Bachelorarbeit, 2017
43 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Waldbrände Indonesiens
2.1. Waldbrände 2015
3. Die Ursachen der Waldbrände
3.1. Entwaldung und Brandrodung
3.1.1. Gesetzeslage
3.1.2. Problematik bei der Gesetzesdurchsetzung
3.2. Torfmoorgebiete
3.3.3. Hotspots
3.3.3.1. Astra International Group
4. Palmöl-Industrie
4.1. Wenige Konglomerate kontrollieren die Palmöl-Industrie
4.2. Kleinbauern
5. Politische Ökologie
5.1. „Patronage“: Verbindung zur Politik
5.2. Verbindung der Industrie zur lokalen Administration
5.3. Soziale Konfliktforschung
6. Globale Analyse
6.1. Die Europäische Union
6.2. Internationale Konzerne
6.3. Banken finanzieren die Regenwaldzerstörung
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
Anhang
Elaeis guieensis, besser bekannt als Ölpalme, ist eine Nutzpflanze, welche ursprüng-lich in Westafrika beheimatet war und mit der niederländischen Ost-Indien-Kompanie 1848 Einzug in Asien fand. Bestmögliches Wachstum weist sie bei stabilen Tempera-turen zwischen 24 und 32 Grad Celsius auf, nach etwa drei bis vier Jahren erreicht sie eine Höhe von zwei Metern und ist ab diesem Moment ertragreich. Sie wächst danach jährlich um circa 70 Zentimeter, und kann eine Höhe von über 10 Metern er-reichen. Ökonomisch ertragreich bleibt sie zwischen 20 und 25 Jahren, maximal gewinnbringend ist sie zwischen sechs und zehn Jahren. In unserem alltäglichen Le-ben hat sie ihren Einzug gefunden, ohne dass es auf den ersten Blick gleich sichtbar wird: Shampoo, Lebensmittel, Kosmetika, Kraftstoff – die aus der Ölpalme gewonne-nen Öle und Derivate finden sich ungefähr 50 Prozent unserer alltäglichen Konsum-güter (Pye 2013: 1; Jiwan 2013: 51; Friedel 2011: 8; Amnesty International 1).
Der durch die exponentiell wachsende Weltbevölkerung gestiegene Bedarf nach Rohstoffen, schließt auch die Nachfrage nach der Ölpalme mit ein. Malaysia und In-donesien sind die weltweit größten Palmöl Exporteure, wobei Indonesien im Jahr 2006 Malaysia überholt hat. Um die Konkurrenzfähigkeit Indonesiens bei der Produk-tion zu gewährleisten, werden ständig neue Palmöl-Monokulturen angebaut, zulasten des Regenwaldes (Schulze, Warnk 2006: 171). Das Inselarchipel gilt als eine „biolo-gische Schatzkammer“ (WWF 2002: 1). Allein auf Borneo, beziehungsweise Kalimantan, wie der indonesische Teil der Insel genannt wird, leben unzählige endemi-sche Tier- und Pflanzenarten, die gemeinsam mit der Abholzung des Regenwaldes Stück für Stück verschwinden. Seit den 1990er Jahren wurde eine Fläche gerodet, die etwa der Deutschlands entspricht. Bis zum Jahr 2016 entstanden in Indonesien auf 17 Millionen Hektar Palmöl-Monokulturen. Dies liegt vor allem daran, dass die Öl-palme bis zu zehn mal ertragreicher ist, als vergleichbare Nutzpflanzen wie Soja oder Raps (WWF 2016: 1).
