Bachelorarbeit, 2016
49 Seiten, Note: 2,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Hinführung zum Thema
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
2. Anforderungen der modernen Arbeitswelt
2.1 Lebensphasen im Wandel
2.1.1 Flexibilisierung der Arbeitszeiten
2.1.2 Work-Life-Balance
2.1.3 Generation Y
2.2 Flexible Arbeitszeitsysteme
2.2.1 Begriffserklärung und Abgrenzung
2.2.2 Gestaltungsdimensionen
2.2.2.1 Variantenvielfalt bei der Arbeitszeitgestaltung
2.2.2.2 Vertragsgestaltung flexibler Arbeitszeiten
2.3 Gründe für flexible Arbeitszeitmodelle
2.3.1 Interessenlage der Arbeitgeber
2.3.1.1 Mitarbeitermotivation und Unternehmensbindung
2.3.1.2 Verbesserung der Leistungsfähigkeit
2.3.1.3 Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
2.3.2 Interessenlage der Führungskräfte
2.3.2.1 Vorbildwirkung
2.3.2.2 Familiengerechte Gestaltung der Arbeitszeit
2.3.2.3 Neue Führungs-und Arbeitskulturen
2.4 Gründe gegen flexible Arbeitszeitmodelle
2.4.1 Für die Organisation
2.4.2 Für Führungskräfte
3. Ausgew ä hlte zeitgem äß e Arbeitszeitmodelle im Bereich der F ü hrung und deren gesetzliche Regelung
3.1 Vertrauensarbeitszeit
3.1.1 Arbeitszeitgesetz
3.1.2 Mindestlohngesetz
3.1.3 Tarifvertragsgesetz
3.1.4 Betriebsverfassungsgesetz
3.1.5 Pro/Contra
3.2 Gleitzeit
3.2.1 Arbeitszeitgesetz
3.2.2 Mindestlohngesetz
3.2.3 Tarifvertragsgesetz
3.2.4 Betriebsverfassungsgesetz
3.2.5 Pro/Contra
3.3 Teilzeit
3.3.1 Arbeitszeitgesetz
3.3.2 Teilzeit-und Befristungsgesetz
3.3.3 Tarifvertragsgesetz
3.3.4 Betriebsverfassungsgesetz
3.3.5 Pro/Contra
3.4 Topsharing
3.4.1 Arbeitszeitgesetz
3.4.2 Teilzeit-und Befristungsgesetz
3.4.3 Tarifvertragsgesetz
3.4.4 Betriebsverfassungsgesetz
3.4.5 Pro/Contra
3.5 Telearbeit/Home-Office
3.5.1 Arbeitszeitgesetz
3.5.2 Tarifvertragsgesetz
3.5.3 Betriebsverfassungsgesetz
3.5.4 Heimarbeitsgesetz
3.5.5 Bildschirmarbeitsverordnung
3.5.6 Pro/Contra
4. Auswirkungen der untersuchten Arbeitszeitmodelle
4.1 Handlungsempfehlungen zur Implementierung von Flexibilisierungsmodellen im Führungskräftebereich
4.2 Erfolgsfaktoren und Herausforderungen
4.2.1 Aus Sicht der Organisation
4.2.2 Aus Sicht der Führungskräfte
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Formen flexibler Arbeitszeit 2010 in %
Abbildung 2: Übersicht über die Bildung der Indizes der Generation Y
Abbildung 3: Werte und Ziele der Absolventengeneration 2015
Abbildung 4: Elemente der Arbeitszeitgestaltung
Abbildung 5: Nachteile flexibler Arbeitszeitmodelle
Abbildung 6: Gründe für Teilzeit
Abbildung 7: Akteure zur Umsetzung flexibler Arbeitsmodelle
Abbildung 8: Erfolgsfaktoren aus Organisationsentwicklungsperspektive
Abbildung 9: Gesamtmodell: Faktoren für das erfolgreiche Agieren in einer neuen Arbeitswelt
Abbildung 10: Aspekte zur Umsetzung flexibler Arbeitsmodelle
Abbildung 11: Drei-Z-Methode: Kombination aus Zeit, Ziele und Zahl
Abbildung 12: SMART-Regel
Tabelle 1: Pro/Contra der Vertrauensarbeitszeit
Tabelle 2: Pro/Contra der Gleitzeit
Tabelle 3: Pro/Contra der Teilzeitarbeit
Tabelle 4: Pro/Contra des Topsharings
Tabelle 5: Pro/Contra der Telearbeit
