Bachelorarbeit, 2017
40 Seiten, Note: 1,7
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Aktuelle Beweggründe für die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung
2.1 Rechtsform des Idealvereins nach § 21 als historische Basis des deutschen Profifußballs
2.1.1 Abgrenzung zwischen nicht wirtschaftlichen Verein und wirtschaftlichen Verein
2.1.2 Das Nebenzweckprivileg
2.1.3 Die Konsequenzen der Vereinsklassifizierung
2.2 Voranschreitende Kommerzialisierung im Profifußball
3. Rechtsformen im deutschen Profifußball
3.1 Aktiengesellschaft
3.2 Gesellschaft mit beschränkter Haftung
3.3 GmbH & Co. KGaA
4. Lizenzierungsverfahren des Deutschen Fußball Bundes
5. Chancen der Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung
5.1 Kapitalbeschaffung durch neue Finanzierungsmöglichkeiten
5.2. Professionalisierung der Geschäftsführung
5.3 Schutz des Stammvereins vor Insolvenz
6. Risiken der Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung
6.1 Erhöhte Kosten
6.2 Machtmissbrauch durch Investoren
6.3 Explizite Risiken beim Börsengang
7. Vergleichende Entwicklungsanalyse der Ausgliederung anhand der Modelle von Borussia Dortmund und FC Bayern München
7.1 Methodik
7.2 Vergleich Borussia Dortmund und FC Bayern München
7.3 Sportliche Analyse
7.4 Wirtschaftliche Analyse
7.5 Bewertung
8. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbauschema eines Fußballunternehmens als GmbH & Co. KGaA
Abbildung 2: Rechtsformen der Bundesligisten Saison 2016/2017 (Eigene Abbildung)
Abbildung 3: Konzernstruktur Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
Abbildung 4: Bundesligaplatzierungen seit der Ausgliederung auf eine Kapitalgesellschaft (Eigene Abbildung)
Abbildung 5: Umsätze der Fußballkonzerne seit der Saison 2001/2002 (Eigene Abbildung)
Abbildung 6: Konzernfehlbetrag bzw. -überschuss seit der Saison 2001/2002 (Eigene Abbildung)
Tabelle 1: Sportliche Erfolge seit der Saison 2001/2002 bis 2015/2016 (Eigene Abbildung)
Seit Jahrzehnten bezeichnet der Volksmund den Fußball als „die schönste Nebensache der Welt“. Der Profifußball erfährt seit geraumer Zeit einen unaufhaltsamen Strukturwandel und einen wirtschaftlichen Aufschwung. Umsätze, Spielergehälter sowie Ablösesummen auf dem internationalen Markt steigen immer mehr an und eine Umkehrung dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Profiklubs zu sichern, haben viele dieser mit Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung auf Fußballkapitalgesellschaften reagiert. Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat im Jahr 1998 die bis dahin bestehenden verbandsrechtlichen Hindernisse beseitigt und neben Vereinen auch Kapitalgesellschaften als Träger der Lizenzspielerabteilung die Teilnahme an den Lizenzligen erlaubt. Eine Umwandlung bietet die Möglichkeit neues Eigenkapital am Kapitalmarkt zu generieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Von dieser Möglichkeit haben bis heute viele Vereine Gebrauch gemacht. Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es diesen Trend anhand der Entwicklung von Borussia Dortmund und FC Bayern München zu untersuchen. Die Forschungsfragen, welche anhand der Analyse dieser Fallbeispiele beantwortet wird, sind folgende: Welche Auswirkungen haben sich nach der Ausgliederung der Lizenzspielabteilung für diese beiden Vereine ergeben? Und welche Schlüsse kann man aus diesen Ergebnissen auf die Notwendigkeit der Umstrukturierung der verbliebenen gemeinnützigen Vereine im deutschen Profifußball ziehen?
