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Diplomarbeit, 2006
117 Seiten, Note: 2.0
Einleitung
1. Theoretische Annäherung an das Thema Drogen
1.1. Rauschmittel aus pharmakologischer Sicht
1.1.1. Sedierende Rauschmittel
1.1.2. Halluzinogene Rauschmittel
1.1.3. Stimulierende Rauschmittel
1.1.4. Synthetische Rauschmittel
Exkurs: harte und weiche Drogen
1.2. Rauschmittel aus rechtlicher Sicht
Exkurs: Drogenstrategien auf europäischer und bundesdeutscher Ebene
1.3. Drogengebrauch, -missbrauch und -abhängigkeit
1.3.1. Der Gebrauch von Drogen
1.3.2. Drogenmissbrauch und -abhängigkeit als diagnostizierbare Syndrome
1.4. Erklärungsansätze des Rauschmittelgebrauches
1.4.1. Individuumzentrierte Erklärungsansätze des Rauschmittelgebrauches
1.4.2. Gesellschaftszentrierte Erklärungsansätze des Rauschmittelgebrauches
1.4.3. Multifaktorielle Erklärungsansätze des Rauchsmittelgebrauches
Exkurs: Begriffsdifferenzen: Sucht - Abhängigkeit?
2. Annäherung an die Spezifik der Jugend
2.1. Jugend als wissenschaftliches Konstrukt
2.1.1. Perioden des Jugendalters
2.2. Entwicklungspsychologische Aspekte der Adoleszenz
2.3. Soziologische Aspekte der Jugendphase
2.3.1. Gesellschaftlicher Wandel als Katalysator der Jugendphase
2.3.1.1. Sozialstrukturelle Pluralisierungstendenzen
2.3.1.2. Sozialstrukturelle Schichtungstendenzen
2.3.2. Neuvermessung der Jugendphase
2.3.2.1. Destandardisierungstendenzen innerhalb der Jugendphase
2.3.2.2. Bildung als strukturierende Determinante der Jugendphase
2.4. Sozialisationstheoretische Aspekte der Jugendphase
2.4.1. Die Gleichaltrigen als jugendlicher Lebensbereich
2.4.2. Das Elternhaus als jugendlicher Lebensbereich
Exkurs: Jugendliche in familiären Armutslagen
2.4.3. Die Bildungseinrichtungen als jugendlicher Lebensbereich
2.4.4. Die Freizeit als jugendlicher Lebensbereich
3. Jugendlicher Drogenkonsum als funktionale Verhaltensweise
3.1. Substanzgebrauch als Risikoverhaltensweise
3.1.1. Das mehrdimensionale Entstehungsmodell juvenilen Risikoverhaltens
3.1.2. Substanzgebrauch als Bewältigungshandeln
3.2. Prävalenzen jugendlichen Rauschmittelkonsums
3.2.1. Der Jugendgesundheitssurvey 2003
3.2.2. Studie „Moderne Drogen- und Suchtprävention“ (MODRUS I, II) 2000
3.2.3. Drogenaffinitätsstudie 2004
3.3. Funktionen und Motivationen jugendlichen Rauschmittelkonsums
4. Resümee
Literaturverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abbildungen:
Abbildung 1: Trias-Modell zur multifaktoriellen Entstehung einer Drogenabhängigkeit
Abbildung 2: Perioden des Jugendalters
Abbildung 3: Ressourcen-Modell der produktiven Problembewältigung
Abbildung 4: integratives Mehrebenenmodell des jugendlichen Risikoverhaltens
Abbildung 5: sozialisationstheoretisches Model der Bewältigung von Belastungen
Tabellen:
Tabelle 1: Einteilung der Rauschmittel nach ihrer pharmakologischen Wirkung
Tabelle 2: Differenzen von Kindheit und Jugend
Tabelle 3: Entwicklungsaufgaben des Jugendalters
Tabelle 4: Entwicklungsaufgaben und Funktionen des Substanzkonsums
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und Zeichen
Abkürzungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der jugendliche Konsum von Rauschmittel stößt - trotz wachsender Behauptung der akzeptanzorientierten Drogenarbeit - auch gegenwärtig auf Unverständnis und Ablehnung sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Wissenschaften. Er wird dabei vorschnell als deviantes und inadäquates Verhalten etikettiert, dessen Ursachen weitestgehend auf genetische Dispositionen, ungünstige Bedingungen des Aufwachsens bei einhergehenden unbewältigten Sozialisationserfahrungen zurückgeführt werden. Diese Deutungsmuster sind in der gesellschaftlichen Prämisse der drogenabstinenten Lebensführung - hierbei besonders im Kindes- und Jugendalter - aufgrund der antizipierten Gefahren einer (scheinbar zwangsläufigen) Abhängigkeitsgenese verwurzelt. Sie bilden sich dabei in einem ambivalenten Verständnis über Rauschmittel ab, das es in einem ersten Teil der Arbeit gilt, anhand einer theoretischen Einführung in das Drogen-Thema herauszuarbeiten und zu wertneutralisieren.
Ein zweiter Teil der Arbeit beschäftigt sich tiefgründig mit der Jugendphase als einen eigenständigen Biographieabschnitt, dessen Signifikanz sich in der Individuations- und Integrationsleistung des einzelnen Heranwachsenden abzeichnet. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Wandlungsprozesse beinhaltet die Adoleszenz vielfältige Anforderungen, die auf die Ausbildung einer eigenständigen und selbstverantwortlichen Persönlichkeit bei einhergehendem Übergang in einen gesellschaftlichen Erwachsenenstatus abzielen. Die umfangreiche Annäherung an die Spezifik des Jugendalters soll ein grundlegendes Verständnis über deren biographiestrukturierende Chancen und Risikopotentiale evozieren.
Daran anknüpfend fokussiert der dritte Teil der Arbeit den jugendlichen Substanzgebrauch vor dem Hintergrund lebensphasenbedingter Entwicklungsaufgaben. Im Verständnis eines (risikoexponierten) Bewältigungshandelns wird er als funktionale Verhaltensweise dargestellt, der spezifische Funktionen in der Auseinandersetzung mit den sowohl individuellen als auch gesellschaftlichen Herausforderungen der Jugendphase aufweist.
Ziel dieser Arbeit ist es, Zusammenhänge des Drogengebrauches und entwicklungsbedingter Veränderungen herauszuarbeiten, um daran eine individuelle Sinnhaftigkeit und bewältigungsadäquate Funktionalität besagter gesundheitsrelevanter Risikoverhaltensweise aufzuzeigen.
Der erste Teil dieser Arbeit wird sich ausführlich und tiefgründig mit dem Drogensujet auseinandersetzen. Dazu erscheint eine einführende Kategorisierung der Rauschmittel unabdingbar, die auf Wertneutralität in der Darstellung abzielt und bestehende Differenzen sowie mögliche Widersprüche versucht, aufzuzeigen. Unter Vernachlässigung umgangssprachlicher Divergenzen sollen Drogen diesbezüglich anhand ihrer pharmakologischen Wirkungsweise, ihrer ordnungspolitisch forcierten Legalität bzw. Illegalität sowie ihrer scheinbar abhängigkeitsinhärenten Gefährlichkeit klassifiziert und erläutert werden.
