Bachelorarbeit, 2005
62 Seiten, Note: 1,7
Abstract
Vorwort
Einleitung
1 E-Learning: Daten und Fakten zum Einstieg
1.1 E-Learning: Versuch einer Begriffsdefinition
1.1.1 Der technologisch-praktische Definitionsansatz
1.1.2 Der psychologisch-didaktische Definitionsansatz
1.2 Der Begriff der Online Lernumgebung
1.2.1 E-Learning aus Sicht der Lehrenden
1.2.2 E-Learning aus Sicht der Lernenden
1.2.3 Vom Learning Management System zum Learning Content Management System
2 Was ist Lernen? Lerntheoretische Ansätze
2.1 Behaviorismus
2.2 Kognitivismus
2.3 Konstruktivismus
2.4 Konnektivismus: Ein neues Lernparadigma?
3 Standards im E-Learning
3.1 Was sind Standards? Was sind Normen?
3.2 Wie entstehen Standards?
3.3 E-Learning Standards: Definition, Gründe und Ziele
3.4 Beteiligte Institutionen am Standardisierungsprozess im E-Learning
4 Didaktische Relevanz von Standards in Online-Lernumgebungen
4.1 Der Learning Object Metadata Standard (LOM)
4.2 Das Sharable Content Object Reference Model (SCORM)
4.3 Lernerbezogene Standards: PAPI und LIP
Schlussbemerkungen
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Schlagworte: E-Learning, Standards, LOM, SCORM, Didaktik
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der didaktischen Relevanz der E-Learningstandards, hauptsächlich mit dem Metadatenstandard LOM und dem Referenzmodell SCORM. Es wird ein Überblick über die Grundlagen des E-Learning gegeben und über die historische Entwicklung von Lernmedien. Des Weiteren werden die Lerntheorien beleuchtet. Anschließend wird die didaktische Relevanz der genannten Standards untersucht.
This bachelor thesis is about the didactic relevance of E-Learningstandards, mainly the metadata standard LOM and the reference model SCORM. There is also an overview about the basics of E-learning, the history of E-learning and learning theories.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Technologie und Didaktik
Abbildung 2 Handlungsfeld von E-Learning
Abbildung 3 RSS Technologie: schematische Darstellung
Abbildung 4 Funktionsweise eines LMS
Abbildung 5 Funktionsweise eines CMS
Abbildung 6 Funktionsweise eines LCMS
Abbildung 7 Historie der Lernmedien
Abbildung 8 Das Blackboxmodell des Behaviorismus
Abbildung 9 Lernverständnis im Kognitivismus
Abbildung 10 Das Lernverständnis des Konstruktivismus
Abbildung 11 Zusammenarbeit der Standardisierungsinitiativen
Abbildung 12 Die beiden begehrten Logos der Zertifizierung durch das AICC
Abbildung 13 Die Vision der ADL Initiative
Abbildung 14 Schematische Darstellung der Vision des ADL
Abbildung 15 Standards und ihre Position im Gesamtkonzept
Mein Dank geht an Herrn Prof. Dr. Mangold und Herrn Prof. Dr. Burmester für die Geduld und die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit.
Besonderer Dank an Herrn Professor Riekert für die Dokumentvorlage, auf der diese Arbeit basiert.
Auch an die Damen aus der Bibliothek der HDM vielen Dank für die zahlreichen Verlängerungen und die Nachsicht bei der verspäteten Abgabe der Bücher.
Und zum Schluss ein ganz besonderen Dank an diejenigen, die mir während der Arbeit mit Rat, Tat und Unterstützung zur Seite gestanden haben und sich am Schluss als Korrekturleser zur Verfügung gestellt haben und für das Päckchen Kommas, welches mir von den Korrekturlesern geschenkt wurde.
„Wissen ist das einzige Gut, das sich durch Teilen vermehrt“ sagt man… E-Learning verspricht diesen Prozess des Teilens noch effektiver und noch effizienter zu machen. Doch wie steht es denn tatsächlich um die Effektivität und Effizienz, um den Erfolg von E-Learning in einer Zeit in der die Halbwertzeit des Wissens sich immer weiter verkürzt? Wie muss der Prozess des Teilens von Wissen organisiert werden, damit er auch tatsächlich effektiv und effizient ist? Wo verläuft die Grenze zwischen Wissensmanagement und E-Learning? Wie wird in der Zukunft gelernt werden?
