontinuierlich mit Innovationen zu ubertrumpfen. Bereits seit Be- ginn dieses Prozesses Anfang der 90er-Jahre beschaftigen sich Forscher mit der Frage, wie diese Entwicklung das Lernen beeinflussen und verbessern kann. Obwohl zunachst uberwiegend Skepsis im Hinblick auf mogliche Folgen der Nutzung neuer Informationstechnologien im Bereich der Bildung bestand, ist E-Learning aus diesem Bereich heute nicht mehr wegzudenken (Seel & Ifenthaler, 2009).
Der E-Learning-Markt ist seit den 90er-Jahren durch stetiges Umsatzwachs- tum gekennzeichnet. Das MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung ermit- telt in Zusammenarbeit mit LEARNTEC1 im Rahmen eines Branchenmonitors regel- maftig die Umsatze von E-Learning-Unternehmen in Deutschland. Der aktuelle Bran- chenmonitor zeigt ein Umsatzwachstum von 11 % im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr und ein kontinuierliches Wachstum seit 2007 - seit 2011 sogar zweistellig. Zudem wachst die Anzahl an Start-up-Unternehmen in diesem Markt (MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung, 2015). Auch international ist der Aufwarts- trend erkennbar. Docebo, ein weltweit agierender Anbieter von E-Learning- Plattformen, veroffentlichte 2014 eine Wachstumsprognose fur die folgenden zwei Jahre und geht dabei von einer weltweiten, jahrlichen Wachstumsrate von mehr als 7% aus. Fur 2016 wird ein globales Marktvolumen von rund 51 Milliarden Dollar prognostiziert(Piccioli, 2014).
E-Learning soll dazu beitragen, den Anforderungen der Globalisierung gerecht zu werden. Die technologischen Innovationen haben laut Urdan und Weggen (2000) die Art, wie Menschen leben, die Arbeit, das Denken und das Lernen verandert. Pro- dukte und Dienstleistungen entwickeln sich immer schneller, wodurch sich Produkti- onszyklen und die Produktlebensdauer zunehmend verkurzen. Dadurch sind Infor- mationsangebote sowie Aus- und WeiterbildungsmaBnahmen schnell uberholt. Um wettbewerbsfahig zu bleiben, mussen Unternehmen ihre Bildungsangebote schnell und flexibel anpassen. Angesichts des schnellen technischen Wandels wird haufig auf die Notwendigkeit „lebenslangen Lernens“ hingewiesen (Treumann, Ganguin, & Arens, 2012). Die Globalisierung nimmt im Zuge der Entwicklung von Informations- technologien rasant zu. Das erleichtert die Kommunikation uber Landergrenzen hin- weg, zugleich stehen Unternehmen aber auch einer wachsenden Zahl internationaler Wettbewerber gegenuber. Unternehmen mit Standorten oder Kooperationen in meh- reren Landern sind keine Seltenheit mehr. Dadurch entsteht ein erhohter Bildungs- bedarf, besonders im Hinblick auf Sprachbarrieren, interne Strukturierung, Logistik und Distribution. Infolgedessen ist der Bedarf an entsprechenden Bildungsangeboten in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen (Urdan & Weggen, 2000). E-Learning soll dazu beitragen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Fur Unternehmen und offentliche Einrichtungen eroffnet der Einsatz von E-Learning effiziente und effektive Moglichkeiten betrieblicher Bildung. Im Gegensatz zu traditionellen Medien bieten moderne Informationstechnologien u.a. eine hohere Flexibilitat und Zeitersparnis bei der Erweiterung und Aktualisierung von Inhalten. Zudem kann E-Learning die Aus- und Weiterbildungskosten senken, da eine Lernsoftware von beliebig vielen Lernen- den an den unterschiedlichsten Standorten genutzt werden kann, wohingegen Pra- senzveranstaltungen nur eine begrenzte Teilnehmerzahl zulassen (Olbrecht, 2010).
Im Jahr 2014 nutzten etwa 66 % der GroBunternehmen und insgesamt 55 % der kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) E-Learning. Das fand das MMB- Institut fur Medien- und Kompetenzforschung in Zusammenarbeit mit der Haufe Aka- demie in einer Studie aus dem Jahr 2014 heraus. Dabei wurden neben 98 GroBun- ternehmen auch Verantwortliche aus 95 KMUs mit weniger als 500 Beschaftigten befragt. 22%der GroBunternehmen planten zudem den Einsatz von E-Learning und nur 11% sahen zu dieser Zeit keine Nutzung vor. Fur KMUs ergab sich eine insge- samt geringere Verteilung, jedoch hatten auch hier bereits 17% mit der Planung be- gonnen. Der Anteil der Unternehmen, die einen Einsatz von E-Learning nicht plan- ten, war mit 28 % allerdings deutlich hoher als bei Groftunternehmen (MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung & Haufe Akademie, 2014). In Ubereinstim- mung mit den Erkenntnissen von Urdan und Weggen (2000) nannten Unternehmen als Grunde fur den Einsatz von E-Learning am haufigsten Flexibilitat, Zeit- und Kos- tenersparnis sowie die Moglichkeit des individuellen Lernens (MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung & Haufe Akademie, 2014). Vergleicht man diese Studie mit dem Bericht der Wirtschaftsprufungs- und Unternehmensberatungsgesell- schaft KPMG aus dem Jahr 2001, so ist ein Anstieg der Verbreitung in deutschen Unternehmen deutlich erkennbar. Dem Bericht zufolge nutzten im Jahr 2001 lediglich 39% der insgesamt 604 befragten Groftunternehmen Lernprogramme wie Computer Based Training (CBT) oder Web Based Training (WBT). Nur 11% verwendeten E-Learning-Plattformen(KPMG, 2001).
Nicht nur Unternehmen setzen sich mit den Einsatzmoglichkeiten von ELearning auseinander. Auch Regierungen haben die Vorteile von technikbasierter Bildung erkannt und beschaftigen sich seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema ELearning. Im Rahmen des EU-Gipfels in Lissabon im Jahr 2000 setzten sich die EU- Mitgliedsstaaten das Ziel, die Wissensvermittlung in Europa zu starken. Grofte Hoff- nungen richteten sich dabei auf die Ausweitung der Nutzung von E-Learning- Anwendungen, denn:
eLearning birgt das Potenzial, die allgemeine und berufliche Bildung radikal zu verandern, neue Wege bei der Vermittlung von Wissen zu eroffnen und die Fahigkeit des Einzelnen, sich neue Kompetenzen anzueignen, zu verbessern (Ward & McCullough, 2002, S. 3).
Ward und McCullough betrachten die Ausweitung von E-Learning-Angeboten als be- sonders bedeutsame Fordermaftnahme fur Regierungen, die den Zugang zu Bildung erleichtern und das Niveau der Ausbildung steigern mochten, aber auch fur Unter- nehmen, die in neuen Geschaftsfeldern aktiv werden oder ihre Wettbewerbsfahigkeit durch steigende Produktivitat erhalten bzw. steigern wollen (Ward & McCullough, 2002). Die EU-Mitgliedsstaaten empfahlen bereits 2001 als beschaftigungspolitische Leitlinie:
. dass alle Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen bis Ende 2001 Zugang zum Internet und zu Multimedia-Ressourcen haben und dass alle betroffenen Lehrkrafte und Ausbilder bis Ende 2002 im Umgang mit diesen Technologien geschult sind, damit allen Schulern eine umfassende digitale Kompetenz ver- mittelt werden kann (Vorschlag fur eine Entscheidung des Rates uber die Leit- linien fur beschaftigungspolitische Maftnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2001, Leitlinie 5, S. 13).
Das Buro fur Technikfolgen-Abschatzung beim Deutschen Bundestag erklart in sei- nem Arbeitsbericht aus dem Jahr 2007, dass die technische Ausstattung deutscher Schulen jedoch weiterhin nicht ausreichend ist. Viele Schulen verfugen zwar uber Lernsoftware, allerdings mangelt es an Anwendungen, die den Lehrern die Erstellung eigener software-basierter Unterrichtsmaterialien ermoglichen (Revermann, Georgieff, & Kimpeler, 2007). Im Zuge zahlreicher Aktivitaten der Bundesregierung, den Einsatz von E-Learning zu starken, wurden spezielle Maftnahmen fur die berufli- che Bildung entwickelt. Im Rahmen des Forderprogramms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ fordert das Bundesministerium fur Bildung und Forschung die Entwicklung, Erprobung und den Einsatz digitaler Bildungsangebote in der berufli- chen Aus- und Weiterbildung. Im Vordergrund stehen dabei vor allem Moglichkeiten zum Einsatz von digitalen Medien, Web 2.0 und mobilenTechnologien in der betrieb- lichen Aus- und Weiterbildung sowie die Forderung von digitaler Medienkompetenz in der beruflichen Bildung(Bundesministerium fur Bildung und Forschung, 2016) .
Die Ausfuhrungen uber die Marktanteile von E-Learning-Anbietern, die Ver- breitung von E-Learning-Angeboten in Unternehmen sowie uber die Maftnahmen der Bundesregierung zeigen, dass das Angebot und damit die Moglichkeit zur Nutzung dieser Lernform in vielen deutschen Unternehmen durchaus gegeben ist.Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen digitale Lernarrangements ihren Zweck erfullen. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren von ELearning ist dessen Akzeptanz durch die Teilnehmer (Kupper, 2005). Die Daten zur Verbreitung von E-Learning-Angeboten allein liefern allerdings noch keinen Hinweis auf die Akzeptanz seitens der Nutzer, welche fur die subjektive Einstellung gegen- uber dem Medium und die tatsachliche Nutzung steht (vgl. Muller-Boling & Muller, 1986). Laut der Studie der KPMG machen weniger als 50 % der Personen, denen ELearning zur Verfugung steht, davon Gebrauch (KPMG, 2001). Kupper (2005) fuhrte mehrere Studien zu dem Thema Verbreitung und Akzeptanz von E-Learning durch. Um die Akzeptanz zu untersuchen, wurden mehr als 616 Kunden der Cognos AG2 befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass CBT mit 43 % die von den Teilnehmern am haufigsten genutzte E-Learning-Form darstellt. WBTs werden hingegen lediglich von 24% der Teilnehmer genutzt und deutlich seltener Virtual Classroom und BusinessTV als weitere E-Learning-Formen. Im Gegensatz zu der Studie der KPMG unter- sucht Kupper neben der tatsachlichen Nutzung auch die Bereitschaft zur kunftigen Nutzung von E-Learning-Angeboten, um so die Akzeptanz seitens der Teilnehmer zu ermitteln. 49% aller Befragten gaben an, zukunftig CBTs nutzen zu wollen, 44 % planten die Teilnahme an WBTs. Deutlich mehr Akzeptanz erfahren jedoch Prasenz- schulungen, welche 79 % der Befragten besuchen mochten. Auch international wer- den ahnliche Akzeptanzwerte ermittelt: In einer Studie des ASTD3 und des MASIE Center4 wurden 714 Angestellte aus 16 amerikanischen Unternehmen befragt. Ziel war es, Grunde fur die Akzeptanzprobleme herauszufinden. Der Studie zufolge nah- men 69% der Mitarbeiter an verbindlichen E-Learning-Kursen teil. War die Teilnah- me freiwillig, lag die Teilnahmequote aber nur lediglich bei 32 %(Masie, 2001).