Im Anschluss daran soll der Umgang mit psychotropen Substanzen behandelt werden, wobei der risikoexponierte Drogengebrauch im Mittelpunkt des Kapitels stehen wird. Diesen gilt es, anhand psychiatrischer Diagnosekriterien als Missbrauchs- bzw. Abhängigkeitsverhalten zu differenzieren und dessen Genese näher zu beleuchten. Eine kurze Vorstellung der grundlegenden Theorien problematischen Rauschmittelkonsums erweist sich dabei als hilfreich.
Im heutigen Sprachgebrauch gestaltet sich die inhaltliche Bedeutung des Terminus Droge als durchaus facettenreich und vielfältig, was auf unterschiedliche Aussageabsichten, Assoziationen sowie Konnotationen zurückzuführen ist. Grundsätzlich sind mit dem Begriff Droge und den (auch in dieser Arbeit) synonym verwendeten Termini: Rauschmittel, psychotrope Stoffe und Betäubungsmittel Substanzen gemeint, „die eine psychoaktive Wirkung hervorrufen“ (BLUM 2002, 1).
Ihren etymologischen Ursprung finden Drogen in dem französischen Wort drogue, was ‚trocken’ bedeutet und sich vor allem auf getrocknete Pflanzenteile bezieht, die als Arzneimittel Verwendung fanden bzw. essentiell deren Herstellung dienten. Darüber hinaus wurden sie im Alltag als Stimulantia oder aber als Gewürze genutzt und galten grundsätzlich als „Heilmittel“ (HURRELMANN/UNVERZAGT 2000, 42).
Allgemein lassen sich Drogen als psychotrope Substanzen bestimmen, die nach ihrer Einnahme ein verändertes Körperbewusstsein und Wahrnehmungsgefühl verursachen. Entgegen der gegenwärtigen Semantik der Alltagssprache, wonach ausschließlich gesetzlich verbotene Rauschmittel (z.B. Cannabis, Opiate und Ecstasy) als Drogen bezeichnet werden, unterliegen auch die sog. Genussmittel (Alkohol, Kaffee, Tabak) dieser Zuordnung. Diese werden trotz ihrer recht treffenden Bezeichnung der Alltagsdrogen, in der Öffentlichkeit nicht gleichgestellt betrachtet. Im Gegensatz zum illegalisierten - und daher gesellschaftlich missbilligten - Drogengebrauch, gilt ihr Konsum als sozial verträglich, vertretbar und funktional.
In der Pharmakologie werden sämtliche Substanzen (unter Vernachlässigung ihrer psychoaktiven Wirkung, juristischen Einordnung und moralischen Bewertung), die sich zur Herstellung eines Arzneimittels eignen, als Drogen verstanden. Im Mittelpunkt dieser Betrachtungsweise steht dabei sowohl die physio- als auch psychotrope Wirkung der Stoffe, die nach ihrer Einnahme „in den natürlichen Ablauf des Körpers eingreifen und Stimmungen, Gefühle und Wahrnehmungen beeinflussen“ (PALLENBACH/DITZEL 2003, 34) können.
Die pflanzlichen oder (chemisch) synthetisierten Substanzen verändern dabei den psychischen oder/und physischen Zustand des Konsumenten, indem sie körperliche Reaktionen dahingehend beeinflussen, dass in ihrer Intensität veränderte Impulse an die Rezeptoren übermittelt werden. Infolgedessen treten beim Konsumenten bestimmte Stimmungs-, Gefühls- und Wahrnehmungsveränderungen auf. Neben dieser kurzfristigen Wirkung können Drogen bei missbräuchlicher Anwendung die Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung begünstigen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich diese Art der Abhängigkeit lediglich auf die stoffgebundene, also auf diejenige, die durch die Einnahme einer berauschenden Substanz evoziert wird, bezieht. In Abgrenzung dazu eignen sich habitualisierte Verhaltensweisen, Handlungsroutinen, Denkmuster und emotionale Reaktionen ebenfalls, um eine nichtstoffgebundene Abhängigkeit - auch Verhaltenssucht genannt - hervorzurufen.
In der Pharmazie werden Drogen anhand ihrer Psychotropie im Körper des Konsumenten klassifiziert, „obwohl die vielfältigen, teilweise gegensätzlichen Wirkungen einer einzigen Droge, diese Systematik schon fast zunichte machen“ (ebd., 40). In diesem Zusammenhang wird zwischen sedierenden, halluzinogenen, stimulierenden sowie synthetischen Rauschmitteln differenziert, deren jeweilige Namensgebung aus ihrer pharmakologischen Wirkungsweise resultiert.
Tabelle 1: Einteilung der Rauschmittel nach ihrer pharmakologischen Wirkung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: überarbeitetes Modell nach PALLENBACH/DITZEL 2003, 42.
Den Grundbaustein der Kategorie der sedierenden Rauschmittel bildet das Opium. Aus ihm werden mit Hilfe seiner Alkaloide weitere Opioide/Opiate gewonnen, etwa Morphin und Heroin. Das Spektrum der Wirkungsweisen von Opiaten ist breit gefächert, welche in ihrer chemischen Ähnlichkeit mit den körpereigenen Endorphinen, die als sog. „Glückshormone“ das allgemeine Wohlbefinden und das Schmerzempfinden regulieren, begründet liegen. Auf diese Weise können Opiate einerseits „zum Träumen verleiten und eine kurze Flucht aus der als unangenehm empfundenen Wirklichkeit ermöglichen“ (ebd., 42f.). Andererseits wirken sie aufgrund ihrer Unterdrückung der Schmerzwahrnehmung im zentralen Nervensystem, Dünndarm und Atemzentrum beruhigend und schmerzstillend. Nach PALLENBACH und DITZEL (2003, 45) lassen sich die Wirkungsweisen der Opiate systematisch zusammenfassen:
- Herabsetzen der Schmerzempfindung (analgetische Wirkung)
- Reduktion der geistigen Aktivität (sedative Wirkung)
- Beseitigung von Angstgefühlen (tranquillisierende Wirkung)
- Erhöhung der Stimmungslage (euphorische Wirkung)
- Hemmung des Atem- und Hustenzentrums (atemdepressive und antitussive Wirkung)
- Stimulation des Brechreizes (emetische Wirkung)
- Pupillenverengung (miotische Wirkung)
Aufgrund ihrer metabolischen Wirkweise finden Opiate/Opioide in der Medizin vor allem als stimmungsteigernde und schmerzsenkende Mittel breite Anwendung. Ihr chronischer Konsum kann allerdings eine sowohl psychische als auch physische Abhängigkeit evozieren.
Das Opium, welches in seiner medizinischen und bewusstseinsverändernden Nutzung und Handhabung bereits eine langwierige Geschichte aufweist, so bspw. bei den Ägyptern und Persern (vgl. ebd., 43), wird aus dem weißen Milchsaft des asiatischen Schlafmohns gewonnen. Es beinhaltet hauptsächlich Kodein und Morphin, das als Ausgangssubstanz für die synthetische Herstellung weiterer Opioide dient. Es wirkt entspannend, euphorisierend und steigert die Konzentrationsfähigkeit.