In den letzten Jahren hat die Flexibilisierung der Arbeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das 21. Jahrhundert zeichnet sich durch eine rasant steigende Dy-namik und Komplexität von Wirtschaftsbeziehungen und hoher Produktivität ver-schiedener Nationen aus. Aktuelle Entwicklungen, wie die sich rapide wandeln-den Kundenbedürfnisse, verkürzte Produktlebenszyklen, zunehmende Globali-sierung und der demografische Wandel in Verbindung mit Fach- und Führungs-kräftemangel stellen Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen.1 „Diese Trends beschreiben die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt von Morgen, deren Auswirkungen sich auf der betrieblichen Ebene manifestieren.“2 Die Arbeitszeit ist in diesem Zusammenhang zur Schlüsselressource geworden. Deshalb sind flexible Arbeitszeiten ein Erfolgsfaktor für Unternehmen, denn hierdurch wird Er-werbstätigen in unterschiedlichen Lebensphasen die Möglichkeit gegeben Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen. Diese „neuen“ Arbeitsformen be-wirken steigende Mobilität, unterstützen den Informationsaustausch und sichern die Aktualität der Ressource Wissen.3 Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Art der Flexibilität auch in Führungspositionen umsetzbar ist, denn hier ist die ständige Kommunikation untereinander aber auch mit Vorgesetzten und exter-nen Kunden unumgänglich.
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, ob und wie es gelingt als Führungskraft flexibel zu arbeiten und zugleich den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Es werden verschiedene Systeme der flexiblen Arbeitszeit-gestaltung vorgestellt und speziell untersucht, ob diese auch für Führungspositi-onen in Frage kommen. Da es sich bei der vorliegenden Arbeit um ein personal-wirtschaftliches Thema mit arbeitsrechtlichem Hintergrund handelt, werden dar-über hinaus die entsprechenden Gesetze, die bei der Gestaltung flexibler Arbeits-zeiten zu beachten sind, dargestellt und Grenzen der Flexibilisierung aufgezeigt.
Zu Beginn der Arbeit werden in Kapitel 2.1 die zunehmende Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle in Bezug auf die moderne Arbeitswelt verdeutlicht und Gründe hierfür dargelegt. Hierzu zählen die Flexibilisierung von Arbeitszeiten, die Work-Life-Balance, die für Arbeitnehmer immer wichtiger wird, aber auch die Generation Y, die Organisationen vor große Herausforderungen stellen. Anschließend werden in Kapitel 2.2 flexible Arbeitszeitsysteme von starren Arbeitszeiten abge-grenzt und danach Gestaltungsdimensionen näher erläutert. Im Kapitel 2.3 wer-den unter anderem Gründe für flexible Arbeitszeitmodelle aus Sicht der Arbeitge-ber und von Führungskräften genannt, aber auch Gründe die gegen flexible Ar-beitszeitmodelle sprechen, vorgestellt. Der Fokus der vorliegenden Arbeit richtet sich speziell auf die Untersuchung ausgewählter Arbeitszeitmodelle im Topma-nagement mit ihren rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten. Dazu werden in Ka-pitel 3 fünf Arbeitsmodelle vorgestellt und gesetzliche Regelungen aufgezeigt und geprüft. In Kapitel 4 werden Handlungsempfehlungen ausgesprochen, wie flexible Arbeitszeitsysteme integriert werden können und welche Erfolgsfaktoren und Herausforderungen sowohl bei Führungskräften als auch auf Organisations-ebene bestehen. Abschließend wird in Kapitel 5 die Frage beantwortet, ob und in wieweit im Bereich des Topmanagements heutzutage flexibel gearbeitet werden kann.
Durch den stetigen Wandel der Arbeitswelt ändern sich auch die Arbeitsbedin-gungen und -anforderungen. Im Folgenden werden in Kapitel 2.1 die Gründe für den Wandel näher betrachtet und in Kapitel 2.2. wird ein Augenmerk auf den daraus resultierenden Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten geworfen.