Die Studienergebnisse zeigen, dass die Akzeptanz von E-Learning-Angeboten nicht sehr hoch ist. Angesichts der Vorteile solcher Angebote stellt sich die Frage nach den Ursachen fur die mangelnde Akzeptanz. Eine wichtige Voraussetzung fur die Akzeptanz von Innovationen ist deren Nutzlichkeit. Solange Neuheiten keinen erkennbaren Mehrwert versprechen, stehen Menschen diesen haufig skeptisch ge- genuber. Davis belegt dies in seinem Akzeptanzmodell, indem er die wahrgenom- mene Nutzlichkeit als starksten Einflussfaktor auf die Nutzungsabsicht von Compu- tertechnologien herausstellt (Davis, 1989). Auch aus dem Uses-and-Gratifications- Ansatz von Katz, Blumler & Gurevitch (1974) kann die Wichtigkeit des Nutzens im Hinblick auf die Akzeptanz von Informationssystemen abgeleitet werden. Die Kern- aussage ihres Ansatzes lautet, dass Menschen sich bewusst fur diejenigen Medien entscheiden, die ihre Erwartungen und Bedurfnisse am ehesten erfullen.
Der erhohte und fortlaufende Bildungsbedarf von Mitarbeitern ist in Unternehmen seit Jahren spurbar. Durch „lebenslanges Lernen“ sollen Mitarbeiter und damit auch Un- ternehmen den sich standig andernden Anforderungen gerecht werden, wobei ELearning als geeignetes Instrumentgesehen wird. Der beruflichen Ausbildung kommt dabei eine bedeutende Rolle zu, gilt sie doch als Grundstein beruflicher Bildung (Holterhoff, 1989). Die Untersuchung der Akzeptanz von E-Learning-Angeboten bei Auszubildenden ist von hoher Relevanz, da sie Hinweise auf das kunftige Nutzungs- verhalten liefert. Eine besondere Bedeutung haben E-Learning-Angebote im Ausbil- dungswesen auch aufgrund der stetig zuruckgehenden Bewerberzahlen (Bundesinstitut fur Berufsbildung, 2015). Unternehmen versuchen, dem entgegen- zuwirken, indem sie ihr Ausbildungsangebot durch den Einsatz von E-Learning fur junge Menschen attraktiver gestalten. Das bestatigt auch das Ergebnis einer Online- Befragung des MMB-Instituts fur Medien- und Kompetenzforschung zu E-Learning in der betrieblichen Ausbildung. Dabei gaben 92 % der befragten Unternehmen an, ELearning zur individuellen Forderung der Auszubildenden zu nutzen bzw. zukunftig nutzen zu wollen. 90% stimmten der Aussage zu, dass E-Learning-Angebote zur Auftendarstellung als modernes und attraktives Unternehmen beitragen (MMB- Institut fur Medien- und Kompetenzforschung & eCademy, 2014). Im Jahr 2015 be- standen in Deutschland im Bereich Industrie, Handel und Dienstleistungen rund 790.000 Ausbildungsverhaltnisse. Neben Ausbildungsberufen wie Industriemechani- ker/-in5, Industriekaufmann oder Kaufmann fur Buromanagement ist die Ausbildung zum Bankkaufmann mit mehr als 32.000 Auszubildenden einer der am haufigsten absolvierten Ausbildungsgange in Deutschland (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2015) . Fur die Untersuchung des wahrgenommenen Nutzens und der Akzeptanz von E-Learning-Angeboten durch Auszubildende wurde deshalb im Rahmen dieser Arbeit die Gruppe der Bankauszubildenden gewahlt.
Infolge der geschilderten Entwicklungen im Bereich der betrieblichen Bildung hat E-Learning Einzug in viele Unternehmen gehalten und wird weiter an Bedeutung gewinnen. Derzeit nutzen knapp 70 % der deutschen Groftunternehmen und etwa die Halfte der KMUs diese Art der betrieblichen Bildung. Im Rahmen der betriebli- chen Ausbildung wird E-Learning von 60% der ausbildenden Unternehmen genutzt (MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung & eCademy, 2014) . Das Problem der mangelnden Akzeptanz dieser Lernform konnte jedoch bisher nicht uber- wunden werden, was dazu fuhrt, dass bestehende E-Learning-Angebote von der Zielgruppe haufig nicht genutzt werden. Da etwa 20% der jahrlichen Aus- und Wei- terbildungsausgaben der Unternehmen in E-Learning-Maftnahmen flieften, kann eine geringe Nutzung auch als finanzieller Verlust gewertet werden (MMB-Institut fur Medien- und Kompetenzforschung & Haufe Akademie, 2014) . Um dem entgegenzu- wirken, bedarf es der Auseinandersetzung mit den Einflussfaktoren, die fur die Ak- zeptanz von E-Learning-Angeboten relevant sind. Einen wichtigen Faktor stellt laut der vorgestellten Literatur die Wahrnehmung eines erkennbaren Nutzens dar.
Auf dieser Grundlage werden in der vorliegenden Arbeit der wahrgenommene Nutzen und die Akzeptanz von E-Learning-Unterstutzungen wahrend der Ausbildung von Bankkaufleuten aus Sicht der Auszubildenden untersucht. Die Analyse erfolgt als empirische Untersuchung auf der Basis einer Erhebung mithilfe eines Fragebogens, der an Bankauszubildende gerichtet ist. Dabei soll ermittelt werden, ob die Lernen- den E-Learning-Unterstutzung wahrend ihrer Ausbildung als nutzlich empfinden. Be- sonderes Interesse gilt hier der Bedeutung von Inhalt, Form und Zeitpunkt des Ange- bots. Aufterdem werden die Akzeptanz von E-Learning, welche sich aus Nutzungs- absicht und tatsachlicher Nutzung zusammensetzt, sowie verschiedene Einflussfak- toren untersucht. Hierbei stehen der Einfluss von wahrgenommenem Nutzen und Aufwandserwartung auf die Nutzungsabsicht im Mittelpunkt sowie die Bedeutung der Nutzungsabsichtfurdie tatsachliche Nutzung von E-Learning-Angeboten.
In der vorliegenden Arbeit wird das Thema „Nutzen und Akzeptanz von ELearning bei Bankauszubildenden“ in Kapitel 2 zunachst aus einer theoretischen Perspektive beleuchtet. Die mit E-Learning verbundenen Definitionen, Merkmale, Formen sowie Starken und Schwachen dienen als Grundlage fur das weitere Ver- standnis und werden in Kapitel 2.1 behandelt. In Kapitel 2.2 erfolgt die Auseinander- setzung mit der Bedeutung der Akzeptanz. Neben den Akzeptanzmodellen, welchen im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine hohe Relevanz zugemessen wird, werden Methoden vorgestellt, die es ermoglichen, die Akzeptanz von E-Learning zu evaluie- ren. In Kapitel 2.3 wird der Nutzen von E-Learning fur die berufliche Bildung themati- siert. Hierbei wird einerseits auf die Moglichkeiten, den Nutzen beruflicher Bildung messbar zu machen sowie auf das Zusammenspiel von Nutzen und Akzeptanz ein- gegangen. Letztlich wird der theoretische Teil dieser Arbeit in Kapitel 2.4 mit Ergeb- nissen verschiedener empirischer Studien abgeschlossen. Aufbauend auf Kapitel 2, werden im empirischen Teil dieser Arbeit zunachst die Fragestellungen und Hypo- thesen hergeleitet (Kapitel 3.1), welche anschlieEend analysiert werden. Der empiri- sche Teil umfasst zudem die Auseinandersetzung mit der Methode, die statische Analyse sowie die empirischen Befunde aus der Befragung. Im Methodenkapitel (Kapitel 3.2) wird auf die Stichprobe, das Testinstrument, die Durchfuhrung der Stu- die und das Untersuchungsdesign eingegangen. Die Analyse (Kapitel 3.3) umfasst den Bereich der explorativen Statistik und die Reliabilitatsanalyse. Die Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfragen werden in Kapitel 3.4 berichtet. Dazu wer- den die empirischen Befunde dargestellt und anschlieEend diskutiert sowie auf Limi- tationen der Studie hingewiesen. AnschlieEend werden in Kapitel 4 die Ergebnisse zusammengefasst und es wird ein Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf ge- geben.
Im theoretischen Teil werden die fur diese Arbeit grundlegenden theoretischen Kon- zepte vorgestellt. Da der wahrgenommene Nutzen und die Akzeptanz von ELearning im Mittelpunkt stehen, erfolgt im ersten Abschnitt eine Auseinandersetzung mit dem Konzept E-Learning. Im Anschluss daran wird auf die Akzeptanz von ELearning und dessen Nutzen fur die berufliche Bildung eingegangen sowie auf das Zusammenspiel von Akzeptanz und wahrgenommenen Nutzen. Abschlieftend wer- den empirische Befunde aus diesem Forschungsbereich vorgestellt.
In diesem Abschnitt wird das Konzept E-Learning genauer betrachtet. Nachdem der Begriff definiert wurde, werden die Merkmale dieser Lernform erlautert. Im Anschluss daran werden zwei fur die betriebliche Aus- und Weiterbildung relevante E-Learning- Formen - CBT und WBT - genauer beschrieben und weitere bedeutende Formen des E-Learning kurz vorgestellt. Den Abschluss bildet die Auseinandersetzung mit denStarken und Schwachen von E-Learning.
Bevor der Begriff E-Learning als Ganzes definiert wird, werden die beiden Wortteile, aus denen sich der Begriff zusammensetzt, zunachst einzeln betrachtet, um ein grundlegendes Verstandnis zu erzielen.
