Diplomarbeit, 2006
138 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1 Stellvertretung, Selbstbestimmung, Vorsorge - ethische Aspekte
2 Formen der Stellvertretung
2.1 Die gesetzliche Stellvertretung (Betreuung)
2.2. Die rechtsgeschäftliche Stellvertretung (Vollmacht)
3 Die Vorsorgevollmacht - Anspruch und Wirkung
3.1 Form
3.2 Inhalt
3.3 Wirkung
3.4 Parallelität von Vollmacht und Betreuung
4 Ziel und Hintergrund der Gesetzgebung zur Förderung der Vorsorgevollmacht
4.1 Erforderlichkeitsgrundsatz und Subsidiaritätsprinzip
4.2 Entwicklung der gesetzlichen Regelungen zur Vorsorgevollmacht und deren Ergebnisse
5 Zur Umsetzung der gesetzlichen Regelungen
5.1 Vorsorgeregister
5.2 Aufklärung und Informationsverbreitung
5.3 Zuständigkeitserweiterung der Betreuungsbehörde
6 Die Vorsorgevollmacht in der Praxis
6.1 Risiken und Nachteile für den Vollmachtgeber
6.1.1 Vollmachtsmissbrauch
6.1.2 Fehlende Kontrolle
6.2 Risiken und Nachteile für den Bevollmächtigten
6.2.1 Haftung
6.2.2 Eignung
6.2.3 Aufwandsentschädigung/Vergütung
6.3 Die Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr
7 Empirische Analyse zur Rechtsakzeptanz der Vorsorgevollmacht
7.1 Intention der Untersuchung
7.2 Methodische Vorüberlegungen
7.3 Wahl der Forschungsmethode
7.4 Erhebungssituation
7.5 Auswertung und Analyse der Beobachtung
7.5.1 Inhaltsanalyse
7.5.2 Interpretation
8 Zusammenfassung
Quellenverzeichnis
Abbildung 1: Gesetzliche Betreuung und Vorsorgevollmacht
Abbildung 2: Wesentliche Merkmale der Vorsorgevollmacht im Überblick
Abbildung 3: Wirkung der Vollmacht
Abbildung 4: Vor- und Nachteile von Betreuung und Vorsorgevollmacht
Abbildung 5: Vorgehensweise der Auswertung und Analyse
Tabelle 1: Betreuungen und Zahlungen aus der Staatskasse, Länder Baden Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen (2) (1996: 54.195.000 Einwohner)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Soziale Arbeit zentriert sich auf diejenigen Menschen, die durch persönliche Nachteile oder strukturelle Ungleichheiten an einer gleichberechtigten Partizipation des gesellschaftlichen Lebens gehindert werden. Sie soll das Individuum unterstützen, die eigenen vorhandenen Kompetenzen zu stärken. Zu dem betrachteten Personenkreis zählen Menschen, die ihren persönlichen Lebensweg nicht ohne dauerhafte oder vorübergehende Hilfe bestreiten können. Sie sind darauf angewiesen, dass andere Personen für sie handeln. In der vorliegenden Diplomarbeit geht es um Menschen, die auf Grund einer geistigen, seelischen Behinderung oder psychischen Erkrankung einen Vertreter benötigen, der sie in Rechtsangelegenheiten oder Teilen dieser vertritt.
Das Gesetz nennt in diesem Bereich die zwei Möglichkeiten des stellvertretenden Handelns: die gesetzliche Betreuung und die Vollmachtsvertretung. Kann eine oben charakterisierte Person ihren Willen nicht mehr frei äußern und ist somit nicht mehr in der Lage, eine Vollmacht zu erteilen, tritt die gesetzliche Betreuung in Kraft. Um diese Form des staatlichen Eingriffes in das persönliche Leben des Betroffenen zu verhindern, besteht die Möglichkeit, Vorsorgemaßnahmen für Zeiten einer geistigen oder körperlichen Gebrechlichkeit zu treffen. Körperliche oder geistige Beeinträchtigungen können unerwartet, z.B. durch einen Unfall, oder vorhersehbar, beispielsweise durch die zunehmende Demenz im Alter, eintreten. Menschen, welche davon aktuell oder zukünftig beeinträchtigt sind, können am selbstverantwortlichen Handeln gehindert sein. Um dennoch eigene Entscheidungen und den persönlichen Willen einzubeziehen, welcher in jeder Lebenssituation von Relevanz sein soll, erscheint die Vorsorgevollmacht als die ideale Lösung. Kann sie aber dem Vergleich mit der gesetzlichen Betreuung standhalten und als eine reelle Alternative in Betracht gezogen werden? Dieser Fragestellung wird in der vorliegenden Diplomarbeit unter Einbeziehung aller theoretischen und empirischen Aspekte nachgegangen.