Der stetige Wandel der Umwelt zwingt Unternehmen dazu, die Arbeitszeiten für ihre Mitarbeiter flexibel zu gestalten. Im eigentlichen Sinne wird Arbeitsflexibili-sierung als ein Versuch dargestellt, neue Kompromisse zwischen den beiden „S“ Systeme und Staff (hier als Arbeitsorganisation und Personal zu verstehen) zu finden - zwischen dem, was technisch machbar sein könnte und was den Mitar-beitern im Unternehmen zuzumuten ist, ohne dabei das eigentliche Ziel des Un-ternehmens aus den Augen zu verlieren. Hierbei geht es um strategische Ziele oder das Geschäftsmodell der Organisation. Diese Wandlung ist vor allem der globalen Vernetzung zuzuführen, aber auch die Digitalisierung, der Wertewandel und der Fachkräftemangel spielen hierbei einen erheblichen Einfluss. Dies betrifft sowohl die Arbeitgeber als auch die Mitarbeiter. Vor allem die Mitarbeiter müssen immer häufiger je nach Auftragslage ihre Arbeitszeiten flexibel gestalten und gleichzeitig den Anforderungen ihrer Familien und Freunde gerecht werden. Dadurch verschmelzen Arbeitszeit und Freizeit, wodurch es immer schwieriger wird, diese in Einklang zu bringen. So kann davon ausgegangen werden, dass die Flexibilisierung der Arbeit erst einmal nichts mit den persönlichen Vorzügen oder dem demografischen Wandel zu tun hat. Arbeitszeiten flexibel an die Auf-tragslage anzupassen, das gab es also schon immer. Allerdings haben sich die Erwartungen in den letzten Jahrzehnten drastisch erhöht und lassen sich nicht mehr durch herkömmliche Maßnahmen realisieren. Deshalb ist es wichtig, dass hier sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber an einem Strang ziehen. Es wird versucht sich von einem starren 8-Stunden Arbeitstag abzukoppeln und neue Möglichkeiten zu eröffnen.4 So hatten im Jahr 2010 laut Statistischem Bundes-amt schon 36% aller Beschäftigten über 15 Jahre flexible Arbeitszeitregelungen, Tendenz steigend (s. Abb.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Formen flexibler Arbeitszeit 2010 in % Quelle: Statistisches Bundesamt (2012), S. 994.
Unter Mitarbeitern aber auch im Führungskräftebereich verstärkt sich der Wunsch nach Alternativen zum starren Nine-to-five Job, einer ausgewogenen Work-Life-Balance in der auch Freizeit- und Familienaktivitäten berücksichtigt werden. Die Zukunft liegt daher in flexiblen Arbeitszeitmodellen, die es ermögli-chen Privat- und Berufsleben besser in Einklang zu bringen. „Der Ausgleich zwi-schen Privatleben/Familie und Beruf zielt insbesondere darauf ab, unterschiedli-chen Bedürfnissen in einzelnen Lebensphasen gerecht zu werden.“5 So ist es vor allem für Familien schwierig, Privat- und Berufsleben miteinander zu vereinbaren. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die bei der Arbeit verbrachte Zeit, denn lange Arbeitszeiten beeinträchtigen die Gesundheit, gefährden die Sicherheit und er-höhen den Stress. Je länger also gearbeitet wird, desto weniger Zeit bleibt zur freien Verfügung.6 Deshalb ist es gerade für Organisationen unabdingbar, diesen Ausgleich ihren Arbeitnehmern zu ermöglichen. Durch eine intelligente Verknüp- fung von Arbeits- und Privatleben angesichts der veränderten Arbeits- und Le-benswelt kann dies also für Beschäftigte von Nutzen sein. Flexible Arbeitszeitre-gelungen können daher eine optimale Basis für eine erfolgreiche Work-Life-Balance bieten, die gleichzeitig zu hoher Arbeitszufriedenheit führt, wenn diese nicht auf Kosten der Arbeitnehmer geht.7
Die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben (s. Kapitel 2.1.2) ist in den letzten Jahren im Zusammenhang mit den Fachkräftemangel immer bedeutender ge-worden. In den nächsten fünf Jahren zählen ca. 50% der Erwerbstätigen zur Generation Y, in 15 Jahren sind das somit rund zwei Drittel aller Arbeitnehmer. Das wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Veränderung der Organisation und Führung in Unternehmen sind davon sehr stark betroffen. Die Generation Y stellt neue Anforderungen die durch die Digitalisierung entstanden sind, die Themen wie flexible Arbeitszeitgestaltung oder technische Leistungen fordern.8 Dies wird auch durch eine aktuelle Studie des Kienbaum Instituts bestätigt. Lediglich 20% der jungen Arbeitnehmer wünschen sich demnach eine klassische Karriereorien-tierung, wohingegen die Mehrheit der Befragten Familie und Freunde den beruf-lichen Karrierechancen vorziehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Übersicht über die Bildung der Indizes der Generation Y
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kienbaum Institut (2015), S. 8.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3: Werte und Ziele der Absolventengeneration 2015 Quelle: Kienbaum Institut (2015), S. 9.