Neben E-Learning haben viele sogenannte E-Begriffe Einzug in den deut- schen Sprachgebrauch gefunden. Einer der ersten war der Begriff E-Mail (Back, Bendel, & Stoller-Schai, 2001). „E“, steht dabei fur das englische Wort „electronic“, elektronisch. Es verweist auf die elektronische Informationsverarbeitung, elektronisch unterstutzte Kommunikation sowie auf die Verwendung entsprechender Systeme, meist Internet und Computer (Ehlers, 2011; Treumann et al., 2012). Der Begriff electronic umfasst somit ein weites Spektrum an Technologien und Systemen, was bei der Zuordnung von E-Learning-Anwendungen zu Missverstandnissen fuhren kann. Andererseits ist der Begriff jedoch offen fur neue Entwicklungen und Ver- schmelzungen von Technologien (Back et al., 2001).
Beim zweiten Teil der E-Begriffe handelt es sich meist um Gegenstande, Be- reiche oder Prozesse, die der Gesellschaft bereits gelaufig sind (Back et al., 2001). Ein Beispiel ist das E-Book. Der Begriff Book bzw. Buch ist allgemein bekannt. Das Buch als elektronisches Informations- und Kommunikationsmedium hat sich aller- dings erst in den letzten Jahren verbreitet. Back et al. (2001) sprechen bei dieser Komposition auch von einer Verbindung aus Innovation und Tradition. Ebenso verhalt es sich beim E-Learning. Learning, also lernen, bedeutet die Aneignung und Er- weiterung von Wissen, welches in einem Lernprozess transferiert und verarbeitet wird. Die verschiedenen, beim E-Learning zum Einsatz kommenden Informations- und Kommunikationstechnologien zielen darauf ab, Lernen zu ermoglichen und zu fordern (Back et al., 2001). Multimediales Lernen ist laut Mayer (2005) ein typisches Merkmal von E-Learning und meint die Nutzung verschiedener Medientypen inner- halb eines Lerninformationssystems. Der Autor unterscheidet Behalten und Verste- hen als potenzielleErgebnisse multimedialen Lernens. Unter Behalten versteht er die Reproduktion und die Wiedererkennung von Inhalten. Verstehen bezeichnet einen Prozess, bei dem Gelerntes miteinander verknupft und zu neuem Wissen verarbeitet wird (Mayer, 2005). Dieser Prozess ist am Lernenden nicht direkt beobachtbar, was die Erfolgsmessung erschwert. Zu erkennen ist er jedoch in relativ stabilen Verhal- tensanderungen der Individuen (Simon, 2001).
Back et al. (2001) sowie Ehlers (2011) machen zudem deutlich, dass es sich bei dem Begriff E-Learning nicht um eine wissenschaftliche Bezeichnung handelt. Der Begriff wurde Ende der 90er-Jahre als Neologismus von der Firma IBM im Rah- men einer E-Business-Marketingkampagne eingefuhrt.
In der Literatur stoftt man auf eine Vielzahl von teilweise unklaren Definitionen des E-Learning-Begriffs (de Witt, 2005; Dichanz & Ernst, 2001). Als ein Grund dafur wird die standige Veranderung dieses relativ jungen Forschungsbereichs gesehen (Pauly, 2011). Dichanz und Ernst (2001) untersuchen in ihrer Arbeit verschiedene Definitionen von Unternehmen und aus der Fachliteratur und kommen zu dem Er- gebnis, dass E-Learning fur die Lernprozesse steht, die in Lernumgebungen ablau- fen, welche unter Ruckgriff auf elektronische Medien entwickelt wurden. Ahnlich offen ist die Definition von Ehlers. Er versteht unter dem Begriff E-Learning die Ge- samtheit aller Lernformen, die sich elektronischer Medien bedienen. Das Lernen kann dabei sowohl offline als auch online erfolgen (Ehlers, 2011). Eine weitere Definition formulierenBack et al.. Sie verstehen E-Learning als:
... Lernen, das mit Informations- und Kommunikationstechnologien (Basis- und Lerntechnologien) respektive mit darauf aufbauenden (E-Learning-) Sys- temen unterstutzt bzw. ermoglicht wird (Back et al., 2001, S. 35).
Auch in der internationalen Literatur finden sich zahlreiche Definitionen von ELearning. Eine haufig zitierte Begriffsbestimmung stammt von Rosenberg (vgl. Kup- per, 2005; Olbrecht, 2010). Er fasst den Begriff E-Learning enger als die bereits zi- tierten Autoren. Seine Definition beschrankt sich auf das Internet als zugrunde lie- gende Informations- und Kommunikationstechnologie. Rosenberg legt drei charakte- ristische Kriterien fest: I. E-Learning ist vernetzt, was bedeutet, dass Anweisungen oder Informationen umgehend aktualisiert, gespeichert, wiederhergestellt, verteilt oder ausgetauscht werden konnen. CD-ROMs oder DVDs hingegen eigenen sich nur, um Anweisungen oder Informationen zu ubermitteln, und gehoren fur ihn daher zum technologiebasierten Lernen, aber nicht zu E-Learning. II. Die Ubermittlung von E-Learning an die Nutzer erfolgt uber einen Computer, mithilfe der Nutzung von Standard-Internettechnologien. III. E-Learning fokussiert sich auf eine erweiterte Sichtweise des Lernens, wobei die Lernmethoden uber die traditionellen Paradigmen des Lernens hinausgehen. Somit ist E-Learning weitergefasst als der Begriff der Schulung, indem nicht nur die Ubertragung von Informationen und Anweisungen, sondern vielmehr auch Instrumente zur Leistungssteigerung inkludiert sind (Rosenberg, 2001).
Urdan und Weggen fassen den Begriff wiederrum weiter als Rosenberg. Sie definieren diesenunterder Nennung konkreter Formen und Medien:
[E-learning is] the delivery of content via all electronic media, including the Internet, intranets, extranets, satellite broadcast, audio/video tape, interactive TV, and CD-ROM. Yet, e-learning is defined more narrowly than distance learning, which would include text-based learning and courses conducted via written correspondence (Urdan & Weggen, 2000, S. 8).
Aufgrund der Offenheit und Prazision der Definition von Urdan und Weggen (2000), welche sich aus der Berucksichtigung einer Vielzahl an Technologien und der Ab- grenzung zu Distance Learning ergibt, wird diese der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt.
Um das Bedeutungsspektrum des Begriffs E-Learning zu verdeutlichen, werden im Folgenden einige Eigenschaften von E-Learning erlautert. Pauly (2011) sieht bedeu- tende Merkmale darin, dass bei allen E-Learning-Formen Daten und Informationen digitalisiert werden. Die Anwendungen sind multimedialgestaltet, was bedeutet, dass sie auf verschiedene Medien wie Bild, Text, Video usw. zuruckgreifen. Dabei agieren die Lernenden interaktiv mit anderen Personen oder mit der E-Learning-Anwendung selbst und sind untereinander vernetzt. Auch fur Schulmeister (2001) sind die beiden Haupteigenschaften von E-Learning-Anwendungen multimediale Inhalte sowie Kommunikationstools wie z.B. E-Mail oder Chat. E-Learning-Angebote sind auRer- dem unabhangig von Zeit und Ort verfugbar, was ein hohes MaR an Flexibilitat er- moglicht. Ihre Inhalte sind auf uberschaubare Einheiten in Form von Sachwissen, Ubungsmoglichkeiten und Selbsttests beschrankt und ermoglichen so eine schnelle Selbstkontrolle der Lernergebnisse (Dichanz & Ernst, 2001). Neben den allen E- Learning-Angeboten gemeinsamen Eigenschaften gibt es zudem Merkmale, die nur fur bestimmte Formen von E-Learning charakteristisch sind.
So kann E-Learning auf verschiedene Arten zum Einsatz kommen. Die elekt- ronische Lernumgebung kann eine zusatzliche Unterstutzung neben klassischen Komponenten wie z. B. Prasenzveranstaltungen sein. Haufig wird E-Learning aber auch als alleinige Form der Wissensvermittlung genutzt(Ehlers, 2011).E-Learning ist zudem stationar, also an einem festen (Arbeits-) Platz uber einen Rechner oder mobil, etwa via Handy oder Tablet, moglich (Back et al., 2001). Es besteht auRerdem die Moglichkeit, sich unterschiedlicher Medien zu bedienen. So konnen lokal vorhan- dene Ressourcen wie PC oder CD-ROM; oder entfernte bzw. vernetzte Medien wie das Internet zum Einsatz kommen. Diese konnen wiederrum sowohl statischer als auch dynamischer Natur sein. Statische Medien sind z.B. PDF-Dokumente. Die An- zahl an Varianten dynamischer Anwendungen, z. B. Dialoge oder Aktions-Reaktions- Muster, ist deutlich hoher(Back et al., 2001).
Kupper (2005) entwickelte, basierend auf bestehenden Forschungsarbeiten, ein Analyseraster, um die Systematisierung von E-Learning-Formen zu erleichtern (vgl. Abbildung 1). Neben den bereits genannten Eigenschaften werden im Folgen- den weitere Merkmale von E-Learning in Anlehnung an das Analyseraster von Kup- pererlautert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Analyseraster fur E-Learning-Formen (Kupper, 2005, S. 38).
Um E-Learning nutzen zu konnen, bedarf es zunachst bestimmter technischer Voraussetzungen. Fur die uberwiegende Zahl an Anwendungen wird neben einem Computer auch ein Internetzugang benotigt. Zudem konnen Ausstattungen wie z.B. TV, CD-ROM-Laufwerk oder E-Mail-Zugang erforderlich sein (Kupper, 2005; Schafer, 1997).
Die Kommunikation in E-Learning-Prozessen kann unterschiedliche Zeitbezu- ge haben. Sie kann synchron oder asynchron verlaufen, wobei synchron bedeutet, dass beide Kommunikationspartner zeitgleich agieren. Bei der asynchronen Kommu- nikation erfolgen die Bearbeitungs- und Lernschritte zeitlich versetzt (Back et al., 2001; Schafer, 1997).