Die Vorsorgevollmacht ist zunächst lediglich denjenigen Menschen vorbehalten, die die Fähigkeit besitzen, ihren Willen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu äußern. Personen, die von Geburt an die o.g. Merkmale aufweisen und denen die Äußerung eines freien Willens nicht zugestanden wird, müssen zwangsweise durch einen gesetzlichen Betreuer vertreten werden, um ihre Rechte zu wahren. Die Voraussetzungen, die eine freie Willensbildung bedingen, werden zu Beginn der Diplomarbeit erläutert. Ebenso werden in diesem ersten Kapitel ethische Aspekte betrachtet, die in Verbindung mit Stellvertretung, Selbstbestimmung und Vorsorge eine Bedeutung haben. Die Entscheidung eines Menschen, für sich handeln zu lassen, ist höchstpersönlich und oftmals unerlässlich. Wichtige Aspekte, zum Beispiel vermögensrechtliche oder medizinische, die das eigene Leben betreffen, werden von anderen Personen bestimmt. Jeder Mensch hat persönliche Werte und Vorstellungen, welche die Einstellung zu Vorsorgemaßnahmen generell beeinflussen können. Diese vielperspektivischen Betrachtungsweisen sollen in den ersten Teil der Arbeit einfließen.
Im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden grundlegende Begrifflichkeiten, die für das Thema relevant sind, definiert. Darunter fallen die Stellvertretung und deren Formen . Es ist notwendig, die verschiedenen Zweige der Stellvertretung an den Beginn der Diplomarbeit zu stellen, um die Rechtsstellung und Bedeutung der Vorsorgevollmacht als eine spezifische Vollmachtsform zu verdeutlichen. Auf die Vertretung minderjähriger Personen wird in der Arbeit nicht eingegangen.
Um die rechtliche Relevanz, die Wirkung und Definierung der Vorsorgevollmacht als private Form der Stellvertretung aufzuzeigen, werden im darauf folgenden dritten Kapitel detaillierte Aspekte wie Form, Inhalt und Wirkung erläutert. Die Vorsorgevollmacht erhält damit ein eigenes Kapitel, das einen Überblick über das Rechtsinstrument verschaffen soll.
Die Vorsorgevollmacht steht eng im Zusammenhang mit dem im BGB verankerten Betreuungsrecht, da sie eine Betreuung ersetzen kann. Die Gesetzgebung baut daher verstärkt auf private Vorsorgen. Im vierten Kapitel der Arbeit soll eine Auseinandersetzung mit der Zielsetzung des Gesetzgebers, die Vorsorgevollmacht als privatautonome Regelung zu stärken, erfolgen.[1] Diese sei als einziges Rechtsinstitut geeignet, „[…]das Selbstbestimmungsrecht für den Fall einer psychischen Erkrankung sowie einer geistigen oder seelischen Behinderung umfassend zu sichern.“[2]
Hier treffen zwei Interessen aufeinander: die der Bürger, die es bevorzugen, von einer selbst gewählten Person vertreten zu werden, und die des Staates.
Die gesetzlichen Anstrengungen, die zu mehreren Änderungen des Betreuungsrechts führten - zuletzt mit dem zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 1.7.2005 - werden dabei dargestellt. Insbesondere soll die Intention und Motivation des Gesetzgebers zur Stärkung der Vorsorgevollmacht, die sich in den letzten Jahren gezeigt hat, deutlich werden.
Die Voraussetzungen für private Vorsorgen sind gesetzlich geschaffen worden. Um zu erreichen, dass sich mit der Stärkung der Vorsorgevollmacht auch die Betreuungsfallzahlen rückläufig entwickeln, muss das Rechtsinstrument öffentliche Resonanz erfahren. Das fünfte Kapitel beinhaltet die kritische Auseinandersetzung mit den Mitteln, welche bisher für die Zielerreichung (Verbreitung und Stärkung der Vorsorgevollmacht) eingesetzt wurden. Darin wird eine kurze inoffizielle Informationsbefragung bei der Betreuungsbehörde Chemnitz einbezogen. Zusammenfassend sollen in diesen beiden Kapiteln die zwei wesentlichen Fragen beantwortet werden:
Vor welchem Hintergrund stehen die gesetzlichen Änderungen?
Wie sichert die neue Gesetzgebung seit 01.07.2005 die Erreichung des Ziels (die Stärkung der Vorsorgevollmacht)?
Im sechsten Kapitel der Arbeit erfolgt eine Erörterung über die Nachteile und Risiken der Vorsorgevollmacht, die für einen Vollmachtgeber oder Bevollmächtigten entstehen können. Eine bedeutende Frage, die sich im Zusammenhang mit der Umsetzung der in der Praxis noch wenig erprobten Vorsorgevollmacht ergibt, ist die nach der Rechtssicherheit. Die Gesetzgebung selbst spricht erhebliche Bedenken hinsichtlich der Akzeptanz der Vollmacht bei Banken und Sparkassen aus. Der empirische Teil der Arbeit schließt daher an die Ausführungen des sechsten Kapitels an, in dem die Rechtssicherheit der Vorsorgevollmacht behandelt wird.
