Bachelorarbeit, 2019
47 Seiten, Note: 1,3
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. THEORIETEIL
2.1 begriffsbestimmungund theoretische hintergrunde
2.1.1 Definition und Uberblick Coaching
2.1.2 tatigkeitsbereich life coaching
2.1.3 abgrenzung zwischen life und business coaching
2.1.4 Systemtheorie, systemische Therapie und systemisches Coaching
2.1.5 methoden des systemischen ansatzes
2.1.6 Systemisches Coaching in der Kritik
2.1.7 QualitAt im Coaching: das Drei-SAulen-und Rubikon-Modell
2.1.8 QualitAt im Coaching: KernkompetenzenetnesCoachs
2.2 Stand der Forschung
2.2.1 Stand der Forschung Coaching & Life Coaching
3. FRAGESTELLUNG UND HYPOTHESE
4. METHODEN DER ARBEIT
4.1 erhebungsinstrumente
4.1.1 das experteninterview
4.2 leitfadenerstellung
4.3 auswertungsinstrument
4.3.1 qualitative inhaltsanalyse nach kuckartz
4.4 Beschreibung des Akquirierungsprozesses und der Stichprobe
4.4.1 Beschreibung der Stichprobe „systemischer Life Coach"
4.5 datenerhebungsprozess
5. ERGEBNISSE
5.1 DARSTELLUNGDERERGEBNISSE
5.1.1 ERGEBNISSE HTNSICHTLICHDERERSTEN FRAGESTELLUNG
5.1.1.1 TECHNIKENUND METHODEN
5.1.1.2GRUNDSATZEUNDHALTUNGEN
5.1.2 ERGEBNISSE HTNSICHTLICH DER ZWEITEN FRAGESTELLUNG
5.1.2.1 HAUPT-ODERNEBENBERUFLICHKEIT
5.1.2.2 der tagesablauf
5.1.2.3 qualifikationund werdegang
5.1.2.4 VerstAndnis Life Coaching
5.1.2.5 VerstAndnis systemisches Coaching
5.1.2.6 SelbstverstAndnisals Coach
5.1.2.7 Vor-undNachbereitungdes Coachings
5.1.2.8 DurchfUhrungdes Coachings
5.1.2.9 Evaluation des Coaching Prozesses
5.1.2.10 AKQUISE UND ART DER KLIENTEN
5.1.3 FAZIT ZUDEN ERGEBNISSEN UND BEANTWORTUNG DER HYPOTHESE
6. DISKUSSION DER ERGEBNISSE IM THEORETISCHEN BEZUGSRAHMEN
6.1 inhaltliche diskussion
6.2 diskussion der methoden
6.3 Grenzen der Arbeit
7. FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Tabellarische Ubersicht der Stichprobe
Darstellung 2: Angewandte Techniken und Methoden (Code 10.2)
Der Umsatz im deutschen Beratungsmarkt betrug im Jahr 2016 29 Mrd. Euro (vgl. BDU, 2017). Der Anteil des Umsatzes durch Coaching lasst sich jedoch nur schwer kalkulieren (vgl. Christopher Rauen GmbH, 2018). Bisher wurde zudem kaum zu Life Coaching im deutschsprachigen Raum geforscht (vgl. Schreyyogg & Schmidt-Lellek, 2015: 373).
Den Gegenstand der Untersuchung stellt die Arbeitsweise von systemischen Life Coaches dar. Hierfiir wurden mit Hilfe von leitfadengestiitzten Experteninterviews aktiv arbeitende systemische Life Coaches interviewt. Die Interviewdaten wurden im Anschluss inhaltlich iiber die zusammenfassende und strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.
Das Ziel der Arbeit ist, einen strukturierten Uberblickiiber die methodische Vorgehensweise im systemischen Life Coaching zu liefern. Life Coaching ist noch eine sehr junge Form des urspriinglich reinen Business Coachings, daher ist es auch von wissenschaftlichem Interesse, welche Arbeitsmethoden in diesem Marktsegment angewandt werden und ob diese wissenschaftlich fundiert sind.
Fiir systemisches Life Coaching gibt es noch keine klare Definition, jedoch beinhaltet es das Konzept des Life Coachings und arbeitet mit systemischen Methoden. Life Coaching im psychologischen Sinne versteht sich als Erweiterung des Business Coachings und sieht die Integration von privaten Anliegen vor. Life Coaching richtet sich also auf den gesamten sozialen Lebenszusammenhang eines Menschen aus. Das zentrale Ziel besteht nicht „nur" in einer Befreiung von aktuellen Problemen, sondern dariiber hinaus, ein gliickliches und gelingendes Leben zu fordern (vgl. Schreyogg & Schmidt-Lellek, 2015: 373-374).
Systemisches Coaching bezieht sich auf gangige Methoden in der systemischen Arbeit, wie z.B. zirkulare Fragen, Wunderfragen und hypothetische Fragen (vgl. Sautter, 2015: 110). Das systemische Coaching fungiert auch als Auffangbecken etlicher Methoden, welche keiner klaren Theorie zugeordnet werden. Praktiker sprechen dann davon, dass sie verschiedene Gesichtspunkte und Methoden kombinieren wiirden, um sich einem Problem ganzheitlich zu nahern oder dass sie in Ihrer Beratung das System beriicksichtigen wiirden (vgl. Migge, 2014: 497).
