Masterarbeit, 2019
106 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Physiologische Anpassungen an Training
2.1 Ausdauertraining
2.1.1 Mitochondriale Biogenese
2.1.2 Herz-Kreislauf-System
2.1.3 Muskelfasereigenschaften
2.2 Krafttraining
2.2.1 Hypertrophie und Proteinbiosynthese
2.2.2 Herz-Kreislauf-System
2.2.3 Neuronale Anpassung
2.2.4 Muskelfasereigenschaften
3. Physiologische Auswirkungen von kombiniertem Kraft- & Ausdauertraining
3.1 Beeinflussung der Kraftanpassungen durch Ausdauertraining
3.2 Beeinflussung der Ausdaueranpassungen durch Krafttraining
4. Material & Methoden
4.1 Studiendesign
4.2 Methoden und Parameter
4.3 Durchführung
5. Ergebnisse
5.1 Ausdaueranpassungen
5.2 Kraftanpassungen
5.3 Stoffwechselanpassungen
6. Diskussion
7. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Einleitung: Seit 1980 gibt es Untersuchungen zum sogenannten Interferrenzeffekt zwi-schen Kraft- und Ausdauertraining im selben Trainingsplan (Concurrent Training). Aus-dauertraining und unmittelbar nachfolgendes Krafttraining führt zur erhöhten Bildung der mRNA von PGC1-α (Wang et al., 2011), dem Hauptkoordinator der physiologischen Ausdaueranpassung, im Vergleich zu Ausdauertraining alleine. In dieser Stude wird da-her der Einfluss der unmittelbaren Koppung von Kraft- und Ausdauertraining auf die physiologische Anpassung unter praxisnahen Bedingungen untersucht. Material & Methoden: In dieser Interventionsstudie werden 16 gesunde, erwachsene, moderat trainierte Sportstudenten- und dozenten in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe absolviert ein extensives Ausdauertraining (Kontroll), die andere das selbe Ausdauertrai-ning in Form von Mountainbiken und unmittelbar nachfolgend ein intensives Krafttrai-ning mit 5 Sätzen auf der Beinpresse oder mit Ausfallschritten (Intervention). Die Studie umfasst die Messung verschiedener Parameter der Ausdauer- und Kraftfähigkeit, sowie des Stoffwechsels am Anfang (PRE), nach 8 Wochen zwei mal wöchentlichen Trainings (POST1) und nach einer weiteren Woche mit fünf Ausdauertrainingstagen am Stück (POST2). Es werden die Hypothesen aufgestellt, dass beide Gruppen ihre Ausdauer- (H1) und Kraftfähigkeit (H2), sowie Stoffwechselparameter (H3) verbessern und die Verände-rungen in der Interventionsgruppe stärker ausfallen, als die Kontrollgruppe. Ergebnisse: Beide Gruppen verbesserten ihre Ausdauerleistungs- und Kraftfähigkeit sig-nifikant und es ergaben sich keine signifikanten Veränderungen bei den Stoffwechselpa-rametern. Die Interventionsgruppe verbesserte ihre Ausdauerleistungs- und Kraftfähig-keit in größerem Ausmaß, als die Kontrollgruppe. Die größeren Verbesserungen in der Interventionsgruppe betreffen die Entwicklung der VO2 Max, der Time to Exhaustion, der maximalen Wattleistung im Rampentest, der Kraftentwicklung im 6 RM Test und der Handgriffkraft. Die Hypothesen H1 und H2 werden damit bestätigt, die Hypothese H3 wird verworfen.
Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie zeigt, dass Krafttraining unmittelbar nach ei-nem Ausdauertraining, unter praxisnahen Bedingungen, die Ausdauerleistungs- und Kraftfähigkeit von moderat trainierten, gesunden Erwachsenen stärker verbessert als das Ausdauertraining alleine.
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Ausdauersportler sind dünne Heringe und Kraftsportler können vor Kraft nicht laufen, so sagt der Volksmund. Dennoch ist es mittlerweile seit Jahren Standard in der Trainings-praxis, dass auch Hochleistungssportler in Disziplinen, die man eher dem Ausdauerleis-tungsbereich zuordnet, Krafttraining betreiben. Das liegt daran, dass eine breite Masse an wissenschaftlichen Ergebnissen mittlerweile belegt, dass Krafttraining von Profisportlern in Ausdauerleistungsdisziplinen gut vertragen wird, die Anpassung an das Training ver-bessert und damit direkt zu einer besseren Leistung beiträgt (vgl. Rønnestad & Martin, 2016). Dennoch gibt es seit 1980 Vermutungen, dass sich Kraft- und Ausdauertraining gegenseitig negativ beeinflussen und ein zeitgleiches Training von Kraft- und Ausdauer in einem Trainingsplan zu schlechteren Ergebnissen führt, als ein singuläres Training (vgl. Hickson, 1980). Der sogenannte Interferenzeffekt bei gekoppeltem Kraft- und Aus-dauertraining ist, auch aufgrund eines besseren Verständnisses der molekularen Anpas-sungsmechanismen, heute ein sehr aktuelles Forschungsthema. Ebenfalls macht es der heutige Leistungssport mit teils drei Trainingseinheiten pro Tag mehr denn je nötig die Trainingsplanung zu optimieren, um mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu können. Diese Arbeit versucht also ein aktuelles Forschungsthema zu bearbeiten und gleichzeitig praktische Implikationen für den Leistungssport zu geben. Deswegen habe ich mich entschieden, eine unmittelbare Kopplung von Kraft- und Audauertraining unter praxisnahen Bedingungen zu untersuchen. Ich orientiere mich dabei an der Arbeit von Wang et al. (2011) und versuche die gleiche Fragestellung erneut in einer praktischen Interventionsstudie zu untersuchen. Zuerst schreibe ich über die physiologischen Anpas-sungsmechanismen an Kraft- und Ausdauertraining. Dabei gehe ich auf die wichtigsten der komplexen physiologischen Anpassungen ein, die für das Verständnis der Studie wichtig sind. Danach erläutere ich die Hintergründe zum Interferenzeffekt und inwiefern sich Ausdauertraining auf die Kraftanpassung und Krafttraining auf die Ausdaueranpas-sung auswirkt. Anschließend erläutere ich das methodische Vorgehen und die Durchfüh-rung bei meiner Interventionsstudie und stelle die Ergebnisse vor. Danach diskutiere ich im Rahmen der vorherigen Forschung meine Studie und gebe in meiner Schlussfolgerung Hinweise zur Integrierung meiner Ergebnisse in die Trainingspraxis.
Körperliches Training wirkt grundlegend auf den menschlichen Körper und seine Physi-ologie. Äußerlich betrachtet antwortet der Körper auf einen Trainingsreiz mit einer phy-siologischen Anpassung. Diese Anpassung beginnt auf molekularer Ebene mit der Auf-nahme und Weiterleitung des Trainingszeizes in einer sogenannten Signalkaskade und mündet in einer physiologischen Anpassung. (vgl. Toigo & Boutellier, 2006).
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Abb. 1: Aufnahme, Weiterleitung und Umwandlung eines Trainingsreizes in einen Trai-ningseffekt mittels einer Signalkaskade (nach Toigo & Boutellier, 2006).