Vergegenwärtigt man sich die Ergebnisse dieser Studie, so zeigt sich, dass Er-folg und Karriere bei der Generation Y nicht mehr an erster Stelle stehen, sondern Familie und Freunde mit 70,9% Platz 1 belegen. Erkennbar ist auch eine Abwen-dung von primär materiellen Werten und Zielen, stark hin zu individuellen Zielen. Hofstede definierte bereits im Jahre 1984 Individualismus als eine Präferenz für lose zusammenhängende soziale Netze, in denen Individuen sich beinahe aus-schließlich um ihre eigenen Belange und die des engeren Familienkreises sor-gen.9 „Im Gegenzug dazu sind kollektivistische Ziele auf das Wohl aller Mitglieder enger sozialer Netze ausgerichtet und durch uneingeschränkte Loyalität gegen-über den Mitgliedern der eigenen Gruppe geprägt. Betrachtet man in diesem Zu-sammenhang Werte und Ziele wie Selbstverwirklichung (23,3%), Verantwortung (12,5%), ökologische Nachhaltigkeit (8,2%) und soziales Engagement (6,3%), bestätigt die geringe Ausprägung auf diesen Variablen die Interpretation (vgl. Abb. 2)“.10 Daher ist es für Unternehmen dringend notwendig, sich den Anforde-rungen der Young Professionals – also der Manager von morgen – anzupassen, die hinsichtlich ihrer Vorstellungen einen neuen Führungsstil erwarten. Dabei geht es vor allem auch um die Frage wie diese Anpassung gelingt, denn wenn von einer Digitalisierung der Arbeitswelt die Rede ist, geht es auch immer darum, wie Unternehmen sich organisieren. Es genügt nicht die Mitarbeiter mit Smart-phones und Laptops auszustatten und flexible Arbeitszeiten anzubieten, vielmehr muss auch das Zusammenspiel mit anderen Faktoren wie dem demografischen Wandel, der Individualisierung und New-Work-Modellen gesehen werden. Dabei muss abgewogen werden, welche Chancen aber auch Schwierigkeiten sich da-bei ergeben.11 Auch zeigen sich sehr unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Arbeitssituation die von der Generation Y gefordert werden. Somit ist es eine große Herausforderung, diesen Ansprüchen als Organisation gerecht zu werden. Ziel sollte allerdings eine individuelle Gestaltung der Arbeit sein, so dass sich jeder einzelne in seiner Arbeit bestmöglich verwirklichen kann.12 Dem entgegen steht nicht selten die Sicht der Organisation, denn oft sind Effizienz und Produk-tivität weiterhin vorrangig, was flexibles Arbeiten erschwert. Es ist unumgänglich sich den neuen Anforderungen zu stellen, allerdings muss dies jedes Unterneh-men individuell entscheiden, denn nicht alles, was technisch möglich ist, ist am Ende auch gut.13
Unter dem Begriff der Arbeitszeitflexibilisierung versteht man jede zeitliche Ver-änderung der üblichen Lage und Dauer der Arbeitszeit mit dem Ziel, die Anpas-sung der Arbeitszeiten an Schwankungen der Kapazitätsauslastungen bei gleichzeitiger Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter.14
Unter dem Begriff der Arbeitszeit versteht man die Zeit, in der der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Seit dem 1.7.1994 regelt neben dem ArbSchG das Arbeitszeitgesetz als weiteres wichtiges Schutzgesetz einheitlich das deutsche Arbeitszeitrecht.15 Es definiert die zulässige Höchstar beitszeit, Ruhepausen sowie das generelle Verbot von Sonn- und Feiertagsar-beit. So versteht § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) unter Arbeitszeit „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“.