Um diese Forschungsfragen beantworten zu können, werden im zweiten Kapitel zunächst die entstandenen Beweggründe im Profifußball für die Umstrukturierung vieler Bundesligavereine hin zum ausgegliederten Profikader betrachtet. Eingegangen wird auf das Problem der zweifelhaften Rechtsfähigkeit der Profivereine als gemeinnützig geführte Vereine und der Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund der voranschreitenden Kommerzialisierung im Fußballgeschäft. Im nächsten Kapitel befasst sich die Ausarbeitung mit der Definition der gelebten Rechtsformen der Bundesligisten. Anschließend werden in Kapitel 5 und Kapitel 6 die Chancen und Risiken der Ausgliederung der Lizenzspielabteilungen in Form eines Fußballunternehmens herausgearbeitet. In Kapitel 7 wird eine sportliche und wirtschaftliche Entwicklungsanalyse am Vergleich von zwei unterschiedlichen Modellen der Ausgliederung der Lizenzspielabteilung durchgeführt. Es werden die Entwicklungen der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA und der FC Bayern München AG auf den sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg nach dem Ausgliederungsprozess analysiert. Im abschließenden Fazit werden aufgrund der erarbeiteten Ergebnisse die Forschungsfragen kritisch beantwortet.
Um zu verstehen warum immer mehr Vereine ihre Lizenzspielkader in Fußballunternehmen ausgliedern, müssen die Veränderungen im Profifußball der letzten Jahrzehnte und die dadurch neu entstandenen Anforderungen an die Vereinsführungen herausgearbeitet werden. In den Kapiteln 2.1 und 2.2 folgt eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation rund um die Vereinsstrukturen im Profifußball und die Auseinandersetzung mit den entstandenen Beweggründen für die Gründung selbständiger Kapitalgesellschaften als Träger der Lizenzspielerabteilung. Die Gründe für den Umstrukturierungsprozess sind zum einen die Reaktion auf die Problematik mit den rechtlichen Anforderungen an einen nichtwirtschaftlichen Verein nach § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese wird in Kapitel 2.1 intensiv behandelt, um den Ausgangspunkt der Problematik zu veranschaulichen. Zum anderen bringen das große Wachstum der globalen Fußballbranche und die zunehmende Kommerzialisierung neue Herausforderungen mit sich, welche in Kapitel 2.2 näher erörtert werden.
Die Sportvereine als eingetragene Vereine blicken in Deutschland auf eine lange Tradition zurück und haben einen großen gesellschaftlichen Stellenwert.1 Per Definition sind eingetragene Vereine (e.V.) ein „auf Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss von Personen, die einem gemeinsamen Zweck verfolgen“.2 Aufgrund der gemeinnützigen Tätigkeiten der Sportvereine, werden sie in der Regel nach § 21 BGB als nicht wirtschaftliche Vereine eingestuft und unterliegen den Bestimmungen des Vereinsrechts.3 Insbesondere wird auf die vereinsrechtlichen Rahmbedingungen in Kapitel 2.1.1 eingegangen. Im Jahr 2016 gab es laut einer Erhebung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) rund 90.000 Sportvereine mit insgesamt ca. 27 Mio. Mitgliedern. Der DFB ist der mitgliederstärkste Verband mit knapp 7 Mio. Mitgliedern.4 Diese hohe Anzahl an Fußballvereinen ist der Ursprung des gewachsenen Profigeschäfts in Deutschland. Das Herausarbeiten der ursprünglichen Vereinsstrukturen und das Aufzeigen der unterschiedlichen Rahmenbedingungen im Breitensport und im Profifußball sind elementar für die Bearbeitung der Fragestellungen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch differenziert zwischen den nicht wirtschaftlichen Vereinen nach § 21 BGB, auch Idealvereinen genannt und den wirtschaftlichen Vereinen nach § 22 BGB.5 Diese beiden Vereinsformen erlangen ihre Rechtsfähigkeit durch verschiedene Voraussetzungen. Nur der Idealverein nach § 21 erlangt seine Rechtsfähigkeit durch Eintragung ins Vereinsregister, infolgedessen er zum eingetragenen Verein wird.6 Seine Rechtsfähigkeit erlangt der nicht wirtschaftliche Verein nach § 22 BGB durch staatliche Verleihung nach dem Konzessionssystem.7 Als Abgrenzungsmerkmal dient der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, demnach ist ein nicht wirtschaftlicher Verein im Gegensatz zu