Das Morphin stellt sowohl einen Bestandteil des natürlichen Opiums als auch die Grundlage zur synthetischen Herstellung weiterer sedierender Substanzen dar. Es wurde im Jahr 1804 von dem Apotheker Friedrich Sertürner entdeckt und avancierte „rasch zu einem wertvollen Arzneimittel“ (ebd., 46), dessen stark schlaffördernde, schmerzstillende sowie stimmungssteigernde Wirkung einen durchaus suchterzeugenden Charakter aufweisen kann.
Das Heroin wurde im Jahre 1874 von C.R. Wright erstmalig aus dem Morphin synthetisiert und galt als „hervorragendes Arzneimittel zur Therapie von zahlreichen Krankheiten“ (ebd., 47). Aufgrund seiner vielseitigen Wirkungsweise und seiner vermuteten Ungefährlichkeit bzgl. einer Suchtentstehung erhielt es seinen heroischen Namen und wurde 24 Jahre nach seiner Entdeckung von der deutschen Firma Bayer & Co. kommerziell als Medikament hergestellt. In seiner Wirkweise ist es stark anwender- und applikationsformabhängig, sodass es sowohl beruhigend (bei einer Ausblendung der Außenwelt) als auch euphorisierend und akti
vierend wirken kann. Neben diversen körperlichen Nebenwirkungen, wie bspw. Übelkeit, Kreislaufstörung und Verstopfung weist Heroin ein hohes psychisches und physisches Abhängigkeitspotential auf. Darüber hinaus erweist sich die Applikation des Heroins (meist intravenös) als zusätzliche Gefahrenquelle, da sich Verunreinigungen sowohl des Heroins (mit anderen Streckmitteln) als auch des verwendeten Spritzbesteckes als gesundheitlich schwerwiegende und unkalkulierbare Risiken darstellen.
In die Kategorie der halluzinogenen Substanzen fallen das Cannabis, das LSD, das PCP („Angel-dust“) sowie psychoaktive Pilze („Magic-mushrooms“), Nachtschattengewächse und andere Stoffe, wie z.B. das Gewürz Muskatnuss, das Sekret der Agakröte sowie der mexikanische Peyotl-Kaktus.
Allen Rauschmitteln gemeinsam ist ihre psychedelische Wirkung, die als Bewusstseinserweiterung aufgrund optischer, akustischer, haptischer, olfaktorischer Sinnestäuschungen oder Trugwahrnehmungen empfunden wird. Diese sind in der chemischen Ähnlichkeit der Stoffe mit körpereigenen Neurotransmittern (z.B. dem Serotonin, Acetylcholin und Noradrenalin), die die Informationsübertragung von Sinnesreizen im Zentralnervensystem regulieren, begründet. Mit der Einnahme halluzinogener Substanzen wird deshalb die Erregungsleitung im Gehirn manipuliert bzw. die Reizwahrnehmung dahingehend stimuliert, dass die (momentane) emotionale Befindlichkeit verstärkt empfunden wird. Dies macht sowohl die Attraktion als auch die Gefahr der Halluzinogene aus; psychisch labile Personen können nach Einnahme psychedelischer Substanzen durchaus den Realitätssinn verlieren, Angstzustände und Depressionen erleben und schlimmstenfalls Psychosen ausbilden.
Grundsätzlich ist das Ausmaß der halluzinogenen Wirkung stark von der inneren Verfassung und Befindlichkeit des Konsumenten abhängig und daher schwer kalkulierbar. Es kann sich dabei von überschwänglicher Euphorie und Heiterkeit über Aggressivität bis zu panischen Angstzuständen erstrecken. Obwohl diese Stoffe zwar nur selten und ein ausgesprochen geringes physisches Suchtpotential aufweisen, kann allerdings das wiederkehrende „Verlangen, einen bestimmten Gefühlszustand mit Hilfe der Droge erneut zu erleben“ (ebd., 59) durchaus zu einer psychischen Abhängigkeit führen.
Das Haschisch und Marihuana sind Erzeugnisse der Hanfpflanze (Cannabis sativa), die als „eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit“ (ebd., 61) ihren Ursprung in Zentralasien hat und bis in das 19. Jahrhundert vielfältige Verwendung in der Medizin und Textilherstellung[1] fand. Sowohl die zermahlenen Blätter (Marihuana) als auch das abgesonderte Harz (Haschisch) der Pflanze beinhalten das psychogene Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC). In seiner chemischen Struktur ähnelt einem körpereigenen Cannabinoid (Anandamid), welches die Reizübertragung im Gehirn selektierend beeinflusst, sodass das THC schützend vor einer Überflutung an unwesentlichen und verstärkend auf Erinnerungsprozesse an wesentliche Informationen wirkt. Infolgedessen kann der Konsument nach der Einnahme von Cannabis leichte Euphorie, Entspannung, gesteigerte Gefühlsintensität, verminderten Antrieb, veränderte Sinneswahrnehmungen aber auch Konzentrationsschwierigkeiten als mögliche körperliche Reaktionen erleben. Neben seiner psychedelischen Verwendung, eignet sich Hanf - aufgrund seiner schmerzsenkenden und appetitanregenden Wirkung - durchaus auch für den medizinischen Einsatz, so z.B. bei der unterstützenden Behandlung von Krebs-, Parkinson- und HIV-Patienten sowie zur Behandlung von Infektionskrankheiten, Krämpfen, Asthma, Spastiken etc. (vgl. ebd., 69ff.).
Das LSD (Lysergsäurediethylamid) wurde erstmalig von dem Schweizer Chemiker Albert Hofmann im Rahmen von Forschungsarbeiten über die Wirkstoffe der am Getreide schmarotzenden Mutterkornpilze synthetisiert. Nachdem es aufgrund seiner stark halluzinogenen Wirkung schnell und weit verbreitet Anwendung fand - so z.B. in psychiatrischen Arbeitsfeldern, v.a. aber in der Hippie-Bewegung der 1960er Jahre - wurde es im Jahr 1966 verboten. LSD (meist auf eine saugfähige Substanz, wie z.B. Löschpapier aufgetragen) wirkt phasenweise, über einige Stunden hinweg, wobei es erhebliche Veränderungen der Reizübertragung im Stamm- und Zwischenhirn verursacht. Halluzinogene Sinnestäuschungen als synästhetische Wahrnehmungen, visionsartige Denkabläufe, intensive Gefühlserwahrnehmungen und ein verändertes Selbstempfinden können vom Konsumenten erlebt werden.
Das PCP (auch „Angel-dust“ genannt) „ist eines der potentesten Halluzinogene“ (ebd., 82) und wurde vorrangig in der Tiermedizin verwendet. Seine lang anhaltende, bewusstseinsändernde Wirkung ist stark von der Befindlichkeit des Konsumenten abhängig, sodass er sowohl in euphorische als auch panikartige Zustände versetzt werden kann. Aufgrund seiner unkalkulierbaren (körperlichen) Nebenwirkungen, wie z.B. Krampfanfälle, fand das PCP in der Humanmedizin lediglich kurzzeitig Verwendung und wird auch in der deutschen Drogenszene wenig (und auf einige Großstädte beschränkt) konsumiert.