Bisher ist unklar, ob und in welcher Form die Vorausverfügung[3] von den für die Vertretung relevanten Stellen anerkannt wird und ob die gesetzlichen Regelungen damit bewirken, was sie suggerieren. Auf Grund der erst kurzen Geltungsdauer des Gesetzes sind empirische Daten über Wirksamkeit und ggf. Probleme im Zusammenhang mit den gesetzlichen Änderungen noch nicht gesichert. Um dennoch eine Aussage darüber treffen zu können, wird im darauffolgenden Teil der Diplomarbeit empirisch analysiert, wie der Umgang der Beteiligten mit dem Rechtsinstrument derzeit erfolgt. Explizit wird dabei auf vermögensrechtliche Angelegenheiten eingegangen. Eine methodische Beobachtung bei Banken und Sparkassen wird dabei Basis sein. Eine dritte wesentliche Frage, die beantwortet werden soll, lässt sich demnach wie folgt formulieren:
Bietet die Vorsorgevollmacht Rechtssicherheit?
Die Gesamtheit der Ausführungen soll letztendlich zum Ergebnis führen, ob die Vorsorgevollmacht tatsächlich eine geeignete Alternative zur gesetzlichen Betreuung darstellt.
Auf Grund der besseren Lesbarkeit wird in der Arbeit durchgängig die männliche Schreibweise verwendet und auf das Hinzufügen von weiblichen Endungen verzichtet.
Im Zentrum dieser Arbeit stehen volljährige Menschen, die auf Grund einer Krankheit oder Behinderung dauerhaft oder zeitweilig nicht in der Lage sind, über ihre persönlichen Angelegenheiten, bzw. Bereiche dieser zu entscheiden, sie selbstständig auszuführen oder darüber zu bestimmen.[4] Der Verlust der Selbstbestimmung und der freien Willensbildung ist damit eng verbunden. Im Nachfolgenden werden die Begriffe Selbstbestimmung, Wille, Menschenwürde, Werte und Normen betrachtet. Diese sind relevant für die Situationen, in denen eine Person durch körperliche, seelische Behinderung oder psychische Krankheit eingeschränkt ist, durch eine andere vertreten werden muss. Sie werden daher im Zusammenhang mit der gesetzlichen Betreuung und der Vorsorgevollmacht betrachtet.
Nach Brockhaus bezeichnet das Selbstbestimmungsrecht „das Recht des Einzelnen auf frei gewählte, eigenverantwortliche Daseinsgestaltung.“[5] Mit „Wille“ wird die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, „sich bewusst für (oder gegen) eine bestimmte geistige Einstellung oder eine bestimmte Weise des Verhaltens zu entscheiden“.[6] Demnach ist die Selbstbestimmung an kognitive[7] Fähigkeiten gebunden. Einen freien Willen zu bilden, beinhaltet die Möglichkeit, sein persönliches Wollen unabhängig von Fremdbestimmung und innerem Zwang selbst zu bestimmen. Es kann demzufolge festgehalten werden: Selbstbestimmung ist die Möglichkeit und die kognitive Fähigkeit eines Menschen, selbst Entscheidungen über sein Leben und seinen Körper durch Handeln und Verhalten zu treffen.
Das Grundgesetz garantiert mit Art. 1 Abs. 1, dass die Subjektsqualität eines Menschen prinzipiell nicht in Frage gestellt werden und niemand zum Objekt staatlichen Handelns werden darf: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“[8] Jeder Mensch hat des Weiteren das Recht, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, sofern nicht die Rechte anderer oder das Grundgesetz verletzt werden. Ist das nicht der Fall, hat der Staat nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht das Recht, den zur freien Willensbestimmung fähigen Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen.[9]
Aus dem Persönlichkeitsrecht lässt sich schließen, dass jedem Menschen ein sozialer Achtungsanspruch zusteht, der sich auf alle Rechtsgebiete, auch auf das Betreuungsrecht, bezieht. Nach Seitz kann die Menschenwürde durch staatliches Eingreifen verhindert und zugleich geschützt werden.[10] Es wäre jedoch einseitig, lediglich festzuhalten, dass eine Betreuung ausschließlich dem Wohle des Betroffenen dient. Dr. Rolf Günther, Arzt und Richter, hat in seinem Aufsatz dazu eine passende Formulierung verwendet: „Ich habe einen Betreuer, weil die anderen ein Problem haben.“[11] Eine „gesicherte“ Versorgung eines Menschen, der für sein Umfeld schwierig ist, dient sogleich dem Wohl dieser Dritten.
Mit der Vorsorgevollmacht soll der Würde und dem Selbstbestimmungsrecht im besonderen Maße Rechnung getragen werden. Mit dem durch die zweite Betreuungsrechtreform verankerten Abs. 1a zum § 1896 BGB, wonach gegen den freien Willen des Volljährigen kein Betreuer bestellt werden darf, soll dieses Recht gestärkt werden. Laut Günther stellt die Bestellung eines Betreuers gegen den freien Willen des Betroffenen einen Eingriff in die Würde des Menschen dar.[12]
Mit der Einrichtung einer Betreuung wird in die Lebenswelt eines Betroffenen und in dessen persönliche Bereiche eingegriffen. Bedeutende Entscheidungen werden plötzlich von einem anderen, womöglich fremden, Menschen getroffen. Es kann nicht immer gewährleistet werden, dass eine mit dem Betroffenen verwandte oder bekannte Person die Betreuung übernehmen kann. Für Betroffene ist dies ein enormer Einschnitt in die Privatsphäre. Um dieser Situation vorzubeugen, hat jede Person die Möglichkeit, eine Vorsorgevollmacht zu errichten. So oder ähnlich wird in den zahlreichen Informationsmaterialien für die Vorsorgevollmacht geworben.