Die Abholzung des Regenwaldes und daneben die jährlichen Waldbrände in Indone-sien führen zu einem Massensterben der Flora und Fauna. Jedes Jahr fallen den Flammen Millionen von Hektar Wald zum Opfer, sowie vom Aussterben bedrohte Tierarten wie der Orang-Utan. Diese Waldbrände scheinen ein periodisch auftreten-des Phänomen zu sein – bereits in Logbüchern portugiesischer und niederländischer Seefahrer des 14. und 15. Jahrhunderts finden sich Einträge über durch Waldbrände verursachte Rauch- und Aschewolken, die sich über eine Fläche ausbreiteten, wel-che dem heutigen Gebiet Singapurs entspricht (Cochrane 2009: 267). Während die Brände zum Teil Monate unterirdisch schwelen, ziehen diese, auch als Haze bekann-te Rauch- und Aschewolken, durch Winde in benachbarte Staaten wie Singapur, Malaysia und teils bis nach Thailand. Als eine mögliche Ursache für die Waldbrände gilt El Niño – eine Strömungsveränderung des Pazifiks. Durch dieses nicht zyklische Kli-maphänomen kommt es zu starken Dürren. Vertrocknete Vegetation kann dadurch sehr schnell Feuer fangen und einen Waldbrand auslösen (WWF 2002: 5).
Andere Ursachen sind anthropogener Natur, wie es Berichte zu den Waldbränden des Jahres 2015 schildern. In diesem Kontext gerät die Palmöl-Industrie immer wie-der in den Fokus. Von mutmaßlicher Brandstiftung mit profitorientierten Hintergrün-den berichten NGOs wie Greenpeace oder die indonesische Menschenrechtsorgani-sation Samit Watch (Jiwan 2013: 48). Dabei wird die Palmöl-Industrie in enge Verbin-dung mit der politischen Elite in Indonesien gebracht – eine Last, die schlussendlich sowohl Umwelt als auch indigene Bevölkerungsgruppen zu tragen haben. In der politischen Ökologie wird durch Wandlungen auf ökologischer Ebene die Wechselwirkung, respektive Machtverschiebung von Gemeinschaften untersucht. Bezogen auf Indonesien lässt sich sagen, dass Ressourcen, in diesem konkreten Fall die Ölpalme, und die dafür benötigten Anbauflächen, als Machtmittel miss-braucht und aktiv auf eigenen Nutzen bedacht Politik betrieben wird (Reuber, Wilkersdorf 2001: 9). Bonß sieht gar "die Hüter zu Gefährdern von Recht, Ordnung, Wohlstand und Freiheit werden“ (Bonß 1993: 46).
Sind die fast jährlich auftretenden Waldbrände Indonesiens lediglich das Produkt ei-ner starken, durch El Niño verursachte Dürre? Fielen diese Dürren, speziell die des Jahres 2015, so heftig aus, dass selbst ein ganzjährig humider Regenwald Feuer ge-fangen haben kann? Welche Rolle kommt dabei der Palmöl-Industrie, die von ver-schiedenen Institutionen in Zusammenhang mit den verheerenden Bränden der letz-ten Dekaden gebracht wird, zu?
In dieser Bachelorarbeit möchte ich zunächst einen groben Überblick über die Wald-brände in Indonesien der vergangenen Jahre geben und weiter die Brände des Jah-res 2015, hinsichtlich ihrer ökologischen und ökonomischen Folgen, analysieren. Au-ßerdem möchte ich die Relevanz El Niños zu diesen Waldbränden kritisch hinterfra-gen. Im darauffolgenden Kapitel sollen die genauen Ursachen und Auslöser der Brände näher beschrieben werden. Hierbei untersuche ich die Zusammenhänge zwi-schen Waldbränden und Torfgebieten, womit erörtert werden soll, wodurch dichte, to-xische Asche- und Rauchwolken entstehen und wie Brände unterirdisch über Monate hinweg schwelen können. Im weiteren Verlauf möchte ich unter zu Hilfenahme quan-titativer Datenerhebung, welche auf der Auswertung von Satellitenbildern von Brand-Hotspots auf Borneo fußen, belegen, dass eine logische Verbindung zwischen die-sen Waldbränden und der Palmöl-Industrie besteht. Weiter möchte ich durch qualitative Untersuchung zeigen, wie stark dieser Agrarsubsektor mit der politischen Elite verflochten ist, und beide Parteien aktiv ihren Interessen dienende Politik betreiben. Zum Schluss möchte ich in einer globale Analyse aufzeigen, dass neben aktiven Ak-teuren wie der Palmöl-Industrie und der indonesischen Administration weitere Akteu-re, wie die europäische Union und Deutschland, sowie ausländische Konzerne und Finanzierer an den zerstörerischen Waldbränden, wenn auch passiv, beteiligt sind. Zum Schluss werde ich ein Fazit erörtern, in welchem ich die tatsächlichen Ursachen der Waldbrände aufzeigen werde und darstellen, inwiefern welche Akteure mit Wald-bränden in Verbindung gebracht werden können.