Im Film „Die Matrix“ gibt es eine Szene, in welcher die Hauptdarsteller (Trinity und Neo) auf der Flucht sind und nur mit einem Militärhubschrauber weiterkommen können. Als sie von ihm gefragt wird, ob sie denn überhaupt einen Hubschrauber fliegen kann, genügt ihr ein Anruf, um in Sekundenschnelle ein komplettes Trainingprogramm direkt in ihr Hirn transferiert zu bekommen. Kurz darauf startet sie den Helikopter und fliegt das hochkomplexe Gerät, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte. Sieht so die Zukunft des E-Learning aus? Wenn ja, wie müssen solche Lernprogramme gestaltet sein, wie müssen sie beschlagwortet sein, damit sie auch tatsächlich auf dem richtigen Helikopter geschult wird und nicht erst in der Luft feststellen muss, dass sie doch gerade das Falsche gelernt hat.
Um diese Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen, wenn auch nicht in dieser utopischen Art, sind derzeit unterschiedliche Bemühungen im Gange, Standards im E-Learning zu etablieren. Die Standardisierungsbemühungen werden von unterschiedlichen Organisationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten vorangetrieben. Doch was ist mit didaktischen Gesichtspunkten? Halten die Standards was sie versprechen, oder sind die Entwicklungen einseitig und vernachlässigen die Didaktik?
Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über das weite Feld dessen, was man unter E-Learning versteht, beleuchtet die lerntheoretischen Ansätze und wirft einen Blick hinter die Kulissen der Standardisierungsdiskussionen. Es werden die Versprechungen der Standardisierungsbemühungen hinterfragt, welche über kurz oder lang darüber entscheiden werden, ob ein E-Learning -Produkt auf dem Markt erfolgreich sein wird und sich durchsetzen kann.
Sosehr man sich vielleicht auch wünscht, dass das Lernen durch Technologie vereinfacht und verbessert wird, Lernen ist und bleibt eine persönliche Eigenleistung, die ein jeder selber vollbringen muss. Technologie kann hier nur unterstützend wirken. An der schweißtreibenden und mühsamen Arbeit des Lernens und Lehrens werden wahrscheinlich auch die zukünftigen Generationen der Lerner und Lehrenden nicht vorbeikommen.
Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Bereich des E-Learning nach Einschätzung der Wirtschaftsexperten ein Wachstumsmarkt par excèllence. Nach einer Prognose des amerikanischen Marktforschungsinstitutes IDC (International Data Corporation) wird sich in den USA der Anteil des E-Learning an der gesamten Weiterbildung von 23 Prozent auf 65 Prozent erhöhen. Zahlen, die auf der Anbieterseite ein riesiges Potenzial eröffnen [Dümmig, Steinberg, Passarge, 2001]. Die Situation in Europa ist ähnlich, wenn auch die Erwartungen der 1990er Jahre nicht in dem Maße bestätigt wurden. Laut dem ODL Liaison Committee“ [European ODL Liaison Committee, 2004] sind die Wachstumsraten der letzten Jahre auf 30%, korrigiert worden, was aber trotzdem noch ein großes Potenzial angesichts der allgemeinen Stagnation im Wirtschaftsbereich bedeutet. Der Einsatz von E-Learning im betrieblichen und universitären Kontext bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. E-Learning stellt eine effektive und kostengünstige Ergänzung zu anderen Formen des Lehrens und Lernens in der Aus- und Weiterbildung dar. In absoluten Zahlen werden die Umsätze in diesem Bereich auf 900 Millionen USD im Jahr 2003 geschätzt. Die technologische Entwicklung ist der didaktischen Entwicklung weit voraus, sodass technisch mehr möglich ist, als didaktisch erschlossen und genutzt wird. Diese Aussage wird durch die Abbildung 1 treffend veranschaulicht: „Technology is not the limitation - understanding how to use it is the limitation.” [Harrison, C., 2002]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Technologie und Didaktik Quelle: unbekannt
Im Moment befindet sich der E-Learningmarkt in einer Konsolidierungsphase, in welcher die hohen Erwartungen mit den erreichten Ergebnissen verglichen werden. Es ist ein Innehalten und ein „Proof of Concept“ in welchem die Euphorie der 1990er einer Ernüchterung weicht, die aber einen positiven Effekt auf die gesamte Branche hat.