Aufterdem kann die Kommunikation in verschiedenen Beziehungen stattfin- den. Sie kann entweder zwischen exakt zwei Personen in beide Richtungen verlau- fen, wobei es sich um eine Punkt-zu-Punkt-Kommunikation (1 : 1) handelt. Moglich ist auch eine Kommunikation zwischen mehr als zwei Personen. Dabei kann entwe- der eine Person im Rahmen einer Punkt-zu-Mehrpunkt-Kommunikation gleichzeitig Informationen an mehrere Personen verteilen (1 :n), oder mehrere Individuen kon- nen mithilfe einer Mehrpunkt-zu-Punkt-Kommunikation zeitgleich auf eine Information zugreifen (n:1). Die letzte Moglichkeit besteht in der Mehrpunkt-zu-Mehrpunkt- Kommunikation (n:n), wobei Informationen zwischen mehreren Personen zeitgleich in alle Richtungen ausgetauscht werden (Schafer, 1997).
E-Learning kann aufterdem auf verschiedenen Lernebenen stattfinden. Die Anwendung kann von einer Person individuell (Einzellernen) oder von mehreren Per- sonenkollektiv(Gruppenlernen)genutzt werden (Back et al., 2001).
Ein weiteres Unterscheidungskriterium stellt laut Kupper die Lernmethode dar. Es gibt die Moglichkeit, Lernen mithilfe von Online-Teaching, Online-Tutorials, Online-Assignments oder Online-Discussions zu ermoglichen. Online-Teaching dient vorwiegend der Vermittlung von Faktenwissen, wobei der Lernende eine eher passive Rolle einnimmt. Online-Tutorials hingegen ermoglichen dem Lernenden einen selbstgesteuerten Lernprozess. Eine Interaktion mit anderen Teilnehmern findet nicht statt. Lediglich ein Tutor kann zur Unterstutzung herangezogen werden. Die Methode des Online-Assignments bietet umfangreiche Ubungs- und Informationsmoglichkei- ten und ein individuelles Feedback zur Leistungskontrolle. Sie zeichnet sich durch eine starke Ausrichtung auf den Lernenden aus. Die Online-Discussions gehoren zu den teamzentrierten Methoden. Dabei sind fast ausschlieftlich die Lernenden aktiv. Die Teilnehmer tauschen ihr Wissen auf verschiedenste Art und Weise untereinander aus (Seufert, Back, & Hausler, 2001).
Nicht zuletzt gibt es Unterschiede im Ausmaft der Interaktivitat von E- Learning-Angeboten. Interaktivitat beschreibt die Moglichkeit, dass eine Person mit anderen Menschen in Kontakt treten oder die E-Learning-Anwendung selbst beein- flussen kann (Niegemann, Hessel, Hochscheid-Mauel, Aslanski, Deimann, & Kreuzberger, 2013). Interaktivitat zwischen dem Lernenden und der Anwendung be- zieht sich vor allem auf Anpassungsmoglichkeiten an individuelle Bedurfnisse, z.B. Andern von Inhalten oder von deren Reihenfolge. Beginnend bei einem reaktiven Modell, bei welchem der Lernende keinen Einfluss auf die Reihenfolge oder die Auswahl der Informationen hat, steigt der Grad der Interaktivitat bis hin zum interakti- ven Modell, das dem Nutzer ermoglicht, inhaltliche Eingriffe vorzunehmen (Kremer, 1997).
Die Vielzahl der Merkmale von E-Learning-Angeboten und deren unterschiedlichen Auspragungen lassen bereits eine hohe Anzahl verschiedener E-Learning-Formen vermuten. Tatsachlich gibt es zahlreiche Varianten von E-Learning (vgl. Burg & Mandl, 2004; Ehlers, 2011). Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, wer- den im Folgenden die zwei bedeutendsten E-Learning-Konzepte fur die betriebliche Aus- und Weiterbildung vorgestellt und unter Zuhilfenahme des Analyserasters von Kuppererlautert.
CBTs und WBTs werden in der Literatur haufig erwahnt (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen, & Zimmer, 2011; Burg & Mandl, 2004; de Witt, 2005). Die Studie der KPMG belegt zudem, dass diese beiden E-Learning-Formen am haufigsten in Unter- nehmen genutzt werden bzw. deren Nutzung geplant ist (KPMG, 2001). CBTs und WBTs sind Lerninformationssysteme. Die Lernenden setzen sich dabei selbststandig mit Inhalten auseinander, um bestimmte Lernziele zu erreichen. Sie unterscheiden sich von elektronischen Lehrmaterialien vor allem dadurch, dass sie dem Nutzer eine Ruckmeldung uber den Lernfortschritt geben (Simon, 2001).
CBTs werden seit den 80er-Jahren genutzt und bedienen sich klassischer Lernsoftware wie CD-ROMs und DVDs (Back et al., 2001). Neben einem Computer ist ein CD-ROM- oder DVD-Laufwerk als technische Voraussetzung notwendig (Kupper, 2005). CBTs dienen der unmittelbaren Unterstutzung von Lernprozessen, in denen die Lernendenim Vordergrund stehen (Simon, 2001). Die Kommunikation ver- lauft dabei mit einem asynchronen Zeitbezug, da die einzelnen Lern- und Bearbei- tungsschritte zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden. Die Beziehung der Kommu- nikation verlauft im Verhaltnis 1 : n, d.h., der Hersteller veroffentlicht ein Medium (z.B. eine DVD), das dann von mehreren Lernenden genutzt wird. Somit liegt bei CBTs eine Punkt-zu-Mehrpunkt-Kommunikation vor (Kupper, 2005). Ein Austausch der Teilnehmer untereinander ist nicht vorgesehen (Ohlinger, 2003). Die Lernenden eignen sich bei CBTs selbststandig Wissen an (Bruns & Gajewski, 2000). Daher be- finden sie sich auf der Lernebene des Einzellernens (Kupper, 2005). Haufig wird bei CBTs als Lernmethode das Online-Tutorial genutzt. Der Lernende arbeitet dabei ei- genverantwortlich und in einem selbst gewahlten Tempo (Seufert et al., 2001). Der Grad der Interaktivitat kann bei dieser Form des E-Learning sehr unterschiedlich sein. Er reicht von der reinen Abarbeitung einer vorgegeben Lerneinheit, bis hin zur selbststandigen Auswahl bestimmter Informationsangebote durch den Lernenden (Kupper, 2005). Die angebotenen Inhalte und Methoden im Bereich der CBTs sind laut Bruns und Gajewski (2000) inzwischen sehr vielseitig.
WBTs beruhen ebenfalls auf einer Lernsoftware und stellen eine spezielle Form der CBTs dar. AuRerdem gehoren sie zu den Formen des Distance Learning, was bedeutet, dass zwischen dem Lernenden und dem Lehrenden eine zeitliche und/oder raumliche Distanz besteht, welche durch die Nutzung von Netzwerken uberwunden wird (Ohlinger, 2003). Wahrend sich CBTs bestimmter Medien wie DVDs oder CD-ROMs bedienen, sind WBTs Lernumgebungen innerhalb von Netz- werken, wie z. B. Internet oder Intranet (de Witt, 2005). Aus diesem Grund gehort zu den technischen Voraussetzungen neben einem Computer auch der Zugang zum entsprechenden Netzwerk. Die Lernprogramme mussen jedoch nicht zwingend im Netz bearbeitet werden. Sie werden teilweise auch heruntergeladen und konnen dann offline genutzt werden (Kupper, 2005).Die Kommunikationkann im Hinblick auf den Zeitbezug sowohl synchron als auch asynchron verlaufen. Meist jedoch werden Inhalte im Internet veroffentlicht, die die Lernenden zu unterschiedlichen Zeitpunkten nutzen, was einer asynchronen Kommunikation entspricht. Bei WBTs handelt es sich im Hinblick auf die Kommunikationsbeziehung, analog zu den CBTs, um eine Punkt- zu-Mehrpunkt-Kommunikation. Da eine Zusammenarbeit in Gruppen und die Betreu- ung durch Tutoren via E-Mail, Chat o. A. hier jedoch moglich ist, sind auch alle weite- ren Kommunikationsbeziehungen denkbar (Kupper, 2005). Mit Blick auf die Lernebe- ne bieten WBTs die Moglichkeit sowohl des individuellen Lernens wie des Gruppen- lernens. Sie sind zudem sehr flexibel im Hinblick auf mogliche Lernmethoden. So konnen Online-Tutorials, Online-Assignments, aber auch Online-Discussions An- wendung finden. Das Maft der Interaktivitat ist dabei, wie bei den CBTs, begrenzt, da auch hier kein Einfluss auf die Informationen selbst moglich ist. Durch zusatzliche Kommunikationsangebote, wie z.B. eine Chat-Funktion, kann das Maft der Interakti- vitat jedoch erhoht werden (Kupper, 2005).
Im vorangegangen Kapitel wurden die beiden meist genutzten Formen von ELearning in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung vorgestellt. Obwohl sie die wichtigsten Konzepte in diesem Bereich darstellen, sollen aus Grunden der Vollstan- digkeit im Folgenden weitere E-Learning-Konzepte genannt und kurz beschrieben werden.
Der Begriff des Online-Lernens ist weiter gefasst als die bereits vorgestellten Konzepte des CBT und des WBT(Back et al., 2001). Beim Online-Lernen greifen die Lernenden und Lehrenden auf einen Sever zu, der alle wichtigen Daten enthalt. Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern kann dabei synchron oder asynchron ver- laufen (Bruns & Gajewski, 2000). Laut Urdan und Weggen (2000) konnen die Ebe- 17 nen der Komplexitat des Online-Lernens variieren. Sie differenzieren zwischen einem Basis-Online-Lernprogramm und einem komplexen Online-Lernprogramm. Das Ba- sisprogramm umfasst kursbezogene Texte und Grafiken, Ubungen, Tests sowie Auf- zeichnungen, z.B. in Form von Testergebnissen und Lesezeichen. Die komplexe Variante verfugt uber Werkzeuge wie z.B. Simulationen, Audio- und Videosequen- zen, Diskussionsgruppen, Online-Betreuung oder Links zu externen Inhalten. Seel und Ifenthaler (2009) weisen darauf hin, dass die Begriffe E-Learning und Online- Lernen zwar haufig synonym verwendet werden, sich jedoch in einigen Punkten un- terscheiden: E-Learning beinhaltet multimedial aufbereitete Materialien, wohingegen Online-Lernen zusatzlich die Verwendung telekommunikativer Technologien umfasst. Ziel des Online-Lernens ist es, Informationsubermittlung sowie Informationsaus- tausch und Zusammenarbeit ohne zeitliche Verzogerungen uber beliebige Distanzen zu ermoglichen.