einem wirtschaftlichen Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ge- richtet.8 Im Zweifel ist bei der Entscheidung über die Klassifizierung nicht der in der Satzung formulierte, sondern der tatsächlich verfolgte Vereinszweck ausschlaggebend.9 Auf den ersten Blick erscheint diese Abgrenzung einfach, doch sie gehört zu den umstrittensten Fragen des Vereinsrechts. Besonders bei der Klassifizierung der heutigen Vereine der 1. und 2. Bundesliga in die Vereinsformen nach §§ 21 und 22 BGB gibt es verschiedene wissenschaftliche Theorien.10 Inzwischen hat sich in der Wissenschaft die teleologisch-typologische Abgrenzungsmethode nach Karsten Schmidt durchgesetzt, welche bei der Vereinsklassenabgrenzung vor allem auf den Gläubigerschutz abzielt. Im Vereinsrecht sind keine Vorschriften zum Gläubigerschutz wie Bilanzierungs- und Publizitätspflichten verankert, deshalb sollen Vereine mit wirtschaftlichen Zielen nach den Gesellschaftsformen des Handelsrechts behandelt werden.11 Nach der teleologisch-typologischen Abgrenzungsmethode gliedern sich wirtschaftliche Vereine nach § 22 BGB in drei Vereinstypen mit verschiedenen Merkmalen: den Volltypus des unternehmerisch tätigen Vereins12, den Verein mit unternehmerischer Betätigung an einem inneren Markt13 und den Vereinstyp der genossenschaftlichen Kooperation14. Die Vereine der 1. und 2. Bundesliga gehören nach dieser Betrachtung zum Volltypus des unternehmerisch tätigen Vereins, weil sie an äußeren Märkten aktiv sind, indem sie Fernsehübertragungsrechte vermarkten, Merchandisingartikel vertreiben sowie Spieler auf der Transfermarkt verpflichten. Die reinen Bundesligavereine dürften potentiell zu den wirtschaftlichen und somit eintragungsunfähigen Vereinen im Sinne des § 22 BGB zählen.15 Denn diese generieren durch die steigende Beliebtheit und die stärkere Vermarktung Umsätze und Gewinne, die mit denen eines mittelständischen Unternehmens gleichzusetzen sind. Aus der Diskrepanz zwischen den Umsätzen und Gewinnen der Fußballvereine in Millionenhöhe und der Rechtsform als nicht wirtschaftlicher Verein ergibt sich die berechtigte Frage: Wie können die Vereine der beiden Bundesligen mit den augenscheinlichen wirtschaftlichen Absichten eines Kapitalunternehmens bis heute den Titel des nicht wirtschaftlichen Vereins tragen?
Die Bundesligavereine werden dem Volltypus eines wirtschaftlichen Vereins zugeordnet, aber diese Einordnung muss nicht in jedem Fall dazu führen, dass deren Eintragungsfähigkeit nach § 21 BGB und die damit einhergehende Rechtsform des eingetragenen Vereins aberkannt wird. Bei der Klassifizierung dient das Nebenzweckprivileg als „elastisches Kriterium“ für die Vermeidung eines „unverhältnismäßigen Rigorismus“.16 Das Nebenzweckprivileg beschreibt die Rechtslage, dass ein Verein trotz wirtschaftlicher Tätigkeit als nichtwirtschaftlicher Verein im Vereinsregister eingetragen werden kann, falls die wirtschaftliche Tätigkeit einem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck unterliegt.17 Ob ein Bundesligaverein als Verein nicht wirtschaftlicher Natur eingeordnet wird, wird anhand der tatsächlichen Betätigung des Vereins und nicht nach dem satzungsmäßigen Zweck festgestellt.18 Demnach ist bei der Betrachtung darauf zu achten, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Vereins lediglich den ideellen Hauptzweck fördert, indem er die erforderlichen Mittel für diesen beschafft. Bei Fußballvereinen der beiden Bundesligen ist eine funktional untergeordnete, wirtschaftliche Tätigkeit nicht mehr gegeben. Im Mittelpunkt des Vereinsinteresses steht die Lizenzspielermannschaft, welche den Großteil des Umsatzes ausmacht.19 Das Vereinsleben ist stark auf die Lizenzspielerabteilung ausgerichtet und die restlichen Tätigkeiten des Vereins sind Randerscheinungen.20 Das Nebenzweckprivileg genießt sowohl in der Rechtspraxis als auch in der wissenschaftlichen Diskussion weitgehende Anerkennung, umstritten ist aber dessen Ausmaß als elastisches Kriterium.21 Trotz der teilweise zweifelhaften Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Vereinsklassifizierung nach §§ 21 und 22 BGB, werden bis heute alle Vereine der 1. und 2. Bundesliga als Idealvereine eingeordnet.