Die psychoaktiven Pilze (auch „Magic-mushrooms“ genannt) enthalten Toxine, wie Psilocybin, Psilocyn, sowie Mucsimol (im Fliegenpilz), die in ihrer chemischen Struktur dem LSD ähneln und ebenfalls halluzinogen wirken. Die Pilze werden meist im getrockneten Zustand als Teeaufguss o.ä. konsumiert und rufen mehrstündige Wahrnehmungsveränderungen der optischen und akustischen Reize sowie der Raum- und Zeitvorstellung, Koordinations- und Konzentrationsschwierigkeiten und ein verstärktes Gefühlserleben hervor. Auch ihre Wirkung ist schwer kalkulierbar und stark von der inneren Verfassung des Konsumenten abhängig, sodass - unter den entsprechenden Vorabbedingungen (z.B. psychisch labile Persönlichkeit) - ein Verlust des Realitätssinnes sowie Psychosen auftreten können.
Die psychoaktiven Nachtschattengewächse (z.B. Engelstrompete, Stechapfel, Tollkirsch, Bilsenkraut, Alraune) enthalten das halluzinogen wirkende Alkaloid Atropin, das die Reizwahrnehmung beeinflusst. Die Pflanzenteile, hier insbesondere die Blüten, Samen und Blätter werden dabei in getrockneter Form als Teeaufguss o.ä. konsumiert und bewirken - ähnlich den Pilzen - bewusstseinsverändernde und tranceähnliche Rauschzustände, die über einen mehrstündigen Zeitraum (bei der Engelstrompete bis zu einigen Tagen) andauern kann. Neben ihrer psychedelischen Wirkung rufen halluzinogene Nachtschattengewächse (besonders in höheren Dosierungen) verschiedene körperliche Reaktionen hervor, die in ihrem mannigfaltig korrelierenden Auftreten gefährlich - und dabei durchaus tödlich - verlaufen können. Das Spektrum der Wirkungen reicht von euphorisierenden Sinnestäuschungen über Herzrasen und Krampfanfälle zu schizophrenen oder komatösen Zuständen, da sich die Dosierung der psychoaktiven Nachtschattengewächse aufgrund wachstumsbedingter Schwankungen der Alkaloidanteile als äußerst schwierig und ungenau erweist.
Neben Nachtschattengewächsen und Pilzen existieren weitere natürliche Vorkommnisse, die halluzinogene Alkaloide enthalten, so z.B. die Muskatnuss, das Hautsekret der Aga- bzw. Coloradokröte und der Peyote-Kaktus, der in seinen oberirdischen Pflanzenteilen erhebliche Mengen Meskalin aufweist.
Als pharmakologische Antagonisten der Sedativa erweisen sich die stimulierenden Rauschmittel, die im Wesentlichen eine anregende Wirkung auf den Metabolismus des Körpers haben. Alle sog. Weckamine, Amphetaminderivate (z.B. Ecstasy), Kokain, Khat aber auch die Alltagsdrogen Nikotin, Alkohol und Koffein zählen zu dieser Kategorie. Die Gemeinsamkeit dieser Stoffe liegt in ihrer allgemeinen Aktivierung des Kreislaufsystems begründet, was sich einerseits in einer Erhöhung des Blutdruckes und der Muskelaktivität und andererseits in einer Verringerung des Schlafbedürfnisses und des Appetits ausdrückt.
Einen Großteil stimulierender Substanzen stellen die sog. Weckamine (Amphetamine und deren Derivate) dar, deren historische Grundlage in der erstmaligen Synthetisierung des klassischen Amphetamins vor etwa 120 Jahren zu finden ist. Ab diesem Zeitpunkt erfreute es sich großer Beliebtheit und wurde aufgrund seiner allgemein anregenden und leistungssteigernden Wirkung vielseitig angewendet. So galt die Verwendung von Amphetaminen einerseits zur medizinischen Behandlung von Schizophrenie, niedrigem Blutdruck, adipösen Gewichtsproblemen sowie diversen Abhängigkeitserkrankungen und andererseits zur Unterdrückung der Müdigkeit und Erschöpfung bei Soldaten des 2. Weltkrieges (vgl. SAUER/WEILEMANN 2001, 27). Gegenwärtig unterliegen Amphetamine dem bundesdeutschen Betäubungsmittelgesetz und gelten als verschreibungspflichtige Präparate, die als sog. Appetitzügler und Psychostimulantien angewendet werden.
Auf dem illegalen Drogenmarkt sind (Meth-)Amphetamine und deren Derivate unter den Namen: Speed, Ice, Crystal und Ecstasy erhältlich, die oral - meist in Pulver- oder Tablettenform - konsumiert werden. In ihrer chemischen Struktur ähneln diese Aufputschmittel den körpereigenen Stresshormonen Dopamin sowie Adrenalin und bewirken einen Anstieg des Blutdruckes (mit gesteigertem Zucker- und Sauerstoffgehalt) und damit einhergehend eine eminente Zunahme der psychomotorischen Aktivität. Dies äußert sich - abhängig vom jeweiligen (Meth-)Amphetamin und seiner Dosierung - als erhöhte körperliche sowie intellektuelle Leistungsfähigkeit, Euphorie, Omipotenzgefühle, Appetitverlust und vermindertes Müdigkeitsgefühl. Nach dem Abklingen der aufputschenden Wirkung, die durchaus bis zu 24 Stunden andauern kann, treten die amphetamin-überlagerten, körperlichen Bedürfnisse in verstärkter Ausprägung in den Vordergrund. Gefühle der totalen Erschöpfung, depressive Verstimmungen, aber auch Panikattacken dominieren den Konsumenten und können ihn durchaus zur wiederholten Einnahme von Aufputschmitteln hinreißen und verleiten. „Ein Circulus viciosus bildet sich aus, obwohl Amphetamine keine unmittelbare körperliche Abhängigkeit bewirken.“ (PALLENBACH/DITZEL 2003, 96) Der chronische Konsum der sog. Weckamine kann allerdings die Entstehung von Schlafstörungen, psychischen Abhängigkeitserkrankungen und psychotischen Krankheitsbildern mit paranoiden Wahnvorstellungen begünstigen.
Ein weiteres Stimulantium stellt das Kokain dar, das aus dem in Südamerika und Indonesien beheimateten Kokastrauch gewonnen wird. Es ist in der menschlichen Geschichte seit langem und tief verankert, denn „Coca hatte in vielen alten Kulturen eine äußerst wichtige Funktion als ökonomisches Austauschgut, als Medizin, als Aphrodisiakum, als Heilmittel und als rituelles Rauschmittel.“ (ebd., 98) Nachdem der stimulierende Wirkstoff der Kokablätter im Jahr 1860 erstmalig identifiziert und isoliert wurde, folgte 42 Jahre später die synthetische Herstellung des Kokains von Richard Willstätter, die eine weit verbreitete Anwendung des Rauschmittels (v.a. in der Medizin, Getränkeherstellung) ermöglichte. Gegenwärtig gilt Kokain als „Modedroge“ (ebd., 100), die als Pulver verschiedenartig konsumiert werden kann: nasal, inhalativ (z.B. die Kokainabkömmlinge: Crack und Freebase) und intravenös. Dabei manipuliert es die Regulation der Stresshormone im Zentralnervensystem und verursacht dabei eine andauernde, erhöhte Konzentration von Adrenalin im Stoffwechsel und daraus resultierend eine mehrstündige Steigerung der körperlichen und intellektuellen Leistungsfähigkeit. Ähnlich den Amphetaminen ruft der missbräuchliche Konsum dieser Substanz Komplikationen im Kreislaufsystem, die sich als Krampfanfälle, Organversagen und komatöse Zustände äußern können, hervor und wirkt zusätzlich begünstigend auf die Genese psychischer Erkrankungen.