Erfährt das körperliche Gleichgewicht, die sogenannte Homöostase, eine Störung regis-triert der Körper dies über verschiedene spezifische Sensoren. Im Falle körperlichen Trainings sitzen diese Sensoren unter anderem in der Muskulatur (vgl. Hoppeler, 2017).
Die vier größten physiologischen Reize durch körperliches Training sind mechanische Last, neuronale Aktivierung, hormonelle Veränderungen und metabolische Störungen (vgl. Flück & Hoppeler, 2003). Die sogenannte „ response matrix “ besteht meist aus ver-schiedenen Proteinen und Proteinkomplexen, die die physiologischen Reize, z.B. über Phosphorylierung, Acetylierung, Methylierung oder Ubiquitinierung weiterleiten. Dies wiederum aktiviert eine spezifische Genexpression auf translatierender oder transkribie-render Ebene und führt zu spezifischen Anpassungen (vgl. Hoppeler, 2017). Diese An-passungen wiederum führen zu den äußerlich sichtbaren Anpassungseffekten (vgl. Toigo & Boutellier, 2006).
Eine wichtige Anpassung an Ausdauertraining sind größere und vermehrte Mitochond-rien in den Muskelzellen, sowie eine höhere Aktivität oxidativer Enzyme in den Mito-chondrien (vgl. Petriz et al., 2016; Popov, 2017; Hughes et al., 2019). Das Protein „ pers-oxisome proliferator activated receptor gamma coactivator 1 “ (PGC-1α) spielt hier die Hauptrolle in der Signalkaskade, die durch Ausdauertraining zu physiologischen Anpas-sungen führt (vgl. Chan & Arany, 2014). PGC-1α gehört zu einer Reihe von transkripti-onalen Proteinen und steuert die mitochondriale Biogenese, Anpassungen des Gefäßsys-tems und die Regulierung des Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels in verschiedenen Ge-weben (vgl. Popov, 2017). Ein zentraler Aktivator von PGC-1α ist die „ Adenosinmono-phosphat-activated protein kinase “ (AMPK). AMPK ist ein Protein, welches ein Un-gleichgewicht in der Energiebilanz, z.B. während körperlicher Aktivität registriert. Dies funktioniert, da während körperlicher Bewegung vermehrt Adenosintriphosphat (ATP) zu Adenosinmonophosphat (AMP) umgewandlet wird, um mithilfe der freiwerdenden Energie den Querbrückenzyklus der Muskelkontraktion zu versorgen (vgl. Mounier et al., 2015). AMP hat wiederum an der γ-Untereinheit der AMPK eine bindende Wirkung und erhöht somit die Aktivität der AMPK. AMPK ist damit dafür zuständig, die Energiebilanz des Körpers zu überwachen und z.B. kurzfristig zu einer größeren Glukoseaufnahme und Fettoxidation der Zellen beizutragen. Eine erhöhte AMPK-Aktivität führt dazu, dass mehr PGC-1α in aus dem Cytosol in den Zellkern wandert (vgl. Little et al., 2010).
Dass Ausdauertraining zu einer Aktivierung der AMPK führt sieht man ebenfalls an der erhöhten Phosphorylierungsrate der Acetyl CoA Carboxylase (ACC), einem Marker für AMPK Aktivität, nach Ausdauertraining (vgl. ebd). Ein weiteres wichtiges Protein, dass im Cytosol durch Ausdauertraining aktiviert wird, ist die „ p38 mitogen-activated protein kinase“ (p38 MAPK) (vgl. ebd.). P38 MAPK ist ebenfalls dafür verantwortlich, dass PGC-1α nach Ausdauertraining in den Zellkern wandern und die mitochondriale Gen-transkription eingeschaltet werden kann (vgl. ebd; Mounier, 2015). Ein weiterer wichtiger Faktor sind die „ Ca2 + / calmodulin-dependent protein kinases “ (CaMKs). Muskelansteu-erungen führen nach einem Nervenimpuls an der motorischen Endplatte zu einem rapiden Anstieg der Calcium (Ca2 +) Level im Cytoplasma des Muskels, um die Kontraktion ein-zuleiten. Daraufhin bindet Ca2 + an calmodulin, bildet den Ca2 + / Calmodulin complex und aktiviert die CaMKs (vgl. Hook & Means, 2001) und interagiert mit calcineurin (CaN) (vgl. Tavi & Westerblad, 2011). CaMKS und CaN wiederum aktivieren verschiedene Transkriptionsfaktoren wie „ nuclear factor of activated T-cells “ (NFAT), „ myocyte enhancer factor “ (MEF), oder Transkriptionsmodulatoren wie „ histone deacetylase “ (HDACs) und wiederum PGC-1α (vgl. Norrbom et al., 2004). Während muskulärer Ak-tivität entstehen in den Muskeln sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reak-tive Stickstoffspezies (RNS) (vgl. Balon & Nadler, 1994). Superoxid ist beispielsweise eine reaktive Sauerstoffspezies, die im sarcoplasmatischen Retikulum, in den Tubuli, im Sarkolemm, Cytosol und in den Mitochondrien entsteht (vgl. Powers et al., 2011). Unge-fähr 0,15% des von den Mitochondrien verbrauchten Sauerstoffs führt zur Entstehung von Superoxid (vgl. St-Pierre et al, 2002). Über eine Signalkaskade, die den „ nuclear factor of activated B-Cells “ (NF-kB) benutzt, sowie über die Aktivierung von PGC-1α führen diese ROS und RNS zu einer besseren muskulären Verstoffwechselung von Sau-erstoff und zu einer größeren antioxidativen Verteidigung (vgl. Hoppeler, 2017). PGC-1α reagiert empfindlich auf Änderungen des Redox Status aus antioxidativen Schutzsys-temen, wie beispielsweise der Mangan-Superoxid Dismutase und ROS/RNS. Dabei spie-len auch wieder AMPK und MEF2 eine Rolle (vgl. ebd.). Auch intrazelluläre freie lang-kettige Fettsäuren (LCFAs) sind essentiell für die Regulation des Energiemetabolismus, indem sie als Liganden für „ peroxisome-proliferator activated receptors“ (PPARs) fun-gieren. Besonders PPARδ spielt eine wichtige Rolle bei Langzeitausdauerbelastungen und kommt daher in oxidativen Muskelfasern häufiger vor, als in vorwiegend glykolyt-isch arbeitenden Fasern (Hoppeler, 2017; Kannisto et al., 2006).
PPARδ aktiviert die Gene für das forkhead box protein O1 (FOXO1), welches wiederum PGC-1α aktivieren können. Auf weiteren Signalwegen können die LCFAs auch p38 MAPK und weitere für die Ausdauerleistungsfähigkeit wichtige Proteine aktivieren. Nicht nur Phosphorylierung, sondern auch Deacetylierung durch die „ NAD-dependent deacetylase sirtuin-1 “ (SIRT-1), ausgelöst durch AMPK, spielt eine Rolle für den Mito-chondriengehalt und ihre Atmung in der Zelle (vgl. Cantó et al., 2009; Menzies et al., 2013). Über die bisher besprochenen Wege führt Ausdauertraining zu einer Verschiebung von PGC-1α vom Nucleus in den Zellkern (vgl. Wright etl al., 2007; Little et al., 2010; Safdar et al., 2010) und in die Mitochondrien (vgl. Safdar et al., 2010, Smith et al., 2013). In den Mitochondrien interagiert es mit „ transcription factor A “ (TFAM) und im Zellkern mit „ estrogen-related receptors “ (ESRRs), PPARs und anderen Transkriptionsfaktoren (vgl. Scarpulla, 2008; Narkar et al., 2011; Rangwala et al., 2010). Ausdauertraining er-höht ebenfalls im Nachgang die Genexpression des Gens PPARGC1A, welches wiede-rum den PGC1-α Gehalt in der gesamten Zelle erhöht und damit die mitochondriale Bio-genese während späterer Phasen der Erholung stimuliert (vgl. Wright et al., 2007; Ikeda et al., 2008).