Aktuelle Forschungen belegen, dass Waldbrände, durch die Indonesien in der heuti-gen Zeit immer wieder Schlagzeilen macht, ein natürlich auftretendes Phänomen sind. Durch die Radiokarbonmethode von Kohlerückständen konnte ermittelt werden, dass diese zum Teil auf 17.510 vor unserer Zeit zu datieren sind. Dies belegt, dass es bereits seit Jeher Waldbrände gegeben haben muss. Dabei merkt Gellert jedoch auch an, dass früher auf Borneo ein bedeutend trockeneres Klima geherrscht hat (Gellert 1998: 65). Seit den 1980er Jahren ereigneten sich fünf große, gut doku-mentierte Waldbrände auf Kalimantan und Sumatra: in den Jahren 1982-1983, 1987, 1991, 1994 und die verheerenden Brände von 1997-1998 (Bowen et al. 2000: 9). Bei letzteren gingen laut der indonesischen NGO WALHI (Wahana Lingkunan Hidup Indonesia) etwa 1.714.000 Hektar Wald in Flammen auf. Der WWF geht von einer noch höheren Zahl aus (Gellert 1998: 68-69). Solch ein Waldbrand hat gravierende Folgen für Flora und Fauna.
Positive Phasen der El Niño Southern Oscillation (ENSO) haben zur Folge, dass sich in nicht zyklisch auftretenden Perioden die Strömung des Pazifiks verändert. Der Indian Ocean Diplo (IOD) wiederum sorgt dafür, dass sich die Oberflächentemperatur des Indischen Ozeans erhöht. Die Wechselwirkung dieser beiden Klimaanomalien führt schließlich dazu, dass Dürreperioden länger und heftiger ausfallen als für gewöhnlich und monsunartige Regenfälle ausbleiben (Allan et al. 2001: 18; WWF. 2002: 5). Infolgedessen reduzierten sich im Zeitraum von 1997 bis 1998 beispiels-weise die Regenfälle auf ein Zehntel des Jahresdurchschnitts (Glover 1999: 5). Seit Mitte der 1990er Jahre verbreitete sich der Haze, eine dichte, toxische Wolke, der durch das Abbrennen von Vegetation und Torfböden entsteht, über Malaysia, Brunei und Singapur bis nach Thailand. Insgesamt werden bis zu 70 Millionen Menschen dieser toxischen Wolke über einen längeren Zeitraum ausgesetzt. Dadurch kommt es in der Bevölkerung zu Haut- und Augenentzündungen, sowie Atemwegserkrankun-gen. Auch ein darauf zurück zu führender Anstieg der Mortalitätsrate ist zu verzeich-nen (Crippa et al. 2016: 1).
Auch im Jahr 2015 trat eine positive Phase der ENSO auf. Die damit einhergehende Dürre war dementsprechend stärker als in vergleichbaren El Niña Jahren. Entgegen ersten Schätzungen des Australian Bureau of Meteorology, welche den El Niño des Jahres 2015 zunächst als den stärksten seit 20 Jahren einstuften1, war dieser neuen Forschungsergebnissen zufolge jedoch bedeutend schwächer als zunächst ange-nommen2.
Die "fire season" in Indonesien begann im Juli 2015 auf Sumatra und einen Monat später dann auch auf Borneo. Bis September sollten sich diese beiden Inseln in einer dichten Rauchwolke befinden. Der durch die heftigen Brände entstehende Haze ver-breitete sich über Singapur und Malaysia bis nach Thailand. Die Waldbrände reihen sich, der Zerstörung nach urteilend, hinter denen des Jahres 1997 ein (Baccini et al. 2016: 1).