Blended Learning stellt eine Mischform aus E-Learning und einer traditionellen Lernumgebung dar. Elektronisch unterstutztes Lernen wird mit dem Lernen in Pra- senzveranstaltungen kombiniert. Die Prasenzveranstaltungen konnen dabei aller- dings auch auf virtueller Ebene stattfinden, wie dies z. B. bei Online-Vorlesungen der Fall ist (Arnold et al., 2011). Die Kombination der beiden Lernformen kann auf unter- schiedliche Weise erfolgen. Sowohl die Anordnung alsauch die Dauer der jeweiligen Phasen konnen variiert werden (Ohlinger, 2003). Um die Vorteile der Methoden- und Medienvielfalt des Blended Learning zu nutzen, mussen Prasenzveranstaltungen und E-Learning Einheiten aufeinander abgestimmt sein (Seel & Ifenthaler, 2009).
Back et al. (2001) entwickelten eine Grafik, die die Einordnung der erlauterten Begriffe erleichtert. Abbildung 2 macht deutlich, dass E-Learning als Uberbegriff fur die Konzepte des CBT, des WBT sowie des Online-Lernens verwendet wird. WBT und Online-Learning bedienen sich der Methoden des Distance, des Virtual Learning und des Telelearning, was bei CBTs nicht zwingend erforderlich ist. CBTs konnen auch ohne die Verwendung telekommunikativer Technologien offline ablaufen. Da Blended Learning neben E-Learning-Einheiten auch traditionelle Lernformen beinhal- tet, zahlt es nicht zu den Methoden des E-Learning, kann aber als angrenzende Mischform gesehen werden (Back et al., 2001; de Witt, 2005).
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Abbildung 2. Begriffe im Bereich E-Learning (Back et al., 2001, S. 34).
Die Nutzung von E-Learning-Angeboten wie CBTs oder WBTs in Unterneh- men erfolgt haufig im Rahmen einer E-Learning-Plattform, auch LearningManagement-System genannt (Back, 1999). Eine E-Learning-Plattform ist ein System, das sechs verschiedene Aktivitaten integriert bzw. erlaubt. Diese Aktivitaten rei- chen von der Entwicklung der Module, deren Organisation und der Darstellung der Kursinhalte bis hin zur Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen teilneh- menden Personen sowie der abschlieRenden Beurteilung der Lernergebnisse (Piotrowski, 2010). E-Learning-Plattformen bieten auRerdem die Moglichkeit, Benut- zerprofile zu erstellen. Durch die Aufzeichnung aller Aktivitaten von Administratoren, Lernenden und Lehrenden besteht die Moglichkeit zur Analyse der Lernprozesse und Evaluation des Systems (Ifenthaler, 2008; Seel & Ifenthaler, 2009). Lernplattformen werden haufig unter Zeitdruck entwickelt und sind daher oftmals didaktisch nicht optimal aufbereitet. Nicht selten werden sie lediglich zum Austausch von Dokumenten genutzt. Werden dennoch Ubungsmoglichkeiten in Form von Aufgaben o. A. angebo- ten, fehlt meist die individuelle Ruckmeldung (Seel & Ifenthaler, 2009).
Vor der Implementierung einer E-Learning-Anwendung sollten Unternehmen die da- mit verbundenen Vor- und Nachteile berucksichtigen, um diese Lernform zweckma- ftig zum Einsatz zu bringen (Kollinger, 2002). Im Folgenden werden Starken und Schwachen der virtuellen Lernform dargestellt.
Ein grofter Vorteil des E-Learning ist die Verfugbarkeit. Eine hohe Anzahl Ler- nender kann gleichzeitig und unabhangig von Zeit und Ort auf das Angebot zugreifen (Kollinger, 2002; Seel & Ifenthaler, 2009). Die Nutzung setzt in den meisten Fallen lediglich einen Computer und Zugang zum Internet voraus. E-Learning bietet Ler- nenden und Lehrenden somit einen hohen Grad an Flexibilitat. Die Inhalte sind leicht zu andern oder zu erganzen, weshalb sie meist ein hohes Maft an Aktualitat und Konsistenz aufweisen und auf die Bedurfnisse der Nutzer abgestimmt sind (Kollinger, 2002; Seel & Ifenthaler, 2009).Die Aktualitat von Inhalten istaufgrund der sich haufig andernden Anforderungen an die Aus-und Weiterbildung in Unternehmen besonders wichtig (Meister, 2003). Die Lernumgebungen sind interaktiv gestaltet, was ein indivi- duelles Lernen ermoglicht. Die Lernenden konnen ihr eigenes Tempo bestimmen und Lerninhalte ihren Bedurfnissen entsprechend auswahlen, was eine um bis zu 60% schnellere Lernkurve ermoglicht als eine lehrerzentrierte Umgebung (Urdan & Weggen, 2000). Zusatzlich wird die Kommunikation zwischen den Lernenden unter- einander und mit Experten erleichtert, was den Austausch fordert (Kollinger, 2002). Kollinger (2002) sowie Urdan und Weggen (2000) sehen die Nutzung von E- Learning-Angeboten zudem als vorteilhaft an, da sie fur die Teilnehmer weniger ein- schuchternd ist als die Interaktion in einer groften Gruppe. Die Lernenden probieren haufiger neue Losungswege aus und haben weniger Angst vor Fehlern. Auch die Kosteneinsparpotenziale von E-Learning sind nicht zu unterschatzen: Da die Ange- bote von vielen Lernenden gleichzeitig genutzt werden konnen und zudem keine oder weniger Prasenzveranstaltungen notwendig sind, werden die Ausbildungskosten deutlich gesenkt (Kollinger, 2002). Allerdings weist Meister (2003) darauf hin, dass dieser Effekt nur eintritt, wenn die Software von einer hohen Anzahl an Teilnehmern genutzt wird. Bei speziellen Kursinhalten, die nur fur eine kleine Gruppe von Lernen- den relevant sind, konnen E-Learning-Angebote die Kosten von Prasenzveranstal- tungen sogar ubersteigen.
Zu den Schwachen des E-Learning zahlt der Mangel an menschlichem Kon- takt wahrend des Lernprozesses. Der Lernende absolviert die Lerneinheiten allein vor dem PC, was ein hohes Maft an Motivation und Selbstdisziplin erfordert (Back et al., 2001; Kollinger, 2002). Kollinger sieht die Nutzung von E-Learning zudem auf Themen eingeschrankt, die formalisierbar sind. Es ist z.B. schwierig, rhetorische oder soziale Kompetenzen im Rahmen eines E-Learning-Kurses zu vermitteln (Kollinger, 2002). Viele E-Learning-Kurse sind aus technischer und didaktischer Sicht relativ einfach gestaltet. Haufig wird nur ein Bruchteil der Moglichkeiten, die diese Lernform bietet, tatsachlich ausgeschopft. Aufterdem werden einmal entwickelte Kurse meist uber Jahre ohne Anderung oder Erganzung angeboten. Dabei werden die Potenziale der Aktualisierbarkeit und Individualisierbarkeit des E-Learning nicht vollstandig genutzt (Back et al., 2001; Kollinger, 2002). Kollinger (2002) sieht den Grund dafur in der mangelnden Erfahrung mit der Gestaltung und im Umgang mit ELearning. Dieser Mangel macht sich auch auf der Seite der Lernenden bemerkbar. Teilnehmer, die im beruflichen Alltag PC und Internet nur selten nutzen, zeigen hau- figereine Abwehrhaltung gegenuber E-Learning (Kollinger, 2002). Aus diesem Grund ist die Akzeptanz von E-Learning-Angeboten auch heute in bestimmten Unterneh- men und Branchen eher gering, was den Erfolg von E-Learning-Maftnahmen negativ beeinflusst (Burg & Mandl, 2004; Kupper, 2005). Das folgende Kapitel setzt sich mit dieser Problematik auseinander.
In diesem Kapitel wird der Begriff der Akzeptanz allgemein und im Kontext von In- formationssystemen definiert. Im Anschluss daran werden ausgewahlte Modelle vor- gestellt, die das Zustandekommen von Akzeptanz erklaren, und Methoden erlautert, mit deren Hilfe der Grad der Akzeptanz bestimmt werden kann.
Der Begriff der Akzeptanz spielt vor allem im gesellschaftlichen und sozialwissen- schaftlichen Bereich eine bedeutende Rolle. Bezogen auf ein Individuum wird Akzep- tanz als Anerkennung, Zustimmung, Befurwortung oder Bestatigung hinsichtlich Ein- stellungen oder Aufterungen anderer Individuen gesehen (Kollmann, 1998). In der Betriebswirtschaftslehre ist Akzeptanz vor allem inder Organisations- und Marketing- lehre sowie in der Wirtschaftsinformatik von Bedeutung. Der Akzeptanzbegriff der Wirtschaftsinformatik kombiniert dabei die Sichtweisen der Organisations- und Mar- ketinglehre. Im Mittelpunkt steht die Akzeptanz von Informationssystemen, welche sich in der Nutzungshaufigkeit widerspiegelt (Simon, 2001).