Es wird dargelegt werden, inwiefern diese Aussagen auf systemisches Life Coaching zutreffen und im Anschluss Handlungsempfehlungen fur Akteure im Coaching-Markt abgeleitet.
In den folgenden Abschnitten werden forschungsrelevante Begriffe erlautert, sowie theoretische Hintergriinde zu der Fragestellung dargestellt, um in der Diskussion theoretischen Bezug nehmen zu konnen. Zum Ende des Kapitels werden auBerdem darauf begriindete Fragestellungen und Hypothesen fur die weitere Forschung abgeleitet, die anhand von Experteninterviews angenommen oder verworfen werden sollen.
Kunzli und Seiger sehen Coaching in Anlehnung an Riedel (2003), als eine Form der personenorientierten, professionellen Beratung, die sich an handlungs- und entscheidungsfahige Individuen, in diesem Sinne an Coachees, Klienten und Kunden richtet (vgl. Steinebach et al., 2012: 138). Die Them en werden vom Coachee eingebracht und der Coach unterstutzt lediglich dabei, die Handlungsfahigkeit zu verbessern oder eigene Ziele und Losungen zu erarbeiten. Kunzli und Seiger beschreiben Coaching zudem als positiv, systemisch, losungs- und ressourcenorientiert. Positives Coaching ist auf Starken und Ressourcen des Klienten ausgerichtet (vgl. Steinebach et al., 2012: 139).
Einen angemessenen Uberblick uber Coaching zu geben, stellt sich jedoch als schwieriges Unterfangen dar, denn es kursieren unterschiedlichste Defmitionen und Sichtweisen in Fachkreisen und es gibt keinen schlussigen Konsens (vgl. Lindart, 2016: 19). Fur die Fragestellung dieser Arbeit bietet sich eine Definition anhand der Tatigkeitsbereiche an, denn ein solches Vorgehen ermoglicht letztendlich auch erst unter Punkt 2.1.2 „Tatigkeitsbereich Life Coaching" eine Differenzierung zwischen dem Tatigkeitsbereich Life Coaching und anderen Tatigkeitsbereichen vorzunehmen. Uwe Boning und Claudia Kegel (2015) unterscheiden Coaching in Ihrem Buch „Ergebnisse der Coaching-Forschung" in vier Haupteinsatzbereiche mit jeweils etlichen Unterbereichen. Die vier Hauptbereiche sind Coaching im Non-Profit-Bereich, Business-Coaching, Life-Coaching und Sport-Coaching (vgl. Boning U. & Kegel C, 2015: 24).
Life Coaching als eigene Form professionellen Coachings scheint wissenschaftlich noch nicht so verbreitet zu sein. Auch Schreyogg und Schmidt-Lellek weisen darauf hin, dass erst 2008 mit „Life-Coaching: Uber Sinn, Gliick und Verantwortung in der Arbeit" von Buer und Schmidt-Lellek eines der ersten wissenschaftlichen Biicher im deutschsprachigen Raum zu diesem Arbeitsfeld erschienen ist (vgl. Schreyogg & Schmidt-Lellek, 2015: 373). Life Coaching betrachtet den ganzen Menschen und versucht, die Problematik des Coachees in den gesamten Lebenszusammenhang einzuordnen. Diese Form des Coachings lasst sich als ein Konzept defmieren, dass den Menschen nicht in Person und Rolle trennt, sondern Rollenentwicklung und Person-Werdung verbindet (vgl. Buer & Schmidt-Lellek, 2008: 32-33). Die Themen im Life Coaching, z.B. Probleme am Arbeitsplatz und im Privaten, werden mit Sinn, Gliick, Verantwortung, Lebensstil und Lebenskunst in Verbindung gebracht. Beispielhafte Fragen im Life Coaching zum Themenbereich Sinn lauten: „Macht das Sinn, was ich getan habe, was ich gerade tue, was ich vorhabe?", „Welchen Sinn sehe ich in meinem einmaligen individuellen Leben?" und „Hat das Leben auf der Welt an sich einen Sinn?" (vgl. Buer & Schmidt-Lellek, 2008: 71-73). Life Coaching hat somit nach Buer und Schmidt-Lellek die Aufgabe, existenzielle Fragen zu stellen, um Klarheit iiber das gesamte individuelle Tun zu schaffen. Life Coaching findet dementsprechend Anwendung, wenn Menschen mit ihrer aktuellen Situation unzufrieden sind und entsprechende Losungen suchen.
Boning und Kegel verorten das Life Coaching anders als ihre Fachkollegen Buer und Schmidt-Lellek. So sind Sie der Meinung, zwischen Business- und Life- Coaching miisse eine Trennung vorgenommen werden:
„Einige Autoren differenzieren nicht grundsatzlich zwischen Business- und Life-Coaching. Buer und Schmidt-Lellek (2008) z.B. vertreten die Meinung, Business-Coaching sei ein Teil von Life-Coaching, weil Life-Coaching der eigentlich umfassendere Anwendungsbereich sei. [...] Vielmehr sehe ich die Coaching-Praxis aufgrund meiner Erfahrungen so, dass sich Life-Coaching gerade primar mit jenen Lebensfragen beschaftigt, die auBerhalb des Aktionsfeldes Business und Arbeit bestehen. Hier finden unter anderem die Themen Partnerschaft, Lebenskrisen, emotionales Wohlbefinden oder das Umsetzen personlicher Lebensziele ihren legitimen Platz".