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Abb. 2: Die wichtigsten Einflussfaktoren auf PGC-1 α (nach Popov, 2017).
Ist die mitochondriale Biogenese einmal eingeschaltet, kommt es wie bereits erwähnt über TFAM, ESRRs, PPARs und anderen Transkriptionsfaktoren zur Bildung neuer Mi-tochondrien. Diese wiederum fungieren in Zukunft entweder als eigenständige Mito-chondrien oder fusionieren mit anderen Mitochondrien (vgl. Drake et al., 2019).
PGC-1α und damit auch Ausdauertraining unterstützt wahrscheinlich diese Fusion durch die „ transmembrane GTPases mitofusion 2 “ (MFN-1) (vgl. Cartoni et al., 2005; Ding et al., 2010). Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Abspaltung fehlerhafter Bereiche des Mi-tochondriums, auch bekannt als Fission. In Experimenten mit Mäusen konnte gezeigt werden, dass die GTPase DRP1 nach Ausdauertraining aktiviert wird (vgl. Pagano et al., 2014). DRP1 bildet eine Art Schlinge um die äußere Mitochondrienmembran und kapselt somit einen Teil ab. Der abgekapselte Teil wird dann mitophagiert, also abgebaut. Dieser Prozess beginnt durch die „ uncoordinated-51-like kinase 1 “ (ULK1), welche wiederum durch AMPK und damit auch durch Ausdauertraining aktiviert wird (vgl. Drake et al., 2016).
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Abb. 3: Die wichtigsten Einflussfaktoren der finalen mitochondrialen Biogenese (nach Drake et al., 2016).
Es besteht eine enge Korrelation zwischen der Anzahl an Mitochondrien und der kapilla-ren Blutversorgung (vgl. Hoppeler & Kayar, 1988). Das ergibt Sinn, da der von den Mi-tochondrien verstoffwechselte Sauerstoff erstmal zu ihnen transportiert werden muss. Ein wichtiger Faktor hier ist die Schubspannung auf die Endothelzellen, die auftritt, wenn ein gesteigerter Blutfluss in die Gefäße passiert. Weiterhin sind aktive und passive Dehnun-gen des Muskelgewebes wichtig für die Angiogenese (vgl. Egginton et al., 1998; Hellsten & Hoier, 2014). Eine wichtige Role kommt hier dem „ vascular endothelial growth factor “ (VEGF) zu.
VEGF ist ein Protein, dass in Muskelzellen in Vesikeln gelagert wird, um es bei aktiver oder passiver Bewegung in den extrazellulären Raum zu entlassen (vgl. Hoier et al., 2013). Die Schubspannung auf die Endothelzellen löst hier eine Hochregulierung der Ge-nexpression für VEGF aus. Genauso löst Schubspannung an der Gefäßwand eine ver-stärkte Aktivität der „endothelial nitric oxide synthase “ (eNOS) aus (vgl. Williams et al, 2006), welche wiederum Stickstoff produziert und VEGF reguliert und umgekehrt (vgl. Tsurumi et al. 1997; Murohara et al., 1998; Papapetropoulos et al., 1997). Viele weitere Faktoren sind an der durch Schubspannung ausgelösten Angiogenese beteiligt (vgl. Eg-ginton, 2011; Wragg et al., 2014). Für die durch passive Dehnung der Blutgefäße ausge-löste physiologische Anpassung sind, neben VEGF auch Matrix Metalloproteinasen (MMPs) beteiligt. Auch wenn der Prozess und die Frage, welche MMPs genau zur Angi-ogenese beitragen noch nicht vollstädnig geklärt ist, so wirken MMP-2 und MMP-9 als proangiogene Faktoren (vgl. Hellsten & Nyberg, 2016). Hypoxie ist ein weiterer Weg, über den VEGF stimuliert wird. Sauerstoffmangel führt zur Stabilisierung des „ hypoxia inducible factor 1“ (HIF-1), der unter normalen Sauerstoffbedingungen wiederkehrend zerstört wird (vgl. Hoppeler, 2017). Der HIF-1 Signalweg stimuliert das Protein Erythro-poetin (EPO), das wiederum die Bildung neuer roter Blutkörperchen anregt und den VEGF, was wiederum zur Bildung neuer Blutgefäße führt. Außerdem werden verschie-dene Gene des Glukosestoffwechsels und der Glykolyse eingeschaltet (vgl. Semenza, 2012). Über beta-adrenergene Signalwege, die durch Ausdauertraining stimuliert wer-den, gibt es einen weiteren Weg VEGF über PGC1-α auszuschütten (vgl. Arany et al., 2008). VEGF werden auch von endothelialen Vorläuferzellen ausgeschüttet, welche bei sehr langen Ausdauerbelastungen aus dem Knochenmark freigesetzt werden, zu neuen Endothelzellen differenzieren und sowohl Angiogenese, als auch Neoangiogenese bewir-ken (vgl. Laufs et al., 2004 ;Adams et al., 2008; Bonsignore et al., 2010; Fuentes Ribeiro da Silva et al., 2011). Ein weiterer Faktor bei der Angiogenese sind „ angiopoetin 1 und 2 “ (ANG1 und 2). ANG2 reguliert die Destabilisierung und Remodelierung der Kapilla-ren, während ANG1 die neu geformten Kapillaren stabilisiert (vgl. Hoier et al., 2012). Weiterhin wichtig für die Angiogenese via VEGF ist „ platelet-derived growth factor sub-unit A “ (PDGFA). PDGFA ist ein Protein, dass aus der Familie der PDGFs stammt.
Proteine aus der Familie der PDGFs spielen z.B. eine wichtige Rolle bei der Verletzung von Blutplättchen, die Forschung befindet sich in dieser Hinsicht allerdings noch am An-fang. Der Gehalt an mRNA für PDGFA ist bei Ratten nach Ausdauertraining erhöht, ge-nauso wie der Proteingehalt selber, im Skelett-, aber nicht im Herzmuskel. (vgl. Czar-kowska-Paczek et al., 2010; Czarkowska-Paczek et al., 2011).
Generell wirken bei der Angiogenese immer proangiogenesische und antioangiogenesi-sche Faktoren zusammen und das Gleichgewicht entscheidet, ob neue Blutgefäße gebildet oder alte abgebaut werden
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Abb. 4: Die wichtigsten proangiogenesischen und antiangiogenesischen Faktoren im Skelettmuskel (nach Hellsten & Nyberg, 2016).
Ein weiterer interessanter, weil PGC-1α unabhängiger Weg der Angiogenese kommt durch ESSRγ zustande. In hochgradig vaskularisierten Muskeln wird ESSRγ unter ande-rem von AMPK aktiviert und führt zu einem veränderten muskulären Phänotyp mit grö-ßerer oxidativer Kapazität und höherer Kapillardichte (vgl.Narkar et al., 2011). ESSRα führt wiederum über VEGF und andere Faktoren zur Angiogenese (vgl. Arany et al., 2008). Eine weitere physiologische Anpassung an Ausdauertraining stellt ein verringerter Ruhepuls dar (vgl. Reimers et al., 2018).