Laut der indonesischen Regierung sind 2,6 Millionen Hektar Wald zwischen Juni und Oktober 2015 verbrannt – zum besseren Verständnis: eine Fläche die viereinhalb mal der Balis (SIIA 2016: 2) oder der Hälfte der Schweiz entspricht. Insgesamt wur-den etwa 97.000 Hotspots gezählt (Chainreaction Research 2015: 1). 33 Prozent der abgebrannten Fläche bestand aus Torfmooren. Schätzungen der Weltbank zufolge kosteten die Brände 16,1 Milliarden US-Dollar, während die Exporterlöse für Palmöl im Jahr 2014 gerade mal bei acht Milliarden US-Dollar lagen (Worldbank Group 2016: 1-2). Die Jokowi Regierung schätzt, dass der Haze des Jahres 2015 Indonesi-en 33,5 Milliarden US-Dollar gekostet hat, zum Vergleich lagen die durch Haze ent-standenen Kosten der Brände von 1997 bei „nur“ neun Milliarden US-Dollar. Mit die-ser Zahl, welche teilweise auch etwas höher veranschlagt wird, wird das gesamte Wirtschaftswachstum des Jahres eliminiert. Durch weitere direkte, beziehungsweise indirekte Kosten, dürfte sie sich auf bis zu 50 Millionen erhöhen (SIIA 2016: 3-4). Der Schaden im Agrar- und Forstsektor wird laut der Weltbank auf etwa 8,8 Milliarden US-Dollar veranschlagt, wobei die endgültige Zahl vermutlich nach oben hin korrigiert werden muss. Durch Behinderung an Häfen und Flughäfen durch die geringe Sicht-weite senkten entstanden Kosten von weiteren 1,3 Milliarden US-Dollar (Worldbank Group 2016: 5). Kosten, in Höhe von ungefähr 400 Millionen US-Dollar sind durch den gesunkenen Tourismus entstanden, des weiteren mussten Schulen für 34 Tage geschlossen werden, was einem geschätzten Verlust von 34 Millionen US-Dollar ent-spricht. Neben wirtschaftlichen Folgen war auch die Bevölkerung unmittelbar vom Haze betroffen. 19 Todesfälle sind bekannt3, eine halbe Millionen Menschen mussten wegen akuten Atemwegsinfektionen behandelt werden (Worldbank Group 2016: 5).
Die Treibhausgas Emissionen der Waldbrände von 2015 sind schwierig zu ermitteln. Die Global Fire Emissions Database schätzt, dass durch die Waldbrände etwa 1.750 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangten wurden, während der Waldbrände von 1997 waren es wahrscheinlich sogar 2.570 Millionen Tonnen Koh-lendioxid (Worldbank Group 2016: 4; Greenpeace 2007: 1). Zum Vergleich, die indo-nesische Regierung schätzt, dass die jährlichen Kohlendioxid Emissionen der ge-samten indonesischen Industrie etwa 1.800 Tonnen betragen (Worldbank Group 2016: 4).4 Die Feinstaubbelastung lag im Zeitraum von September bis Oktober bei 1,8 Teragramm, was 1,8 Millionen Tonnen entspricht (Crippa et al. 2016: 1). Zur Verdeut-lichung: die anthropogenen Emissionen in Deutschland, mit ihren verschiedenen Be-reichen aus Industrie (0,095 Tg/Jahr), Personen- und Lastkraftwagen (0,035 Tg/Jahr) sowie Privathaushalten und Kleinverbrauchern (0,033 Tg/Jahr) betragen „nur“ 0,163 Tg/Jahr. An 26 von 44 Tagen überstiegen die täglichen Kohlendioxid Emissionen, die den Waldbränden geschuldet waren, die täglichen Emissionen der USA (Grüne Stadt 2013: 13; SIIA 2016: 3).