Boning erlautert weiter, dass er zwar Aktionsfelder sehen wiirde, welche sich mit dem Business-Coaching iiberschneiden (z.B. „Ausstieg aus dem Job"), die Art der Reflexion und Zielausrichtung sich jedoch von der im Business-Coaching unterscheidet. In diesem Kontext wiirde Business-Coaching nach Bonings Auffassung stark Ziele der Organisation mit einbringen, wie z.B. Steigerung der Performance. Im Vergleich dazu sieht er im Life Coaching die Zielsetzung und Inhalte des Coachings viel starker durch den Coachee gepragt. Er begriindet seine Einstellung weiter damit, dass die Handlungsmilieus, Leitwerte, Zielsetzungen und Rahmenbedingungen zu verschieden sind, um beide Anwendungsfelder aus einer Perspektive zu betrachten. Das Gesundheits-Coaching wird dem Life-Coaching als Subanwendungsfeld untergliedert und beschaftigt sich mit gesunder Lebensfiihrung, Ernahrungsthemen und Rehabilitation. Uberschneidungen zum Sport-Coaching sind besonders an dieser Stelle auch vorhanden. Diese Anwendungsfelder werden jedoch in dieser Arbeit keine Bedeutung tragen (vgl. Boning U. & Kegel C, 2015: 17-18).
Die Systemtheorie und das systemische Coaching werden den theoretischen Rahmen fur diese Arbeit darstellen. Coaching und explizit Life Coaching lassen sich keiner festen Theorie zuordnen. Die systemische Arbeitsweise lasst sich jedoch auf die Systemtheorie zuriickfiihren. So heiBt es in „Einfiihrung in Systemtheorie und Konstruktivismus" von Fritz B. Simon (2015) auf Seite 12 bis 13: „Systemisches Denken verwendet Erklarungen, die sich aus der Systemtheorie ableiten lassen, und das heiBt konkret: An die Stelle geradlinig-kausaler treten zirkulare Erklarungen, und statt isolierter Objekte werden die Relationen zwischen ihnen betrachtet". Im engeren Sinne wird die soziologische Perspektive in der Systemtheorie genauer betrachtet. Von Interesse ist an dieser Stelle auch die Theorie der Autopoiese. Damit ist der „Prozess der Selbsterschaffung und Selbsterhaltung von Lebewesen oder lebenden Systemen" (selbstreferentieller Systeme) gemeint. Der Begriff wurde zuerst von Maturana gepragt und spater von Luhmann teils gegen den Willen Maturanas auf die Theorie sozialer Systeme bezogen (vgl. Stangl, 2018). Die Annahme, die daraus hervorgeht ist, dass Menschen ihre Umwelt in stark subjektivabhangiger Art und Weise selbst konstruieren. Stangl (2018) beschreibt dies wie folgt: „Menschen streiten sich nach langen Bemiihungen um Verstandigung immer noch um „richtig" oder „falsch" Gesehenes und Gehortes, sehen und horen andererseits das scheinbar identische - ein Bild, ein Gerausch, eine Person, eine Situation - immer wieder „anders", „neu", ja sehen und horen oft genug Dinge, die gar nicht „da" sind".
„Beim systemischen Coaching sind der Klient bzw. das Klienten-System selbst Experte fur die anstehenden Veranderungen. [...] Systemisches Coaching sieht den Klienten nie als isolierte Person, sondern stets als Teil von Systemen (z.B. Unternehmen, Familie usw.), in denen vielfaltige Wechselwirkungen bestehen. Insofern miissen auch alle im Coaching entwickelten MaBnahmen immer das Gesamtsystem im Blick halten" (Change Concepts, 2015). Dem Blick auf das Umfeld des Klienten kommt somit im systemischen Coching eine Schliisselfunktion zu. Ohne diesen Blick ware das Coaching demnach nicht systemisch.
Zur systemischen Therapie lasst sich sagen, dass sie seit 2008 in Deutschland wissenschaftlich anerkannt ist. Es werden jedoch keine Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen ubernommen (vgl. Soutschek, 2016). Systemisches Coaching hingegen kennt keinen einheitlichen Ausbildungsablauf und lasst sich somit auch nicht wissenschaftlich anerkennen. Das Problem an dieser Stelle ist, dass systemisches Coaching bzw. Coaching an sich nicht geschiitzte Begriffe sind.
Die systemische Gesellschaft ist ein deutscher Verband mit Sitz in Berlin, welcher den systemischen Ansatz vertritt und bereits seit 1993 besteht (vgl. Christopher Rauen GmbH, 2019). Im Folgenden werden die Methoden im systemischen Ansatz nach Verstandnis der systemischen Gesellschaft vorgestellt.