In der Broschüre Vorsorge des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz geht den Informationen über die privaten Vorsorgemaßnahmen das Kapitel „Eigene Wertvorstellungen - Grundsätzliche Überlegungen zu Leben und Tod“ voraus.[13] Ziel soll vermutlich sein, den Bürgern die Bandbreite der Selbstbestimmung vor Augen zu führen und sie in ihrer Individualität zu unterstützen. Propagiert wird zudem, dass die Vorsorgevollmacht kein Muss, aber dennoch vorteilhaft ist, wenn die Erfüllung der eigenen Wünsche sichergestellt werden soll. Die Autonomie wird damit begründet, dass der Inhalt der Verfügung individuell ausgestaltbar ist und ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und die Beachtung der persönlichen Wertorientierung erlaubt.
Was versteht man unter Werten und wie entstehen sie?
Nach Hillmann sind Werte geschichtlich entstandene „[…] kulturell relative, mitunter herrschaftstechnisch manipulierte, wandelbare und somit auch bewusst gestaltbare allgemeine Zielvorstellungen, Orientierungsleitlinien und -standards, Maßstäbe und Legitimationsgrundlagen für das Verhalten von Menschen.“[14] Sie treten im Zusammenhang mit Weltanschauungen, Religionen und Ideologien auf. Joas begründet die Entstehung der Werte durch Erfahrungen der Selbstbildung und Selbsttranszendenz.[15] Die auf den Einzelnen einwirkenden sozialen Normen einer Gesellschaft können aber davon nicht abgetrennt werden, denn die Internalisierung von Werten ermöglicht dem Menschen das Hineinwachsen in eine Lebenswelt. Innerhalb einer Gesellschaft können Wertvorstellungen jedoch variieren, wenn sie verschiedene ethische Grundprinzipien beinhalten. Dies wird auch deutlich, wenn es um Vorsorgemaßnahmen geht. Eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen, bedeutet, den Lebensweg im Vornherein zu beeinflussen.[16] Es können darüber hinaus verschiedene Sichtweisen existieren, die sich unter Anderem aus religiösen Hintergründen ergeben. Grundlage für Einstellungen, Werte oder Ansichten ist die Ethik. Sie bezeichnet das „[…] System von Glaubenssätzen, ethischen Gesetzen und Grundsätzen der Lebensführung.“ [17] Man bezeichnet sie auch als Sittenlehre oder Moralphilosophie. May fasst Ethik als wissenschaftliche Reflexion über Moral und Ethos zusammen, die das Ziel hat, Verhaltensweisen und Handlungen zu rechtfertigen.[18] Im Zusammenhang mit der Vorsorge tritt sie insbesondere dann auf, wenn es um medizinische Maßnahmen geht. Die Verankerung der Patientenverfügung als Teil der Vorsorgevollmacht verursachte öffentliche Diskussionen über ethische Grundeinstellungen. Derzeit beschränkt sich diese Thematik gesellschaftlich sowie politisch daher auf die Sterbebegleitung, Sterbehilfe und Patientenverfügung. Hier spielt insbesondere die christliche Ethik eine Rolle, die das Gebot „Du sollst nicht töten“ als zentrale Elemente ihres Wertesystems betrachtet und eine aktive Sterbehilfe kategorisch ablehnt. Es entwickeln sich dennoch Normen, die aus einem gesamtgesellschaftlichen Wertsystem entstehen und die als allgemeingültige Richtlinien und Verhaltensregeln verstanden werden können. Das geschriebene Recht erkennt allgemeingültige Normen, die von der Mehrheit eines Systems (z.B. Land oder Kommune) akzeptiert werden, als verbindlich an. Geschriebenes Recht sind letztendlich Gesetze, Verordnungen oder Satzungen, die für jedermann Gültigkeit besitzen und deren Nichteinhaltung sanktioniert wird.