Auch wenn die Waldbrände von 2015 selbst auf der Negativskala nicht ganz oben stehen, so aber doch der Haze, wie aus Untersuchungen der CIFOR hervorgeht. Der Haze war laut CIFOR deshalb so stark, da er aus der Verbrennung von Torfböden re-sultierte4. Der Pollutant Standard Index (PSI), mit dem Singapur den Grad der Luft-verschmutzung und damit die Auswirkung auf den menschlichen Körper beschreiben kann, lag im Zeitraum von September bis Oktober bei ungesund (PSI 101-200) für mehr als 50% der Tage, sehr ungesund (PSI 201-300) und gefährlich (PSI > 300) für eine etwas kürzere Periode (Crippa et al. 2016: 4). Palangkaraya, die Hauptstadt Zentralkalimantans, wies an einigen Tagen einen Pollutant Standards Index von 2.000 auf (SIIA 2016: 2).
Exakte Zahlen über die Mortalitätsrate, welche durch die Aussetzung immenser Fein-staubmengen und anderer chemischer Verbindungen hervorgerufen wurden, gibt es aufgrund des relativ kurzen Zeitraums von knapp zwei Jahren, seit der Katastrophe, nicht. Konservative Schätzungen gehen aber von 11.880 aus (Crippa et al. 2016: 1). Durch die gesundheitsschädlichen Einflüsse durch die Waldbrände, allen voran der Haze, schätzt man, dass jährlich etwa 110.000 Menschen, besonders Neugeborene, an den Folgen sterben (Chainreaction Research 2015: 2).
Harwell beschreibt drei Elemente, die für einen Waldbrand vorliegen müssen: (1) tro-ckener Brennstoff (2) Sauerstoff (3) ein Brand auslösender Funke (Colfer, Resosudarmo 2001: 310). Trockener Brennstoff findet sich in Form von abgestorbe-ner Vegetation besonders dann, wenn der Wald durch äußere Einflüsse in seiner bio-logischen Grundstruktur verändert wird. Diese Trockenheit wird dann durch El Niño weiter verstärkt. Insbesondere Torfböden, welche zur Vorbereitung der Bepflanzung entwässert werden müssen, sind extrem leicht entzündlich (Dera 2009: 68; Pye 2013: 3). Eine genaue Charakterisierung von Torfböden und welche Rolle sie bei der Untersuchung von Waldbränden und Palmöl-Industrie spielen, werde ich in 3.2. weiter erörtern. Bezüglich des Brand auslösenden Funken muss kritisch analysiert werden, ob dieser auf natürlichem Wege, oder aber anthropogen herbeigeführt wird.
Im Normalfall ist es in Indonesien selbst in der Trockenzeit zu feucht, als dass Brän-de sich unkontrolliert ausbreiten könnten: "ungestörter" Regenwald ist, aufgrund seiner biologischen Begebenheiten, normalerweise extrem resistent gegen Brände (Glover, Jessup 1999: 4; Baccini 2016: 1). Gellert beschreibt, dass bei den Bränden von 1982 und 1983 nur 27,000 Hektar Wald verbrannten, welcher durch externe Ein-griffe in seiner Substanz, durch Konversion, verändert wurde. Von diesen 27,000 Hektar verbrannten aber bis zu 97 Prozent der gesamten Masse. Zum Vergleich: es brannten nur 11 Prozent des „ungestörten“ Regenwaldes sowie 17 Prozent von Torf-wäldern (Gellert 1998: 68). Dies verdeutlicht, dass extern beeinflusster Regenwald unverhältnismäßig stärker brennt als sein unberührtes Pendant. „[I]f human activity continues to intensify, the next major fire event will be much wor-se.“ (Brookfield, Byron 1993: 267)
Betrug die Waldfläche Indonesiens im Jahr 1950 noch 162 Millionen Hektar, so wur-de sie bis heute auf ungefähr 98 Millionen Hektar dezimiert. Aus Satellitenbildern lässt sich entnehmen, dass eine Entwaldung von bis zu 47 Prozent im Zeitraum von 1990 bis 2010 auf Borneo stattgefunden hat, Gebiete, die einst intakte Wälder dar-stellten (Anand 2016: 13-14). Statistiken weisen auf, dass das Archipel jährlich zwi-schen zwei und 2,4 Millionen Hektar Wald verliert - eine Zahl, die der Größe Meck-lenburg-Vorpommerns entspricht (WWF 2002: 4). Obwohl Indonesien nur 1,3 Pro-zent der Erdoberfläche umfasst, findet man hier elf Prozent aller Pflanzenarten, zehn Prozent der Säugetierarten und 16 Prozent aller Vogelarten der Erde. Die „biologi-sche Schatzkammer“ ist auch für viele Millionen Menschen der Lebensunterhalt (WWF 2002: 9). Borneo besitzt einen Anteil von 0,2% der Gesamtfläche der Erde. 1996 war die Insel noch zu 60 Prozent von Urwald bedeckt. Dies hat sich durch öko-nomische Trends, allen voran die Palmöl-Industrie, signifikant geändert (Colfer, Resosudarmo 2001: 5).