Der Begriff „E-Learning“ ist einer der am meisten strapazierten Begriffe der „Nach-Internet-Hype-Ära“. Hinter diesem Begriff, verstecken sich je nach Auslegung mehr oder weniger innovative Konzepte des orts- und zeitunabhängigen Lernens. Die unterschiedlichen Einsatzfelder des E-Learning im schulischen bzw. universitären oder im betrieblichen Kontext führen dazu, dass die Grenzen zwischen E-Learning und Wissensmanagement immer weiter verschwimmen und beide Anwendungsfelder einander beeinflussen. Je nach Schwerpunkt und Anwendungskontext lässt sich mittlerweile nicht immer trennscharf unterscheiden, was ein reines E-Learning Angebot ist und was ein Wissensmanagementsystem ist.
Woher kommt das „E“ in E-Learning? Electronic? Euphorie? Oder gar Eklektisch? Und welches ist die korrekte Schreibweise? Die Herkunft des „E“ in E-Learning wird in Wikipedia, dem Online Lexikon, mit der englischen Herkunft des Wortes erklärt. Das „E“ steht dementsprechend für „elektronisches“ Lernen. Die Frage ob man „elektronisch“ lernen kann, wird an dieser Stelle nicht ernsthaft gestellt. Gemeint ist das Lernen und Lehren über Online-Ressourcen im Internet also im weitesten Sinne „elektronisch unterstütztes Lernen“.
Den Begriff E-Learning findet man in unterschiedlichen Schreibweisen: z.B. ist die Schreibweise mit einem kleinen „e“, einem großen „L“ und ohne Bindestrich (eLearning) sehr verbreitet. Die Suchmaschine Google bringt zu dieser Schreibweise mehr Ergebnisse (1.280.000 Seiten) als die vom Duden empfohlene alternative Schreibweise „E-Learning“ (986.000 Seiten). Weitere Schreibweisen sind „Elearning“ und „e-Learning“. In dieser Arbeit wird die vom Duden empfohlene Schreibweise „E-Learning“ gewählt.
Mittlerweile gibt es bereits Stimmen, welche die Notwendigkeit der Verwendung dieses Begriffs in Frage stellen [Röll, M., 2005] und die Aussage, dass der Begriff des E-Learning nicht mehr in Gebrauch ist und verschwinden wird [o.A., 2004]. Stattdessen wird die Auffassung vertreten, den Begriff E-Learning auf eine breitere Verständnisebene zu stellen und als Oberbegriff „ICT“ (Information and Communication Technology) zu Deutsch IUK (Informations- und Kommunikationstechnologien) zu verwenden. Mit dieser Verbreiterung der Verständnisebene wird auch die Hoffnung verbunden dass die Nutzung von E-Learning auch in anderen Branchen als nur der Schul- und Hochschulehre Verbreitung findet:
„The proposal for the new “integrated” European programme for lifelong learning after 2007 sees ICT (note that eLearning as a term is no longer used) [Hervorhebung durch den Autor] as part of a “transversal programme” crossing the sectoral lines of COMENIUS, ERASMUS, LEONARDO DA VINCI and GRUNDTVIG. This generates some hope that not only schools and universities will be encouraged to use eLearning in the future, but also other parts of the learning systems.“ [European ODL Liaison Committee, 2004]
Auch der häufig verwendete Begriff der Lernplattform wird, noch bevor er in seiner Bedeutung von der Fachwelt genau geklärt werden kann, von anderen Begriffen wie z.B. Lernportal, LMS (Learning Management System) oder LCMS (Learning Content Management System) abgelöst werden. Das von dem European ODL Liaison Commitee gewählte, breitere Verständnis von E-Learning erweitert die Diskussionsbasis auf den bisher getrennt behandelten Bereich des Wissensmanagements (Knowledge Management) und auf das informelle Lernen (siehe weiter unten). Abbildung 2 veranschaulicht das Handlungsfeld in dem sich der Begriff E-Learning bewegt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Handlungsfeld von E-Learning [ Zinke, G., 2001]
Streng genommen versteht man unter E-Learning die Gesamtheit der elektronisch unterstützten Lernformen, also sowohl das Lernen mit lokal installierter Lernsoftware, Lernprogramme (CBT: C omputer B ased T raining) als auch alle Formen der Intra- oder Internetgestützten Lehre (WBT: W eb B ased T raining). Beim Web Based Training haben sich zwei Formen der Lehre herausgebildet: das synchrone und das asynchrone Fernlernen.