Ein Bundesligist kann aufgrund seiner offensichtlich nicht untergeordneten wirtschaftlichen Betätigung und dem marktorientierten Verhalten nicht mehr als Idealverein gelten. Diese Auffassung wird bestärkt durch die gewachsenen wirtschaftlichen Dimensionen mit Umsätzen in Millionenhöhe und dem hohen Professionalisierungsgrad der Fußball- klubs.22 Nach § 43 II BGB kann einem Idealverein die Rechtsfähigkeit von den Verwaltungsbehörden entzogen werden, wenn er einen entgegen seiner Satzung wirtschaftlichen Zweck verfolgt.23 Die Rechtsfähigkeit von Vereinen, die seit der Gründung einen nicht unter das Nebenzweckprivileg fallenden wirtschaftlichen Zweck verfolgen und solche, bei denen sich die wirtschaftliche Betätigung vom untergeordneten zum übergeordneten Zweck entwickelt hat, sind vom Entzug der Rechtfähigkeit bedroht. In der Rechtspraxis wird der § 43 II BGB für die Vereine im deutschen Profifußball als Ermessensvorschrift ausgelegt. Nach Ermessen der Verwaltungsbehörden nehmen diese aus „sportpolitischen Gründen“ Abstand von einem möglichen Entzug der Rechtsfähigkeit.24 Die Behörden sind bisher noch nicht hinsichtlich einer Prüfung der Rechtsfähigkeit auf die Bundesligavereine zugegangen und damit ist in Zukunft wahrscheinlich nicht zu rech- nen.25
Die eindeutige Klassifizierung der Bundesligavereine in eine Vereinsform nach § 21 BGB oder § 22 BGB und die damit einhergehende Rechtsformverfehlung ist eine der umstrittensten Rechtsfragen im Vereinsrecht. Aus juristischer Sicht wird den Bundesligavereinen eine „Rechtsformverfehlung“ attestiert, aber in der Praxis wird von den zuständigen Verwaltungsbehörden nichts unternommen.26 Daher ist der drohende Entzug der Rechtsfähigkeit momentan kein akutes Argument für eine Ausgliederung der Lizenz- spielerabteilung.27 Die Aufarbeitung der historischen Basis der ursprünglichen Vereinsstruktur der Bundesligavereine und die attestierte Rechtsformverfehlung sind dennoch wichtig für die weiteren Kapitel dieser wissenschaftlichen Arbeit.