Die Akzeptanzforschung der Betriebswirtschaftslehre ist maftgeblich durch den Ansatz von Muller-Boling und Muller (1986) gepragt (Simon, 2001). Die Autoren setzen Akzeptanz mit Annahme, Hinnahme und Nutzung gleichund verstehen sie als zweidimensionales Phanomen, das sich aus Einstellungs- und Verhaltensakzeptanz zusammensetzt. Die Einstellungsakzeptanz besteht dabei aus einer affektiven, einer kognitiven und einer konativen Komponente. Die affektive Komponente wird auch als Gefuhlskomponente bezeichnet. Von besonderer Bedeutung ist dabei die relative Bestandigkeit der Affektivitat im Zeitverlauf, was zu einem bestimmten, wiederkeh- renden motivational-emotionalen Zustand fuhrt (Muller-Boling & Muller, 1986). Ein Nutzer kann eine Innovation z.B. entweder emotional ablehnen, oder aber als reiz- voll ansehen (Anstadt, 1994). Die kognitive Komponente umfasst die Vorstellungen, Ideen und Einstellungen einer Person, wobei die Vor- und Nachteile einer Nutzung abgewogen werden (Anstadt, 1994; Muller-Boling & Muller, 1986). Die konative Komponente steht fur eine Verhaltensbereitschaft, welche jedoch nicht zwangslaufig zu einer Nutzung fuhren muss (Muller-Boling & Muller, 1986). Wahrend die Verhal- tensbereitschaft einen Teil der Einstellungsakzeptanz widerspiegelt, steht die Verhal- tensakzeptanz fur das tatsachlich beobachtbare Verhalten eines Individuums im Hin- blick auf die Nutzung bestimmter Systeme (Muller-Boling & Muller, 1986). Die Akzep- tanz setzt sich somit aus der Einstellung gegenuber einem Verhalten und dem Ver- halten selbst zusammen (Burg, Rosch, & Mandl, 2005). Muller-Boling und Muller (1986) unterscheiden basierend auf ihren Annahmen zur Einstellungs- und Verhal- tensakzeptanz vier verschiedene Benutzertypen: Eine Person mit ausgepragter Ein- stellungs- und Verhaltensakzeptanz hinsichtlich eines Systems wird als „uberzeugter Benutzer“ (Muller-Boling & Muller, 1986, S. 28) bezeichnet. Ein solcher Nutzer zeigt das starkste MaR an Akzeptanz und stellt daher den Idealfall dar. Wird ein System auf der Ebene der Einstellung akzeptiert, jedoch nicht genutzt, sprechen Muller- Boling und Muller von einem „verhinderten Benutzer“ (Muller-Boling & Muller, 1986, S. 28), der das Medium gerne nutzen wurde, wenn es ihm moglich ware. Personen, die ein System nutzen, ihm gegenuber aber eine negative Einstellung aufweisen, werden als „gezwungene Benutzer“ (Muller-Boling & Muller, 1986, S. 28) bezeichnet. Die Nutzung beruht in diesem Fall auf auRerem Druck. Die vierte Benutzergruppe sind die „uberzeugten Nichtbenutzer“ (Muller-Boling & Muller, 1986, S. 28). Sie wei- sen weder Einstellungs- noch Verhaltensakzeptanz auf und lehnen eine Nutzung daher konsequent ab. Muller-Boling und Muller zufolge sind Personen, deren Einstel- lungsakzeptanz von der Verhaltensakzeptanz abweicht, also die verhinderten und gezwungenen Benutzer, besonders problematisch. Sie sehen an dieser Stelle For- schungsbedarf, um die genauen Ursachen fur die Differenz zwischen den beiden Arten der Akzeptanz zu bestimmen(Muller-Boling & Muller, 1986).
Die Differenzierung zwischen Einstellungs- und Verhaltensakzeptanz ist auch in der englischsprachigen Literatur gelaufig und findet sich z. B. bei Davis (1989). Unter Einstellungsakzeptanz versteht Davis die Einstellung gegenuber der Nutzung bzw. der geplanten Nutzung. Diese Komponente wird als affektive Reaktion angese- hen. Die Verhaltensakzeptanz druckt sich, wie auch bei Muller-Boling und Muller, in der tatsachlichen Nutzungaus(Davis, 1989).Auf dieser Grundlage entwickelte Davis ein Akzeptanzmodell, welches im folgenden Kapitel 2.2.2erlautert wird.
Kupper formuliert in ihrer Arbeit zur Verbreitung und Akzeptanz von ELearning in der Weiterbildung eine auf den beiden zuvor genannten Forschungsan- satzen basierende Definition:
Akzeptanz von e-Learning spiegelt sich in einer positiven Einstellung gegen- uber e-Learning als Bereitschaft zur zukunftigen Nutzung elektronischer Wei- terbildungsformen sowie in einem stark ausgepragten derzeitigen Nutzungs- verhalten elektronischer Weiterbildungsformen wider (Kupper, 2005, S. 132).
Diese Definition wurde im Kontext der betrieblichen Weiterbildungen formuliert und entspricht, ubertragen auf den Bereich der betrieblichen Ausbildung, dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Verstandnis von Akzeptanz.
Wird Akzeptanz als Zusammenspiel von Einstellungs- und Verhaltensakzeptanz de- finiert, so muss zunachst der Zusammenhang zwischen diesen beiden Komponenten genauer betrachtet werden. Dazu wird zunachst die grundlegende Theorie des uber- legten Handelns nach Fishbein und Ajzen (1975) erlautert. Im Anschluss daran wer- den ausgewahlte Modelle der Akzeptanzforschung dargestellt.
Die Theorie des uberlegten Handelns von Fishbein und Ajzen zahlt zu den einflussreichsten sozialpsychologischen Theorien (Venkatesh, 2000) und zielt darauf ab, menschliches Verhalten vorherzusagen. Die Ausfuhrung eines Verhaltens wird demnach bestimmt durch die systematische, kognitive Evaluation moglicher Konse- quenzen (Fishbein & Ajzen, 1975).
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Abbildung 3. Theorie des uberlegten Handelns (eigene Darstellung in Anlehnung an: Fishbein & Ajzen, 1975, S. 16).
Wie in Abbildung 3 zu sehen, haben der Theorie des uberlegten Handelns zufolge sowohl die Einstellung gegenuber einem bestimmten Verhalten als auch die subjekti- ve Norm einen Einfluss auf die Verhaltensabsicht (Intention). Die Verhaltensabsicht wiederum bestimmt das tatsachliche Verhalten. Intentionen wirken als motivationale Einflussfaktoren auf das Verhalten. Sie sind somit ein Indiz fur den Grad der Motivation bzw. Absicht eines Individuums, eine bestimmte Handlung auszufuhren (Ajzen & Fishbein, 1980). Die Einstellung zum Verhalten ergibt sich nach Fishbein und Ajzen durch die positive oder negative Bewertung der Folgen einer durchzufuhrenden Handlung. Diesubjektive Norm wird bestimmt durch die Annahme uber den Grad der sozialen Akzeptanz (Fishbein & Ajzen, 1975). Eine Handlung wird demnach dann ausgefuhrt, wenn sie von der agierenden Person selbst und von relevanten Bezugs- personen positiv bewertet wird. Je nach Situation kann dabei die individuelle Bewer- tung oder die Bewertung durch Bezugsgruppen im Vordergrund stehen (Olbrecht, 2010).
Aufbauend auf der Theorie des uberlegten Handelns entwickelte Davis (1989) ein Modell, um die Akzeptanz von Nutzern gegenuber Computersystemen vorhersa- gen, erklaren und erhohen zu konnen. Ausgangspunkt seiner Uberlegungen war die Frage, warum Menschen Computer akzeptieren oder ablehnen (Davis, Bagozzi, & Warshaw, 1989). Das vorgestellte Technology Acceptance Model (TAM), welches in Abbildung 4 zu sehen ist, zielt darauf ab, den Einfluss externer Faktoren auf innere Uberzeugungen, Einstellungen und Absichten zu ermitteln, um letztlich das Compu- ternutzungsverhalten zu erklaren. Die Variablen leiteten Davis et al. (1989) aus be- stehenden Forschungsarbeiten sowie dem Modell von Fishbein und Ajzenab.
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Abbildung 4. Technology Acceptance Model (eigene Darstellung in Anlehnung an: Davis et al., 1989, S. 985).
Im TAM wird zwischen der Einstellung gegenuber der Nutzung, der Verhaltensab- sicht und der tatsachlichen Nutzung unterschieden. Die Variablen wahrgenommene Nutzlichkeit und wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit werden als wichtigste Ein- flussfaktoren auf die Einstellung gegenuber der Nutzung von Informationssystemen gesehen. Die wahrgenommene Nutzlichkeit misst die Wahrscheinlichkeit der Steige- rung der personlichen Arbeitsleistung von Verwendern durch die Nutzung eines Computersystems. Sie wird u.a. von der wahrgenommenen Benutzerfreundlichkeit beeinflusst, welche den Grad bestimmt, zu dem kunftige Benutzer glauben, die Nut- zung des Systems sei ohne Anstrengung moglich. Beide Groften werden wiederrum von externen Variablen beeinflusst, welche in diesem Modell nicht naher bestimmt sind. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die Verhaltensabsicht zur Nut- zung des Informationssystems die tatsachliche Nutzung bestimmt. Anders als in der Theorie von Fishbein und Ajzen, gehen Davis et al. (1989) aber davon aus, dass die Verhaltensabsicht zur Nutzung von den Variablen Einstellung gegenuber der Nut- zung und wahrgenommene Nutzlichkeit bestimmt wird (Davis, 1989). Die empiri- schen Befunde von Davis (1989) und Davis et al. (1989) belegen die im TAM ge- troffenen Annahmen. Der Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Benut- zerfreundlichkeit und der Nutzungseinstellung fiel allerdings geringer aus, als der Zu- sammenhang zwischen der wahrgenommenen Nutzlichkeit und der Nutzungseinstel- lung. Das TAM gilt als fest etablierter Ansatz der Akzeptanzforschung. Mithilfe des Modells konnen etwa 40% der Varianz in der Verhaltensabsicht und der tatsachli- chen Nutzung von Individuen erklart werden (Venkatesh & Davis, 2000).
Venkatesh und Davis (2000) entwickelten das TAM weiter, um die Konstrukte wahrgenommene Nutzlichkeit und Verhaltensabsicht besser vorhersagen zu konnen. Dazu erweiterten sie das Modell um zusatzliche Einflussfaktoren bezuglich der wahr- genommenen Nutzlichkeit sowie der Verhaltensabsicht und untersuchten, wie sich diese Variablen durch zunehmende Erfahrung mit dem Computersystem verandern. Die Schlusselfaktoren sind in zwei Gruppen unterteilt, soziale Einflusse und kognitive Prozesse. Zu den sozialen Einflussen gehoren die Variablen: subjektive Norm, Image und Freiwilligkeit. Die Gruppe der kognitiven Prozesse umfasst die Variablen Jobrelevanz, Nachweisbarkeit der Ergebnisse und Ergebnisqualitat. Venkatesh und Davis stellten fest, dass die Variablen subjektive Norm, Image, berufliche Relevanz, Nachweisbarkeit der Ergebnisse und Ergebnisqualitateinen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Nutzlichkeit haben. Das Image eines Computersystems wird dabei von der subjektiven Norm bestimmt, welche wiederrum von der Erfahrung mit dem System moderiert wird. Der Einfluss der subjektiven Norm auf die wahrgenommene Nutzlichkeit sinkt demnach bei zunehmender Erfahrung. Die subjektive Norm hat zu- satzlich einen direkten Einfluss auf die Verhaltensabsicht, jedoch nur in Kontexten der vorgeschriebenen Nutzung von Computersystemen. Auch hier nimmt der Ein- fluss der subjektiven Norm mit zunehmender Erfahrung ab. Die kognitiven Prozesse sowie die wahrgenommene Nutzlichkeit und die wahrgenommene Benutzerfreund- lichkeit unterliegen im Zuge zunehmender Erfahrungen keinen Schwankungen. Durch die Erweiterung des TAM zum TAM 2 konnen bis zu 60 % der Varianz in der wahrgenommenen Nutzlichkeit erklart werden (Venkatesh & Davis, 2000).