Die erste Methode stellt die „Entdeckung der Ausnahmen und des Moglichkeitssinns" dar. Wenn der Klient z.B. Probleme in der Kommunikation mit anderen Personen schildert, fragt der Coach, wann es das letzte Mai eine Ausnahme gab und der Klient mit diesen Personen eine gute Kommunikation hatte (vgl. Systemische Gesellschaft, 2017). Wunderfragen zahlen auch zu den Tools des systemischen Ansatzes. In diesem Fall fragt der Coach z.B. „Gesetzt den Fall, heute Nacht geschieht ein Wunder und Sie konnten wieder so miteinander reden, wie es fur Sie gut ware, woran wiirden Sie als erstes am nachsten Morgen bemerken, dass das Wunder geschehen ist?" (Systemische Gesellschaft, 2017). Eine weitere Technik stellen die zirkularen Fragen dar; dabei wird eine dritte Person iiber die Beziehung zwischen zwei anderen Personen befragt und somit bekommen die beiden anderen Personen eine komplexe Riickmeldung durch die Fremdwahrnehmung der dritten Person. Der reflexive Dialog stellt eine Moglichkeit dar, den Coachee auf die „Metaebene" einzuladen, ohne ihn unter Handlungsdruck zu versetzen; dabei auBert der Coach auf wertschatzende Weise seine eigenen Gedanken mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Bei der Methode der Externalisierung wird der Konflikt einer Person oder Gruppe in der dritten Person angesprochen, um Distanz zum Problem zu schaffen. In der Methode des reflektierenden Teams wird das Gesprach von einem Team beobachtet und mehrmals unterbrochen, damit sich dieses Team iiber die Beobachtungen austauschen kann. Das ratsuchende System soil somit die veranderungsrelevanten Informationen besser aufnehmen konnen. Im systemischen Ansatz werden auch Rituale genutzt, um alte Strukturen in neue zu iiberfiihren und eine hohe Verbindlichkeit der beteiligten Personen zu schaffen. Eine typische Methode ist auch die Veranderung von erzahlten Metaphern und Geschichten, um dariiber Sinn- und Moglichkeitskonstruktionen neu zu gestalten. Genogramme, Skulpturarbeit und Aufstellungen sind ebenso bekannte Methoden im systemischen Ansatz. Es werden z.B. im Coaching in einem Organigramm die Arbeitszusammenhanger dargestellt oder der Coachee stellt sich im Raum in Verhaltnis zu anderen Personen auf, dementsprechend, wie die Beziehungsmuster wahrgenommen werden. Abschlussinterventionen und Verschreibungen werden von der systemischen Gesellschaft auch noch als Methoden genannt, jedoch werden hier Handlungsvorschlage gegeben. Dies widerspricht nach klassischer Definition dem Anspruch von Coaching (vgl. Systemische Gesellschaft, 2017).
Pelz (2017) hat mit „Systemisches Coaching - eine kritische Analyse" einen Artikel veroffentlicht, welcher den Anspruch stellt, die Zusammenhange zwischen Systemtheorie, systemischer Therapie und systemischen Coaching kritisch zu beleuchten. So erklart er: „Systemisches Coaching und Systemische Beratung erheben zwar den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, erfiillen aber keinerlei Kriterien, die eine wissenschaftliche Disziplin erfiillen sollte; selbst der Schliisselbegriff „systemisch" ist nicht operational definiert. Das liegt nicht daran, dass es fiir jeden Begriff mehrere Definitionsmoglichkeiten gibt, sondern daran, dass der systemische Ansatz statt einer Fachsprache einen Jargon verwendet, der keine intersubjektiv iiberpriifbaren oder falsifizierbaren Aussagen zulasst" (Pelz, 2017). Auch Pelz kritisiert, ebenso wie Boning und Kegel, dass es keine staatliche oder wissenschaftliche anerkannte Ausbildung im Coaching gibt. Stattdessen verifizieren Coaching-Verbande ihre kommerziellen Ausbildungen anhand von selbsternannten Qualitatskriteri en.
Des Weiteren merkt Pelz an, dass die systemische Gesellschaft als einer dieser Verbande selbst anmerkt, dass der systemische Ansatz „heterogene Denkansatze aus verschiedenen Disziplinen umfasst, deren Gemeinsamkeit der nichtreduktionistische Umgang mit Komplexitat ist". Zu diesen sogenannten Denkansatzen zahlt die systemische Gesellschaft die „Allgemeine Systemtheorie, Autopoiesetheorie, Kybernetik (2. Ordnung), Synergetik, Kommumkationstheorie, Konstruktivismus, sozialer Konstruktionismus, Theorie der Selbstreferentialitat, der Selbstorganisation und dynamischer Systeme, Chaostheorie" (Systemische Gesellschaft, 2017). Pelz erklart, das Besondere an der systemischen Therapie ist, dass wichtige Bezugspersonen und die soziale Umwelt des Patienten in den therapeutischen Prozess mit einbezogen werden, im Gegensatz zu anderen Therapieformen. Ob dies so im systemischen Coaching auch umgesetzt wird bleibt unklar. Fur sicher halt Pelz jedoch, dass andere Coaching-Konzepte ebenso das Umfeld des Klienten mit einbeziehen, somit dieses Faktum kein Alleinstellungsmerkmal des systemischen Coachings darstellt. Er fuhrt fort, dass in der systemischen Psychotherapie diagnostische Verfahren eingesetzt werden, welche im Coaching laut Psychotherapeutengesetz nicht eingesetzt werden diirfen. Somit kann aus einer Wirksamkeitsstudie zur systemischen Psychotherapie nicht die Wirksamkeit von systemischem Coaching abgeleitet werden (vgl. Pelz, 2017).