Ein bedeutender Aspekt, der betrachtet werden muss, ist die Verantwortung. Sie liegt sowohl beim Stellvertreter (Betreuer oder Bevollmächtigter), als auch beim Betroffenen selbst. Sie bedeutet, die Folgen für das eigene Handeln und das im fremden Namen zu tragen.[19] Mit der Vorsorgevollmacht begegnet man zwei verschiedenen Formen der Verantwortung: die für das eigene Leben und die Verantwortung, die man einem Dritten übergibt. Mit einer Vorsorgemaßnahme wird die Verantwortung zumeist einem nahen Angehörigen, einem Ehegatten, Lebenspartner oder einer außen stehenden Person übergeben. Diese sollen die persönlichen Wünsche und Vorstellungen, die nicht mehr selbst erfüllt werden können, durchsetzen. Ob die Person geeignet und gewillt ist, dies zu erfüllen, ist oft nicht vorhersagbar. Einzige Grundlage bietet ein Vertrauensverhältnis, das bis zu diesem Zeitpunkt vorhanden ist. Nach Reinhold berücksichtigt ein ethisch verantwortungsvoll handelnder Mensch die Nebenfolgen seines Tun’ s, die ihm gleichzeitig die Zielverwirklichung erschweren.[20] Das bedeutet, dass ein verantwortungsvoll handelnder Bevollmächtigter auf den Wünschen des Vollmachtgebers besteht, auch wenn sich die Durchsetzung auf Grund verschiedenster Kriterien als schwierig oder anstrengend erweisen könnte. Er handelt also voll und ganz im Sinne und Vertrauen des Vollmachtgebers. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedem Betroffenen ein vertrauensvoller und ethisch korrekt handelnder Vertreter zur Verfügung steht. Diejenigen, die auf eine solche Person nicht zurückgreifen können, scheinen einen Nachteil zu erfahren. Die Tatsache, dass ein Stellvertreter gefunden wird und bereit ist, die Aufgaben einer Vorsorgevollmacht zu erfüllen, lässt noch nicht automatisch auf die Folge schließen, dass die Umsetzung dem Sinn und Wunsch des Vollmachtgebers entspricht. Die Folgen einer Vertreterbenennung sind nicht absehbar, sondern lediglich vorauszuahnen. Ein Vollmachtgeber kann zwar im Innenverhältnis einer Vollmacht seine persönlichen Werte und Einstellungen erklären, eine gesetzliche Bindung des Bevollmächtigten daran existiert dennoch nicht.[21]
Zu der Debatte um Vorsorgemaßnahmen gehören Begriffe wie Würde des Menschen, freier Wille und ethisches Handeln. Jeder Mensch hat individuelle Vorstellungen von diesen Begriffen, die sein persönliches Selbstverständnis prägen.
Zu Beginn dieses Kapitels wurde definiert, dass dann von einem freien Willen zu sprechen ist, wenn ein Mensch die Fähigkeit besitzt, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Diese Kriterien sind zwar gesetzlich benannt, lassen aber einen Entscheidungsspielraum zu. Nach Kant ist menschliche Vernunft nicht von der Person selbst abhängig, da es nur die eine Vernunft geben kann. Eine Wahlmöglichkeit gibt es nicht, da der Mensch durch Gesetze und Normen gebunden ist.[22] Betrachtet man dem gegenüber die Definition des Begriffes Wert, so erscheint es als kaum möglich, dass ein Individuum einen freien und unabhängigen Willen bilden kann. Darin ist erkennbar, dass der Entstehung von Werten ein gesamtgesellschaftlicher Prozess zu Grunde liegt. Der Wille eines Menschen ist von vielen Faktoren abhängig und steht immer im Zusammenhang mit Gesellschaft, Sprache, Umwelt und Umfeld. Jeder Mensch hat zwar die Möglichkeit über sein Leben selbst zu bestimmen, und individuelle Entscheidungen zu fällen, dennoch ist er nicht frei vom Einfluss anderer. Nach Kant ist ein Individuum aber nur dann autonom, wenn keine äußere Instanz dem Einzelnen vorschreibt, was er denken soll. Der Mensch ist nur an sein Gewissen und an sittliche Pflichten gebunden. Selbstbestimmung ist für Kant Ausdruck für Würde, persönlicher Freiheit und sittlicher Pflicht.[23] Der Fremdbestimmung durch Andere kann sich der Mensch jedoch nicht entziehen. Im Gesamtkontext gesehen, ist der Wille also der Vernunft untergeordnet. Die Vernunft nach Kant ist damit eine objektive Größe, die den Willen beeinflusst. Wird der freie Wille in Abhängigkeit der Vernunft gesehen, liegt kein wirklich freier Wille vor. Die Fremdbestimmung eines Menschen, die z.B. durch Betreuung oder Vollmacht erfolgt, führt zur Einschränkung der persönlichen Freiheit.
Betrachtet man das Thema Vorsorgevollmacht, so wird deutlich, dass es mit einer starken Beeinflussung überfrachtet ist. Insbesondere der Staat hat ein Interesse an der Übermittlung und sendet seine Botschaften aus. Der Gesetzgeber verbindet den staatlichen finanziellen Hintergrund mit den persönlichen Interessen der Menschen. Er lenkt damit auch Werte und Normen. Mit der medialen Verbreitung der Informationen über Vorsorgevollmacht und der damit einhergehenden Darstellung der enormen persönlichen Bedeutung, erfolgt ein Außeneinfluss automatisch. Man kann beobachten, dass dies in Form eines Appells an die Vernunft eines jeden Einzelnen stattfindet. Der Großteil der Menschen handelt nach dem Prinzip der Vernunft, um gesellschaftlich integriert zu sein.