Eine dritte Modellerweiterung nahmen Venkatesh und Bala im Jahr 2008 vor. Ziel dieser Arbeit war nicht mehr primar die Erklarung, wie Akzeptanz zustande kommt, sondern vielmehr zu verstehen, wie verschiedene Interventionen der Fuh- rungsebene diebekannten Determinanten der IT-Annahme und -Nutzung seitens der Mitarbeiter beeinflussen konnen. Das Ergebnis dieser Arbeit ist das TAM 3, welches ein integriertes Modell darstellt. Das TAM 2 wurde um sechs Determinanten erganzt, die direkten Einfluss auf die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit nehmen. Das TAM 3 gilt als besonders umfangreich und eignet sich als umsetzbare Handlungsan- leitung. EinzentralesErgebnis der Arbeit ist die Erkenntnis, dass die Einflussfaktoren auf die wahrgenommene Nutzlichkeit und die wahrgenommene Benutzerfreundlich- keit unabhangig voneinander sind (Venkatesh & Bala, 2008).
Seit dem Beginn der Nutzung von Informationstechnologien hat sich eine Viel- zahl an Arbeiten mit deren Akzeptanz beschaftigt. Venkatesh, Morris, Davis und Davis (2003) analysierten acht bekannte Theorien und Modelle der Akzeptanzfor- schung im Bereich der Informationstechnologie. Sie verglichen diese empirisch und entwickelten basierend darauf ein vereinheitlichtes Modell. Untersucht wurden die Theorie des uberlegten Handelns, das TAM, das Motivationsmodell, die Theorie des geplanten Verhaltens, das Modell der PC Nutzung, die Diffusionstheorie und die so- zial-kognitive Theorie (Venkatesh et al., 2003). Die daraus resultierende Unified The- oryof Acceptance and Use in Technology (UTAUT) istin Abbildung 5 dargestellt.
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Abbildung 5. Unified Theory of Acceptance and Use in Technology (eigene Darstellung in Anlehnung an: Venkatesh et al., 2003, S. 447).
Akzeptanz wird dabei weiterhin als zweidimensionales Konstrukt betrachtet, welches sich aus der Verhaltensabsicht und der tatsachlichen Nutzung zusammensetzt. Die Autoren stellten fest, dass Leistungserwartung, Aufwandserwartung sowie der sozia- le Einfluss direkte Auswirkungen auf die Verhaltensabsicht von Nutzern haben. Unter Leistungserwartung verstehen Venkatesh et al. (2003) den Grad, zu dem Nutzer glauben, dass die Nutzung des Systems ihnen dabei hilft, ihre Arbeitsleistung zu steigern. Diese Variable hat den starksten Einfluss auf die Verhaltensabsicht. Auf- wandserwartung wird definiert als Grad der erwarteten Einfachheit, mit der ein System zu bedienen ist. Mit sozialem Einfluss beschreiben sie den Grad zu dem ein Nutzer glaubt, dass Menschen, deren Meinung ihm wichtig ist, die Nutzung des neu- en Systems fur sinnvoll halten. Unterstutzende Bedingungen schlieRlich sind als Grad zu verstehen, zu dem eine Person glaubt, dass eine organisatorische und technische Infrastruktur existiert, die sie bei der Nutzung des Systems unterstutzt. Verhaltensabsicht bedeutet in diesem Kontext, dass ein Nutzer die Absicht hat, eine technologische Entwicklung zu beruflichen Zwecken zu nutzen. Das tatsachliche Verhalten wird direkt von der Verhaltensabsicht, sowie den unterstutzenden Bedingungen beeinflusst. Diese Beziehungen werden zudem teilweise von den Variablen Geschlecht, Alter, Erfahrung und Freiwilligkeit der Nutzung moderiert (vgl. Abbildung 5). So werden z. B. die Aufwandserwartung und der soziale Einfluss mit zunehmen- der Erfahrung unbedeutender fur die Verhaltensabsicht. Die Einflusse der Variablen Computerselbstwirksamkeit, Angst vor dem Umgang mit dem Computer und Einstel- lung zur Techniknutzung auf die Verhaltensabsicht waren nicht signifikant. Daher wurden sie - entgegen alteren Modellen - nicht als direkte Einflussfaktoren auf die Einstellungsakzeptanz in die UTAUT aufgenommen. Die UTAUT ermoglicht eine verbesserte Vorhersage der Nutzerakzeptanz: Laut den Entwicklern kann dieses Modell zu 70% die Akzeptanz von Technologien vorhersagen (Venkatesh et al., 2003). Die UTAUT ist daher mittlerweile Standard in der wissenschaftlichen Ausei- nandersetzung mit der Akzeptanz von Informationstechnologien (Seel & Ifenthaler, 2009).
Neben dem TAM und der UTAUT gibt es zahlreiche weitere Modelle zur Ak- zeptanz von Informationstechnologien. Goodhue (1995) entwickelte das Task Technology Fit Model, welches die Einflussfaktoren auf die Einstellungsakzeptanz erklart. Ein Beispiel aus der deutschsprachigen Literatur ist das Akzeptanzmodell fur Wis- sensmedien von Simon (2001), welches speziell fur E-Learning konzipiert wurde. Die zentralen Groften dieses Modells sind der Anwender und der erwartete Nutzen aus dem Gebrauch des Programms. Da bei diesem Modell der erwartete Nutzen im Vor- dergrund steht, wird dieses, nach der Auseinandersetzung mit dem Nutzenkonzept, inKapitel 2.3.3 detailliert erlautert.Die in diesem Kapitel vorgestellten Modelle stellen demnach eine Auswahl dar, wobei die TAM-Modelle die Grundlage fur das Ver- standnis der UTAUT bilden. Aufgrund ihrer hohen empirischen Vorhersagekraft wird dieUTAUTderweiteren Auseinandersetzungzugrunde gelegt.
Um den Erfolg einer E-Learning-Anwendung zu erfassen, bedarf es u.a.der kontinu- ierlichen Bewertung der Akzeptanz durch die Nutzer. Fur die Evaluation verwendet werden konnen z.B. statistische Daten wie Anzahl und Dauer der Log-ins, Nut- zungshaufigkeit aus zeitlicher Sicht, Aufruf bestimmter Seiten, Anzahl an Kursanmel- dungen oder Ergebnisse aus abschlieftenden Tests. Haufig werden Funktionen zur Erhebung solcher Daten bereits von Herstellerseite aus im Rahmen des Lernsystems zur Verfugung gestellt. Neben diesen rein statistischen Messungen gibt es die Mog- lichkeit, ein direktes Nutzer-Feedback einzuholen. Viele Lernplattformen beinhalten entsprechende Felder, in die die Nutzer ihre Anmerkungen eintragen konnen. Kraemer und Sprenger (2002) empfehlen, in grofteren Abstanden Nutzerinterviews oder schriftliche Befragungen durchzufuhren. Auch Ehlers (2011) stellt mit Blick auf den derzeitigen Forschungsstand die Nutzerbefragung als geeignetes Instrument zur Erfassung der Erfolgs-und Akzeptanzfaktoren von E-Learning heraus.
Das TAM von Davis zeigt, dass der wahrgenommene Nutzen einen groften Einfluss auf die Akzeptanz von Informationstechnologien hat. Unter wahrgenommenem Nut- zen versteht er die Wahrscheinlichkeit der Steigerung der personlichen Arbeitsleis- tung (Davis, 1989). Auch Venkatesh et al. (2003) stellen in der UTAUT mit der Vari- ablen Leistungserwartung und den damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Arbeitsleistung einen Bezug zum wahrgenommenen Nutzen her. Aufgrund der Wichtigkeit des Nutzenkonzepts fur die Akzeptanzforschung wird der Begriff Nutzen im Kontext beruflicher Bildung in diesem Abschnitt zunachst definiert, im Anschluss daran wird auf die Moglichkeiten zur Erfassung von Nutzen eingegangen und ab- schlieftend auf das Zusammenspiel dieses Konzepts mit dem der Akzeptanz.
Der wirtschaftswissenschaftliche Nutzenbegriff stammt aus dem Bereich der Haus- halts- und Konsumtheorie (Hummelsheim & Timmermann, 2009). Im Bereich der be- ruflichen Bildung wird er haufig im Zusammenhang mit der Humankapitaltheorie er- wahnt (vgl. Hummelsheim & Timmermann, 2010). Diese besagt, dass die Teilnahme an Bildungs- oder Qualifizierungsmaftnahmen die Leistung der Teilnehmer steigert, was wiederum zu einer hoheren Arbeitsleistung fuhrt (Schultz, 1964). Folgt man der Humankapitaltheorie, so entscheiden sich Individuen zur Teilnahme an einer Bil- dungsmaftnahme, wenn sie daraus einen zukunftigen Nutzen erwarten, der die der- zeitigen Teilnahmekosten ubersteigt (Beicht, Krekel, & Walden, 2004).
Beicht et al. (2004) verstehen unter Nutzen den Grad der Bedurfnisbefriedi- gung, den eine Person durch den Gebrauch eines Gutes erzielen kann. Analog zu dieser Definition sehen sie den Nutzen beruflicher Bildung nicht nur in der Steigerung beruflicher Leistung, sondern auch in einem sicheren Arbeitsplatz, der Moglichkeit, soziale bzw. berufliche Kontakte zu knupfen, oder der personlichen Weiterentwick- lung. Eine rein monetare Betrachtungsweise des Nutzens beruflicher Bildung halten die Autoren fur unzureichend.
Timmermann (1997), der im Rahmen eines Vortrags des Bundesinstituts fur Bildung den Nutzen beruflicher Bildung aus der Sicht der Wissenschaft erlautert, macht deutlich, dass Bedurfnisse nur von Menschen empfunden und befriedigt wer- den konnen, was bedeutet, dass berufliche Bildung nur den teilnehmenden Perso- nen, also den Auszubildenden, Nutzen stiften kann. Betriebe hingegen konnen durch 29
Bildungsangebote Ertrage, aber keinen Nutzen generieren. Hummelsheim und Tim- mermann (2009) machen daruber hinaus deutlich, dass der Nutzen von Bildung auf subjektiver Wahrnehmung beruht, und somit unterschiedlich bewertet wird und nicht direkt beobachtbar ist. Timmermann (1997) unterscheidet zwei Arten des Nutzens beruflicher Bildung. Lernende konnen einerseits einen direkten, nicht-monetaren Nutzen generieren. Dies konnen z.B. die Freude am Lernen oder Synergieeffekte durch Gruppenlernen sein. Der Nutzen kann bereits wahrend der Teilnahme oder im Anschluss daran entstehen. Lernende konnen aber auch einen indirekten Nutzen aus der Teilnahme an einer BildungsmaRnahme erzielen. Dieser kann, muss aber nicht zwingend, monetarer Natur sein. Neben einem hoheren Gehalt konnen auch Bedurfnisse wie das Streben nach beruflichem Aufstieg oder einem hoheren Status befriedigt werden (Timmermann, 1997).