Das synchrone Fernlernen, auch bekannt unter dem Begriff „virtuelles Seminar“, erfordert die gleichzeitige (synchrone) Anwesenheit der Lerner und Lehrer im virtuellen Raum. Die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernern findet mittels Internettechnologien wie z.B. Chat, Audiokonferenzen oder Videokonferenzen statt. Anstatt nur mit einem Informationssystem zu interagieren, finden in diesem Fall die Interaktion und der Austausch von Informationen (Wissensvermittlung und Wissensaufnahme) mit andern Lernern und dem oder den Lehrern statt. Die Anforderungen an die technischen Fertigkeiten der der Lerner und deren Beherrschung der Technologie ist in diesem Fall sehr hoch und erfordert auch hardwareseitig umfangreiche Ausstattung z.B. Mikrofon, Webcam, ausreichend schnelle Rechenleistung sowie eine ausreichend schnelle Internetanbindung. Außerdem müssen sich die Lerner an das allgemeine Lerntempo der anderen anpassen.
Beim asynchronen Fernlernen werden die Inhalte den Lernenden zur Verfügung gestellt und diese können das Lerntempo und den Lernzeitpunkt selber festlegen. Die Kommunikation mit den Lehrenden und den Mitlernern findet zeitversetzt (asynchron) über Foren, Kommentarfunktionen, Email und ähnlichen Werkzeugen statt.
Der Trend im Bereich E-Learning geht hin zu einer kombinierten Form von Präsenzlehre und E-Learning. Diese kombinierte Variante des E-Learning heißt „Blended Learning“ und besteht meist aus einem Einführungsseminar mit Präsenzpflicht, Netzlernphasen (synchron und/oder asynchron) und einer abschließenden Präsenzveranstaltung, eventuell mit einer Abschlussprüfung, sofern die Prüfungsleistungen nicht bereits online erbracht wurden.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Schwerpunkt auf die Intra- oder Internet gestützte Lehre gelegt. Verwandte Ausprägungen von E-Learning, die nicht Internetbasiert arbeiten, finden in dieser Arbeit keine Berücksichtigung.
Die heutzutage gängige Auffassung von E-Learning legt Wert auf die Feststellung, dass es bei E-Learning nicht allein um die (interaktive) Aneignung von Informationen geht, sondern dass die menschliche Begleitung und Unterstützung des Lernprozesses eine wesentliche Rolle spielt. [Baumgartner, P. Häfele, K&H., 2002, S. 5]
E-Learning setzt demnach voraus, dass die Lernmaterialien in digitalisierter Form vorliegen und multimedial miteinander vernetzt sind, dass eine Interaktivität zwischen den Lehrenden den Lehrenden, den Mitlernern und dem System selbst gewährleistet wird und dass die Lerninhalte technisch mittels Internettechnologie (TCP/IP) den Lernenden zur Verfügung gestellt werden.
Hieraus lassen sich zwei Definitionsansätze ableiten: ein technologisch-praktischer und ein psychologisch-didaktischer Definitionsansatz. [o. A., 2005 a]
Der technologisch-praktische Definitionsansatz orientiert sich vorrangig an den technischen Voraussetzungen und den praktischen Lösungsansätzen die notwendig sind um die Anforderungen zu erfüllen die an ein erfolgreiches E-Learning Konzept geknüpft sind.