Migge (2014) nennt fur Coaching das Drei-Saulen-Modell als mogliches Modell fur die Qualitatskontrolle im Coaching. Urspriinglich stammt das Modell aus der Pflegewissenschaft und erst durch HeB und Roth (2011) auf das Coaching iibertragen (vgl. Migge, 2014: 76). Das Drei-Saulen-Modell gliedert sich erstens in die Strukturqualitat, z.B. die Kompetenz des Coachs, das Setting, die Ortlichkeit oder die ethische Fundierung; zweitens in die Prozessqualitat, dazu zahlen alle Schritte des Coachings, wie Kontakt, Ablauf, eingesetzte Verfahren und Methoden und drittens in die Ergebnisqualitat mit dem AusmaB der Zielerreichung, des erweiterten Handlungsspielraums, der Zufriedenheit oder des generierten Erfolgs fur den Klienten (vgl. Migge, 2014: 75). Als weitere Evaluationsmoglichkeit und somit auch Wirksamkeitsmessung nennt Migge (2014) den Feedbackfragebogen. Fragekategorien sind hier z.B. „Art des Anliegens", „Grad der Zielerreichung", „Zufriedenheit des Klienten", „Auswirkungen auf das Wohlbefinden" und „Auswirkungen auf die Fahigkeit, Ressourcen zu nutzen" (vgl. Migge, 2014: 64). Coaching ist auf dem Weg zu einer Profession, zahlt jedoch noch nicht als solche. Migge (2014) beschreibt Coaching jedoch auch als hochst individuell. Es sollen im Coaching-Prozess keine Ratschlage erteilt werden oder zu tief auf Emotionen und Vergangenes eingegangen werden; in bestimmten Fallen ist dies jedoch moglicherweise sinnvoll und wird vom Coachee benotigt, um die eigene Handlungskompetenz und Losungserarbeitung zu unterstiitzen. Die Themen im Coaching konnen sich somit auch mit denen einer Psychotherapie iiberschneiden, jedoch ist die Ausrichtung, Dauer und der Leidensdruck des Klienten unterschiedlich (vgl. Migge, 2014: 89-91). Als hilfreiches Rahmenmodell fur den Coaching-Prozess lasst sich auch das Rubikonmodell nennen. Das Modell umfasst fiinf Handlungsphasen: Als erstes die Phase der Wahmehmung, dann die der Reflexion, die der Planung, der Durchfiihrung und zum Abschluss, die der Evaluation (vgl. Steinebach et al., 2012: 141-143).
Migge (2014) stellt in „Handbuch Coaching und Beratung" eine etwas modifizierte Liste der Kernkompetenzen eines Coachs von der International Coach Federation (ICF) vor. Die ICF nennt elf Kernkompetenzen und teilt diese auf vier Hauptthemen auf.
Das erste Thema ist „Grundlagen schaffen", dazu zahlen die Kernkompetenzen „Ethik und Professionsstandard" und „Arbeitsvereinbarung". Danach folgt das Thema „Die Beziehung gemeinsam gestalten" mit den Kompetenzen „Vertrauen und Wiirde" und „Engagement und Prasenz. Das dritte Hauptthema ist „Effektiv kommunizieren", dazu zahlt der ICF „aktiv zuhoren, „wirkungsvoll fragen" und „direkt kommunizieren". Letztes und groBtes Thema stellt „Lernen und Erreichen von Ergebnissen fordern" dar. Zu diesem Thema nennt der ICF die Kompetenzen „Bewusstheit fordern", „Handlungen entwerfen", „realistisch planen und zielen" und „Fortschritt und Verantwortung meistern" (vgl. Migge, 2014: 80-81).
Eine klare Aussage iiber den Stand der Forschung zu treffen, gestaltet sich als schwierig, wenn man beriicksichtig, dass Coaching bisher nicht konkret definiert ist. Boning und Kegel (2015) sehen hier auch die Diskrepanz zwischen dem Vorgehen in der Praxis und dem in den wissenschaftlichen Untersuchungen als Problem an. In der Praxis stellen sich die Aufgaben des Coaches oft als hoch komplex und schwer kontrollierbar dar. Die wissenschaftliche Forschung benotigt jedoch klare Fragestellungen und Durchfiihrungsbedingungen. Nach eingehender Analyse wissenschaftlicher Arbeiten und Forschungsaktivitaten im Bereich Coaching iiber einschlagige Medien, wie u.a. Google Scholar, PubPsych oder die Website www.coaching-report.de, lasst sich zusammenfassend sagen, dass es schon viele Forschungen zu dem Themenbereich Coaching gibt. Es lassen sich etliche Arbeiten und Studien zur Wirksamkeit von Coaching finden, jedoch mehrheitlich auf den Businesskontext bezogen. So hat ein Team um Erik de Haan von der Ashridge Business School in einer Studie mit 366 Business Coaches aus 22 Landern herausgefunden, dass das Coaching umso wirksamer war, je starker Aufgaben und Ziele betont wurden und das Selbstbewusstsein des Coachees gestarkt wurde. Die Bindung und Personlichkeit von Coach und Coachee waren hingegen weniger relevant (vgl. Wirtschaftspsychologie aktuell, 2016). Ob diese Erkenntnisse auch auf die von Boning und Kegel definierten Bereiche, wie z.B. Life-Coaching und Sport-Coaching zutreffen, ist fraglich. So lasst sich auch konstatieren, dass der Hauptteil der Forschung im Bereich des Business-Coaching stattfindet (vgl. Boning & Kegel, 2015: 196). In Ihrem Buch „Ergebnisse der Coaching Forschung" stellen Boning und Kegel 61 Studien zum Anwendungsbereich Business, 51 zu Life, 23 zu Non-Profit und 10 zu Sport vor.