Der Nutzen von Medien wurde u.a. von Katz et al. (1974) sowie Simon (2001) definiert. Katz et al. untersuchen in ihrer Arbeit den Nutzen von Massenmedien, unter welchem sie, analog zu Beicht et al. (2004), die Bedurfnisbefriedigung von Individuen verstehen. Simon (2001) definiert speziell den Nutzen von Wissensmedien und zieht dazu in Anlehnung an Kambil, Ginsberg undBloch (1996) ebenfalls das Kriterium der Bedurfnisbefriedigung heran. Er weist zusatzlich darauf hin, dass sich der wahrge- nommene Nutzen um die Hohe der Nutzungskosten reduziert, welche sich nach Kaukal und Simon (1999) aus finanziellen Aufwendungen, Zeit und Anstrengungen ergeben.
Der vorliegenden Arbeit wird eine Definition von Nutzen zugrunde gelegt, die sich an den oben aufgefuhrten Begriffsbestimmungen orientiert. Demnach wird ELearning aus Sicht der Auszubildenden als nutzlich wahrgenommen, wenn dadurch Bedurfnisse nach einer Leistungssteigerung wahrend der Ausbildung befriedigt wer- den konnen. Dabei wird von einem direkten Nutzen gesprochen, der sich jedoch langfristig auch zu einem indirekten Nutzen entwickeln kann. Der wahrgenommene Nutzen beruht auf der subjektiven Einschatzung der Auszubildenden. Diese Definition entspricht der Bedeutung der Variablen Leistungserwartung in der UTAUT von Venkatesh et al. (2003).
Die Messung des Nutzens beruflicher BildungsmaRnahmen ist nicht unproblema- tisch, da eine direkte Beobachtung nicht moglich ist (Beicht et al., 2004; Hummelsheim & Timmermann, 2009). Beicht et al. sehen dennoch zwei Moglichkei- ten, um den Nutzen von Aus- und Weiterbildungsmaftnahmen zu ermitteln. Die erste Option besteht in der Erhebung bestimmter, objektiver Indikatoren. Um aussagekraf- tige Ergebnisse zu erhalten, bedarf es hierbei einer mehrmaligen Befragung der Teil- nehmer zu verschiedenen Zeitpunkten (Beicht et al., 2004). Behringer (1999) unter- suchte auf diese Weise den Nutzen einer Weiterbildungsmaftnahme und wertete da- bei die Veranderung bestimmter Merkmale aus, wie z.B. Verdienst oder Position von Weiterbildungsteilnehmern im Unternehmen. Eine zweite Moglichkeit besteht Beicht et al. zufolge in der Erfassung der direkten Bewertung durch die Nutzer. Die Auswer- tung der subjektiven Einschatzung der Teilnehmer einer Bildungsmaftnahme bietet den Vorteil, dass die Ergebnisse, im Gegensatz zur Erfassung mittels objektiver Indi- katoren, relativ schnell vorliegen und ausgewertet werden konnen (Beicht et al., 2004).
Im Bereich der Aus- und Weiterbildung wird von Unternehmen haufig die Kos- ten-Nutzen-Analyse angewandt, um die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Maft- nahmen zu erfassen (Schlicht, 2012). Dieser Bewertungsansatz ist fur die vorliegen- de Arbeit jedoch von geringerer Relevanz, da hier Nutzen und Nutzenbewertung aus Sicht der Auszubildenden im Mittelpunkt stehen und nicht die Kosten einer Bil- dungsmaftnahme bzw. deren Nutzen fur das Unternehmen. Aus diesem Grund wird im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit auch stets von einem fur die Lernenden wahrnehmbaren Nutzen gesprochen wird.
Ein Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Nutzen wurde bereits bei der Darstel- lung der Akzeptanzmodelle deutlich (vgl. Kapitel 2.2.2). Wahrend diese Modelle meh- rere Einflussfaktoren auf die Akzeptanz untersuchen, stellt Simon (2001) in seinem Akzeptanzmodell fur Wissensmedien den Lernenden und dessen Nutzenerwartung in den Vordergrund. Er betrachtet Akzeptanz als Ergebnis eines Entscheidungspro- zesses, welcher sich aus der Einstellungs- und der Nutzungsphase zusammensetzt. Dabei entscheidet sich ein Anwender wahrend der Einstellungsphase zum Ge- brauch, wenn dadurch personliche Bedurfnisse befriedigt werden konnen, also ein Nutzen generiert wird. Im Kontext beruflicher Bildung versteht Simon unter Nutzen, dass der Anwender durch den Gebrauch Unterstutzung bei der Erfullung organisati- onsspezifischer Aufgaben unter Berucksichtigung seiner personlichen Kenntnisse und Fahigkeiten erfahrt. Der erwartete Nutzen ist mit der Einstellungsakzeptanz gleichzusetzen. Folgt der Einstellungsphase eine Nutzungsphase, liegt laut Simon eine positive Einstellungsakzeptanz vor (Simon, 2001). Diese Erkenntnis steht in Wi- derspruch mit den Ergebnissen von Muller-Boling und Muller (1986), wonach es auch moglich ist, dass eine Person ein Informationssystem nutzt, also uber Verhaltensak- zeptanz verfugt, obwohl sie das System auf der Einstellungsebene ablehnt, bzw. dass umgekehrt einer Einstellungsakzeptanz keine Nutzung folgt.
Ebenso argumentieren Katz et al. (1974) im Uses-and-Gratifications-Ansatz. Dieser Ansatz befasst sich mit den Motiven zur Nutzung von Massenmedien, zu wel- chen heute auch das Internet zahlt (Katz et al., 1974; Seel & Ifenthaler, 2009). Nach dem Uses-and-Gratifications-Ansatz entscheiden sich Personen bewusst fur diejeni- gen Medien, die ihre Erwartungen und Bedurfnissen am ehesten erfullen. Die Medi- ennutzung beruht auf sozialen und individuellen Bedurfnissen, aus denen sich be- stimmte Erwartungen an ein Medium ergeben. Diese Erwartungen drucken sich in unterschiedlichen Mustern der Mediennutzung aus, welche entweder zur Bedurfnis- befriedigung oder zu anderen, eherungewollten Ergebnissenfuhren.Dem Uses-and- Gratifications-Ansatz liegen folgende Annahmen zugrunde: das Publikum wird als Gruppe aktiver Nutzer mit bestimmten Erwartungen an das Medium gesehen; das Publikum entscheidet meist selbst, welche Medien zur Bedurfnisbefriedigung genutzt werden, und nimmt somit eine zentrale Stellung ein; Medien konkurrieren mit ande- ren Alternativen zur Bedurfnisbefriedigung; viele Fragestellungen der Medienfor- schung konnen mit Hilfe von Informationen untersucht werden, die von den Nutzern selbst stammen, z. B. die Motive und Interessen, die der Nutzung zugrunde liegen; Werturteile uber die kulturelle Bedeutung von Medien bleiben unberucksichtigt, da die Motive der Nutzer anhand ihres personlichen Verstandnisses untersucht werden (Katz et al., 1974). GemaR dem Uses-and-Gratifications-Ansatz hat eine Person also zunachst Erwartungen an die Mediennutzung. Diese Erwartungen beruhen auf einer Wahrscheinlichkeitseinschatzung daruber, ob ein ausgewahltes Medium erwunschte Eigenschaften besitzt, und ob dessen Nutzung bestimmte, erwunschte Folgen erwar- ten lasst. Ruckblickend erfolgt dann eine Bewertung der Mediennutzung, welche sich aus demMaR der Zufriedenheit ergibt(Seel & Ifenthaler, 2009).
Sowohl das Akzeptanzmodell fur Wissensmedien als auch der Uses-and- Gratifications-Ansatz vernachlassigen weitere Einflussfaktoren auf das Nutzungsver- halten. Sie verdeutlichen aber den Zusammenhang zwischen Nutzen und Akzeptanz und helfen bei der Auswahl geeigneter Items fur die empirische Untersuchung des wahrgenommenen Nutzens von E-Learning-Angeboten, die im zweiten Teil dieser Arbeit erfolgt.
In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Studien, die sich mit der Frage auseinan- dersetzen, warum Individuen neue Informationstechnologien akzeptieren. Haufig un- terscheiden sich die Studien hinsichtlich des zugrunde liegenden Akzeptanzmodells, der Zielgruppe und der E-Learning-Technologie (Sumak, Hericko, & Pusnik, 2011). Im Folgenden werden drei Studien vorgestellt, denen, analog zu der vorliegenden Arbeit, die UTAUT nach Venkatesh et al.(2003)zugrundeliegt.
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1 LEARNTEC: Internationale Fachmesse und Kongress fur IT-gestutztes Lernen in der Messe Karlsruhe (Quelle: http://www.learntec.de/de/home/homepage.jsp, abgerufen am 15.04.2016).
2 Die Cognos AG ist laut eigener Aussage eine der groBen privaten und unabhangigen Bildungsgrup- pen in Deutschland. (Quelle: http://www.cognos-ag.de/cognos/index.php, abgerufen am 07.04.2016).
3 Das ASTD wurde zwischenzeitlich in Association for Talent Development umbenannt und ist laut eigenen Angaben die weltweit groBte Organisation fur die Talentforderung in Unternehmen (Quelle: https://www.td.org/, abgerufen am 15.04.2016).
4 Das MASIE Center ist ein Bildungszentrum, das sich mit der Kombination von Lernen und Technolo gie beschaftigt (Quelle: http://masie.com/, abgerufen am 15.04.2016).
5 Um den Lesefluss zu erleichtern, wird im Folgenden auf die Nennung beider Geschlechtsformen verzichtet. Es wird lediglich die mannliche Form verwendet. Gemeint sind jeweils beide Geschlech- ter.