Dieser kommt nicht etwa durch eine erhöhte Aktivität der Parasympathikus oder eine verringerte beta-adrenerge Stimulation zustande (vgl. Bahrainy et al., 2016), sondern durch Veränderungen im elektrophysiologischen Verhalten des Sinusknotens. Genauer gesagt kommt es durch Ausdauertraining zu einer Anpassung der „ hyperpolarization-ac-tivated cyclic nucleotide-gated channels “ (HCN), welche die Geschwindigkeit des Sinus-knotens bestimmen (vgl. D´Souza et al., 2014). Verschiedene Transkriptionsfaktoren, wie „ T-box transcription factor 3 und 18 “ (Tbx 3 und 18), MEF2C, „ neuron-restrictive silencer factor “ (NRSF) und „ microRNA 1 “ (miR-1) regulieren HCN1 und HCN4 und werden teils durch Ausdauertraining beeinflusst (vgl. ebd; vgl. Kuratomi et al., 2009). Die treibende Kraft ist hier AMPK, genauer gesagt γ2 AMPK. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Sinusknotens, indem es die Frequenz des Sinusknotens steuert und die Herzmuskelenergiebilanz und den körperlichen Grundumsatz reguliert (vgl. Yavari et al., 2016; Yavari et al., 2017). Mit Einflussnahme von γ2 AMPK auf die beiden wichtigsten Einflussfaktoren der Frequenz des Sinusknotens, der Membranuhr und der Ca2 + Uhr, erklärt sich der Einfluss von Ausdauertraining auf den Ruhepuls (vgl. Yavari et al., 2017).
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Abb. 5: Ausdauertraining und der Einfluss auf γ2 AMPK und den Ruhepuls (nach Yavari et al., 2017).
Schon seit 1972 weiß man, dass Ausdauersportler mehr Slow-Twitch Fasern (ST-Fasern) besitzen, als andere Fasern. Diese ST-Fasern wiederum spiegeln den erhöhten Sauerstoff-bedarf bei Ausdauerbelastungen durch eine höhere oxidative Kapazität, z.B. in Form ei-nes höheren Gehalts an Enzymen des oxidativen Stoffwechsels, sowie der Succinat-de-hydrogenase (SDH) dar (vgl. Gollnick et al., 1972).
Diese Unterschiede sind bis auf die Ebene der Gene sichtbar, in der Ausdauerathleten eine bis zu 50% höhere Volumendichte der Mitochondrien und des Sarcoplasmas aufwei-sen (vgl. Flück et al., 2019). Menschen besitzen drei verschiedene Arten von Muskelfa-sern, die je nach Zusammensetzung des Muskels zu unterschiedlichen kontraktilen, me-tabolischen und biochemischen Eigenschaften beitragen (vgl. Qaisar et al., 2016). Ein wichtiger Unterschied und der Hauptmarker für die Faserntypklassifikation des Muskels ist die Expression der „myosin heavy chain isoform“ (MyHCi). Myosin ist der molekulare Motor der Kraftentwicklung durch Muskulatur und macht ca. 25% der Proteinmenge im Muskel aus (vgl. Balagopal et al., 1997). Eine Muskelfaser kann eine einzige MyHCi aufweisen oder mehrere verschiedene und stellt dann eine sogenannte Hybridfaser dar. Typ I Fasern werden auch ST-Fasern genannt, da sie langsamer kontrahieren als „fast twitch“ Fasern (FT-Fasern). Die Typ II Fasern wiederum teilen sich auf in die Typ IIa und Typ IIx Fasern. Typ I Fasern besitzen einen überwiegend oxidativen Stoffwechsel und eine höhere Kapillardichte, Typ IIa Fasern einen gemischen Stoffwechsel aus oxidativen und glykolytischen Stoffwechselwegen, während die Typ IIx Fasern am schnellsten kontrahieren, am meisten Kraft generieren und am meisten Energie verbrauchen (vgl. Malisoux et al., 2007; Ferraro et al., 2014). Muskeln sind hochgradig plastisch veränder-bar und die Muskelfasertypzusammensetzung wird durch Training und Nichtgebrauch beeinflusst (vgl. Castro et al., 1999; Nader & Esser, 2001). Mehrere Faktoren, wie neu-romuskuläre Stimulierung (vgl. Doucet et al., 2012), mechanische Be- und Entlastung (vgl. Maffei et al., 2014), Hormone (vgl. Zhang et al., 2014) und Alterungsprozesse (vgl. Cristea et al., 2010) beeinflussen den Muskelfasertyp. Wie bereits erwähnt führt eine an-dauernde nervale Stimulation des Muskels zu Kontraktionen durch Ca2 + Einstrom. Durch Bildung des CaMKs und Interaktion mit Calcineurin wird NFAT aktiviert und führt unter anderem zu einer Umwandlung der Typ IIa- und IIx Fasern zu Typ I Fasern (vgl. Tothova et al., 2006). CaMKs ist außerdem dafür zuständig, die Frequenz der Muskelkontraktion und des Calciumeinstroms zu messen und aktiviert über den MEF2 Weg die Umwandlung zu Typ I Fasern (vgl. Rose & Hargreaves, 2004; Potthoff et al., 2007). PPARP und PGC-1 a sorgen ebenfalls dafür, dass der langsamere Fasertyp verstärkt gebildet wird (vgl. Schuler et al., 2006; Zechner et al., 2011). Genauso spielen ESSRy und AMPK eine Rolle bei den Änderungen des grundlegenden Faserntyps des Skelettmuskels durch Training (vgl. ebd.; Rockl et al., 2007).
Der Muskelfaserswitch vom Typ IIx zu Typ IIa zu Typ I durch Ausdauertraining kommt auch durch eine Reduktion von Hybridfasern zustande (vgl. Trappe et al., 2006). Ände-rungen des Muskelfasertyps können auch durch das nervale Innervationsmuster verändert werden. Wenn Muskelfasern über die motorische Endplatte in einer Art und Weise sti-muliert werden, die typisch für FT-Fasern ist, fördert dies die Umwandlung von ST- zu FT- Fasern und umgekehrt (vgl. Pette & Staron, 1997; Doucet et al., 2012).
Zusammengefasst führt Ausdauertraining zu einer Verstärkung der mitochondrialen Bio-genese, welche zu mehr, größeren und leistungsfähigeren Mitochondrien unter Verbesse-rung der enzymatisch gesteuerten Stoffwechselwege führt, zu einer verstärkten Angioge-nese und Neoangiogenese des Herz-Kreislauf Systems, sowie zu einer Reduzierung der Feuerfrequenz des Sinusknotens und einer veränderten Faserzusammensetzung der Ske-lettmuskulatur.
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Abb. 6: Die wichtigsten Anpassungen an Ausdauertraining inklusive der wichtigsten mo-lekularen Einflussfaktoren (nach Brendan & Zierath, 2017).