Für die Bundesligasaison 2015/2016 hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) in ihrem DFLreport eine erstmalige Durchbrechung der Umsatzschwelle von drei Milliarden Euro veröffentlicht. Mit dem kumulierten Erlös von 3,24 Mrd. EUR hat die Bundesliga im zwölften aufeinander folgenden Jahr einen Umsatzrekord verzeichnet.28 Diese genierten Zahlen sind Indiz für die vorangeschrittene Kommerzialisierung des deutschen Lizenzfußballs. Die Kommerzialisierung ist die ökonomische Komponente des Fußballsports. Unter diesem Begriff versteht man die nach erwerbswirtschaftlichen Prinzip erfolgte voranschreitende Vermarktung von sportbezogenen Leistungen, welche nur in einem marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaftssystem realisiert werden können. Oft wird im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung von einem Prozess gesprochen, indem der Markt als Austausch- und Regulationsmechanismus zwischen Sport und Wirtschaft eine immer größere Rolle einnimmt.29 Die Kommerzialisierung steht in enger Verbindung zu der Me- dialisierung, der Internationalisierung und der wachsenden Inszenierung des Fußballgeschäfts. Einen großen Beitrag zur Kommerzialisierung leisten die stark gestiegenen Einnahmen durch die Fernsehvermarktungsrechte der Bundesliga im In- und Ausland.30 Wie viel Wachstum und Geld hinter der Vermarktung der Bundesliga stehen, kann man anhand des Verkaufs der Fernsehvermarktungsrechte ab Sommer 2017 feststellen. Gemäß dem neuen Vertrag erhält die DFL rund 1,16 Mrd. EUR pro Saison, dies ist ein Plus von 85 Prozent zu den vorherigen Einnahmen.31 Im Kommerzialisierungsprozess genießen die monetären Aspekte immer größerer Bedeutung, sodass das Tagesgeschäft der Fußballklubs an die Anforderungen und Interessen der Sponsoren, Massenmedien und anderen Einflussgruppen mit wirtschaftlichen Absichten angepasst wird.32 Die ausgeweiteten Anstoßzeiten zugunsten einer lukrativeren Vermarktung oder die viel diskutierten Marketing-Reisen der Bundesligisten während der Saisonvorbereitungen sind nur zwei Beispiele für die Anpassung des Tagesgeschäfts an die wirtschaftlichen Ziele.33
Aufgrund der über Jahrzehnte gewachsene Faszination für den Fußballsport, ist die Kommerzialisierung des deutschen Profifußball deutlich von Vereinen, Verbänden und den Medien vorangetrieben wurden. Umsatzrekorde der Bundesligisten und immer höher dotierte TV-Verträge sind Kennzeichnen für den Prozess. Dieser Entwicklung können sich die Vereine der 1. und 2. Bundesliga nur schwer entziehen, ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler und internationaler Ebene einzubüßen.34 Es werden durch das ausgeprägte Merchandising, die TV-Vermarktung und diverse Werbevertrage sehr hohe Einnahmen generiert, welche in den sportlichen Erfolg reinvestiert werden. Der Profifußball und die entstandene Medienlandschaft sind zu einer untrennbaren Einheit geworden, denn beide ziehen große Synergieeffekte aus dieser Einheit.35 Deswegen ist die stetig zunehmende Kommerzialisierung unter dem Aspekt der Sicherung der sportlichen und wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit als Beweggrund für die Ausgliederungen der Lizenzspielerabteilungen festzuhalten.
In der abgelaufenen Spielzeit 2016/2017 hatten 16 der 36 Teilnehmer der 1. und 2. Bundesliga ihre Profimannschaft in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert. In der 2. Bundesliga sind 12 Teams in einem klassischen Verein organisiert und in der 1. Bundesliga vertrauen lediglich vier Vereine alleine auf ihre Vereinsstruktur. Im Oberhaus des deutschen Fußballs werden die Lizenzspielerabteilungen bei SV Darmstadt 98, FSV Mainz 05, SC Freiburg und FC Schalke 04 noch allein von den eingetragenen Vereinen geführt, ohne ein neu gegründetes Fußballunternehmen.36 Im deutschen Profifußball werden für die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung folgende drei Rechtsformen gewählt: die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einer Kapitalgesellschaft als Komplementär.