Um Plantagen und dafür benötigte Infrastruktur, wie Straßen, anzulegen, wird in er-ster Instanz der Wald abgeholzt. Häufig geschieht dies in Form von Sekundärwald, oder auch Primärwald, welcher reich an Biodiversität ist. Ab diesem Moment gilt der Regenwald als „degradiert“ und es können Palmöl-Plantagen errichtet werden. Auf diese Weise werden ebenfalls natürliche Strukturen im Erdreich zerstört, was nahe-gelegene Wasservorkommen verunreinigt und gleichzeitig immense Vorkommen an Kohlenstoff freilegt (Pye 2013: 59; Colfer, Resosudarmo 2001: 5). Bis 1994 war das so genannte „kontrollierte Abbrennen“ legale, gängige Praxis. Kreditgeber hatten das Abbrennen sogar als Kostenkomponente im Geschäftsplan enthalten. Banken ten-dieren, wenn auch im Verborgenen, dazu, die Brandrodung zu unterstützen, da da-durch neu erschlossene Palmöl-Plantagen schneller ertragsfähig werden und die Bank ihre Tilgung vom Kunden schneller erwarten kann (WWF 2002: 12). Die Gefahr, die durch Brandrodung entsteht, besteht darin, dass sich Brände besonders in El Niño Jahren, sehr leicht ausbreiten und außer Kontrolle geraten. Da die Brandrodung im Vergleich zur Entwaldung mit schweren Maschinen erheblich kostengünstiger ist, wird sie weiterhin betrieben. So kostet die chemische und mechanische Entwaldung pro Hektar bis zu 200 US-Dollar, während diese Prozedur unter der Verwendung von Feuer gerade mal fünf US-Dollar veranschlagt (Varkkey 2013: 202). Ein Grund für die leicht entzündlichen Wälder ist in der schwindenden Feuchtigkeit der Gebiete zu sehen, die durch externe Einflüsse, wie Rodung, hervorgerufen wird (Colfer, Resosudarmo 2001: 311). Durch die Anlegung von Straßen können Winde ebenfalls heftiger wehen und es wird mehr Angriffsfläche für Flammen geboten. In der Nähe von Plantagen entstehen somit für Waldbrände günstige Voraussetzungen. Die durch El Niño entstehende Dürre verstärkt diesen Prozess noch weiter, wodurch diese Ge-biete extrem anfällig für Brände sind.
Bereiche unter zu Hilfenahme von Feuer von Vegetation zu befreien, um dort eine Kultivierung vorzubereiten, ist seit 1995 gesetzlich verboten und durch das Forstge-setz von 1999 bestärkt. Brandrodung steht unter Geldbuße (bis zu eine Millionen US-Dollar) sowie, je nach Härte des Vergehens, auch unter Haftstrafe (maximal 15 Jah-re). Wenn ein Brand absichtlich gelegt wurde um die Flammen außer Kontrolle gera-ten zu lassen, können diese Strafen verdoppelt werden (WWF 2002: 21; Varkkey 2013: 205; Gellert 1998: 68). Insgesamt gibt es etwa 19 Gesetze, die zur Vermei-dung von Waldbränden in Kraft getreten sind. Darunter auch eins, welches besagt, dass die Beweislast für etwaige Waldbrände bei den Unternehmungen liegt. Diese Beweislast hat eine durchaus gute Grundlage, jedoch wird es immer wieder von der Administration geblockt – von Politikern, welchen eine gewissen Nähe zu Palmöl-Unternehmern und Lobbyisten nachgesagt wird. Auch werden Untersuchungen sei-tens der Polizei auf Waldbrandgebieten massiv behindert (Varkkey 2013: 205).