In dem Anwendungsbereich Life Coaching fallen alle Studien zu den Themen Gesundheits-Coaching, Coaching im Bildungskontext und Coaching zu privaten Themen an. Die von Drexler et al. (2011) im Bereich des Gesundheits-Coachings, setzte sich unter anderem mit den Themen „Achtsamkeit fur sich und andere, Veranderungen im beruflichen und familiaren Alltag, verbessertes Zeitmanagement, Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit", Partnerschaft und Familie auseinander. Diese Themen sehe ich auch im Bereich des Coachings zu privaten Themen. Diese vorliegende Arbeit soil noch einmal verdeutlichen, dass das Feld Coaching weiterhin nicht konkret abgegrenzt ist, indem die Arbeitsweise der systemischen Life Coaches untersucht wird. Solange es keine staatliche und gesetzliche Anerkennung einer Profession Coaching gibt, werden weiterhin Probleme und Unstimmigkeiten in der Defimtionsbestimmung, Forschung und Ausbildung im Bereich Coaching vorhanden sein (vgl. Boning & Kegel, 2015: 199).
Aus den Problemen zur Wissenschaftlichkeit, sprich der Definitions- und Anerkennungsproblematik von systemischen Coaching und des relativ neuen Anwendungsbereiches Life Coaching ergeben sich folgende Forschungsfragen: „Inwiefern stimmen die Kriterien und Methoden von systemischen Coaching mit dem systemischen Life Coaching in der Praxis iiberein?" und „Inwiefern unterscheidet sich die Arbeitsweise der jeweiligen Coaches voneinander?".
Daraus lasst sich folgende Hypothese ableiten: „Die Arbeitsweise der Coaches unterscheidet sich, aber die methodische Fundierung ist identisch." Bekraftigen lasst sich diese Hypothese durch die von Boning und Kegel beschriebene Komplexitat der Arbeitspraxis. Aufgrund der hohen Komplexitat und Individuality der Problemstellungen im Life Coaching liegt es nahe, dass die Coaches sehr unterschiedhch vorgehen. Auch das aus der Soziologie stammende Milieu-Konzept unterstiitzt diese Hypothese, denn demnach werden bestimmte Umgangsformen in manchen Milieus eher akzeptiert und in anderen weniger (vgl. Boning & Kegel, 2015).
Buer und Schmidt-Lellek beschreiben Ihre Form des Life Coachings als stark philosophisch orientiert und stellen Gmndannahmen, wie z.B. „Der Mensch betrachtet bei seinem Tun ein Erleben von Sinn, das sowohl subjektiv als auch intersubjektiv bzw. kollektiv gepragt ist." oder „Der Mensch ist Produkt und zugleich Gestalter seiner Lebenswelten/Interaktionsraume." auf (vgl. Buer & Schmidt-Lellek, 2008: 34). Es lasst sich vermuten, dass in der Arbeitspraxis von Life Coaches diese Gmndannahmen unterschiedhch ausfallen und somit auch die Herangehensweise im Coaching stark durch die individuelle Pragung des Coaches beeinflusst ist.
In den folgenden Abschnitten wird das Forschungsdesign, welches der Erhebung der empirisch gesammelten Daten dient, vorgestellt. AnschlieBend wird die Stichprobe beschrieben und die Leitfadenerstellung erlautert. Zum Ende des Kapitels werden die Auswertungsinstrumente und -methoden dargestellt.
Die Forschung wird mit Hilfe von Methoden aus der qualitativen Sozialforschung durchgefiihrt. Im engeren Sinne sind hiermit das Experteninterview sowie die Qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz gemeint. Lamnek und Krell (2016) erklaren, dass die qualitative Sozialforschung interpretativ, naturalistisch, kommunikativ, reflexiv und qualitativ sein soil. Besonders das Merkmal „qualitativ" ist fur die vorliegende Forschung bedeutungsvoll. Qualitativ impliziert eine nicht-standardisierte Herangehensweise an den Untersuchungsgegenstand, um diesem off en gegeniiberzutreten (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 44-45). In der Arbeit soil die „Arbeitsweise von systemischen Life Coaches" erhoben werden. Da zur Arbeitsweise dieser Coaches aber bisher in der Literatur nur unzureichend Informationen vorhanden sind, ist eine Offenheit gegeniiber des Untersuchungsgegenstandes grundlegend, um sinnvolle Daten zu sammeln.