Das Gesetz bietet für den oben genannten Personenkreis verschiedene Möglichkeiten der Fremdvertretung: zum Einen die Vertretungsmacht des im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerten Betreuungsrechts (§§ 1896 – 1908i BGB) und zum Anderen die privatrechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Vollmacht (§ 164 ff. BGB).[24] Das Vorliegen einer Vollmacht ermöglicht die Vermeidung der gesetzlichen Betreuung. Die Vorsorgevollmacht ist als eine Sonderform der Vollmachtsvertretung zu verstehen. Die wachsende Stellung dieser steht eng im Zusammenhang mit der gesetzlichen Betreuung. Grund dafür ist, dass viele Betreuungen eingerichtet werden müssen, weil eine Vollmachtserteilung aus Gründen der Erkrankung oder Behinderung durch den Betroffenen nicht mehr möglich ist. Dieser Situation kann abgeholfen werden, wenn eine vorsorgliche Vollmacht erteilt wird, die in Kraft tritt, wenn dieser Zustand eingetreten ist.
Generell unterscheidet man zwei Arten der Stellvertretung: die gesetzliche und die privatrechtliche:
Abbildung 1: Gesetzliche Betreuung und Vorsorgevollmacht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gesetzliche Stellvertretung Privatrechtliche Stellver-
§§ 1896 ff. BGB tretung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie aus der Abbildung zu erkennen ist, überschneiden sich die Ziel-, bzw. Aufgabenstellung beider Stellvertretungsformen. Dennoch unterscheiden sie sich in wesentlichen Aspekten. Um einen Überblick über die rechtliche Stellung dieser beiden Rechtsinstrumente zu erhalten und um zu erkennen, dass sie nicht unabhängig voneinander sind, ist es notwendig, ihre gesetzlichen Grundlagen zu kennen.
Regelungen über spezifische Vertretungsbeziehungen existieren in Rechtsgebieten wie Arbeitsrecht, Zivilrecht und Strafprozessrecht. Unter Stellvertretung versteht man das rechtsgeschäftliche Handeln einer Person (Stellvertreter) für eine andere Person (Vertretener), welche die rechtlichen Folgen des Handelns treffen.
Eine gesetzliche Betreuung wird eingerichtet, wenn „[…]ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen […]“ kann (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Betreuerbestellung erfolgt demnach bei Notwendigkeit von Amts wegen durch das Vormundschaftsgericht. Der Betreuer vertritt den Betroffenen gerichtlich und außergerichtlich und ist damit sein gesetzlicher Vertreter. Das bedeutet, dass die Erklärungen des Betreuers im Namen des Betreuten rechtliche Wirksamkeit gegenüber Dritten haben.[25]
Mit dem o.g. neuen Absatz 1a des § 1896 BGB darf ein Betreuer aber nicht bestellt werden, sofern dies eine Handlung gegen den freien Willen des Betroffenen darstellt. Für die Bestimmung, einem Menschen die freie Willensbildung zuzuerkennen, müssen daher eindeutige Aspekte herangezogen werden, die als Grundlage für diese Einschätzung dienen. Maßstab für die Beurteilung der Fähigkeit, einen freien Willen zu äußern, bildet die Rechtsprechung zu § 104 Nr. 2 BGB und ist sinngemäß auf § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB anzuwenden. Danach wird nicht jedem Menschen die Fähigkeit, Handlungsentscheidungen zu treffen, zugesprochen. Ein Ausschluss freier Willensbestimmung liegt vor, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen.[26] Entscheidende Kriterien sind daher die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Befähigung nach dieser Einsicht zu handeln. Voraussetzung für im Rechtsverkehr gültige Handlungen ist die Geschäftsfähigkeit. Ein Geschäftsfähiger ist rechtlich in der Lage, Rechtsgeschäfte mit voller Wirksamkeit zu tätigen und tritt in voller Wirkung mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.[27] Die Frage nach der Feststellung der freien Willensbildung ist dabei durch das Vormundschaftsgericht zu beantworten, dessen Entscheidung auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens gem. § 68b FGG beruht.
Die Anordnung einer Betreuung, und auch die Stellvertretung durch Vollmacht, haben prinzipiell auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen keinen Einfluss – anders als zur damals gültigen Rechtsprechung von 1990, nach der einem Entmündigten die rechtliche Handlungsfähigkeit eines Erwachsenen abgesprochen wurde.[28] Geschäftsunfähig[29] sind gem. § 104 BGB nur diejenigen Personen, welche nicht das siebente Lebensjahr vollendet haben oder sich in einem die freie Willensbestimmung dauerhaft ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden. Rechtsgeschäfte, die mit Geschäftsunfähigen geschlossen werden, sind generell rechtlich unwirksam; die abgegebene Willenserklärung ist somit nichtig.[30] Die Einschätzung der Geschäftsfähigkeit eines Betreuten obliegt dem Vormundschaftsgericht. Die Betreuung als Rechtsinstitut an sich hat darauf keinen Einfluss.
Grundwesen der gesetzlichen Betreuung ist, dass der Betreuer als gesetzlicher Vertreter der betroffenen Person handelt. Gesetzliche Vertreter sind im Allgemeinen die Eltern oder der Vormund eines Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Dieses Rechtsverhältnis der Betreuung entsteht also durch Gesetz nach § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB.