Zu der Kategorie der stimulierenden Rauschmittel gehören außerdem das Narkosemittel Liquid Ecstasy (GHB), die Blätter des in Ostafrika und Jemen beheimateten Khat-Strauches, die während des Kauens eine leicht anregende und hungerstillende Wirkung entfalten, aber auch die sog. Alltagdrogen moderner Gesellschaften: Alkohol, Nikotin und Koffein. In Deutschland gelten diese als kulturell eingebundene Genussmittel, deren Umgang daher im bundesdeutschen Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) geregelt wird. Der mäßige Konsum dieser Rauschmittel gilt als „sozialverträglich“ (SCHMIDT/HURRELMANN 2000, 17) und erweist sich als funktional, so z.B. zur Beeinflussung der eigenen Befindlichkeit oder als obligatorischer Bestandteil von Geselligkeit. Dabei evoziert der Konsum von Alkohol, Nikotin und Koffein kurzfristig eine leichte Stimulierung und Anregung des Metabolismus, die sich körperlich in Form eines Wärmegefühles, einer erhöhten Herzfrequenz und Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, sowie einer gesteigerten Atmung und Verdauung äußern. Auf der psychischen Ebene entfalten die Rauschmittel eine euphorisierende sowie selbstwertsteigernde Wirkung. Hingegen kann der übermäßige bzw. chronische Gebrauch dieser Stimulantia einerseits eine sowohl psychische als auch physische Abhängigkeitserkrankung mit einer Entzugssymptomatik und Toleranzentwicklung evozieren. Andererseits verursacht er zum Teil unwiderrufliche körperliche Folgeschäden: während der Alkoholmissbrauch vor allem die Leber, den Magen-Darm-Trakt, das Herz und das Nervensystem schädigt, wirkt sich der langfristige Nikotinkonsum besonders negativ auf das Herz-Kreislauf-System aus und kann darüber hinaus die Genese von Krebserkrankungen begünstigen (vgl. BLUM 2002, 79ff.). Die Kumulation alkohol- und nikotinbedingter Folgeschäden kann dabei tödlich enden: so sterben jährlich zwischen 111 000 und 143 000 Menschen an den Folgen ihres Nikotinmissbrauchs und ein weiteres Drittel (ca. 42 000 Menschen) an ihrem übermäßigen Konsum von Alkohol (vgl. DEUTSCHE HAUPTSTELLE FÜR SUCHTRFAGEN 2003, 7ff.).
Die synthetischen Drogen und Schnüffelstoffe nehmen in der wirkungsspezifischen und daher stark vereinfachten Kategorisierung der Rauschmittel eine Sonderstellung ein, da sie sowohl körperliche und geistige Anregung als auch Beruhigung hervorrufen können. Zu dieser Kategorie gehören Ecstasy (MDMA), ihm ähnliche Vertreter der (Meth-)Amphetamine, DOB als synthetischer Mescalin-Abkömmling, Nachbauten des Narkosemittels Ketamin, sowie Schnüffelstoffe, worunter die sog. Poppers (Amylnitrit), Butan- und Lachgas, aber auch gewöhnliche Haushalts- und Lösungsmittel verstanden werden.
Synthetische Rauschmittel - die Schnüffelstoffe ausgenommen - werden vollständig künstlich aus leicht zugänglichen Grundchemikalien hergestellt und können anhand von Veränderungen einzelner Bestandteile in ihren Wirkungsweisen beliebig manipuliert bzw. „designed“ werden. Unter den sog. Designerdrogen stellt Ecstasy (MDMA) den „unangefochtenen Spitzenreiter der synthetischen Drogen“ (PALLENBACH/DITZEL 2003, 119) dar, der sich - neben dem MDA und MDE - aus den stimulierenden (Meth-)Amphetaminen herleiten lässt.
Dieser chemische Grundbaustein evoziert die metabolisch anregende Wirkung des Ecstasy, die um eine leicht halluzinogene und bewusstseinsverändernde Komponente erweitert ist, was sich in einem verstärkten Reizempfinden und Gefühlserleben äußert. Mit der oralen Einnahme von Ecstasy-Pillen wird die Konzentration des Stresshormons Dopamin und des sog. Glückshormons Serotonin im Kreislaufsystem maßgeblich erhöht, was eine lang anhaltende (über mehrere Stunden hinweg) Steigerung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit aber auch der Kontaktfreudigkeit und Emotionalität bewirkt.
Neben der Ungewissheit und Forschungsbedürftigkeit hinsichtlich des (missbräuchlichen) Ecstasy-Konsums und dessen langfristiger Folgen, bergen die zahlreichen Beimischungen weiterer Substanzen erhebliche Gefahren an unvorhersehbaren körperlichen Reaktionen. Das Spektrum der ecstasy-bedingten Wirkungen kann dabei von Hitzewallungen und Schweißausbrüchen über Muskelzuckungen und Herzrasen zu akutem Organversagen und Herzstillstand reichen. Auch psychische Risiken beinhaltet der Konsum von Ecstasy: neben unproduktiver Überaktivität kann der Konsument Angstzustände, Realitätsverlust und Depressionen erleben, die sich durchaus als chronische paranoide Psychosen manifestieren können.
Nachbauten des Narkosemittels Ketamin und des Mescalins (DOB) sowie das PCP (im Abschnitt der Halluzinogene bereits erwähnt), aber auch Schnüffelstoffe gelten ebenfalls als synthetische Rauschmittel. Letztere finden aufgrund ihres geringen Kostenaufwands und ihrer leichten Zugänglichkeit zunehmend Verbreitung, die „immer noch unterschätzt und bagatellisiert“ (ebd., 134) wird.
Als Schnüffelstoffe können dabei im Handel frei erhältliche Haushaltsmittel, wie z.B. Lacke, Reinigungsmittel, Klebstoff und Schuhspray, aber auch Lösungsmittel, Butangas und die sog. Poppers verwendet werden. Die Inhalation dieser Stoffe ruft dabei einen kurzfristigen Rauschzustand, der von optischen Halluzinationen und sexueller Erregung (v.a. Poppers) begleitet ist, hervor. Das langfristige Schnüffeln dieser Substanzen verursacht neben einer psychischen Abhängigkeitserkrankung mit einhergehender Toleranzentwicklung und Dosissteigerung, schwerwiegende Funktionsstörungen im Zentralnervensystem, die sich in Lähmungserscheinungen und Psychosen niederschlagen können.
In der umgangssprachlichen Öffentlichkeit wird zwischen sog. harten und weichen Drogen differenziert, deren Unterscheidungskriterien sich in der Art und Schwere des inhärenten Abhängigkeitspotentials konstituieren. Rauschmittel, die „lediglich“ eine psychische Abhängigkeit herbeiführen (können) - wie das in diesem Zusammenhang kontrovers umstrittene Cannabis - werden dabei als weich bezeichnet. Psychisch abhängig ist ein Konsument dann, wenn er zwar ein starkes Verlangen nach der Wiedereinnahme einer bestimmten Droge verspürt, jedoch keine körperlichen Entzugserscheinungen, wie z.B. Schweißausbrüche, Magenkrämpfe und Muskelzittern erlebt. Diese, sowie die Tendenz der Gewöhnung und der dadurch bedingten Steigerung des Substanzkonsums stellen Symptome einer physischen Abhängigkeitserkrankung dar, die aus der Einnahme sog. harter Drogen, wie Opiaten, Amphetaminen, Halluzinogenen aber auch Alkohol resultieren kann.