Im folgenden Abschnitt werden die in dieser Arbeit verwendeten Erhebungsinstrumente vorgestellt. Es handelt sich dabei um das Verfahren des Experteninterviews. Alle Interviews wurden mit Einverstandnis der Probanden digital via Sprachmemo festgehalten und im Anschluss mit dem Programm MAXQDA2018 transkribiert.
Lamnek und Krell (2016) orientieren sich bei der Definition eines Experten an Bogner und Menz (2005). Nach Bogner und Menz verfugt ein Experte iiber technisches, Prozess- und Deutungswissen, welches sich auf sein spezifisches professionelles Handlungsfeld bezieht. Demnach weist das Expertenwissen zu groBen Teilen den Charakter von Praxis- oder Handlungswissen auf. Nach Glaser und Laudel besitzt ein Experte Spezialwissen iiber die zu erforschenden sozialen Sachverhalte: „Experte beschreibt die spezifische Rolle des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen iiber die zu erforschenden sozialen Sachverhalte" (Glaser & Laudel, 2010: 12). Das Experteninterview ist nach Deeke demnach ein qualitatives Interview mit einer besonderen Zielgruppe. Meuser und Nagel erklaren, dass der Experte nur als Akteur in seiner spezifischen Rolle von Interesse ist und seine Aussagen in seinen spezifischen Funktionskontext eingebunden werden miissen. Ein Experte ist nach Bogner demnach eine Person, welche aufgrund eines spezifischen Erkenntnisinteresses den Titel „Experte" zugeschrieben bekommt. (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 687).
In dieser Forschungsarbeit liegt das spezifische Erkenntnisinteresse in der Arbeitsweise des systemischen Life Coaches. Der systemisch arbeitende Life Coach stellt somit den Experten dar, da dieser iiber Praxis- und Handlungswissen in seiner Profession verfiigt. Ein Experteninterview erscheint fiir die Fragestellung der Arbeit somit sinnvoller als ein problemzentriertes Interview, da spezifisches Rollenwissen eine Voraussetzung bildet.
Bogner und Metz (2005) und Bogner et al. (2014) unterteilen das Experteninterview je nach Zielsetzung in explorativ, systematisierend und theoriegenerierend. Fiir die Fragestellung dieser Arbeit und die daran gekniipften Hypothesen erscheint ein systematisierendes Experteninterview als das Mittel der Wahl. In dieser Art des Expertenmterviews wird der Schwerpunkt auf praxisbasiertes Handlungs- und Erfahrungswissen gesetzt. Bogner et al. (2014) sprechen von fundierten Expertenmterviews, wenn das Experteninterview als eigenstandiges Verfahren eingesetzt wird. Besonders ist dies der Fall in der Eliten-, Implementations- und Professionalisierungsforschung. Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit zahlt zu dem Bereich der Professionalisierungsforschung (vgl. Lamnek & Krell: 688-689).
Bogner et al. (2014) sieht Zugangsbarrieren fiir Expertenmterviews in Zeitknappheit, einer allgemein geringen Auskunftsbereitschaft der Experten und in der Abgrenzung durch personliche Assistenten. Wichtig fiir die Durchfiihrung eines Expertenmterviews sind auch grundlegende Kenntnisse iiber das inhaltliche Feld des Experten auf Seite des Interviewers und methodische Sicherheit. Die Kenntnisse iiber das inhaltliche Feld des Experten werden mit dem Theorieteil der vorliegenden Arbeit aufgezeigt (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 689). Von Bedeutung ist auch die Berticksichtigung sogenannter Interaktionseffekte. Fiir das Experteninterview nennen Abels und Behrens (1998) den Paternalismuseffekt, Katharsiseffekt, Eisbergeffekt, Riickkopplungseffekt und Profilierungseffekt. Fiir die in dieser Arbeit anvisierte Forschungsfrage und daran gekniipfte Expertengruppe stellen sich besonders der Katharsiseffekt und Profilierungseffekt als Herausforderung dar. Der Katharsiseffekt stellt sich ein, wenn der Experte das Interview als Kompensation betrachtet und zwischen seiner privaten und Expertenrolle hin und her springt. Ein Profilierungseffekt kommt zustande, wenn der Experte sich gegeniiber dem Interviewer gut darstellen mochte und somit das Interview auf Nebenschauplatze abdriftet (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 689).
Das Experteninterview wird in dieser Forschung als Leitfadeninterview gefiihrt. Nach Bogner et al. (2014) dient der Leitfaden zum einen zur Strukturierung des Forschungsprozesses und zum anderen unterstiitzt er den Interviewer in der Erhebungssituation (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 689).
Helfferich (2005) hat sechs Anforderungen an einen Leitfaden formuliert. Der Leitfaden muss den Grundprinzipien qualitativer Forschung, besonders dem der Offenheit gerecht werden. Er sollte nur eine begrenzte Anzahl an Fragen enthalten, formal, iibersichtlich gestaltet und handhabbar sein, sowie orientiert am naturlichen Erinnerungs- oder Argumentationsfluss sein. AuBerdem sollen keine Fragen im Interview abgelesen und spontan produzierte Erzahlungen priorisiert werden. Helfferich schlagt vor, einen Leitfaden nach dem SPSS-Prinzip zu erstellen, dabei steht SPSS fiir sammeln, priifen, sortieren und subsumieren. Zuerst werden moglichst viele Fragen gesammelt, diese werden dann iiberpriift und strukturiert bzw. reduziert. Im Anschluss werden die verbleibenden Fragen nach der zeitlichen Abfolge und inhaltlichen Aspekten sortiert. Zum Schluss werden die entsprechenden Einzelaspekte subsumiert (vgl. Lamnek & Krell, 2016: 333-334). Der fiir diese Arbeit erstellte Leitfaden wurde nach dem SPSS-Prinzip erstellt.