Diesem Definitionsansatz folgend wird E-Learning folgendermaßen definiert:
"E-Learning = Ursprünglich Sammelbegriff für IT-gestütztes Lernen bzw. alle Formen elektronisch unterstützten Lernens. Eingeschlossen sind darin netz- und satellitengestütztes Lernen, Lernen per interaktivem TV, CD-ROM, Videobändern usw." [Glossar Global Learning, o.J.]
Oder:
"eLearning umfasst ein weites Feld von Anwendungen und Prozessen, von Web-based learning (WBT), computer-based learning (CBT) bis zu Virtual Classrooms und anderen Formen digitaler Zusammenarbeit. Unterrichtsmaterial wird dabei via Internet, Intranet/Extranet (LAN/WAN), Audio- und Videokassetten, Satellitenfernsehen, interactives (sic!) TV, und CD-ROM verbreitet." [Glossar Learning Circuits, o.J. a]
Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf der technologischen Seite und vernachlässigt einige wichtige Aspekte des Lernens wie z.B. die sozialen Komponenten oder den Nutzer als soziales Wesen. In dieser technologisch dominierten Auffassung, in welcher die Nutzer kaum Beachtung finden, sind bereits zahlreiche technische Standards etabliert, die jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sind.
Der psychologisch-didaktische Definitionsansatz stellt den Nutzer eines E-Learningangebots in den Mittelpunkt und fragt nach dem Nutzen und dem Mehrwert den eine E-Learningumgebung den Lernenden bietet. Diese Fragestellung bewegt sich auf der didaktischen Ebene und berücksichtigt auch die Aspekte des Lernens, die nicht vorrangig als Lernziel definiert wurden, sondern von den Lernern en passant „mitgenommen“ werden oder vorausgesetzt werden.
Folgt man diesem Definitionsansatz findet man folgende Definitionsversuche:
"eLearning (sic!) ist ein Ansatz, der verschiedene Internet- und Web-Technologien nutzt, um Lernprozesse und Kompetenzentwicklungen zu ermöglichen, zu evozieren, zu fördern und oder zu moderieren. Mit den neuen, netzbasierten Lernsystemen und -architekturen kann Qualifizierung 'just in time', in einem einheitlichen Qualitätsstandard geliefert werden." [Kern, D., 2001]
Oder:
"Es ist völlig egal, wie der Weg zwischen der durchführenden Organisation und dem Lernenden überbrückt wird. Das Wesentliche ist, dass eine räumliche Distanz, eine Lernbegleitung und die Feststellung des Lernerfolgs vorhanden sein muss." [Vennemann, M., 2001].
Bei diesem Definitionsansatz ist die Fokussierung des Interesses auf die Nutzer von E-Learningangeboten ersichtlich und es wird den sozialen Komponenten des Lernens Rechnung getragen.
Unabhängig davon, welchem Definitionsansatz man folgt, es herrscht insoweit Einigkeit, dass E-Learning ortsunabhängig, zeitunabhängig und interaktiv ist. Diese Vorteile des E-Learning kommen sowohl der lernenden als auch der lehrenden Seite zugute, unabhängig vom organisatorischen Kontext (betrieblich oder schulisch/universitär). Es scheint aber auch Einigkeit darüber zu herrschen, dass E-Learning nie die Qualität einer herkömmlichen, gut gestalteten und didaktisch gut vorbereiteten Lehrveranstaltung erreichen kann. Gründe hierfür sind unter anderen die fehlende Unmittelbarkeit, das heißt die Möglichkeit, mit dem Lehrenden unmittelbar und sofort in Kontakt zu treten, um Unklarheiten zu beseitigen.
Dieser zweite Definitionsansatz ist eindeutig zu bevorzugen und es muss Wert auf die Feststellung gelegt werden, dass es völlig irrrelevant ist, welche Technologien und welche medialen Darstellungen zur Vermittlung der Lerninhalte gewählt wird, solange der Nutzer bei allen Überlegungen im Fokus des Interesses bleibt.