Die Aktiengesellschaft (AG) ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und wird der Gattung der juristischen Personen zugeordnet. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften die Gläubiger nur mit dem Gesellschaftsvermögen, gemäß § 1 Aktiengesetz (AktG). Eine Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, für die das Grundkapital von mindestens 50.000 Euro durch viele verschiedene Kapitalgeber geleistet kann. Die Organe einer AG setzen sich aus der Hauptversammlung, dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zusammen.37 Einmal im Jahr wählen die stimmberechtigen Aktionäre auf der Hauptversammlung den Aufsichtsrat, welcher den geschäftsführenden Vorstand bestellt und kontrolliert.38 Der Börsengang oder auch Going Public beschreibt die „erstmalige Veräußerung von Aktien als verbriefte Anteile an externe Kapitalgeber auf organisierten Finanzmärkten“.39 Der Handel mit Anteilen des Unternehmens und der Börsengang sind die Möglichkeiten einer AG neues Eigenkapital zu beschaffen. Des Weiteren unterliegen die Aktiengesellschaften handelsrechtlichen Vorschriften durch die International Financial Reporting Standards, das Handelsgesetzbuch und das Aktiengesetz bezüglich Rechnungslegung, Publizitätsvorschriften und der Gewinnverwendung. Die Aktionäre erlangen mit dem Anteilserwerb verschiedene Verwaltungs- und Vermögensrechte, z.B. Teilnahme-, Auskunfts-, sowie Stimmrecht bei Hauptversammlungen, Anfechtungsanspruch gegenüber Beschlüssen, Dividendenanspruch etc.40
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist ebenfalls eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und fällt ebenso unter die Gattung der juristischen Personen. Das wichtigste Merkmal der GmbH ist, dass die Gesellschafter nicht mit ihrem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden können. Zur Gründung der GmbH ist das Erbringen eines Stammkapitals in Höhe von mindestens 25.000 Euro durch die Gesellschafter nötig.41 Die GmbH an sich haftet für Ihre Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Geschäftsvermögen, wobei der einzelne Gesellschafter nur mit seinem erbrachten Geschäftsanteil haftet (beschränkte Haftung).42 Die Geschäftsführung, die Gesellschafterversammlung und ein optionaler Aufsichtsrat bilden die Organe dieser Rechtsform. Im Gegensatz zu der AG sind die Anteile der GmbH nur eingeschränkt veräußerlich und nicht handelbar. Die Generierung von Eigenkapital wird durch die Einbehaltung von Jahresüberschüssen, die Einlagenerhöhung der bestehenden Mitinhaber oder durch die Aufnahme neuer Gesellschafter erreicht. Auch die GmbH unterliegt handelsrechtlichen Vorschriften für Kapitalgesellschaften in Bezug auf Rechnungslegung und Publizitäts- pflichten.43
Die Gesellschaftsform der GmbH & Co. KGaA basiert auf der Kommanditgesellschaft (KG) als Personengesellschaft mit zwei unterschiedlichen Arten eines Gesellschafters. Zum einen ist es der Komplementär, der sowohl zu Außenvertretung als auch zur Geschäftsführung bemächtigt ist und unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haftet. Zum anderen haftet der Kommanditist nur mit der Höhe seiner Kapitalbeteiligung und hat dementsprechend nicht die Kompetenzen eines Komplementärs. Die GmbH & Co. KGaA hat zwei besondere Merkmale, welche diese Gesellschaftsform von der KG abhebt und interessant für Fußballunternehmen sind. Dem Verein ist eine Kapitalgesellschaft in Form einer GmbH, die unbeschränkt mit ihrem Stammkapital haftet, als geschäftsführender Komplementär zwischengeschaltet.44 Diese zwischengeschaltete Tochter-GmbH des Vereins dient als geschäftsführender und persönlich haftender Komplementär. Somit ist die Absicherung des Muttervereins durch die Haftungsbeschränkung der GmbH sichergestellt.45 Zudem können die Kommanditanteile auch als Aktien verbrieft werden. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien entspricht also einer Mischform aus einer Kommandit- und einer Aktiengesellschaft.46 Folglich steht den Fußballunternehmen mit dieser Gesellschaftsform eine alternative Form der Eigenkapitalbeschaffung offen, indem sie die Kommanditanteile an der Börse handeln.47 48 Durch die Trennung zwischen Komplementär- und Kommanditrechten steht den potentiellen Kommanditaktionären keine wirkungsvolle Kontrolle der Führungsebene der KGaA zu. Das Schema in Abbildung 1 zeigt ein Fußballunternehmen in der Gesellschaftsform einer GmbH & Co. KGaA.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbauschema eines Fußballunternehmens als GmbH & Co. KGaA48