§ 166 Abs. 2 BGB definiert die Vollmacht (im Nachfolgenden wird auch der Oberbegriff allgemeine Vollmacht verwendet) als eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht.[31] Die Vollmacht ist damit die durch eine Person erteilte Legitimation, für sie und in ihrem Namen eine verbindliche Willenserklärung abgeben zu können. Grundlage ist demzufolge eine Vereinbarung zwischen Vollmachtnehmer und Vollmachtgeber. Es handelt sich dabei um einen Auftrag gem. § 661 BGB, wenn der Stellvertreter unentgeltlich handelt. Bei entsprechender Vergütung entspricht die Vereinbarung einem Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB. Es besteht keine Pflicht, den Auftrag bzw. die Stellvertretung zu übernehmen.
Grundsätzlich können für alle Bereiche des täglichen Lebens - mit Ausnahme höchstpersönlicher Rechtsgeschäfte wie z.B. der Eheschließung gem. § 13 EheG – ein oder mehrere Stellvertreter eingesetzt werden. Die Bevollmächtigung erfolgt durch eine vom Vollmachtgeber abgegebene Erklärung. Sie bedarf keiner Annahme und ist damit eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 167 Abs. 1 BGB).[32] Die Erteilung der Bevollmächtigung kann gegenüber dem Bevollmächtigten (Innenvollmacht), dem Dritten (Außenvollmacht), demgegenüber die Vertretung stattfinden soll, erfolgen. Vertreter kann jede natürliche oder juristische Person sein, die mindestens beschränkt geschäftsfähig ist.
Man unterscheidet verschiedene Arten:
a) Die Generalvollmacht bezieht sich auf alle Rechtsgeschäfte des Vollmachtgebers.
b) Eine Art bzw. - Sondervollmacht ist für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften gültig, z.B. eine Bankvollmacht.
c) Die Erteilung einer Spezialvollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten zur Vertretung eines speziellen Rechtsgeschäfts, z.B. Prozessvollmacht.[33]
Die Stellvertretung kann durch mehrere Personen gemeinschaftlich ausgeführt werden (Gesamtvollmacht) oder durch eine Person (Einzelvollmacht).[34]
Die Vorsorgevollmacht ist eine Sonderform der allgemeinen Vollmacht, sie kann sich aber auch auf alle oder eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften beziehen. Um das Selbstbestimmungsrecht voll auszuschöpfen, ist die vorherige Abgabe des Willens, der für den Fall des Eintritts einer der o.g. Situation getroffen wird, geboten. Die Vorsorgevollmacht ist das einzige private Rechtsinstitut, das diese Möglichkeit vollumfänglich bietet. Als spezielle Form der allgemeinen Vollmacht müssten die nachfolgenden Ausführungen über die Form, Wirkungsweise und Inhalt der Vorsorgevollmacht theoretisch als Unterpunkt dieses Kapitels behandelt werden. Da sie als Rechtsinstitut den Schwerpunkt der Diplomarbeit darstellt, wird sie im folgenden Kapitel gesondert behandelt, um die Eigenheiten detailliert darzustellen.
Das Kapitel soll die Vorsorgevollmacht als Rechtsinstrument darstellen, wesentliche Merkmale erkennen lassen sowie die rechtliche Wirksamkeit erklären.[35]
Die Vorsorgevollmacht kennzeichnet die Willenserklärung eines Menschen mit dem Ziel, einem Anderen die rechtsgeschäftliche Vertretung hinsichtlich aller oder bestimmter Aufgaben zu erlauben. Die Besonderheit der Vorsorgevollmacht liegt darin, dass die Erklärung im gesunden Zustand für den Fall einer zukünftigen Notsituation, z.B. dem Eintritt degenerativer Erkrankungen (Demenz) oder unvorhergesehener Situationen (Unfall), abgegeben wird. Sie gilt ab einem bestimmten Zeitpunkt und nur für Bereiche, die explizit benannt sind.[36] Vorteil dieser Vorsorgeform ist, dass Bevollmächtigte sofort handeln können und ein Betreuungsverfahren sowie die gerichtliche Kontrolle dadurch vermieden werden können. Der Autonomie des Betroffenen ist somit der größtmögliche Spielraum gegeben. Eine fehlende Kontrolle kann sich aber als Nachteil erweisen, wenn der Bevollmächtigte andere Interessen verfolgt, als vom Vollmachtgeber erwünscht oder vorausgeahnt. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem sollte daher Voraussetzung sein.
Möglich ist, dass der Bevollmächtigte eine Untervollmacht erteilt. Dies darf jedoch nur eintreten, wenn er durch den Vollmachtgeber befugt ist, z.B. durch ausdrückliche Erklärung. Ist die Erteilung von Untervollmachten untersagt worden, so ist diese Form der Vollmacht von vorn herein unzulässig.[37]
Die Grundsteine für die Vorsorgevollmacht wurden gesetzlich durch das Betreuungsrecht geschaffen. Explizite Regelungen zu Form, Rechtsgültigkeit und Wirkungsweise der Vorsorgevollmacht sind jedoch nicht getroffen worden. Sie richten sich daher nach den Vorschriften über allgemeine Vollmachten gem. §§ 164 ff. BGB, die nachfolgend erklärt werden sollen. Die folgende Abbildung soll zunächst einen Gesamtüberblick über die Merkmale der Vorsorgevollmacht geben. Spezifische Erläuterungen dazu schließen sich in den Unterpunkten dieses Kapitels an.