Die begriffliche Unterscheidung in harte und weiche Rauschmittel evoziert individuelle Konnotationen bzgl. ihrer Gefährlichkeit der Nutzung und Auswirkung auf Körper und Psyche, die allerdings eine lediglich eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft beinhaltet. Darüber hinaus unterliegen sie einer fragwürdigen Bewertung der inhärenten Abhängigkeitspotentiale, wonach „der Gebrauch von bestimmten Substanzen mit geringeren Risiken verbunden ist als der Gebrauch anderer Stoffe“ (KÄHNERT 1999, 24). In diesem Sinne zählen Cannabinoide zu den sog. weichen Drogen, da sie in seltenen Fällen „lediglich“ psychisch, harte Drogen (Amphetamine, Halluzinogene, Kokain und Heroin) „allerdings“ physisch (und psychisch) abhängig machen können. Aufgrund einseitiger Betrachtung führt diese Unterscheidung zu diffusen Begriffsüberschneidungen.
In diesem Zusammenhang sei die ambivalente Einordnung der Rauschmittel Kokain und Koffein beispielhaft erwähnt: obwohl Kokain ein sehr schwaches physisches Abhängigkeitspotential aufweist, wird es aufgrund seiner Gefährlichkeit bzgl. einer psychischen Abhängigkeitserkrankung als harte Droge bezeichnet. Koffein und Nikotin hingegen, welche per definitionem harte Drogen darstellen, finden in diesem Zusammenhang keine Erwähnung, da sie generell als kulturell verankerte und politisch tolerierte Genussmittel gelten.
Dieser ideologieverfärbten Kategorisierung widerspricht der französische Roques-Report des Jahres 1998, der psychotrope Stoffe ausschließlich aufgrund ihrer metabolischen Gefährlichkeit in drei Risikogruppen hierarchisiert:
- Opiate, Alkohol und Kokain
- Ecstasy, Aufputschmittel, Beruhigungsmittel und Tabak
- Cannabisprodukte (vgl. FRIEDRICHS 2002, 31).
Obwohl einige psychotrope Substanzen aufgrund ihrer pharmakologischen Struktur und metabolischen Wirkungsweise also nachweislich ein erhebliches Abhängigkeitspotential aufweisen, nimmt KÄHNERT (1999) von ausschließlich substanzbezogenen Kategorisierungen der Rauschmittel Abstand. Folgewirkungen hängen demnach „nicht vorrangig von der Droge, sondern vielmehr von dem Konsummuster“ (ebd., 24) ab, sodass lediglich diese als hart bzw. weich attribuiert werden sollten. KÄHNERT folgend, bedeutet ein weiches Konsummuster den kontrollierten und regelorientierten, ein hartes hingegen den gewohnheitsmäßigen und teilweise exzessiven Gebrauch von psychotropen Stoffen.
Ähnlich argumentiert SCHNEIDER (2004b, 211): „Nicht ‚die Droge’ an sich ist gefährlich, sondern gefährlich wird sie erst durch unangemessene Gebrauchsweisen und durch ihre gesellschaftliche Illegalisierung und damit auch Kriminalisierung des Konsumenten.“
Diese ist dabei im Wesentlichen auf die ordnungspolitische Handhabung der Rauschmittel und deren Konsum zurückzuführen, die zugunsten eines besseren Verständnisses anschließend erläutert werden soll.
(Exkurs Ende)
Ordnungspolitische Differenzen existieren zwischen den legalen Genussmitteln, wie Koffein, Thein, Nikotin sowie Alkohol, deren Umgang anhand des bundesdeutschen Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) bzw. des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz, JÖSchG) gehandhabt wird und den illegalen Betäubungsmitteln, die anhand des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) geregelt werden.
Das Jugendschutzgesetz (JÖSchG) befasst sich mit der Verfügbarkeit und Abgabe legalisierter Rauschmittel an Jugendliche, um deren Konsum kontrollieren, einschränken oder verhindern zu können und damit den juvenilen (Gesundheits-)Schutz in der Öffentlichkeit zu gewährleisten. In diesem Sinne beinhaltet das Jugendschutzgesetz Bestimmungen, die den Aufenthalt in Gaststätten (§3 JÖSchG), die Abgabe alkoholischer Getränke (§4 JÖSchG) sowie das Rauchen von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit (§9 JÖSchG) handhaben. Dabei differenziert es nach §2 Abs. 1 JÖSchG zwischen Kindern (Personen unter 14 Jahren) und Jugendlichen (Personen unter 18 Jahren) und erteilt darauf aufbauend vollständige Verbote bzw. Einschränkungen der Abgabe von legalen Rauschmitteln.
Im Gegensatz dazu finden illegalisierte Drogen ihre ordnungspolitische Regelung im bundesdeutschen Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Darunter werden sämtliche Stoffe und Zubereitungen verstanden, die in den Anlagen I bis III BtMG Erwähnung finden. Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) trat 1972 in Kraft und löste das bis dahin geltende Opiumgesetz aus dem Jahr 1930 ab. Es kategorisiert die aufgeführten Rauschmittel nach ihrer gesetzlich definierten Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit und beinhaltet deren strafrechtliche Regelung. Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterscheidet dabei zwischen verschreibungs- und verkehrsfähigen, verkehrs- aber nicht verschreibungsfähigen sowie nichtverkehrsfähigen Rauschmitteln. Diesbezüglich konstatiert BLUM (2002, 79): „Die derzeitige Einteilungspraxis der verschiedenen Drogenarten in legale und illegale Drogen sagt nichts über die Art oder Gefährlichkeit der Substanz selbst aus. Sie ist lediglich Ausdruck der gegenwärtigen gesellschaftlichen Bewertungs- und Sanktionsweise von Drogengebrauch und Drogengebrauchern.“
Zu den verkehrs- aber nicht verschreibungsfähigen Drogen gehören sämtliche Stoffe, die im Handel frei erhältlich und ärztlich nicht verschreibbar sind, wie z.B. die Blätter des Koka-Strauches. Im Gegensatz dazu können verschreibungs- und verkehrsfähige Betäubungsmittel aufgrund einer ärztlichen Diagnostik und Indikation durchaus medizinische Anwendung finden, so z.B. die als Appetitzügler oder Psychostimulantia eingesetzten Ampehtamine oder Morphin zur Schmerzlinderung. Als nichtverkehrsfähig und damit illegal gelten sämtliche Rauschmittel, „denen vom Gesetzgeber kein therapeutischer Nutzen zugeschrieben wird“ (ebd., 84), wie bspw. Ecstasy, Cannabis, Heroin sowie sämtliche ihnen strukturverwandte Stoffe. Jeglicher Umgang - der Konsum ausgenommen - mit diesen Substanzen gilt als illegal und stellt somit eine Straftat dar, die mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug geahndet werden kann.