Der Deutsche Fußball Bund hat durch eine Reform seiner Regularien auf dem 36. Bundestag am 24. Oktober 1998 die verbandsrechtlichen Vorgaben für eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen auf eigenständige Kapitalgesellschaften geschaffen. In der Satzungsänderung wird festgehalten, dass nicht nur eingetragene Vereine, sondern auch Kapitalgesellschaften unter Einhaltung spezieller Auflagen als Lizenznehmer zur Teilnahme am Spielbetrieb der 1. und 2. Bundesliga zugelassen sind. So ebnete der DFB den Bundesligavereinen den Weg, ihre Lizenzspielabteilungen auf eine bereits bestehende oder auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft auszugliedern.49 Diese Satzungsänderung ist die notwendige Reaktion auf die veränderten wirtschaftlichen Strukturen im deutschen Profifußball gewesen. Von dieser Möglichkeit haben seit Änderung der Statuten 14 Vereine der abgelaufenen Bundesliga Saison 2016/2017 Gebrauch gemacht. In der nachtfolgenden Tabelle sind die Fußballklubs mit ihren unterschiedlichen Rechtsformen aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Rechtsformen der Bundesligisten Saison 2016/2017 (Eigene Abbildung)50 Beim Ausgliederungsprozess der Lizenzspielerabteilung eines Idealvereins auf eine der beschriebenen Formen der Kapitalgesellschaften müssen rechtliche Rahmenbedingungen durch die Lizenzierungsordnung eingehalten werden. Denn mit der Satzungsänderung ist ausdrücklich nicht beabsichtigt, dass eine Entfernung von der Basis des Fußballsports in Deutschland stattfindet. Die Fußballklubs sollen weiterhin nur von eingetragenen Sportvereinen betrieben werden. Diese Rahmenbedingungen sollen bewirken, dass die Beteiligungsmöglichkeiten und eine resultierende Fremdbestimmung durch externe Investoren beschränkt sind.51 Die in § 16c II der DFB-Satzung verankerte 50+1 Regel ist die wohl wichtigste Einschränkung für potenzielle Fußballunternehmen. Die Satzung besagt, dass Kapitalgesellschaften nur durch eine mehrheitliche Beteiligung des Vereins („Mutterverein“) an ihr eine Lizenz für die Lizenzligen erhalten.52
„Der Mutterverein ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Kapitalgesellschaft“), wenn er über 50 Prozent der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien muss der Mutterverein oder eine von ihm zu 100 Prozent beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben. In diesem Fall genügt ein Stimmenanteil des Muttervereins von weniger als 50 Prozent, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass er eine vergleichbare Stellung hat, wie ein an der Tochtergesellschaft mehrheitlich beteiligter Gesellschafter. Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Komplementär die kraft Gesetzes eingeräumte Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis uneingeschränkt zusteht.“ 53
Dem Idealverein wird durch die von der Satzung auferlegte Stimmenmehrheit in der Kapitalgesellschaft ein beherrschender Einfluss gesichert. Diese beschränkte Möglichkeit der Beteiligung an Fußballklubs durch externe Investoren unterscheidet den Profifußball in Deutschland von anderen europäischen Ländern.54
Eine Vielzahl von Chancen bietet die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung auf eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einer GmbH als Komplementär. Da für die spätere Entwicklungsanalyse anhand der zwei Beispiele nur diese Rechtsformen von Bedeutung sind, beschränkt sich die Betrachtung der Chancen auf die AG und GmbH & Co. KGaA. Dementsprechend finden die Vorteile, welche für eine explizite Umstrukturierung in eine GmbH stehen, keine Berücksichtigung in der folgenden Arbeit. Die wichtigsten Chancen sind die Kapitalbeschaffung durch neue Finanzierungsmöglichkeiten, die Professionalisierung der Geschäftsführung und der Schutz des Stammvereins vor einer drohenden Insolvenz, welche nun ausführlich beleuchtet werden.