Abbildung 2: wesentliche Merkmale der Vorsorgevollmacht im Überblick
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Schriftform[38] ist für die Vorsorgevollmacht gesetzlich nicht festgelegt. Einige Ausnahmen enthalten die Schriftform dennoch als zwingend: nach § 1904 Abs. 2 BGB bei medizinischen Behandlungen und nach § 1906 Abs. 5 BGB bei freiheitsentziehenden Maßnahmen. Im Falle einer gesetzlichen Betreuung bedarf es in den beiden Fällen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (§ 1904 Abs. 1 BGB und § 1906 Abs. 2 BGB). Das Bewilligungsverfahren bleibt aber auch im Falle einer Bevollmächtigung nach dem geltenden Recht nicht entbehrlich. Demnach sind bei beiden Maßnahmen die Vorschriften über die gesetzliche Betreuung adäquat anzuwenden (§ 1904 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BGB und § 1906 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 2 BGB). Die Attraktivität der Vorsorgevollmacht kann dadurch eingeschränkt werden, da die Regelungen eine Einmischung durch den Staat implizieren, die von Vorsorgenden in der Regel vermieden werden möchte.
[...]
[1] vgl. Deutscher Bundesrat, Drucksache 865/03 (2003)
[2] ebd., S. 26
[3] Vorausverfügung ist als Synonym für den Begriff Vorsorgevollmacht zu verstehen
[4] Dass eine Vollmacht für jeden Fall der Abwesenheit einer Person erteilt werden kann, die es erlaubt, eine andere rechtsgeschäftlich zu vertreten, soll in der Arbeit außer Acht bleiben. Behandelt werden soll ausschließlich der eingeschränkte Personenkreis.
[5] Der Brockhaus (2004), Band 5, S. 4321
[6] ebd., S. 5290
[7] kognitiv: das Wahrnehmen und Erkennen betreffend; Kognition: Sammelbezeichnung für alle Prozesse und Strukturen, die mit dem Wahrnehmen und Erkennen zusammenhängen, Der Brockhaus (2004), Band 3, S. 2500
[8] Deutscher Bundesrat, Drucksache 865/03 (2003)
[9] vgl. ebd.
[10] Seitz (2002)
[11] Günther (2002), S. 58
[12] vgl. ebd.
[13] Bayerisches Staatsministerium der Justiz (2004)
[14] Hillmann (1992), S. 537
[15] vgl. Joas (1999), S. 10
[16] Unter Lebensführung ist die dem individuellen Sinn entsprechende Biografie eines Einzelnen zu verstehen.
[17] Reinhold (1992), S. 143
[18] vgl. May (2000), S. 25
[19] vgl. Der Brockhaus, Psychologie (2001), S. 652
[20] vgl. Reinhold (1992), S. 627
[21] vgl. May (2000), S. 109
[22] vgl. Kant (1989), S. 43
[23] vgl. ebd., S. 43
[24] Das Gesetz regelt weitere Vertretungsformen, die nicht auf Grund einer Krankheit oder Behinderung in Kraft treten müssen. Das Zivilprozessrecht erlaubt eine Vertretung zur Prozessführung nach § 81 ff ZPO und schreibt diese in bestimmten Gerichtsverfahren sogar vor. Die Prozessvollmacht ermächtigt eine postulationsfähige[24] Person zur Vornahme von Handlungen in einem bestimmten Rechtsstreit. Die Vertretung und Verteidigung in Strafsachen ist durch eine Vollmacht nach § 302 StPO geregelt.
[25] Jürgens/Kröger u.a. (1992), S. 46
[26] Palandt (2001), § 104 Rz. 5
[27] Palandt (2001), § 104 Rz. 2
[28] BGB (a. F.), § 1896
[29] Neben der vollen Geschäftsfähigkeit und der Geschäftsunfähigkeit räumt der Gesetzgeber gem. § 106 BGB die beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger ein. Schließt der Minderjährige ein Rechtsgeschäft ab, das ihm keinen rechtlichen Vorteil einräumt, so ist gem. § 107 BGB die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters notwendig.
[30] BGB, § 105
[31] Eine dritte Form der Stellvertretung ist die Organschaftliche Vertretungsmacht: im bürgerlichen Recht ist der Vorstand eines Vereins gesetzlicher Vertreter nach BGB und im Handelsrecht (HGB) der Gesellschafter einer GbR oder der GmbH-Geschäftsführer.
[32] vgl. Palandt (2001), § 167 Rz. 1
[33] vgl. Hofmann (1998), S. 14
[34] vgl. Hofmann (1998), S. 15
[35] Die nachfolgenden Ausführungen beruhen zum Einen auf gesetzlichen Vorschriften und zum Anderen auf Informationsmaterial und Literatur.
[36] vgl. Fachhochschulverlag (2002), S. 16
[37] vgl. Platz (2005), S. 75
[38] eine gesetzliche Schriftform ist in § 126 BGB näher erläutert. Danach muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
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