Im Leitfaden wurde zu Beginn erstmal mit einfachen Fragen zu der Person des Coaches gestartet, wie z.B. Name, Alter und Ausbildung. AnschlieBend wurde der Ubergang zur Profession vorgenommen, indem Fragen Arbeitszeiten und einer Haupt- oder Nebenberuflichkeit als Coach gestellt wurden. Fiir den Hauptteil des Interviews waren leitende Fragen fiir die Leitfadenerstellung: welche Themen werden im Life Coaching behandelt und wie wird das Life Coaching aus der Sicht des Coaches betrachtet. Von essenzieller Bedeutung fiir die Forschungsfrage war auch, welche Methoden der Coach als systemisch betrachtet und wie generell der Begriff „systemisch" definiert und eingeschatzt wird. Erganzend dazu war auch von Interesse, welche Methoden und Tools verwendet werden und welche aus subjektiver Sicht von dem Coach nicht in den systemischen Ansatz eingeordnet werden. Fiir das Ende des Interviews wurde im Leitfaden die Option aufgenommen, dass bei noch ausreichender Zeit der Coach eigene Anliegen oder noch offene Gedanken auBern kann. Der fiir diese Forschungsarbeit genutzte Leitfaden befindet sich im Anhang.
Fiir die Auswertung werden die Transkripte der Experteninterviews genutzt. Die Auswertung erfolgt anhand der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz. Als Hilfsmittel dient die Computerunterstiitzung durch das Programm MAXQDA.
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz gliedert sich in drei Varianten auf Die erste stellt die inhaltlich strukturierende, die zweite die evaluative und die dritte die typenbildende Inhaltsanalyse dar (vgl. Kuckartz, 2016). Fiir die vorliegende Forschungsarbeit eignet sich die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse sehr gut, da das Forschungsgebiet weitestgehend wissenschaftlich unbearbeitet ist und daher ein Uberblick geschaffen werden soil.
Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse lasst sich in sieben Phasen einteilen. Die erste Phase ist durch initiierende Textarbeit, das Markieren wichtiger Textstellen und das Schreiben von Memos charakterisiert.
In der zweiten Phase, nach Sichtung des Textmaterials, werden die thematischen Hauptkategorien fiir die Analyse gebildet. Die Hauptthemen leiten sich deduktiv aus der Forschungsfrage bzw. dem Interviewleitfaden ab und werden, falls notig, induktiv am vorliegenden Material erganzt. AnschlieBend wird ein Probedurchlauf an ca. 10 bis 25 Prozent des Materials durchgefiihrt, um die konkrete Anwendbarkeit des Kategoriensystems zu priifen.
In Phase drei wird das gesamte Material mit den Hauptkategorien codiert. Nur Textstellen, welche keine Relevanz fiir die Forschungsfrage aufweisen, bleiben uncodiert. Es ist auch moglich, dass Textstellen und Textabschnitte mehreren thematischen Kategorien zugeordnet werden konnen. Kuckartz schlagt fur diese Phase vier Codier-Regeln vor. Die erste Regel besagt, dass Sinneinheiten codiert werden, jedoch mindestens ein vollstandiger Satz. Handelt es sich bei der Sinneinheit um mehrere Satze, werden diese entsprechend codiert. Regel drei besagt, dass die einleitende oder zwischengeschobene Interviewerfrage, falls zum Verstandnis notig, mitcodiert wird. Die letzte und vierte Regel sagt aus, dass die Textstelle fur sich verstandlich sein sollte und der Codierende ein gutes MaB dafur finden sollte, wie viel Text um die Textstelle herum zum besseren Verstandnis mitcodiert wird. Phase vier und Phase fiinf fasst Kuckartz zusammen. Es werden nun alle mit der gleichen Kategorie codierten Textstellen zusammengefasst und am Material induktiv Subkategorien bestimmt. Dazu wahlt man eine Hauptkategorie aus und bildet induktiv Subkategorien. Diese werden erstmal in einer Liste zusammengefasst und anschlieBend geordnet bzw. systematisiert. Zum Schluss werden Definitionen fur die Subkategorien formuliert und diese mit Hilfe von Textzitaten aus dem Material dargestellt.
In Phase sechs wird nun das komplette Material mit den ausdifferenzierten Kategorien codiert. Es werden also die ausdifferenzierten Textstellen entsprechend der jeweiligen Hauptkategorie zugeordnet. Im Anschluss ist es nun moglich, bei Bedarf fall- oder themenbezogene Zusammenfassungen zu erstellen. Diese leiten sich von der Themenmatrix ab und haben als nennenswerten Vorteil die Komprimierung eines Falles oder Themas; dadurch lassen sich die Zusammenfassungen untereinander vergleichen.
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