[...]
1 Vgl. Marscke (2015), https://www.goethe.de/de/kul/mol/20575864.html.
2 Zitiert aus: Säcker (2001), S. 485.
3 Vgl. Dworak (2010), S. 53.
4 Vgl. Deutscher Olympischer Sportbund (2016), S.1ff.
5 Vgl. Boemke/Ulrici (2014), §§ 21, 22. oder BGB §§ 21, 22.
6 Vgl. Jahn (2009), S. 8.
7 Vgl. Weber (2012), S. 10.
8 Vgl. Huwer (2014), S. 18.
9 Vgl. ebd., S. 19.
10 Vgl. ebd., S. 21.
11 Vgl. Segna (1997), S. 6 ff.
12 Erkennbar an einem dauerhaften und planmäßigen Anbieten einer entgeltlichen Leistung an einem äußeren Markt; vgl. Schmidt (1982), S. 16.
13 Identifizierbar durch das dauerhafte und planmäßige Angebot einer entgeltlichen Leistung an Mitglieder auf einem inneren Markt; vgl. Schmidt (1982), S. 17.
14 Die Aktivität einer genossenschaftlichen Kooperation drück sich in der gänzlichen oder partiellen Auslagerung der wirtschaftlichen Tätigkeiten seiner Mitglieder aus; vgl. Huwer (2014), S. 22.
15 Vgl. Segna (1997), S. 7.
16 Vgl. Schmidt (1997), S. 672.
17 Vgl. Segna (1997), S. 7.
18 Vgl. Huwer (2014, S. 24 ff.
19 Vgl. Dworak (2010), S. 55.
20 Vgl. Wagner (1999), S. 472.
21 Vgl. Huwer (2014), S. 25.
22 Vgl. ebd., S. 33.
23 Vgl. Säcker (2001), S. 728.
24 Vgl. Segna (1997), S. 8 ff.
25 Vgl. Bringezu, (2001), S. 26.
26 Vgl. Dworak (2010), S. 55.
27 Vgl. Segna (1997), S. 9.
28 Vgl. Deutsche Fußball Liga (2017), S. 8.
29 Vgl. Babin (1995), S. 11 ff.
30 Vgl. Elter (2003), S. 24.
31 Vgl. Exuzidis (2016), http://www.handelsblatt.com/sport/fussball/neuer-tv-vertrag-der-dfl-geld- regen-fuer-die-deutschen-profi-klubs/13711882.html.
32 Vgl. Troisen (1991): S. 14 ff.
33 Vgl. Rosner (2016), http://www.sueddeutsche.de/sport/reise-in-die-usa-wie-der-fc-bayern- amerika-erobert-1.3092885.
34 Vgl. Behrenbeck et al.(2015), S. 18.
35 Vgl. Pesahl (2006), S. 39.
36 Vgl. Abbildung 2.
37 Vgl. Sellien (1988), S. 124 ff.
38 Vgl. ebd., S. 2372 ff.
39 zitiert aus Perridon/Steiner (2014), S. 371.
40 Vgl. Dworak (2010), S. 61 ff.
41 Vgl. Sellien (1988), S.2107-2109.
42 Vgl. Dworak (2010), S. 63.
43 Vgl. Dworak (2010), S. 63 ff.
44 Vgl. Teichmann (2007), S.123.
45 Vgl. Dworak (2010), S. 66.
46 Vgl. Karsch (2005), S. 131.
47 Vgl. Teichmann (2007), S.124.
48 Abbildung aus Teichmann (2007), S. 124.
49 Vgl. Zacharias (1999), S. 195 ff.
50 Vgl. Informationen sind der jeweiligen offiziellen Homepage des Bundesligisten entnommen.
51 Vgl. Bauers et al. (2005), S. 1; siehe auch Lorz (2012), S. 802.
52 Vgl. Deutscher Fußball Bund (2000), S. 15.
53 Zitiert aus: Deutscher Fußball Bund (2000): S. 15 ff.
54 Vgl. Lorz (2012), S. 802.
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