Muskeln bilden das Hauptreservoir für Proteine in allen Wirbeltieren ab. Die Muskel-masse selbst ist hierbei das Produkt aus Muskelauf- und abbau, genauer gesagt aus der Synthese und der Degradation von Proteinen. Eine ähnliche Schlüsselrolle wie PGC-1α beim Ausdauertraining nimmt hier der „ mechanistic target of rapamycin complex “ (mTORC) ein. Hierbei wird zwischen mTORC1 und mTORC2 unterschieden. mTORC1 besitzt ein Schlüsselprotein namens „raptor“ und mTORC2 eines namens rictor (vgl. Zhou & Huang, 2010). mTORC wird von verschiedenen äußerlichen Faktoren beinflusst und diese Faktoren wiederum beeinflussen dadurch die von mTORC1 ausgelöste Signal-kaskade, die zu einer Muskelhypertrophie führt. Der Haupteinflussfaktor für Muskelhy-pertrophie im sportlichen Kontext ist die mechanische Last, bzw. die daraus resultierende Spannung auf die Muskulatur. Erzeugen die Sarkomere eine mechanische Spannung, wird diese wiederum über die extrazelluläre Matrix zu den in der Zellmembran verankar-ten Costameren weitertransportiert (vgl. Goldmann, 2014; Janostiak et al., 2014). Zum Proteinkomplex der Costamere gehören z.B. Integrine und die „ focal adhesion kinase “ (FAK). FAK spielt spielt eine wichtige Rolle in der Vermittlung von Reizen wie z.B. Bettruhe oder Krafttraining (vgl. Li et al., 2013). FAK wiederum aktiviert direkt und über „ insulin receptor substrate 1 “ (IRS-1) und „ phosphoinositid-3-kinase “ (PI3K) die „ protein kinase B “, auch bekannt als AKT, die wiederum mTORC1 aktiviert (vgl. Hoppeler, 2017). FAK und mTORC1 können weiterhin beide die „ ribosomal protein S6 kinase “ (p70S6K) aktivieren (vgl. ebd., Klossner et al, 2009). P70S6K wiederum aktiviert das ribosomale Protein S6, einen Hauptinitiator der ribosomalen myofibrillären Proteinsyn-these (vgl. Chauvin et al., 2014). Die Phosphorylierung von p70S6K wiederum korreliert mit Muskelhypertrophie (vgl. Terzis et al., 2008). Die Aktivierung von Satellitenzellen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Hypertrophie nach Krafttraining, da Hyper-trophie auch zu einer größeren Anzahl an Satellitenzellen führt (vgl. Kadi et al., 2004). Satellitenzellen befinden sich normalerweise im Ruhezustand in der Basallamina von Muskelzellen und ihre Aktivierung führt zur Bildung von Myoblasten und neuen Mus-kelzellkernen durch Teilung und Diff erenzierung (vgl. Morgan & Zammit, 2010).
Eine Zunahme der Zellkerne im Muskel kommt nur in Verbindung mit einer Vergröße-rung des Muskelquerschnitts vor (vgl. Mozdziak et al., 1994; Teixeira & Duarte, 2011). Am Anfang dieses Prozesses stehen die „ myogenic regulatory factors “ (MRFs), welche im Zuge der Aktivierung stärker gebildet werden (vgl. Cornelison & Wold, 1997), sowie verschiedene andere Proteine, wie u.a. „ paired box-7 “ (PAX7) (vgl. Relaix et al., 2006).
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Abb. 7: Übersicht zu den trainingsinduzierten, an Aktivierung, Proliferation und Diffe-renzierung von Satellitenzellen beteiligten, Faktoren (nach Bazgir et al., 2017).
Ein weiterer wichtiger Faktor für Muskelhypertrophie ist die Unterbindung von Mus-kelatrophie, bzw. auf molekularer Ebene die Hemmung von katabolen Stoffwechselvor-gängen (vgl. Toigo & Boutellier, 2006). Die Aktivierung von AKT führt beispielsweise zur Phosphorylierung und damit zur Hemmung von FOXO1 und anderen FOXO Protei-nen, die wiederum Proteine aktivieren, die an Atrophieprozessen beteiligt sind (vgl. Mammucari et al., 2007; Milan et al., 2015). Dazu gehören z.B. Atrogin-1, und „ muscle ring finger protein 1 “ (MuRF-1) (vgl. Stefanetti et al., 2015). Das funktioniert dadurch, dass phosphoryliertes FOXO nicht mehr in den Zellkern translozieren und seine atro-phiefördernde Wirkung über Atrogin-1 und MuRF-1 nicht mehr entfalten kann.
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Abb. 8: Molekulare Signalwege von Hypertrophie und Atrophie (nach Toigo, 2006).
TORC1 wiederum hemmt den „ eukaryotic initiation factor 4E (eIF4E) -binding protein 1 “ (4E-BP1). Die Hemmung von 4E-BP1 führt zur Hemmung der Translation von 5´ mRNA durch eIF4E, die wiederum Translationsfaktoren der ribosomalen Proteinsynthese kodieren (vgl. Thoreen et al., 2012). Außerdem hält mTORC1 den „ eukaryotic elongation factor 2 “ (eEF2) durch Hemmung der „ eukaryotic elongation factor2 kinase“ (eEF2K) aktiv und verhindert damit ein Atrophiesignal (vgl. Rose et al., 2009). AKT hemmt eben-falls die „ glycogen synthase kinase 3 beta “ (GSK3β), welche wiederum den „ eukaryotic initiation factor 2 “ (eIF2) hemmen würde und unterstützt so ebenfalls die Hypertrophie. Auch SIRT-1 spielt bei der hypertrophen Anpassung im Krafttraining durch Hemmung des FOXO Signalweges eine wichtige Rolle (vgl. Koltai et al., 2017).
Damit Satellitenzellen ihrer vorherig beschriebenen Funktion nachgehen können, sind sie z.B. auf Wachstumsfaktoren angewiesen, die über die Kapillaren transportiert werden (vgl. Joanisse et al., 2018). Dies betrifft in größerem Maße die FT-Fasern, die eine höhere Anzahl an Satellitenzellen enthalten (vgl. Telles et al., 2019) und beim Krafttraining mehr Kraft entwickeln können. Krafttraining führt hier wie bereits erwähnt zu einer erhöhten Anzahl an Satellitenzellen in den FT-Fasern (vgl. Verdijk et al., 2014) und passender-weise gleichzeitig zu einer verstärkten Kapillarisierung im Muskel (vgl. Verdijk et al., 2016). Satellitenzellen sorgen über eine Ausschüttung von proangiogenesischen Fakto-ren, wie z.B. VEGF-A selbst für ihre Versorgung. Generell scheint es so zu sein, dass eine verstärkte Vaskularisierung des Muskels nur dann notwendig ist, wenn der Quer-schnitt zunimmt und somit bei einer gleichbleibenden Vaskularisierung die Versorgung schlechter werden würde (vgl. Ahmed et al., 1997). Auch die Aktivierung von SIRT-1 durch Krafttraining könnte durch die Aktivierung von PGC-1α und eNOS zur Ausschüt-tung von VEGF beitragen, wie es von Gavin et al. (2007) gezeigt wird. Laut einer Studie von 2016 hat Krafttraining einen kleinen Effekt auf eNOS (vgl. Cocks et al., 2016; San-tana et al., 2018) und keinen Einfluss auf ANG2, welche normalerweise von PGC-1α aktiviert werden und zur Ausschüttung von VEGF führen. (vgl. Hoier et al., 2012). Durch die Hochregulierung des MAPK Signalweges durch Krafttraining konnten bei Ratten ebenfalls Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems festgestellt werden (vgl. Fontes et al., 2014). Alles in allem sind die Anpassungen des Herz-Kreis-Systems durch Krafttrai-ning kleiner, als beim Ausdauertraining. Jedoch führt auch Krafttraining mit Steigerung des Muskelquerschnitts zu einer angepassten Vaskularisierung, auch wenn die Prozesse dahinter noch nicht klar verstanden werden (vgl. Black et al., 2014).