Das indonesische Gesetz besagt, dass Plantagen nur in „Umwandlungswälder“ er-richtet werden dürfen. Da die gestellten Anträge aber die ausgewiesenen „Umwand-lungswälder“ deutlich übersteigen, geben Zentralregierung und Provinzbehörden dem Druck der Plantagenlobby nach, indem sie „permanente Wälder“ umwidmen, sofern ein Nachweis über die Degradierung der Waldfläche vorhanden ist. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, wirtschaften Holzeinschlagsunternehmen die Wälder me-thodisch herunter (WWF 2002: 19-20). Als „Ungenutztes Land“, wie die indonesische Regierung es betitelt, gilt „allgemein als unproduktiv geltende Flächen mit einem ho-hen Säuregehalt“ , die nicht in „Umwandlungsländer“ umgewidmet werden dürfen. „Auch Sümpfe, Feucht- und Torfmoorgebiete fallen unter diese Kategorie“ (Dera 2009: 71). Durch die wachsende Expansion von Palmöl-Plantagen beginnt sich ein Engpass über die Verfügbarkeit von geeigneten Flachlandwäldern heraus zu bilden. Bislang sind etwa 20 bis 25 Prozent der bestehenden Palmöl-Plantagen bereits in Torfgebieten angelegt worden, mehr als die Hälfte der neuen Konzessionsflächen lie-gen ebenfalls auf Torfmoorgebieten (Dera 2009: 68). Der indonesische Agricultural Ministry's head of research and development, Gatot Irianto, sprach sich auch für eine Wiedereröffnung der Torfwälder für Palmöl Plantagen aus, da dieser Sektor die Haupttreibkraft der Volkswirtschaft sei (Pye 2013: 3).
Während im europäischen Programm der erneuerbaren Energien direkte Subventio-nen zu vermerken sind, geschieht dies in Indonesien in einem Korruptionsmechanis-mus. Gerodete Flächen können im Zuge des indonesischen Wiederaufforstungs-fonds mit Ölpalmen kultiviert werden. Dieser Fonds wird staatlich subventioniert. (Dera 2009: 37). Im Kontext bedeutet dies, dass die Palmöl-Unternehmen weiterhin illegale Rodung betreiben und den gerodeten Wald in direktem Anschluss mit staatli-chen Geldern in Palmöl-Plantagen umwandeln können. Da einige der Palmöl-Unter-nehmen ebenfalls im Holzeinschlag Tochtergesellschaften unterhalten, können sie daraus doppelte Profite schlagen. Das dieses Vorgehen Methode hat, lässt sich nicht bestreiten. Warum die Verantwortlichen aber keine juristischen Konsequenzen zu be-fürchten scheinen, werde ich im nächsten Unterkapitel genauer beleuchten.
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1 The Jakarta Post 2015, http://www.thejakartapost.com/news/2015/11/01/the-week-review-the-worst-forest-fires.html, letzter Abruf: 10.09.2017
2 Earth System Research Laboraty, https://www.esrl.noaa.gov/psd/enso/mei/, letzter Abruf: 11.09.2017
3 The Jakarta Post 2015, http://www.thejakartapost.com/news/2015/11/01/the-week-review-the-worst-forest-fires.html, letzter Abruf: 10.09.2017
4 The Jakarta Post 2015, http://www.thejakartapost.com/news/2015/11/01/the-week-review-the-worst-forest-fires.html, letzter Abruf: 10.09.2017
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