Der in dieser Arbeit gewählte Begriff der Online Lernumgebung ist bewusst allgemeiner gehalten als die bekannteren Begriffe wie z.B. Lernplattform, Lernportal, Learning Management System (LMS) oder Learning Content Management System (LCMS). Eine Online Lernumgebung kann dieser Auffassung nach ein Lernportal, ein LMS, ein LCMS, aber auch ein simples Weblog eines Lehrenden oder ein gemeinsam geführtes Weblog der Lernenden sein.
„Ein Weblog oder Blog (ein Kunstwort aus 'Web' und 'Logbuch') ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält. Neue Einträge stehen an oberster Stelle, ältere folgen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge.“ [Wikipedia o.J. a]
Wichtig ist die Möglichkeit der Kommunikation und Kooperation der Lernenden. Ein Weblog lässt sich innerhalb einer Kombination aus Präsenzveranstaltungen und Online Lernphasen (Blended Learning) sehr gut einsetzen, da durch die Verwendung eines Weblogs, der Zeitbezug und das Voranschreiten der Lehrveranstaltung sehr gut abgebildet werden kann.
Aber auch ein einfaches Wiki Web könnte man als Online Lernumgebung verwenden.
Wikis, auch WikiWikis und WikiWebs genannt, sind im World Wide Web verfügbare Seitensammlungen, die von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden. Sie ähneln damit Content Management Systemen. Der Name stammt von wikiwiki, dem hawaiianischen Wort für "schnell". Wie bei Hypertexten üblich, sind die einzelnen Seiten und Artikel eines Wikis durch Querverweise (Links) miteinander verbunden. Die Seiten lassen sich jedoch sofort am Bildschirm ändern. [Wikipedia o.J. b]
Der Einsatz eines Wikis für eine Lehrveranstaltung erfordert eine gute Vorbereitung und die Bereitschaft der Lernenden zum kollaborativen Arbeiten an Themen und Texten. Durch die offene Architektur und Funktionsweise eines Wikis, welche das Erstellen, Verändern, Verbessern, Erweitern, Kürzen und Löschen von erstellten (Lehr-) Texten erlauben, fühlen sich viele Lernende verunsichert und überfordert, weil es im „Normalfall“ nicht üblich ist, an fremden Texten beliebig frei zu arbeiten. Diese Hemmschwelle muss durch den Lehrenden aufgehoben werden und er muss die Lernenden ermutigen, an der Verbesserung, Erweiterung oder Vertiefung der Texte zu arbeiten.
Die Auffassung, auch die beiden oben genannten „Werkzeuge“ als Online-Lernumgebung zu betrachten ist nicht sehr verbreitet. Manchen Definitionen zufolge, z.B. nach Vennemann, [Vennemann, 2001] erfüllen sie nicht alle Anforderungen einer Online-Lernumgebung, weil z.B. die Möglichkeit der Überprüfung des Lernerfolgs nicht vorgesehen ist, bzw. weil es hierfür keine speziellen Fragebögen oder Multiple Choice Formulare gibt. Der Lernerfolg kann aber auch anders als über solche Methoden überprüft werden, z.B. durch die Aufforderung der Lernenden, im Wiki zu einem bestimmten Themenbereich einen Textbeitrag in Form eines Referats zu schreiben. Zieht man die neuesten Entwicklungen in der Auslegung des Begriffs E-Learning und dessen Anwendung in Betracht, können diese Werkzeuge durchaus auch zum E-Learning verwendet werden.
Anderen Definitionen zufolge müssen Funktionen wie z.B. Benutzerverwaltung, Kursverwaltung, Rollen- und Rechtevergabe, Kommunikationsmethoden (Chat, Forensystem etc.) und Zusatzwerkzeuge für kollaboratives Lernen (Whiteboard, Notizbuch, Annotationen, Kalender etc.) implementiert sein, damit ein Werkzeug als vollwertige Online-Lernumgebung gilt. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass mit wachsender Funktionsvielfalt einer Online Lernumgebung der Verwaltungsaufwand, die Lehrenden überfordert und die Lernenden von den Inhalten und vom Lernen eher ablenkt.
Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Art von Lernumgebung obliegt den Lehrenden oder der Lehrorganisation und kann in Kooperation mit den Lernenden getroffen werden. Es kommt hierbei nur darauf an, welche Präferenzen der Lehrende hat oder welche Übereinkünfte mit den Lernenden getroffen werden bzw. welche Ziele erreicht werden sollen und welche Dienste die Lernumgebung bieten soll. Ob z.B. auch Prüfungen online durchgeführt werden sollen oder die Kommunikation unbedingt über die Online-Lernumgebung stattfinden muss, ist eine Entscheidung die im Einzelfall getroffen werden muss. Je nach Entscheidung reichen die oben genannten simplen Lösungen wie Weblogs und Wikis aus, oder machen den Einsatz hochkomplexer LCMS notwendig. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Art von Lernumgebung und der Verwendung freier Kommunikationsprogrammen wird auch von finanziellen und technischen Rahmenbedingungen, von den Erwartungen an die Lernumgebung und der Unternehmenskultur beeinflusst.
Es ist nicht immer notwendig und sinnvoll, ein teures und hochkomplexes LCMS mit allen Funktionen der synchronen und asynchronen Kommunikation zu implementieren. Die Kommunikation mit den Lernern kann in Absprache auch über die zahlreichen kostenfreien Programme wie z.B. Skype, ICQ, IRC, RSS-Reader o.ä. realisiert werden. Voraussetzung hierfür ist natürlich die Bereitschaft der Lernenden, diese Programme auf ihren Rechnern zu installieren, sich ein entsprechendes Nutzerkonto einzurichten und die RSS-Feeds der Weblogs oder Wikis zu abonnieren. Ein Vorteil dieser Variante ist, dass die Beteiligten auch dann erreicht werden können, wenn sie nicht auf der Lernplattform angemeldet sind und sich vielleicht gerade nicht mit den Inhalten der Lernumgebung beschäftigen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass diese Programme speziell für die Kommunikation erstellt wurden und die Nutzungsoberflächen hierauf optimiert sind und ständig weiterentwickelt werden. Teure Updates der Kommunikationstools innerhalb der Lernplattformen entfallen bei der Verwendung dieser Kommunikationsprogramme. Als Nachteil kann vielleicht die Ablenkung der Lernenden angeführt werden, aber hierfür stellen diese Programme auch die Möglichkeit der Abschaltung der Sichtbarkeit für alle anderen Nutzer oder nur für bestimmte Nutzer im virtuellen Raum zur Verfügung. So kann z.B. ein Nutzer, der an mehreren Kursen gleichzeitig teilnimmt und unterschiedliche Lerngruppen in seiner Kontaktliste führt, sich während der Beschäftigung mit einem Lehrgebiet seine Sichtbarkeit für alle anderen Lerngruppen abschalten. Diese Möglichkeiten bieten die in den Lernplattformen integrierten Kommunikationsprogramme in den meisten Fällen nicht.
Die Verwendung von RSS-Readern auf Seiten der Lerner setzt auf Seite der Lernumgebung das Vorhandensein eines oder mehrerer RSS-Feeds voraus. Diese relativ neue Technologie ist eine Umkehr der klassischen Pull-Technologie hin zu einer Push-Technologie und erspart dem Nutzer das Ansurfen der Lernumgebung und eventuell den Frust, wenn es nichts Neues gibt. Die Nutzer müssen beim Einsatz dieser Technologie nicht erst die E-Learning Umgebung aufsuchen, sich einloggen und nachsehen ob es neue Lehrinhalte, Kommentare, Fragen oder Beiträge gibt, sondern der RSS-Reader holt diese Informationen automatisch und stellt sie in übersichtlicher Form auf dem Bildschirm des Nutzers dar. Auch auf Seite der Lehrenden ist diese Technologie von Vorteil, weil beim Einstellen neuer Inhalte die Lernenden nicht über Email oder in einer Präsenzveranstaltung verständigt werden müssen, dass es neue Inhalte gibt. Die Benachrichtigung der Nutzer über neue Inhalte übernimmt das System selbst. In Abbildung 3 ist die Funktionsweise der RSS Technologie schematisch dargestellt. RSS bedeutet „Really Simple Syndication“, „RDF Site Summary“ oder „Rich Site Summary“. Die RSS Technologie gehört zu den ersten erfolgreichen Anwendungen des Semantic Web. Um semantische Fragen geht es auch im Kapitel 3 „Standards im E-Learning“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 RSS Technologie: schematische Darstellung
Die Nutzung unterschiedlicher Technologien und Programme, welche nicht zwangsläufig in ein allumfassendes und hochkomplexes LCMS integriert sein müssen, entspricht auch dem eingangs angeführten erweiterten Verständnisses von E-Learning: dem Oberbegriff ICT, zu Deutsch IUK. Mit dem Anspruch, sämtliche denkbaren Funktionalitäten und Dienste unter einer Oberfläche zu vereinen, gerät eine solche Online-Lernumgebung schnell in Gefahr, den steigenden Ansprüchen an einzelne Funktionen und Dienste nicht zu genügen und die Nutzer zu überfordern. Der erforderliche Entwicklungs-, Pflege- und Aktualisierungsaufwand kann unter Umständen von einer einzelnen Institution nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll geleistet werden.