- Arbeitszeit
Beginn und Ende der Arbeitszeit legen den zeitlichen Rahmen der Arbeitszeit fest. Es ist darauf zu achten, dass die tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten wird. Eine Verlängerung auf maximal 10 Stunden pro Tag ist gege-benenfalls möglich, allerdings setzt dies voraus, dass innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG).
- Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit
Arbeiten an Sonn- und Feiertagen sind grundsätzlich verboten, wobei hier Aus-nahmeregelungen existieren (§ 9 ArbZG).
- Ruhezeiten/Pausen
Nach Arbeitsende ist generell eine Ruhezeit von 11 Stunden einzuhalten (§§ 4, 5 ArbZG), Ausnahmefälle sind gesetzlich geregelt.
- Betriebsrat
Der Betriebsrat besitzt ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung von flexiblen Arbeitszeiten (§§ 80, 87 Abs. 1 BetrVG).
- Aufzeichnungspflicht
Die Verwaltung der Arbeitszeiten ist nach dem Arbeitszeitgesetz aufzeichnungs-pflichtig, wenn diese die tägliche Stundenzahl gemäß § 3 ArbZG überschreitet (§ 16 Abs. 2 ArbZG). Die Aufzeichnungen müssen zwei Jahre lang aufbewahrt und können z.B. durch elektronische Zeiterfassung, protokolliert werden.
Durch die zunehmend flexible und individuelle Gestaltung von Arbeitszeiten, sind gut funktionierende Schutzzäune und Grenzen zwingend erforderlich, dam it so-wohl betriebliche Interessen wie z.B. Erhöhung der Produktivität oder Innovation, aber auch die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Mitarbeiter weiterhin gewähr-leistet werden können. Dabei basiert die Gestaltung moderner Arbeitszeiten auf gesetzlichen und tarifvertraglichen Grundlagen. Neben dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sind hier auch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das Teilzeit- und Be-fristungsgesetz (TzBfG), das Gesetz zur Jugendarbeitszeit (JArbSchG) sowie das Gesetz zum Mutterschutz (MuSchG) zu berücksichtigen und tarifvertragliche, betriebliche und arbeitsvertragliche Regelungen.16 In welchem Umfang sich die Gesetzesvorschriften auf die ausgewählten Arbeitszeitmodelle auswirken, wird in Kapitel 3 detaillierter untersucht.
Angesichts der verschiedenen Unternehmensstrukturen, Prozesse, Interessen der Mitarbeiter und Zielfaktoren ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung. Diese setzten sich aus folgenden Elementen zusammen.17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4: Elemente der Arbeitszeitgestaltung Quelle: Hellert (2014), S. 72.
Definiert wird Arbeitszeit durch zwei Faktoren, nämlich ihre Dauer (chronometri-scher Faktor) und ihre Lage (chronologischer Faktor). Die Dauer der Arbeitszeit wird im Arbeitsvertrag vereinbart. Im Normalarbeitsverhältnis, also dem 8-Stun-den-Tag sind beide Faktoren fix, bei flexiblen Arbeitszeiten sind diese Faktoren variabel. So kann die Arbeitszeit hinsichtlich ihrer Dauer und/oder Lage verändert werden, entweder einseitig durch die Führungskraft selbst oder einvernehmlich durch den Arbeitgeber und durch die Führungskraft.18 Chronometrische Maßnah-men sind hier z.B. eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Beim Jobsharing bei-spielweise handelt es sich um eine Teilzeit-Sonderform chronometrischer Natur, die aber in der Praxis auch chronologisch abgestimmt wird. Von chronologischen Maßnahmen spricht man, wenn die Lage der Arbeitszeit variiert. Dies ist bei Gleit-zeit, Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeitkonten der Fall. Durch die erhöhte Mo-bilität in den letzten Jahren, gewinnt auch der Arbeitsort an Bedeutung. Hierbei steht vor allem die Arbeit außerhalb des Unternehmens im Vordergrund, wie beim Home-Office bzw. der Telearbeit (vgl. Kap. 3.5).