Schon eine einzige Einheit Krafttraining kann zu einer Kraftsteigerung im trainierten Ge-biet führen (vgl. Nuzzo et al., 2016; Latella et al., 2017). Da dieser Vorgang nicht über myofibrilläre Proteinsynthese erklärbar ist, werden neuronale Anpassungen für die wahr-scheinlichste und wichtigste Ursache frühen Kraftzugewinns nach Krafttraining interpre-tiert (vgl. Kidgell et al., 2017; Legerlotz et al., 2016).
Eine vollständige willentliche neuronale Aktivierung eines Muskels durch die motori-schen Einheiten ist nicht möglich, allerdings verbessert Krafttraining die prozentual mög-liche willentliche Aktivierung (vgl. Dowling et al., 1994; Knight et al., 2001). Auf Ebene der motorischen Einheit gibt es verschiedene Faktoren, die zu einem Kraftzuwachs bei-tragen können. Ein möglicher Anpassungsmechanismus ist eine erhöhte Feuerrate der Motoneurone. Trainierte Kraftsportler weisen eine höhere Feuerrate auf, als altersgleiche Nichtsportler (vgl. Leong et al., 1999); Patten et al., 2001; Van Cutsem et al., 1998). Eine weitere Anpassungsmöglichkeit stellt eine verbesserte Synchronisation verschiedener motorischer Einheiten dar, also eine größere Korrelation der Aktionspotenziale der akti-ven motorischen Einheiten. Kraftsportler zeigen diese verbesserte Synchronisation (vgl. Semmler & Nordstrom, 1998) und eine Krafttrainingsintervention trägt zu einer Verbes-serung dieser bei (vgl. Milner-Brown et al., 1975). Eine gesteigerte Aktivierung und Rek-rutierung kann die Kraftentwicklung ebenfalls unterstützen (vgl. Ramsay et al., 1990). Ein weiterer Faktor ist eine verringerte Aktivierung des Antagonisten. Ein Muskel kann seine volle Kraft nicht entfalten, wenn der dazugehörige Antagonist ebenfalls aktiviert wird. Querschnittsstudien zeigen hier, dass Kraftsportler eine geringere Co-Aktivierung vorweisen, als untrainierte Nichtsportler (vgl. Osternig et al., 1986). Auch eine gestei-gerte Aktivität der synergistischen Muskeln nach Krafttraining kann die Kraft des Ago-nisten steigern (vgl. Mason et al., 2017). Auch Anpassungen auf kortikaler und korti-kospinaler Ebene können eine Rolle spielen. Krafttraining verringert hierbei die intrakor-tikale Inhibition, die kortikale Innervationsstille und erhöht die intrakortikale Fazilitation (vgl. Kidgell et al., 2017; Mason et al., 2019). Auf kortikospinaler Ebene führt Krafttrai-ning zu einer Reduzierung der kortikospinalen Inhibition (vgl. Kidgell et al., 2017) und einer Erhöhung der kortikospinalen Erregbarkeit auf der Ebene der Axone (vgl. Mason et al., 2019).
Ein Unterschied vom Kraftsportlern im Vergleich zu Ausdauersportlern liegt im höheren Anteil an ST-Fasern bei Ausdauersportlern und dementsprechend niedrigeren Anteil bei Kraftsportlern (vgl. Gollnick et al, 1972; Flück et al., 2019). Beim Krafttraining sind die Typ IIa und Typ IIx Fasern stärker involiert, da sie aufgrund ihrer anderen MyHCi Ver-teilung mehr Kraft entwickeln können (vgl. Egan & Zierath; Malisoux et al., 2007; Fer-raro et al., 2014).
Daher hypertrophieren die Typ II Fasern auch in größerem Maße, als die Typ I Fasern und korrelieren mit der Gesamthypertrophie und dem Kraftzuwachs durch Krafttraining (vgl. Häkkinen et al., 1998; Aagaard & Andersen, 1998; Palstra et al., 2014; Mero et al., 2012). In Bezug auf die bereits in Kapitel 2.1.3 erwähnten Prozesse der Faserumwand-lung führt Krafttraining in normaler Geschwindigkeit zu einer Reduktion von Typ IIx Fasern und einem erhöhten Vorkommen von Typ IIa Fasern. Krafttraining mit schneller Geschwindigkeit führt allerdings nicht zu einem reduzierten Vorkommen von Typ IIx Fasern, sondern zu einem erhöhten Vorkommen von Typ IIa Fasern durch den Rückgang von Typ I Fasern (vgl. Liu et al., 2003). Dies kommt auch durch einen Rückgang an Hybridfasern zustande (vgl. Williamson et al., 2001). Wie bereits erwähnt spielt das neu-ronale Innervationsmuster bei der Faserumwandlung eine entscheidende Rolle (vgl. Bul-ler et al., 1960). Das nervale Innervationsmuster alleine führt allerdings nur zu einer un-vollständigen Faserumwandlung, was daraus ersichtlich ist, dass z.B. der hauptsächlich FT-Fasern enthaltene musculus extensor digitorum longus durch nervale Faserumwand-lung nie so langsam wird, wie der ursprünglich viele ST-Fasern enthaltene musculus so-leus (vgl. Barany & Close, 1971; Eken & Gundersen, 1976). Einflussfaktoren des Aus-dauertrainings wie der bereits erwähnte Einstrom von Ca2 + und die damit verbundene CaMKs Kaskade wirken ebenfalls beim Krafttraining und führen zu den angesprochenen Effekten. Das liegt daran, dass Typ IIx Fasern besonders Ca2 + sensibel sind (vgl. Danieli-Betto & Midrio, 1990).
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Abb. 9: Fasertypverteilung bei verschiedenen Trainingsmethoden und Populationen (nach Malisoux et al., 2007).
Durch die Hypertrophie, Faserumwandlungen und weitere Prozesse durch Krafttraining kommt es ebenfalls zu einer ganzen Reihe von Effekten betreffend der Verbesserung der oxidativen und glykolytischen Stoffwechselwege. Die Verbesserung der oxidativen Stoffwechselwege ist zwar nicht vergleichbar mit Ausdauertraining, allerdings führt die Umwandlung von Typ IIx zu Typ IIa Fasern zu einer relativ gesehenen höheren Leis-tungsfähigkeit der Muskulatur bei oxidativen Beanspruchungen.
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Abb. 10: Unterschiede zwischen Typ I, Typ IIa & Typ IIx Fasern (nach Egan & Zierath, 2013).