Der stark prohibitiv-repressive Charakter des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) intendiert neben einer strafrechtlichen Gleichstellung aller illegalisierten Rauschmittel (unabhängig von ihrem inhärenten harten bzw. weichen Abhängigkeitspotential) eine sowohl spezial- als auch generalpräventive Abschreckung des Drogengebrauchs und eine damit einhergehende Verhinderung der (allzeit befürchteten) Drogenabhängigkeit. Die Grundlage dieser massiven Strafandrohung stellt die (gesellschafts-)politische Prämisse einer von Suchtmitteln abstinenten Bevölkerung dar, wobei sich der Fokus lediglich auf die illegalisierten Rauschmittel beschränkt.
Seit seiner dritten Novellierung im Jahr 2000 beinhaltet das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) neben dem gewichtigen, repressiven Integral verstärkt auch Maßnahmen zur Schadensminderung und Überlebenssicherung, die auf neuartige Paradigmen im Bereich der Drogenhilfe zurückzuführen sind. So schafft der neu eingefügte §10a BtMG die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung und den Betrieb von sog. Drogenkonsumräumen, während der §13 BtMG die Substitutionstherapie für qualifizierte Ärzte und betroffene Konsumenten regelt. Auch der Spritzentausch an sich sowie die öffentliche Verbreitung dieser Möglichkeit wird anhand des §29a BtMG erlaubt. Weitere Maßnahmen zur Schadensminderung und Überlebenshilfe des Drogenabhängigen stellen einerseits das SGB IX (9. Sozialgesetzbuch) und die Modellprojekte zur heroingestützten Behandlung dar. Trotz seiner zaghaft akzeptanzorientierten Ansätze dient das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als juristisches Werkzeug der Kriminalisierung von Konsumenten illegaler Rauschmittel und verkörpert damit den repressiven Bestandteils der deutschen Drogenpolitik. Diese fußt auf dem sog. 4-Säulen-Modell, das sich aus der Prävention, Behandlung/Therapie, Schadensminimierung/Überlebenssicherung und Repression zusammensetzt und sich im vierjährigen Turnus anhand eines nationalen Drogenaktionsplanes manifestiert.
Die Illegalisierung psychoaktiver Substanzen im BtMG beruht dabei nicht ausschließlich auf dem (gesundheitspolitischen) Schutzgedanken vor der pharmakologischen Gefährlichkeit der Stoffe und deren inhärentem Abhängigkeitspotential. In ihr spiegeln sich sowohl ökonomische und politische Ideologien als auch kulturell erwachsene Konventionen wider, die eine stringente gesundheitszentrierte Einteilung der Rauschmittel verhindert und oftmals als doppelmoralische Handhabung bezeichnet wird (vgl. BÖLLINGER et al. 1995; SCHNEIDER 2004a und 2004b). Diese rechtlich-politische Eingleisigkeit schränkt dabei nicht nur das öffentliche Drogenverständnis ein, es wirkt darüber hinaus glaubwürdiger Suchtprävention (besonders im Jugendalter) erheblich entgegen und erweist sich in diesem Sinne als „ineffektiv [und] [...] kontraproduktiv“ (KAPPEL 1991, 17).
Insgesamt ist innerhalb der letzten Dekade sowohl drogenpolitisch als auch gesellschaftlich ein leichter Paradigmenwechsel dahingehend zu verzeichnen, dass die Drogenabhängigkeit als Krankheit und „Symptom tieferliegender Störungen verstanden“ (HÜLLINGHORST 2000, 268) und der Betroffene als ein auf Hilfe und Unterstützung angewiesenes Gesellschaftsmitglied wahrgenommen wird. In diesem Sinn gesteht das im Juli 2001 in Kraft getretene neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) dem abhängigen Rauschmittelkonsumenten ein prinzipielles Anrecht auf staatliche Leistungen, zugunsten seiner finanziellen Sicherung des Lebensunterhaltes, zu.
Speziell schadensminimierende und überlebenssichernde Funktionen beim Drogengebrauch entfallen hingegen auf das System der (akzeptanzorientierten) Drogenhilfe, das bspw. die Nutzung von Drogenkonsumräumen, den Spritzentausch aber auch ärztlich begleitete Substitutionsprogramme mit Methadon und/oder heroingestützte Behandlungen anbietet. Unter (teilweiser) Vernachlässigung des Abstinenzparadigmas stellen akzeptanzorientierte Ansätze der Drogenhilfe besonders die gesundheitlichen und sozialen Aspekte des Abhängigkeitserkrankten in seiner momentanen Lebenssituation in den Vordergrund. Sie versuchen dabei, den Drogenkonsumenten in seiner Lebensführung sowohl kurz- als auch langfristig zu unterstützen und die Risiken des Rauschmittelgebrauches zu reduzieren. Zu den kurzfristigen Maßnahmen der Überlebenshilfe zählen z.B. die Notschlafeinrichtungen sowie die Möglichkeiten des Spritzentausches, wohingegen die beratende und therapeutische Drogenarbeit langfristig ausgelegt sind und auf eine möglichst drogenabstinente Stabilisierung des Lebensalltags (unter Umständen auch mit selbstkontrolliertem Konsum), so z.B. anhand einer festen Wohnung, eines Arbeitsplatzes bzw. der Einbindung in ein soziales Netzwerk, abzielen.
Trotz dieser neuartigen und durchaus erfolgreichen Paradigmen der akzeptanzorientierten Drogenhilfe muss festgehalten werden, dass derlei Angebote und Maßnahmen lediglich als ergänzende Methode der Drogenarbeit interpretiert werden, da sich diese im Wesentlichen nach der politischen sowie gesellschaftlichen Prämisse der Abstinenz ausrichtet.
Die Vorstellung einer drogenabstinenten (wobei lediglich die ordnungspolitisch illegalisierten Drogen gemeint sind) Gesellschaft ist auf das momentan vorherrschende Krankheitsparadigma zurückzuführen. Dieses reduziert den Konsumenten jeglicher (illegalisierter) Rauschmittel auf seine Unfähigkeit ihres Widerstehens bzw. auf sein zwangsläufiges Unterjochen ihrer pharmakologischen Wirkung. Es unterstellt bzw. prognostiziert ihm die unausweichliche Ausbildung einer Abhängigkeits- bzw. Suchterkrankung und pathologisiert den Gebraucher psychoaktiver Substanzen als besiegtes und „passives Opfer“ (SCHNEIDER 2004b, 196). Die Ursachen des Scheiterns liegen dabei zum einen in der abhängigkeitsinduzierenden (Über-) Macht der Drogen (‚Stoffgefährlichkeit’) und zum anderen in der genetisch und/oder biographisch bedingten Ohnmacht des Konsumenten begründet.
Psychotrope Substanzen erfahren in diesem Zusammenhang demnach eine Dämonisierung ihrer pharmakologischen Wirkung und Potenz, der es scheinbar obliegt, den Konsumenten seiner Persönlichkeit und Handlungsfähigkeit zu berauben. Darüber hinaus wird die Entscheidung des Substanzgebrauches auf die insgesamt defizitäre und problembehaftete (Persönlichkeits-)Entwicklung des Gebrauchenden zurückgeführt, sodass widrige Bedingungen seines Aufwachsens und seiner Disposition produktive (diesbezüglich drogenmeidende) Verarbeitungs- und Bewältigungsstrategien nivellieren.