Bei der Gestaltung flexibler Arbeitszeiten ist zunächst rechtlich zu klären, welcher Gestaltungsspielraum existiert. Die Mindestarbeitsbedingungen sind hier von den EG-Richtlinien (Europäische Gemeinschaft) vorgegeben. Des Weiteren be-stimmten Arbeitsschutzgesetze, Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung des Betriebsrates die Verhandlungsmacht. Besteht bspw. beidseitige Tarifbin-dung (§§ 2, 3 TVG), sind Mindestarbeitsbedingungen hier vertraglich geregelt. Abweichungen sind dann nur zugunsten des Arbeitnehmers im Rahmen des Günstigkeitsprinzips zulässig (§ 4 Abs. 3 TVG).19 „Umstritten ist, dass Arbeitge-ber und Arbeitnehmer individualvertraglich eine kürzere als die tarifliche Arbeits-zeit (Teilzeit) vereinbaren können. Dagegen dürfte eine längere Arbeitszeit nur dann zulässig sein, wenn sie günstiger als die tarifliche Arbeitszeit ist.“20 Fehlt diese beidseitige Tarifbindung so gelten nur die jeweiligen Schutzgesetze wie z.B. das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitszeitverordnung (AZO), das Beschäfti-gungsförderungsgesetz sowie Mutter- und Jugendarbeitsschutzgesetz. Der Linnenkohl in Wagner (1995), S. 47.
Schwerpunkt liegt allerdings auf der betrieblichen Ebene, d.h. die Einführung und Gestaltung flexibler Arbeitszeiten beruht auf Betriebsvereinbarungen. Dies ist zum einen die Folge tarifvertraglicher Vorgaben (§ 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG), zum anderen Konsequenz des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG). Sofern der Tarifvertrag also keine expliziten Regelun-gen zur Arbeitszeitgestaltung vorsieht, können Arbeitgeber und Betriebsrat von sich aus Betriebsvereinbarungen über die Gestaltung der Arbeitszeiten beschlie-ßen. (§ 77 Abs. 3 BetrVG).21
Im Folgenden werden Gründe sowohl aus Arbeitgebersicht als auch aus Sicht der Führungskräfte genannt, denn die Einführung solcher Modelle bringt für beide Seiten Vorteile.
Eigenverantwortliches Handeln und Verteilung der Arbeitszeiten steigern nach-weislich die Motivation. Viele Führungskräfte sehen durch eine Flexibilisierung ihrer Arbeitszeiten eine erhöhte Effizienz ihrer Arbeit, da sie Ressourcen besser nutzen können. Gerade im Büro werden viele Unterbrechungen bemängelt, die konzentriertes Arbeiten stören. Home-Office zeigt neben der Effizienzsteigerung auch ein Einsparpotenzial langer Fahrwege. Die Gestaltung von flexiblen Arbeits-zeiten ist einer der wichtigsten Gründe, warum Mitarbeiter ihrem Unternehmen treu bleiben, denn dadurch können auch private und familiäre Interessen im be-ruflichen Ablauf berücksichtigt werden.22
Lange Arbeitszeiten ohne ausreichende „Erholungsphasen“ können erheblichen psychischen Stress verursachen. Auf längere Zeit wird hierdurch die Leistungs-fähigkeit der Arbeitnehmer, die gerade in Führungspositionen von ihnen erwartet wird, stark beeinträchtigt.23 Daher ist es im Interesse der Arbeitgeber, flexible Ar-beitszeiten im Unternehmen anzubieten. Dies fördert zudem die Kreativität und Entscheidungssicherheit der Mitarbeiter und reduziert Fehler.24
Wie bereits in Kapitel 2.1. beschrieben, ist der Wandel der Gesellschaft nach neuen Arbeitszeitmodellen in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Auch der Fachkräftemangel und die jungen Fach-und Führungskräfte der Generation Y fordern von Unternehmen ein Umdenken im Bereich der Mitarbeiterführung und Arbeitsplatzgestaltung. Flexible und zukunftsweisende Strategien sind deshalb die Voraussetzung, um den erwarteten Fachkräftemangel abzubauen und so Mo-dernität und Innovationskraft für junge Fachkräfte zu kommunizieren. 25 Dazu ge-hört auch eine umfassende unternehmerische Verantwortung CSR (Coperate Responsibility) für gesellschaftliche Entwicklungen. Wer dies offen nach außen hin kommuniziert, hat gute Chancen neues geeignetes Fachpersonal zu gewin-nen.