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, stammt die erste Untersuchung zum Interferenzef-fekt von Robert C. Hickson aus dem Jahr 1980. Hickson ließ Probanden 10 Wochen lang entweder Ausdauertraining, Krafttraining oder beide Trainingsprogramme gleichzeitig („concurrent training“) trainieren. Er fand heraus, dass die Krafttrainingsgruppe ab der 6. Woche weiterhin an Kraft dazugewann, während die Concurrent Training Gruppe stag-nierte (vgl. Hickson et al., 1980). Dabei muss erwähnt werden, dass die Concurrent Training Gruppe in Hicksons Studie beide Trainingsprogramme vollends absolviert haben, was durch das doppelte Trainingsvolumen zu erschöpfungsbedingten schlechteren An-passungen geführt haben könnte. Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben gibt es für Kraft-und Ausdauertraining verschiedene molekulare Signalkaskaden, die zu spezifischen phy-siologischen Anpassungen führen. Durch die Aktivierung von AMPK beim Ausdauer-training wird auch der „ tuberous sclerosis complex 1/2 “ (TSC1/2) aktiviert. Dieser wie-derum hemmt mTORC1 und die Hypertrophiesignalkaskade, die zur myofibrillären Pro-teinsynthese wichtig sind (vgl. Fyfe et al., 2014). Auch „ regulated in DNA damage and development 1 “ (REDD1) wird ebenso wie AMPK durch vermehrten ATP Verbrauch oder auch durch Hypoxie aktiviert und hemmt über TSC2 mTORC1 (vgl. Favier et al., 2010; DeYoung et al., 2008). Die mRNA von REDD1 zeigt beim Concurrent Training in Form von Ausdauertraining vor Krafttraining (AT-KT) im Vergleich zu Krafttraining al-leine keine Unterschiede (vgl. Wang et al., 2011). Studien von Lundberg et al. (2013 & 2014) mit AT-KT im Vergleich zu Krafttraining zeigen, dass die Aktivierung von AMPK die Hypertrophie nicht beeinflusst, jedoch die Kraftentwicklung. Gleiches konnte auch eine Metaanalyse von Wilsonn et al. (2012) zeigen, in der das Hinzufügen von Ausdau-ertraining zu einem Krafttrainingmesozyklus zu Rückschlägen in der neuromuskulären Kraftanpassung führt. Das könnte auch daran liegen, dass die Aktivierung von AMPK die Aktivierung von P70S6K, einem Hauptfaktor der myofibrillären Proteinsynthese, nicht hemmt (vgl. Apró et al., 2015). In einer Studie führt AT-KT sogar zu einer größeren Phosphorylierung von P70S6K und mTORC1 (vgl. Lundberg et al., 2012) oder mTORC1 und Akt (vgl. Kazior et al., 2016).
In einer weiteren Studie von Lundberg et al (2012) kam es bei einem AT-KT mit sechs Stunden Abstand zu keiner Veränderung der Signalkaskade, die zur Proteinbiosynthese beiträgt und zu keinem Unterschied in der Kraftentwicklung im Vergleich zu Krafttrai-ning alleine. Das könnte aber auch daran liegen, dass die AMPK Aktivität drei Stunden nach dem Ausdauertraining wieder auf einem Normalniveau ist und daher die Kraftent-wicklung nicht beeinflussen kann (vgl. Wojtaszewski et al., 2000). Der fehlende Effekt von AMPK auf P70S6K in der Studie von Apró et al. (2015) könnte auch damit zusam-menhängen, dass es zwei verschiedene Formen von AMPK bei Menschen gibt, genannt AMPKα1 und AMPKα2 (vgl. Thomson, 2018). AMPKα1 ist hauptsächlich für die Hem-mung von mTORC1 verantwortlich und AMPKα2 aktiviert Atrophieprozesse über die bereits besprochenen Signalkaskaden von FOXO und wiederum Atrogin-1 und MuRF-1. In der Studie von Apró wurde AMPKα2 aktiviert, nicht jedoch AMPKα1. AMPKα1 kommt im Ruhezustand bei ausdauertrainierten Menschen häufiger vor und ist dann im Ruhezustand aktiver (vgl. Frøsig et al., 2004; Nielsen et al., 2003). Die nicht vorhandene Aktivierung könnte an der Länge der Intervention von einer Stunde liegen und eine län-gere Interventionsdauer hätte eventuell auch AMPKα1 aktiviert und die Proteinbiosyn-these gehemmt (vgl. ebd; Rose et al., 2009). AMPK aktiviert ebenfalls die EF2K, die wiederum eEF2 phosphoryliert und somit die Proteinsynthese hemmt (vgl. Thomsen, 2017). Dieser Prozess beschränkt sich allerdings auf die Typ I Fasern (vgl. Rose et al., 2009). Im Gegenzug dephosphoryliert eine höhere Intensität beim Ausdauertraining 4EB-BP1, was wiederum förderlich für die Proteinsynthese wäre (vgl. ebd.). eEF2 und 4EB-BP1 sind beide 30 Minuten nach Beendigung des Ausdauertrainings niedriger oder auf einem Normalniveau und haben daher eventuell keine nachhaltig positiven oder ne-gativen Effekte. Bezüglich der Hypertrophiekaskade spielt AMPKα1 zudem eine wich-tige Rolle bei der Proliferation und Differenzierung von Satellitenzellen. In vitro führt eine Aktivierung von AMPK zu einer verschlechterten Proliferation und Differenzierung von Satellitenzellen (vgl. Williamson et al., 2009; Fulco et al., 2008). In vivo allerdings weisen Mäuse denen AMPKα1 fehlt eine schlechtere Muskelregeneration auf (vgl. Zhu et al., 2015; Fu et al., 2016). Das liegt wahrscheinlich daran, dass Satellitenzellen auf Glykolyse angewiesen sind, die beim Mangel an AMPKα1 lediglich eingeschränkt statt-findet (vgl. ebd.). Es kommt außerdem zu einer vermehrten Proliferation, jedoch ebenso zu einer schlechteren Differenzierung der Satellitenzellen (vgl. Theret et al., 2017) durch AMPK Mangel.
Bezüglich der Atrophiesignalwege wird FOXO3a durch AMPKα2 im Ausdauertraining aktiviert und FOXO1 durch AMPK (vgl. Thomson, 2018). Dadurch werden auch die downstream Ziele des FOXO Signalweges wie Atrogin-1, MuRF-1 und weitere Atrophie-signale ausgelöst (vgl. Thomsen, 2018).
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Abb. 11: Wirkung von AMPK α1 und AMPKα2 auf Hypertrophie und Atrophiesignalwege im Skelettmuskel (nach Thomson, 2017).
Beim Concurrent Training mit AT-KT hemmt das Krafttraining Atrogin-1, genauso wie Myostatin durch das Krafttraining beim AT-KT herunterreguliert wird (vgl. Lundberg et al., 2012; Kazior et al., 2016). Auch MuRF-1 wird durch das Krafttraining herunterregu-liert (vgl. Lysenko et al., 2016). Gleichzeitig hemmt SIRT-1 beim Krafttraining FOXO1 und FOXO3 und andere Atrophiesignalwege und verringert damit die Proteindegradation (vgl. Lee & Goldberg, 2013). Negative Effekte bezüglich der Hypertrophie kommen an-hand der beschriebenen Prozesse wahrscheinlich eher durch die Steigerung der Atrophie, als durch Hemmung der Hypertrophie zustande. Wie bereits erwähnt führt kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining zu einer geringeren Kraftsteigerung. Dafür kommt auch die Beeinflussung neuromuskulärer Anpassungen infrage. Hier zeigt sich, dass Kraft- und Ausdauertraining an unterschiedlichen Tagen, sowie KT-AT zu einer stärkeren willentli-chen Aktivierung des Muskels in Form von höherer maximaler EMG Aktivität führen, nicht aber AT-KT.