Betrachtet man die derzeitige Situation im E-Learning aus der Nähe fällt auf, dass beim Einsatz von E-Learning hohe Anforderungen an die Medienkompetenz und an das technische „Know-How“ der Lehrenden gestellt werden. Diese Qualifikationen sind allerdings nicht immer bei den Lehrenden vorhanden und es kann auch nicht erwartet werden, dass alle Lehrenden sich diese Kompetenzen parallel zum Lehrbetrieb erarbeiten. Es gehört schließlich nicht zu den Grundqualifikationen und Kernkompetenzen eines Lehrers aus einem technikferneren Bereich wie z.B. Psychologie oder Philosophie, die Erstellung und Verwaltung von Online-Lernumgebungen zu beherrschen. Zukünftige Lehrergenerationen werden diese Medienkompetenz und die technischen Fertigkeiten aufgrund ihrer veränderten Ausbildung und der ubiquitären Anwendung von E-Learning in Zukunft mitbringen. Der heutigen Lehrergeneration sollte das Fehlen dieser Kompetenzen aber nicht als schwerwiegender Mangel angelastet werden. Sowohl für die heutige Lehrergeneration aber auch für die zukünftigen Lehrergenerationen sollte eine Online Lernumgebung aus Sicht der Lehrenden folgende Minimalanforderungen erfüllen:
- Möglichkeit, der schnellen Erstellung von Inhalten, ohne die Notwendigkeit, sich komplett in die technischen Details der Online-Lernumgebung einzuarbeiten. Bei den erstellten Inhalten kann es sich um sämtliche Formen von Lehrmaterial handeln, angefangen, von einfachen Arbeitsblättern über Illustrationen bis hin zu Animationen etc. Die Möglichkeit, dieses Lehrmaterial innerhalb der Online-Lernumgebung zu erstellen, nimmt den Lehrenden einige Entscheidungen hinsichtlich des Designs, der Navigation und Interaktion ab, darf aber deren Kreativität nicht einschränken. Auf jeden Fall sollte die Möglichkeit bestehen, Lehrmaterial welches mit anderen Programmen, außerhalb der Online-Lernumgebung, mittels lokal installierter Software (z.B. Dreamweaver, Flash etc.) erstellt wurde oder zugekauft wurde zu importieren.
- Möglichkeit den erstellten Lerneinheiten Metadaten hinzuzufügen. Diese Möglichkeit wird aufgrund der steigenden Anzahl von Lerneinheiten auf unterschiedlichen Niveaus und unterschiedlichen Kontexten, zu einem unverzichtbaren Werkzeug, welches ebenfalls beiden Seiten zugute kommt: den Lehrenden bei der Nutzung und Einbindung fremder Lerneinheiten in das eigene Lehrangebot und den Lernenden bei der Auswahl und Entscheidung darüber, ob das angebotene Lehrmaterial den eigenen Ansprüchen und Erwartungen genügt. Die Überlegungen darüber, welche Metadaten notwendig sind, welche Sinn machen und wie die Erfassung und Handhabung dieser Daten zu bewerkstelligen ist, ist einer der großen Themenbereiche in der Standardisierungsdiskussion.
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