Gerade in höheren Hierarchieebenen nimmt die Bedeutung von Führungskräften als „Vorbild“ zu. So wirken sich oft auch ungewollt das Verhalten und die Aussa-gen auf Mitarbeiter und Kollegen aus. Wenn z.B. der Chef immer als Letzter geht, sehen Mitarbeiter sich häufig gezwungen auch länger im Büro zu bleiben. Es hat sich aber gezeigt, dass Mitarbeiter Vorgesetzte möchten, bei denen sie selbst-ständig entscheiden können und die Kontrolle über ihre Tätigkeit haben und nicht bis ins kleinste Detail, wie auch der individuellen Gestaltung der Arbeitszeit „von oben“ geführt werden.26
Engagierte Führungskräfte sind Voraussetzung für ein erfolgreiches Unterneh-men. Individuelle Gestaltung der Arbeitszeit sowie eine ausgewogene Work-Life- Balance tragen unter anderem zur Zufriedenheit und Motivation bei. Werden in-dividuelle Interessen bei der Verteilung der Arbeitszeit berücksichtigt, wirkt sich dies förderlich und positiv auf die Lebensqualität aus. Es hat sich gezeigt, dass hier vor allem die Produktivität, Kreativität, Lebensqualität und Motivation gestei-gert werden können.27 So ist es auch wichtig, Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Karrierechancen gleichermaßen zu fördern, denn die traditionelle Rollen-verteilung, in der der Mann den Löwenanteil des Einkommens verdient, die Part-nerin zuhause bleibt, sobald sie Mutter geworden ist, und nach dem Wiederein-stieg höchstens in Teilzeit arbeitet, ist nach wie vor die Norm. Derzeit leben laut einer Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 72% der Frauen mit Führungsverantwortung kinderlos. Dies lässt darauf schließen, dass sich Kar-riere und Kinder offenbar immer noch schwierig vereinbaren lassen.28 Dies sollte sich aber im Interesse der Führungskräfte ändern.
Weiterhin hat sich gezeigt, dass sich mit flexiblen Arbeitszeitmodellen neue Füh-rungs- und Arbeitskulturen entwickeln. Beim Home-Office ist vor allem Vertrauen ein wichtiger Indikator, denn die direkte Kontrolle der Arbeit vor Ort ist nicht mehr gegeben. Dies kann durchaus von Vorteil sein, da die Kontrolle der Arbeit eher als aufwändiger und unproduktiver Führungsstil angesehen wird. Führungskräfte, die in Home-Office, Teilzeit oder Jobsharing arbeiten, müssen mehr Aufgaben an ihre Mitarbeiter/Kollegen delegieren. Dies wird aber anders als erwartet eher po-sitiv gesehen, da mehr Verantwortung übergeben wird und berufliche Weiterent-wicklungsmöglichkeiten entstehen.29
[...]
1 Vgl. Raida (2015), Vorwort. BMFSJ (2005), S. 13.
2 Vgl. Hellert (2014), S. 11.
3 Vgl. Hellert (2014), S. 11.
4 Vgl. Bornewasser (2014), S. 28ff.
5 BMFSJ (2005), S. 12.
6 Vgl. BMFSFJ (2005), S. 4.
7 Vgl Hellert (2014), S. 43.
8 Vgl. Bellinghausen (2015), S. 24-25.
9 Vgl. Kienbaum Institut (2015), S.15.
10 Kienbaum Institut (2015), S. 9.
11 Vgl. Bellinghausen (2015), S. 24-25.
12 Vgl. Hellert (2014), S. 13-14.
13 Vgl. Bellinghausen (2015), S. 24-25
14 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2016)
15 Vgl. Wank in ErfK (2016), ArbZG § 1 Rn. 1.
16 Vgl. Hellert (2014), S. 65. Vgl. Hellert (2014), S. 72ff.
17 Vgl. Hamann (2005), S. 1.
18 Vgl. Linnenkohl in Wagner (1995), S. 46.
19 Vgl. Linnenkohl in Wagner (1995), S. 45ff. Vgl. Wininger (2011), S. 64.
20 Vgl. Marr (2001), S. 364.
21 Vgl. Wininger (2011), S. 60.
22 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2015), S. 5.
23 Vgl. Marr (2011), S. 366.
24 Vgl. Winiger (2011), S. 67.
25 Vgl. Abrell (2015), S. 11.
26 Vgl. EAF Berlin, (2016), S. 36.
27 Vgl. EAF Berlin, (2016), S. 36.
28 Vgl. EAF Berlin, (2016), S. 36.
29 Vgl. EAF Berlin, (2016), S. 36.
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