Letztlich führen Kraft.- und Ausdauertraining an unterschiedlichen Tagen, AT-KT und KT-AT gleichermaßen zu einer verbesserten dynamischen Maximalkraft, Hypertrophie und Ausdauerleistungsfähgikeit, während die neuromuskuläre Anpassung beim AT-KT schlechter zu sein scheint (vgl. Eklund et al., 2014). Das wird auch von einer Metaanalyse von Eddens et al. (2017) bestätigt, in der KT-AT zu größeren Verbesserungen der dyna-mischen Maximalkraft führt, als AT-KT. Bei Ratten ist es so, dass AT-KT zur stärkeren Phosphorylierung von P70S6k beiträgt, als KT-AT (vgl. Ogasawara et al., 2014). Das könnte bedeuten, dass AT-KT zu einer stärkeren hypertrophen Anpassung führt, während umgekehrtes KT-AT zu einer stärkeren neuromuskulären Anpassung beiträgt. Das wird auch von einer Studie von Tomiya et al. (2017) bestätigt, nachdem moderates Ausdauer-training nach Krafttraining (KT-AT) die Hypertrophie stört, die Kraftanpassung aller-dings nicht. Gleiche Ergebnisse von Rosa et al. (2015) bestätigen dies, da „i nsulin-like growth factor-binding protein 3 “ (IGFBP-3) und Testosteron nur beim AT-KT, nicht je-doch beim KT-AT erhöht sind. Gegenteilige Ergebnisse kommen von Lambert et al. (2015), nach dem KT-AT zu einer stärkeren anabolen Antwort in Form einer höheren myofibrillären Syntheserate führt. Allerdings zeigt eine Studie von Mitchell et al. (2014), dass diese höhere myofibrilläre Syntheserate nicht mit der hypertrophen Antwort auf Training korreliert.
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Abb. 12: Übersicht zur gegenseitigen Beeinflussung der molekularen Signalwege im Kraft- und Ausdauertraining (nach Methenitis, 2018).
Zusammengefasst beeinflusst Ausdauertraining die Anpassungen an Krafttraining wahr-scheinlich eher über die Hochregulierung von Atrophiesignalwegen, als über die Beein-flussung der Hypertrophiesignalwege. Außerdem hat die Reihenfolge von kombiniertem Kraft- und Ausdauertraining Einfluss auf die neuromuskuläre Kraftanpassung.
Die neuromuskuläre Erschöpfung nach Krafttraining hält mehrere Tage an (vgl. Hakki-nen et al., 1988; 2000; Babault et al., 2006). Dies und weitere Faktoren führen dazu, dass die Ausdauerleistungsfähigkeit nach dem Krafttraining eingeschränkt ist (vgl. Doma et al., 2019). Zu den anderen Faktoren gehören eine verschlechterte neuromuskuläre Rek-rutierung, eine verschlechterte Bewegungseffizienz, Muskelkater und verringerte Glyko-genspeicher (vgl. Doma et al., 2017). Dieses Phänomen wird auch „ resistance exercise-induced suboptimisation of endurance performance “ (RT-SEP) genannt. Die Stärke des RT-SEP sind dabei von verschiedenen Faktoren abhängig. Ein Faktor ist beispielsweise die Pause zwischen dem Kraft- und Ausdauertraining. Hier fanden Robineau et al. (2016) heraus, dass ein unmittelbares KT-AT und eines mit sechs Stunden Pause die Entwick-lung des VO2peak mehr einschränkt, als 24 Stunden Pause. Auch ein Krafttraining mit viel Volumen, Wiederholungen bis zum Muskelversagen, Supersätzen oder mit hoher In-tensität (6RM) führt insbesondere bei intensivem Ausdauertraining zu einer schlechteren Ausdauerleistungsfähigkeit (vgl. Doma et al., 2019). Das liegt daran, dass die vorherig genannten Formen von Krafttraining besonders die Typ II Fasern beschädigen und in ihnen zu einer größeren Glykogenentleerung führen (vgl. Connolly et al., 2003).
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Abb. 13: Schmematische Darstellung zur Beeinflussung der akuten und chronischen Aus-dauerleistungsfahigkeit durch vorheriges Krafttraining (nach Doma et al., 2019).
Diesen Vermutungen stehen verschiedene Studien gegenüber, die zeigen, dass die An-passungen an Krafttraining Vorteile bezüglich der Ausdauerleistungsfähigkeit haben kön-nen. Dies kann auf zwei Wegen entstehen. Entweder die Anpassungen an Krafttraining verbessern die Ausdauerleistungsfähigkeit oder das Krafttraining verbessert die Ausdau-eranpassungen selbst. Ob Krafttraining die Ausdauerleistungsfähigkeit verbessert, lässt sich am besten am Beispiel von Profiausdauersportlern beantworten, da diese in ihrer Ausdaueranpassung nahe des maximal möglichen liegen. Hier zeigt sich, dass Krafttrai-ning die Maximalkraft und damit die Sprintfähigkeit verbessert (vgl. Rønnestad et al., 2015; Rønnestad et al., 2017). Außerdem verbessert Krafttraining die Bewegungseffizi-enz (vgl. Berryman et al. 2018). Diese Effekte des Krafttrainings auf die Ausdauerleis-tungsfähigkeit entstammen vermutlich der Anpassung an das Krafttraining selber, da Krafttraining hier genau die Parameter verbessert, die nach Krafttraining akut einge-schränkt sind. Das heißt der Körper reagiert auf den Reiz des Krafttrainings mit einer verbesserten neuromuskulären Kraftentwicklung und einem verbesserten anaeroben Stoffwechsel. Ein Marker der Anpassung an Ausdauertraining ist die maximale Sauer-stoffaufnahme. Psilander et al (2015) fanden bei moderat trainierten Fahrradsportlern keine Verbesserung der VO2 Max bei unmittelbarem AT-KT. Auch Stohanzl et al. (2017) fanden keine Verbesserung der VO2 Max durch AT-KT bei moderat trainierten weibli-chen Läuferinnen, obwohl die maximale Ausdauerleistungsfähigkeit zunahm. 2016 wurde von Vikmoen et al. (2016) festgestellt, dass Krafttraining die Ausnutzung der VO2 Max bei gut trainierten weiblichen Fahrradsportlerinnen verbessert. In einer Studie von Wang et al. (2011) wurde festgestellt, dass AT-KT mit 70-80% des 1 RM unmittelbar nach dem Ausdauertraining die mRNA von PGC-1α doppelt so stark erhöht wie nach Ausdauertraining alleine. Dies könnte zu einer verstärkten mitochondrialen Biogenese beitragen, welche die VO2 Max erhöhen könnte. Dass dies in den vorherig genannten Studien nicht geklappt hat, könnte daran liegen, dass beide Studien keine Verbesserung der VO2 Max auch mit dem Ausdauertraining alleine erreicht haben. Eventuell hat der Trainingsreiz für eine solche Anpassung nicht ausgereicht. Dafür spricht, dass in der Stu-die von Psilander et al. (2015) auch die Ausdauertrainingsgruppe keine Veränderung der mitochondrialen Enzyme bewirken konnte.
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