Auf diese Weise entzieht das Krankheitskonzept sowie die Vorstellung der abhängigkeitsinhärenten Gefährlichkeit der Rauschmittel dem Konsumenten seine Selbstverantwortung, was ihn einerseits teilweise seiner (kriminellen) Schuld und Zurechenbarkeit entledigt, ihn andererseits als unmündigen, handlungseingeschränkten und deshalb hilfebedürftigen Patienten etikettiert und stigmatisiert.
Das Wechselspiel der deutschen Drogen- und Gesundheitspolitik evoziert in der Öffentlichkeit ein ambivalentes Verständnis über Abhängigkeit, (illegalisierte) Rauschmittel und deren Konsumenten, das sich in den korrelierenden Extrempolen der Kriminalität und Krankheit eines Drogengebrauchenden manifestiert. SCHNEIDER (2004a, 21) merkt an: „Insofern werden [auch] Gebraucher illegalisierter Drogen gemeinhin in der Öffentlichkeit als Menschen dargestellt, die permanent und hochgradig an Drogen hängen, frühkindlich geschädigt, schwer krank, erheblich kriminell vorbelastet sind und keine eigenständige Lebensgestaltung mehr zustande bringen.“
Das Drogenverständnis innerhalb der bundesdeutschen Öffentlichkeit wird gegenwärtig sowohl vom Krankheits- als auch vom Kriminalitätsparadigma dominiert, was einerseits auf eine zunehmende Akzeptanzorientierung innerhalb des Drogenhilfesystems und andererseits auf die prohibitiv-repressiv ausgerichtete Drogenpolitik auf nationaler und europäischer Ebene zurückzuführen ist. Ihre Grundlage stellt die Idee einer von Rauschmitteln abstinenten Gesellschaft dar, die sich im deutschen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und dem Aktionsplan Drogen und Sucht sowie in der EU-Drogenstrategie (2005 - 2012) manifestiert. Letztere koordiniert anhand zweier Vierjahres-Aktionspläne die EU-Zusammenarbeit, damit „das Drogenproblem […] in einem transnationalen Rahmen behandelt werden“ (RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2004, 3) kann.
Der Drogenaktionsplan (2005 - 2008), der im Dezember 2004 vom Europäischen Rat verabschiedet wurde, zielt auf eine „messbare Reduzierung des Drogenproblems in unseren Gesellschaften“ (RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2005, 4) ab und verfolgt dabei drei grundlegende Strategien:
- die Erhöhung des Gesundheitsschutzes, des Wohlergehens und des sozialen Zusammenhalts mittels Vermeidung und Verringerung des Drogenkonsums, der Drogenabhängigkeit sowie drogenbedingter Gesundheitsschäden und Risiken für die Gesellschaft
- die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit mittels Bekämpfung der Drogenherstellung und des Drogenhandels sowie der Intensivierung der Präventionsmaßnahmen
- die effiziente Umsetzung der EU-Drogenpolitik mittels Verstärkung der EU-Koordinierungsmechanismen (vgl. ebd., 3).
Im Mittelpunkt dieses Aktionsplanes steht zum einen die Verminderung der Rauschmittelnachfrage innerhalb der EU-Bevölkerung, was anhand aufgeführter Maßnahmen im präventiven, therapeutischen und rehabilitativen Bereich erreicht werden soll. Zum anderen stellt die Reduktion des Angebotes an Drogen, hierbei insbesondere deren Herstellung und Handel, eine wichtige Zielstellung dar, die mit einer effizienten Strafverfolgung angestrebt wird. Zu diesem Zweck postuliert der Drogenaktionsplan (2005 - 2008) eine vernetzte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten, die darüber hinaus die Grundlage der weiteren drogenthematischen Forschung, des Informationsaustausches sowie der Evaluation angewendeter Maßnahmen bildet (vgl. ebd., 6 - 33).
Die Umsetzung und Einhaltung der drogenpolitischen EU-Richtlinien wird dabei einerseits hinsichtlich strafrechtlicher Belange von Europol und andererseits wird sie im forschenden Bereich von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) überwacht. Diese Institution wurde 1993 in Lissabon eingerichtet und ist für eine objektive und zuverlässige Informationswiedergabe und Beobachtung der Drogen- und Suchtproblematik in Europa zuständig.
Auf nationaler Ebene gelten das bereits erwähnte bundesdeutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und der Aktionsplan Drogen und Sucht, der von der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung im Juni 2003 verabschiedet wurde und somit den bis dahin geltenden Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan aus dem Jahr 1990 ablöste. Als „übergreifende, langfristig angelegte Gesamtstrategie für den Umgang mit Suchtmitteln“ (DROGENBEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG 2003, 9) zielt der Aktionsplan Drogen und Sucht - ähnlich dem europäischen Äquivalent - darauf ab, „das Gesundheitsbewusstsein zu verändern und den gesundheitsschädlichen Konsum zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren“ (ebd., 9). Mit Hilfe des sog. 4-Säulen-Modells, welches Maßnahmen der Prävention, der Behandlung/Therapie, der Überlebenshilfe/Schadensminderung und der Repression umfasst, soll dieses pragmatische Ziel umgesetzt werden.
Während Letztgenanntes lediglich auf den Konsum von illegalisierten Drogen ausgerichtet ist, bezieht der Aktionsplan insgesamt auch die legalen Rauschmittel mit ein. Seine Intention bezieht sich vorrangig auf eine Sensibilisierung der bundesdeutschen Bevölkerung bezüglich eines kritischen Umgangs mit Sucht und Rauschmitteln, weshalb präventive Maßnahmen einen hohen Stellenwert einnehmen. In diesem Sinne unterstützt die bundesdeutsche Regierung verstärkt Maßnahmen zur primären Suchtprävention, wie bspw. die Kampagnen „Rauchfrei“ und „Bist du stärker als Alkohol?“ oder auch das Internetportal „www.drugcom.de“, um so potenzielle Rauschmittelkonsumenten - vornehmlich aber Jugendliche zu erreichen. Auffällig ist, dass sich innerhalb der letzten Dekade ein zarter Paradigmenwechsel bzgl. der Primärprävention dahingehend abzeichnet, dass sie sich nicht lediglich auf die Abschreckung und Informationsvermittlung über drogenbedingte Risiken beschränkt. Vielmehr versucht sie dem (scheinbar allzeit gefährdeten) Nichtkonsumenten, besonders aber Kindern und Jugendlichen, Alternativen zum potenziellen Rauschmittelkonsum aufzuzeigen, sodass „dem Drogengebrauch inkompatible Aktivitäten und Kompetenzen trainiert werden“ (ebd., 16) können. Anhand sog. life-skill-Programme obliegt der Prävention die Entdeckung und Stärkung jugendlicher Fähigkeiten, Kompetenzen und Interessen, um auf diese Weise den einzelnen Heranwachsenden in seiner Persönlichkeit und seinem Selbstkonzept zu festigen, ihn zu einer produktiven Lebensführung zu befähigen und letztendlich seine Resistenz gegenüber Rauschmitteln zu erhöhen. Weitere drogenpolitische Ziele stellen sowohl die verbesserte Früherkennung von Suchtmittelmissbrauch, neuer Substanzen und Konsummuster als auch die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität dar.
(Exkurs Ende)
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[1] Empfehlung zu weiterführender Literatur: HERER, J./BRÖCKERS, M. (Hrsg.) (1994): Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf - Cannabis - Marihuana. 23. Aufl. Frankfurt/Main.